Tag: Rockmusik

  • Kulturgeschichte: Museum der rumänischen Rockmusik gegründet

    Kulturgeschichte: Museum der rumänischen Rockmusik gegründet

    Mit einem Rhythmus und einem Stil, der sich von dem des Westens unterschied, entstand der rumänische Rock’n’Roll in den späten 1960er Jahren, sowohl als Kunst als auch als fast politisches Manifest. Das lag daran, dass die rumänischen Musiker, die sich diesen Stil zu eigen machten, die Instrumente, die Musik und die Mode neu erschaffen mussten, weil der Zugang zum westlichen Phänomen begrenzt war. Darüber hinaus hatten die Musik und die zusammenhängenden Entwicklungen und Beschäftigungen zur damaligen Zeit auch politische Konnotationen.



    Damit die damalige Zeit nicht in Vergessenheit gerät, wurde ein rumänisches Rockmuseum eingerichtet, dessen Kurator, der Historiker Cosmin Năsui, ein absoluter Fan, uns begeistert davon erzählte:



    Um mit der Planung dieses Rockmuseums beginnen zu können, beauftragten wir zunächst unseren Kollegen, den Musikwissenschaftler Doru Ionescu, mit der Dokumentation. Er moderiert im rumänischen Fernsehen Rock-Sendungen und arbeitet auch als Publizist auf diesem Gebiet. Seine Musiker-Lexika sind über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden. Die Idee der Öffnung eines solchen Museums stammte also von Doru Ionescu. Er begann dieses Projekt, indem er dieses musikalische Phänomen dokumentierte. Anfangs ging es um zwei Bukarester Clubs — dem Club A und dem Studentenkulturhaus »Grigore Preoteasa« — beides Bukarester Clubs, die von musikbegeisterten Jugendlichen geliebt werden. Er schrieb darüber und veröffentlichte die entstandenen Bücher. Damit zeigte er uns, dass es sich wirklich lohnt, die ältere rumänische Rockmusik zu dokumentieren und in einem Museum zusammenzubringen.“



    Wir wollen nun gemeinsam mit unserem Gastgeber Cosmin Năsui das Rock-Museum erkunden:



    Wir haben an diesem Projekt aus dem Interesse heraus gearbeitet, die Erfahrung in der Rockmusik in Rumänien zu dokumentieren. Die Rockmusik entstand Ende der 1960er Jahre in unserem Land und erfuhr verschiedene Entwicklungen im Laufe der 1970er und 1980er Jahre, bis zur Zeit nach 1989. Es gibt eine ganze Debatte über die Erfindung einer bestimmten Rockgitarre in Rumänen. Denn Rock bedeutet E-Gitarre, Folk bedeutet akustische Gitarre. Doch im Kommunismus hätte keine E-Gitarre in Rumänien gebaut werden können. Auch konnten solche Instrumente nicht importiert werden, also wurden sie nachgebaut. Um sie bauen zu können, stützten sich die Techniker auf Bilder, auf elektrische Baupläne von Instrumenten, die Rumänien über verschiedene Zeitschriften erreichten. Wir haben immer noch Zugang zu den Quellen, und so wuchs das Projekt, das auf Doru Ionescus Initiative hin begann. Wir intensivierten die Dokumentation und Forschung in allen Bereichen und griffen auf Instrumente zurück, die in Museumskatalogen gefunden wurden. Wir haben es mit einem flüchtigen Phänomen zu tun, das dem Audiobereich, manchmal auch dem Audio-Video-Bereich zuzuteilen ist. Fabelhafte Titel, legendäre Bands, berühmte Künstler — das alles hinterlie‎ß uns die Rockmusik der 60er, 70er, 80er Jahre. Hinzu kommt das materielle Erbe: Musikinstrumente und Outfits, Briefe, Schriftverkehr. Alles, was diese gro‎ßartigen Musiker aufbewahrt haben. Wir fanden auch Notiz- und Schmierblätter, Entwürfe von Musikstücken, die das Innenleben dieser Schöpfungsmechanismen zum Vorschein brachten. Unsere Suche lie‎ß uns sogar auf die Kulturinfrastruktur während des Kommunismus sto‎ßen. Wir erkundeten die Rockclubs, von denen viele in Studentenkulturhäusern untergebracht waren, und entdeckten viele spannende Studentenbewegungen. Das ist eigentlich die Besonderheit der rumänischen Rockmusik — sie hatte ihren Ursprung in einer Studenten- und Jugendbewegung.“



