Tag: Personalunion

  • Lascăr Catargiu: konservativ, standhaft, monarchistisch

    Lascăr Catargiu: konservativ, standhaft, monarchistisch

    Lascăr Catargiu wurde am 13. November 1823 in Iaşi, Moldau (heute ein Teil Rumäniens), geboren und starb am 11. April 1899 in Bukarest. Er war ein bedeutender rumänischer Politiker, viermal Premierminister (1866, 1871–76, 1889, 1891–95), der in den ersten Jahren der Unabhängigkeit des Landes eine führende Rolle in den nationalen Angelegenheiten spielte.



    1858 war Lascăr Catargiu Mitglied des moldauischen Diwans (repräsentative Kommission), der gebildet wurde, um die zukünftige politische Organisation der Donau-Fürstentümer Moldau und Walachei zu bestimmen, und 1859 war er der konservative Kandidat für den Thron der Moldau. Nach der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer unter der Herrschaft von Alexandru Ioan Cuza plante er in Koalition mit den Liberalen im Jahr 1866 den Sturz des ersten Fürsten des Vereinigten Rumäniens, als dessen Herrschaft die Existenz des rumänischen Staates gefährdete. Lascăr Catargiu setzte sich aktiv für die Errichtung der konstitutionellen Monarchie in Rumänien ein. 1866 wählte die Koalition der Konservativen und Liberalen Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum Herrscher Rumäniens. Im Jahr 1881 wurde Fürst Karl als Carol I. zum ersten König Rumäniens gekrönt. Von Februar 1866 bis zur Thronbesteigung von Carol I. im Mai 1866 war Lascăr Catargiu Mitglied der dreiköpfigen Regentschaft und leitete von Mai bis Juli 1866 als Premierminister sein erstes Kabinett. Als friedlicher Geist mit einer gro‎ßen Arbeitskraft trug Lascăr Catargiu dazu bei, die Konservative Partei als politische Kraft zu etablieren, und sorgte damit für ein Gleichgewicht gegenüber der Liberalen Partei.



    Während der antidynastischen Agitation von 1871 wurde Lascăr Catargiu zur Bildung einer weiteren Regierung berufen, die bis 1876 dauerte. In der Folge führte er in der Opposition die Konservative Partei bei Angriffen gegen die regierenden Liberalen an. Nach dem Sturz der Liberalen im Jahr 1888 war er noch zweimal als Premierminister tätig — kurzzeitig im Jahr 1889 und später von 1891 bis 1895.



    Lascăr Catargiu war einer der wichtigsten Politiker in der Geschichte Rumäniens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1871 rettete er Rumänien vor der Destabilisierung, erläutert der Historiker Sorin Cristescu:



    Lascăr Catargiu spielte eine besondere Rolle in der Geschichte Rumäniens, er rettete die Herrschaft von Fürst Karl I. Ein dramatischer Moment war die Nacht vom 22. März 1871, als Catargiu in eine sehr schwierige Situation geraten war. Wir wissen nicht, ob damals Fürst Karl zur Abdankung entschlossen war, aber Catargiu griff mit voller Kraft ein, während in Bukarest eine von den Liberalen organisierte Kundgebung stattfand, die darauf abzielte, die deutsche Kolonie in Bukarest und den Herrscher des Landes zu kompromittieren. Lascăr Catargiu stellte sich dem Fürst Karl I. als Mitglied der dreiköpfigen Regentschaft vor und sagte, er werde dem Herrscher eine starke Regierung bieten, die das Land brauchte, wenn Fürst Karl I. ihn zum Premierminister ernennt.“




    Was machte Catargiu zu einem Führer der Konservativen, einer Partei mit vielen starken Persönlichkeiten? Der Historiker Sorin Cristescu antwortet:



    Lascăr Catargiu hatte eine sehr solide, respektierte Position, als Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum Herrscher Rumäniens wurde. Catargiu war der erste Präsident des Ministerrats, der am 11. Mai 1866 von Fürst Karl ernannt wurde und bis zum 13. Juli 1866 regierte. Wie hat es dieser Mann geschafft, die Konservativen zu führen? Damals war die Konservative Partei eine Partei mit starken Persönlichkeiten, eine Partei von höchst gebildeten Politikern — die bekanntesten waren Petre P. Carp und Titu Maiorescu. Petre P. Carp zeigte immer seine Überlegenheit gegenüber allen Parteimitgliedern. In diesem Kontext war Lascăr Catargiu ein Politiker ohne gro‎ßen rednerischen und intellektuellen Anspruch, ein Mann, der in seinen Gesprächen nicht spitzfindig oder überheblich war. Jeder fühlte sich wohl bei einem Gespräch mit Lascăr Catargiu, während man in einer Diskussion mit Petre P. Carp sich sofort unterlegen fühlte. Folglich wurde Lascăr Catargiu sehr beliebt, er hatte eine gewisse Bescheidenheit, die dazu führte, dass alle ihn als Chef wollten, weil er niemanden beleidigte.“




