Tag: soziale Unternehmen

  • Soziale Unternehmen in Rumänien: Gewinn und Profit sind nicht das A und O

    Soziale Unternehmen in Rumänien: Gewinn und Profit sind nicht das A und O

    Seit 10 Jahren erzählt DoR Geschichten online, in einem vierteljährlichen Magazin für narrativen Journalismus, in Podcasts, in den Social Media und auf der Bühne. Angefangen als Experiment, das nur einmal stattfinden sollte, entwickelte sich das Projekt DoR weiter, dank der finanziellen und emotionalen Unterstützung zahlreicher Rumänen aus dem In- und Ausland die die DoR-Zeitschrift kauften, DoR-Veranstaltungen besuchten und Produkte mit dem DoR-Logo kauften.



    Das Journalisten-Team Decât O Revistă“ (DoR) (dt. Blo‎ß eine Zeitschrift“) hat neulich den Lebens- und Arbeitsleitfaden für kreatives Unternehmertum 2019“ veröffentlicht. Die neueste Ausgabe des Leitfadens widmet sich dem Thema Soziales Unternehmertum, und enthält 20 Geschichten über Verbände, Stiftungen, Unternehmen, mobile Apps, Coworking Büros und Business Transformation.



    Die amerikanische Journalistin und Unternehmerin Jennifer Brandel war Ehrengast bei der Vorstellung des DoR-Lebens- und Arbeitsleitfadens für kreatives Unternehmertum 2019. Jennifer Brandel ist Geschäftsführerin und Mitbegründerin der Journalisten-Organisation Hearken. Sie ist Trägerin des Media Changemaker Prize des Center for Collaborative Journalism und 2018 wurde sie als eine von 30 weltverändernden Frauen in der bewussten Wirtschaft ausgezeichnet. Jennifer Brandel ist auch Mitgründerin von Zebras Unite — einer Community und Konferenz für Existenzgründer, die nach alternativen Wegen suchen, um faire Geschäfte aufzubauen.



    Infolge ihrer eigenen Erfahrungen mit unternehmerischen Modellen, die nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft entsprechen, erarbeitete Jennifer Brandel eine Alternative zum alten Unternehmensmuster, das sie als Einhorn“ bezeichnet. Das Einhorn ist das übliche Unternehmensmuster, das sich nach Werten wie Gewinn und Wettbewerb orientiert und den Markt monopolisiert. Das neue Unternehmensmodell vom Typ Zebra“ schlägt einen anderen Ansatz vor, der sich an menschlichen Faktoren orientiert und die sozialen Auswirkungen berücksichtigt, die ein Unternehmen in der Gesellschaft haben kann. Jennifer Brandel:



    In den letzten Jahren habe ich viel geschrieben — mit der Absicht, die Welt, die wir uns wünschen, klar darzustellen, und zwar mit den Unternehmen, die wir gerne hätten, einschlie‎ßlich unserer eigenen Unternehmen, um ein anderes Wertesystem zu haben. Die von uns gestalteten neuen Unternehmen nannten wir Unternehmen vom Typ »Zebra«. Im Gegensatz zu Einhörnern sind Zebras echte Tiere, die in der realen Welt leben und schwarz-wei‎ß-gestreift sind. Sie können sowohl gewinnorientiert als auch zweckorientiert sein. Zebras existieren durch Kooperation. Diese Tiere überleben in der Wildnis, indem sie zu einer Gruppe gehören, gut zusammenarbeiten und nicht versuchen, sich gegenseitig zu zerstören. Dieser Satz von Werten ist nicht entgegengesetzt, aber er ist doch anders. Anstatt ein exponentielles Wachstum zu verfolgen, sind Zebra-Unternehmen nachhaltig. Anstatt zu monopolisieren, geht es darum, eine Vielzahl von Unternehmen zu haben, die in der Lage sind, zusammenzuleben. Anstelle eines Spiels mit Gewinnern und Verlierern gibt es bei den Zebra-Unternehmen für jeden einen Gewinn. Es gibt Möglichkeiten der Zusammenarbeit, so dass jeder genug bekommt.“




