Tag: Unterkunft

  • Arbeitsmigration aus Drittländern: immer mehr asiatische Arbeitnehmer in Rumänien beschäftigt

    Arbeitsmigration aus Drittländern: immer mehr asiatische Arbeitnehmer in Rumänien beschäftigt

     

     

    Rumänien konfrontiert sich seit geraumer Zeit mit einer negativen Demographie, einer immer älter werdenden Bevölkerung und einer massiven Auswanderung. Das hat auch zu einem Mangel an Arbeitskräften auf dem rumänischen Markt geführt. Aus diesem Grund hat die rumänische Regierung in den letzten Jahren versucht, den Mangel an Humanressourcen in bestimmten Wirtschaftszweigen durch das Heranziehen von Arbeitskräften aus sogenannten Drittländern von außerhalb der EU auszugleichen.

     

    So wurde in den letzten drei Jahren (beginnend mit 2022) – mit grünem Licht aus Brüssel – jährlich jeweils ein Kontingent von 100 000 Arbeitsvisa für Arbeitnehmer aus nicht-europäischen Ländern genehmigt. Nach Angaben der Generalinspektion für Einwanderung wurden z.B. im Jahr 2023 mehr als 101 000 Arbeitsgenehmigungen an Nicht-EU-Bürger erteilt, wobei die meisten aus Nepal (über 23 000), Sri Lanka (22 000), Bangladesch (18 000) und Pakistan (über 8 000) kamen. Die Daten von der Einwanderungsbehörde zeigen auch ein erhebliches geschlechtsspezifisches Gefälle – fast 90 Prozent der Neuankömmlinge im Jahr 2023 waren Männer. Die wichtigsten Wirtschaftszweige, die diese Arbeitnehmer beschäftigten, sind das Hotel- und Gastronomiegewerbe, Fabriken und Industrieanlagen, Bauwesen und Reinigung. Denselben Angaben zufolge fallen insbesondere Arbeitnehmer aus Sri Lanka schwer ins Gewicht: 2022 entfielen mehr als 50 % der EU-weit erteilten Arbeitsgenehmigungen an Bürger Sri Lankas auf Rumänien.

     

    Beim Thema ausländische Arbeitnehmer muss man jedoch auch über ihre Rechte auf faire und sichere Arbeitsbedingungen sprechen, die sie vor möglichem Missbrauch durch Arbeitgeber schützen. Nicht wenige der in letzter Zeit veröffentlichten Presseartikel und Recherchen berichten über eine prekäre Situation, in der sich diese Menschen befinden. Sie leben und arbeiten in einem Land, dessen Sprache sie nicht beherrschen und dessen Gesetze sie nicht kennen, und sind somit dem Risiko ausgesetzt, ausgebeutet, getäuscht oder auf dem illegalen Arbeitsmarkt beschäftigt zu werden – oftmals sind es Umstände, für die sie nicht verantwortlich sind. Arbeitswillige ausländische Staatsangehörige zahlen häufig exorbitante Summen an Arbeitsvermittler, so dass sie Kredite von 4 000 bis 10 000 Euro aufnehmen, die sie in Raten von ihrem in Rumänien verdienten Gehalt zurückzahlen müssen. Außerdem geben viele an, sie hätten Familienschmuck verpfändet, Grundstücke verkauft, sich an Banken gewandt oder die Eigentumsurkunden ihrer Familienhäuser und Grundstücke in der Heimat als Bürgschaft hinterlegt, um einen Arbeitsplatz in Rumänien vermittelt zu bekommen.