    Doch wie entstand das Archiv? Der Historiker Cosmin Năsui wei‎ß es:



    Bevor es eine physische Form des Museums gibt, waren wir daran interessiert, ein Archiv zu haben, um Inventare zusammenstellen zu können. Dafür mussten wir uns aus privaten Sammlungen Objekte ausleihen. Diese haben wir gescannt und fotografiert. Wir wollen sie nämlich zunächst auf eine Online-Plattform hochladen. Manche Musikinstrumente, die wir fanden, sind noch in gutem Zustand — sogar noch für den Einsatz auf der Bühne tauglich, nicht nur im Studio. Auf andere Musikinstrumente können wir leider nicht mehr zurückgreifen, weil ein gro‎ßer Teil der rumänischen Musiker in verschiedene westliche Länder ausgewandert ist und Instrumente mitgenommen hat, die wir nie wiederfinden konnten.“



    Es gibt auch einen Bereich mit Postkarten, Briefen, Korrespondenz zwischen den Musikern, aber auch Alben, die z.B. für Menschen mit Sehbehinderungen zugänglich sind. Cosmin Năsui erzählte uns weiter:



    Ein Museum muss nicht unbedingt in die Vergangenheit blicken, in die Steinzeit oder das Mittelalter oder die Neuzeit Rumäniens. Wir glauben, dass wir auf eine Zeit schauen müssen, die näher an der Gegenwart liegt, denn viele dieser Bands gibt es gar nicht mehr, auch einige der Bühnen sind mittlerweile verschwunden. Dinge dieser Art können verloren gehen, sie sind ziemlich vergänglich. Selbst mündlich überlieferte Geschichten, die aufgeschrieben werden können, gehen manchmal verloren. Daher ist es schwierig, ein solches Unternehmen in Angriff zu nehmen. Es ist sehr schwer, all das wiederzufinden, was hinter der Musik und ihrer Entstehungsgeschichte steckt.“



    Die Geschichte geht weiter. In der nächsten Phase wollen die Museumsgründer regional vorgehen und versuchen, zu entdecken, was die Rockmusik an verschiedenen Orten im Land bedeutet, in Studentenzentren. Die Projektinitiatoren wollen ein Netzwerk von Museen aufbauen und es mit gro‎ßen Musikveranstaltungen verbinden — was als eine Art Backstage Pass fungieren soll.

  • „Ausgewählte Gedichte“: Rockband bringt Album mit Songs nach literarischen Vorlagen heraus

    „Ausgewählte Gedichte“: Rockband bringt Album mit Songs nach literarischen Vorlagen heraus

    Das jüngste Album der Band FiRMA, Ausgewählte Gedichte“, ist Ende des Jahres 2018 im Verlag Casa Radio erschienen und bringt neun Stücke von Daniel Rocca“ Stoicea, dem Solisten der Band FiRMA, auf Versen sowohl klassischer als auch zeitgenössischer Dichter Rumäniens zusammen. Ausgewählte Gedichte, Band I“ stellt zudem auch eine der seltenen Begegnungen zwischen Rockmusik und Gedichten dar, die von den Mitgliedern der Band FiRMA gesungen und gleichzeitig dank Aufzeichnungen aus dem Rundfunkarchiv von ihren Autoren George Bacovia, Leonid Dimov, Nina Cassian, Ana Blandiana, Svetlana Cârstean, Adela Greceanu, Elena Vlădăreanu vorgetragen werden. Die Initiative gehört Cristian Marican, der den Cover-Text des Albums Ausgewählte Gedichte, Band I“ geschrieben hat. Cristian Marican kommt zu Wort mit Einzelheiten über das Projekt:



    Die Idee für dieses Album kam vor fünf Jahren, als ich feststellte, dass nur die Underground- oder Alternativkünstler die rumänischen Gedichte und ihre Schönheit so richtig zum Ausdruck bringen können. Damals war es im Trend, dass die Künstler auf Englisch singen, also wurde ich nicht nur einmal ironisiert, als ich vorschlug, dass wir so eine Art von Musik auch auf Rumänisch machen könnten. Die Band FiRMA ist allerdings eine der wenigen in Rumänien, die diese Art von Musik macht und das Genre ich sehr geeignet für die rumänische Sprache. Auch der Song »Dulce Românie« (»Sü‎ßes Rumänien«), der auf dem Album »Zaubersprüche« zu finden ist, hat mich davon überzeugt. Dieses Album haben wir zum Nationalfeiertag Rumäniens, am 1. Dezember auf den Markt gebracht, erst danach haben wir angefangen, am neuen Album zu arbeiten. Wir haben unsere Ideen zusammengetragen und so entstand dieses Album.“