    Lascăr Catargiu war viermal Premierminister Rumäniens. Die von Lascăr Catargiu von 1871 bis 1876 geführte Regierung führte Rumänien zur Unabhängigkeit, nach dem Sieg Russlands und Rumäniens im Krieg gegen das Osmanische Reich in den Jahren 1877–1878. Durch die Ironie der Geschichte wurde aber nicht Lascăr Catargiu mit den Lorbeeren des Siegers gekrönt. Es war sein Nachfolger, der nicht weniger bedeutende liberale Premierminister Ion C. Brătianu, der diese Anerkennung genoss. Der Historiker Sorin Cristescu bringt weitere Details über die Bedeutung des ersten Catargiu-Kabinetts:



    Seit der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer im Jahr 1859 war dies die erste Regierung, die ihr vierjähriges Mandat zu Ende führte. Die Catargiu-Regierung war sehr effizient, sie regelte die schwierige finanzielle Situation Rumäniens. Diese Regierung war so wirksam, dass sie die Wahlen ohne Probleme gewann. Lascăr Catargiu entschied sich für eine Geste der Unabhängigkeit, er widersetzte sich dem Ferman (Erlass) des Sultans an Fürst Karl I., einer Anordnung, die Rumänien verbieten sollte, Handelsabkommen mit anderen Staaten zu unterzeichnen. Lascăr Catargiu schloss 1875 ein Handelsabkommen mit Österreich ab und zeigte damit, dass Rumänien praktisch unabhängig war. Das Catargiu-Kabinett hätte weitere 4 Jahre regiert, wenn im August 1875 der Aufstand der Christen in Bosnien und Herzegowina nicht ausgebrochen wäre. In wenigen Monaten wurde es klar, dass es einen Krieg zwischen den Osmanen und den Russen geben würde und dass Rumänien sich an diesem Krieg beteiligen müsse.“




    Das darf nicht sein, Eure Majestät!“ ist einer der berühmtesten geflügelten Wörter zur Zeit Lascăr Catargius. Der Spruch stammt von Lascăr Catargiu und damit zeigte er Festigkeit, Mut und Unbeugsamkeit, wenn eine Grenze erreicht wurde, sei es sogar durch die Königin. Historiker Sorin Cristescu mit Details:



    Als er diese Worte sagte, war Lascăr Catargiu Innenminister in einer Regierung, die von einem anderen Konservativen, General Ioan Emanoil Florescu, geführt wurde. Er sagte dies als etwas Unwiderrufliches. Es war inakzeptabel, was die Königin Elisabeth vorhatte, nämlich die Heirat des Erbprinzen Ferdinand mit ihrer Hofdame Elena Văcărescu. Mit den Worten »Das darf nicht sein, Eure Majestät!« drückte Catargiu damals am besten die Haltung einer Elite aus, die sich gegen die Absicht der Königin zusammenschloss.“




    Im Jahr 1899 starb Lascăr Catargiu im Alter von 76 Jahren an einem Herzinfarkt, genau an dem Tag, an dem König Carol I. ihn zum vierten Mal zum Premierminister ernannte. In seinem Nachruf sagte der Literaturkritiker, Schriftsteller und Philosoph Titu Maiorescu über Lascăr Catargiu: Er war ehrlich und leistete eine unermüdliche Tätigkeit in den Details der Verwaltung. Diesen Eigenschaften und seinem Mut verdankte er die Autorität, die er in der Konservativen Partei genoss.“

  • Die gescheiterte Personalunion zwischen Rumänien und Bulgarien unter König Karl I.

    Die gescheiterte Personalunion zwischen Rumänien und Bulgarien unter König Karl I.

    Mitte des 19. Jh. war Südosteuropa am Kochen. Die Balkanstaaten wollten den osmanischen Einfluss loswerden und das westliche Vorbild der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklung umsetzen. Die antiosmanischen Reaktionen gingen Hand in Hand mit den lokalen Feindseligkeiten, die auf den Gedanken des Nationalismus zurückzuführen waren. Die entstehenden Nationen wiegten sich in einer jeweils illusorischen Überwertigkeit und wollten sich auch gegenüber den Gro‎ßmächten profilieren. Es hat auch Annäherungsversuche unter den Nationen gegeben, die aber wegen der komplizierten geopolitischen Spiele auf europäischer Ebene gescheitert sind. Eine der gescheiterten Annäherungen war jene zwischen Rumänien und Bulgarien, den zwei Nachbarländern, die die Unabhängigkeit anstrebten.



