Tag: Ökosysteme

  • Globalisierung bringt neue Käferarten nach Rumänien

    Globalisierung bringt neue Käferarten nach Rumänien

    Die Studie zur Katalogisierung der Käferarten (Coleoptera) in Rumänien wurde von Andreea Cătălina Drăghici verfasst – sie ist als Museografin am Grigore-Antipa-Nationalmuseum für Naturgeschichte tätig. Zunächst beleuchten wir die Hintergründe der Entdeckung.

    Käfer (Coleoptera) spielen eine zentrale Rolle im Ökosystem und sind für die Natur von besonderer Bedeutung. Doch im Zeitalter des Anthropozäns, geprägt von rasantem Artenrückgang, sind globale Veränderungen, Urbanisierung und die zunehmende Vernetzung durch internationalen Handel entscheidende Faktoren. Unsere Studie zeigt, dass fünf Käferarten auf diesem Weg nach Rumänien gelangt sind. Diese nicht einheimischen, opportunistischen Arten siedeln sich bevorzugt in der Nähe menschlicher Aktivitäten an. Besonders urbane Gebiete, Häfen und Zollstationen gelten als Hotspots für die Einschleppung neuer Spezies. 

    Drei der fünf entdeckten Käferarten wurden in der Dobrudscha nachgewiesen, erklärt Andreea Cătălina Drăghici und unterstreicht die Bedeutung einer genauen Erfassung neuer Coleopterenarten.

    Die Dobrudscha ist ein trockenes Steppengebiet und bietet ideale Bedingungen für diese nicht einheimischen Käferarten, die höhere Temperaturen bevorzugen. Daher spielt das Hafengebiet eine zentrale Rolle als Einfallstor nach Rumänien.

    Die Erforschung dieser Arten ist essenziell – nicht nur für die wissenschaftliche Gemeinschaft, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt. Vereinzelt wurden solche Käfer bereits in Küchenmehl nachgewiesen. Neben diesen wirtschaftlichen Schäden,  durch Lebensmittelverderb, bergen sie auch ökologische Risiken. Sie können die Artenvielfalt lokaler Ökosysteme stören, was sich oft nur durch aufwendige Studien belegen lässt.

    Ein weiteres potenzielles Problem ist die genetische Auswirkung: Durch Hybridisierung mit einheimischen Arten könnte es zu Konkurrenz oder gar zur Verdrängung lokaler Populationen kommen. Ein direkter Beweis dafür steht noch aus, doch langfristig besteht die Gefahr, dass einige heimische Arten dadurch aussterben.

     Ein internationales Forschungsteam führte die Untersuchung der Käferarten im Rahmen einer europäischen Verordnung zur Prävention und Bekämpfung invasiver gebietsfremder Arten durch.

     „Erst 2022 wurde eine nationale Liste erstellt, die 52 nicht heimische oder gebietsfremde Käferarten umfasst. Dabei zeigte sich das Potenzial, weitere Arten nachzuweisen – ein Prozess, der bereits zur Entdeckung von fünf neuen Spezies geführt hat. Ein umfassendes nationales Monitoring ist jedoch schwierig umzusetzen, da es erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen erfordert. Die jüngsten Entdeckungen basieren auf zufälligen Funden, die derzeit eine zentrale Rolle spielen. Bis ausgefeiltere Überwachungsmechanismen etabliert sind, bleibt diese Methode entscheidend für die Erfassung neuer Arten.

    Zu den fünf neu entdeckten Arten zählt Cis chinensis, die in Bukarest identifiziert wurde – ein Beweis dafür, dass sich neue Spezies nicht nur in abgelegenen Gebieten verstecken, sondern auch in städtischer Umgebung vorkommen. Diese Käferart wurde in Pilzen gefunden, die auf einem Amerikanischen Ahorn gediehen – einer kleinen Baumart, die ursprünglich aus China stammt.

