Tag: Oana Băluţă

  • Feminismus und weibliche Protagonisten in der rumänischen Kunst

    Feminismus und weibliche Protagonisten in der rumänischen Kunst

    Neulich veranstaltete der Verband 4Culture“ in Zusammenarbeit mit der Bukarester Filiale des Rumänischen Architektenverbandes die Debatte Istorii şi naraţiuni. Despre feminism în România“ (Geschichten und Erzählungen. Über Feminismus in Rumänien“). Andreea Căpitănescu, Gegenwartstanz-Choreographin, Kulturmanagerin und künstlerische Leiterin des Verbands 4Culture“, spricht über die Frauenpräsenz in den Performance-Künsten in Rumänien:



    Im Bereich Gegenwartstanz sind die männlichen Choreographen viel mehr zu sehen, sie sind bekannter als die Choreographinnen, auch wenn die Anzahl der Frauen, die ein Choreographie-Studium abschlie‎ßen, viel höher als die der Männer ist. Ein Grund dafür wäre, dass sowohl in den Theatern als auch in anderen wichtigen Kunsteinrichtungen oder bei wichtigen künstlerischen Ereignissen die Führungsposten und die Entscheidungsstellen überwiegend von Männern belegt werden. Es ist in der Tat viel schwieriger, sich als Frau im Bereich der Künste Gehör zu verschaffen, sichtbar zu werden. Wir reden hier von übertriebenem Stolz: Die Männer versuchen, uns einzuschüchtern, sie sind ziemlich aggressiv und auf einen solchen Machtkampf sind die Frauen nicht immer vorbereitet.“




    Es gibt aber auch Frauen, die sich im Kunstbereich bewähren und die Dinge in Bewegung setzen. Die Kulturmanagerin Andreea Căpitănescu dazu:



    Es gibt sicherlich auch wichtige Künstlerinnen und Kuratorinnen, wie zum Beispiel Valentina Iancu, die an unserer Debatte teilgenommen hat. In der Zeit, als sie Kuratorin am Nationalen Kunstmuseum Rumäniens war, versuchte Valentina Iancu, rumänische bildende Künstlerinnen zu fördern und bekannt zu machen. Es ging dabei um Künstlerinnen, die nicht einmal andere bildende Künstler kannten. Diese Frauen wurden absichtlich ignoriert oder fälschlicherweise mit politischen Bewegungen vom Anfang des 20. Jh. in Zusammenhang gebracht. Valentina Iancu hat sich bemüht, diese vergessenen Künstlerinnen vor die Öffentlichkeit zu bringen, sie hat Ausstellungen veranstaltet, hat auch ein Album herausgegeben… sie hat schon Spuren hinterlassen. Und es gibt auch andere feministische Künstlerinnen und Kuratorinnen. Seit einigen Jahren arbeite ich mit Olivia Niţiş zusammen, sie ist eine aktive Feministin und tut alles, um Künstlerinnen zu fördern. Ich kenne auch mehrere Frauen, die Kurse über Gender Studies halten und regelmä‎ßig über die Bedeutung der Frauenbildung, des freien Zugangs der Frauen zu Bildung schreiben. Sie setzen sich für die Frauen in den marginalisierten Gesellschaftsbereichen ein, sie kämpfen für Frauenrechte, sie kämpfen gegen Gewalt. Ich könnte jetzt auf Anhieb Oana Băluţă und Mihaela Miroiu erwähnen, aber es gibt viele andere Künstlerinnen, wie zum Beispiel Marilena Preda-Sânc, die ihrerseits versuchen, andere Frauen weiterzubilden und weniger bekannte Aspekte der Frauendiskriminierung in den Mittelpunkt zu bringen.“




    Valentina Iancu ist Expertin für visuelle Künste, Kulturjournalistin und selbsterklärte Feministin. Für sie ist der Feminismus mit der Definition des ursprünglichen Konzepts eng verbunden, er ist eine Bewegung, die fest daran glaubt, dass Frauen und Männer gleiche Rechte genie‎ßen müssen“. Darüber hinaus gibt es aber auch viele Nuancen, denn jeder kann diese Bewegung gemä‎ß der persönlichen Grundsätze und Ideologien interpretieren. Valentina Iancu:



    In Rumänien ist der neoliberale Feminismus vorwiegend, das ist der Feminismus, der von den amerikanischen Forschern als »wei‎ßer Feminismus« definiert wird. Der sog. »wei‎ße Feminismus« kümmert sich vor allem um die Probleme der Frauen, die die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen, und neigt dazu, andere Schichten und andere Erfahrungstypen zu ignorieren. Auch in der Kunst spielgelt sich vor allem dieser »akademische Feminismus« in den Werken und den Aktionen der meisten rumänischen Künstlerinnen wider. Eines finde ich aber interessant: Neulich gruppierten sich mehrere junge Künstlerinnen in eine etwas radikalere Initiative, um eine neue Frauenzeitschrift herauszugeben. Die erste Auflage der Zeitschrift »CUTRA« [zu deutsch in etwa: »DIE HINTERHÄLTIGE« – Anm. d. Red.] wurde am 1. Dezember vorgestellt. Ziel der Zeitschrift »CUTRA« ist, zum ersten Mal in Rumänien die Grundsätze des intersektionellen Feminismus bekannt zu machen. Es geht darum, dass eine Frau mit vielen verschiedenen Problemen konfrontiert wird, je nachdem, welcher ethnischen Gemeinschaft sie angehört. Eine Frau definiert ihre Identität nach vielen Kriterien, nicht nur dadurch, dass sie weiblich ist.“




