Tag: Schülerrat

  • Rumänien fördert Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention

    Rumänien fördert Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention

    Sehr oft sind Kinder und Jugendliche nicht in der Lage, ihrer Stimme in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen und ihre Meinung zu äu‎ßern. Einige von ihnen überwinden jedoch ihre Ängste und werden zu Vertretern einer Generation. Dies ist der Fall von Rareş Voicu, einem 16-jährigen Jugendlichen des Nicolae-Iorga-Gymnasiums in Brăila, der seine Kollegen vertritt und Junior-Botschafter Rumäniens bei der EU ist:



    Im Laufe der Jahre, hatte ich sowohl innerhalb als auch au‎ßerhalb der Schule das Gefühl, dass meine Stimme nicht gehört wurde, als ich versuchte, meine Meinung zu äu‎ßern. Ich muss zugeben, dass ich meistens nichts getan habe, um das zu ändern, und ich hatte mich entschieden, nicht zu reagieren. Die Dinge änderten sich vor zwei Jahren, als ich für den Schüler-Rat kandidierte, dessen Motto »Sei die Stimme deiner Kollegen« war. Zuerst war ich verängstigt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich Probleme gehabt, meiner eigenen Stimme Gehör zu verschaffen, und ich wusste nicht, wie ich plötzlich die Stimme von Zehntausenden von Schülern vertreten sollte. Nach und nach verschwanden meine Ängste und ich lernte, mehr zu sprechen, meine Meinungen laut auszusprechen und entschlossener zu sein, wenn es darum ging, sie zu äu‎ßern. Zu meiner gro‎ßen Überraschung begann man mir zuzuhören. Ich konnte nicht verstehen, was passiert war und warum plötzlich meine Meinung wichtig wurde. Und dann wurde mir klar, dass das daran lag, dass ich Teil des Schüler-Rates war. Ich hatte eine ganze Plattform, die mich unterstützte, so dass ich im Namen meiner Kollegen mit einer gewissen Garantie sprechen konnte, dass ich auch ernst genommen würde.“




    Für Rareş Voicu ist es von wesentlicher Bedeutung, dass Europa die Meinungen seiner jüngsten Bürger berücksichtigt. Rareş ist der Ansicht, dass das Recht auf Beratung in allen EU-Mitgliedstaaten verteidigt und gefördert werden muss:



    Ich selbst hatte diese Chance, aber es gibt Millionen von Kindern, die vor dem gleichen Problem stehen, obwohl unser Recht auf Konsultation und Beteiligung zu unseren Grundrechten gehört, wie es in der Konvention über die Rechte des Kindes festgelegt ist. Wir sind hier, um im Namen der rumänischen und europäischen Kinder zu sprechen. Wir werden als Juniorbotschafter die Bukarester Kindererklärung ausarbeiten, die eine Aufforderung an alle europäischen Staats- und Regierungschefs ist, und nicht nur. Angesichts des derzeitigen sozialen Hintergrunds ist es unsere Pflicht, als Bürger, die sich in der Entwicklung befinden, Stellung zu beziehen und für unsere Rechte, die Rechte der Kinder, zu kämpfen. Wir wollen, dass alle Kinder in der EU von den Werkzeugen profitieren, die ihren Stimmen Gehör verschaffen. Liebe Kinder, wenn ihr diese Botschaft hört, kämpft für eure Rechte! Sprich lauter, sag, was du denkst, aber sei gleichzeitig fair und ehrlich! Beobachtet unsere Gesellschaft kritisch, denn nur so können wir Europa verbessern und es besser und kohärenter machen.”




    Pieter Bult, der UNICEF-Vertreter in Rumänien, steht in Kontakt mit rumänischen Kindern und glaubt, dass eine der wichtigsten Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft darin besteht, sicherzustellen, dass ihre Erwartungen als Erwachsene nicht verletzt werden:



    Stell dir vor, was passieren wird, wenn diese Probleme nicht gelöst werden, die Kinder erwachsen werden und von dem, was passiert, enttäuscht sind. Stellen Sie sich vor, was mit der Zukunft Europas geschehen wird, wenn das eintritt. Jeder vierte Mensch in Europa ist ein Kind. Sie sind nicht wirklich in die Entscheidungsprozesse der Europäischen Union eingebunden. Dennoch haben sie ein Recht auf Teilnahme. Bereits vor 30 Jahren haben wir die Konvention über die Rechte des Kindes ratifiziert. Jeder Mitgliedstaat der EU hat das Übereinkommen ratifiziert. In Artikel 12 geht es um die Teilnahme. Dennoch haben wir sehr wenig getan, um dieses Recht tatsächlich zu verwirklichen. Es geht nicht nur um das Recht des Kindes auf Teilnahme, sondern um viel mehr. Wenn Kinder teilnehmen, werfen sie Probleme auf, sie kommen mit Lösungen, und ja, sie mögen ein wenig unkonventionell sein, aber man könnte an sie denken und sie könnten tatsächlich Dinge finden, die weniger voreingenommen sind, weniger im Sinne von Stereotypen, die weniger von vorgefassten Ideen geprägt sind. Ihre Ideen sind eigentlich sehr relevant. Es ist also in Wirklichkeit in unserem Interesse, dass die Kinder an unseren Entscheidungsprozessen teilnehmen.“




    Gabriela Coman ist Vorsitzende der Nationalen Kinderschutzbehörde. Sie engagiert sich auch in nationalen Programmen zur Beratung und Beteiligung von Kindern. Gabriela Coman hat ein solches Vorhaben auch in Brüssel unterstützt:



    Endlich sprechen wir über ein Grundrecht der Kinder, nämlich das Recht, ihre Meinung zu äu‎ßern, eine Meinung, die die Erwachsenen in die Lage versetzen müssen, sich an einer Entscheidung zu beteiligen. Ich habe zusammen mit den Kindern und Pieter Bult an der Sitzung in Brüssel teilgenommen, bei der wir alle die Stellungnahme der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments zur Initiative Rumäniens gehört haben, im Rahmen seiner Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union ein solches Vorhaben zu starten. Ein starkes Europa ist ohne Berücksichtigung des Zusammenhalts nicht vorstellbar, und wir können nicht ohne die Einbeziehung aller Bürger über den Zusammenhalt sprechen. Wir sind mit unserer Leistung zufrieden. Wir beabsichtigen, in unserer Eigenschaft als Kinderschutzbehörde und als Ministerium alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Umwandlung der Erklärung der Rechte des Kindes in einen Mechanismus zu unterstützen, mit dem sie wirklich teilnehmen und sich am Entscheidungsprozess auf europäischer Ebene beteiligen können.“




    Eine zusammenhaltende Europäische Union braucht die Beteiligung junger Menschen am Prozess der wichtigen Entscheidungen, die für unseren Kontinent getroffen werden. Ihre Ideen können der Motor für die Stabilität der Gesellschaft der Zukunft sein. Ebenso können Jugendliche dazu beitragen, die europäischen Werte in der ganzen Welt zu fördern.

  • Schulwesen: Veraltete Prüfungsmethoden sind hinderlich für Flexibilität

    Schulwesen: Veraltete Prüfungsmethoden sind hinderlich für Flexibilität

    Das rumänische Bildungssystem wurde in den letzten 20 Jahren vielfältigen Änderungen ausgesetzt. Die jüngste Änderung betrifft die Überarbeitung der Lehrpläne in den rumänischen Schulen. Nun versucht die rumänische Schule, den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen zu sein. Eine davon betrifft die Selbstbewertung des Systems, anders gesagt, die Bewertung der Lehrerleistung und die Beurteilung der Ergebnisse der Schüler und Studenten.



    Eine von den rumänischen Behörden in Zusammenarbeit mit der UNICEF und der OECD (der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) erarbeiteten Studie nimmt die Evaluation und die Prüfmethoden im Bildungssystem unter die Lupe. Laut dem derzeitig gültigen Bildungsgesetz legen die Schüler im voruniversitären Bildungswesen mehrere Prüfungen ab. Die von ihnen angeeigneten Kenntnisse werden erstmals in der 2. Klasse getestet. Danach müssen sie alle 2 Jahre einen Test zur Beurteilung ihrer Allgemeinkenntnisse schreiben, bis sie schlie‎ßlich in der 8. Klasse eine Abschlussprüfung ablegen. Diese wichtige Prüfung ist unter anderem als Nationale Evaluation bekannt und gilt gleichzeitig als Zulassung ins Gymnasium. Die Nationale Evaluation ist die erste wichtige Schulprüfung im Leben der 14-15- jährigen Kinder. Und wie erwartet löst sie zahlreiche Auseinandersetzungen aus. Dazu Ioana Băltăreţu, Mitglied im Landesschülerrat:



    Unser Landesschülerrat hat festgestellt, dass viel zu oft ein zu hoher Wert auf die Fächer gelegt wird, die Gegenstand der Nationalprüfung sind. In der jetzigen Form fördern diese Prüfungen viel mehr die Fähigkeit, auswendig zu lernen, als die Fähigkeit, selbst zu denken. Etwa 40% der 15-jährigen Schüler in Rumänien sind funktionale Analphabeten — so die Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie. Obwohl sie lesen können, verstehen sie den Inhalt der Texte nicht. Denn in der Schule wurde vielmehr das Auswendiglernen gefördert.“




    Kinder und Jugendliche werden regelmä‎ßig während ihrer Schulzeit evaluiert. Sie wünschen sich aber, die Art und Weise, in der sie in der Schule ausgebildet und behandelt werden, selber zu bewerten. Dazu Ioana Băltăreţu:



    Die Einbindung der Schüler im Prozess der internen Evaluation ist weiterhin mangelhaft. Die Schüler schicken zwar einen Vertreter in den Schulrat, in den Bewertungs- und Qualitätsausschuss und in den Ausschuss zur Bekämpfung der Gewalt. In den meisten Fällen kommen sie aber nicht dazu, ihre Meinung zu äu‎ßern. Vermutlich wird der Vertreter der Schüler gar nicht zur Aussprache eingeladen. Es sei unerlässlich, die derzeit gültigen Gesetze zu beachten. Den Schülervertretern sollten ihre Rechte anerkannt und gewährt werden. Die Prüfungen müssen unbedingt viel mehr als eine reine Formalität werden. Denn sie sind ein Mechanismus, der ein hochwertiges Bildungssystem stärken kann. Davon werden alle profitieren.“




    Genau darauf weist auch die von der UNICEF in Zusammenarbeit mit der OECD erarbeiteten Studie Prüfungen und Evaluation im rumänischen Bildungssystem“ hin. Die Wirklichkeit, die in der Studie beschrieben wird, ist nicht gerade befriedigend. Im Vergleich zu 2012 haben die Schüler im Jahr 2015 zwar Fortschritte bei den PISA-Tests verzeichnet. Im Hinblick auf das Kapitel Wissenschaft“ erhielten aber 38,6% der 15-jährigen Kinder Ergebnisse unter dem Level 2, also unter dem bis zum Abschluss der obligatorischen Schulzeit zu erreichenden Grundlevel. Wird dieser Grundlevel nicht erreicht, so ist der Jugendliche unzureichend für eine Wissensgesellschaft vorbereitet. Im Zusammenhang mit all den Prüfungen und Tests stellt sich die Frage, wie den Schülern geholfen werden kann, so dass sie ihre schulische Leistung verbessern. Denn die Prüfungen sollen nicht nur ein Ma‎ß für den Stand der Kenntnisse der Schüler sein. Laut den Autoren der Studie bestünde die Lösung in der Flexibilität des Bildungssystems. Die Schule sollte nicht nur ein Ort für Hochleistungen sein, sondern auch einer der Inklusion. Ein Ort, an dem alle Schüler die notwendigen Fähigkeiten entwickeln und Kenntnisse erwerben können, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Diesbezüglich sei noch Raum für Verbesserungen, so Andreas Schleicher, Direktor bei der OECD.



    Anfang 2000 gab es in Rumänien überhaupt keine unabhängige Behörde zur Bewertung der Schulen. Heute allerdings verfügt Rumänien über ein starkes Zentrum für Evaluation und Bewertung. Das Allerwichtigste ist jedoch, dass Rumänien eines der wenigen Länder in Europa ist, in dem Fortschritte verzeichnet werden. Die neu entwickelten Programme wurden an den Zielsetzungen des 21. Jahrhunderts angepasst. Demnach haben alle Jugendliche die Möglichkeit, ihre Kenntnisse zu vertiefen und Fähigkeiten und eine kritische Denkweise zu entwickeln, um sich erfolgreich an der Gesellschaft der Zukunft zu beteiligen. Doch ist die Theorie leichter als die Praxis. Denn ein Teil der Infrastruktur ist mangelhaft. Manche Lehrkräfte hinken ebenfalls den Bestrebungen im 21. Jahrhundert nach. Die Nationalprüfungen entscheiden immer noch über die Zukunft der Schüler. Doch sie basieren auf rigide akademische Kenntnisse. Die erste wichtige Prüfung dieser Art muss schon mit 14 abgelegt werden. Dieser Ansatz ist veraltet und nicht korrekt, unserer Ansicht nach.“




    Der Bericht der UNICEF und der OECD macht eine klare Empfehlung: Die in den voruniversitären Schuljahren abgelegten Prüfungen sollen einen ausbildenden Charakter haben und keine Ranglisten schaffen — so Erziehungsminister Pavel Năstase.



    Es ist wichtig, die Evaluation — sei es der Schüler, der Lehrkräfte oder der Schulen — aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Und zwar als eine Chance, Feedback zu bekommen. Als eine Möglichkeit, auf Basis von konkreten Ergebnissen, Ma‎ßnahmen zu treffen, die den Ausbildungsprozess verbessern können. Wir wünschen uns, dass die Lehrkräfte gut vorbereitet sind. Dementsprechend sollten die Lehrer während des Unterrichts, in der Klasse, und nicht wie heute nur durch Prüfungen und anderen schriftlichen Bewertungsmethoden evaluiert werden. Das gleiche gilt auch für die Schüler. Und somit könnte auch der Druck, dem die Schüler derzeit ausgesetzt werden, abnehmen. Diejenigen, die gewöhnlich Schwierigkeiten bei den klassischen Prüfungen haben, würden sich so auch behaupten können. Der Bericht der zwei internationalen Institutionen legt hohen Wert auf die formende Dimension der Evaluation. Denn die Evaluation soll letztendlich auf die Richtungen hinweisen, die noch verbesserungsbedürftig sind. Derzeit legen die Schüler Prüfungen ab, die Ergebnisse werden aber kaum verwertet.“




    Das Bildungsministerium arbeitet bereits an mehreren Programmen für die Evaluation von Schülern und Lehrern. Diese sollen mit europäischen Mitteln gefördert werden.