    Neben den fünf neuen Käferarten für die rumänische Fauna haben wir 19 weitere Coleoptera-Arten dokumentiert, für die bisher nur unzureichende Verbreitungsdaten vorlagen. Zwar war ihre Präsenz in Rumänien bekannt, doch genaue Informationen über ihre Ausbreitung fehlten. Unsere Studie hat diese Daten aktualisiert, ein wichtiger Schritt für das Verständnis der heimischen Biodiversität.

     Dank seines abwechslungsreichen Klimas und seiner vielfältigen Ökosysteme beherbergt Rumänien eine beeindruckende Insektenvielfalt. In den letzten Jahrzehnten wurden jedoch vermehrt Arten eingeschleppt, die wirtschaftliche, ökologische und landwirtschaftliche Schäden verursachen – meist unbeabsichtigt durch den internationalen Handel mit Pflanzen, Obst oder Holz.

    Um ihre negativen Auswirkungen zu begrenzen, sind Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen unerlässlich. Die jüngst entdeckten Käferarten stellen jedoch keinen Grund zur Sorge dar, betont Andreea Cătălina Drăghici, Museografin am Grigore-Antipa-Nationalmuseum für Naturgeschichte.

    Nicht jede neue oder nicht-einheimische Art wird zwangsläufig invasiv. Damit sich eine Art massiv ausbreitet und in großer Zahl auftritt, müssen mehrere komplexe Faktoren zusammenkommen. Tatsächlich wird nur ein kleiner Teil der eingeschleppten Arten invasiv, da sie spezifische klimatische Bedingungen und ausreichende Nahrungsquellen benötigen.

    Ein wichtiger Ansatz zur Überwachung ist Citizen Science – eine Plattform, die Forschern wertvolle Unterstützung bietet, insbesondere in einem Land wie Rumänien, wo es in diesem Fachbereich nur wenige Experten gibt. Besonders wenig Aufmerksamkeit erhalten Schaben, da sie schwer zu identifizieren sind: Sie sind sehr klein und weisen ähnliche Merkmale auf. Umso wichtiger ist es, wissenschaftliche Informationen über invasive Arten in einem leicht zugänglichen Format bereitzustellen und das öffentliche Bewusstsein für dieses Problem zu schärfen. Denn derzeit ist das Thema in Rumänien noch wenig präsent.

    „Citizen Science“ bezeichnet die Beteiligung von Bürgern an wissenschaftlichen Forschungsprojekten. Dies kann von der reinen Informationsvermittlung über wissenschaftliche Erkenntnisse und deren gesellschaftliche Auswirkungen bis hin zur aktiven Mitarbeit im Forschungsprozess reichen. Freiwillige können Daten sammeln, analysieren oder sogar Forschungsprojekte finanziell unterstützen.

  • Kunming-Montreal-Abkommen: Fahrplan für die Rettung des Planeten?

    Kunming-Montreal-Abkommen: Fahrplan für die Rettung des Planeten?





    Das vergangene Jahr war das drittwärmste Jahr in der Geschichte der meteorologischen Messungen in Rumänien, so eine Analyse der Nationalen Instituts für Wetterfrischung, die zeigt, dass seit 1900 die fünf wärmsten Jahre 2007, 2015, 2019, 2020 und 2022 waren. Gleichzeitig war der Zeitraum zwischen 2012 und 2022 der wärmste in 11 aufeinanderfolgenden Jahren, was den Trend steigender Lufttemperaturen in Rumänien bestätigt.



    Überall auf der Erde kommt es zu viel höheren Temperaturen und klimatischen Störungen. Der Klimawandel betrifft und bedroht den gesamten Planeten, einschlie‎ßlich der biologischen Vielfalt, er ist folglich nicht mehr nur ein lokales oder nationales Problem, sagen Experten. Wissenschaftler betonen, dass die Zeit drängt — 75 Prozent der Ökosysteme der Welt werden durch menschliche Aktivitäten beeinflusst, mehr als eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht, und der Wohlstand der Welt steht auf dem Spiel, denn mehr als die Hälfte des weltweiten BIP hängt von der Natur und ihren Leistungen ab.



