Tag: Răzvan Martin

  • Active-Watch-Bericht 2015: Pressefreiheit in Rumänien immer noch gefährdet

    Active-Watch-Bericht 2015: Pressefreiheit in Rumänien immer noch gefährdet

    Die Pressefreiheit in Rumänien ist ein infolge der antikommunistischen Revolution von 1989 gewonnenes Recht. Mehr als 25 Jahre nach dem Fall des Kommunismus sind die Hauptprobleme, die zur Einschränkung der Pressefreiheit in Rumänien führen, die übermä‎ßige Politisierung, die korrupten Finanzierungsmechanismen der Presse sowie die Einmischung der Eigentümer und der Geheimdienste in Redaktionspolitik und Berichterstattung.



    Die Nichtregierungsorganisation Active Watch hat Anfang März ihren jüngsten Bericht betreffend die Pressefreiheit in Rumänien veröffentlicht. Die Nutzung der Presse als politisches Propaganda-Instrument war offensichtlicher als je zuvor, insbesondere in Wahljahren. Răzvan Martin, einer der Autoren des Berichts, berichtet über die Lage im Jahr 2014:



    2014 war ein Wahljahr, Leidenschaften entflammten. Das hat viel Medien-Schmutz ans Licht gebracht. Der politische Kampf hat, wie jedes Mal, auch in den Medien stattgefunden. Die Politiker haben wieder massiv in die Presse investiert und auf vorteilhafte Propaganda gehofft. Sie haben gehofft, dass die Attacken gegen ihre politischen Gegner ihnen den Wahlsieg garantieren werden. Das ist auch 2004 und 2009 passiert. Aber diejenigen, die am meisten in die Presse investiert haben, haben wieder verloren. Der Typ des Au‎ßenseiters hat trotz einer generell feindseligen Presse gewonnen. Man spricht seit Jahren über die Korruption in der Presse. Sehr selten sieht man in der Öffentlichkeit Beweise betreffend die Korruptions-Mechanismen. In den letzten Monaten haben uns die Akten der Nationalen Antikorruptionsbehörde DNA gezeigt, wie die lokale Presse und ein Teil der überregionalen Presse von lokalen Politikern oder Geschäftsleuten durch illegale Mechanismen, oft durch veruntreute öffentliche Gelder, finanziert wird.“




    Der von manchen staatlichen Institutionen auf Journalisten, Presse-Institutionen oder Bürger ausgeübte Druck sei auch ein gravierendes Problem, so der Pressefreiheit-Bericht. Journalisten unterschiedlicher Medien-Konzerne kämpfen auch gegeneinander, je nach politischen oder wirtschaftlichen Interessen. Răzvan Martin erläutert:



    Die öffentliche Agenda der letzten Jahre wurde von parteiischen Stimmen dominiert, die laut gegeneinander gekämpft haben. Es gab viele persönliche Angriffe und Beleidigungen. Der politische Kampf wird bei uns zur Medien-Schlammschlacht. In vielen Fällen bringen Journalisten andere Journalisten vor Gericht. Das ist auch eine Methode, Journalisten einzuschüchtern. Insbesondere gro‎ße Presse-Unternehmen drohen Journalisten, die sie kritisieren, mit Prozessen. Es gibt auch Fälle, in denen die Presse eingesetzt wird, um Druck auf die Justiz auszuüben.“




    Die Einmischung von Undercover-Agenten der Nachrichtendienste in die redaktionelle Tätigkeit wurde 2014 wieder bestätigt. Das Thema sorgte auch 2015 für Schlagzeilen. Im Juni und Juli letzten Jahres haben die Regierung und das Parlament Rumäniens einen ersten Versuch unternommen, das Recht auf Kommunikations- und Internet-Anonymität einzuschränken. Das trotz der Proteste der Zivilgesellschaft. Răzvan Martin dazu:



    Wenn wir vom Druck des Staates auf die Presse sprechen, ist aus unserer Sicht die Bestätigung der Existenz von Undercover-Agenten der Nachrichtendienste in den Redaktionen die schwerwiegendste Situation. 2012 gab es einen ähnlichen Fall, der damals vom rumänischen Nachrichtendienst SRI bestätigt wurde. Diesmal haben wir einen Journalisten, der zugegeben hat, dass er Undercover-Agent gewesen ist. Nach seinem Geständnis haben mindestens zwei weitere Journalisten berichtet, dass Geheimdienste versucht haben, sie zu rekrutieren. Das ist eine sehr gravierende Situation, die die Pressefreiheit beeinträchtigt. Denken Sie daran, dass diese Agenten die Beziehung des Journalisten zu seinen Quellen gefährden und die Redaktionen, in denen sie tätig sind, geheimdienstlich observieren. Die Gespräche unter Journalisten werden somit den Geheimdiensten zugänglich, die Themen, die diskutiert und vorbereitet werden, sind nicht mehr teil des Berufsgeheimnisses, sondern werden Eigentum der Informations-Strukturen. Auch die Manipulierung der öffentlichen Agenda durch diese Undercover-Agenten und die Fokussierung auf bestimmte Themen finde ich genauso schwerwiegend. Es gab letztes Jahr zwei Gesetzesvorschläge, die wir ‚Big Brother-Gesetze‘ genannt haben. Diese hätten Grundrechte und –freiheiten schwerwiegend gefährdet. Sie wurden von der traditionellen Presse erheblich unterstützt. Die wichtigsten kritischen Meinungen in der Öffentlichkeit gegen diese Gesetzesvorschläge kamen von einigen Menschenrechtsorganisationen.“




    In 2014 nahm Rumänien den 52. Platz in einer internationalen Rangliste betreffend die Pressefreiheit ein, die jährlich von der Organisation Reporter ohne Grenzen“ erstellt wird. Ein Jahr zuvor hatte Rumänien den Platz 45 eingenommen.

  • FreeEx-Bericht: Medien in Rumänien nur teilweise frei

    FreeEx-Bericht: Medien in Rumänien nur teilweise frei

    Das Jahr 2013 war für die Presse weltweit alles andere als günstig, so mehrere NGO, die die Medien beobachten. Freedom House schreibt, dass nur einer von sieben Menschen in Ländern lebt, wo die politischen Nachrichten glaubwürdig sind, wo die Sicherheit der Journalisten garantiert ist, wo der Staat sich in Medienangelegenheiten wenig einmischt und wo die Presse nicht unter wirtschaftlichem Druck steht. Laut Freedom House sei die jetzige Lage noch schlechter im Vergleich zu den letzten Jahren. Schuld dafür sei der Wunsch autoritärer Regierungen, den Inhalt der Nachrichten zu bestimmen, sei es durch Drangsalierung der Journalisten, sei es durch Kontrolle des Internets und der sozialen Netzwerke. Rumänien stellt keine Ausnahme dar. Was dem Jahresbericht für 2013 von Freedom House zu entnehmen ist, erfahren wir von Cristina Guseth, Leiterin der rumänischen Zweigstelle der internationalen Organisation:



    Rumänien hat 41 Punkte erreicht und gilt ein Land mit einer teilweise freien Presse. Der Bericht analysiert den gesetzlichen, den politischen und den wirtschaftlichen Rahmen. Ungarn erzielte 35 Punkte und belegt einen besseren Platz als Rumänien. Rumänien liegt näher an Ländern, die keine EU-Mitglieder sind, wie Albanien, Kosovo, Mazedonien oder Bosnien.“




    Cristina Guseth meint, Grund dafür sei die besondere wirtschaftliche Lage Rumäniens:



    Rumänien hat — verglichen mit seiner wirtschaftlichen Entwicklung — sehr viele Medien-Institutionen. Die private Presse wird im Allgemeinen von der Wirtschaft befördert. Die Wirtschaft kann aber in Rumänien nicht so viele Medien-Institutionen unterstützen. Ich spreche über Zeitungen, private Radio- und Fernsehsender. Die Medien-Institutionen sind politisiert. Das kann unmittelbar geschehen, durch Medieneigentümer, die zugleich Politiker sind, oder indirekt. Es gibt eine massive Politisierung der Presse. Das Geld, das in die Presse flie‎ßt, kommt nicht aus der Wirtschaft oder aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit, so wie es natürlich wäre. Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Gesetzesordnung. Es geht nicht nur um den gesetzlichen Rahmen, so wie er auf dem Papier steht, sondern auch darum, wie das Gesetz umgesetzt wird. Hier wurde ich den Nationalrat für audiovisuelle Medien (CNA) erwähnen, der zwar über Gesetze verfügt, sie aber nicht umsetzt.“




