Tag: Pro-Europäer

  • Moldaurepublik: Wohin führt der erneute Regierungswechsel?

    Moldaurepublik: Wohin führt der erneute Regierungswechsel?

    Die Sozialisten hatten angekündigt, dass sie einen Misstrauensantrag einreichen würden, sollte Maia Sandu den Entwurf zur Änderung des Gesetzes, das die Arbeit der Staatsanwaltschaft reguliert, mit der Vertrauensfrage verbinden. Dieser Entwurf sah die Ermächtigung des Premierministers bei der Auswahl von Kandidaten für das Amt des Generalstaatsanwaltes vor.



    Seit ihrer Gründung im Juni wurde die Koalition zwischen Pro-Europäern und den pro-russischen Sozialisten von vielen als unnatürlich angesehen, als eine vorübergehende Lösung für die Einsetzung einer Regierung nach drei Monaten vergeblicher Verhandlungen. Dan Dungaciu, Leiter des Instituts für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen der Rumänischen Akademie, zu Gast bei Radio Rumänien, erklärt, was die Koalition zwischen den Pro-Demokraten und den Sozialisten von Igor Dodon erreicht hat:



    Zwei Dinge: In erster Reihe in der Innenpolitik der Republik Moldau, nämlich die Beseitigung von Herrn Plahotniuc und die Entschärfung der Lage, die dadurch entstanden ist, dass die Demokratische Partei, Herr Plahotniuc persönlich, die Institutionen in Kischinjow blockiert hat. Intern ging es also um die Beseitigung von Herrn Plahotniuc von den Machthebeln. Das geschah, nachdem am 3. Juni in Kischinjow gleichzeitig ein Vertreter des US-Au‎ßenministeriums, des EU-Kommissars für Erweiterung und ein Vertreter des Kremls, in diesem Fall der berüchtigte Herr Kosak, anwesend waren. Der interne Plan war die Beseitigung von Herrn Plahotniuc. Aber der kompliziertere Plan hat mehr mit dieser strategischen Landschaft zu tun — zum ersten Mal sa‎ßen die drei wichtigen, in der Republik Moldau bedeutenden Akteure am selben Tisch, wenn auch nicht physisch, und einigten sich, diese unnatürliche Koalition zu bilden. Das hei‎ßt, der Osten und der Westen bilden eine Koalition oder die politischen Vertreter des Ostens und des Westens bilden eine Koalition. Natürlich ist es naiv, zu glauben, dass die drei Gro‎ßen, die in Kischinjow zusammen kamen, sich dort nur wegen Herrn Plahotniuc trafen. Es ist eine Naivität! Der geopolitische Plan war immer vorhanden, der strategische, geopolitische Plan war das Treffen zwischen der Europäischen Union, Russland und den Vereinigten Staaten. Das war meiner Meinung nach die Quelle dieser Koalition. Dieser strategische Plan muss mit dem korreliert werden, was in der Ukraine geschieht, die Ukraine ist der Schlüssel zum Verständnis der Region, und nicht die Republik Moldau.“




    Der Plan war, die Republik Moldau neutral zu machen, glaubt Dan Dungaciu. Der Raum zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation müsse so gestaltet werden, dass er weder für die Europäische Union noch für Russland strategisch störend ist. Deswegen müssten die Ukraine und die Republik Moldau in der Lage sein, beide Parteien zufrieden zu stellen, und nicht eine Quelle für Streitigkeiten darstellen:



    Und natürlich kann dies zumindest aus russischer Sicht erreicht werden, indem sogenannte Föderationen geschaffen werden, die heute in der diplomatischen Sprache Moskaus nicht mehr als Föderationen bezeichnet werden, sondern als »Sonderstatusstaaten«: in der Ukraine, im Donbass, in der Republik Moldau, in Transnistrien. Mittels dieser hat man Einfluss auf die Sicherheit und Au‎ßenpolitik in Kischinjow und Kiew. Das ist der Plan, das russische Denken in diesem Bereich. Wahrscheinlich waren einige mit diesem Versuch einverstanden, und in der Republik Moldau war diese breite Koalition, die grö‎ßte in der Geschichte der Republik Moldau, passend, um dieses Projekt umzusetzen. Weil es sowohl aus dem Osten als auch aus dem Westen Legitimität gibt. Die Russen wissen sehr wohl, dass das Kosak-Memorandum 2003 gescheitert ist, weil es ein russischer Plan war. Da der Westen nicht mit am Tisch sa‎ß, war es sicherlich leicht, ihn abzulehnen. Nun war bei der Bildung dieser Regierung der Westen mit am Tisch und somit könnte ein solches Projekt theoretisch funktionsfähig sein.“




    Nach dem Sturz der Regierung von Maia Sandu nominierte der prorussische Präsident der Republik Moldau, Igor Dodon, den Präsidentenberater Ion Chicu zur Bildung eines neuen Kabinetts, und kurz danach stimmte das Parlament für die Amtseinführung einer sozialistischen prorussischen Regierung ab, in der die meisten der 11 Minister dem Präsidenten Igor Dodon nahe stehen. In Bukarest warnten die rumänischen Politiker, dass die Unterstützung der Moldaurepublik durch Rumänien, auch die finanzielle Unterstützung, im derzeitigen Kontext streng von der Fortsetzung der grundlegenden Reformen für die Demokratie und den europäischen Weg abhängig sein werde. Die Bereitschaft der rumänischen Regierung zur Zusammenarbeit mit einer moldauischen Regierung, die keine ernsthaften Garantien für eine authentische Demokratie anbietet, sei ebenfalls sehr gering.

  • Jahresrückblick 2014 – Ausland

    Jahresrückblick 2014 – Ausland

    Die Krise in der Ukraine und der neue Kalte Krieg


    Für zahlreiche Analytiker oder politische Entscheidungsträger ist 2014 das Jahr des Ausbruchs eines neuen Kalten Krieges gewesen. Im Januar fiel das moskaunahe Regime in Kiew, infolge eines Blutigen Aufstands. Dadurch wurde Präsident Viktor Janukovitsch von der Macht vertrieben und eine prowestliche Verwaltung nahm seinen Platz ein. Daraufhin folgten schwere Vergeltungsschläge von Seiten Russlands. Bemerkenswert durch ihren Zynismus und ihre Effektivität war die Annexion der Halbinsel Krim, im März, nur der Anfang. Was folgte war die politische, militärische und logistische Unterstützung, während des ganzen Sommers, der abtrünnigen pro-russischen Rebellion im Osten der Ukraine. Diese verursachte vier tausend Tote, darunter, als unschuldige Nebenopfer, auch die rund dreihundert Passagiere eines Zivilflugzeus, die meisten davon Niederländer. Die Flugmaschine wurde, allen Angaben zufolge, von der Artillerie der Separatisten abgeschossen. Das alles zwang die internationale Gemeinschaft, besorgt festzustellen, dass die Skrupellosigkeit und der Appetit nach Territorien Russlands, unter Wladimir Putin, wiedererwacht sind. Die Art und Weise wie das geschah wurde bisher nur ausschlie‎ßlich mit dem zaristischen oder dem stalinistischen Zeitalter assoziiert. Die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und deren Partner aus der freien Welt, von Kanada bis nach Australien verhängten sowohl politische, als auch wirtschaftliche Sanktionen. Besorgt über die Entwicklungen in der Ukraine, forderte Bukarest seinen westlichen Alliierten eine Aufstockung der Militärpräsenz in der Region. Ukraine ist, sowohl was die Fläche, als auch die Bevölkerung anbelangt, der grö‎ßte Nachbar des östlichsten EU- und Nato-Stützpunkts, Rumänien. Rumänien drückte hat sich ständig, fest und einheitlich, durch die Präsidentschaft, die Regierung und das Au‎ßenministerium für die Einhaltung der Souveränität und Territorialintegrität der Ukraine ausgedrückt. Mit diesem Land teilt Rumänien hunderte km gemeinsame Grenze und dort leben fast eine halbe Million Rumänienstämmige.



    Wahlsiege der Pro-Europäer in Kiew und Chişinău


    Sowohl in der Ukraine, als auch in der Republik Moldau haben die Wähler bewiesen, dass sie den europäischen Weg dieser Ex-Sowjetrepubliken unterstützen. Diese schlossen in dieser Hinsicht Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit Brüssel. Das einzig entscheidende in einer Demokratie ist das Ergebnis bei den Wahlurnen. Dieses widersetzt sich der russischen Rhetorik über die sogenannte Vorbehaltsrechte Moskaus gegenüber ihren ehemaligen Kolonien. In Kiew wurde der pro-westliche Magnat Petro Poroschenko zum Präsidenten gewählt. Im Parlament wurden die Nostalgiker der Sowjetunion und Janukowitschs zur Minderheit nach den Wahlen. Darüber hinaus überschreiten die Kommunisten zum ersten Mal nach der Unabhängigkeitserklärung 1991 die Mindestschwelle von 5% nicht mehr. Somit sind sie in der Rada nicht mehr vertreten. Die pro-russischen Kommunisten, Sozialisten oder Populisten verloren die Wahlen auch in Chișinău. Am 30. November gewannen die verbündeten Allianz für Europäische Integration, Liberal-Demokratische Partei und Demokratische und Liberale Partei die Mehrheit der Mandate im Parlament. Diese werden, wie seit 2009 auch, weiterhin gemeinsam die Republik Moldau regieren. Deren Führer hoffen, dass diese 2017 den Status eines Beitrittskandidaten erhält und 2020 zum Mitglied des gemeinschaftlichen Raumes wird. Rumänien begrü‎ßte als erstes Land den Sieg der pro-europäischen Parteien in dem Nachbarstaat. Bukarest ist auch ein ständiger Befürworter und Unterstützer der Integration Chişinăus, im Zuge der Sprachen-, Geschichts-, Kultur- und Schicksalsverbundenheit gewesen.



    Wahlen für das Europäische Parlament


    Die Wahlen für das Europäische Parlament vom Mai bestätigten die Überlegenheit der demokratischen Ideologiefamilien — Volkspartei, Sozialisten und Liberalen — auf dem Kontinent. Diese gewannen insgesamt rund zwei Drittel der Sitze. Dennoch sorgten sie auch für Unruhen, wegen des Wiedererwachens in allen Mitgliedsstaaten der Union, der diskriminierenden und einwanderungsfeindlichen Rhetorik. Von Ungarn bis Frankreich, von Griechenland bis in die Niederlande, entsandten die euroskeptischen, wenn nicht sogar europafeindlichen Parteien ihre Vertreter in die Gemeinschaftslegislative. Rumänien wird in Stra‎ßburg und Brüssel von keinem populistischen oder xenophoben Europaabgeordneten vertreten. Die 32 Sitze, die Bukarest zustehen, wurden zwischen Gruppierungen geteilt, die an den gro‎ßen kontinentalen Parteien, Befürworter der europäischen Werte, angeschlossen sind. Auf der Seite der Sozialisten ist die Sozial-Demokratische Partei, wichtigste Formation an der Regierung und Teil der Europäischen Sozialisten. Auf der Seite der bürgerlichen Kräfte befinden sich die National-Liberale Partei, die dieses Jahr von der Allianz der Liberalen und Demokraten zu der Volkspartei übergegangen ist, sowie die Liberal-Demokratische Partei, die Volksbewegung und der Ungarnverband, bereits Mitglieder der Volkspartei.



    Änderungen an der Spitze der europäischen Institutionen


    Mit der Unterstützung seiner sozialistischen Kollegen und der Europäischen Volkspartei, wurde der Deutsche Martin Schultz für ein zweieinhalbjähriges Mandat an die Spitze der Gemeinschaftslegislative gewählt. Laut einer Abmachung zwischen den beiden Parteien soll in der zweiten Hälfte dieser Gesetzgebung die Führung des Europäischen Parlaments einem Vertreter der Volkspartei zukommen. Die restlichen europäischen Institutionen wählten ihre Führung im Herbst 2014. Nach zehn Jahren, die die weitgehendste Erweiterung nach Osten und nach Süden in der Geschichte der Union bedeutet haben, hat der Portugiese Jose Manuel Barroso dem Luxemburger Jean-Claude Juncker die Führung der Europäischen Kommission überlassen. Anstelle des Belgiers Herman van Rompuy, ist der Pole Donald Tusk der neue Präsident des Europäischen Rates. Er ist auch der erste Osteuropäer, der in eine solche Funktion eingesetzt wird. Die Italienerin Federica Mogherini übernimmt die Stelle der Chefdiplomatin von der Britin Catherine Ashton. In der neuen Gemeinschaftsexekutive wird Rumänien durch die ehemalige sozial-demokratische Europaabgeordnete Corina Creţu, Kommissarin für Regionalpolitik vertreten. Nach seinem EU-Beitritt 2007 hatte Rumänien auch die Ämter der Mehrsprachigkeit durch Leonard Orban und der Landwirtschaft durch Dacian Cioloş inne. Die Beiden gehörten keiner politischen Partei an.



    Hei‎ße Akten auf der Agenda der Nato


    Auch die Nordatlantische Allianz hat diesen Herbst ihren Generalsekretären gewechselt. Der Däne Anders Fogh Rasmussen übergab die Staffel einem anderen Skandinavier, dem ehemaligen norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg. Gleichzeitig mit der Nato-Führung übernimmt dieser zwei der schwersten Akten: Im Osten, die eiskalten Beziehungen zu Russland und die Stärkung der Sicherheitsma‎ßnahmen für die Alliierten an der Ostgrenze, einschlie‎ßlich Rumänien; Im Süden, die endemische Instabilität im Nahen Osten, der von der dschichadistischen Guerilla vernichtet wird. Dieser fallen die ineffizienten, schwachen, korrupten lokalen Regierungen zum Opfer, die ihr nicht standhalten können. Ab dem Sommer fielen weite Teile Syriens und Iraks unter die Kontrolle der terroristischen Organisation, die sich selbst Islamischer Staat nennt. Diese ist derma‎ßen blutig, dass sie sogar von ihren Mentoren aus dem Al-Qaida-Netzwerk abgewiesen wird.