Tag: Pflegeheime

  • Nach Pflegeheim-Affäre: Arbeitsminister Budai und Familienministerin Firea treten zurück

    Nach Pflegeheim-Affäre: Arbeitsminister Budai und Familienministerin Firea treten zurück

    Infolge des Skandals um die Misshandlung älterer und hilfsbedürftiger Menschen in Pflegeheimen ist der rumänische Arbeitsminister, der Sozialdemokrat Marius Budai, am Donnerstag zurückgetreten, obwohl er noch vor einigen Tagen sagte, eine solche Geste habe eher keine Bedeutung. Der stellvertretende Ministerpräsident Marian Neacșu wird als Interimsminister fungieren, und politischen Quellen zufolge wird der nächste Arbeitsminister von den Sozial-Demokraten nächste Woche ernannt, wenn eine Sitzung der Parteiführung eingeplant ist. Auch Famillienminister Gabriela Firea sträubte sich anfangs, musste dann aber kündigen.



    Der Rücktritt von Budai wurde vom sozialdemokratischen Premierminister Marcel Ciolacu bekanntgegeben, für ihn sei eine solche Geste in einem demokratischen Land hingegen normal, sagte der Premier. “Ich hatte ein Gespräch mit dem Arbeitsminister Marius Budăi, der mich am Ende dieses Treffens über seine Entscheidung zum Rücktritt informierte. Aus meiner Sicht ist das eine Geste der Ehre, für die ich ihm danke, und ich bin überzeugt, dass dies die natürliche Reaktion eines politischen Entscheidungsträgers in einer solchen Krise ist. Es ist die natürliche Reaktion in jeder gefestigten Demokratie in Europaˮ.



    Der schreckliche Skandal um die “Pflegeheime des Grauens”, wie sie in der rumänischen Presse genannt werden, brach vor anderthalb Wochen aus, aber die ersten Anschuldigungen wurden bereits vor einigen Monaten erhoben. Damals wurde aufgedeckt, dass mehr als 100 Bewohner dieser Zentren isoliert, ausgehungert, gefoltert, ausgebeutet und eines Minimums an Hygiene beraubt wurden. In der Zwischenzeit setzen die Behörden eine landesweite Überprüfung aller Pflegeheime fort. Mehr als 20 Zentren wurden infolgedessen geschlossen, die meisten davon in Bukarest.



    Au‎ßerdem wurden fast 30 Heime gesperrt und mit einer Geldstrafe von fast 10 Millionen Lei (etwa 2 Millionen Euro) belegt. Es wurden mehrere Strafverfahren eingeleitet, von denen einige persönliche und wirtschaftliche Vergehen betreffen. Gleichzeitig wurden zwei Inspektoren der Agentur für Zahlungen und Sozialkontrolle des Kreises Ilfov festgenommen, weil sie angeblich die Situation in einem Pflegezentrum für Menschen mit Behinderungen nicht ordnungsgemä‎ß bewertet haben. Premierminister Marcel Ciolacu hat die Zivilgesellschaft aufgefordert, neue Namen für die künftige Leitung der Nationalen Behörde für Menschen mit Behinderungen vorzuschlagen, da er glaubt, dass die NRO am besten in der Lage seien, kompetente Personen auf diesem Gebiet vorzuschlagen. Die Oppositionspartei die Union Rettet Rumänien fordert ihrerseits eine au‎ßerordentliche Parlamentssitzung, um die Situation vorort zu analysieren.



  • Nachrichten vom 05.07.2023

    Nachrichten vom 05.07.2023


    – Während seines Deutschlandbesuchs trifft der rumänische Ministerpräsident Marcel Ciolacu heute Vertreter der Wirtschaft, gefolgt von Gesprächen mit der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt, und Vertretern der wichtigsten Fraktionen des Bundestages. Der rumänische Regierungschef wird auch mit Vertretern der deutschen Rüstungsindustrie sprechen. Am Montag traf Marcel Ciolacu mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen, der die volle Unterstützung seines Landes für den Beitritt Rumäniens zum Schengen-Raum in diesem Jahr bekräftigte. Ciolacu kam auch mit Vertretern der rumänischen Gemeinschaft in Deutschland zusammen, die er über die Projekte der rumänischen Regierung für die Diaspora informierte, darunter ein Programm für Existenzgründungen.




