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  • Buchmesse Gaudeamus 2017: Rundfunkverlag stellt Hörbücher aus Archiv zusamm

    Buchmesse Gaudeamus 2017: Rundfunkverlag stellt Hörbücher aus Archiv zusamm

    Für die 24. Auflage der Internationalen Buchmesse Gaudeamus — Bücher zum Lernen“ hat der Verlag des rumänischen Rundfunks Casa Radio“ für Hörer und Leserschaft neue Titel in der Reihe Goldenes Radioarchiv“ vorbereitet. Darunter die Serien Schauspiel der Gedichte“, Lektüre im Dunkeln“, Bibliothek der rumänischen Dichtung“ und die Radio-Bibliothek. Anders gesagt, Gedichte aus fünf Jahrzehnten von Ana Blandiana, Gedichte von Nina Cassian, Poesie von Şerban Foarţă, der die Werke von I.L. Caragiale in Gedichte umschreibt, und zwei Dichter, die in der Schule unterrichtet werden, George Coşbuc und George Topârceanu, deren Gedichte von zwei gro‎ßen zeitgenössischen Dichtern, Ioana Nicolaie und Florin Iaru, vorgelesen werden. Ist die Blume frei? Im Rundfunk vorgetragene Gedichte (1965-2017)“, ein Buch und eine Doppel-CD, vorbereitet von Ana Blandiana, ist eine Sammlung von 115 Gedichten. Es sind Aufnahmen aus dem Goldenen Radioarchiv, die in den letzten fünfzig Jahren ausgestrahlt wurden. Die letzte Aufnahme stammt vom 24. März 2017, einen Tag bevor die Schriftstellerin 75 Jahre alt wurde. Ana Blandiana bei der Präsentation der CD:



    Ich möchte Ihnen in erster Reihe etwas über das Goldene Radioarchiv sagen, über den Ort, wovon diese Gedichte stammen und wie sie dorthin gelangt sind. Bevor ich den Traum träumte, Teil des Goldenen Radioarchivs zu werden, als ich jung war und in Oradea lebte, hörte ich Radio. Ich hörte viel Radio, viel mehr als jetzt, und immer, wenn ich die Aufnahmen aus dem Goldenen Radioarchiv hörte, schienen sie mir das Höchstwertigste im Radio zu sein. Später, als mich Herr Emil Buruiană vom Kultursender des Rumänischen Rundfunks Radio România Cultural mich zu Aufnahmen bat, war ich sehr aufgeregt, weil ich mich an das Gefühl, das ich beim Hören dieser Sendungen hatte, erinnerte. Ich freute mich sehr, dass es diese Momente gab, in denen wir für das Goldene Radioarchiv aufnahmen. Ich würde sie mit einem Vakuum der Geschichte vergleichen. Ich habe die Gedichte ausgewählt, die ich mir wünschte, in eine Art Arche Noah übernommen zu werden.“




    Der Ehrenvorsitzende der Buchmesse Gaudeamus 2017, der Dramatiker und Journalist Matei Vişniec, erklärte bei der Eröffnung, dass Rumänien auf kultureller Ebene sehr wettbewerbsfähig ist. Zudem begrü‎ßte er die Wahl der Europäischen Union als Ehrengast der Messe. Rumänien hat eine Chance und das ist die Kultur“, erklärte Matei Vişniec im Rahmen der Debatte Das Europa des Theaters und der Schriftsteller — die Bewegung der künstlerischen Werte als Fundament Europas“. Beim Stand des Verlags Polirom diskutierte der Schriftsteller auch mit den Lesern. Matei Vişniec:



    Einer der Gründe, warum ich Romane schreibe, ist, dass die Gattungen für mich wie Kinder sind, ich liebe sie alle — Dichtung, Essay, Roman, Theater. Mit der Dichtung wuchs ich auf, das Theater formte mich, der Roman diversifizierte mich. Es gab aber eine Zeit, in der ich Romane schrieb, aus Frust, dass meine Stücke Vermittler brauchen, um ans Publikum zu kommen. Sie brauchen einen Intendanten, einen Regisseur, Schauspieler, Bühnenbildner. Und diese Vermittler begannen mich zu beunruhigen, mir gefiel die Idee nicht, immer von ihnen abhängig zu sein. Deswegen schrieb ich Romane, um eine direkte Verbindung zwischen mir und den Lesern zu schaffen.“




    Einer der jüngsten Bände in der Reihe Rumänische zeitgenössische Schriftsteller“ des Humanitas-Verlags ist der Roman von Augustin Cupşa Aşa să crească iarba pe noi“/ So soll das Gras auf uns wachsen“. Dieser wurde auch auf der Gaudeamus-Messe präsentiert. Die Roman-Figuren von Augustin Cupşa, die Herwanwachsenden Edi, Pisică, Tobă, die Gebrüder Mânzu und Tomi leben am Rande der südwestrumänischen Stadt Craiova und beschäftigen sich mit der Wilderei von Vögeln, die sie dann illegal nach Italien verkaufen. Die Geschehnisse werden von Pisică, dem empfindlichsten unter den Kindern, erzählt und zeigen eine dramatische Dimension, die auch die tiefen Themen des Buches offenbaren: das Schuldgefühl, die Obsession, in ein idealisiertes Italien zu flüchten, der Glaube, die Einsamkeit, die Entdeckung der Erotik. Der Essayist Doru Căstăian über den Roman So soll das Gras auf uns wachsen“:



    Augustin Cupşa ist einer der besten Schriftsteller heutzutage, zumindest einer der besten, die ich gelesen habe. Ich habe gehört, er habe sich zwei Jahre lang für dieses Buch dokumentiert. In diesem Buch gibt es Zerbrechlichkeit, Herzlichkeit und zugleich eine Grausamkeit, die alles verhüllt. Ich würde aber nicht sagen, dass diese Grausamkeit immer irgendwo hinter der Hauptbühne wacht und darauf wartet, ans Licht zu kommen. Es ist eine in der Welt sehr natürlich gelebte Gewalt, es ist eine der Haupt-Zutaten und -Würze der Welt, die Augustin beschreibt. Es gibt ganze Leser-Kategorien, die die im Buch beschriebene Welt perfekt verstehen werden. Ich hatte ein ähnliches Leben wie das Leben der Figuren von Augustin Cupşa. Ich gehöre vom Alter her dieser Leser-Kategorie an. Zudem habe ich in Galaţi gelebt und hatte ein Leben, das mit dem Leben der Figuren von Augustin Cupşa vergleichbar ist. Unsere Generation, die zwischen Wohnblöcken aufgewachsen ist, da wo wir anders als aus Büchern die wichtigen Dinge im Leben gelernt haben, kennt die Welt in diesem Buch sehr gut. Ich wei‎ß nicht, ob diese Welt auch den Kindern von heute zugänglich ist. Daran dachte ich, als ich die Kirschpflaumen im Baum faulen sah. Bei uns war es unmöglich, dass sie im Baum blieben, es gab einen regelrechten Kirchpflaumen-Handel. Für eine Handvoll roter Kirschpflaumen bekamst du drei Handvoll grüner.“

  • Historische Musikaufnahmen: Erste Rundfunkaufzeichnungen von Maria Tănase auf Doppel-CD

    Historische Musikaufnahmen: Erste Rundfunkaufzeichnungen von Maria Tănase auf Doppel-CD

    Eine au‎ßerordentliche CD ist neulich im Rundfunkverlag Casa Radio“ erschienen: Maria Tănase. Volkslieder 1953-1961“. Die Doppel-CD wird dem 100. Geburtstag der berühmtesten Volksmusiksängerin Rumäniens gewidmet. Das Album enthält die ersten Rundfunk-Aufnahmen von Maria Tănase in einer hohen Tonqualität, direkt nach den originalen Aufzeichnungen auf magnetischem Tonband und ohne Audio-Effekte, die die Authentizität der Interpretation vermindern würden. Das CD-Booklet enthält zu jedem Titel sachbezogene Informationen: Aufnahmedatum, Name des Orchesters, das die Aufzeichnung begleitet und dessen Dirigent, die Herkunft oder die Geschichte des Liedes. Die CD enthält 40 historische Aufzeichnungen aus dem Archiv des Rumänischen Rundfunks.



