Tag: Reenactments

  • Reenactments: Historische Festspiele im Bukarester Umland

    Reenactments: Historische Festspiele im Bukarester Umland

    Wir wünschen uns, dass die Kinder heutzutage nicht nur Batman und Superman miteinander spielen, sondern auch Mihai Viteazul (dt. Michael der Tapfere) und Vlad Ţepeş (dt. Vlad der Pfähler)“. Das ist das Anliegen der Veranstalter der Historischen Festspiele an den Toren von Bukarest. Das Historische Festival fand am ersten Wochenende im November statt. Die Besucher hatten dabei die Möglichkeit, an vielfältigen Aktivitäten teilzunehmen: praktische Workshops, mittelalterlicher Reitunterricht, Bogenschie‎ßen, Handhabung des Schwerts. Darüber hinaus konnten die Gäste traditionell zubereitete Köstlichkeiten probieren. Zudem begeisterten Kunsthandwerker die Besucher mit ihren Fertigkeiten. Die Festspiele fanden im Park beim Mogoşoaia-Schloss statt. Das Schloss Mogoşoaia liegt etwa 15 Km nordwestlich von Bukarest entfernt. Der walachische Fürst Constantin Brâncoveanu lie‎ß das Schloss im Zeitraum 1698–1702 errichten.



    Wir tauchten unsererseits in die Geschichte ein, um die mittelalterliche Lebensweise, die im Schloss nachgestellt wurde, selbst zu experimentieren. Wir unterhielten uns mit Răzvan Popescu, einer der Moderatoren der Veranstaltung. Er war den Umständen entsprechend angekleidet — mit Pelzmantel und Bojarenhut. Răzvan Popescu sagte uns, wohin uns unsere Zeitreise gebracht hatte:



    Wir sind im Schloss Mogoşoaia, irgendwann im Mittelalter. Der genaue Zeitpunkt ist Ihrer Phantasie überlassen. Etwas später werden wir eine Pfählung erleben. Es wird eine Premiere sein — der erste Mensch in der Geschichte, der gepfählt wird und dabei nicht stirbt. Das wird hier in Mogoşoaia geschehen.“




    Die Besucher hatten die Gelegenheit, sich mehrmals die Wachablösung am Schloss anzuschauen. Die Wächter der Burg Neamţu’ verlie‎ßen zeitweilig ihre Region, Ţinutul Zimbrului (dt. das Auerochsenland), um sich an den Historischen Festspielen an den Toren der Stadt Bukarest zu beteiligen. Die vom Pfarrer Filip geleiteten jungen Wächter waren die Ehrengäste des Festivals. Ihre Uniform, die Waffen, mit denen sie ausgerüstet waren, sowie ihre Kampftechnik boten einen Einblick in die Lebensweise und die Traditionen von früher. Die Kinder konnten mit dem Bogen schie‎ßen oder verschiedene mittelalterliche Wappenelemente herstellen. Musik und gute Laune gingen Hand in Hand. Răzvan Popescu lieferte uns mehr Einzelheiten zum Programm des ersten Abends:



    Eine Band aus Wei‎ßrussland spielte mittelalterliche Musik. Es sind sehr nachgefragte Künstler. Zahlreiche spannende Aktivitäten können hier erlebt werden — Zirkusdemonstrationen, historische Nachstellungen. Es folgten die Dudelsackspieler aus Siebenbürgen. Der Staatszirkus in Bukarest brachte eine spektakuläre Show. Es folgten die Wei‎ßen Wölfe (rum. Lupii Albi) mit ihrer Dracula-Show — die historische Nachstellung, die ich früher erwähnt hatte.“




    Dracula — die Rückkehr“ — so hie‎ß die Nachstellung, die vom Kulturverein Lupii Albi organisiert wurde. Der Kulturverein verfolgt klare Ziele, unter anderem die Bewahrung, Konservierung und Förderung der Geschichte sowie nationaler Werte durch das Nachstellen historischer Ereignisse, die uns als Volk definiert haben. Schauspieler und Sensationsdarsteller bündelten ihre Kräfte im Rahmen des Vereins. Sie nahmen sich vor, die Geschichte wiederaufzuführen und sie in dieser Form dem Publikum näher zu bringen, so Bogdan Jianu, Schauspieler und Stuntman, Mitbegründer des Projekts:



    »Lupii Albi« stellt historische Ereignisse nach. Es war eine selbstverständliche Entwicklung der Tätigkeit unseres Vereins. Gott nahm uns an die Hand und zeigte uns den Weg: das Nachspielen historischer Ereignisse. Daher fühlen wir uns verpflichtet, jedes Drehbuch historisch zu dokumentieren. Mittlerweile arbeiten auch Geschichtelehrer mit uns zusammen, sowie Sachverständige vom Militärmuseum. Selbstverständlich bereichern wir die historischen Ereignisse um eine dramatische Dimension, wir peppen sie ein bisschen auf. Wir wollen letztendlich eine Show abziehen. Im Hintergrund stehen allerdings die historischen Ereignisse. Die Aufführung ist sehr unterhaltsam und adrenalinreich. Denn alle Kunststücke werden direkt vor den Augen der Zuschauer dargeboten. Das Publikum erlebt Explosionen, es sieht brennende Menschen, Pferde, die umfallen. Es ist spannend!“