    – Im Fall der Misshandlung von schutzbedürftigen Personen in drei Pflegeheimen in Rumänien wurden 24 Verdächtige festgenommen und 2 unter gerichtliche Kontrolle gestellt. Am Dienstag führte die Direktion zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des Terrorismus in Bukarest und sechs anderen südlichen Landkreisen mehr als 30 Beschlagnahmungen durch. Die Behörden nahmen fast 100 Menschen mit besonderen Bedürfnissen auf. Es handelt sich um ältere und behinderte Menschen, die seit mehr als zwei Jahren ausgebeutet wurden. Die Opfer wurden nicht ausreichend und angemessen ernährt, medizinisch behandelt und hygienisch versorgt. Die Ermittler untersuchen nun, ob Menschenhandel, Fälschung und Unterschlagung, die einen Schaden von mehr als 5 Millionen Lei (1 Million Euro) verursachten, sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegen.




    – Der rumänische Präsident Klaus Iohannis hat die neuen Bildungsgesetze am Dienstag bekannt gegeben. Das Staatsoberhaupt ist der Initiator des Projekts Gebildetes Rumänien, das im Jahr 2016 ins Leben gerufen wurde und auf eine Reihe von öffentlichen Konsultationen folgte. Für die voruniversitäre Bildung werden Lösungen zur Bekämpfung von Gewalt an Schulen, zum Zugang zu Nahrungsmitteln für Schüler aus benachteiligten Verhältnissen und zur Verringerung der Schulabbrecherquote vorgeschlagen. Präsident Iohannis erklärt, dass die neuen Gesetze das rumänische Bildungssystem an die internationalen Standards anpassen werden. Die Bildungsgesetze wurden nach jahrelangen Debatten und am Ende einer kritischen Phase für das Bildungswesen verabschiedet, die durch einen allgemeinen Streik und fragwürdige Prüfungen gekennzeichnet war. Zudem wurde am Dienstag bekannt gegeben, dass der Anteil der Absolventen der Sekundarstufe, die bei der für die Zulassung zum Gymnasium maßgeblichen nationalen Prüfung einen guten Durchschnitt erreicht haben, 76,4 % beträgt. In der Abiturprüfung lag die Erfolgsquote bei fast 73 % und sank damit gegenüber dem Vorjahr leicht. Die endgültigen Ergebnisse werden nach Abschluss der Einsprüche am Freitag veröffentlicht.




    – Radio Rumänien eröffnete heute die erste Ferienausgabe der Gaudeamus-Buchmesse in der zentral rumänischen Stadt Braşov (Kronstadt). Die Veranstaltung ist Teil der Gaudeamus-Karawane, eines landesweiten Projekts, das seit über 20 Jahren von Radio Rumänien initiiert wurde. Die Messe umfasst Buchmessen, Grafikdesign, Fotokunst und literarisches Schaffen. Die diesjährige Ausgabe in Braşov wird am Sonntag, dem 9. Juli, enden.




    ß Die am Mittwoch von der Rumänischen Nationalbank bekannt gegebenen Wechselkurse der rumänischen Landeswährung Leu lauten wie folgt:


    Ein Euro notierte bei 4,9473 Lei, ein US-Dollar bei 4,5415 Lei, ein Schweizer Franken bei 5,0557 Lei und ein Pfund Sterling bei 5,7731 Lei.




