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  • 100 Jahre rumänischer Schachverband

    100 Jahre rumänischer Schachverband

    In Paris war das berühmte Café de la Régence ein solcher Ort, während in Sankt Petersburg das Dominique mit Billardsälen, Dame- und Schachspiel bekannt war. Konkurrenz machte ihm das nahe gelegene Café Reiter, während in Moskau das Café Peking am Theaterplatz renommiert war. Die besten Spieler eines solchen Cafés konnten als professionelle Schachspieler angesehen werden. Zu jener Zeit gab es noch keine Schachvereine, und die Partien wurden häufig in Cafés ausgetragen – manchmal um Geld.

    Die Geschichte dieses Strategiesports in Rumänien feierte Anfang 2025 das 100-jährige Bestehen des Rumänischen Schachverbbands. Doch das Spiel selbst war in Rumänien natürlich schon früher präsent – doch obwohl die rumänischen Fürstentümer über mehrere Jahrhunderte Teil des Osmanischen Reiches waren, wo Schach bereits seit dem Mittelalter gespielt wurde, wurde Schach erst im Kontext der Revolution von 1848 aus Frankreich eingeführt. Der Schachhistoriker Ștefan Baciu schildert Details zur Verbreitung des Spiels im Rumänisch-sprachigen Kulturraum.

    „Auch in den hiesigen Cafés wurde Schach gespielt – und zwar leidenschaftlich. Ein in der Nähe von Czernowitz geborener Rumäne, George Marcu oder Georg Marco, veröffentlichte in der Fachzeitschrift Wiener Schachzeitung eine Partie, die er gegen seinen Bruder Mihai im Café Europa in Czernowitz gespielt hatte. Auch in den Bukarester Cafés wurde Schach mit Begeisterung gespielt.

    Manolache Costache Epureanu, Vorsitzender des Ministerrats gegen Ende des 19. Jahrhunderts, wollte die Partie in einem Café nicht abbrechen, um zu seiner Kabinettssitzung zu gehen – eine Begebenheit, die in einer Skizze von I.L. Caragiale beschrieben wird. In Cafés wurden später auch die Grundlagen der ersten Schachvereine gelegt. 1875 organisierte der aus Österreich stammende Geigenvirtuose und Konservatoriumsprofessor Ludovic Wiest den ersten Schachsalon in Bukarest im Café Concordia in der Smârdan-Straße der Altstadt. 1892 wurde der erste Schachclub Bukarests im Café Kuebler gegründet. Frauen hatten keinen Zutritt zu den Cafés, aber wohlhabende Männer fanden Lösungen: Der Industrielle Basil Assan richtete in seinem Haus in Bukarest einen Schachsalon ein, in dem er mit seinen drei Töchtern spielen konnte.“

    Zu den Gründern des ersten Schachclubs zählte Hercule Anton Gudju, der in den 1880er-Jahren in Paris Jura studiert hatte und mehrere starke Turniere in der französischen Hauptstadt gewonnen hatte. Sein Sohn Ion Gudju war später maßgeblich an der Gründung des Rumänischen Schachverbands beteiligt.

    Im Sommer 1924 nahmen Ion Gudju, George Davidescu und Leon Loewenton während der Olympischen Sommerspiele in Paris an einem Mannschaftsturnier teil. Am 20. Juli 1924, nach der letzten Runde des Turniers, unterzeichneten 15 Delegierte die Gründungsurkunde der Fédération Internationale des Échecs (FIDE), darunter auch der Rumäne Ion Gudju. Nach seiner Rückkehr aus Paris bereiste Gudju das gesamte Land, um mit Vertretern der Schachkreise Großrumäniens über die Gründung eines nationalen Verbands zu sprechen, erläutert Ștefan Baciu die Geschichte.