    Jahr für Jahr veröffentlicht die Organisation Active Watch in Rumänien ihren Bericht namens FreeEx, in dem die Lage der rumänischen Presse analysiert und Gründe für etwaige Einschränkungen der Pressefreiheit genannt werden. Der FreeEx-Jahresbericht für 2013 bestätigt die Informationen von Freedom House über die Verschlechterung der Medienunabhängigkeit und bringt Einzelheiten. Răzvan Martin, Vertreter von Active Watch, sagte über den Bericht für 2013 folgendes:



    Ich würde mit der auf der Strecke bleibenden redaktionellen Unabhängigkeit und dem Hintergehen des öffentlichen Interesses beginnen, was die Folge der exzessiven Politisierung des Medienmarktes und der Zusammensetzung der Eigentümerschaft ist. Zahlreiche Pressemagnaten sind auf der politischen Bühne aktiv. Es gibt viele bedeutende Presse-Institutionen, die von einflussreichen politischen Akteuren in Rumänien kontrolliert werden. Es gibt genügend Fälle, die beweisen, dass sie diese Institutionen nutzen, um politische und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen und um Druck auf die Justiz auszuüben.“




    Eine besondere Form, Druck auszuüben, ist die Art und Weise, in der einige Medien Journalisten in Bedrängnis bringen. Răzvan Martin mit Einzelheiten:



    Im vergangenen Jahr haben zwei Journalisten Haftstrafen bekommen. Sie waren der Erpressung beschuldigt worden. Die Medien selbst haben sich zu einem der schlagfertigsten Mittel entwickelt, um Journalisten oder Bürgeraktivisten unter Druck zu setzen oder einzuschüchtern. Auch im Jahr 2012 hatten wir einen ähnlichen Fall. Ein gefährliches Phänomen ist die Abmahnung der Journalisten, um ihre kritische Berichterstattung zu unterlassen. Andernfalls hat man ihnen mit Prozessen gedroht. Es scheint mir absurd, dass Vertreter eines Berufes, der sich von Pressefreiheit nährt, Branchenkollegen drohen, um ihr Schweigen zu gewinnen.“




    Die Autoren des FreeEx-Berichts meinen weiter, nebst diesen Neuigkeiten im Jahre 2013 sei auch die gängige Praxis der Informationsverweigerung fortgesetzt worden. Răzvan Martin dazu:



    Informationen werden dem Publikum aus Sicherheitsgründen vorenthalten, zum Beispiel das Thema der mutma‎ßlichen CIA-Gefängnisse in Rumänien. Der Staat hat in diesem Fall eine regelrechte Informationsblockade errichtet, damit die Journalisten nicht mehr recherchieren können. Es gab ferner zahlreiche Übergriffe der Ordnungskräfte gegen Demonstranten. Ich beziehe mich hier in erster Linie auf die Situation [der gegen Schiefergas-Bohrungen Protestierenden] in Pungeşti, wo mehrere verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte wie Reisefreiheit, Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit verletzt wurden.“




    Die beschriebenen Fehlentwicklungen kamen vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise, die die finanzielle Unabhängigkeit der Medien erschwert. Viele Zeitungen haben ihre Printausgaben aufgegeben und erscheinen nur noch im Internet. Einigen privaten TV-Sendern geht es auch nicht gut, sie sind bereits knapp bei Kasse. Die Ausgaben für Werbung sind sichtbar gesunken. Es gibt aber einen Schimmer Hoffnung: Die wenigen Produkte des Qualitätsjournalismus scheinen dennoch gefragt zu sein. Das widerspricht der These, dass nur Unterhaltung und Boulevardjournalismus Einschaltquoten und Leser bringen.



    Audiobeitrag hören: