Tag: Sozialarbeiter

  • Pandemie in Armutsmilieus: Benachteiligte soziale Gruppen haben es besonders schwer

    Pandemie in Armutsmilieus: Benachteiligte soziale Gruppen haben es besonders schwer

    Erwartungsgemä‎ß verschlimmern die Covid-19-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Einschränkungen die Situation bestimmter benachteiligter Gruppen. Eine davon sind die Kinder. UNICEF Rumänien hat in Partnerschaft mit öffentlichen Einrichtungen und NGO die Schwierigkeiten untersucht, die die Jüngsten unter uns und die benachteiligten der Gesellschaft haben. Am schlimmsten betroffen sind Kinder aus sozial schwachen Familien, Kinder aus Roma-Familien, Kinder von Arbeitsmigranten und Kinder mit Behinderungen.



    Die Ma‎ßnahmen, die ergriffen wurden, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie einzudämmen, können ihre Situation sogar verschlechtern, indem der Zugang zu sozialen und medizinischen Diensten eingeschränkt wird oder das Risiko für häusliche Gewalt und Arbeitslosigkeit steigen. Schulschlie‎ßungen und Fernunterricht stellen zusätzliche Herausforderungen dar, insbesondere in den Gemeinschaften, in denen Kinder öfter die Schule abbrechen. Carmen Lică, Geschäftsführerin des Step-by Step-Zentrums für Bildung und berufliche Entwicklung, bewertet die Auswirkungen der im Bildungsbereich ergriffenen Ma‎ßnahmen:



    Kinder in sozial schwachen Familien sind von den jüngsten Ma‎ßnahmen zur Einführung des Online-Unterrichts am stärksten betroffen, weil sie nur begrenzten Zugang zu IT-Geräten und Internet haben. Die Ungleichheit beim Zugang zum Online-Unterricht vergrö‎ßert die bestehende Schere. Es fehlt an IT-Geräten. Entweder weil die Familien oder Schulen keine haben, oder weil es nicht genug davon gibt. Erschwerend kommt hinzu, dass es in einigen Gebieten nur einen schlechten oder gar keinen Internet-Anschluss gibt. Auch bei der Nutzung dieser Geräte gibt es Einschränkungen, weil einige Eltern, Kinder oder Lehrkräfte über keine oder nur unzulängliche digitale Kenntnisse verfügen. Roma-Kinder haben zusätzliche Schwierigkeiten, weil viele in Gemeinschaften leben, in denen es weder IT-Geräte noch einen Internetzugang gibt. Dies bedeutet, dass die Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang viel komplexer sind.“




    Auch die Sozialhilfe, die normalerweise von der lokalen Verwaltung gewährleistet wird, ist in Mitleidenschaft gezogen. Betreuer können z.B. nicht mehr so oft wie früher in die Gemeinden gehen und verfügen nicht immer über adäquate Schutzbekleidung. Hinzu kommt, dass die Betreuungskräfte nicht immer ausreichend ausgebildet sind, um unter den besonderen Bedingungen der Pandemie und des Ausnahmezustands eingreifen zu können. Besonders schwer haben es Jugendliche in Heimen und Kinderschutzeinrichtungen, sagt Andreeas Novacovici, Vorsitzender des Rates der betreuungsbedürftigen Jugendlichen:



    Die grö‎ßten Schwierigkeiten gehen von der begrenzten Mobilität — die Situation der betreuten Kindern kann nicht mehr überprüft werden — und dem Mangel an Hygieneartikeln — sowohl für betreute Kinder als auch für das Personal in den Heimen — aus. Betreute Jugendliche haben uns erzählt, dass sie in den letzten Wochen noch nicht einmal einkaufen gehen oder ihre Freunde kurz besuchen durften. Die Situation wurde ihnen nicht ausreichend erklärt, sie wurden nicht ausreichend informiert, um zu verstehen, was in dieser Zeit vor sich geht und warum ihnen einige Rechte vorübergehend beschnitten wurden. Der Zugang der betreuten Kinder zu Gesundheitsdiensten wurde auch stark eingeschränkt. Die Beschränkung direkter ärztlicher Besuche in Heimen, die Nutzung von Online- oder Telefonkonsultationen sowie die Schlie‎ßung der Zahnarztpraxen bildeten die grö‎ßten Schwierigkeiten im Gesundheitsbereich. Darüber hinaus war es schwer, Medikamente für chronische oder Autoimmunkrankheiten zu bekommen.“




    Die Kommunikationsprobleme scheinen weit verbreitet zu sein. Nicht nur den betreuten Kindern wurde der Grund der Beschränkungen nicht ausreichend erklärt, sondern auch den Roma-Gemeinschaften. In diesem Fall müssten Roma-NGO vor Ort präsent sein, um einer der am stärksten benachteiligten Gruppe zu helfen, forderte kürzlich eine von der Weltbank in Partnerschaft mit der UNICEF durchgeführte Bewertung. Tatiana Proskuryakova arbeitet für die Weltbank und ist für Rumänien und Ungarn zuständig:



    Zuerst möchte ich sagen, dass die Gemeinschaft der Roma schon vor der Krise benachteiligt war. Wir wissen sehr wohl, dass man dort dicht zusammen wohnt und der Zugang zu einer Grundinfrastruktur beschränkt ist. Ich nenne nur einige Beispiele: 68% der Roma-Haushalte haben keinen Wasseranschluss und 78% haben kein Bad oder eine Toilette im Haus. Es ist klar, dass die erforderlichen Hygienema‎ßnahmen unter diesen Bedingungen schwer einzuhalten sind. Wegen der beengten Wohnverhältnisse können die Distanzierungsregeln nicht eingehalten werden, und wir erwarten, dass die Infektionsrate in der Roma-Gemeinschaft über die der nationalen Rate steigt. Die Gemeinschaft der Roma ist auch in Bezug auf Erziehung und Gesundheitsversorgung benachteiligt. Mit der Verlagerung dieser Dienste in den Online-Bereich wird alles noch komplizierter. Wir wissen, dass die Pandemie auch wirtschaftliche Folgen hat. Viele Menschen werden arbeitslos. Im Falle der Roma ist alles noch komplizierter, denn viele von ihnen haben befristete Verträge oder arbeiten schwarz.“




    Die eingeschränkte Tätigkeit der Hausärzte wirkt sich auch auf die Gesundheit der benachteiligten Gemeinschaften aus. Vor allem Kinder leiden darunter, geht aus der von UNICEF durchgeführten Studie hervor.

  • UNICEF-Aktionstag der Kinderrechte: Mehr Inklusion für Kinder und Jugendliche

    UNICEF-Aktionstag der Kinderrechte: Mehr Inklusion für Kinder und Jugendliche

    Am 20. November hat die ganze Welt den Internationalen Tag der Kinderrechte gefeiert. Dieser Tag möchte alle daran erinnern, dass die Rechte der Kinder eingehalten werden müssen. Zu diesem Anlass haben das rumänische Kinderschutzamt, der Nationalrat der Schüler und die UNICEF ein Rundtischgespräch veranstaltet. Dabei wurden die Prioritäten der Strategie des Europarates hinsichtlich der Einhaltung der Kinderrechte, an der alle Staaten ihren Beitrag geleistet haben, sowie die Strategie Rumäniens in dieser Hinsicht erörtert. Die Strategie des Europarates hat sieben Hauptbereiche als Herausforderungen für den Schutz der Kinderrechte erkannt: Armut, Ungleichheit und soziale Exklusion, aber auch ein Rechtssystem, das den Bedürfnissen der Kinder gewachsen ist, Gewalt, Migration, Rassismus und der Aufruf zum Hass.



    Anlässlich des Internationalen Tages der Kinderrechte wurde ein Partnerschaftsbrief zwischen der UNICEF und dem Rumänischen Schülerrat unterzeichnet. Dessen Ziel ist, mehr Kinder und Jugendliche in die Findung der Entscheidungen zu involvieren, die sie betreffen. Darüber wei‎ß Despina Andrei, Kommunikationsleiterin bei UNICEF Rumänien mehr:



    Sowohl UNICEF Rumänien als auch der Nationale Schülerrat zeigen gemeinsame Beschäftigungen hinsichtlich der Förderung und Einhaltung der Kinderrechte. Au‎ßerdem haben wir eine gemeinsame Vision in puncto Kinderrechte. In diesem Sinne sind sowohl die Schüler als auch wir der Meinung, dass jedes Kind in Rumänien Anspruch auf eine qualitative und eingliedernde Erziehung hat. Dies ergibt sich aus einer Online-Umfrage, die wir ins Leben gerufen haben. Wir wollten über das hinaus blicken, was wir als wichtig für die Kinder empfinden, wir wollten sehen, was sie über die Prioritäten der kommenden Zeit denken. Und wir haben Antworten von über 6900 Kindern, die uns deutlich gesagt haben, welche ihre erste Priorität ist: Sie wollen Zugang zu einer qualitativen und eingliedernden Erziehung haben. Die zweite Priorität sind kundenfreundliche Gesundheitsdienstleistungen sowie ein Leben ohne Gewalt. Andres gesagt haben wir gemeinsame Prioritäten, wenn wir Kindern das Recht gewähren, ihre Meinung bezüglich ihrer Zukunft zu äu‎ßern. Wir wollen sehen, ob sie sich mit den Entscheidungen, die wir treffen, vertreten fühlen. Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, ein Wort mitzureden und gemeinsam die beste Zukunftsstrategie zu finden.“




    Laut derselben Studie bewerten Jugendliche den Zugang zu Volontariat, Karriereberatung, Berufsausbildung und Unterhaltungsaktivitäten, aber auch den Schutz gegen Diskriminierung als vorrangig. Daniela Gheorghe, die Leiterin des Verbandes der NGOs für Kinder:



    Ich werde Ihnen das sagen, was die Kinder, mit denen der Verband zusammenarbeitet, beim letzten Alternativbericht über die Einhaltung der Kinderrechte in Rumänien gesagt haben. Die Kinder haben Folgendes gesagt: Wir wünschen uns, dass Kinderrechte nicht nur auf dem Papier stehen, wir wollen, dass sie echt sind. Wir wollen, dass sich dieser Kindertraum, dass ihre Rechte eingehalten werden, verwirklicht. Ein anderes Kind hat etwas besonders Wichtiges gesagt. Er sagte, dass die Beteiligung der Kinder nicht nur ein Signal der öffentlichen oder der politischen Agenda sein darf, sondern eine Realität werden muss. Die Einbeziehung der Kinder muss sich in den Werten und Prinzipien jeder Institution widerspiegeln, die mit Kindern und für die Kinder arbeitet. Die Beteiligung der Kinder bedeutet die direkte Einbeziehung in die Entscheidungsfindung, sowohl in der Familie als auch in den Institutionen. Kindern Macht zu verleihen, hei‎ßt, den Mut und den Glauben zu haben, dass Kinder wissen, wie sie Entscheidungen treffen müssen, wenn es um ihr Schicksal, um ihre Schule, um ihre Familie geht. Kindern Macht zu verleihen, hei‎ßt, sie zu unterstützen, autonom zu werden. Und dabei reden wir über die Kinder in Schutzanstalten. Autonome Kinder mit Entscheidungskraft zu entwickeln, bedeutet eine bessere Zukunft für Rumänien. Die Kinder, die den Alternativbericht geschrieben haben, haben gesagt: ‚Die Schule kommt unseren Bedürfnissen nicht mehr nach. Deshalb sind wir in der Schule nicht glücklich… wir sind nicht glücklich!‘ Wenn Kinder unsere Hilfe brauchen, um glücklich zu werden, denke ich, dass wir zu dieser Verantwortung stehen müssen.“




    In Rumänien ist mehr als die Hälfte der Kinderbevölkerung dem Armutsrisiko ausgesetzt. Der schwache Zugang zu Gesundheits-, Sozial- und Bildungsdienstleistungen und dazu das beschränkte Wissen über Rechte und Opportunitäten führen zur sozialen Ausschlie‎ßung der schutzbedürftigen Familien und deren Kinder. Die Wirtschaftskrise hat die sozialschwachen Familien durch den Verlust der Arbeitsplätze und die Senkung der Einkommen betroffen. In diesem Kontext hat die UNICEF im Landkreis Bacău ein Projekt erarbeitet. Dadurch werden 45 Gemeinden bessere Gesundheits-, Erziehungs- und Schutzdienstleistungen für alle Kinder erhalten. Despina Andrei dazu:



    Wir arbeiten mit Lehrern zusammen, sodass sie ihre Lehrmethoden verbessern, um die Kinder in den Vordergrund zu stellen — eine Erziehung, die auf den Schüler fokussiert ist. Wir führen Kurse für die Elternerziehung durch, Elternberatung, und wir gewähren den Schulen Zugang zu kleinen Geldsummen, damit wir die Kreativität fördern. Wir fördern die Jugendlichen, Projekte zu erarbeiten, sich untereinander zu beraten, um lokale Lösungen auf lokale Fragen zu finden.“




    Das Modell des Mindestdienstleistungspakets von der UNICEF für die Gemeinden im Landkreis Bacău sieht gleichzeitig eine starke Vorbeugungskomponente vor. Es handelt sich um die Notwendigkeit, in jeder Ortschaft mindestens einen Sozialarbeiter, einen gemeinschaftlichen Arztassistenten und einen Schulberater zur Verfügung zu stellen. Diese sollen in enger Zusammenarbeit die Bedürfnisse der empfindlichen Kinder und derer Familien erkennen. Abhängig davon sollen danach die Dienstleistungen gewährleistet werden. Das in Bacău laufende Projekt verfügt über ein Budget von 5,3 Millionen Euro und kann zum Vorbild für das ganze Land werden. Somit werden sich alle rumänischen Kinder des qualitativen und eingliedernden Erziehungspakets und des Mindestdienstleistungspakets erfreuen können.