    Der Kulturverein Lupii Albi“ inszeniert derartige Aufführungen seit 2013. Sie bringen in den Vordergrund verschiedene Persönlichkeiten aus der Geschichte Rumäniens, die nicht in Vergessenheit geraten sollen, und regen die Kinder zum interaktiven Lernen auf. Wo immer sie eine Aufführung darbieten, finden die Vereinsmitglieder Freiwillige und Kinder, die gerne mitmachen.



    Auch die Handwerker hatten die Möglichkeit, ihr Handwerk im Rahmen der Festspiele vorzustellen. Schmiede, Kesselflicker, Zigeunerinnen, die authentische Trachten vorstellten, Holzschnitzer, Näherinnen — alle stellten ihr Handwerk vor. Ion Rodoş aus der Ortschaft Nucşoara de Argeş ist Holzschnitzer. Er gab uns mehrere Informationen zu seiner Ware:



    Geschnitzte Holzlöffel — mit Motiven aus der Geschichte, aus Märchen, aus der Tier- und Pflanzenwelt. Es sind sehr alte, herkömmliche Motive, die ich aus Museen übernommen habe. Wie Sie feststellen können, habe ich hier auch eine Replik der Endlosen Säule von Brâncuşi. Oder den Auerhahn von Nucşoara — das ist ein persönliches Kunstwerk. Der Auerhahn ist das Symbol unserer Gemeinde. Ich habe auch Holzanhänger, geschnitzt in Pflaumenbaum und Nussbaum. Und den dakischen Wolf als Brosche. Und Edelwei‎ßblumen, die ich in Tannenbaum schnitze. Ich biete auch Kreisel an, wie die, mit denen ich als Kind spielte. Ich habe auch einige Flöten geschnitzt.“




    Die leckeren traditionellen Speisen und die hausgemachten Getränke ergänzten das Angebot am Wochenende im Schloss Mogoşoaia.

  • Verein Mioritics: Kulturprojekte in Südsiebenbürgen

    Verein Mioritics: Kulturprojekte in Südsiebenbürgen

    Das Kulturerbe ist nicht in Stein geritzt, es wird durch die Erfahrungen gelebt, die die Menschen untereinander teilen“ — unter diesem Motto organisiert der Verein Mioriţa (Mioritics) eine Reihe von Veranstaltungen zur Förderung und zum Schutz des Kultur- und Naturerbes in Rumänien sowie zur Entwicklung des Öko- und Kulturtourismus hierzulande. Der Verein nahm seine Tätigkeit vor gut 10 Jahren auf, so Mihai Dragomir, der Vorsitzende von Mioritics:



    Als wir diesen Weg einschlugen, setzten wir uns das Ziel, Rumänien und die weniger bekannten Orte hierzulande zu fördern. Damals zogen wir Veranstaltungen im ländlichen Raum in Erwägung. Der Verein hat sich ganz natürlich entwickelt. Derzeit wickeln wir Tätigkeiten insbesondere in Siebenbürgen, in der Gegend der Harbacher Hochebene (rum. Podişul Hârtibaciului) ab. Im Zeitraum 2004-2007 setzten wir nur saisonal, während der Sommerzeit, Projekte um. Ab 2008 schlossen wir eine Partnerschaft mit der UNESCO-Regionalstelle in Venedig. Sie bot uns Fördermittel für die Umsetzung der ersten wirklich wichtigen Projekte. Diesbezüglich seien die Informierungsstellen zu erwähnen, die wir im Zeitraum 2008-2010 in Schä‎ßburg (Sighişoara), Hermannstadt (Sibiu), Rosenau (Râşnov) und Agnetheln (Agnita) öffneten. Wir führten zudem zahlreiche Aktivitäten mit den Kindern in den südsiebenbürgischen Dörfern mit Kirchenburgen durch und organisierten in diesen Ortschaften kleine Kulturveranstaltungen, um mehr Touristen anzulocken. Mit der Zeit entwickelten wir Kooperationen mit örtlichen Partnern wie z.B. mit der Stadtverwaltung der Stadt Rosenau. Zusammen mit den zuständigen örtlichen Behörden organisieren wir verschiedene Kulturveranstaltungen vor Ort. Das Festival für historische Filme ist das bedeutendste davon. Erwähnenswert ist allerdings auch das Festival für historische Nachstellungen. Mit Hilfe norwegischer Fördermittel bildeten wir in Rosenau eine Gruppe für historische Nachstellungen. Zu diesem Erfolg trug das Festival wesentlich bei. Darüber hinaus gibt es auch noch das Kinderfest Spiel-Mania sowie das Festival »Im Namen der Rose«.“