     

    Diese Umstände bringen sie in ein Abhängigkeitsverhältnis zu rumänischen Arbeitgebern, die somit ein leichtes Spiel haben, die Grundrechte dieser Arbeitnehmer zu verletzen. Anatolie Coșciug, Wissenschaftler und stellvertretender Leiter des Zentrums für vergleichende Migrationsstudien, spricht im folgenden über Fälle von Missbrauch, die durch Recherchen aufgedeckt wurden:

     

    Wir haben versucht herauszufinden, ob die Fälle von Missbrauch, von denen wir gehört oder gelesen hatten, eine Ausnahme sind, ob es sich um Einzelfälle handelt oder ob es sich um eine systematische Sache handelt; und falls es sich um eine systematische Ausbeutung handelt, wollten wir wissen, warum das passiert. Und hier gibt es migrationspolitische Faktoren, sozialpolitische Faktoren im Allgemeinen, es geht also nicht nur um die Migration an sich, sondern auch um allgemeine gesellschaftliche Zustände. Dadurch sind Einwanderer und Arbeitsmigranten besonders exponiert. Und wir schlagen einen menschenrechtszentrierten Ansatz vor. Denn es ist unglaublich, dass fast niemand über sie als Menschen spricht, die Rechte haben, die verletzlich sind, die in gewissem Maße geschützt werden müssen. Das kam mir absolut ungewöhnlich vor – in Gesprächen mit ihnen, mit NGO und mit anderen Akteuren hatte niemand diese Menschenrechtsperspektive.“

     

    Doch wie sehen typische Fälle von Missbrauch aus, mit denen sich außereuropäische Arbeitsmigranten in Rumänien konfrontieren? Anatolie Coșciug vom Zentrum für vergleichende Migrationsstudien führt weiter aus:

     

    „Wir haben versucht, die wichtigsten Menschenrechte ein wenig zu betrachten, um zu sehen, wie ihre Auslegung hierzulande in unterschiedlichen konkreten Situationen realisiert wird. Wir haben zum Beispiel das Recht auf einen Arbeitsplatz unter menschenwürdigen Bedingungen, das Recht auf eine angemessene Wohnung, die Familienrechte und das Recht auf Ausbildung unter die Lupe genommen. Überraschenderweise haben wir in jeder Kategorie mehrere Fälle gefunden, in denen diese Rechte verletzt wurden. Einige davon sind schwerwiegender, wie z.B. die angemessene Unterbringung – das scheint mir eine ziemlich ernste Situation zu sein. Die meisten befragten Arbeitsmigranten erzählten, dass sie in überfüllten Unterkünften wohnen; in Härtefällen haben die Menschen keinen Zugang zu Wasser, das vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Essen ist unzureichend im Verhältnis zur schweren Arbeit, die sie leisten müssen. Es gibt auch weniger gravierende Fälle, in denen aber dennoch elementare Menschenrechte in weniger sichtbarer Form verletzt wurden. Beispielsweise sind das Recht auf Familienzusammenführung oder auf Familiennachzug zwar theoretisch verankert, doch in der Praxis ist es ein langwieriger und komplizierter Prozess. Der Familiennachzug wird oft vom Arbeitgeber, von der Regierung des Herkunftslandes wie von der Regierung in Rumänien behindert oder abgelehnt.“

     

    Eine Änderung dieser Zustände sei überfällig, meinte noch der Migrationsforscher Anatolie Coșciug – alle Beteiligten – von den staatlichen Institutionen über den privaten Sektor bis hin zur rumänischen Bevölkerung im Allgemeinenmüssten noch lernen, wie man Neuankömmlinge und Migranten fair behandelt und angemessen integriert.

  • Ukraine-Krieg: Unterstützungsmaßnahmen für Schutzsuchende in Rumänien

    Ukraine-Krieg: Unterstützungsmaßnahmen für Schutzsuchende in Rumänien


    Die Partner Rumäniens loben einhellig die Art und Weise, wie die Behörden in Bukarest die ukrainische Flüchtlingskrise bewältigen. Fast 300.000 Menschen, die vor dem von Russland geführten Krieg geflohen sind, sind bisher nach Rumänien eingereist. Im Lande halten sich gegenwärtig über 80.000 ukrainische Bürgerinnen und Bürger, darunter 30.000 Minderjährige auf. Das Schicksal der Schutzsuchenden wurde am Montag in Bukarest von den Au‎ßenministern Rumäniens und Kanadas, Bogdan Aurescu und Mélanie Joly, erörtert. Die kanadische Vertreterin dankte der rumänischen Seite für ihre Bemühungen um den Schutz all derjenigen, die aufgrund der russischen Militäraggression gezwungen waren, die Ukraine zu verlassen, einschlie‎ßlich der 600 Kanadier, die sicher durch Rumänien gereist sind.