    Es fiel ihr nie leicht ein, bei einer solchen Aufzeichnung mitzumachen: Sie kam einfach sehr schwer in den Rhythmus des Orchesters und es gelang ihr nie, denselben Liedabschnitt zweimal gleich zu singen. Eine ganze Nacht lang haben sie, Maria, der Ethnomusikologe Harry Brauner und die anderen Musiker an der Aufnahme der berühmten Nunta ţigănească“ (Zigeunerhochzeit“) gearbeitet. Die Platte erreichte aber nachträglich so gute Verkaufszahlen, dass sie angeblich einen Verlust von 80.000 Lei gedeckt und infolgedessen die Plattenfirma vor dem Bankrott gerettet habe. Es wird ebenfalls gesagt, dass die einzigen, die an diesem Erfolg nichts mitverdient haben, eben Maria Tănase und Brauner gewesen seien. Es wird eigentlich viel über Maria erzählt“, schreibt die Journalistin Ioana Pelehatai in einer Dokumentation über die Sängerin, die in der Kulturzeitschrift Dilema Veche“ erschien. Die Journalistin fügt hinzu:



    Die Legende um Maria scheint wie von selbst entstanden zu sein. In Wirklichkeit waren es zahlreiche Nächte, in denen sie nicht geschlafen, sondern gesungen hat, endlose Tourneen und Reisen quer durch die ganze Welt. In einer Silvesternacht hat sie auf 14 verschiedenen Feiern gesungen und die Nacht endete — wo sonst — im berühmten Bukarester Restaurant Capşa. Und dort hat sie zudem alle Gäste aufgefordert, ihr Aussehen herzurichten: ‚Alle geschniegelt und gebügelt: Sofort Jackett und Krawatte anziehen!‘, herrschte sie die Gäste an. In den 1930ern-40ern ist sie in die Türkei auf Tournee gegangen. Sie ist auf der Bühne des Taksim-Theaters in Istanbul und in Ankara aufgetreten. Sie hatte türkische Lieder gelernt und hatte sogar ein Angebot für eine Stelle als Forscherin beim Ethnographischen Institut in Istanbul bekommen. Hinzu kamen eine Villa auf der Insel Prinkipo, eine eigene Sendung bei Radio Ankara und der Status der Ehrenbürgerin. Sie hat aber alles abgelehnt. Sie hat in Bukarest vor den Botschaftern Frankreichs, Deutschlands und Gro‎ßbritanniens in ihrer jeweiligen Sprache gesungen.“




    Die Vorstellung der CD Maria Tănase. Volkslieder. 1953-1961“ wurde von einer Sonder-Uraufführung und einem Gespräch über Maria Tănase begleitet. Daran beteiligten sich die Künstlerin und Journalistin Maria Balabaş, der Anthropologe Vintilă Mihăilescu und der Ethnomusikologe Florin Iordan, Gründer und Mitglied der Band Trei parale“ (Drei Groschen“), die an alte rumänische Musik anknüpft. Maria Balabaş, Autorin des Vorworts zur Broschüre Volkslieder“, sagte:



    Ich vertrete Radio Rumänien bei dieser Veranstaltung, die mir so viel Freude bringt. Die ersten 1000 Exemplare der Doppel-CD wurden sofort verkauft. Jetzt werden weitere 1000 auf den Markt gebracht. Ein gro‎ßes Team an diesem Album gearbeitet. Aus meiner persönlichen Perspektive war das eine Zeit, in der ich über Maria Tănase viel gelesen habe und mit ihrer Biographie sehr vertraut wurde. Als ich gelesen habe, was ich vor fast einem halben Jahr über Maria Tănase geschrieben hatte, wurde mir klar, dass es nun wieder an der Zeit ist, über sie zu reden. Deshalb betrachte ich dieses Event in der Kulturbuchhandlung ‚Cărtureşti‘, woran sich ein so zahlreiches Publikum beteiligt, als eine Einleitung zu dieser CD, die wir nun mit voller Begeisterung hören sollen. Seitdem die CD auf den Markt herausgebracht wurde, erschien auch eine Dokumentationsreihe mit interessanten Artikeln über Maria Tănase in der Zeitschrift ‚Dilema‘, und diese Diskussion ist nur ein Vorwort zum Erfolg und zur Persönlichkeit von Maria Tănase.“




    Am 20. Februar 1938 wurde ein Lied von Maria Tănase zum ersten Mal live“ im Radio, auf der Wellenläge von Radio România, im Rahmen einer der rumänischen Volksmusik gewidmeten Sendung ausgestrahlt. Zweifellos ein gro‎ßer Erfolg. Der Anthropologe Vintilă Mihăilescu über den Charakter der Musik von Maria Tănase:



    Maria Tănase war die erste gro‎ße Volksmusiksängerin Rumäniens. Es handelt sich dabei um der Volksmusik nachempfundene populäre Musik. Der Begriff geht auf die Forschung von Bogdan Petriceicu Haşdeu zurück, auch der Schriftsteller Henri Stahl hat ihn erläutert. Es handelt sich um den Unterschied zwischen der populären Kultur und der Dorfkultur oder der authentischen bäuerlichen Kultur. Die populäre Kultur geht über die Dorfgrenzen hinaus und wird zur Massenkultur. Die Musik von Maria Tănase ist populäre Musik, und keine Dorfmusik. Dafür lieben wir sie, weil sie rumänische populäre Musik gesungen hat. Sie ist Vertreterin unserer nationalen Musik. Wir dürfen nicht vergessen, dass sie eine Bauerntochter war, die aber am Rande der Stadt geboren und aufgewachsen ist. Sie singt für all diese Leute, die sich mit Nostalgie an ihren Geburtsort erinnern, die aber diesem Ort nicht mehr angehören. Sie sagte eigentlich, dass sie die Lieder nicht übernommen, sondern bearbeitet hat.“




    Der Ethnomusikologe Florin Iordan sagte:



    Maria Tănase hat die Musik aktualisiert, in dem Sinne, dass sie die Musik in einen neuen Raum übertragen hat. Es geht um einen städtischen Raum, wo ihre Musik von Intellektuellen geschätzt war. Das hat sie mit Natürlichkeit, gutem Geschmack und künstlerischer Feinfühligkeit gemacht.“




    Vintilă Mihăilescu erläutert anschlie‎ßend:



    Die rumänische populäre Musik konnte nicht vor der Gründung des einheitlichen rumänischen Staates erscheinen. Vor der Bildung Gro‎ßrumäniens gab es verschiedene ‚Länder‘, etwa das Fogarascher Land, das Alttal-Land etc. Eines ihres bekanntesten Lieder, ‚Cine iubeşte şi lasă‘ (‚Wer liebt und verlässt‘), hat Harry Brauner im Jahr 1929 von einer alten Frau aufgezeichnet. Sie war die einzige im Fogarascher Land, die dieses Lied noch kannte. Heute kennt jeder dieses Lied und es wurde mit dem gro‎ßen Preis der Akademie Charles Cros ausgezeichnet. Über die Frau, von der Maria Tănase das Lied übernommen hat, wei‎ß man heute nichts mehr, die Bearbeitung mag aber heute jeder und das Lied erfreut sich sogar der internationalen Anerkennung. Hauptsache ist: Jeder von uns, egal im welchem Teil Rumäniens wir geboren wurden, erkennt sich selbst in der Musik von Maria Tănase.“



    Audiobeitrag hören: