Tag: Tripolje

  • NeoNlitic: neolithische Kulturen Südosteuropas im Geschichtsmuseum ausgestellt

    NeoNlitic: neolithische Kulturen Südosteuropas im Geschichtsmuseum ausgestellt

    Im Geschichtsmuseum in Bukarest findet zum zweiten Mal die Ausstellung NeoNlitic“ statt. Der bildende Künstler Daniel Loagăr von der Kulturstiftung Wood Be Nice“, die die Ausstellung organisiert, erläutert das Konzept:



    Die Idee beruht auf einer persönlichen Erkundung: Ich habe gelesen, dass bei Picasso der Wendepunkt zum Kubismus eine Ausstellung afrikanischer und iberischer Masken war. So bin ich auf die Idee gekommen, Inspirationsquellen in der rumänischen Geschichte zu finden und sie in die Aufmerksamkeit des Publikums zu bringen. So haben wir die Jungsteinzeit und ihre Kultur entdeckt, die weit in die Geschichte zurückgeht. Wir haben diese Periode und ihre Kultur auf dem Balkan näher betrachtet, denn man wei‎ß viel über die Cucuteni-Kultur, die Hamangia-Kultur und den sogenannten Denker von Hamangia, aber das ist schon ziemlich alles. »NeoNlitic« findet bereits zum zweiten Mal statt und ist dieses Jahr auch über die Grenzen des Landes gegangen. Die erste Ausgabe fand in Rumänien mit einheimischen Künstlern statt und erkundete die Kulturen Hamangia und Cucuteni als Inspirationsquelle, dieses Jahr brachten wir die Cucuteni-Kultur in der Ukraine in den Vordergrund, dort gibt es die Tripolje-Kultur, die als Pendant der Cucuteni-Kultur angesehen wird, sowie die Warna-Kultur in Bulgarien. Warum wir das Neolithikum als Inspirationsquelle auswählten? Weil wir der Ansicht sind, das diese Zeit dem Beginn des modernen Menschen und sogar der Kunst in der Welt gleichkommt.“




    Die auf das Neolithikum zurückzuführende Cucuteni-Kultur weist auf eine der ältesten Zivilisationen in Europa hin. Das Dorf Cucuteni, von dem der Name der Kultur abgeleitet wurde, liegt im nordöstlich gelegenen Landeskreis Iaşi. 1884 wurden hier die ersten Funde aus der genannten Zeit ausgegraben. Die dort lebenden Menschen wurden demnach verallgemeinernd Cucuteni-Siedler“ (rum. cucutenieni“) genannt. Siedlungsreste wurden auf das heutige Gebiet Rumäniens, im Norden der Republik Moldau und in der Ukraine entdeckt. Repräsentativ für die Cucuteni-Kultur ist die hochwertige Keramik. Die Hamangia-Kultur ist nach der Fundstätte Baia-Hamangia im rumänischen Donaumündungsgebiet benannt. Sie ist auf das 4.-2. Jahrtausend v. Chr. zurückzuführen und entwickelte sich später auch in Bulgarien. Über die ausländischen Künstler, die sich an der Ausstellung beteiligten, haben wir Einzelheiten vom bildenden Künstler Andrei Cornea, ebenfalls Organisator des Projektes erhalten:



    Dieses Jahr haben sich an der Ausstellung 16 Künstler aus Bulgarien, Rumänien und aus der Ukraine beteiligt, ausgestellt werden Werke gemischter Medien. Skulptur, Video-Mapping, Malerei, Linoschnitt. Die Künstler haben sich über unsere Einladung gefreut. Dieses Jahr haben wir eine wandernde Ausstellung organisiert, wir begannen in Bulgarien Anfang Oktober, dann Czernowitz, in der Ukraine, und am Ende in Rumänien, im Gesichtsmuseum in Bukarest, vom 14. bis 28. Oktober.“




    Auch die Gumelniţa-Kultur war in der Ausstellung als Inspirationsquelle für moderne Kunstwerke vertreten. Die Gumelniţa-Kultur ist eine kupferzeitliche Kultur, die zwischen 4600 und 4250 v. Chr. Ihre Blütezeit hatte. Die Gumelniţa-Kultur folgt in der Walachei der Boian-Kultur, in der Dobrudscha der Hamangia-Kultur, erstreckt sich im Osten in das südliche Bessarabien und in Ost-Bulgarien bis zum Balkangebirge. Die Gumelniţa-Kultur erhielt ihren Namen nach den ersten Funden in der Umgebung des Gumelniţa-Massivs. Sie wurde durch den rumänischen Archäologen Vasile Pârvan im Jahr 1922 bekannt gemacht.



    Zum Schluss haben wir Daniel Loagăr gefragt, wie die Planung eines solchen Projektes in Corona-Zeiten erfolgte:



    Die zweite Ausgabe haben wir vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie geplant, sie fand trotzdem, mit der strikter Einhaltung der coronabedingten Ma‎ßnahmen, statt, und ich kann sagen, dass das ganze Projekt deswegen nicht reibungslos verlaufen ist. Wir wollten das Projekt ursprünglich im Monat Juni oder Juli zu Ende bringen, aber die Quarantäne hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir mussten zudem mit Künstlern aus drei Ländern kommunizieren, zwei dieser Völker nutzen das kyrillische Alphabet, und deswegen war auch die Kommunikation schwierig, aber wir sind mit dem Endergebnis zufrieden, und dasselbe haben wir beim Publikum in allen drei Ländern festgestellt.“

  • Kunst im Neolithikum: Die Cucuteni-Tripolje-Kultur

    Kunst im Neolithikum: Die Cucuteni-Tripolje-Kultur

    1884 wurden hier die ersten Funde aus der genannten Zeit ausgegraben. Die dort lebenden Menschen wurden demnach verallgemeinernd Cucuteni-Siedler“ (rum. cucutenieni“) genannt. Das Verbreitungsgebiet der Cucuteni-Zivilisation erstreckte sich auf 350.000 Km2. Siedlungsreste wurden auf das heutige Gebiet Rumäniens, im Norden der Republik Moldau und in der Ukraine entdeckt. Repräsentativ für die Cucuteni-Kultur ist die hochwertige Keramik.



    Constantin Preoteasa arbeitet als Forscher im Museum der Cucuteni-Kultur in Piatra Neamţ, einer im Nordosten Rumäniens gelegenen Stadt. Die bisherigen Ausgrabungen, die auf Cucuteni-Siedlungen schlie‎ßen lassen, beziehen sich auf die Erwägung mehrerer sich überschneidender Zivilisationsschichten, erklärte der Forscher:



    Nicht nur die Salzvorkommen lockten die Cucuteni-Siedler hierher, sondern viele andere natürliche Ressourcen. Die Überschneidung mehrerer Ausgrabungsstätten innerhalb der Cucuteni-Siedlungen ist eben auf diese Vielfalt zurückzuführen. Im Osten wurden Siedlungen ausgegraben, die eine beachtliche Grö‎ße erreichen — das sind die riesigen Tripolje-Siedlungen, wie sie die Ukrainer zu nennen pflegen. Es sind Ausgrabungsstätten, die eine einzige Siedlung aufdeckten, die allerdings von beachtlicher Grö‎ße ist. Die Siedlung bei Talianaki in der Region Uman erstreckt sich z.B. auf einer Oberfläche von 500 Hektar — ein riesengro‎ßes Gebiet für die damalige Zeit. Etwa 2.000 Bauten wurden durch geomagnetische Prospektion aufgefunden. Die Bauten sind planmä‎ßig in 12 konzentrischen Ringen angelegt. Man ging von einer Bevölkerung von 20.000 Menschen aus. Die Cucuteni-Siedlungen lassen allerdings nicht nur auf Wohnungen schlie‎ßen. Es wurden auch andere zum Haushalt gehörende Nebengebäude sowie Werkstätte für die Erzeugung unterschiedlicher Werkzeuge ausgegraben. Die damaligen Keramiker waren sehr begabt. Sie schufen die Keramikteile, die heutzutage in unserem Museum bewundert werden können. Au‎ßerdem wurden mehrere Kultbauten und Sanktuare aufgedeckt. Diese waren vermutlich die bedeutendsten Konstruktionen der Cucuteni-Bewohner.“




    Die Cucuteni-Kultur umfasst zwei Hauptrichtungen: die dekorative Kunst, die auf Spiralmotive setzt, und die plastische Kunst, die überwiegend anthropo- und zoomorphe Figuren darstellt. Dazu Constantin Preoteasa:



    Innerhalb der Cucuteni-Kultur können zwei verschiedene Entwicklungsphasen deutlich unterschieden werden. Die erste Entwicklungsphase ist auf den Zeitraum zwischen 5000 und 4000 v. Chr. zurückzuführen. Die zweite Etappe beginnt um etwa 4000 v. Chr. und dauert rund 500 Jahre. Aus der ersten künstlerischen Zeitspanne stammen hauptsächlich weniger gro‎ße Keramikgefä‎ße, mit zwei- oder dreifarbigen Dekorationen. An diesen Keramikteilen können verschiedene dekorative Ein- und Ausschnitte erkannt werden. Die Dreifarbigkeit der Cucuteni-Kultur setzte insbesondere auf drei Farben — wei‎ß, rot und schwarz. Wurden die Keramikteile nur zweifarbig ausgemalt, so wurde entweder die Farbenkombination wei‎ß/schwarz oder wei‎ß/rot gewählt, jedoch niemals rot/schwarz. Zu Beginn wurden die Motive erst nach der Verbrennung auf die Keramikgefä‎ße gemalt — das Verfahren der sogenannten rohen Malerei. Aus diesem Grund blieben nur wenige Keramikteile erhalten und die Dekorationen verblassten mit der Zeit. Später verbesserten die Kunsthandwerker ihre Technik. Sie malten die Motive vor der Tonverbrennung auf den Gefä‎ßen. Die so erzeugten Keramikteile blieben viel besser erhalten. Die Qualität dieser Artefakte ist hervorragend.“




    Constantin Preoteasa zeigte ferner auf, wie die Cucuteni-Keramik hergestellt wurde.



    Bei allen modernen Mitteln, die uns heute zur Verfügung stellen, ist die Qualität der heutigen Erzeugnisse niedriger. Und es gibt auch heute traditionelle Handwerker, die um Nachbildungen der Cucuteni-Artefakte bemüht sind. Menschliche Gemeinschaften haben es im Laufe der Zeit nie wieder geschafft, eine Feinarbeit von derartiger Qualität zu erreichen wie die Handwerksmeister von Cucuteni. Alle namhaften Stücke sind aus einer sehr feinen und zugleich dichten Paste hergestellt. Auch wenn die Gefä‎ße etwas kleiner sind, ist ihr Gewicht aufgrund der Dichte und der gleichmä‎ßigen Tonverbrennung sehr hoch. Die Verbrennung fand in den Flammofen statt, dort gab es aber keinen Kontakt zwischen den Gefä‎ßen und dem Feuer — die Erwärmung im Ofen fand mittels der hei‎ßen Dämpfe aus der Flammkammer unter der Trittplatte statt, aus dem Untergeschoss würde man heute sagen. Auf der Platte wurde eine sehr solide Tondecke gebaut, mit Löchern, auf der die Gefä‎ße lagen. Durch die Strahlwärme der hei‎ßen Luftströme erreichte man Temperaturen von bis zu 900 Grad Celsius, so wurden die Gefä‎ße gebrannt. Am Anfang gab es noch diese Gefä‎ße in Grau und Schwarztönen, die im sogenannten Reduktionsbrand entstanden, mit einer geringeren Widerstandskraft. Die Gefä‎ße werden aber generell mit viel Sauerstoff gebrannt. Dieser Tatsache verdanken sie die schönen, gelblich-braunen Töne.“




    Die spirituellen Repräsentationen der Cucuteni-Bewohner kreisten rund um die Numerologie, wei‎ß Constantin Preoteasa noch.



    Die Zahl 12, genauso wie die 3, 7, 9, 21 — das ist nicht zufällig. Jede Zahl hat einen symbolischen Wert, uns entgehen heute jene Werte. Das ist bei der 4 oder der 6 genauso. Auf der berühmten »Hora von Frumuşica« gibt es sechs Karyatiden mit menschlichem, weiblich stilisierten Antlitz, die wie in einer Hora, einem ritualischen Rundtanz miteinander verfangen sind und die man von hinten sieht. Auf anderen Horen, etwa der von Bereşti im Landkreis Galatz, sind es nur vier Karyatiden. Aber bei einigen traditionellen Völkern gibt es die Auffassung, dass es zwei Sonnenaufgänge und zwei Untergänge gibt. Und dann gibt es nicht mehr vier, sondern sechs Himmelsrichtungen. Genauso ist es mit den Verbindungselementen vom Krongefä‎ß, es sind drei insgesamt, beim anderen Gefä‎ß vier. Ein Gefä‎ß mit sogenannten Kolonetten hat drei angewinkelte Verbindungselemente, ein anderes Gefä‎ß, das auch das Logo unserer Institution darstellt, hat vier. Und wenn wir vier solcher künstlerischen Produkte haben oder wenn wir vier kleine Statuen in den Kultstätten entdecken, dann sind sie meist nach den Himmelsrichtungen aufgestellt.“




    Die Cucuteni-Kultur ist also eine höhere Kunstform des Neolithikums. Gleichzeitig sind die urkundlichen Erwähnungen über die Praktiken, den Glauben und die sozialen Beziehungen der Cucuteni-Zivilisation nach wie vor geheimnisvoll.




    Deutsch von Alex Sterescu

  • Piatra Neamţ: Kunst und Kultur mitten im Kleinstadtidyll

    Piatra Neamţ: Kunst und Kultur mitten im Kleinstadtidyll

    19 Museumskollektionen und eine Kunstgalerie, frische Luft, Wald und Berge und eine märchenhafte Stimmung — um all das zu genie‎ßen, laden wir Sie heute auf eine Reise nach Piatra Neamţ, der Hauptstadt des nordöstlich gelegenen Kreises Neamţ, ein. Piatra Neamţ liegt in der historischen Region Moldau, am linken Ufer der Bistritz, umgeben von Ausläufern der Ostkarpaten, den Bergen Pietricica, Cozla, Cernegura und Bâtca Doamnei.



    Die meisten Attraktionen und touristischen Sehenswürdigkeiten liegen in der Innenstadt. Der ehemalige Fürstenhof erinnert an die glorreiche Vergangenheit der Region. Der Fürstenhof umfasst mehrere Denkmäler, darunter die Sankt-Johannes-der-Täufer-Kirche (rum. Naşterea Sf. Ioan Botezătorul“), der Glockenturm, bekannt auch als Turm von Stefan dem Gro‎ßen und das Fürstenhof-Museum.



    Der Fürstenhof wurde in den Jahren 1497-1498 errichtet und ist eines der beeindruckendsten Baudenkmäler in der Moldau. Die Augen der Passanten bleiben wie verzaubert an der Kirchenfassade heften. Die polychrome Originalkeramik und die mit gotischen Elementen verzierten Rahmungen beeindrucken die Besucher zutiefst. Der 1499 erbaute 19 m hohe Glockenturm, bekannt auch als Turm von Stefan dem Gro‎ßen, ragt über den Hauptplatz empor.



    Am gleichen Ort befindet sich auch das 1980 gegründete Kunstmuseum. Der Pfarrer, Archäologe und Memoirenschreiber Constantin Matasă (1878-1971) trug wesentlich zur Entstehung der Kunstsammlung in Piatra Neamţ bei. Das Ethnografie-Museum in Piatra Neamţ wurde 1931 vom Architekten Roger Bolomey errichtet. Die wichtigsten ethnographischen Exponate sind auf die Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zurückzuführen.



    Das Fürstenhofmuseum — Keller II (rum. Pivniţa II) wurde im Frühjahr dieses Jahres eröffnet. In einem unweit vom Rathaus hergerichteten Raum haben die Besucher die Möglichkeit, Ruinen alter fürstlicher Häuser, die bei den jüngsten archäologischen Grabungen entdeckt wurden, zu besichtigen. Es handelt sich um Gebäude mit Keller, ein Baumuster, das früher sehr beliebt war in der Moldau.



    Das Museum für Neolithische Kunst Cucuteni wurde am 24. Juni 2005 anlässlich des Festtages der Stadt Piatra Neamţ eröffnet. Das Museum beherbergt eine einzigartige Kunstsammlung, so Constantin Preoteasa, der Kurator des Museums:



    Das Museum für neolithische Kunst Cucuteni ist einmalig in der ganzen Welt. Es verbindet Archäologie, Geschichte und Kunst zugleich. Im Mittelpunkt steht die bedeutendste europäische prähistorische Zivilisation — die Cucuteni-Tripolje-Kultur. Die Bezeichnung bezieht sich auf die beiden Ortschaften — Cucuteni im Landkreis Iaşi und Tripolje, einer Ortschaft bei Kiew — wo offiziell die ersten Überreste dieser Zivilisation Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt wurden. Das Museum beherbergt die wichtigste Kunstsammlung der Cucuteni-Kultur weltweit sowie die bedeutendste Kollektion von prähistorischen Kunststücken in Osteuropa. Die Besucher können hier lediglich namhafte Artefakte, wahrhafte Kunstwerke der dekorativen und figurativen Cucuteni-Kunst bewundern. Es sind höchst wertvolle Kunststücke.“




    Allerdings bietet Piatra Neamţ viele weitere Attraktionen. Die Besucher können den Gipfel des Berges Cozia mit der Seilbahn erreichen. Vom 675 m hohen Berggipfel starten im Winter die Schifahrer ihre Abfahrt zur Talstation hin.