    Bogdan Aurescu versicherte, dass Rumänien sowohl ukrainische Geflüchtete als auch Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten, die aus der Ukraine kommen und durch unser Land reisen, weiterhin unterstützen werde: Wir stehen dem ukrainischen Volk bei, das heldenhaft Widerstand leistet. Gleichzeitig unterstützt Rumänien ukrainische Geflüchtete sowie Drittstaatsangehörige und Mitglieder diplomatischer Vertretungen bei der sicheren Evakuierung aus der Ukraine und der Durchreise durch Rumänien. Tatsächlich haben mehr als 70 Staaten und zwei internationale Organisationen Unterstützung für ihre Bürger und für ausländische diplomatische Vertretungen ersucht. Rumänien hat sein Bestes getan, um ihre sichere Einreise ins Land und ihre Durchreise und Ausreise in ihre Herkunftsländer zu gewährleisten“.



    Die Regierung in Bukarest verabschiedete am Montag ein neues Ma‎ßnahmenpaket zur Unterstützung der ukrainischen Schutzsuchenden. Alle ukrainischen Kinder in Rumänien, auch diejenigen, die keinen Schutz gemä‎ß dem Asylgesetz beantragen, haben Anspruch demnach auf Unterricht in den Bildungseinrichtungen des Landes zu den gleichen Bedingungen wie rumänische Vorschulkinder und Schülerinnen und Schüler. Au‎ßerdem haben sie Anspruch auf kostenlose Unterkunft in Internaten, auf Geld für Verpflegung und auf Schulmaterialien, Kleidung, Schuhe und Schulbücher. Die von der Regierung beschlossenen Ma‎ßnahmen gelten auch für ältere oder behinderte Menschen, die in Begleitung oder ohne Begleitung nach Rumänien einreisen und die Unterstützung durch Sozialdienste beantragen. Nicht zuletzt können ukrainische Staatsbürgerinnen und Bürger in Rumänien arbeiten, wenn sie dies wollen. Das von der Exekutive am Montag verabschiedete Paket umfasst auch Ma‎ßnahmen, die den ukrainischen Bürgerinnen und Bürger den Zugang zum rumänischen Arbeitsmarkt erleichtern, damit sie über eine garantierte Einkommensquelle verfügen. Ukrainische Staatsbürger können eine Arbeitsbeschäftigung aufnehmen, ohne ein Arbeitsvisum zu benötigen. Die Exekutive genehmigte auch eine Reihe von Erleichterungen für Nichtregierungsorganisationen, welche die ukrainischen Schutzsuchenden unterstützen. Es wurde die Möglichkeit geschaffen, Geld über ein von der Generalinspektion für Notsituationen eröffnetes Konto zu spenden, das vollständig von der Steuer absetzbar ist.

  • Wiederankurbelung des Tourismus: Werden sich Reisegewohnheiten ändern?

    Wiederankurbelung des Tourismus: Werden sich Reisegewohnheiten ändern?

    Die Branche bietet 10% der weltweiten Arbeitsplätze, fast 12% der EU-Arbeitsplätze, und benötigt jetzt eine koordinierte internationale Reaktion, die auf rund 375 Milliarden Euro geschätzt wird, um sich zu erholen. Es geht um den Tourismus — einen Sektor, der extrem stark von Reisebeschränkungen und Ma‎ßnahmen zur sozialen Isolation betroffen sind, die Regierungen auf der ganzen Welt verhängt haben, um die Ausbreitung des neuen Coronavirus zu stoppen. Betroffen sind alle, die in dieser Branche tätig sind, von Kleinunternehmern und Hotels bis hin zu Reiseveranstaltern. Weltweit könnte die Tourismusbranche in diesem Jahr im Vergleich zu 2019 um 80% zurückgehen, so die Angaben des World Travel and Tourism Council. Im Vergleich dazu betrug der Rückgang während der Wirtschaftskrise 2009 4%.



