Tag: Säugetiere

  • Sicherheit für Wildtiere: WWF fordert Passagen über Autobahnen für Säugetiere

    Sicherheit für Wildtiere: WWF fordert Passagen über Autobahnen für Säugetiere

    Das Überleben der Bären hängt von mehreren Faktoren ab — der Nahrungsaufnahme, der Möglichkeit der Bewegung, aber auch von der Existenz von Lebensräumen und Korridoren ab, die es ihnen ermöglicht, sich zwischen den Revieren zu bewegen. Durch menschliche Aktivitäten und die sozioökonomische Entwicklung wurden die Lebensräume dieser gro‎ßen Tiere jedoch fragmentiert. Das gefährdet nicht nur ihre Lebensart, sondern das Leben an sich: Allein in den letzten Monaten wurden drei Bären bei der Überquerung der Autobahn A1, die Sibiu (Hermannstadt) mit Sebeş (Mühlbach) verbindet, tödlich verletzt. Die Autobahn stö‎ßt auf einen ökologischen Korridor für gro‎ße Fleischfresser, die versuchen, von einer Seite zur anderen zu gelangen. Für Bären ist Bewegung eine Überlebensbedingung: Sie brauchen Mobilität, um Nahrung und Unterkunft und weite Reviere zu finden. Die Organisation World Wildlife Fund -Rumänien fordert die Behörden auf, sichere Passagen für Säugetiere zu gewährleisten, indem ökologische Korridore nach Vorbild anderer Länder geschaffen werden, damit Bären es von einer Stra‎ßenseite zur anderen schaffen. Solche Passagen sollten eine ziemlich gro‎ße Breite von 120 Metern haben und gut in die Landschaft eingebettet sein, um den Tieren das Gefühl der Kontinuität der bekannten Umgebung zu geben. Es können auch Zäune entlang der Autobahn gebaut werden, um die Bären daran zu hindern, die Stra‎ße zu erreichen — solche Zäune müssen aber eine Höhe von 2 Metern haben.



    Cristian Remus Papp, Experte für gro‎ße Fleischfresser und grüne Infrastruktur bei WWF, kennt die Probleme:



    Leider deuten diese Vorfälle darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Autobahnplanung keine ökologischen Korridore für gro‎ße Säugetiere, in diesem Fall für Bären, berücksichtigt wurden. Deshalb erleben wir jetzt diese tragischen Ereignisse für die Biodiversität. Wir hoffen, dass diese wiederholten Autobahn-Überquerungen der Bären keine Menschen gefährden. Die Autobahn A1 fragmentiert einen wichtigen ökologischen Korridor, und die Bären brauchen vor allem in dieser Zeit gro‎ße Bewegung — sie sind lange unterwegs, um genügend Fettvorräte für den Winter zu sammeln. Die Autobahn ist ihnen dabei im Weg. Es gibt eine Passage, eine Unterführung, aber sie ist nicht für Bären geeignet, sondern eher für kleine Tiere, vielleicht Füchse oder Rehe. Es wäre wichtig zu prüfen, wie wirksam sie sind, welche Tiere da durchlaufen.“




    Rumänien ist ein Partner im Transgreen-Projekt. Es zielt ab auf die Entwicklung einer Autobahn- und Schieneninfrastruktur, die geringere Auswirkungen auf die Umwelt in der Karpatenregion haben soll. Das Projekt wurde Anfang letzten Jahres mit dem Fertigstellungsdatum 30. Juni 2019 gestartet und hat eine Finanzierung von rund 2,48 Millionen Euro.