    Es werden immer wieder Ma‎ßnahmen zum Schutz des Planeten erdacht und angekündigt, doch gibt es wirksame Mechanismen, um sie in die Praxis umzusetzen? In der Überzeugung, dass die Menschheit zu einer Massenvernichtungswaffe“ geworden ist, rief der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, zu einem Friedenspakt mit der Natur“ auf, und im Dezember wurde auf der Umweltkonferenz in Montreal nach mehr als vier Jahren schwieriger Verhandlungen ein historisches, für die Menschheit lebenswichtiges Abkommen verabschiedet. Der als Kunming-Montreal-Abkommen“ bezeichnete Fahrplan zielt darauf ab, Land, Ozeane und Arten vor Verschmutzung, Degradierung und Klimakrise zu schützen.



    Die Schaffung von Schutzgebieten auf 30 Prozent der Erde — das bekannteste der gesetzten Ziele — wurde als das Biodiversitätsäquivalent zum Ziel des Pariser Abkommens dargestellt, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die Vereinbarung wurde zu einem Zeitpunkt getroffen, als nur 17 Prozent der Landmasse und 8 Prozent der Gewässer geschützt waren. Der Text bietet auch Garantien für indigene Völker in Gebieten, in denen 80 % der verbleibenden biologischen Vielfalt der Erde zu finden sind, und schlägt vor, 30 % der degradierten Flächen wiederherzustellen und das mit Pestiziden verbundene Risiko zu halbieren.



    Dieses Abkommen ist historisch, nicht nur, weil es zum ersten Mal einen Rahmen gibt, sondern auch, weil es ein ehrgeiziger Rahmen ist, wie auf dem Treffen in Kanada hervorgehoben wurde — wir haben ein Abkommen, das Pestizide einschlie‎ßt, wir haben ein Abkommen, das besagt, dass wir Subventionen abschaffen müssen, die schlecht für die biologische Vielfalt sind, wir haben Verpflichtungen nicht nur bis 2050, sondern kurzfristige Ziele, die bis 2030 reichen, und wir haben Finanzmittel — auch wenn einige Länder denken, dass sie nicht so weit reichen –, die sich von jetzt bis 2025 verdoppeln und bis 2030 sogar verdreifachen werden. Aus all diesen Gründen müssen wir sehen, wo wir anfangen. Es ist ein absolut historisches Abkommen.“ Das ist die Meinung von Professor Mircea Duțu, Präsident der Ökologischen Universität Bukarest, einer privaten hochschulischen Einrichtung. Im Interview mit dem Rumänischen Rundfunk detaillierte er seine Ausführungen:



    Dies ist ein erster Sieg, aber wir müssen abwarten und sehen, wie der Prozess weitergeht, denn im Grunde genommen befindet sich das Kunming-Montreal-Abkommen noch in der Phase eines vereinbarten Konsenses. Es wird nun den Staaten zur Unterzeichnung vorgelegt und muss anschlie‎ßend ratifiziert werden, um in Kraft treten zu können. Es geht darum, einen neuen globalen Handlungsrahmen für die biologische Vielfalt zu schaffen, weil die 21 Ziele, die 2010 in Japan für 2020 festgelegt worden waren, nicht erreicht wurden. Daher wäre es wünschenswert, dass dieses Mal alle 23 gesetzten Ziele in grö‎ßerem Umfang angesteuert werden. Mittelfristig, d.h. bis 2030, soll der Prozess der Erosion der biologischen Vielfalt gestoppt die Erhaltung von Meeres- und Landgebieten verstärkt werden. Langfristig, d.h. für die Jahre 2050 und 2100, wird eine Situation angestrebt, in der die Menschheit im Einklang mit der Natur lebt. Wir sehen, dass all diese Ziele das Tempo und die Meilensteine berücksichtigen, die für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens vorgesehen sind, da zwischen dem Klimawandel und dem Schutz und der Erhaltung der biologischen Vielfalt ein wechselseitiger Zusammenhang besteht.“