    Europa hat ein sehr aktives touristisches Ökosystem. Transport, Unterkunft, Gastronomie, Erholung und Kultur tragen fast 10% zum BIP der EU bei und sind in vielen Regionen eine wichtige Quelle für Beschäftigung und Einkommen. 267 Millionen Europäer — oder 62% der Bevölkerung — unternehmen mindestens eine private Urlaubsreise pro Jahr, und 78% der Europäer verbringen ihren Urlaub in ihrem Herkunftsland oder in einem anderen EU-Land, so die EU-Exekutive. Der Sommer ist eine entscheidende Jahreszeit für die Branche und bringt dem europäischen Tourismussektor durchschnittlich 360 Millionen Touristen und 150 Milliarden Euro Umsatz ein. Deshalb hat Brüssel eine Reihe von Richtlinien und Empfehlungen entwickelt, um den Tourismus wieder zu beleben. Das Tourismus- und Verkehrspaket“ der Kommission umfasst eine Strategie für den Aufschwung im Jahr 2020 und darüber hinaus einen gemeinsamen Ansatz zur schrittweisen und koordinierten Wiederherstellung der Freizügigkeit und zur Beseitigung von Beschränkungen an den Binnengrenzen der EU. Es enthält auch einen Rahmen zur Unterstützung der schrittweisen Wiederherstellung des Verkehrs bei gleichzeitiger Gewährleistung der Sicherheit von Passagieren und Mitarbeitern.



    Diese Empfehlung zielt darauf ab, Reisegutscheine zu einer attraktiven Alternative zu Rückerstattungen in bar zu machen. Die Unterstützung der Kommission für Tourismusunternehmen würde in verschiedene Richtungen gehen, beispielsweise durch die Bereitstellung von Liquidität für KMU und durch die Rettung von Arbeitsplätzen mit einer finanziellen Unterstützung von bis zu 100 Mrd. Euro durch das SURE-Programm.




    Ein wichtiges Bindeglied im Tourismus ist der Verkehr. Ein klares Datum für die normale oder schrittweise Wiederaufnahme des Verkehrs kann nicht festgelegt werden, da wir nicht wissen, wie sich die Pandemie entwickeln wird, erklärte die Verkehrskommissarin Adina Vălean für Radio Rumänien, aber die von der Kommission verabschiedeten Regeln zeigen, unter welchen Bedingungen wir reisen werden:



    Ich bekomme oft die Frage: ‚Wann dürfen wir wieder reisen?‘ Die Antwort auf diese Frage muss von den Behörden jedes Mitgliedstaats gegeben werden, wobei einige Kriterien im Zusammenhang mit der epidemiologischen Situation im jeweiligen Staat berücksichtigt werden müssen, die von meinen Kollegen aus dem Gesundheitswesen hervorgehoben wurden. Dann müssen wir uns entscheiden, welche Ziele wir für den Tourismus freigeben, denn wir erwarten natürlich nicht, dass in ganz Europa die gleiche Situation herrscht, die Grenzen geöffnet werden oder die Quarantäne- und Isolationsma‎ßnahmen in jedem Mitgliedstaat gleich sind. Dies sind Entscheidungen, die die nationalen Behörden treffen müssen.“




    Es ist bekannt, dass die Wiederaufnahme des Verkehrs in mehreren Phasen auf flexible und koordinierte Weise zwischen den Mitgliedstaaten erfolgen wird. Es gibt auch klare Bedingungen für den Tourismus, um die Beschränkungen in einem Gebiet oder Mitgliedstaat zu lockern, nämlich dass die Zahl der Infektionen abnimmt und niedrig bleibt, und dass die Staaten den Zugang zum Gesundheitssystem sicherstellen, auch für Touristen. In Rumänien hat der Tourismus in den letzten Monaten 6 Millionen Übernachtungen und rund 250 Millionen Euro verloren, so der Präsident des Verbandes der Hotelindustrie in Rumänien, Călin Ile.