  • Artenschutz: Überbevölkerung ist auch keine Lösung

    Artenschutz: Überbevölkerung ist auch keine Lösung

    Eine Säugetierspezies von vier und eine Vogelspezies von acht sind vom Aussterben bedroht. Darauf lenkte vor vier Jahren der Bericht einiger Spezialisten die Aufmerksamkeit, laut denen die pflanzlichen und tierischen Spezies heute tausendmal schneller erlöschen als vor der Entstehung des Menschen auf Erden. Die Ursache dafür ist die schädigende Tätigkeit des Menschen. Die Situation ist umso ernster, je mehr sich dieses Phänomen beschleunigt. Dieses sei so intensiv, dass Experten über das sechste massive Aussterben“ sprechen, das dem Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren folge. Zahlreiche Säugetierspezies werden in den kommenden fünf Jahrzehnten aussterben, hei‎ßt es in einer Studie, die von dänischen und schwedischen Wissenschaftlern durchgeführt und neulich in der Fachpublikation Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde. Die nordischen Wissenschaftler haben bewiesen, dass das sechste Massenaussterben derzeit stattfindet und dass dieses nicht von Naturkatastrophen, sondern vom Menschen verursacht wird. Die Ausrottungen erfolgen in einem so schnellen Rhythmus, dass der Evolutionsvorgang mit diesem Phänomen nicht schritthält, behaupten Forscher.



    Was kann man tun? Gemä‎ß dem optimistischsten Szenario werden die Menschen aufhören, die Tierhabitate zu zerstören und zur Ausrottung der Spezies beizutragen. Aber auch in dem Fall, dass dieses optimistische Szenario wahr wird, würden die Säugetiere drei bis fünf Millionen Jahre benötigen, um sich genug zu vervielfältigen, damit der Evolutionsbaum seine Äste regeneriert, die er laut Schätzungen in den kommenden 50 Jahren verlieren wird. Rumänien zählt zu den Ländern, die dank seiner geografischen Lage und seines Reliefs sich einer reichen Tierwelt erfreut. Der Versuch, diese Speziesvielfalt zu erhalten, hat zur Verabschiedung von Gesetzen geführt, wodurch mehrere Tierarten wie der Bär, der Hirsch oder der Karpatenluchs, die Gämse, das Auerhuhn, der Fuchs, der Echte Marder, der Biber, das Wildschwein und der Wisent geschützt werden.



    Ein übertriebener Artenschutz kann allerdings zur exzessiven Vermehrung führen, die schwer zu bewältigende Situationen hervorrufen kann. Das trifft in Rumänien auch im Falle der Bären zu. Laut offiziellen Angaben gibt es hier rund 6800 Exemplare. Wenn man andere Statistiken in Betracht zieht, belaufe sich die wahre Zahl auf rund 8000 Exemplare, also deutlich über die offizielle Zahl von 6000, für die sich Rumänien vor der Europäischen Kommission verpflichtet hat, diese in den Forstämtern zu pflegen. Universitätsprofessor Mircea Duţu, Präsident der Ökologischen Universität Bukarest, erläutert:



    Immer muss es in der Natur ein Gleichgewicht geben. Wenn dieses Gleichgewicht auseinanderfällt, befinden wir uns in keinem natürlichen Zustand mehr. Wir befinden uns in einem beschädigten Zustand, der für die beiden Partner, in diesem Fall der Mensch und die Biovielfalt, nicht mehr günstig ist. Was diese allgemeine Frage anbelangt, würde ich da anfangen, dass der Bär und sogar der Wolf bei uns in erster Linie ein natürliches und kulturelles Symbol darstellen. Dieses ist die Quelle der lokalen Konflikte und der Medienkampagnen zur Steigerung des Bewusstseins über die Notwendigkeit der Rettung seines natürlichen Habitats. Folglich ist das ein europäisches und internationales Problem aus Sicht der Seltenheit und der Bedrohung des Aussterbens einiger Spezies, einschlie‎ßlich des Bären, und aus dieser Sicht leitet sich die Notwendigkeit seines Schutzes durch den Menschen ab. Folglich haben eine schlechte ökologische Wahrnehmung und die Haltung, die wir in dieser Hinsicht entwickeln müssen, in Rumänien zu einem umgekehrten Problem geführt — die Überbevölkerung mit einer bestimmten Spezies bewirkt die Störung des ökologischen Gleichgewichts. Somit erhalten die anderen Elemente, die in Betracht gezogen müssen, auch einen unterschiedlichen Anteil. Diese sind wirtschaftliche Aspekte, der Schutz der Menschen und die Beseitigung einer Gefahr.“




