Tag: Osterbräuche

  • Osterurlaub in der Marmarosch und der Bukowina

    Osterurlaub in der Marmarosch und der Bukowina

     

     

    Ostern ist die beste Gelegenheit, das rumänische Dorf näher kennen zu lernen. Es gibt zwei nordrumänische Regionen, die an diesem Feiertag die meisten Touristen anziehen: die Bukowina im Nordosten und die Marmarosch (rum. Maramureș) im Nordwesten des Landes. Lange vor Ostern bereiten sich die Gasthäuser schon mit speziellen Programmen auf die Touristen vor. Neben einem Menü mit traditionellen Gerichten und einer Vorstellung von örtlichen Bräuchen sind die Touristen auch eingeladen, aktiven Urlaub zu betreiben, denn beide Gebiete bieten Wanderwege für die ganze Familie.

    Edit Pop, Managerin des Tourismus-Förderungsvereins Eco Maramureș, lädt uns in die Dörfer der Täler Valea Marei und Valea Cosăului – benannt nach den Flüssen Mara und Cosău. Hier sind Traditionen besonders lebendig, und die vielen Gästehäuser locken Urlauber besonders zu Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten.

    Zu Ostern wird im Allgemeinen ein Aufenthalt von fünf Tagen oder vier Übernachtungen angeboten, mit Halbpension inklusive und einem festlichen Osteressen sowie einem Programm mit vielen Aktivitäten an jedem Tag. Die Entdeckung der Marmarosch beginnt direkt im Dorf, wo Besucher die kulinarischen Traditionen mit Hausmannskost aus alten Zeiten kennenlernen können. Es ist gesundes und sehr herzhaftes Essen, aber natürlich können Sie danach auch die Natur erleben und wandern gehen. Wir haben sowohl lange Wanderwege für erfahrene Wanderer, als auch kürzere Strecken rund um das Dorf. Letztere sind vielleicht für ältere Touristen oder für Familien mit Kleinkindern geeignet, die einen Spaziergang in einer schönen Umgebung machen wollen, ohne sich zu viel anzustrengen.“

     

    Doch wie läuft generell ein Osteraufenthalt in einer Dorfpension in der Marmarosch ab? Tourismusmanagerin Edit Pop mit weiteren Einzelheiten:

    Die Touristen werden beginnend mit Gründonnerstag erwartet, sie können aber auch am Karfreitag anreisen. Am Karfreitag werden Eier gefärbt. Bei uns wird alles noch ganz naturnah gemacht. Zunächst pflückt man im Garten schöne und in der Form gut aussehende Blätter, die fest an die Eier gebunden werden, damit beim Färben schöne Muster entstehen. Die Eier werden dann zusammen mit Zwiebelschalen gekocht – so erhalten sie ihre Farbe. Am Ostersamstag können die Touristen an der Zubereitung der Gerichte teilnehmen. Das Hauptgericht, sozusagen der Star, ist der gefüllte Lammbraten. Außerdem werden Körbe mit den Speisen vorbereitet, die am Ostertag in der Kirche geweiht werden. In dieser Zeit finden auch diverse Veranstaltungen statt. In der Ortschaft Breb zum Beispiel gibt es in der Osternacht einen Jahrmarkt im Dorf. Dort werden Kunsthandwerk und lokale Produkte angeboten.

    In allen Dörfern sind die Touristen herzlich eingeladen, an der Mette in der Nacht der Auferstehung teilzunehmen. Wenn Sie nachts nicht ausgehen wollen, können Sie am Ostersonntag tagsüber zur Kirche gehen, wo die Speisen geweiht werden und anschließend ein großes Festmahl stattfindet. Am Ostermontag werden verschiedene Aktivitäten für Touristen angeboten, etwa ein Umzug mit feurig musizierenden Fiedlern im Tross oder Wagenfahrten durch das Dorf und seine Umgebung. Auch Foto-Sessions sind beliebt: Die Touristen können sich in der Volkstracht der Region einkleiden und fotografieren lassen – Freunde in den Social Media dürften danach staunen. Am Abend gibt es dann ein Lagerfeuer, wobei ein Hirtengericht aus Schafskäse und Polenta namens Balmuș zubereitet und serviert wird und natürlich viele, viele Geschichten gesponnen werden.“

     