    Die Lage des Tourismus ist sehr kompliziert. Wir waren im Grunde eine rasende Lokomotive und plötzlich sto‎ßen wir gegen eine Mauer. Dies hat zu gro‎ßen Problemen geführt, die derzeitige Situation ist dramatisch“, sagt Călin Ile, der schätzt, dass die Auswirkung der Lage des Tourismus auf das rumänische BIP 5% übersteigen wird. 90% der Hotels in Rumänien wurden wegen der Pandemie geschlossen, und 150.000 der 180.000 Beschäftigten in der Hotel- und Restaurant-Branche wurden in die Kurzarbeit versetzt oder entlassen, sagt Răzvan Pascu, Gründer eines in diesem Bereich tätigen Unternehmens. Seiner Meinung nach könnte die Situation, die wir durchmachen, jedoch eine Chance für den rumänischen Tourismus darstellen:



    Es ist klar, dass sich das Verhalten des Touristen ändern wird. Höchstwahrscheinlich werden sie es nicht mehr vorziehen, gro‎ße Hotels mit All-inclusive-Angeboten beispielsweise in der Türkei zu wählen, wo sie sich mit Tausend Menschen zum Frühstück drängen, sondern andere Reisemöglichkeiten wählen. Ich glaube, dass in der nächsten Zeit Autofahrten und Naturfahrten zunehmen werden, das Verhalten der Menschen wird sich irgendwie ändern. Es kann auch eine Gelegenheit sein, Rumänien als eine andere Art von Reiseziel zu fördern, ein Reiseziel, das Reisemöglichkeiten anbietet, nicht mit anderen eng aneinander zu sein, und ich denke, dass dies in den nächsten 2–3 Jahren die Strategie für Rumänien sein sollte.“




    Die Ergebnisse jüngster Studien zeigen, dass die Menschen in diesem Jahr ihren Urlaub im Ausland aufgeben und den lokalen Tourismus bevorzugen werden.

  • Hörerpostsendung 6.12.2015

    Hörerpostsendung 6.12.2015

    Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI. Ich hoffe, der Nikolaus war dieses Jahr gro‎ßzügig und hat Ihnen schöne Überraschungen beschert. In Rumänien überlisten Eltern die Kinder, ihre Schuhe am Vorabend des Nikolaustages zu putzen, sonst würde der Gute keine Geschenke bringen.



    Das Thema Flüchtlinge aus Nahost ist aktueller denn je. Auch einen Monat nach dem Hörertag, der sich damit auseinandersetzte, senden uns die Hörer immer noch ihre Meinung dazu. Es sind recht unterschiedliche Meinungen, ich lasse sie einfach so stehen, wie sie formuliert wurden, und beantworte dann auch eine Frage. So etwa schrieb uns Lutz Winkler (aus Schmitten im Taunus) nach der Sendung vom 1. November:



    Der Hörertag war an Aktualität nicht zu überbieten — die unterschiedlichen Meinungen kamen in der Sendung sehr gut zum Ausdruck. Ja, das Thema Flüchtlinge bewegt die Menschen. Meistens höre ich jedoch nur stumpfe Argumente und die Politik ist nicht in der Lage, diese vernünftig zu beantworten. Aber eigentlich ist es ja wie immer in der Politik: Lösungen werden nur kurzfristig gesehen und es wird nicht zugegeben, dass man eigentlich nicht wei‎ß, wie die Probleme zu lösen sind. Hier in Deutschland hätte ich mir einen Runden Tisch zu dem Thema gewünscht. Dieser sollte mir allen Beteiligten und Experten besetzt sein, und nicht nur politische Statements abgeben, sondern operativ arbeiten. So wären alle gesellschaftlichen Schichten an einer Lösung beteiligt, aber das bedeutet für die jetzige Regierung und die Menschen dahinter: Macht abgeben und zugestehen, dass sie die Lage nicht genau verstehen. Obwohl ich dies keinem Menschen zum Vorwurf machen würde. Vielleicht wäre dies aber auch ein Schritt zu mehr Ehrlichkeit in der Politik. Und somit auch ein Mittel gegen die die stumpfsinnigen Parolen der rechtspopulistischen Gruppen, die mit ihrem national-abendländischen Geschrei auch keinen Beitrag zur Problemlösung beitragen.