    Die von Jennifer Brandel vorgeschlagenen Werte beleben auch die Geschichten in dem Lebens- und Arbeitsleitfaden für kreatives Unternehmertum 2019“, herausgegeben vom Journalisten-Team DoR (Decât o Revistă“, Blo‎ß eine Zeitschrift“). Die Auswirkungen auf die Gemeinschaft, das Vertrauen der Mitarbeiter eines Unternehmens, die Kundenzufriedenheit, aber auch die auf Ethik basierende Lieferkette und die gute Zusammenarbeit der Partner sind in diesen Geschäftsbeispielen am wichtigsten. Mehr dazu von Irina Tacu, Koordinatorin des Lebens- und Arbeitsleitfadens für kreatives Unternehmertum 2019:



    Wir waren daran interessiert, Menschen zu finden, die Unternehmen und Organisationen in verschiedenen Städten führen, aber auch Auswirkungen auf verschiedene Bereiche haben. Uns interessierte in erster Linie, wie das soziale Unternehmertum von den Menschen betrachtet wird, die das System kennen, weil sie in Organisationen arbeiten und die Sozialunternehmer unterstützen, wie Ashoka Romania, NESsT Foundation oder Social Innovation Solutions. Wir waren sehr daran interessiert, herauszufinden, was diese Menschen zu ihrem täglichen Kampf treibt, wie sie ihre Mission verstehen, mit einfachen Worten, warum sie morgens aus dem Bett kommen.“




    Die Ideen zum Unternehmertum im DoR-Leitfaden umfassen mehrere Tätigkeitsbereiche, einschlie‎ßlich des Bildungsbereiches. Die alternativen Erziehungsmethoden, die den emotionalen Bedürfnissen der Kinder entsprechen, waren die Grundlage für das Projekt Tzitzi-Poc“. Irina Tacu:



    Zu den Geschichten, die wir mit dem DoR-Team dokumentiert haben, gehört auch »Tzitzi-Poc«, ein Unternehmen, mit dem Mirona Păun versuchte, Emotionen in die Erziehung der Kinder zwischen 3 und 8 Jahren zu bringen. Zu diesem Zweck gestaltete sie eine interaktive Theatershow, an der die Kinder, die sich die Show ansehen, aktiv teilnehmen und mit der Geschichte der Figuren interagieren können. So können die Kinder bereits in jungen Jahren Emotionen wie Empathie, Freundschaft, oder sogar Angst besser verstehen.“




    Der Lebensmittelbereich ist auch ein wichtiges Thema, wenn es um soziales Unternehmertum geht. Die neuen landwirtschaftlichen Genossenschaften wollen die kleinen Unternehmergemeinschaften unterstützen und gleichzeitig frisches Obst und Gemüse auf den Tisch der Rumänen bringen. Und eine Konditorei bietet Arbeitsplätze für Frauen aus benachteiligten Familien. Irina Tacu dazu:



    Ich war in Apahida, einer Ortschaft aus dem Kreis Cluj (Klausenburg), bei der landwirtschaftlichen Genossenschaft Lunca Someşului. Dort lernte ich die Verkaufsleiterin Anca Marcu kennen. Ich habe verstanden, wie eine moderne landwirtschaftliche Genossenschaft funktioniert, wie sie vielen Bauern hilft, zusammenzukommen und zusammenzuarbeiten, um ihr Gemüse besser zu verkaufen, damit wir Gemüse direkt von den Landwirten essen können. Ein erfolgreiches Geschäft ist auch »Tort de Bezea« (dt. »Baiser-Torte«), die Konditorei der Unternehmerin Simona Crăciun. Simona hat sich vorgenommen, Gutes zu tun und Frauen aus benachteiligten Familien zu helfen, die in ihrer Konditorei arbeiten wollen. Nach drei Jahren Geschäftstätigkeit versucht Simona nun, strukturierte Wege zu finden, um ihren Mitarbeiterinnen ein besseres Leben zu ermöglichen.“




    Was die Architektur betrifft, so bietet der DoR-Leitfaden wahre Geschichten von Menschen, die ihren Mitmenschen helfen. Irina Tacu:



    In dem Verband ArhiPera habe ich eine wunderbare Geschichte über eine Gruppe von Architekten entdeckt, die das praktizieren, was man partizipative Architektur nennt. Sie helfen Familien aus benachteiligten Gemeinden in mehreren Regionen Rumäniens, eigene Häuser zu bauen. Mit der Beteiligung der jeweiligen Familien planen und bauen die Architekten diese Häuser. Noch ein Beispiel: FABER ist eine aufstrebende Initiative aus Timişoara (Temeswar), wo 13 Menschen aus der Kreativwirtschaft sich zusammengeschlossen haben, um ein historisches Gebäude in der Stadt zu sanieren. In dem sanierten Gebäude werden ein Hub (Drehscheibe) für Kreative, ein Bistro und ein Veranstaltungsraum funktionieren. Die FABER-Mitglieder wollen die kreative Gemeinschaft der Stadt Timişoara für eine bessere Zusammenarbeit zusammenbringen.“




    Weitere Geschichten über soziales Unternehmertum, Ideen für soziale Unternehmer, die sich am Anfang befinden, Gedanken darüber, was eine wirkungsvolle Zukunft bedeutet, aber auch Informationen über die Creative Minds Academy, findet man im Lebens- und Arbeitsleitfaden für kreatives Unternehmertum 2019“, vorgeschlagen vom Journalistenteam DoR (Decât o Revistă“, Blo‎ß eine Zeitschrift“). Interessierte können den Leitfaden auf der Website www.dor.ro einsehen.

  • EU fördert soziale Unternehmen in Rumänien

    EU fördert soziale Unternehmen in Rumänien

    Sozialunternehmen werden seit mehreren Jahren in der EU unterstützt. Diese Art von Unternehmen möchten soziale Probleme mit unternehmerischen Konzepten lösen. Auch in Rumänien haben sich Sozialunternehmen entwickelt und seit Mitte letzten Jahres gibt es auch ein Gesetz der sozialen Marktwirtschaft. Viele dieser Projekte werden am Anfang mittels EU-Fonds finanziert. Damit ihre Ideen dem breiten Publikum bekannt werden, hat die Vertretung der EU-Kommission in Bukarest ihnen dieses Jahr die Werbekampagne Yes, we care“ gewidmet. Die Kampagne findet alle 3 Jahre statt. 2016 unternahmen mehrere EU-Botschafter mit EU-Geldern finanzierte soziale Projekte. Monica Loloiu von der Vertretung der EU-Kommission in Bukarest über das Thema der diesjährigen Werbekampagne Yes, we care“:



    Rumänien beginnt nachzuholen. Die Tatsache, dass es ein Gesetz der sozialen Marktwirtschaft gibt, das vor kurzem vom Parlament gebilligt wurde, ist ein wichtiger Schritt. Es gibt schon Organisationen und Unternehmen, die Projekte implementieren, die der sozialen Marktwirtschaft zuzuordnen sind. Das bedeutet, dass in Rumänien manche informierte Menschen wissen, dass sie durch Projekte etwas bewegen können. Was bedeutet überhaupt ‚soziale Marktwirtschaft‘? Der Entwurf eines Projekts, das soziale Ungleichheiten ebnet oder benachteiligte Personen in den Arbeitsmarkt integriert.“




    Das geschah dank des Projekts MamaPan“, einer Bäckerei, in der das Brot nach allen traditionellen Rezepten zubereitet wird, ohne Zusatzstoffe, Konservierungsstoffe oder Industrie-Hefe. Das Sozialunternehmen wurde durch EU-Fonds finanziert und wurde eröffnet, um insbesondere alleinerziehenden Müttern zu helfen. Irina Sorescu, Managerin dieses kleinen Geschäfts, erläutert:



    Das Projekt fing im November 2014 an, als wir die Finanzierung bekommen haben. Die Idee entwickelte sich Im Rahmen der Stiftung »Partnerschaft für Gleichheit«. Das ist die Stiftung, die die Bäckerei »MamaPan« eröffnet hat und die den verwundbaren Frauen gewidmet ist. Nachdem wir Kontakt zu diesen Frauen aufnahmen, haben wir erkannt, dass ihr grö‎ßtes Bedürfnis ein stabiler Arbeitsplatz ist. Unter den verwundbaren Gruppen haben wir die alleinerziehenden Mütter als am meisten gefährdet erkannt. Für mehrere Arten von Arbeitsgebern stellen sie nicht erwünschte Angestellte dar. Grund dafür ist ihre Verantwortung in der Familie und dass sie nicht jederzeit verfügbar sind.“




    Auch wenn der Brotmarkt in Bukarest gro‎ß und der Wettbewerb hart ist, hatte das soziale Unternehmen MamaPan“ Erfolg. Den Kunden gefiel nicht nur das Brot, sondern auch die Idee, den sechs alleinerziehenden Müttern, die dort angestellt sind, zu helfen. Irina Sorescu berichtet weiter:



    Wir sind eine Organisation mit viel Erfahrung in der Verwaltung der Projekte mit EU-Finanzierung und hatten keine Probleme, das Projekt zu erstellen, insbesondere da wir eine klare Idee hatten. Es gab Probleme in der Abwicklung des Projekts, insbesondere Verzögerungen bei den Zahlungen und andere bürokratische Förderungen. Andererseits hätten wir wahrscheinlich nicht die Möglichkeit gehabt, das Projekt ohne diese anfängliche Hilfe zu starten. Schwer war es nach dem Ablauf des Projekts, in dem Moment, in dem wir wie ein jedwedes andere Geschäft zurechtkommen mussten, ohne jedwede externe Hilfe. Umso mehr, da wir unseren Angestellten viel mehr als ein normales Geschäft anbieten. Es ist ziemlich schwer, in Bukarest Vertrieb zu machen, da gibt es viel Wettbewerb. Generell ist es sehr schwierig, auf dem Markt zu überleben und ein nachhaltiges soziales Unternehmen aufzubauen.“




    Als nachhaltig erwies sich auch ein anderes soziales Unternehmen, das auf die Wiederbelebung von Traditionen beruht: ClayPlay. Alles startete in diesem Fall mit der Leidenschaft der Projekt-Initiatorin, Gabriela Hobeanu, für Keramik:



    Es ist ein mit EU-Fonds finanziertes Projekt. Ich habe eine Finanzierung von 25.000 Euro bekommen und das hat mir sehr viel beim Kauf aller notwendigen Ausstattungen geholfen. Von Anfang an hatte ich zwei Vollzeit-Angestellte. Eine der Projekt-Auflagen war, dass mindestens ein Angestellter über 30 Jahre alt sein muss. Ansonsten arbeiten wir mit Studenten zusammen, mit nichtqualifizierten Personen, die aber geschickt und leidenschaftlich sind. ClayPlay ist eine Kombination zwischen Keramik-Produktion und der Organisierung von Workshops für Ton-Modellierung. Es ist ein schönes Handwerk. Ich bemerke, dass immer mehr Personen, die zu den Workshops kommen, froh sind, so etwas in Bukarest zu finden. Es ist etwas Schönes, es entspannt, es ist wie eine Therapie. Wie im Falle aller kreativen Branchen ist es ein unglaubliches Gefühl, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen.“




    Im Rahmen der Werbekampagne Yes, we care“ wurden die rumänischen Sozialunternehmen, die EU-Finanzierung bekommen haben, den EU-Botschaftern in Bukarest als Erfolgsgeschichten vorgestellt.



    Deutsch von Alex Grigorescu