    Der Bär ist eine Spezies von gemeinschaftlichem Interesse. Um zu überleben, brauchen diese Tiere günstige Artenerhaltungsbedingungen. Allerdings befinden wir uns in Rumänien in einer offenbar absurden Situation, fügt Professor Duţu hinzu. Dies nicht unbedingt infolge eines übertriebenen Artenschutzes, sondern wegen einer Reihe von Faktoren. Somit wurde man in die Situation versetzt, in der diese Spezies sich über ihre natürliche Kapazität hinaus entwickelt hat, die ein derma‎ßen wichtiges Gleichgewicht sichern kann. Universitätsprofessor Mircea Duţu erneut am Mikrophon:



    Wir befinden uns in einer Krise. Seit 2016 hat man nicht mehr die jährlich festgelegte Anzahl von Tieren gejagt, die ein Gleichgewicht innerhalb der Spezies gewährleisten könnte. Wenn sich die Lage weiterhin so entwickelt, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese au‎ßer Kontrolle gerät. Folglich benötigt man eine Studie, die den aktuellen Zustand schildern soll, sowie die Ursachen, die zu einem solchen Zustand geführt haben und die Konsequenzen dieses Zustands. Darüber hinaus muss man einen kurz-, mittel- und langfristigen Plan zur Verwaltung dieses Problems erarbeiten, sodass man dieses innerhalb kurzer Zeit löst. Es ist absurd — ganz Europas ist besorgt, dass es keine Bären hat, und Rumänien hat zu viele Bären. Diese werden zu einer Bedrohung für das ökologische Gleichgewicht, für die Wirtschaft und gleichzeitig sogar für die Bevölkerung.“




    In den letzten Jahren machten in einigen Gebieten Rumäniens die Bären ihre Anwesenheit täglich auf den Höfen der Dorfbewohner bemerkbar. Sie verursachten beträchtliche Schäden und verletzten sogar Menschen. Ihre Zahl steigt besorgniserregend und genauso nimmt die Angst der Einwohner vor au‎ßer Kontrolle geratene Tierbestände zu. Die Menschen in den betroffenen Gebieten fordern die Verlagerung der Bären und weitere Ma‎ßnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts.

  • Ökogruppe Milvus: Seit 25 Jahren für Umwelt- und Artenschutz

    Ökogruppe Milvus: Seit 25 Jahren für Umwelt- und Artenschutz

    Der Verband für Vogel- und Naturschutz Grupul Milvus“ (Milvus-Gruppe) in Klausenburg setzt sich seit 25 Jahren für die Bewahrung der Artenvielfalt und der Umwelt ein. All diese Jahre haben die Umweltaktivisten der Milvus-Gruppe zahlreiche Aktivitäten zur Erforschung der Vögel unternommen: Beringung mehrerer Vogelarten, Beobachtung der Migration der Raubvögel im Măcin-Gebirge oder am Bosporus, einer der wichtigsten Stationen der Zugvögel.



    Zu Gast haben wir den Leiter der Milvus-Gruppe, den Biologen Tamaş Papp. Während seiner 25-jährigen Tätigkeit hat der von ihm geführte Umweltverband auch zur Erklärung von schutzbedürftigen Arealen zu Naturschutzgebieten beigetragen:



    Denn die Fläche der Naturschutzgebiete Rumäniens ist im Vergleich zum Naturreichtum Rumäniens sehr klein gewesen. Diese betrug 7% und ist nach dem EU-Beitritt Rumäniens auf 23% gestiegen. Ich denke wirklich, dass auch unser Verband einen großen Beitrag geleistet hat. Das ist unser größter Erfolg in den letzten 10 Jahren. Wir haben sehr viele Naturschutzgebiete, anhand der Studien, die wir über Vögel, Säugetiere und Habitate durchgeführt haben. Insgesamt gelangten über 200 Schutzbereiche, von kleinen bis zu größeren, auf die Karte der Naturschutzgebiete mithilfe unseres Beitrags. Wir sind aber weiter gegangen und verwalten derzeit 12 Schutzgebiete. Außerdem haben wir recht viel zu den Managementplänen der Schutzgebiete beigetragen.“