    „Am 4. Januar 1925 gründeten Vertreter von 26 Schachkreisen das provisorische Komitee des Rumänischen Schachverbands. Zum Präsidenten wurde Adam Hențiescu gewählt, eine prominente Persönlichkeit der Epoche und Vorsitzender des Schachkreises Bukarest. Er war als Adam Hențiescu in Siebenbürgen geboren und hatte mit 21 Jahren die Karpaten überquert, um am Unabhängigkeitskrieg von 1877 teilzunehmen. Nach dem Krieg änderte er seinen Familiennamen von Hențiu in Hențiescu und studierte in Bukarest auf Apotheker. Er setzte sich für die Vereinigung Siebenbürgens mit dem Königreich Rumänien ein und kämpfte als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg.
    Leider verstarb er, bevor der Rumänische Schachverband offiziell gegründet wurde. Zum Initiativkomitee zählte auch der Temeswarer Alexandru Tyroler, der 1926 den ersten nationalen Meistertitel gewann. Bekannte Spieler waren Nicolae Brody aus Cluj und Janos Balogh aus Miercurea Ciuc, der mit einer Verteidigung, die seinen Namen trägt, in die Schachgeschichte einging. Dem Komitee gehörten auch Hochschulprofessoren, Anwälte und Politiker an.“

    Im Jahr 1925 wurden in den Städten, Gymnasien und Universitäten Großrumäniens Schachkreise gegründet, allein neun in Bukarest. Die Gründungsurkunde des Rumänischen Schachverbands wurde am 14. März 1926 anlässlich des ersten Kongresses des Verbands in Bukarest offiziell besiegelt. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 hatte auch Auswirkungen auf die Schachbewegung in Rumänien. In den Jahren 1932 und 1933 fand keine nationale Einzelmeisterschaft der Männer statt, und die rumänische Mannschaft, die zuvor regelmäßig an den ersten Schacholympiaden teilgenommen hatte, fehlte bei den Ausgaben von 1937 und 1939.

  • Bildungsprojekt: Schach in den Schulen

    Bildungsprojekt: Schach in den Schulen

    Beginnend mit dem Schuljahr 2014-2015 wird Schachspielen zum Wahlfach in den rumänischen Schulen. Wie Erziehungsminister Remus Pricopie sagte, werde das neue Fach Erziehung durch Schachspielen“ hei‎ßen, und der genehmigte Lehrplan richtet sich an die Grundschule. Die rumänischen Schulen werden also dieses Zwei-Jahre-Fach für die Schüler der Klassen 1 bis 4 anbieten. Mehr über die Vorteile des Schachspielens in der Schule erfahren wir vom Erziehungsminister Remus Pricopie:



    Ich könnte darüber viel erzählen, sowohl als Lehrer als auch als Vater eines Kindes, das Schach spielt. Vor allem verbessert das Schachspielen die Konzentrationsfähigkeit, das Analysevermögen und das logische Denken. Denken Sie daran, was es bedeutet, 3, 4, manchmal sogar 5 Stunden lang (je nach Alter des Kindes) vor dem Schachbrett und vor dem Gegner zu sitzen und das Spiel durchzudenken. Das ist schon etwas Au‎ßerordentliches. Dann der Teamgeist. Diejenigen, die sich damit nicht auskennen, könnten glauben, Schach sei ein individuelles Spiel. Keineswegs. Schach ist kein individuelles Spiel, sehr oft ist die Mannschaft besonders wichtig, von der Vorbereitung, vom Training bis zum Schachturnier, und das ist wieder von Vorteil für die Kinder, die Schach spielen wollen. Die Forschungen haben erwiesen, dass auch die Schulzeugnisse besser wurden.“




    Vladimir Danilov ist Generalsekretär des rumänischen Schachverbandes. Schachspielen lernte er in Iaşi (im Nordosten Rumäniens), einer Stadt, die als gutes Beispiel für die Einführung dieses Fachs in den Schulen gilt. Vladimir Danilov:



    Seit 1986 wird Schachspielen in verschiedenen Formen in den Schulen unterrichtet, nicht unbedingt als Fach auf dem Lehrplan. 1986 wurde die erste Schach-Schulkasse in Rumänien gegründet. Nach 1990 wurde Schachspielen in allen Kindergärten und Schulen Rumäniens eingeführt, in vielen Fällen als After-School-Unterricht. In Iaşi spielen etwa 3.000 Schüler Schach; viele von ihnen haben hohe Leistungen erbracht, sowohl als Profi-Junior-Schachspieler als auch in der Schule, als Teilnehmer an Schulolympiaden in verschiedenen Fächern. Seit 2000 wurde an der Schule »Bogdan Petriceicu Haşdeu« in Iaşi Schachspielen als Unterrichtsfach mit Benotung und Eintragen im Schulzeugnis eingeführt. Der Schachunterricht hei‎ßt entweder ‚Schach am Computer‘ oder ‚Schach und Mathematik‘, je nachdem, welcher Fachlehrer die Schachstunden übernimmt. Etwa 600 Grundschulkinder haben Schachspielen auf dem Lehrplan, von einer Stunde bis zu vier Stunden in der Woche.“




    Laut einem Abkommen zwischen dem rumänischen Erziehungsministerium und dem rumänischen Schachberband werden die Schulen bestimmt, wo Schachspielen als Wahlfach unterrichtet wird, und auch die Lehrer ernannt, die Schachunterricht geben werden. Mehr dazu vom Erziehungsminister Remus Pricopie:



    Das erste Problem, das wir lösen müssen, sind die Lehrkräfte. In den rumänischen Schulen war das Schachspielen kein Unterrichtsfach. Wir hatten also kein System für die Ausbildung der Lehrkräfte in diesem Bereich. Durch das mit dem Schachverband abgeschlossene Abkommen kann jeder Lehrer der vom Schachverband legitimiert ist, Schach unterrichten. Das gilt nur jetzt, am Anfang. Wir werden versuchen, Lehrkräfte für dieses neue Fach zu bilden. Das wird die Aufgabe der Universitäten und des Erziehungsministeriums sein. Ein zweites Problem ist, dass wir 500 Schulen dafür komplett ausstatten müssen. Das bedeutet, jede Schule braucht 10 Schachspiele, eine Tafel, Lehrbücher und ein Buch für die Lehrkraft. Wir haben beschlossen, dass die 500 Schulen Dorfschulen sein sollen. In den Städten gibt es noch die sogenannten Schulklubs, wo man Schach erlernen kann.“




    Ştefan ist Gymnasialschüler und Mathematikolympionike. Er liebt das Schachspielen, wo er auch gute Leistungen hat:



    Schach entwickelt das Denkvermögen. Schach hilft uns, auf eine bestimmte Art zu denken, und ich meine damit nicht nur auf die Schule sondern auch das Alltagsleben. Wir lernen, die richtige Wahl zu treffen, wir üben uns in Geduld, wir lernen, uns sicher zu sein.“



    Victor, der ebenfalls Gymnasialschüler ist, sprach über eine bessere Kontrolle der Emotionen. Victor hat zahlreiche Medaillen bei den nationalen Schachmeisterschaften gewonnen:



    Bei Mathe- und Informatikwettbewerben spielt das Selbstbeherrschen eine wesentliche Rolle. Dank dieser Eigenschaft habe ich viele Wettbewerbe und Medaillen in Mathe gewonnen.“




    Lucian Vasilescu ist Arzt; er lebt und arbeitet in Bukarest. In seiner Freizeit spielt er sehr gerne Schach. Er sprach über den Einfluss des Schachspieles auf die Erziehung und die Karriere:



    Ich spiele Schach seit der ersten Klasse. Das Schachspielen ist meine Leidenschaft, mehr als ein Hobby. Es hat mir geholfen, bestimmte Eigenschaften zu entwickeln wie Hartnäckigkeit, Geduld, den Wunsch, zu siegen. Gleichzeitig habe ich gelernt, Mitglied eines Teams zu sein. So hatte ich auch die Möglichkeit, viele schöne Orte in Europa und in der Welt kennenzulernen. Die Tatsache, dass ich heute, mit 50 Jahren, Schach gegen die besten rumänischen Spieler spielen kann, ist für mich von gro‎ßer Bedeutung. Ich kann behaupten, dass ich es kaum erwarte, in die Rente zu gehen, um dem Schachspielen mehr Zeit schenken zu können.“



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