Tag: Prähistorie

  • Ausstellung: Überlappte Zivilisationen im rumänischen Raum

    Ausstellung: Überlappte Zivilisationen im rumänischen Raum

    Es gibt kaum geopolitische Räume mit nur einer einzigen Kultur oder Zivilisation. Auch Rumänien hat nicht nur eine einzige Kultur und Zivilisation geerbt. Von der Prähistorie bis heute haben die Archäologen und Anthropologen versucht, verschiedene Spezifika und Einflüsse bei den Artefakten, die man in Museen und auf archäologischen Stätten findet, zu erkennen. Das Konzept der überlappten Zivilisationen erzählt dem Publikum etliche Geschichten, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, Geschichten, die von keiner Chronik, Zeichnung, keinem Gemälde und keiner Ikone erzählt werden. Eine überlappte Geschichte bedeutet, dass zum Erbe eines heutigen Landes mehrere Völker beigetragen haben. Und da Zivilisation und Kultur Hand in Hand gehen, könnte man behaupten, dass überlappte Zivilisationen auch überlappte Kulturen darstellen.



    Es gibt viele überlappte Zivilisationen im rumänischen Raum, von der Prähistorie bis heute bilden sie ein spezifisches Identitätserbe. Die neolithischen Völker, die griechischen Einflüsse, die Kimmerer, die Skythen, die Daker, die Römer und die Siedler, die mit ihnen kamen, dutzende Wandervölker zwischen dem 2. und dem 13. Jh. nach Christus, alle bildeten eine Mischung aus materiellen und spirituellen Wechselwirkungen, die die Rumänen geerbt haben. Die Ausstellung Rumänien, überlappte Zivilisationen“, die von dem Nationalmuseum für die Landesgeschichte Rumäniens veranstaltet wurde, möchte ihren Besuchern Geschichten über die Vielfalt der Kultur- und Zivilisationselemente erzählen, die in das europäische und asiatische Einmündungsuniversum einflie‎ßen. Archäologin Corina Borş, Veranstalterin der Ausstellung, fasste die Anwesenheit der Zivilisationen zusammen, die sie in die Museumausstellung eingeschlossen hat.



    Von dem Paläolithikum, also von der Altsteinzeit bis zur Vormoderne werden zahlreiche prähistorische Zivilisationen von dem Neolithikum und dem End-Neolithikum, von dem Metallzeitalter, von der dakischen und der römischen Zivilisation und alles andere vorgestellt, was danach in der Geschichte des aktuellen Raumes Rumäniens kommt, im Mittelalter und in der Vormoderne. Ich bin Prähistorik-Archäologin und habe eine Leidenschaft für prähistorische Artefakte. Seit über eineinhalb Jahrzehnten hat man in Rumänien die absoluten Schätze der neolithischen Zivilisation nicht mehr bewundern können. In den letzten Jahren wurden mithilfe der rumänischen Behörden, aber auch durch internationale Zusammenarbeit, die zwei Stadttafeln von Troesmis, historische Urkunden von höchster Bedeutung, die sich in einer Weltrangliste wiederfinden, zurückgewonnen. Es ist richtig, zu behaupten, dass alle Gegenstände ihre Bedeutung haben, es handelt sich nicht nur um Ästhetik oder monetären Wert. Jedes Teil ist einzigartig und erzählt eine Geschichte über die Vergangenheit.“




    In den Vitrinen der Museen erscheinen die Gegenstände fragil, sie schienen keine Bedeutung für den Betrachter und keinen aktuellen Nutzen zu haben. Dennoch sich die Gegenstände der Vergangenheit besonders wertvoll, aus mehreren Gesichtspunkten, nicht nur aus Sicht der Ästhetik. Ihre Einzigartigkeit spricht auch über die Geschicklichkeit und den Geist jener, die sie geschaffen oder verwendet haben. Ganz wichtig in der Ausstellung ist die Cucuteni-Keramik, die einmalig in Europa ist. Es gibt gro‎ße Ähnlichkeiten mit einer neolithischen Kultur aus China. Die Cucuteni-Keramik hat viele spiralförmige Verzierungen in verschiedenen Kombinationen und Varianten. Archäologen haben Frauenstatuen mit flachem Oberkörper gefunden, die mit geometrischen Motiven geschmückt sind. Corina Borş.