    Die Marmarosch ist ein Gebiet, in dem die Viehzucht eine grundlegende Tätigkeit und Heu für die Tiere im Winter notwendig ist. Daraus ergibt sich die Landschaft der Maramarosch mit ihren Wiesen voller Heu, das noch von Hand gemäht wird. Langsam wandelt sich jedoch das gesamte Gebiet. In den tiefer gelegenen Gebieten werden zunehmend Mähmaschinen eingesetzt, um die Arbeit zu erleichtern. Doch die Schönheit, der Duft und die Geschichte des althergebrachten Mähens mit der Sense lässt immer noch die Herzen der Urlauber höher schlagen, sagt Edit Pop vom Verein „Eco Maramureș“, von der wir auch einige weitere interessante touristische Angebote erfahren:

    Wir haben auch einige Tourismuspakete im Angebot, die thematische Aufenthalte umfassen, um die Geschichte der landwirtschaftlichen Aktivitäten und Handwerke nachzuvollziehen: die Geschichte des Heus, die Geschichte der Holzgewinnung, die Geschichte der Wolle. An zwei Tagen können die Touristen den vollen Naturbezug dieser Gewerbe erleben. Die Geschichte des Holzes zum Beispiel beginnt im Wald. Am ersten Tag wandern wir durch einen Urwald und entdecken alle Baumarten, die dort anzutreffen sind. Am zweiten Tag spüren wir dem Holz im Dorf nach, nachdem es aus dem Wald gebracht wurde. Wir werden sehen, wie sich das Holz in all das verwandelt, was die Holzkultur in der Marmarosch ausmacht: geschnitzte Holztore, Gehöfte, Haushaltsutensilien und Werkzeug aus Holz, volkstümliche technische Einrichtungen. Die Marmarosch ist immer noch erlebte Geschichte.“

     

    Weiter geht es in die Bukowina, die im Nordosten Rumäniens liegt. Tourismusmanagerin Maricica Cazimirciuc lädt in das Umland der Stadt Vatra Dornei (dt. Dorna Watra) ein, wo Tradition ebenfalls großgeschrieben wird:

    Das Osterfest lässt uns an Tradition, Glauben und Liebe denken und regt uns dazu an, sich jene Dinge zu vergegenwärtigen, die wirklich wichtig sind: die Familie und die Familienmitglieder, die in alle Ecken der Welt gegangen sind und die mit Liebe und Sehnsucht an uns denken. Apropos Tradition: Kürzlich fand in der Ortschaft Ciocănești die 19. Ausgabe des Nationalen Festivals der bemalten und verzierten Eier statt, mit einer beeindruckenden Ausstellung von kunstvoll verzierten Ostereiern, einer Ausstellung von Osterkörben, Folkloreveranstaltungen, Gemäldeausstellungen und einem Symposium zum Thema Volkskunst. Es handelt sich um eine landesweit einzigartige Veranstaltung, die diese schöne Tradition der Region hervorhebt und auch die Gemeinde Ciocănești der Welt bekannt macht. Das Dorf ist nämlich ein richtiges Freilichtmuseum mit Hunderten von Häusern, deren Außenwände mit von Volkstrachten inspirierten Mustern bemalt sind.“

     

     

    Auch in der Bukowina kann man Entspannung und Gastronomie mit aktivem Tourismus in der Natur verbinden. Es werden mehrere Arten von Wanderungen oder Fahrradtouren angeboten, erzählt zum Schluss unsere Gastgeberin Maricica Cazimirciuc:

    Die Bukowina trägt den Beinamen »Heimat der Sahne« völlig zu Recht, denn der besondere Geschmack und die Qualität der Milch sind auf die Flora des Gebiets zurückzuführen. Hier werden berühmte frische und gereifte Käsesorten hergestellt. Ergänzt wird das Angebot durch Bewegung im Freien auf den Wander- und Radwegen. Es gibt zahlreiche Wanderwege, die in der gesamten Region angelegt sind. Wir haben mehr als 420 km Wanderwege und mehr als 180 Radwege. Auf solchen Wanderungen kann man absolut fantastische Landschaften bewundern und mit Einheimischen in Kontakt treten oder den Nationalpark Călimani besuchen. Empfehlenswert ist auch eine Besichtigung des sogenannten Kurbad-Casinos in der Stadt Vatra Dornei (dt. Dorna Watra), das komplett renoviert wurde und letzten Sommer nach 35 Jahren wiedereröffnet wurde. Dies sind nur einige Sehenswürdigkeiten, zu deren Entdeckung wir alle herzlich einladen.“

     

    Falls wir Ihr Interesse geweckt habe, finden Sie auf den Websites der beiden Reiseziele umfassende Informationen über die angebotenen Erlebnisse sowie Pauschal- und Servicepakete. Auf ecomaramures.com und taradornelor.ro finden Sie ebenfalls einen Veranstaltungskalender für das ganze Jahr.