    Der Gründer des Klausenburger Umweltverbandes. Tamaş Papp. glaubt, dass Umweltschutz in Rumänien noch keine Priorität ist. Mehr noch: Rumänien sei das einzige EU-Land, das keine Gelder für die Naturschutzgebiete außer dem Donaudelta-Reservat zuweist. Außerdem gibt es noch keine Nationalagentur der Naturschutzgebiete, um die natürlichen Ökosysteme und Habitate zu verwalten. Papp zählt die wichtigsten Projekte der Milvus-Gruppe in puncto Natur- und Vogelschutz auf:



    Zum Beispiel haben wir sehr viel im Bereich der Raubvögel gearbeitet und sehr viele Ergebnisse erzielt. Wir haben etliche Projekte für den Donaufalken, den Rotfußfalken, den Schelladler abgeschlossen. Einige davon wurden von der Europäischen Kommission finanziert. Das vielleicht spektakulärste Projekt bezog sich auf den Donaufalken, denn dieser war vor 10 Jahren aus der Landesfauna beinahe verschwunden. Nachdem wir das Projekt und die Konservierungsmaßnahmen umgesetzt haben, können wir sagen, dass wir diese Vogelart vor dem Aussterben gerettet haben. Genauso hat sich der Rotfußfalke in der rumänischen Westebene, der auch bedroht war, nach unseren Eingriffen und einem internationalen EU-finanzierten Projekt erholt. Die Zahl dieser Vögel steigt wieder. Wenn wir uns auf den Schelladler beziehen, eine emblematische Vogelart für Siebenbürgen, hoffen wir, dass wir auch den Rückgang dieser Art stoppen werden. Wir haben auch sehr viel für Störche getan. Für diese haben wir die Einrichtung von Haltern für ihre Neste auf den Stromleitungen initiiert. Im Jahr 2000 haben wir dieses Vorhaben ins Leben gerufen. 2014 gab es bereits 2000 solcher Halter in Rumänien. Es gibt aber immer noch viel zu tun. Nicht nur für den Storch, sondern auch für andere Vogelarten, die auf den Spannungsleitungen Stromschläge erleiden. Jährlich sterben tausende Vögel auf diese Weise.“




    Die Umweltschutzgruppe Milvus ist die einzige rumänische Organisation, die sich mit der Pflege und Wiederauswilderung der verletzten Vögel in die Natur beschäftigt. Sie haben auch eine Nulltarif-Telefonlinie eingerichtet, um die Kommunikation mit denen zu erleichtern, die verletzte Tiere finden. Tamaş Papp:



    Vor 15-20 Jahren hatten wir das nicht geplant. Wir mussten es aber tun, denn die Menschen kannten unsere Vogelschutztätigkeit. Wenn sie einen verletzten Vogel fanden, brachten sie diesen zu uns. Und weil sich niemand um diese verletzten Tiere kümmerte, haben wir dieses Zentrum eingerichtet, das heute eine erfolgreiche Tätigkeit hat. Wir arbeiten mit Vets4Wild zusammen, einem Verband der Tierärzte. Wir verfügen bereits über zwei Standorte und haben ein nationales Rettungsnetzwerk der Wildtiere auf die Beine gestellt. Wir haben versucht, in jedem Landkreis einen Tierarzt einzusetzen, denn es ist wichtig, dass man schnell handelt. Wenn man einen verletzten Vogel findet, muss man ihm die erste Hilfe in dem Landkreis gewähren, wo er gefunden wird. Jetzt haben wir ein sehr gut ausgestattetes Zentrum in einem Dorf, in Sânsimion. Hier haben wir große Volieren, um die verletzten Vögel zu rehabilitieren.“




    Wir fragten den Leiter des Klausenburger Umweltverbandes Milvus, Tamaş Papp, welche Ziele sich der Verband für das Jahr 2017 vorgenommen hat.



    Für 2017 haben wir einige laufende Programme. Eine große Errungenschaft wird für uns die Herausgabe eines Atlasses der Nestvögel in Rumänien, gemeinsam mit der Rumänischen Ornithologie-Gesellschaft sein. Wir bereiten uns bereits seit einem Jahr darauf vor. Es ist ein alter Traum von uns, so etwas zu verwirklichen. Denn in Rumänien gibt es keinen solchen Atlas mit den neuesten Informationen. Wir wollen, dass man genau die Verteilung der Arten in Rumänien kennt. Wir haben auch zwei weitere Projekte am Laufen. Eines befasst sich mit der Blauracke, der ein sehr schöner blauer Vogel ist und in Rumänien nestet. In der Westebene ist diese Bevölkerung stark zurückgegangen. Deshalb haben wir ein Projekt zur Rettung dieser Vogelart ins Leben gerufen. 2017 werden wir unsere Tätigkeiten zur Konservierung der Raubvögel, aber auch der Säugetiere fortsetzen. Wir hatten auch viele Projekte, die sich mit Säugetieren befassen, einschließlich mit großen Fleischfressern, aber auch mit weniger bekannten Arten. Ein Projekt befasst sich z.B. mit der Ziesel, und es gibt noch viele andere.“




    Die Milvus-Gruppe befasst sich auch mit der Erziehung der Kinder in den Schulen. Ihre Mitglieder werden oft eingeladen, um den Kindern über Tiere, Habitate und deren Schutz zu erzählen. Die Milvus-Gruppe hat auch das Milvus-Stipendium ins Leben gerufen. Dieses ist eine Unterstützung für Jugendliche und Studenten, die sich für den Umweltschutz einsetzen. Ziel des Stipendiums ist, den jungen Forscher bei der Durchführung individueller Bewertungs- und Forschungsprojekte zu helfen.

  • Living Planet Report 2014: WWF prangert Rücksichtslosigkeit der Menschen an

    Living Planet Report 2014: WWF prangert Rücksichtslosigkeit der Menschen an

    Der Living Planet Report ist der weltweit führende, wissenschaftlich fundierte Report, der das Befinden unseres Planeten und die Auswirkungen menschlicher Tätigkeit auf ihn analysiert und auswertet. Und die nun aktuell darin vorgelegten Daten werfen kein gutes Licht auf die Erdenbürger. Denn wir Menschen haben es geschafft, in einem kurzen Zeitraum von nur knapp 40 Jahren die Zahl der Wirbeltiere auf der Erde um gut die Hälfte zu reduzieren.



    Erschreckender sind die Zukunftsprognosen bezüglich der Ressourcen. So verbrauchen wir im Durchschnitt jährlich 50 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde innerhalb desselben Zeitraums regenerieren kann. Die grö‎ßte Gefahr für die Artenvielfalt geht von den Lebensraumverlusten und deren Zerstörung aus, zeigte der Bericht auf. Hinzu kämen die Überfischung und Wilderei sowie der Klimawandel, erklärt Magor Csibi, Direktor von World Wide Fund of Nature (WWF) Rumänien:



    Leider hat die Artenvielfalt unseres Planeten in den letzten 40 Jahren, seit wir den Living Planet Report veröffentlichen, ständig abgenommen. Gleichzeitig sind unsere Auswirkungen auf die Erde immer stärker. Unser Verbrauch steigt von einem Tag auf den anderen und wir unternehmen überhaupt nichts, um einen gesunden Planeten zu erhalten. Der Bestand aller Fisch-, Vogel-, Säugetier-, Amphibien- und Reptilienarten ist in den vergangenen 40 Jahren um 52% geschrumpft, das hei‎ßt, dass mehr als die Hälfte der Lebewesen unseres Planeten in diesem Zeitraum vernichtet wurde. Betrachten wir die Sü‎ßwasserfische allein, sind 76%, also drei Viertel dieser Spezies ausgestorben. Das ist furchteinflö‎ßend, insbesondere wenn wir zusätzlich unsere Konsumgewohnheiten betrachten: Wir verbringen unser Leben auf dem Planeten derzeit so, als ob es noch einen halben Planeten zusätzlich geben würde. Wir verbrauchen also, so viel 1,5 Planeten erzeugen können.“




    Der Living Planet“-Bericht zeigt auch, dass lediglich effizient geführte Naturschutzgebiete den Wildtierbestand aufrechterhalten können. Als Beispiel dazu dient die Vermehrung der Bengal-Tiger-Population, eine von der Weltnaturschutzunion als gefährdet eingestufte Tierart. Als allgemeine Regel gilt, dass in den ungeschützten Gebieten zweimal so viele Exemplare aussterben wie in den Naturschutzgebieten.



    Zusätzlich wird in dem WWF-Bericht die Tatsache beklagt, dass Menschen die Tierpopulationen weltweit vernichten, einschlie‎ßlich die der Weltmeere. Die Population der Meereslebewesen hat sich im Zeitraum 1970-2010 um fast 40% reduziert. Besonders betroffen sind Arten wie die Meeresschildkröte, mehrere Haifischarten sowie Wandervögel wie der Albatros. Die Abnahme der Artenvielfalt trete insbesondere in den Tropenregionen beschleunigt auf, wie Magor Csibi vom WWF erläutert.



    Gro‎ße Verluste werden in den Regionen verzeichnet, die unter einem starken wirtschaftlichen Druck stehen. Das sind die Entwicklungsländer, vor allem in Südamerika, Afrika und Südost-Asien. Die Verluste oder die statistischen Daten sollten allerdings nicht als komplette Information aufgenommen werden, denn in den vergangenen 40 Jahren hatte auch Europa einen erheblichen Anteil an der Ausbeutung der Vielfalt. Zurzeit gibt es in Europa tatsächlich den Trend einer leichten Erholung der Biodiversität, man darf dabei aber nicht vergessen, dass Europa und die anderen Erdteile, einschlie‎ßlich unseres Landes, Druck auf Südamerika, Afrika und Südostasien ausüben, und zwar mit der Nachfrage nach den benötigten Ressourcen.




    Aus Sicht der Umweltauswirkungen menschlicher Tätigkeit gibt es ein gro‎ßes Gefälle zwischen den einzelnen Staaten. Es gibt zum einen Länder, die viel mehr Ressourcen verbrauchen, als der Planet bieten kann, wie etwa die arabischen und entwickelte Länder wie die USA, Schweden, Belgien oder Dänemark. Rumäniens Umweltbelastung sei aufgrund der brach liegenden Industrie geringer, sagt Magor Csibi.



    Rumänien liegt ein wenig unter dem Durchschnitt, würden alle Erdbewohner dieselben Gewohnheiten wie die Rumänen haben, würden sie 1,4 Planeten verbrauchen. Das ist der niedrigste Kohlenstoff-Fu‎ßabdruck innerhalb der EU. Leider ist das aber nicht auf eine nachhaltige Entwicklung zurückzuführen, sondern eher auf den Kollaps der Industrie nach 1989. Die Industrie hat sich nicht mehr erholt und zurzeit gibt es keine kohärenten Strategien zur Einführung des Nachhaltigkeitsprinzips in allen Bereichen. Zum Beispiel gibt es im Transport- und Bauwesen und vielen anderen Bereichen keine umweltgerechten Konzepte, oder sie werden nur mit Zurückhaltung umgesetzt.




    Der Living Planet“-Bericht zeigt ferner, dass mehr als 200 Fluss-Einzugsgebiete, in denen knapp 2,7 Milliarden Menschen leben, heute schon mindestens einen Monat im Jahr an Wasserknappheit leiden. Die Autoren des Berichts bieten auch Lösungen an wie etwa die Erweiterung der Naturschutzgebiete, die Erhaltung und Regeneration der Waldgebiete, ein entsprechendes Management der Wasserressourcen, den Artenschutz oder die Wiederherstellung der Feuchtgebiete. Das Abschlie‎ßen eines globalen Abkommens zur Unterstützung einer emissionsarmen Wirtschaft sei laut den Experten von wesentlicher Bedeutung. Die Nutzung fossiler Brennstoffe habe heute den grö‎ßten Anteil am ökologischen Fu‎ßabdruck, lautet die Schlussfolgerung des zehnten Living Planet“-Berichts des WWF.

  • Das Văcăreşti-Delta und seine Bewohner

    Das Văcăreşti-Delta und seine Bewohner

    Mitte der 1980er Jahre beschloss das kommunistische Regime, ein symbolisches Denkmal der Hauptstadt Bukarest niederzurei‎ßen: das Kloster Văcăreşti, das Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. In der Nähe des ehemaligen Klosters sollte ein künstlich angelegter See eingerichtet werden, die Bauarbeiten hatten bereits früher begonnen. Als der antikommunistische Aufstand 1989 ausbrach, verzichteten die Behörden auf das geplante Projekt und das 190 Hektar breite Gelände wurde indes zu einem Feuchtgebiet, das ebenfalls einen gro‎ßen wissenschaftlichen Wert aufwies. Es handelte sich um ein wahres Ökosystem mit einer Tier- und Pflanzenwelt, die jener eines Deltas ähnlich sind. Über 90 Vogelarten (Reiher, Kormorane, Möwen, Schwäne, Blässhühner, Wildenten — viele davon durch internationale Regelungen geschützt), Säugetiere, Fische, Amphibien fanden hier ein Zuhause. Es gibt zudem klare Beweise dafür, dass im Văcăreşti-Delta“ auch der Otter lebte.



    Die Nichtregierungsorganisation Rettet die Donau und das Delta“ hat ein Projekt angesto‎ßen, das den Văcăreşti-Sumpf zu einem Naturpark in der Stadt umwandeln soll. Um ein deratiges Projekt zu entwickeln, müsste man nicht nur bürokratische, sondern auch soziale Schwierigkeiten aller Art überwinden. Der Leiter der Organisation Rettet die Donau und das Delta“, Dan Bărbulescu, erläutert:



    In diesem Gebiet üben viele die Wilderei aus. Wir sind der Meinung, dass sich die rumänischen Behörden mehr dagegen einsetzen müssten. Wir haben eine gute Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium entwickelt. Wir kommen mit Vertretern des Ministeriums regelmä‎ßig zu Gesprächen über dieses Projekt zusammen. Das Projekt ist auf den ersten Blick leicht umzusetzen, in Wirklichkeit müssen wir aber viele Schwierigkeiten überwinden. Selbst mit der Unterstützung des Umweltministeriums legt uns die Mentalität verschiedener Beamten zahlreiche Hindernisse in den Weg. Das Areal hat zudem das Interesse einiger Immobilieninvestoren erweckt, die hier Wohnblocks und Shopping Malls bauen wollen.“



    Der Văcăreşti-Sumpf gehört derzeit niemanden, das Areal bietet obdachlosen Menschen eine Beherbergung. Andere fischen oder sammeln Abfall, der hier in gro‎ßer Menge existiert. Die meisten erwarten Spenden von Wohltätigkeitsorganisationen. So ist der Fall von Aurelia, die in der Gegend in einer improvisierten Baracke wohnt. Sie ist nicht die einzige, die hier eine Unterkunft gefunden hat.



    Wir sind eine Familie — ich, der Ehemann, die Kinder und die Schwiegermutter — und neben uns wohnt sein Bruder, mit ihm auf dem selben Hof wohnen noch weitere 5-6 Familien. Etwas weiter vor leben noch drei Familien, sie haben sieben Kinder. In einer anderen Baracke lebt noch eine Familie mit 12 Kindern. Es ist sehr schwer für uns, so zu leben. Vor allem für die Kinder ist es schwer in der Schule, sie haben ja kein Licht, um ihre Hausaufgaben zu machen. Wir haben auch keine Heizung.“



    Die widrigen Bedingungen machen es den Familien sehr schwer, die Kinder zur Schule zu schicken. Und dennoch besuchen die zwei älteren Jungen und die zwei Mädchen ziemlich regelmä‎ßig den Unterricht. Weil ihre Familie seit geraumer Zeit über keine eigene Wohnung verfügt, konnte die mittlere Tochter, Alina, nicht rechtzeitig eingeschult werden. Sie ist jetzt 12 Jahre alt und erst in der dritten Klasse. Wenn sie manchmal danach gefragt wird, warum sie mit 12 erst die dritte Klasse besucht, antwortet Alina:



    Weil mich meine Mutter spät zur Schule geschickt hat. Es hätte mir gefallen, wenn ich früher dorthin gegangen wäre und mehr gewusst hätte. In Zukunft würde ich gerne gut lernen.“



    Die Familie muss seit vielen Jahren unter diesen Umständen leben, erzählt Aurelia.