    Die Diskussionen wurden durch die finanzielle Frage stark beeinträchtigt, die bis zum Schluss im Mittelpunkt der Debatte stand, sogar während der Verabschiedung im Plenum, wobei mehrere afrikanische Staaten Einwände erhoben. Die Länder des sogenannten Globalen Südens forderten von den reichen Ländern 100 Milliarden Dollar pro Jahr als Gegenleistung für ihre Bemühungen um das Klima und eine schrittweise Aufstockung dieses Fonds auf 700 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2030. Schlie‎ßlich wurde eine Einigung erzielt, die 30 Milliarden Dollar an jährlicher Klimahilfe für Entwicklungsländer vorsieht. Zusätzlich zu den Zuschüssen wurde auch ein globaler Biodiversitätsfonds gefordert, ähnlich dem, der bei den Klimaverhandlungen in Ägypten im November vereinbart wurde, um weniger entwickelte Länder bei der Bewältigung von Klimaschäden zu unterstützen. China, das auf der Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen (COP15) den Vorsitz führte, hat einen Kompromiss vorgeschlagen, der vorsieht, im Jahr 2023 innerhalb der bestehenden Globalen Umweltfazilität (GEF) einen Zweig für die biologische Vielfalt einzurichten.

  • Totholz im Wald: nützlich, neutral oder schädlich?

    Totholz im Wald: nützlich, neutral oder schädlich?

    Experten glauben nun, dass das Gegenteil der Fall ist, und an der rumänisch-ukrainischen Grenze ist ein Forschungsprojekt zu diesem Thema im Gange. Das Projekt mit dem Namen Förderung von Totholz zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Wälder im rumänisch-ukrainischen Grenzgebiet“ wird auf rumänischer Seite vom World Wide Fund Rumänien (WWF) in Zusammenarbeit mit der Ștefan cel Mare“-Universität in Suceava und auf ukrainischer Seite vom PS Pasternak Institut zur Walderforschung und der Organisation Ecosphera durchgeführt. Fazit ist bislang, dass Totholz (d.h. sowohl stehende trockene Bäume als auch gefallene Baumstämme) eine kritische Komponente in der Struktur und der Funktion des Waldes ist und eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der forstwirtschaftlichen Produktivität, der natürlichen Verjüngung, der Erhaltung der Artenvielfalt und der Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel spielt. Auf der anderen Seite trägt das Vorhandensein von Totholz zur Bereitstellung wertvoller Ökosystemleistungen für lokale Gemeinschaften und die Allgemeinheit bei, sagt auch Radu Melu von WWF-Rumänien:



    Im Forstwesen ist Totholz unerlässlich. Erstens, weil es die Produktivität des Waldes unterstützt. Wir haben eine ganze Reihe von Nährstoffen, organischen Stoffen, die aus diesem Holz kommen, und das ist eine Wachstumsgrundlage für junge Pflanzen und für eine neue Generation, die sich dort entwickeln will. Innerhalb des Waldes stammt der grö‎ßte Bestandteil im Boden aus Holz. Wenn wir immer alles Holz aus dem Wald nehmen und dort nichts verfaulen lassen, können wir Probleme bekommen. Und, wenn ich eine Parallele zur Landwirtschaft ziehen darf: Überlegen Sie doch mal, ob in der Agrarwirtschaft, wenn Sie immer wieder auf der gleichen Fläche ernten und ernten, hinterher noch etwas herauskommt. Mit Dünger ist es etwas anderes: Egal ob Naturdünger oder chemische Düngemittel, sie gleichen aus, dass der Boden irgendwann ausgelaugt ist. Au‎ßerdem muss ein Teil des Holzes im Boden bleiben, zusammen mit Blättern, Zweigen und anderen organischen Bestandteilen. Dieses Holz bietet Nahrung und Mikrolebensraum für Tausende von spezialisierten Arten. Eine ganze Reihe von Arten kann ohne Totholz im Wald nicht existieren, und ihre Abwesenheit bedeutet, dass der Wald verwundbar ist. Totholz unterstützt die natürliche Regeneration des Waldes. Es gibt Bereiche, in denen wir überschüssige Feuchtigkeit haben, oder Bereiche, die trocken sind. Holz hält eine sehr gute Balance. Totholz, halbverfaultes Holz hält dort einen Feuchtigkeitshaushalt. Genau das, was der Setzling braucht, um sich in diesen Bereichen zu entwickeln. Es gibt Sämlinge, die auf totem Holz wachsen und nur dort wachsen — nur dort entwickeln sie sich sehr gut. Au‎ßerdem bietet dieses Holz Nahrung und einen Lebensraum für verschiedene Arten, die in der Rinde der Bäume leben. Sie brauchen dieses Totholz, ohne das sie weniger wachsen oder vielleicht sogar ganz verschwinden würden. Sie sind auch Überwinterungsquartiere. Wir haben eine ganze Reihe von Vorteilen, die sich aus der Verwendung dieses Holzes ergeben.“




    Totholzwirtschaft ist ein relativ neues Naturschutzkonzept für Rumänien und die Ukraine, das seit den Nuller Jahren gefördert wird und in der Praxis oft nicht gut verstanden wird. Seit Jahrzehnten wird diese Art Holz von den zuständigen Behörden in beiden Ländern als Feind des Waldes“ betrachtet und durch forstwirtschaftliche Ma‎ßnahmen gemä‎ß geltenden Vorschriften systematisch entfernt. Dies hat zum Verschwinden bestimmter wertvoller Arten aus den Waldökosystemen geführt, was dann Schwachstellen in Bezug auf die natürliche Regenerationsfähigkeit der Wälder, die Nährstoffversorgung des Bodens und die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zur Folge hat und somit zu negativen wirtschaftlichen Auswirkungen beiträgt. Die Daten werden von Cătălin Roibu, Experte von der Ștefan cel Mare“-Universität in Suceava bekräftigt:



    Totholz ist nicht etwas Abstraktes, im Gegenteil. Es gibt ein Konzept auf europäischer Ebene, auf Weltebene, das hei‎ßt: »Totes Holz — lebendiger Wald«. Denn Totholz ist auch Nahrungsquelle und Unterschlupf für viele Arten. Einige von ihnen stehen auf der Roten Liste, sie sind gefährdete Arten auf europäischer Ebene. Gleichzeitig stellt Totholz einen Bestandteil dar, der die Gesundheit des Waldes regelt und kontrolliert. Unser Projekt basierte auf einem Netz von Probeflächen — das waren zufällig angeordnete kreisförmige Probegelände. Grundsätzlich hat der Computer 20 Probekreise im Naturwald verstreut und dann weitere 20 Probekreise im bewirtschafteten Wald platziert. In der Ukraine wurde derselbe Mechanismus der Platzierung von Probenbereichen und dasselbe Feldprotokoll angewendet.“




    Die Entlarvung des Mythos über Totholz als etwas, das aus den Wäldern beseitigt gehört, ist ein wichtiger Baustein zur Erhaltung gesunder Waldökosysteme und der von ihnen erbrachten Ökosystemleistungen, sagen die Entwickler des von der Europäischen Union finanzierten Projekts der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und Forschung zwischen Rumänien und der Ukraine.

  • Kiesgruben können ganze Ökosysteme zerstören

    Kiesgruben können ganze Ökosysteme zerstören

    Der Rückgang menschlichen Handelns während der Corona-Pandemie hatte positive Folgen für die Umwelt — die Luft- und Wasserqualität verbesserte sich deutlich. Auch die zeitweilige Stilllegung verschiedener Industriebranchen und der Rückgang des Stra‎ßen-, See- und Luftverkehrs wirkten sich positiv auf die Umwelt aus. Der niedrigere Geräuschpegel hatte eine ebenfalls unerwartete Folge: Wildtiere kreuzten in der Nähe bewohnter Viertel auf. Auch das Meereswasser wurde klarer — das stellten die Wissenschaftler vom Schwarzmeerinstitut Grigore Antipa“ in Constanţa fest. Dies sei eine Folge des Rückgangs des Seeverkehrs und der Hafenaktivitäten. Aus diesem Grund tauchten sogar Delphine in der Nähe der Küste auf.



    Auch im Fluss Bistriţa Ardeleană, einem Fluss, der im Călimani-Gebirge in den Ostkarpaten entspringt, wurden seit vielen Jahren nun wieder Fischschwärme gesichtet. Doch mit der allmählichen Wiederaufnahme wirtschaftlicher Aktivitäten sind derartige Bilder immer seltener zu sehen, sagt Cristian Ţetcu, Vertreter des Vereins Ruralis“ im Landkreis Bistriţa-Năsăud:



    Wer vor zwei Monaten ins Wasser des Flusses Bistriţa Ardeleană — einem Fluss, der die Stadt Bistriţa (Bistritz) durchquert — schaute, konnte problemlos frei schwimmende Fischschwärme beobachten. Doch nachdem die wirtschaftlichen Aktivitäten an den Flussufern wieder aufgenommen wurden, kann nur noch Schlamm gesehen werden. Die Fische sind wieder weg. Doch zwei Monate lang haben wir kristallklares Wasser gesehen. Der Fluss sah wie ein richtiger Bergfluss aus. Vor 30–40 Jahren war Bistriţa Ardeleană ein kristallklares Gewässer — Sand und Steine. Die Menschen gingen zum Strand dahin. Derzeit besteht diese Möglichkeit nicht mehr.“




    Das Hauptproblem sind die Kiesgruben, die das Ökosystem gefährden. Vor 30 Jahren gab es sogar Wasserfälle entlang des Flusses. Doch die Kiesgruben lie‎ßen diese verschwinden. Auch die Ufer wurden umgestaltet. Cristian Ţetcu vom Ruralis-Verein erläutert die Folgen menschlichen Einwirkens auf Ökosysteme:



    Das Allerschlimmste ist, dass der Schlamm, der bei der Steingewinnung und -bearbeitung entsteht, wieder in den Fluss gelangt. Und so verändern sich die Bergflüsse. Wer sich die Ufer anschaut, stellt fest, dass es so viel Schlamm gibt, dass sogar Schilf gewachsen ist. Und Schilf hat an einem Bergfluss nichts zu suchen, da sollte man nur Steine sehen. Es gibt so viele Beispiele von wunderschönen Landschaften, in denen die Menschen eingreifen und sie zerstören, manchmal sogar unbeabsichtigt. Das menschliche Handeln wirkt sich nämlich nicht nur auf einen Teil der Natur aus — wo der direkte Eingriff stattfindet –, sondern auf das ganze Areal. Darunter leiden auch die Insekten, die Schmetterlinge, die Vögel. Eine scheinbar unbedeutende Geste, wie zum Beispiel das Abrei‎ßen einer geschützten Blume, zieht undenkbare Folgen nach sich nach. Eine gesamte Nahrungskette wird nämlich zerstört. Das wirkt sich auf zahlreiche Lebewesen negativ aus.“




    Um eine Kiesgrube in Rumänien zu betreiben, braucht der Betreiber eine Betriebsgenehmigung. Die Genehmigung wird von der Nationalen Agentur für Bodenschätze ausgestellt. Davor müssen allerdings entsprechende Stellungnahmen von der Umweltagentur sowie von der Direktion für das Wassermanagement beantragt werden. Nach der Stilllegung der Kiesgrube muss das Grundstück saniert werden. Leider wird dieser Schritt nicht immer eingehalten. Darüber hinaus stie‎ßen die Prüfer der zuständigen Agentur für Mineralressourcen auf mehrere Kiesgruben, die ihre Tätigkeit illegal ausführten.