  • Hörerpostsendung 4.4.2021

    Hörerpostsendung 4.4.2021

    Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI und frohe Ostern!



    Aus Studio Besenkammer begrü‎ßt Sie S.G.



    Ich hoffe, dass Sie trotz der derzeitigen Zustände und Einschränkungen gut drauf sind und Ostern zumindest im Kreise der Familie feiern können. Hierzulande hat man in der Nacht von Samstag auf den Ostersonntag die Einschränkungen gelockert, soll hei‎ßen, dass man, statt um 20 Uhr Ausgangssperre zu haben, den rund 5% Katholiken, Evangelischen und Angehörigen anderer Kirchen, die Ostern am 4. April feiern, erlaubt hat, bis 2 Uhr nachts auf der Stra‎ße zu sein, um am Gottesdienst unter strengen Auflagen teilnehmen zu können, wenn man so wollte. Im entsprechenden Erlass oder der abgeänderten Verordnung stand allerdings nicht ausdrücklich, ob man ab 20:01 Uhr beweisen müsse, dass man katholisch oder protestantisch sei und sich gerade auf dem Weg zur Kirche befände; allerdings haben es viele, vermutlich auch Nicht-Katholiken genutzt, um ein bisschen länger drau‎ßen zu sein. So auch ich, als eher Agnostiker, um beim abendlichen Spaziergang im naheliegenden Park nicht mehr gehetzt auf die Uhr schauen zu müssen. Und ich hätte bei Polizeikontrollen gerne das Paternoster auf lateinisch rezitiert, um zu beweisen, dass ich ein glühender Was-auch-immer sei. Ich hatte es nämlich vorher eingeübt, jetzt aber wieder vergessen. Zum Spa‎ß habe ich sogar einen gelangweilten Gemeinschaftspolizisten am Parkeingang gefragt, ob er denn von der Sonderregelung etwas wisse — der hatte keine Ahnung, meinte aber nur, solange man es nicht übertreibe, würde er beide Augen zudrücken, wenn man erst um viertel nach acht oder halb neun aus dem Park wieder austrete.



    Spa‎ß beiseite, liebe Freunde: Letzten Sonntag hatte ich unserem Hörer Ralf Ladusch aus Cottbus versprochen, etwas über Osterbräuche in Rumänien zu erzählen. Herr Ladusch war so nett und hatte uns einen Link zu einem Presseartikel über die Osterbräuche der slawischen Minderheit der Sorben geschickt, die in seiner Region beheimatet sind. Nun, da in Rumänien die orthodoxe Mehrheit dieses Jahr Ostern erst am 2. Mai feiert, habe ich mir auch eine Minderheit ausgesucht, die Ostern ebenfalls am heutigen 4. April feiert. Und ich habe mich für die Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen entschieden, die vermutlich die bekannteste im deutschsprachigen Ausland ist. Da ich weder Ethnologe bin, noch nahe Kontakte zu dieser Volksgruppe in Rumänien habe, musste ich auf eine Webseite zurückgreifen, die interessante Info dazu liefert. Der Webauftritt der Evangelisch-Lutherischen Kirche Rumäniens A.B. (das steht für Augsburger Bekenntnisses) hat nämlich eine verlinkte Zusatzwebseite, die Bräuche der Siebenbürger Sachsen zu unterschiedlichen Anlässen beschreibt und teilweise auch mit Fotos illustriert. Die Evangelisch-Lutherische Kirche Rumäniens ist nämlich fast deckungsgleich mit der Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen, auch wenn einige wenige Ungarn und Rumänen derselben Kirche angehören, meistens durch Einheiraten. Die Texte sind allerdings schon recht alt, mein Eindruck ist, dass bei allen Volksgruppen und auch bei der Mehrheitsbevölkerung in Rumänien die Traditionen und Bräuche langsam verschwinden. Im Folgenden also ein leicht abgeändertes und gekürztes Zitat von der Webseite traditionen.evang.ro (die übrigens sowohl auf deutsch als auch auf rumänisch abrufbar ist):




    Ostern war wie Pfingsten und Weihnachten ein dreitägiges Fest. In den Gemeinden gibt es heute nicht mehr an allen drei Tagen einen Gottesdienst, so wie es früher üblich war. Die Pfarrer haben heute meist mehrere Diaspora-Gemeinden zu betreuen und können dies zeitlich nicht bewältigen. Dafür gibt es aber zum Beispiel in der Gemeinde Bartholomae bei Kronstadt seit einigen Jahren wieder einen Oster-Mitternachtsgottesdienst, den Jugendliche gestalten.