    Unser langjähriger Hörer Wolfgang Kühn (aus Rudolstadt, Thüringen) äu‎ßerte sich in einem Postbrief wie folgt:



    Leider kam für mich die Beteiligung am Hörertag (am 1. Nov. 2015) zu spät. Das Thema brennt uns natürlich, wie Sie sich denken, in Deutschland arg im Herzen! Unsere Frau Kanzlerin vertritt in ihren Ma‎ßnahmen und Reden zu dem Problem z.T. Ansichten, die nicht bei allen Einwohnern, besonders im östlichen Teil Deutschlands, gut ankommen. Man denkt hier auch an alliierte Bombenangriffe noch 1945 (z.B. am 13. Februar in Dresden) und an die Vertreibung aus dem Sudetenland, Preu‎ßen und Schlesien. Es gibt noch ausreichend Leute, die dieses Schicksal erlitten!




    Ulrich Wicke (aus Felsberg, in Hessen) äu‎ßerte sich nur knapp:



    Die Sondersendung zum Hörertag war ausgesprochen interessant. Ich denke, der massive Flüchtlingsstrom, den wir zurzeit erleben, wird Europa drastisch verändern. Aber wohl leider nicht zum Guten.




    Johann Ruff (aus Mühlheim, Hessen) ärgert sich über die Berichterstattung in den deutschen Medien, die seiner Meinung nach einseitig sei:



    Kurz zum Hörertag am 1.11. zum Thema Flüchtlinge: Hier in Deutschland herrscht ja zurzeit ein Medienrummel und ein Journalistenjubel wie schon lange nicht mehr. Kritische Stimmen und Demos (wie die Pegida) werden gleich in die rechte Ecke gestellt. Gerade einmal ein Abgeordneter (Bosbach) und zwei Journalisten äu‎ßern sich kritisch (Helmut Marktwort/Roland Tichy). Sonst ist meistens auch bei Journalisten alles auf einer Linie von Frau Merkel.




    Und schlie‎ßlich Frank Bresonik (aus Gladbeck, NRW) stellte in seinem Brief gleich mehrere Fragen zum Thema Flüchtlinge:



    Sehr geehrte Freunde von RRI!



    Es freut mich, Ihnen nach einer längeren Schreibpause diesen Brief auf Papier bringen zu können. Der Kontakt zu Ihrer Radiostation hatte aber auch in dieser Zeit einen gro‎ßen Stellenwert für mich, denn ich finde es nach wie vor lohnenswert, die Kurzwelle einzuschalten und die Deutsch-Programme von RRI zu hören, da ja auch die Empfangsqualität meistens gut bis sehr gut ist.



    Nun aber genug des Lobes und zur Frage, die ich an Sie habe und, wenn Sie es möchten, auch gerne beantwortet hätte. Sie bezieht sich auf die Flüchtlingswelle, die sich immer noch auf Europa zu bewegt. Wieviele der Asylsuchenden sind bisher in Rumänien angekommen und hoffen auf ein Bleiberecht in Ihrem Land? Aus welchen Staaten wanderten sie ein und wie gut sind die Bedingungen Ihrer Unterkünfte? Wie gro‎ß wird die Zahl der Asylanten sein, die Rumänien aufnehmen wird?



    Schon jetzt bedanke ich mich für die Beantwortung meiner mehrteiligen Frage.