    – Das Wetter in Rumänien ist sehr heiß. Im Süden und Südosten Rumäniens ist das thermische Unbehagen hoch. Der Temperatur-Feuchtigkeits-Index (ITU) überschreitet lokal die kritische Schwelle von 80 Einheiten. In diesen Gebieten ist der Himmel wechselhaft, mit Bewölkung, Schauern und Gewittern. In den übrigen Landesteilen liegen die Temperaturen nahe der Norm, und das Wetter ist unbeständig. Die Höchsttemperaturen lagen zwischen 25 und 35 Grad Celsius. In Bukarest war es sehr heiß, mit hohem thermischem Unbehagen, und einer Höchsttemperatur von 35 Grad.

  • Volontariat: Hilfe für Pflegeheimkinder auf dem Weg ins Erwachsenenalter

    Volontariat: Hilfe für Pflegeheimkinder auf dem Weg ins Erwachsenenalter

    Gleich nach der Wende hat die ganze Welt erfahren, wie katastrophal die Verhältnisse in den rumänischen Waisenhäusern waren. Die Lage hat sich seitdem enorm verbessert. Probleme gibt es aber nach wie vor in den jetzigen Pflegeheimen. NGOs versuchen den Kindern zu helfen, ein normales Leben als künftige Erwachsene zu führen.



    Das Bildungsprogramm Ajungem mari“ — Wir werden gro‎ß“ wurde vor einem Jahr ins Leben gerufen. Ziel des Programms ist es, den Kindern aus den Pflegeheimen Bukarests zu helfen, verantwortliche, unabhängige und selbstbewusste Erwachsene zu werden. Durch langfristige und an ihre Bedürfnisse angepasste Bildungsprogramme können sie das Trauma ihres Lebens im Pflegeheim oder in einer Problemfamilie überwinden. Iarina Ştefănescu hat das Programm eingeleitet und erläutert:



    Das Bildungsprogramm »Wir werden gro‎ß« startete, nachdem ich in einem Englisch-Projekt in den sozialen Einrichtungen involviert war. Und ich sah, dass zwei Stunden spielerischer Bildung in der Woche für die Kinder, die von Volontären unterstützt werden und denen interaktiv neue Sachen beigebracht werden, sehr viel bedeuten. Es zählen sowohl die angeeigneten Kenntnisse und Werte als auch das Vertrauen und die Offenheit, die sie dann zeigen.“




    Iulia Blaga und Andreea Dumitru arbeiten als Volontärinnen für das Programm Wir werden gro‎ß“. Mit den Kindern sind sie ins Kino gegangen, sie haben Museen und Büchereien besucht, Blumen gepflanzt und gemalt, sind in den Park gegangen und haben ihnen die Stadt gezeigt. Das Fehlen der Motivation der Kinder und des Personals in den Pflegeheimen sei eines der grö‎ßten Probleme des Systems. Andreea Dumitru dazu:



    Die Kinder sind nicht motiviert, in die Zukunft zu blicken, vielleicht weil die nicht allzu viele Alternativen haben, im Pflegeheim oder au‎ßerhalb des Heimes. Mit 18 Jahren verlassen sie das Heim und gehen ins Unbekannte. Wir als Volontäre versuchen, ihnen zu zeigen, dass jeder von uns es irgendwie im Leben geschafft hat, dass jeder von uns letzten Endes seinen Weg gefunden hat. Ich möchte, dass diese Kinder verstehen, dass nicht alles vorherbestimmt ist, dass es auch andere Sachen au‎ßerhalb der Institutionen gibt, dass sie sich auch au‎ßerhalb dieses Systems entwickeln können. Manchmal haben wir den Eindruck, dass wir, die Volontäre, ein Tropfen im Ozean sind und dass alles, was wir mit den Kindern in der einen Stunde unternehmen, umsonst ist.“




    Iulia Blaga berichtet auch über ihre Erfahrung mit den Kindern aus den Pflegeheimen:



    Man muss mit ihnen viel arbeiten, aber mein Eindruck ist, dass sie sehr rezeptiv sind. Manchmal glaube ich, dass sie morgen alles wieder vergessen, aber andererseits denke ich, dass das, was wir ihnen sagen, für immer bleibt. Ich habe ihnen mal den Film »Der Vagabund« und »Das Kind« von Charlie Chaplin gezeigt, die haben ihnen sehr gefallen.“




    Andreea Dumitru erzählt über das nicht immer reibungslose Verhältnis zum Pflegepersonal und zu den Kindern selbst:



    Ich habe viel gegen die Einstellung des Personals und der Kinder gekämpft. Man sagt den Kindern oft: ‚Du wei‎ßt nichts, du kannst nichts, aus dir wird nichts.‘ Und ich habe mich gefreut, wenn ich eine Geste in die entgegensetzte Richtung gesehen habe. Manche Kinder habe ich lieb gewonnen, insbesondere zwei, die fast keine Familie haben, und ich möchte mit ihnen langfristig arbeiten. Es ist eine Herausforderung mit einem Kind zu arbeiten, dem man von Anfang an keine Chance eingeräumt hat. Ich möchte mit den Kindern so viel Zeit wie nur möglich au‎ßerhalb der Heime verbringen. Ich bin mir sicher, dass sie in ein paar Jahren viel nachholen werden.“




    Die Volontärin Iulia Blaga achtet im Umgang mit den Kindern auch auf die richtige Grammatik und vermittelt nicht selten soziale Kompetenzen:



    Sogar die kleinen Fortschritte in der Grammatik können als Fortschritte angesehen werden. Wenn man ihre Fehler ein paar Mal berichtigt, begreifen sie, wie es richtig hei‎ßt. Ich versuche, an die kleinen Sachen, die klappen, zu denken. Ich bringe einem Jungen Lesen und Schreiben bei. Ich habe ihn gebeten, die vereinbarten Stunden einzuhalten, und ich habe gemerkt, dass er begonnen hat, sein Wort zu halten. Wir haben das Naturkundemuseum »Grigore Antipa« und die Bücherei »Cărtureşti Carusel« besucht. Da hat er viele Leute gesehen und er hatte Angst, er wusste nicht, wie er reagieren soll. Ihm schienen alle Kinder schlauer, netter, beliebter und mit mehr Wertschätzung bedacht. Letztendlich haben wir uns hingesetzt und haben uns ein Motorrad-Album angeschaut. Jeder wählte sich ein Motorrad aus, so wie die Kinder das machen. Als ich mit ihm zum Internationalen Film-Festival »Next« gegangen bin, habe ich gemerkt, dass er handwerklich begabt ist. Eine Künstlerin bastelte Röcke aus Draht, so wie diese im Film zu sehen waren. Er bastelte auch einen Rock und hat ihn mir geschenkt. Ich möchte ihm helfen, dieses Talent zu entwickeln.“




    Iarina Ştefănescu, die Gründerin und Koordinatorin des Bildungs-Programms Wir werden gro‎ß“, hält die Förderung von Begabungen für besonders wichtig:



    Ich finde es sehr nützlich, wenn wir auch die Talente und Fähigkeiten der Kinder entdecken, um ihnen langfristig zu helfen. Der nächste Schritt ist das Projekt »Wage, zu träumen!«. Wir möchten sie in unterschiedliche Fabriken, Unternehmen bringen, um mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen in Kontakt zu kommen. In vielen Fällen haben sie keine Vorbilder und sie wissen nicht, was ein Beruf voraussetzt. Natürlich fällt es ihnen dann schwer, ihren eigenen Weg zu finden. Sie brauchen Menschen, die ihnen erzählen können, was sie erlebt haben, dass sie auch unsicher waren und Schwierigkeiten bewältigen mussten, es aber bis zuletzt geschafft haben.“




    Das Bildungsprogramm Wir werden gro‎ß“ wird in Zukunft auch au‎ßerhalb von Bukarest implementiert. Timişoara, Iaşi, Cluj und Buzău sind die nächsten Städte, wo die Volontäre des Programms demnächst tätig sein werden.