    Am Karfreitag wird in Petersdorf bei Mühlbach seit zwei Jahren ein Kreuzgang“ mit Stationen, an denen der Leidensweg Jesu bedacht wird, abgegangen. Der Weg führt vom Pfarrhof zur Kirche, etwa 20 Jugendliche aus dem Ort nehmen daran teil.



    Im Hauptgottesdienst am Ostersonntag ist es in vielen Gemeinden üblich, dass der Pfarrer, gefolgt von der Gemeinde, im Uhrzeigersinn um den Altar schreitet, in Michelsberg gehen erst die Männer, dem Alter nach, dann die Frauen. Ebenso wird es an Pfingsten und Weihnachten gemacht.



    Obwohl das Osterfest der Kreuzigung und Wiederauferstehung Christi gedenkt, ranken sich um das Fest viele heidnische Brauchelemente, die an Fruchtbarkeits- und Frühlingsbegrü‎ßungsriten erinnern.



    In einigen Orten hat sich am Ostersonntag der Brauch des Osterbegleits“ erhalten: Wie früher in vielen Ortschaften üblich, wird heute der Pfarrer in mehreren Ortschaften noch von der Gemeinde nach dem Gottesdienst von der Kirche zum Pfarrhaus begleitet. Früher war der Zug geordnet nach Alter und Geschlecht, bei heute nur noch 15 bis 50 Menschen anstelle von früher 300 bis 600 damals wird das aber nicht mehr so strenggenommen. Im Pfarrhof halten der Pfarrer und Kurator eine Rede an die Gemeinde. Früher liefen die Kinder voraus und begrü‎ßten die ankommenden kirchlichen Vertreter auf dem Pfarrhof mit einem Vivat“.



    Am Ostermontag gab es früher mehrere Traditionen, das Bespritzen“, das Eier-Wettlaufen und das Hahnenschie‎ßen.



    Das Bespritzen“ ist das einzige, was sich davon heute noch in vielen Gemeinden erhalten hat. Es ist keine ausgemacht siebenbürgisch-sächsische Tradition, sondern auch in Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Polen bekannt. In Siebenbürgen folgen auch Ungarn, Rumänen und Roma diesem Brauch, der hauptsächlich in ländlichen Gemeinden, aber auch in der Stadt noch ausgeübt wird. Traditionell gehen die Jungen und Männer die Mädchen/ Frauen bespritzen, (bei Kindern gehen auch Mädchen die Jungen oder Mädchen die Mädchen bespritzen). Man ging und geht auch heute noch in Altersgruppen. In einigen Orten gehen auch die älteren Sachsen dieser Tradition noch nach, auch in den Städten, aber hier geht man meist nur zu Freunden und Bekannten. Vielerorts wird, in allen Sprachen, vor dem Bespritzen“ noch in Abwandlung dieser Spruch gesagt: Ich habe gehört, in diesem Haus wohnt eine Rose, darf man sie bespritzen, damit sie nicht welke?“



    Gespritzt wurde früher mit Veilchen- oder Orangenwasser, heute geht man meist mit einem gekauften Duftwässerchen. Als Dank für das Spritzen verschenken die Frauen des Hauses Eier, die Männer werden mit Schnaps oder Wein und Striezel versorgt. Das Bespritzen“ endet bei den jüngeren Männern meist erst am Abend, und meist gut angeheitert. Das hat aber sicher schon eine längere Tradition…



    Das Wasser ist bei diesem Brauch als Symbol für Fruchtbarkeit zu sehen und hat seine Wurzeln in heidnischen Frühjahrsbräuchen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts holten junge, unverheiratete Mädchen sich vor Sonnenaufgang Wasser aus dem Brunnen oder einem nahen Bach. Das sollte sie jung und frisch halten. Dem Wasser wurde heilende und gesundheitsbringende Wirkung zugeschrieben.