    Ansonsten hoffe ich, dass es Ihnen allen gut geht und Sie bei bester Gesundheit sind.



    Mit lieben Grü‎ßen aus Gladbeck


    Ihr treuer Hörerfreund Frank Bresonik




    Vielen Dank für die Zuschriften, liebe Freunde. Um Ihre Fragen zu beantworten, habe ich auf der Webseite der rumänischen Einwanderungsbehörde nach aktuellen Infos gesucht. Vergeblich — die letzten Statistiken, die dort zur Verfügung stehen, sind vom ersten Semester des Jahres 2012. Das ist typisch für rumänische Behörden und Institutionen und macht es den Menschen schwer, zu relevanten Informationen zu kommen. Der Sender Realitatea TV brachte aber Ende August auf seiner Webseite ein paar Zahlen für die erste Jahreshälfte und berief sich dabei auf die Einwanderungsbehörde. Vermutlich haben sie die Info schriftlich von der Behörde bekommen, ich habe daher keine andere Wahl, als den Kollegen von diesem Nachrichtensender zu vertrauen und zitiere somit die dort veröffentlichten Zahlen. Demzufolge wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 insgesamt 744 Asylanträge in Rumänien registriert, was eine Zunahme der Anzahl um 12% im Vergleich zu 2014 darstellte. Die meisten Antragsteller kamen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. 691 Anträge wurden administrativ bearbeitet, in 224 Fällen wurde eine internationale Schutzform genehmigt. 109 Menschen erhielten den Flüchtlingsstatus, weitere 115 den sogenannten subsidiären Schutz. Subsidiär Schutzberechtigte sind Ausländer, denen trotz fehlender Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ein ernsthafter Schaden nach Artikel 15 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) droht. Als ernsthafter Schaden im Sinne dieses Artikels gilt: die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland, eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. 177 Personen, die 2015 Rechtsschutz in Rumänien erhielten, kamen auch in den Genuss von diversen Integrationsprogrammen.



    Bei der EU-Innenministerkonferenz Ende September wurden gegen die Opposition mehrerer Länder (darunter auch Rumänien) Flüchtlingsquoten durchgesetzt. Demnach hätte Rumänien in den kommenden zwei Jahren insgesamt 6.531 Flüchtlinge aufnehmen müssen. Davon würden im ersten Jahr 2.475 Flüchtlinge, die vorerst in Italien oder Griechenland gelandet sind, auf Rumänien verteilt — 585 aus Italien und 1.890 aus Griechenland. Ob dieser Umverteilungsplan auch umgesetzt wird, bleibt offen. Der offizielle Standpunkt Rumäniens war damals, dass Rumänien eine Kapazität für höchstens 1.785 Flüchtlinge habe. Diesen Standpunkt vertraten sowohl der rumänische Staatspräsident als auch der damalige Innenminister. Nach den Attentaten in Paris hat die neue, national-konservative polnische Regierung angekündigt, sie wolle die EU-Quoten nicht mehr erfüllen. Und nach der Slowakei zieht nun auch die nationalkonservative Regierung von Ungarn gegen die Brüsseler Quotenpläne vor den europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Es ist also schwer, vorherzusagen, ob die Quotenregelung überhaupt noch umgesetzt wird.



    Hinsichtlich der Unterkünfte: Rumänien hat sechs Aufnahmezentren für Flüchtlinge — in Bukarest, in den Donaustädten Galaţi (im O) und Giurgiu (im S), in der westrumänischen Stadt Timişoara (Temeswar), im nordostrumänischen Rădăuţi (dt. Radautz) und in der Marmarosch (ebenfalls im N). Die maximale Kapazität beträgt insgesamt 1.500 Plätze, davon waren Ende September etwa 20% ausgelastet. Nach der Quotenregelung war auch die Rede davon, dass Rumänien mit Hilfe von EU-Geldern u.U. neue Aufnahmezentren für Flüchtlinge errichtet oder die bereits bestehenden ausbaut.



