Tag: Tarnava

  • Müllerei einmal anders: die Wassermühlen von anno dazumal

    Müllerei einmal anders: die Wassermühlen von anno dazumal

    Vor 100 Jahren gab es allein im oberen Becken des Mureş-Flusses (dt. Mieresch) 367 traditionelle hydraulische Anlagen, von denen heute nur noch drei übrig sind. Diese sind Teil der Museumssammlungen in Reghin (Sächsisch Regen) und Sibiu (Hermannstadt). Der wissenschaftliche Forscher Dorel Marc von der Abteilung für Ethnographie und Volkskunst des Kreismuseums Mureş hat nicht nur Mühlen, sondern auch viele andere von den Bauern hergestellte Geräte gefunden. Er sammelte sie in einer Studie mit dem Titel Die traditionelle technische Zivilisation und die bäuerlichen Industrien. Hydraulische Anlagen im Gebiet Mureş in der Mitte des 20. Jahrhunderts“. Die Rolle des Müllers im Leben des Dorfes wird in der Studie detailliert beschrieben. Dorel Marc erzählte uns mehr darüber:



    Dieses Handwerk, das mit der Zeit zu einer echten Volksindustrie wurde, ist heute nur noch in den gro‎ßen Freilichtmuseen in Rumänien zu finden, wie dem Astra-Museum in Sibiu, dem Dimitrie-Gusti-Museum in Bukarest und dem Museum in Sighetu Marmaţiei. Diese Werkzeuge sind noch in der Erinnerung unserer Gro‎ßeltern, als höchst geniale technische Geräte. Sie können zeitgenössischen Ingenieuren immer noch als Inspirationsquelle dienen.“



    Zuerst waren es die kleinen Handmühlen; danach, als die Nutzung der Wasserkraft wichtiger wurde, erfuhren diese Mühlen im Mittelalter eine starke Entwicklung — zuerst in den Haushalten der Bojaren (Adeligen). Mit der Zeit erwarben auch die Bauern das Recht, Mühlen in ihren eigenen Haushalten zu bauen. Im Forschungsgebiet, also im Mureş-Gebiet, aber auch auf dem Târnava-Fluss (dt. Kokeltal), fand Dorel Marc eine Reihe von Besonderheiten:



    Im Jahr 1956, als der Wasserrat eine Bestandsaufnahme der noch funktionierenden Mühlen machte, gab es in diesem Gebiet rund 400 Mühlen, davon 236 mit einem hydraulischen Rad, 55 mit zwei Rädern und fünf mit 3 Rädern. Aber jenseits dieser Statistiken müssen wir die Müllerei als ein Phänomen nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in sozialer Hinsicht sehen. Denn die Rolle des Müllers war sehr wichtig in der ländlichen Gemeinschaft der Vergangenheit. Viele Haushalte wurden zu Zentren traditioneller technischer Anlagen, in dem Sinne, dass dieselbe Rinne, die das Wasser zum Mühlrad brachte, auch dazu diente, den Mechanismus der Werkzeuge zu aktivieren, mit denen das für den Bau benötigte Holz eingeschlagen wurde. Auch Wassermörser und Ölpressen waren im Gesamtmechanismus eingefangen, je nachdem, wie komplex das ganze Gebilde war. Zusätzlich zu der Tatsache, dass die Mühle Brot und Polenta für die Familie lieferte, diente dieses komplexe System von Installationen also dem gesamten Haushalt.“



    Der Mahlmechanismus bestand aus zwei Mühlsteinen, einem festen und einem beweglichen, wobei der letztere die Aufgabe hatte, sich zu drehen und die Körner zu zerkleinern. Mit der gleichen Mühle wurden mit Hilfe einer Trennschleuder Weizen und Mais gemahlen, denn mit Hilfe dieser Einrichtung oder der Schraube wurde der bewegliche Stein vom festen Stein angehoben und gab je nach Höhe die gewünschte Körnung. Die Kraft des Wassers, die das gro‎ße hölzerne Rad von au‎ßen anschob, wurde auf den Mechanismus übertragen, der den beweglichen Stein mit Hilfe von gro‎ßen Riemen, anfangs aus Leder und später aus Gummi, auf die gewünschte Position brachte.