    In vielen sächsischen Orten gab es früher Eier-Wettspiele, am bekanntesten der Eier-Wettlauf. Hier hat diesen Brauch so, wie ihn die Sachsen und Landler hier früher hatten, heute die orthodoxe Gemeinde wieder aufgenommen, nachdem er dort nach 1989 verlorengegangen war. Üblich war, dass die jungen Männer, die vor der Aufnahme zum Militär standen, 100 auf einer langen Strecke ausgelegte Eier möglichst schnell einsammeln mussten. Aus den Eiern wurde am Abend eine gro‎ße Eierspeise für alle gekocht.



    Seit spätestens 1989 ist auch das Hahnenschlagen verloren, das einst in allen Regionen Siebenbürgens bekannt war. Die schon konfirmierten, noch unverheirateten Männer schossen oder schlugen in unterschiedlichen Varianten einen geschmückten Hahn tot, der anschlie‎ßend verspeist wurde.




    Soweit das Zitat. Julia Jürgens wird als Autorin des Artikels von 2010 auf der Webseite traditionen.evang.ro angegeben, einige der damals beschriebenen Bräuche dürften inzwischen auch ausgestorben sein.




    Und jetzt zu Hörerzuschriften. Von Carsten Fenske (aus Greifswald) erhielten wir ausführliches Feedback zu einer unserer Sendungen — hier ein paar Auszüge:



    In den Nachrichten mit Alex Grigorescu berichtete dieser wieder einmal über die Republik Moldau. Bei solchen Informationen höre ich genauestens hin, denn Sie sind der einzige Sender, der hin und wieder über dieses Land informiert. Ich hege ja immer noch den Gedanken, wenn ich es mit dem Motorrad bis zum Bukarester Funkhaus schaffe, auf der Rücktour auch diese Republik zu besuchen. Wenn es denn möglich ist.



    Ana Nedelea berichtete umfänglich über die Corona-Pandemie und darüber, dass etwa 2,4 Millionen Dosen Impfstoff verimpft wurden. Damit ist Rumänien, prozentual gesehen, deutlich mehr auf Zack“ als Deutschland. Eine gute Nachricht für Ihre Landsleute, wenn gleich natürlich Tempo, Tempo, Tempo das oberste Gebot ist. Und das weltweit. Ich denke, hierzulande kochen zu viele am Brei, was letztlich behindert.



    Den europäischen Gedanken an einen grünen Corona-Impfpass, über den Florin Lungu berichtete, kann ich allerdings überhaupt nicht nachvollziehen. Wozu soll der gut sein? Wenn ich meinen internationalen Impfausweis oder entsprechende negative Teste vorlege, sind diese genauso aussagekräftig, und vor allem: Sie funktionieren auch überall in der Welt. Ohne Strom, ohne Handy und Computer. Das wird wieder mal so eine gesamteuropäische Missgeburt, die Geld verbrennt, chic aussieht und letztlich keiner braucht. Mich erinnert das ein wenig an die viel gelobte deutsche Corona-Warn-App, die, wie nun selbst die Regierung zugab, ein völliger Rohrkrepierer war. Da ich früher von Berufs wegen mit solchen Dingen befasst war, sei mir dieses Urteil gestattet. Impfstoff ist das Zauberwort und darum sollte es gehen. Das ist zumindest meine Meinung. Und bis sich alle EU-Staaten diesbezüglich geeinigt haben, schreiben wir vermutlich das Jahr 2025. Ich erinnere hier mal an die Abschaffung der Zeitumstellung. Hört man davon noch etwas? Ich bin durchaus ein EU- Befürworter, aber immer öfter muss ich diesbezüglich auch die Stirn runzeln.



    Als Adina Olaru über die Aktivitäten des Bukarester Stadtmuseums und der aktuellen Fotoausstellung in einem Einkaufszentrum berichtete, konnte ich durchaus Parallelen zu meinem eigenen Konsumverhalten ziehen. Im Grunde decken sich ihre Schilderungen über Einkauf und Interaktion mit den Verkäufern. Gro‎ße Shopping-Malls sind mir hingegen ein Grauen. Ich meide sie und habe mich in vielen Dingen schon lange auf das Internet verlegt. Ich denke, der Internethandel wird wohl weiter wachsen und die klassischen Läden mehr und mehr verdrängen. In Gro‎ßstädten mag das vielleicht noch anders sein, aber in kleineren Kommunen wie Greifswald oder Stralsund ist das sicher unumkehrbar. Covid-19 verschärft das Aussterben allerdings extrem, so dass ein langsameres, harmonisches Hinüberwachsen“ in eine andere, moderne Verkaufswelt vielen Händlern schwer fallen oder finanziell nicht möglich sein wird. Das ist natürlich ein Ärgernis.