    Zwei Reporter des Nachrichtenportals Hotnews haben Anfang September die Bukarester Unterkunft für Flüchtlinge besucht und desolate Zustände festgestellt. Ein ehemaliges Heim für ledige Arbeitnehmer, wie es in der kommunistischen Verwaltungssprache bezeichnet wurde, ist 1999 zum Flüchtlingsheim umfunktioniert worden und bietet 320 Unterkunftsplätze. Der Plattenbau ist umzäunt, von den Fassaden fällt der Putz runter, die Fenster sind vergittert. Kurz vor dem Besuch eines TV-Teams habe man die Fassade teilweise frisch gestrichen, erzählte ein Anwohner. Für die Verpflegung der Flüchtlinge mit Essen gibt der Staat laut Gesetz gerade mal 3,60 Lei pro Tag und Person aus — das sind umgerechnet 80 Eurocents und selbst für rumänische Verhältnisse unter jeder Kritik. Eine Verordnung des Innenministeriums von 2014 sieht allerdings vor, dass Asylbewerber drei Mahlzeiten am Tag erhalten müssen oder 3.645 Kalorien. Wie das mit 80 Cents pro Tag zu bewerkstelligen ist, bleibt mir ein Rätsel. Aus Gesprächen der Reporter mit den dort untergebrachten Leuten ging jedoch hervor, dass die Asylanten auf Spenden aus der Nachbarschaft oder von einer muslimischen Organisation angewiesen sind.



    Die Regierung wollte die Ausgaben für die Verpflegung der Asylbewerber erhöhen — auf umgerechnet knapp 2,30 Euro pro Tag und Person. Insgesamt werden die Ausgaben um etwa 1.100 Euro aufgestockt, die Zuwendungen vom Staatshaushalt um knapp 182.000 Euro für die rund 400 Asylbewerber, die in Bukarest untergebracht sind. Insgesamt wird Rumänien nächstes Jahr Schätzungen zufolge knapp 1,6 Mio. Euro für die Verpflegung der Flüchtlinge ausgeben. Als Kalkulationsbasis ging man von 1.200 Asylbewerbern aus.



    Es liegt also auf der Hand, dass Asylbewerber es schwer in Rumänien haben. Zwar gibt es hierzulande keine nennenswerte Stimmungsmache gegen Flüchtlinge wie in Ungarn oder Polen, doch ein begehrtes Zielland wird Rumänien aufgrund der prekären Unterkunftsmöglichkeiten und Verpflegung sicherlich nicht werden. Und schlie‎ßlich sollte man tatsächlich überlegen, ob eine Quotenregelung wirklich sinnvoll ist. Ich finde, es ist keine menschenwürdige Lösung, wenn Asylbewerber in irgendwelchen heruntergekommenen Unterkünften elendig vor sich hin vegetieren.




    Ich hoffe, mit diesen Informationen Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben und gehe damit zur Posteingangsliste über. Postbriefe erhielten wir von Hannu Kiiski (Finnland), Sandro Blatter (Schweiz) sowie von Michael Knohf, Michael Willruth, Christoph Paustian (danke für die Zeitungsausschnitte), Uwe Haferkorn, Peter Thränert, Dietmar Weigelt (danke für das Foto mit dem Potsdamer Theater an der Havel und für den Aufkleber), Michael Völlger, Hans-Peter Themann, Thomas Jeske, Peter Möller, Klaus Huber, Heiner Finkhaus und Detlef Jurk (alle aus Deutschland).



    E-Mails erhielten wir bis Sonntagmittag von Josef Robl (Österreich), Wladimir Saworoschkin (Minsk, Wei‎ßrussland), Ramano Rao (im Namen eines DX-Clubs in Hyderabad, Indien) sowie von Klaus Nindel, Bernd Seiser, Beate Hansen, Erik Öffinger, Andreas Pawelczyk, Michael Geissler, Herbert Jörger, Heinz-Günter Hessenbruch, Martina Pohl und Monika und Horst Kuhn (alle aus Deutschland).




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