    Das Festival des historischen Films ist das wichtigste vom Verein organisierte Kulturereignis. Nächstes Jahr findet es zum achten Mal statt, erzählte uns unser Gesprächspartner. Auf einen ersten Blick könnte man den Eindruck haben, es handele sich um ein Nischenereignis. Das sei jedoch nicht unbedingt zutreffend, meint Mihai Dragomir:



    Es ist viel mehr als lediglich ein Filmfestival. Wir haben es mit einem durchaus komplexen Produkt zu tun. Es dauert 10 Tage. Innerhalb dieses Zeitraums werden knapp 50 Filme gezeigt und es finden mehr als 10 Konzerte statt. Es ist eine Art Sommerschule, die in den letzten drei Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Es beteiligen sich viele Studenten aus Rumänien und der Republik Moldau. Wir pflegen eine Partnerschaft mit dem Institut für die Untersuchung der kommunistischen Verbrechen und zum Gedenken an das rumänische Exil und arbeiten mit dem Rumänischen Kulturinstitut zusammen. An der Sommerschule nehmen Studenten, Historiker, Botschafter sowie Augenzeugen von historischen Momenten teil. Das Festival umfasst zusätzlich eine Ausstellung und eine Buchmesse.“




    Das Festival für historische Nachstellungen wird auch schon seit sieben Jahren organisiert. Es findet alljährlich am dritten Wochenende im Monat August statt. Historische Nachstellungen sind ein immer wieder vorkommendes Thema bei RRI, daher wollten wir von Mihai Dragomir erfahren, worin die Neuigkeit der Veranstaltung besteht:



    Wir versuchen, jedes Jahr verschiedene historische Themen zu beleuchten. Das Festival stellt verschiedene Zeitspannen dar. Demnach versuchen wir, jedes Jahr ein neues Thema anzusprechen. Der in Rosenau gebildete Lokalverein, Living Rosenau, rief Erfahrungen aus dem 13. und 14. Jahrhundert wieder ins Leben. Das sind zwei für die Fluchtburg in Rosenau wichtige Zeitspannen. Die nachgestellten Szenen sind weniger kriegerisch. Wir haben versucht, mehr Wert auf den Alltag als auf den Krieg zu legen. Unser Ziel war, die Handwerke in Rosenau nachzustellen. Denn die Stadt war nicht für ihre Eroberungen oder Angriffe bekannt, sondern stach viel mehr hervor durch die Tätigkeit der Handwerker und Händler. Im Sommer hatten wir 43 Wikinger zu Gast, die vier Tage in der Fluchtburg Rosenau lebten. Es war ein schönes Beispiel einer historischen Nachahmung. Alles war sehr gut organisiert. Zusammen mit den Wikingern verfassten wir ein Handbuch für Festival-Veranstalter. Wir versuchen es derzeit zu promoten.“




    Unser Gesprächspartner erwähnte auch ein Pilotprojekt, das der Verein Mioritics zusammen mit einem Partner aus Deutschland umsetzte: Es geht um ein Bildungsprojekt für nachhaltige Entwicklung. Im Rahmen des Projektes lernen die Kinder über den Vertrieb von Äpfeln, indem sie in einem ersten Schritt frisch gepressten Apfelsaft probieren. Dann kosten sie verschiedene andere Apfelsäfte, die im Handel zu unterschiedlichen Preisen gekauft werden können. Zuletzt untersuchen sie das Preis-Leistungs-Verhältnis.



    Der Verein Mioritics gewann dieses Jahr mit einem Projekt zur Förderung des südlichen Teils Siebenbürgens den zweiten Preis beim Tourismus-Wettbewerb EDEN (European Destinations of Excellence). Mihai Dragomir teilte uns mit, wie er sich die Fortsetzung des Projektes vorstellt:



    Ab dem ersten Januar starten wir ein neues Projekt. Wir werden Wanderrouten und Fahrradwege im Süden Siebenbürgens markieren. Wir wollen uns auf das Gebiet zwischen Hermannstadt (Sibiu), Fogarasch (Făgăraş) und Reps (Rupea) konzentrieren. Es ist ein Netz von rund 250 Km. Wir wollen somit diesen Teil an den Norden unserer Region verbinden, wo es ein ähnliches Netz von 350 Km gibt. Das Projekt schlie‎ßt eine Schleife ab. Wir werden ein spannendes Reiseziel für diejenigen Touristen sein, die Erholung suchen und ein ruhiges Urlaubstempo zu schätzen wissen.“




    Der Verein Mioritics setzt seine Projekte fort. Wir werden den Süden Siebenbürgens auch weiterhin beobachten, denn in der Region werden zahlreiche attraktive Veranstaltungen organisiert, an denen Sie sich beteiligen und von denen wir berichten können.