    Irina Adamescu berichtete über den Leserschwund in den Bibliotheken. Nun, da bin ich auch kein Fachmann, muss aber sagen, dass ich bibliothekarische Angebote letztmalig als Schuljunge genutzt habe. Danach zog ich es vor, mir einen eigenen Bücherbestand zuzulegen. Bis zum Ende der kommunistischen DDR las ich sehr viel. Vornehmlich utopische Romane, aber auch Storm, Dickens, Aitmatow und sehr viel Kriegsliteratur aus sowjetischer Feder. Danach kam es erst einmal zu einer literarischen Identitätskrise und es fiel mir schwer, mich neu zu orientieren. Viele der alten“ Schriftsteller waren auf einmal verschwunden.



    Trotzdem wuchs meine heimische Bibliothek weiter. Bis etwa 2013. In meinem Arbeitszimmer fand sich ein riesiges Bücherregal, bei welchem ich die oberen Fächer nur mit einer Leiter erreichen konnte. In dem Jahr möblierten wir uns komplett neu und alle Bücher wanderten als Geschenk in ein Antiquariat. Bis auf Bildbände und Atlanten wurde alles entsorgt. Wirklich alles. In unserem Haushalt finden sich im Grunde keine Bücher mehr. Alles wird in einem Kindle gelesen und gespeichert. Auch Zeitungen lesen wir nur noch online, über ein Tablett.



    Ich denke, in dieser Hinsicht geht es den Bibliotheken sicher ähnlich wie den Einkaufsläden. Ob und wie sie sich weiterentwickeln und wie die Zukunft für sie aussehen wird, vermag ich nicht einzuschätzen. Immerhin halte ich sie für wichtig und erhaltenswert. Sie haben nach wie vor sowohl einen sozialen als auch bildenden Charakter und Auftrag. Elektronik und Internet sind definitiv nicht alles und schon gar nicht der Heilsbringer. Das sehen bzw. hören wir ja auch bei der Kurzwelle.



    Ich danke Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen für Ihre Beiträge. Es wäre schön, wenn Sie meine Grü‎ße und das Dankeschön an Sie weiterleiten würden.



    Seien Sie alle wie immer herzlich von mir gegrü‎ßt und bleiben Sie gesund!



    Ihr Hörer Carsten Fenske aus Deutschland, Stadt Greifswald




    Lieber Herr Fenske, herzlichen Dank für das wirklich detailreiche Feedback, von dem ich heute ein paar Auszüge für die Sendung genommen habe. Über die Sinnhaftigkeit eines europäischen Impfpasses habe ich mir auch Gedanken gemacht. Die Pandemie ist nicht einmal vorüber, ganz im Gegenteil, die dritte Welle hält uns fest im Griff, und in Brüssel hegt man bürokratische und wieder einmal eurozentrische Überlegungen. Zum Internethandel muss ich sagen, dass er auch in Rumänien stark zugenommen hat. Seit einiger Zeit nerven mich in der hiesigen TV-Landschaft mehrere Werbespots eines bekannten rumänischen Gro‎ßlieferanten, der jetzt auch Kleider in sein Angebot genommen hat und gegen eine zusätzliche Jahresgebühr auch die Zustellungskosten entfallen lässt, ungeachtet des Gegenwertes der Bestellung. Ich bestelle mir auch so einiges im Internet, bei Kleidung und insbesondere für Schuhwerk gehe ich aber immer noch in Fachgeschäfte, um sicher zu gehen, dass alles wirklich sitzt und dass die Qualität in Ordnung ist. Diese ganze Retourgeschichte mit dem Versand, wenn einem etwas nicht passt, wäre mir zu umständlich. Beim Lesen bin ich auch etwas zwiespältig. Presse und Medienprodukte lese oder betrachte auch ich mittlerweile nur noch im Internet, Belletristik hingegen könnte ich nicht auf dem Kindle oder ähnlichen Geräten lesen, da brauche ich immer noch das gute alte Gefühl, ein Buch in der Hand zu haben und die Seiten umzuschlagen.



    Vielen Dank für die Grü‎ße an die Redaktionskollegen, sie haben sich gefreut, zu wissen, dass ihre Arbeit geschätzt wird. Herzliche Grü‎ße nach Greifswald, lieber Herr Fenske!