    In der Keramik des Neu-End-Neolithikums ist die Keramik der Cucuteni– und Gumelnitza-Zivilisation die bedeutendste. Erstmalig gibt es einen Goldschatz aus der Bronzezeit, den Schatz von Sarasău zu sehen. Dieser wird gerade von dem Kulturministerium für das Geschichtsmuseum Rumäniens erworben. Es gibt auch noch die Tafeln von Troemis, die ich erwähnt habe, und die mittelalterlichen Artefakte, die eine gro‎ße Vielfalt bieten. Ich würde sagen, es ist eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen man Schmuck aus Edelmetallen sieht, überwiegend Silber, aus dem Mittelalter, aus dem 11. bis 14 Jahrhundert.“




    Die Ausstellung Rumänien, überlappte Zivilisationen“ ist nicht nur ein Werk der Historiker und der Archäologen, sondern auch der Architekten, die ihr Persönlichkeit und Struktur verliehen haben. Die Gegenstände der überlappten Zivilisationen sind selbst eine Schöpfung des polyvalenten menschlichen Geistes, der oft anonym bleibt. Corina Borş.



    Die Ausstellung wurde von dem jungen Architekten Andrei Câmpean entworfen. Ausgehend von dem Konzept der überlappten Zivilisation wurden vier Bereiche definiert: die Prähistorie, die Antike, das Mittelalter und die Vormoderne. Gleicherma‎ßen wurde die Ausstellung in einem flie‎ßenden Sinne entworfen, nicht unbedingt zeitlich eingeteilt, sondern als eine Laufbahn, als eine Rückkehr in die Geschichte. Der Besichtigungsfluss kann von jedem Besucher frei gewählt werden. Die überlappte Zivilisation ist ein geografisches Merkmal, es ist der Ort, wo sich das heutige Rumänien befindet. Ausgehend von dem geografischen Merkmal werden die Zivilisationsüberlappungen im Laufe der Zeit vorgestellt. Es werden verschiedene Einflüsse, sei aus dem Osten, dem Westen, Süden oder Norden und natürlich die Einflüsse gro‎ßer Zivilisationen der Antike, besonders des Römischen Reiches, auf den Rumänischen Raum hervorgehoben.“




    Das Konzept der überlappten Zivilisationen regt zum Nachdenken über die Vergangenheit an, eine Vergangenheit, in der Qualität, Exzellenz und Überlegenheit nicht Merkmale eines einzigen Volkes sind. Die Zivilisationen und Kulturen schöpfen, leihen von den anderen aus und erfinden sich neu in den nachfolgenden historischen Zeitaltern. Die überlappten Zivilisationen sind dynamisch und der rumänische Raum bietet viele Beispiele von Quellen, die die Richtungen zeigen, von wo die Austausche gekommen sind oder wo diese hingegangen sind. Das Rumänien der überlappten Zivilisationen und Kulturen ist nicht nur das von heute, es ist insbesondere das von gestern.

  • Paläolithische Fundstellen in Rumänien

    Paläolithische Fundstellen in Rumänien

    Die Vorgeschichte steht für manche mit dem Abenteuer, dem Adrenalin und dem freien Geist in enger Verbindung. Die Vorgeschichte stellt eigentlich einen Bereich dar, der nur auf dem ersten Blick mit dem Abenteuer, dem Adrenalin und dem freien Geist in Verbindung steht. Sie gilt als eine der schwierigsten Bemühungen zur Rekonstruktion der ältesten Zeit der Vergangeheit der Menschheit. In der Kindheit der Menschheit“, so wie die Prähistorie metaphorisch bezeichnet wird, gibt es keine schriftlichen Urkunden. Oftmals wird sie in Beziehung mit der Anthropologie betrachtet.