    Was die Präsenz von Frauen im Bereich der visuellen Künste angeht, so ist die Situation etwa dieselbe wie im Bereich Theaterregie. In den Kunstuniversitäten gibt es sehr viele Studentinnen, aber nach dem Abschluss haben es Frauen viel schwieriger, eine Karriere zu starten. Frauen werden fast immer verdächtigt, dass sie eines Tages die Kunst beiseitelassen und sich für die Familie entscheiden würden. Die Expertin für visuelle Künste Valentina Iancu dazu:



    Wir haben den Eindruck, dass es mehr Künstlerinnen gibt, aber wir sehen sie nicht, zumindest nicht in den Strukturen, wo viel Geld zu Verfügung steht und viel Macht ausgeübt wird. Die Künstlerinnen entdecken wir am Rande des Geschehens, wir sehen, wie sie ums Überleben, um einen Platz in der Öffentlichkeit kämpfen. Bei den älteren Generationen ist das Problem deutlicher, wir sprechen von etablierten männlichen Künstlern im Alter von 60–70 Jahren, die in ihrer Karriere ein gewisses Niveau erreicht haben, und von weiblichen Künstlerinnen in demselben Alter, die zur gleichen Zeit debütiert, genauso viel gearbeitet und genauso oft ausgestellt haben, und leider nicht dieselbe Anerkennung genie‎ßen.“




    Die Debatte bleibt weiterhin offen. Andreea Căpitănescu, Gegenwartstanz-Choreographin, Kulturmanagerin und künstlerische Leiterin des Verbands 4Culture“, ist aber der Meinung, die rumänische Gesellschaft sei noch nicht offen genug für solche Debatten. Die meisten Männer im Kulturbereich schmunzeln vor sich hin, wenn sie von Veranstaltungen über Feminismus hören. Das Thema sei für sie, leider, immer noch etwas Frivoles.

  • Geschlechtergleichstellung: Frauen in Medien und Informationstechnik unterrepräsentiert

    Geschlechtergleichstellung: Frauen in Medien und Informationstechnik unterrepräsentiert

    Doch die neuen Möglichkeiten haben nichts an den herrschenden patriarchalen Machtstrukturen verändert. Frauen sind mittlerweile zwar stärker in den Medien präsent, haben aber nur selten leitende Positionen und können Medienpolitik nur eingeschränkt mitgestalten. Zudem kämpfen sie weiterhin mit sexualisierten und stereotypisierten Darstellungen innerhalb der traditionellen wie neuen digitalen Medien. Laut jüngsten EU-Statistiken bleiben Frauen in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) immer noch untervertreten, auch wenn in den letzten Jahren eine steigende Tendenz zur Beschäftigung von Frauen in diesen Bereichen zu vermerken war. Bei einer genaueren Betrachtung der Statistiken kann man aber gewisse Nuancen feststellen. In vielen EU-Ländern sind mehr Frauen als Männer in den Medien tätig, aber nur sehr wenige Frauen belegen dabei Führungspositionen. Ein Beispiel: 2015 waren in Europa relativ viele Frauen in den Medien als Reporterinnen, Redakteurinnen oder Moderatorinnen tätig — 48% im Fernsehen, 40% im Rundfunk und 34% in den Druckmedien. Wenn es aber um Führungspositionen in den Medien ging, waren Frauen weniger vertreten: 38% Frauen im Managementbereich und 36% Frauen in höheren Entscheidungspositionen.



    Wie sieht die Lage in Rumänien aus? Laut einer Untersuchung, die alle fünf Jahre von Global Media Monitoring Project (GMMP) durchgeführt wird, waren im Jahr 2015 80% der Absolventen der Journalismus-Hochschulen in Rumänien Frauen, aber nur 35% dieser Journalistinnen arbeiteten tatsächlich in den Druckmedien und im Fernsehen und nur 38% waren auf den Online-Nachrichtenseiten aktiv. In puncto Darstellung von Frauen in den Medien gab es aber Fortschritte im Vergleich zum vorigen GMMP-Bericht von 2010: Im Jahr 2015 handelten 30% der Nachrichten in den Medien von Frauen. Wenn man aber den Inhalt der Nachrichten und der Rundfunk- und Fernsehsendungen genauer betrachtet, gibt es weitere interessante Aspekte. Mehr darüber von Oana Băluţă, Aktivistin für die Gleichstellung der Geschlechter und Hochschuldozentin an der Journalismus-Fakultät der Bukarester Universität:



    In den Medien haben wir die sog. ‚symbolische Vernichtung‘ — das bedeutet, dass Frauen viel weniger als Männer in den Medien erscheinen. Die symbolische Vernichtung bezieht sich nicht nur auf die Präsenz von Frauen in den Medien, sondern auch auf die Trivialisierung des Frauenbildes. Sehr oft werden Frauen in den Medien trivialisiert, auch Frauen in Führungspositionen. Wenn eine Entscheidungsträgerin im Fernsehen erscheint, spricht man viel mehr über ihre physische Erscheinung, über ihre Kleidung oder ihre Frisur als über ihren Lebenslauf oder ihre professionelle Tätigkeit. Ein weiteres Problem ist, dass in den rumänischen Medien Frauen nach Stereotypen einschätzt und behandelt werden. In Rundfunk- oder Fernsehsendungen zu brisanten politischen oder wirtschaftlichen Themen sind die Gäste oder Experten, deren Kennnisse gefragt werden, überwiegend Männer. Frauen kommen eher bei Sendungen mit sozialer Thematik zu Wort. Das sollte uns zu denken geben.“




    Ähnliche Beobachtungen gab es auch im Gleichstellungsindex der Europäischen Union 2017. Der Index gibt einen Wert für die Leistung der Mitgliedstaaten und ihre Erfolge bei der Beseitigung von geschlechtsspezifischen Unterschieden an. Dieser Wert liegt zwischen 1 und 100, wobei ein Wert von 100 den Optimalzustand darstellt. Der Index nimmt für die Bewertung nationaler gleichstellungspolitischer Strategien sechs Kernbereiche (Arbeit, Geld, Wissen, Macht, Zeit und Gesundheit) und zwei Satellitenbereiche (Gewalt gegen Frauen und sich überschneidende Ungleichheiten) in den Blick. Die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten und Bereichen fallen unterschiedlich aus: Während sich die Lage in einigen Mitgliedstaaten und Bereichen verbessert hat, wurden in anderen Rückschritte verzeichnet. Rumänien erzielte nicht gerade schmeichelnde Ergebnisse: Laut dem Gleichstellungsindex der Europäischen Union 2017 belegt Rumänien den letzten Platz in der EU.



    Und doch hat Rumänien zurzeit eine Ministerpräsidentin und acht Ministerinnen. Ferner sind die Gehälter der Frauen in Rumänien durchschnittlich nur um 5% niedriger als die Gehälter der Männer, im Vergleich zum europäischen Durchschnitt von 16%. In den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) haben es die Rumäninnen besser als viele ihrer Kolleginnen in der EU. Laut Angaben von Eurostat liegt die Prozentzahl der in diesen Bereichen tätigen Frauen in Rumänien bei 27%. Das EU-Durchschnitt liegt bei16% — somit belegt Rumänien in dieser Sparte den zweiten Platz in der Europäischen Union, nach Bulgarien und vor Lettland. Die EU-Abgeordnete Claudia Ţapardel dazu:



    Die Arbeit in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) bietet viele Vorteile, aber nur ein Drittel dieser Vorteile wird von den rumänischen Frauen ausgenutzt. Au‎ßerdem wurde in der EU eine alarmierende Tendenz festgestellt: Viele Frauen, die in den Medien und im IKT-Bereich tätig sind, haben die Tendenz, sich nach einer gewissen Zeit in andere Richtungen zu orientieren. Eine Prognose der Europäischen Kommission besagt, dass bis 2020 in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) ein europaweites Defizit von 1 Million Fachleuten entstehen könnte. Und in den Bereichen Wissenschaft und Ingenieurswesen, die mit der Informationstechnik assoziiert sind, wird nur ein Fünftel der Managementpositionen von Frauen belegt.“




    Um eine bessere Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, beabsichtigt Rumänien gemä‎ß der internationalen Gesetzgebung, eine neue Fachspezialisierung einzuführen. Mehr dazu von Graţiela Drăghici, Präsidentin der Nationalen Agentur für Chancengleichheit:



    Die Fachspezialisierung »Experte für Chancengleichheit« ist ein Instrument, das wir allen öffentlichen und privaten Einrichtungen der rumänischen Gesellschaft zu Verfügung stellen. Es wird per Gesetz geregelt, dass alle öffentlichen und privaten Einrichtungen mit mehr als 50 Arbeitnehmern die Möglichkeit haben, einen Experten für Chancengleichheit einzustellen oder einen solchen Experten aus den Reihen ihrer Mitarbeiter zu ernennen. Das ist aber keine Pflicht — die Einrichtungen entscheiden selbst, ob sie Experten für Chancengleichheit haben wollen oder nicht. Wir wollten ihnen nur ein Instrument zu Verfügung stellen, um die Gleichheit der Geschlechter in der Gesellschaft zu fördern.“




    Das Gesetzesprojekt über die Reglementierung der Fachspezialisierung Experte für Chancengleichheit“ wurde bereits von der rumänischen Regierung angenommen und wird demnächst dem Parlament zur Debatte vorgestellt.