    Traurig war das Schicksal der Müllerfamilien in der Zeit des Kommunismus, denn mittelständische und wohlhabende Bauern wurden in Zeiten der Zwangskollektivierung generell als Ausbeuter“ gebrandmarkt, enteignet und politisch verfolgt. Ihren Kindern wurde der Zugang zum Universitätsstudium verweigert. So wurde die Tradition zu einer überlieferten Geschichte. Dorel Marc plant, seine Forschungen in Zukunft auch auf andere Landkreise und Regionen auszuweiten:



    Es wäre gut, wenn diese Forschung fortgesetzt wird sie und dadurch hilft, das Schicksal dieser Müller zu beleuchten, die wichtige Wirtschaftsakteure in ihrer jeweiligen Gemeinschaft und über ganz Rumänien verteilt waren — nicht allein in Siebenbürgen, sondern auch in der Walachei, der Moldau und im Banat — kurzum überall, wo es wichtige Flüsse und Hydraulik-Kenntnisse gab.“



    Der Forscher möchte die traditionellen Bauerntechniken ferner zu einer echten Attraktion für Touristen werden lassen.



    Es wäre schön, wenn die Touristen sehen könnten, wie Weizenmehl und Maismehl mit den traditionellen Mühlen gewonnen wurden, wie die Samen zerkleinert wurden, um Öl zu gewinnen, wie die Wolle nur mit Hilfe dieser Zentrifugalkraft gewaschen wurde, ohne Waschmittel, ohne die Umwelt zu verschmutzen. Wer wei‎ß? Vielleicht werden die Ethnologen in Zukunft mehr in Wiederbelebung einiger traditioneller Handwerke eingebunden, denn es gibt solche Initiativen von Menschen, die noch an Traditionen festhalten und einige Handwerke wiederbeleben wollen. Es ist gut, sich vor Augen zu halten, dass dies nach wissenschaftlichen Kriterien geschehen sollte, um ihre Authentizität zu bewahren.“



    Im Laufe der Zeit haben sich Mühlen und Müllerei verändert, so dass nach 1990 in einigen ländlichen Ortschaften mechanisierte, elektrische Mühlen zum Einsatz kamen, vor allem in landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Aber so wie das selbstgebackene Brot in der modernen Welt immer seltener wird, nutzen die dörflichen Haushalte die Mühlen immer weniger zum Mahlen von Mehl oder Getreide und mehr zum Füttern der Nutztiere.

  • Harbach-Hochland durch umweltfreundliche Projekte gefördert

    Harbach-Hochland durch umweltfreundliche Projekte gefördert

    Das Harbach-Hochland (rumänisch Podișul Hârtibaciului) ist ein Hügelland im Süden des Siebenbürgischen Beckens in der Mitte Rumäniens. Es ist benannt nach dem Fluss Harbach (rum. Hârtibaciu), entspricht im Wesentlichen dessen Einzugsgebiet und nimmt eine Fläche von ca. 2500 km² ein. Begrenzt wird das Hochland im Norden vom Kokel-Hochland (Podișul Târnavelor), im Osten und Süden vom Tal des Flusses Alt (Olt), im Westen vom Tal der Vişa (Wei‎ßbach) und dem Zekesch-Hochland (Podişul Secaşelor). Die sanft gewellte Landschaft liegt — bei recht geringen Höhenunterschieden — in einer Seehöhe von ca. 400 bis 700 m. Während im Norden Laubwälder dominieren, ist der südliche Teil durch gro‎ße Weideflächen geprägt.



    Seit Oktober 2007 ist nahezu das gesamte Harbach-Hochland Teil des europäischen NATURA–2000–Schutzgebietnetzes entsprechend der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten als sogenanntes SPA-Gebiet. Der nördliche Teil fällt als sogenanntes SCI-Gebiet unter die Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie). In dieser Region befinden sich 7 Naturschutzgebiete, die zum europäischen NATURA–2000–Schutzgebietnetz gehören, und noch 3 Naturschutzgebiete vom nationalen Interesse. Diese Region verfügt über eine hohe Biodiversität und eine starke kulturelle Identität. In der mehr als 270.000 Hektar gro‎ßen Region leben etwa 90.000 Einwohner in 44 Gemeinden, die über mehrere bewaldete Hügel verstreut sind. Der grö‎ßte Teil des Harbach-Hochlands lag im Mittelalter auf Königsboden und war überwiegend von deutschen Siedlern bewohnt. Seit der Auswanderung nahezu aller Deutschen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stellen die Rumänen die Mehrheit. Des Weiteren lebt hier eine grö‎ßere Zahl Roma. Von zahlenmä‎ßig geringerer Bedeutung sind Ungarn.