    Unweit von Greifswald, nämlich in Stralsund, ist unser Hörer Peter Vaegler zu Hause. Er nahm Bezug auf meine Ausführungen über die rumänische Hochseeflotte im Funkbriefkasten vom 21. März:



    Liebe Freunde in Bukarest,



    Heute habe ich wieder Ihre Sendung verfolgen können.



    Interessant war für mich die Frage nach der Fischfangflotte. Ähnlich wie in Rumänien wurde auch in der DDR verfahren, d.h., nach der Wende wurde die Flotte systematisch verkleinert und nun gibt es hier keine Hochseeflotte mehr. Einzelne Schiffe fahren noch zum Fang, aber meistens nur bis in die Nordsee. In Stralsund gab es eine Werft, die auf Fischereischiffe spezialisiert war. Diese hochseetauglichen Schiffe wurden fast am Flie‎ßband gebaut und wurden vor allem in die Sowjetunion, teilweise auch nach Rumänien exportiert. So verlie‎ßen fast 500 Schiffe Stralsund in Richtung Sowjetunion.




    Vielen Dank für das Feedback und herzliche Grü‎ße nach Stralsund, lieber Herr Vaegler!



    Weitere E-Mails erhielten wir von Martina Pohl, Simon Heinrich, Frank Helmbold, Andreas Fessler, Alexandru Bușneag, Reinhard Westphal, Hansjörg Biener, Thomas Völkner, Volker Willschrey und Helmut Matt (D) sowie von Hans Verner Lollike (DK). Im Internetformular erhielten wir Feedback von Simon Heinrich (D) und Paul Gager (A). Und auch ein paar Postbriefe habe ich mir aushändigen lassen — ich lese sie bis nächstes Mal.




    So, liebe Freunde, das war’s wieder mal für heute, ich danke fürs Zuhören und, so Covid-19 will, hören wir uns auch nächsten Sonntag. Das war natürlich nur ein Scherz — machen Sie’s gut und bleiben Sie gesund!



    Audiobeitrag hören:




  • Osterbräuche einmal anders: Kuckuckstag und Masleniza

    Osterbräuche einmal anders: Kuckuckstag und Masleniza

    Nicht weit von Bukarest entfernt, in Brăneşti, feiern die Menschen den Kuckuckstag“, eine alte Tradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. In den letzten Jahren wurde allerdings auch dieses Fest von modernen Entwicklungen beeinflusst, wie uns Marius Ovidiu Sebe, der Leiter des Kulturvereins Brăneşti, erzählte:



    Im Jahr 2013 wurde eine Partnerschaft zwischen den wichtigen Institutionen des Ortes gegründet, mit dem Ziel, die Tradition zu retten. Genauer gesagt wollten wir die Bildungseinheiten einbeziehen und die sogenannten »Kuckucksnester« für ein traditionelles Festival vorbereiten, um alte Bräuche und Traditionen wiederzubeleben, die in den letzten Jahren am Verschwinden waren. In diesem Jahr wurden wir von der Pandemie hart getroffen, und auch traditionelle Veranstaltungen und Feste waren davon betroffen. Letztes Jahr haben wir es gerade noch geschafft, das Fest am 2. März, kurz vor dem Lockdown, abzuhalten. Es war nicht einfach, weil die Zahl der Fälle bereits anstieg, aber am Ende bekamen wir die richtigen Papiere, die es uns erlaubten, das Fest zu organisieren. Wir hatten auch Gäste aus dem Ausland und ich kann sagen, das war eine au‎ßergewöhnliche Ausgabe. Dieses Jahr war es schwieriger — wegen der Einschränkungen. Zu Beginn der Ostern-Fastenzeit, die von den christlichen Orthodoxen eingehalten wird — einer Zeit, in der die Gläubigen kein Fleisch, keinen Käse und keine Eier mehr essen –, waren die Stra‎ßen leer, bis auf ein paar sogenannte »Kuckucke«. Es war nur eine Gruppe, die unter Einhaltung aller Schutzma‎ßnahmen durch das Dorf marschierte. Sie trugen Masken und schafften es, das Ritual durchzuziehen. Letztes Jahr waren Hunderte von »Kuckucken« auf der Dorfstra‎ße.“