  • Mikrowasserkraftwerke: Umweltschützer erachten sie als naturschädigend

    Mikrowasserkraftwerke: Umweltschützer erachten sie als naturschädigend

    Am Lauf der Flüsse in den Karpaten haben in den letzten Jahren Eingriffe mit beträchtlichen Auswirkungen auf die natürlichen Ökosysteme stattgefunden. Diese betreffen den Bau von Mikrowasserkraftwerken. Die Investoren suchen tief im Herzen der Gebirge günstige Orte, wo sie grüne Energie erzeugen können. Der Preis ist die Vernichtung der wilden Natur. In anderen europäischen Ländern wurde die Gebirgsbiovielfalt unumkehrbar durch den Eingriff des Menschen betroffen.



    In den rumänischen Karpaten gibt es immer noch eine bemerkenswerte Biovielfalt, mit Arten, die einst über den ganzen Kontinent verbreitet waren. Mit Ausnahme Russlands finden wir in den rumänischen Karpaten die zahlreichste Bevölkerung von gro‎ßen Fleischfressern Europas — Bären, Wölfe, Luchse — sowie weite Flächen unberührter Wälder. Durch die Karpaten flie‎ßen Bäche, die reich an vielfältigen Fischarten sind. Leider wird durch den Bau von Mikrowasserkraftwerken das kristallklare Wasser der Bergflüsse und –bäche eine Mischung aus Schlamm und Geröll und es verschwinden jegliche Lebensformen. Die Fauna der wirbellosen Wassertiere, aber auch die Unterkünfte zur Vermehrung der Fische sind betroffen. Es werden Zugangswege durch die Wälder bis zu den Flüssen gebaut, man bringt Bulldozer und Bagger, die die Konfiguration des Bodens ändern und die Entstehung von Betonbauten führt zur Unterbrechung des natürlichen Laufes der Gewässer. Die Habitate werden fragmentiert und nichts kommt dem, was einst war, gleich. Wenn die Durchflussgeschwindigkeit höher ist, ist auch der Gewinn höher. Meistens werden diese Mikrowasserkraftwerke in Schutzgebieten gebaut oder an der Grenze dieser, die sich unter dem Schutz interner und europäischer Gesetze befinden.



    Die Umweltschutzorganisationen wiedersetzen sich solchen Energievorhaben, die in Schutzgebieten gebaut werden. Der Verband Coaliţia Natura 2000“ gewann neulich ein Verfahren gegen das Umweltministerium und stoppte somit den Bau von vier Mikrowasserkraftwerken im Ţarcu-Gebirge (Bistra Mărului, Şucu und Olteana). Der Leiter dieses Umweltverbandes, Liviu Cioineag, erläutert die Ziele der Organisation:



    Es ist ein Kampf, den wir seit Jahren durch unsere Mitglieder führen. Es handelt sich um WWF Rumänien und um den ehemaligen Treuhänder des Standortes — den Verband »Altitudine« aus Temeswar. Der besagte Verband verlor sogar seinen Treuhänderstatus, weil er diesem Energievorhaben nicht zugestimmt hat. Leider hat die Umweltschutzbehörde des Landkreises Caraş Severin weder den Standpunkt des Treuhänders beachtet noch die Beschwerden des Umweltverbandes, und da waren wir gezwungen, sie vor Gericht zu bringen. Das Verfahren hat mehr als ein Jahr gedauert. Wir haben jede Etappe gewonnen. Am Ende hat das Berufungsgericht ein unwiderrufliches Urteil verkündet und die Umweltgenehmigungen für die vier Energievorhaben au‎ßer Kraft gesetzt. Diese Energievorhaben sind einige Mikrowasserkraftwerke, die mehr erzeugen, als wir gedacht haben. Sie haben eine starke Auswirkung auf die Habitate um die Flüsse herum und leider einen sehr niedrigen Beitrag zum Energiemix. Der Energiebeitrag, den es zum Landesnetzwerk leistet, ist sehr niedrig.“