    Die historischen Beziehungen zwischen Rumänen und Bulgaren machten sowohl gute als auch schlechte Zeiten durch. Die immer stärkere osmanische Präsenz auf dem Balkan, beginnend mit dem 14.Jh., führte zum osmanischen Frieden, die die Herrschaft des Halbmondes über alle Nationen im Südosten Europas brachten. In der ersten Hälfte des 19.Jh. schafften es die rumänischen Eliten, den rumänischen Raum zu individualisieren und diesem eine Staatsidentität zu verleihen. Die Bulgaren waren in diesem Sinne auch in vollem Aufschwung. Die nach 1850 in Rumänien lebenden Exilbulgaren fanden hier eine solide Grundlage zur Verbreitung der nationalen Ideen südlich der Donau, auf dem Gebiet, das von Türken besetzt war und zum Kern des künftigen bulgarischen Staates werden sollte. Die Ankunft des Prinzen Karl I. von Hohenzollern-Sigmaringen in Rumänien und dessen Aufstieg zum Staatsoberhaupt 1866 hat dem Land Stabilität verliehen und eine entscheidende Richtung auf dem Weg zur Modernisierung und zur Europäisierung des rumänischen Raumes eingeflö‎ßt. Nach dem russisch-rumänisch-türkischem Krieg von 1877-1878, infolge dessen Rumänien unabhängig wird, setzt sich die Figur von Karl I. als verantwortungsbewussten und vertrauenswürdigen Souverän durch.



    Rumänien und Bulgarien näherten sich einander immer mehr und der Krieg von 1877-1878 war der Höhepunkt dieser Annäherung. Es handelte sich um eine Kameradschaft, die zwischen der rumänischen Armee und den bulgarischen Freiwilligentruppen geschlossen wurde, die an der Seite der Russen und der Rumänen kämpften. Viele bulgarische Kämpfer erhielten rumänische Auszeichnungen. Vor der direkten Begegnung zwischen den Rumänen und den Bulgaren während des Krieges hat es einen kulturellen Bestandteil gegeben. Die Historiker sprachen über den mittelalterlichen rumänisch-bulgarischen Staat der Gebrüder Peter und Johann Assen (rum. Petru und Ioan Asan). Dieser entstand durch den gemeinsamen Kampf der Rumänen und der Bulgaren gegen die Byzantiner. Die Annäherung Rumäniens und Bulgariens beruhte auf der nahen Beziehung zwischen dem Prinzen Karl I. Rumäniens und Alexander Battenberg Bulgariens. Alexander, der Neffe des russischen Zaren Alexander II., wurde 1879 im Alter von 22 Jahren zum Prinzen geschlagen. Er war 18 Jahre jünger als Karl I. Der Versuch Alexanders, unter dem Einfluss der bulgarischen Politiker ohne das Einverständnis Russlands zu regieren, führte zu der Krise, die ihn 1885 die Macht kostete. Das Jahr 1885 ist der Augenblick, in dem die Idee einer Personalunion zwischen Rumänien und Bulgarien entstand.



    Im Juni 1886 bot eine Gruppe bulgarischer Abgesandten König Karl I. von Rumänien auch die Krone Bulgariens an. Somit sollte eine Personalunion zwischen den beiden Ländern entstehen. Es schien ein mehr als verlockendes Angebot zu sein. Dennoch führten die geopolitischen Berechnungen in der Region zum Scheitern dieses Vorhabens. Der Historiker Sorin Cristescu stellt die Gründe vor, warum sich diese Idee nicht verwirklicht hat.



    Man hat sowohl 1878 als auch 1886, als Alexander Battenberg entmachtet wurde, über diese Idee der Personalunion zwischen Rumänien und Bulgarien gesprochen. Aber wie? Es herrschte der Wunsch der Russen, Bulgarien zu kontrollieren, denn das war auch das Ziel des Krieges von 1877-1878. Die Russen stellten fest, dass sich am Rande Europas ein frankreichnahes Land, also Rumänien, befand — oder zumindest ein Land, das sich für den kleinen Bruder Frankreichs hielt. Warum sollte es dann in der Nähe kein Land geben, das russlandnah und Russlands kleiner Bruder sei? — hie‎ß die Berechnung der Russen. Ab diesem Zeitpunkt waren die Russen besonders involviert. Auch Brătianu hatte vorausgesehen, dass die Akzeptanz dieser Krone durch die rumänische Politikelite oder durch Karl I. eine scharfe und kategorische Reaktion von Seiten Russlands bewirken würde. Die Vertreter Bulgariens wurden nach Hause geschickt, so die Legende. Man habe ihnen gesagt, den Verhandlungsort sofort zu verlassen, andernfalls würden sie wie einfache Ganoven mit der Polizei zurück geschickt. Man hat zwar darüber beraten, aber Brătianu, der vorsichtig war, lie‎ß längere Diskussionen zu diesem Thema nicht zu.“




    Der Gedanke der Personalunion zwischen Rumänien und Bulgarien muss im Kontext betrachtet werden, in dem der Föderalismus eine der verbreitetsten Ideen im Europa des 19.Jh. war. Die Gegner der Vielvölkerreiche stellten sich die Frage, was passieren würde, würden diese nicht mehr existieren. Die Antwort war die Gründung neuer Staatenföderationen oder Konföderationen, die die Dominanz einer Nation über andere verhindern sollte. Die Revolution von 1848 betrachtete den Föderalismus als ein Prinzip zur regionalen Allianz und als brauchbare Politik, die zum Kollaps der multinationalen Reiche geführt hätte. Folglich hat das Scheitern der dynastischen rumänisch-bulgarischen Vereinigung zwei Erklärungen: die russische Bedrohung mit der Invasion und der Sieg des Nationalismus.