    Seit 15 Jahren leben wir so, wie Sie sehen können, in Baracken. Wir hatten auch im Metalurgiei-Viertel früher Baracken; dort haben wir 13 Jahre lang gewohnt, auf einem Grundstück, das verkauft wurde. Hierher bin ich auf Empfehlung meines Bruders gekommen. Er hat mich hierher gebracht, weil er ebenfalls hier wohnt. Ich wei‎ß gar nicht, wem dieses Grundstück gehört. Wir gehen durch die Plattenbauten, sammeln wiederverwertbares Material ein, von Plastikflaschen bis hin zu Altpapier, Konservendosen und Kupferkabeln. Wir kennen uns mit dem Angeln nicht aus. Wir kommen über die Runden, wie wir das bereits seit Jahren tun. Und wir werden so weitermachen, bis wir einen Arbeitsplatz gefunden haben.“



    Mit der Verbesserung der Lebensbedingungen und der Berufssituation befasst sich seit einigen Jahren der Verein Samusocial. Die angebotene Unterstützung besteht aus der Besorgung von Personalausweisen, Schulsachen, Kleidung und Schuhen und der Hilfe bei der Arbeitssuche. Und das ist aus mehreren Gründen problematisch, wie Monica Tăutul von Samusocial berichtet:



    Wir finden Arbeitsplätze für diese Menschen, die meisten sind aber Saisonjobs. Wir müssen leider über Schwarzarbeit reden. In kurzer Zeit kommen sie zu ihrem alten Leben zurück und verlangen unsere Hilfe. Wir als Verband nehmen uns vor, nebst einem Arbeitsplatz auch eine Wohnung für diese Menschen zu finden. Eine Person, die auf der Stra‎ße schläft, kann natürlich nicht gut arbeiten, weil sie sich nicht gut ausruht. Die Ernährung ist nicht sehr bedeutend. Wesentlicher ist die Hygiene. Der Arbeitgeber denkt, dass diese Personen nicht einmal die Grundpflichten erfüllen können und verzichtet deshalb auf ihre Arbeit.“



    Wohnungen in Bukarest zu finden, ist allerdings keine leichte Aufgabe. Ideal wäre es für die Bewohner des Văcăreşti-Sumpfs, weiterhin hier leben zu dürfen. Die Gründer des Projekts für die Erklärung Văcăreşti-Sumpfs zum geschützten Naturpark haben konkrete Vorstellungen. Dan Bărbulescu, Exekutivdirektor des Verbandes Salvaţi Dunărea şi Delta“ (Rettet die Donau und das Delta) dazu:



    Wir wissen, dass hier zahlreiche Familien leben. Wir wollen sie nicht von hier vertreiben. Sie leben im Delta und sie müssen ihr Leben weiterhin hier verbringen. Die Lebensbedingungen müssen aber verbessert werden. Es gibt Sozialfälle und sie brauchen die Hilfe des Staates. Wir kommen mit den Ideen, eine davon wäre, dass diese Menschen eine Art Rangers, Reiseleiter oder Wächer werden könnten. Wir kommunizieren miteinander. Vor zwei Tagen hat uns ein Bewohner angerufen und gesagt, man hacke Bäume ab. Das ist ein weiteres Problem. In jedem Herbst braucht man Holz für das Feuer. Der Park muss besser überwacht werden. Die Berwohner könnten sich daran beteiligen.“



    Das Projekt erfreut sich der Unterstützung des Umweltministeriums und der Rumänischen Akademie und die Betreiber kämpfen heute gegen die Bürokratie der Lokalverwaltung und die Rückerstattungen an. Danach soll die Initiative vom Parlament gebilligt werden.



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