    Die diesjährige Feier war eine gute Gelegenheit, die Diskussion über die Tradition ins Internet zu verlagern, und so wurde ein Symposium veranstaltet, das sehr gute Chancen hat, selbst zur Tradition zu werden. Marius Ovidiu Sebe erklärte uns, was diese Kuckucke“ eigentlich sind:



    »Kuckucke« sind junge Männer, die gerade geheiratet haben. Sie ziehen sich Frauenkleider an, darunter einen Glockengürtel um die Taille, eine Maske im Gesicht und ein Kopftuch. Sie halten auch einen Stock in der Hand und laufen die Hauptstra‎ßen des Dorfes entlang, um böse Geister zu vertreiben und denjenigen, die sie auf der Stra‎ße treffen, die Hand zu schütteln, was letzteren das ganze Jahr über gute Gesundheit bringt. Dies ist Teil einer Reihe von Bräuchen, die vor der Fastenzeit beobachtet werden, einschlie‎ßlich der Vergebungs- und der Kuckuckstage, die eigentlich uralte Bräuche sind, die sich auf den Übergang in das neue Jahr, in dem alles wieder aufblüht, beziehen.“



    In Enisala, in der Region Dobrogea (Dobrudscha), markieren auch die Lipowaner Russen den Beginn der Fastenzeit mit spezifischen Bräuchen. Die Dörfer Sarichioi und Jurilovca feiern in der Nähe der Festung von Enisala den Vergebungstag, den letzten Tag in der Woche, an dem die Gläubigen Milch und Käse essen dürfen, was den Beginn der Fastenzeit ankündigt. Cătălin Ţibuleac, der Präsident des Verwaltungsverbandes des Donaudeltas, erzählte uns mehr dazu:



    Dieses erste Fest, das in Zusammenarbeit zwischen den Rathäusern von Sarichioi und Jurilovca organisiert wurde, stand in diesem Jahr im Zeichen der gesundheitlichen Sicherheitsma‎ßnahmen. Aber trotzdem war dieser Tag der Vergebung ein Grund zur Freude, zum Feiern, ein Grund für die zwei grö‎ßten lipowanischen Gemeinden im Donaudelta, sich zu treffen. Normalerweise versammelten sich die beiden repräsentativen Ensembles aus den beiden Dörfern in der Nähe der Festung von Enisala, um das Fest »Masleniza« zu feiern, das das Ende des Winters und den Einzug des Frühlings markiert. Dieses Fest ist auch als Pfannkuchen-Fest bekannt, da an diesem Tag normalerweise Käsepfannkuchen gebacken werden. Jedes Jahr feiern die Lipowaner das Kommen des Frühlings auf die gleiche Weise, so wie sie den letzten Tag vor der Fastenzeit, den Masleniza, feiern. An diesem Tag bitten die Menschen diejenigen um Vergebung, denen sie in irgendeiner Weise geschadet haben, und das ist ein Grund zur Freude. Die Menschen singen, tanzen, feiern und treffen sich mit ihren Familien. Die traditionellen Kostüme sind voller Farben. Die Frauen tragen wunderschöne Kleider mit Blumenmustern und die Männer sind in spektakuläre Kostüme gekleidet. Auch die traditionelle Musik ist sehr schön.“



    Die 14 Minderheiten, die im Gebiet des Donaudeltas leben, sind sehr darauf bedacht, alte Bräuche und Traditionen zu bewahren, wie uns Cătălin Ţibuleac erzählte. Das ist ein weiterer guter Grund, diese Gemeinschaften zu besuchen, auch wenn es in diesen Tagen durch die Einschränkungen schwieriger wird.



    Dieses Jahr war es aufgrund der Pandemie und der Ma‎ßnahmen schwierig, unsere traditionellen Feste zu feiern. Deshalb wurde das Treffen zwischen den beiden traditionellen Gruppen aus Sarichioi und Jurilovca online veranstaltet, mit einer Aufzeichnung von jeder Seite. Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr in der Lage sein werden, es richtig zu organisieren und sowohl direkte als auch Online-Teilnehmer an diesem schönen Ereignis zu haben. Wir laden alle ein, die eine schöne Art und Weise des Übergangs vom Winter in den Frühling und auch den Beginn der touristischen Saison sehen wollen. Wir laden alle ein, die die Natur und das Donaudelta besonders lieben.



    Und uns bleibt nichts anders übrig, als uns an jede Erscheinungsform der Normalität, so wie wir sie vor dem Ausbruch der Pandemie kannten, zu freuen.