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  • Streetart trifft Studiokunst: Kunstlehrer verschönert Brücke mit Gemäldetafeln

    Streetart trifft Studiokunst: Kunstlehrer verschönert Brücke mit Gemäldetafeln

    Es gibt eine Brücke über den Fluss Olănești (einem Nebenfluss des Olt/dt. Alt im Landkreis Vâlcea), die an einer bestimmten Stelle mit Plexiglasplatten ausgekleidet war. Allerdings widerspiegelte sich das Licht in den Paneelen, wodurch optische Täuschungen entstanden und Unfälle in der Gegend verursacht wurden. Sogar Tauben wurden verwirrt und stürzten in sie hinein. Die örtlichen Behörden kamen zur Rettung mit einer gro‎ßartigen Idee: Sie lie‎ßen die Platten lackieren. Das Ergebnis war eine Leistung, die dem Guinness-Buch der Rekorde würdig ist. Adrian Ionuț Luță bemalte alte Gebäude in der Stadt Râmnicu Vâlcea mit Szenen, die das ländliche und städtische Leben der Menschen von einst darstellen. Diese sind derzeit auf den 58 Tafeln zu sehen, die die Stra‎ße in der Nähe der Strandpromenade der Gemeinde säumen.



    Adrian Ionuț Luță unterrichtet bildende Kunst im Kinderpalast von Râmnicu Vâlcea. Er erzählte uns, wie das Projekt entstanden ist:



    Die Stadtverwaltung trat an mich mit der Bitte heran, ein Gemälde zu malen, um die Gegend zu verschönern. Allerdings sollte es auch eine praktische Seite haben — nämlich die Unfälle in der Gegend zu reduzieren und zu verhindern. Und die Tauben sollten auch nicht mehr gegen die Tafeln prallen. Au‎ßerdem wollte die Stadtverwaltung dadurch die Geschichte unserer Stadt fördern. Ich dachte, es wäre eine gute Idee, Bilder von allen Denkmälern in der Stadt darzustellen. Es gibt insgesamt 58 Tafeln, mit einer Fläche von über 300 qm. Jede Tafel ist 2 m hoch und 4 m breit. Dies ist das einzige Ölgemälde auf Plexiglas. Bisher hat noch niemand versucht, auf solchen Tafeln zu malen, weil die Gefahr der Abblätterung und des schnellen Verfalls besteht. Ich verwendete aber sehr haltbare Farben, die 50 Jahre lang halten.“



    Überzeugt von der Dauerhaftigkeit des Werkes, wählte Adrian Ionuț Luță als Thema historische Gebäude und Denkmäler, die sich nicht mehr in der Stadt befinden:



    In kurzer Zeit wird dieses Werk anerkannt werden; eigentlich sollte es schon vor anderthalb Jahren sein, aber die Pandemie hat das unmöglich gemacht. Es gibt Denkmäler wie das Anton-Pann-Haus, ein städtebauliches Denkmal aus dem 18. Jahrhundert, ein Bezirksmuseum, das die Gedenkausstellung für Anton Pann beherbergt, einen in Bulgarien geborenen Schriftsteller, der 1854 in Bukarest starb. Wir haben auch die Statue des Herrschers Mircea des Älteren auf dem Stadtplatz, ein sehr altes Theater, das nicht mehr existiert, das alte Postgebäude, das Rathaus und die Statue von Alexandru Lahovari. Da ich im Kinderpalast Kunst unterrichte, war ich gegen Mittag mit dem Unterricht fertig. Ich malte die Tafeln am Nachmittag, bis gegen 22 oder 23 Uhr abends. Ich malte sogar in der bitteren Kälte, manchmal bei bis zu minus 10 Grad Celsius. Ich hatte Handschuhe an und dicke Kleidung, aber ich tat es aus Leidenschaft. Auch meine Schüler aus dem Kinderpalast halfen mit. Ich hatte eine Deadline für das Projekt, die ich auch einhalten musste. Ich habe die Deadline eingehalten, auch wenn das Wetter schlecht war, aber ich habe mein Bestes gegeben, um sie einzuhalten.“



    Die Anwohner, die die Carol-Brücke nutzen, freuen sich über die Veränderung und halten sie für eine gute Idee. Das bestätigte auch der Künstler selbst:



    Die meisten Menschen in der Stadt sind mit den verschönerten Tafeln zufrieden. Das Kunstwerk ist einzigartig auf der Welt. Ich habe versucht, ein Freilichtmuseum zu schaffen. Ich habe beim Malen Botschaften auf den Tafeln eingefügt, ich habe jeder von ihnen einen Namen gegeben und die Orte genannt, an denen die Denkmäler stehen oder einst standen. Diese Tafeln haben auch phosphoreszierende Farben, so dass sie nachts hervorstechen und etwas Licht in die Gegend bringen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich dieses Projekt geliebt habe. Ich habe viel Herzblut hineingesteckt, weil ich liebe, was ich tue. Ich habe versucht, eine Art Symbiose zwischen Street Art und Studiokunst zu erreichen. Street Art verwendet Graffiti, im Atelier arbeitet man mit Ölfarben. Ich habe Ölfarben mit Street Art kombiniert und ein Freilichtmuseum mit einem Bildungsthema entstehen lassen.“



    Adrian Ionuț Luță erzählte uns, dass er jeden Tag auf der Brücke spazieren geht, um die Gemälde zu begutachten und eventuelle Schäden zu reparieren. Seine Gemälde sind manchmal zerkratzt oder teilweise mit Graffiti bedeckt — das kommt ab und zu mal vor. Der Künstler wartet sehnsüchtig darauf, dass dieses Projekt in das Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen wird.



    Audiobeitrag hören:



  • Spazieren einmal anders: Stadtrundgang auf den Spuren von Streetart

    Spazieren einmal anders: Stadtrundgang auf den Spuren von Streetart

    Streetart ist immer häufiger auch in den Städten Rumäniens zu erblicken. Obwohl sie sichtbar sein sollte, nehmen sie die Passanten kaum wahr. Demnach entstanden mehrere Initiativen zur Förderung der Stra‎ßenkunst — unter anderem durch Spaziergänge. Und eben eine derartig bunte Initiative wollen wir heute in den Vordergrund bringen.



    Valentin Dobrin organisiert in der Regel solche alternative Stadtrundgänge. Er kam auf die Idee nach einem Kurzaufenthalt in Berlin 2018, erzählte er uns. Berlin sei nämlich ein Hot Spot der Stra‎ßenkunst in Europa und weltweit.



    Ich beteiligte mich dort an einem solchen alternativen Stadtrundgang und hatte gro‎ßen Spa‎ß. Als ich nach Bukarest zurückkehrte, erkundigte ich mich, ob wir auch so etwas anbieten würden. Ich wusste, dass sich die Stra‎ßenkunst in den letzten Jahren weiterentwickelt hatte, ich sah vielerorts Wandmalereien. Ich fand heraus, dass den Touristen zwei alternative Stadtrundgänge angeboten wurden. Daher kam ich auf den Gedanken, einen Stadtrundgang zu organisieren, der sich allerdings vielmehr an die Stadteinwohner richtete. Das war der Ausgangspunkt.“




    Als eingeborene Bukaresterin fing ich an, mich zu fragen, ob ich wirklich wusste, was für Schätze meine Heimatstadt verbarg. Und ob meine Mitbewohner eine Ahnung davon hatten. Ich hätte Recht, Zweifel diesbezüglich zu haben, sagte Valentin Dumitru. Die Leute würden im Vorbeigehen nur wenig von der Umgebung wahrnehmen.



    Die meisten Leute, die an meinem Stadtrundgang teilnehmen, kennen vermutlich zwei bis drei Wandmalereien. Sie kennen einige lokale Künstler, kennen sich mit Stra‎ßenkunst ein bisschen aus. Doch die meisten zeigen sich überrascht von dem, was ich ihnen zeige. Sie seien so oft an den Stellen vorbeigefahren oder gegangen und hätten dennoch die Kunstwerke nicht gesehen. Sie hätten keine Ahnung gehabt, dass hinter einem bestimmten Wohngebäude so eine Schönheit stecke. Der Stadtrundgang findet in der Innenstadt statt. Er beginnt am Revolutionsplatz (Piaţa Revoluţiei). Wir gehen dann die Calea Victoriei (Siegesszta‎ße) hinunter, spazieren quer durch den Cişmigiu-Park und gehen weiter in Richtung Calea Griviţei. Von dort kehren wir zurück in die Innenstadt, zum Römerplatz (Piaţa Romană). Der Stadtrundgang dauert etwa 3,5 Stunden.“




    Die Familie der Stra‎ßenkünstler habe sich ständig erweitert, so unser Gesprächspartner, der noch Folgendes hinzufügte:



    Die Künstler kommen aus verschiedenen Milieus. Die Kids und Jugendlichen, die früher Wände mit Graffiti besprühten, sind zu den heutigen Street-Artists gewachsen. Der Übergang von Graffiti-Malerei zu Stra‎ßenkunst erfolgt ganz natürlich. Oder Buch-Illustratoren und Comics-Designer entwickeln sich weiter zu Stra‎ßenkünstlern. Die Gemeinschaft der Stra‎ßenkünstler ist in den letzten Jahren konstant gewachsen. Es ist ein organisches Wachstum und es fühlt sich gut an. Stra‎ßenkunst bedeutet allerdings nicht nur Wandmalerei. Die Kreativität kennt in dieser Hinsicht kaum Grenzen — die Künstler können entweder Sticker oder Abziehbilder auf verschiedenen Oberflächen ankleben oder es kann sein, dass sie zu Hause eine Zeichnung fertig stellen und sie danach an irgendeiner Stelle in der Stra‎ße aufkleben. Und es gibt noch viele andere Möglichkeiten.“




    Die Stra‎ßenkunst befindet sich an der Grenze zwischen legal und illegal. Für die gro‎ßen Stra‎ßenkunstwerke werden nämlich fast immer Genehmigungen beantragt. Kleinere Werke umgehen jedoch meistens die Bürokratie dahinter. Wir erkundigten uns bei Valentin Dobrin, ob ein gemeinsamer Nenner der Stra‎ßenkunstwerke bislang erkannt wurde:



    Die angesprochenen Themen sind sehr vielfältig — es können politische oder soziale Themen sein. Viele angesprochene Motive hängen mit der persönlichen Lebenserfahrung des Künstlers zusammen. Stra‎ßenkunst nimmt zahlreiche Formen an: Graffiti, Wandmalerei, Sticker und Paste-Ups. Manche Künstler schöpfen sogar Keramikfiguren, die sie an verschiedenen eher verborgenen Stellen in der Stadt aufkleben. Diese Stellen muss man kennen, ansonsten sind sie schwer aufzuspüren. Darüber hinaus stellt sich konstant die Frage, ob ein Stra‎ßenkunstwerk Kunst oder Vandalismus sei. Viele Beobachter sind konfus diesbezüglich. Die Leute kennen nicht den Unterschied zwischen Graffiti und Stra‎ßenkunst. Also versuche ich, auch dieses Dilemma aufzuklären. Graffiti ist lediglich eine Schrift oder eine Zeichnung auf einer Wand, die zu Werbungszwecken gemalt wurde. Der einzige Zweck des Autors ist, seinen Namen auf der Wand zu sehen. Für ihn ist wichtig, dass auch andere seinen Namen wahrnehmen. Stra‎ßenkunst unterscheidet sich von Graffiti dadurch, dass sie immer auch eine Botschaft birgt. Je nachdem, wer sich das Kunstwerk anschaut, löst es verschiedene Reaktionen im Zuschauer aus. Stra‎ßenkunst besitzt eben diese Fähigkeit — eine Reaktion beim Publikum auszulösen.“




    Und weil wir uns alle wünschen, schöne Stadtviertel kennenzulernen und gerne Geheimtipps annehmen, schickte Valentin Dobrin eine Einladung hinaus:



    Falls es keine neuen Bewegungseinschränkungen [wegen der Pandemie] gibt, finden die Stadtrundgänge jeden Sonntag um 11 Uhr statt. Der Treffpunkt ist am Revolutionsplatz. Mehr Einzelheiten dazu können unter www. alternative-bucharest.com erfahren werden. Die Spaziergänge dauern, solange das schöne Wetter anhält.“