    Das Ţarcu-Gebirge bildet ein kompaktes natürliches Gebiet, ohne Menschensiedlungen, mit Ausnahme der Ortschaft Poiana Mărului und des Ferienortes Muntele Mic. Über 10.000 Ha sind Wildwälder und rund 2.000 Ha sind mit Bäumen bewaldet, die zwischen 165-185 Jahren alt sind. Die Gegend wurde zu einem Areal von gemeinschaftlicher Bedeutung erklärt, zum Schutz einiger empfindlicher Arten und Habitate, die spezifisch für die Flüsse sind, einschlie‎ßlich der Fisch-, Krebs- und Otterarten, die europaweit geschützt sind. Die Fische können unter den Folgen der Habitatwandlungen leiden. Für ihre Entwicklung benötigen sie ein recht gro‎ßes Wasservolumen und auch eine gro‎ße Vielfalt an Mikrohabitaten. Die Mikrowasserkraftwerke stellen eine Bedrohung für diese Fische dar. Liviu Cioineag:



    Derartige Vorhaben, wenn sie gebaut werden, sind nicht nur einige Turbinen, die die Wasserkraft ausnutzen. Es werden kilometerlange Rohre verlegt, die das Bett eines Flusses durchqueren. Wenn diese Bauwerke errichtet werden, werden unvermeidlich Bäume gefällt, Landschaften, Pflanzen, Tiere, Fische vernichtet und vertrieben, da diese Wassersammelanlagen das ganze Wasser aus dem Fluss wegnehmen. Ich wei‎ß nicht, ob Sie einen Fluss gesehen haben, von dem nur die Steine übrig geblieben sind, er ist vollkommen ausgetrocknet. Das passiert, wenn es bergauf eine Sammelanlage, ein Mikrowasserkraftwerk gibt, das das ganze Wasser aufgesaugt hat, um Energie zu erzeugen. Wenn solche Vorhaben gebaut und genehmigt werden, lassen sie die Flüsse ohne Wasser.“




    Auf den Flüssen im Ţarcu-Gebirge gibt es noch einige Mikrowasserkraftwerke, die in den vorigen Jahren gebaut wurden, als die Umsetzung der europäischen Gesetzgebung noch am Anfang war und keiner vorhergesehen hatte, welche Auswirkung diese auf einen Fluss haben können. Liviu Cioineag:



    Obwohl solche Investitionen im Westen nicht mehr genehmigt werden, denn man hat bewiesen, dass sie keinen Nutzen haben, ist die Auswirkung auf die Umwelt äu‎ßerst gravierend, während die Energieleistung sehr niedrig ist. Die Investoren sind weiterhin nach Rumänien gekommen, um in unerforschten Gegenden, wo das Flussgefälle gro‎ß ist, zu bauen. Hier gibt es einen kleinen Durchfluss, aber eine gro‎ße Kraft. Somit ist die Investition recht klein. Durch Subventionen und nicht durch die erzeugte Energie bringen diese Kraftwerke den Investoren sehr viel Geld ein. Diese Subventionen werden aus unserer Tasche durch die Stromrechnung gezahlt. Wir bezahlen für die grünen Zertifikate, die diesen Investoren vergeben werden, die nur theoretisch grüne Energie erzeugen.“




    Einige Flüsse im Retezat-Gebirge, dort, wo es den ältesten Nationalpark Rumäniens und einen Standort von Natura 2000 gibt, wurden bereits gesammelt und umgelenkt. In anderen Landkreisen Rumäniens haben sowohl die lokale Bevölkerung als auch die öffentlichen Institutionen die Auswirkungen verstanden und sich den Investitionen in Mikrowasserkraftwerke wiedersetzt. Gemeinsam mit diesen veranstalten die Umweltschützer Seminare und Tagungen für den Stopp dieser Bauten. Bis dato wurden auf den Flüssen der Karpaten bereits 200 Mikrowasserkraftwerke gebaut.