    Viele der Hits der Band FiRMA sind auf Englisch, sie werden von den inländischen Radiosendern oft ausgestrahlt und das Stück Baby is crying“ schaffte es auch in die Playlist des Musiksenders VH1 Europe. FiRMA ist die erste rumänische Band, die auf der Gala MTV European Music Awards 2007 in München aufgetreten ist. FiRMA gilt zudem als die erste einheimische Band, die bei den MTV Music Awards in einer internationalen Sektion, New Sounds of Europe“, nominiert wurde. Drei Jahre zuvor, 2004, war FiRMA bei den MTV European Music Awards in der Sektion Best Romanian Act“ nominiert worden. Für ihre letzten Alben, Descântece“ (Zaubersprüche“) und Poezii alese“ (Ausgewählte Gedichte“), haben sich die Bandmitglieder für die rumänische Sprache entschieden. Leadsänger Daniel Rocca“ Stoicea:



    Ich mag die rumänische Sprache. Es ist eine schöne Sprache, die ich auch als gro‎ßzügig betrachten kann. Die rumänischen Wörter sind vieldeutig, sie verbergen zahlreiche Sinne, was man vom Englischen nicht sagen kann. Rumänisch ist eine Sprache, in der man ohne Schwierigkeiten seine eigenen Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringen kann. Ungefähr vor zehn Jahren haben wir tatsächlich auf Englisch gesungen, aber wir hatten uns damals vorgenommen, mit diesen Liedern im Ausland aufzutreten. Rumänien hat viele begabte Künstler, die den internationalen Markt zu erobern versuchen, und es ist normal, auf Englisch zu singen; meiner Meinung nach sollte man aber in Rumänien auf Rumänisch singen. Es ist viel einfacher, die Seele der Menschen in ihrer Muttersprache zu erreichen.“




    Am 15. Januar hat die Band aus Anlass des Tages der Nationalen Kultur ein Konzert im Bukarester Kunstzentrum ARCUB gehalten. Sie sind mit eigenen Singles sowie mit Songs aus dem neuesten Album, Ausgewählte Gedichte, Band I“, aufgetreten und haben dafür auch die Dichterinnen Adela Greceanu, Elena Vlădăreanu und Svetlana Cârstean auf die Bühne eingeladen. Adela Greceanu war von der Veranstaltung sehr begeistert:



    Mit diesem Album hat es die Band geschafft, den Rumänen zu zeigen, dass es in diesem Land sowohl begabte zeitgenössische Dichterinnen und Dichter gibt als auch Dichter, die vor mehreren Jahrzehnten geschrieben haben und es völlig verdienen, entdeckt zu werden. Ich habe auch die Reaktionen der Menschen gesehen, die das Album gehört haben, ich habe ihre Kommentare auf Youtube gelesen. Einige von ihnen waren begeistert, die Gedichte von Leonid Dimov zum Beispiel zu hören. Dass dank dieses Albums die Menschen rumänische Gedichte entdeckt und wiederentdeckt haben, finde ich wunderbar.“




    Elena Vlădăreanu sagte ihrerseits:



    Das ist meine erste Erfahrung dieser Art, an einem Rockkonzert auf der Bühne, wie ein Rockstar teilzunehmen. Ich bin sehr begeistert von solchen Veranstaltungen, aber nicht nur weil ich ein wenig subjektiv bin, weil ich Teil dieses Projektes bin. Solche Art von Veranstaltung findet so selten bei uns in Rumänien statt und darauf mache ich seit 15 Jahren das Publikum als Journalistin und Schriftstellerin aufmerksam. Diese künstlerischen Begegnungen sind leider so selten, weil diese Bereiche irgendwie nicht oft zusammenkommen — Musik, Literatur und visuelle Künste. Dieses Projekt begeistert mich, eben weil die Band FiRMA es geschafft hat, die Rockmusik, die klassischen und zeitgenössischen Gedichte zusammenzubringen.“