    Das Paläolithikum wurde erstmals im geographischen Raum Rumäniens im Becken des Flusses Argeş, in der Sibiu-Senke und im Karpatenvorland an den Südkarpaten belegt. Der Archäologe Adrian Doboş vom Archäologie-Institut Vasile Pârvan“ der Rumänischen Akademie führt uns in den folgenden Minuten in die Welt des Paläolithikums:



    Etymologisch bedeutet das Paläolithikum die Altsteinzeit. Es unterscheidet sich von der Neolithikum-Epoche dadurch, dass im Paläolithikum ausschlie‎ßlich der geschnitzte Stein verwendet wurde. Im Neolithikum sprechen wir ebenfalls vom geschnitzten Stein, aber auch vom geschliffenen Stein. Unsere Forschung zielt auf genaue Erkenntnisse ab. Dennoch taucht auch in diesem Fall die Spekulation auf, da wir mit Gegenständen aus geschnitzten Stein zu tun haben. Zudem handelt es sich auch um menschliche Überbleibsel und die Tierwelt, was ebenfalls Raum für Spekulationen schafft. Bei der Forschung einer archäologischen Fundstelle aus der Altsteinzeit spielt die Tierwelt eine ausschlaggebende Rolle. Die Identifizierung verschiedener Spezies führt zu weiteren Schlussfolgerungen über das klimatische Umfeld, in dem die jeweiligen Fundstellen aufgetaucht sind.“



    In der Ortschaft Cuciulat, im nordwestrumänischen Landkreis Sălaj, wurden Felsengemälde aus der Altsteinzeit entdeckt. Es handelt sich um ein Pferd und ein anderes Tier aus dem Paläolithikum, das als Panther oder Katze gedeutet wurde. Adrian Doboş war Mitglied eines Archäologen-Teams, das die grö‎ßte paläolithische Fundstelle in Rumänien entdeckte. Sie wurde in der Ortschaft Dealul Guran in der südostrumänischen Dobrudscha entdeckt:



    Dealul Guran wurde 2009 im Rahmen eines Projektes entdeckt, an dem sich das Rumänische Archäologie-Institut in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Max-Planck-Institut und dem rumänisch-deutschen Museum aus Mainz beteiligte. Dies passierte während einer sechswöchigen Saison, in der wir Oberfläche-Forschungen durchführten. Die archäologischen Grabungen fanden 2010 und 2011 statt. Es handelt sich um eine archäologische Anlage, wo feuerfestes Glas entdeckt wurde. Die unterste Fundschicht datiert auf etwa 390.000 Jahre vor der Gegenwart und die Fundstelle gilt als die älteste in Rumänien. Es gibt auch weitere Entdeckungen, die dem unteren Paläolithikum zugeordnet wurden, viele davon wurden aber in verschiedenen Flussbetten gemacht. Da die archäologische Anlage nicht unberührt beibehalten werden konnte, kann man nicht gewiss sagen, ob sie aus dem unteren Paläolitikum stammt. Das ist für Rumänien spektakulär und in ganz Europa gibt es nur 15-20 solcher Fundorte.“



    Wie sahen die Menschen im Paläolithikum aus? Wer hat das aktuelle Territorium Rumäniens damals bevölkert? Auf diese Frage antwortet ferner der Archäologe Adrian Doboş:



    Wer Werkzeuge schuf, wurde als Hominin bezeichnet, so ist auch die Bezeichung Homo Habilis, der geschickte Mensch, zu erklären. Ein weiterer Aspekt betrifft das Volumen seines Hirnschädels: Misst dieser mehr als 600 Kubikzentimeter, dann gehören die Menschen unserem genealogischen Baum an. Neulich bildet auch die Fortbewegung ein Kriterium. Diesbezüglich möchte ich noch erwähnen, dass die ältesten Australopithecus, die eine bipede Fortbewegungsweise, einen aufrechten Gang hatten, auch der Kategorie Hominini zugeordnet werden. Die Fortbewegung stellt ein wesentliches Kriterium dar zur Einordnung eines Urmenschen in eine gewisse Kategorie. Die ältesten menschlichen Fossilien, die in Rumänien entdeckt wurden und welche dem modernen anatomischen Menschen gehören, lagen im Fundort Peştera cu Oase (zu dt. Knochenhöhle), einer Höhle, die auf 36.000 Jahre zurück datiert wird und als das älteste Fossil Europas gilt. Peştera cu Oase ist keine archäologische Fundstelle, sie wurde von Speläologen entdeckt. Der Neanderthal-Mensch hinterlie‎ß in Rumänien leider keine Überbleibsel. Wir nehmen an, er sollte auch bei uns gelebt haben, bislang gibt es dennoch keinen klaren Beweis dafür. Der älteste auf rumänischem Territorium lebende Hominin war Homo Heidelbergensis. Das ist die Gattungsbezeichnung für den Homo erectus, der auf dem heutigen rumänischen Territorium auf 600.000 und 300.000 Jahre zurück datiert wird. Homo Heidelbergensis war kleiner, sein Aussehen war deutlich affenähnlich. Man wei‎ß nicht genau, ob er dünner oder dicker als seine Nachfolger war, weil es nur wenige Überbleibsel von ihm gibt.“



    Die Fundstelle Bugiuleşti ist ebenfalls ganz relevant für die Altsteinzeit auf dem Territorium des heutigen Rumänien, weil man lange der Überzeugung war, dass die meisten Hominini hier gelebt haben. Adrian Doboş:



    Das ist ein äu‎ßerst wichtiger Fundort aus paläontologischer Sicht. In der Umgebung wurden Ende der 1950er Jahre weitere 10 Interessenpunkte für Forscher entdeckt. Sie werden auf 1,8-2 Millionen Jahren vor unserer Zeit datiert. Sie stellen hauptsächlich Knochen von Tieren gro‎ßer Dimension am Rande eines Sees dar. Einmal wurden dort Gegenstände entdeckt, die als von Hominini, also von Australopithecus hergestellte Werkzeuge gedeutet wurden. Es handelte sich eigentlich bestimmt um ein Gemisch zwischen der Begeisterung der Archäologen und der protochronistischen Ideologie der rumänischen Behörden.“



    Die Vorgeschichte fasziniert, die Wurzeln der Menschheit erwecken die Neugier über das Leben unserer Vorfahren. In der französischen Historiographie bezeichnet das Wortspiel zwischen la prehistoire“ und l’après histoire“ das Interesse für die Anfänge der Menschheit.



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  • Salzförderung im prähistorischen Karpatenraum

    Salzförderung im prähistorischen Karpatenraum


    Wenn wir heutzutage von wertvollen Ressourcen sprechen, denken wir vielleicht an Erdöl, Gas und vielleicht Edelmetalle wie Gold. Das war nicht immer der Fall. In der Antike und auch im Mittelalter nahm Salz eine wichtige Rolle im Handel ein. Salz ist unentbehrlich für den menschlichen Körper und es diente auch als Konservierungsmittel in einer Periode, in der es keine andere Möglichkeit gab, manche Lebensmittel wie Fleisch für eine längere Periode aufzubewahren.


    Im Karpatenbecken und der anliegenden Region befinden sich die grö‎ßten Salzvorkommen Europas. Archäologen haben schlu‎ßfolgert, dass die prähistorischen Spuren der Salzwege aus dem Karpatenbecken nach West-und Südeuropa eine Theorie bestätigen, laut der die erste europäische Identität im Zusammenhang mit dem Salzhandel steht. Im heutigen Italien gibt es die Via Salaria, eine antike Salzstra‎ße, die von Norditalien über Rom nach Mittelitalien führte. Manche Historiker sind der Ansicht, die römische Eroberung des antiken Dakiens wäre nicht ausschlie‎ßlich politisch gewesen. Den Römern war es auch wichtig, Ressourcen zu kontrollieren. Au‎ßer Gold, waren die Römer auf der Suche nach Salz.


    Salz war auch im Mittelalter und später von Bedeutung für die rumänische Wirtschaft. Im Westen der rumänischen Hauptstadt gibt es auch heute noch eine Stra‎ße, die Salzweg“ (rum. Drumu Sării) hei‎ßt. Heutzutage gibt es wenige Dinge, deren Geschichte bis in die Vorgeschichte reichen. Salz ist eines davon. Der Karpatenraum stellte die Hauptquelle von Salz für die Europäer dar. Zusammen mit dem Universitätsprofessor Carol Căpiţă von der Bukarester Geschichte-Fakultät versuchen wir in der Sendung, einige Aspekte der Bedeutung des Salzes für die prähistorischen menschlichen Gemeinden nachzuvollziehen.