    Im Zeitraum 2011–2015 erarbeitete der rumänische Zweig des WWF-International Donau-Karpaten-Programmes den für die Verwaltung des Gebietes nötigen Management-Plan. WWF Rumänien hat im Rahmen eines umfassenden Projekts alle soziale, wirtschaftliche und kulturelle Werte aufgelistet, die in dieser Zone aufbewahrt werden sollten. In der gesamten Region fanden öffentliche Debatten über den integrierten Managementplan statt, der anschlie‎ßend dem rumänischen Umweltministerium zur Annahme vorgelegt wurde. Weitere Details bringt die Projektmanagerin, Florentina Florescu:



    Alle Werte, die wir aufgelistet haben, waren uns bereits seit 2007-2008 als potentielle Werte der Region bekannt. Von 2011 bis 2014 haben wir eine detaillierte Bestandaufnahme der Biodiversität erstellt — wir haben zum Beispiel schöne, dichte Wälder entdeckt. Es handelt sich um Teile der berühmten Eichenwälder, die sich früher über breite Zonen Rumäniens erstreckten, und in dieser Region entlang der Flüsse Gro‎ße Kokel und Kleine Kokel noch sehr gut vertreten sind. In diesen Eichenwäldern leben Bären und Wölfe, und die Weideflächen sind reich an Pflanzenarten und wirbellosen Tieren. Was die Kulturwerte angeht, so belegen Funde aus der Jungstein-, Bronze- und Römerzeit eine frühe Besiedlung. In der Gegend um den Harbachtal siedelten sich dann unter dem ungarischen König Géza II. (1142–1162) die ersten Theutonici (Deutsche) an. Das Harbach-Hochland ist von den vielen dort gelegenen Kirchenburgen geprägt. In unserer Region befinden sich vier Kirchenburgen, die auf der UNESCO-Denkmalliste stehen. Und in unseren Dörfern werden die Volkstraditionen gut aufbewahrt und gepflegt.“




    Ein gro‎ßer Wunsch der Projektleiterin Forentina Florescu ist, dass das Harbach-Hochland, das auch als die Hügellandschaft Transsilvaniens bekannt ist, zukünftig ein Reiseziel für Ökotourismus wird:



    Neben diesem Managementplan, der auch die Aufbewahrung und die Verwaltung der Naturschätze einschlie‎ßt, starteten wir auch ein Projekt zur Entwicklung des Öko-Tourismus in unserer Region. Wir haben das Markenzeichen »Hügellandschaft Transsilvaniens« geschaffen und im Rahmen unseres Projekts haben wir mehr als 300 Km Reiserouten und Wanderwege markiert. Demnächst werden wir eine Internetseite mit spezifischen touristischen Angeboten der Region erstellen. Ich lade alle Öko-Touristen ein, die Hügellandschaft Transsilvaniens zu besuchen — es ist eine friedvolle, ausgewogene Region, reich an Natur- und Kulturschätzen, die wir pflegen sollten. Ein Aufenthalt in der Hügellandschaft Transsilvaniens ist besonders angenehm und voller positiver Energie. Neben dem Projekt zur Pflege und Aufbewahrung der Naturschätze führen wir auch ein Projekt zur Entwicklung der lokalen Gemeinden durch. Wir arbeiten mit ausgesuchten Handwerkern der Region zusammen und wir untersützen sie, indem wir ihnen helfen, einen Geschäftsplan zu erstellen, sich auf dem Markt zu plazieren, an Handwerkermessen teilzunehmen, ihre spezifische Produkte unter Markenzeichen einzutragen.“




    An diesem Projekt beteiligen sich neben WWF Rumänien auch die Stiftung Mihai Eminescu Trust, die Stiftung Adept, Ecotur Sibiu, der Verband Mioritics, und der Verband Milvus.