Tag: Vanner Collective

  • Für Inklusion, Gleichberechtigung und eine normale Welt: das künstlerische Projekt „Die Welt kennenlernen“

    Für Inklusion, Gleichberechtigung und eine normale Welt: das künstlerische Projekt „Die Welt kennenlernen“

    Im Mittelpunkt des künstlerischen Projektes stehen Kreativworkshops, Kunsttherapie, visuelle und psycho-relationale Bildung. Die Fotos des Projekts wurden zwischen Mitte September und Anfang Oktober im Combinatul Fondului Plastic in Bukarest ausgestellt. Wir sprechen mit der Mitbegründerin des Vereins Vanner Collective, Denisa Nicolae, über das Projekt: „Es handelt sich um 12 fotografische Werke, jedes davon spricht über das, was man noch bei jedem von uns verbessern kann. Über nach innen gekehrte Schönheit, über die Kraft der Menschen, einfach zu sein. Wie jedes künstlerische Projekt, das auf Inklusion, Gleichberechtigung und eine normale Welt abzielt, kann auch unser Projekt, weil es die Schönheit und die Superkräfte von Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt stellt, Wahrnehmungen und Paradigmen verändern, es kann die Stimmen von Menschen mit Behinderungen und den am Projekt Beteiligten stärken, es kann das Vertrauen in sich selbst und in eine integrativere Gesellschaft erhöhen.

     

     

    Und es kann in jedem von uns ein größeres Einfühlungsvermögen und eine größere Fürsorge für unsere Mitmenschen entwickeln, nicht zuletzt kann es unseren Blick sowohl nach innen als auch nach außen auf die weite Welt und ihre Schönheit richten.“ Was sich die Organisatoren von diesem Projekt erhoffen, erzählt Denisa Nicolae: „Wir sind fest davon überzeugt, dass die Ausstellung „Die Welt kennenlernen“ nicht ohne Echo bleiben wird und dass sie eine emotionale, staatsbürgerliche oder wie auch immer man es nennen will, Wirkung auf die Besucher und alle, die direkt oder indirekt mit ihr in Berührung kommen, haben wird. Die wesentliche Botschaft, die wir mit dieser Initiative auch vermitteln wollten, ist die der Integration von Menschen mit Behinderungen. Vor allem aber geht es vielleicht darum, Superkräfte zu finden und Schönheit jenseits von Grenzen und Beschränkungen zu zeigen. Ein inklusives und sicheres Umfeld für die Teilnehmer zu garantieren war für uns ein wichtiges Ziel des Projekts. Und ich beziehe mich dabei nicht nur auf die Organisation der Workshops, sondern auf alle Aktivitäten im Rahmen des Projekts.

     

     

    Die Organisation der Aktivitäten selbst war nicht ohne Herausforderungen, und ich denke, die größte Herausforderung bestand darin, zugängliche Räume zu finden, die unsere Aktivitäten unterstützen und beherbergen. Denn wir sprechen von Inklusion, wir sprechen von Entstigmatisierung und der erste Wendepunkt war, diese Räume in Bukarest überhaupt zu finden, Räume die zugänglich sind und eine sichere Umgebung für die Menschen bieten, die wir im Fokus haben, nämlich Menschen mit Behinderungen.“ Die Fotoinstallation im Rahmen des Projekts geht von den Werken von Constantin Brâncuși (1876-1957) aus, dem rumänischen Bildhauer, der einen wichtigen Beitrag zur Erneuerung von Sprache und Vision in der weltweiten Bildhauerei geleistet hat. Alina Rotaru, die Künstlerin hinter den Bildern und dem Konzept der Fotoinstallation „Die Welt kennenlernen“, spricht über die Inspiration, die Brâncuși in das Projekt eingebracht hat: „Constantin Brâncuși ist ein Bildhauer jenseits seiner Skulpturen, denn er hat uns das Instrument vermacht, um die Rundheit in den Ecken zu sehen.

     

     

    Das ist, als hätte er das Rad erfunden, eine Art Rad, das wir in unserem täglichen Leben zu benutzen lernen. Als ich über sein Leben recherchierte, las ich, was die Leute im Laufe der Jahre über seine Werke geschrieben haben, und seine Werke sah, wurde mir klar, dass ich einer Inspiration begegnete. Im Grunde begann ich, die Welt künstlerisch durch seine Überzeugungen kennenzulernen. „Die Welt kennenlernen“ ist ein Projekt, das vom Universum von Brâncuși inspiriert ist und eine Neudefinition des Konzepts der Perfektion in Bezug auf die Zeit, in der wir leben, vorschlägt. Mit einer fotografischen Installation wollen wir die Schönheit von zehn Menschen einfangen, die einen wertvollen Kern unserer Gesellschaft darstellen. Wenn die Natur in der Lage ist, sich selbst zu heilen, dann versuchen wir mit diesem Projekt, unsere Denkweise zu erneuern“.

     

  • Konformitätsdruck: Das Theater-Projekt „Bestiar. Konsumgut”

    Konformitätsdruck: Das Theater-Projekt „Bestiar. Konsumgut”

    Das Projekt eröffnet die Debatte über die besorgniserregende Spannung der die Jugendlichen heutzutage ausgesetzt sind. Es ist die Spannung zwischen dem Bedürfnis der Jugendlichen nach Individualität und dem Konformitätsdruck, den die Gesellschaft und die Online-Umgebung, die sozialen Netzwerke, ausüben. Die Frage nach der Inspirationsquelle für das Projekt stellten wir Anca Spiridon, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit im kulturellen Bereich.

    Die Inspiration für das Theaterstück und später für die Aufführung „Bestiar“, die jüngste Produktion von Vanner Collective, waren die Herausforderungen für die heutige Jugend. Es geht insbesondere um ihre Präsenz in den sozialen Netzwerken und den Druck der vorgeschlagenen Modelle in Sachen Verhalten, Aussehen und Erfolg.

    Junge Menschen fühlen sich unter Druck gesetzt, sich an Maßstäbe anzupassen, die nicht ihre eigenen sind. Es sind besonders willkürliche, besonders starre Maßstäbe, die ihnen nicht erlauben, ihre Individualität, ihre Persönlichkeit oder ihre Authentizität zum Ausdruck zu bringen. Sie werden eher gezwungen, sich in eine Zone der Konformität zu begeben.  

    Heutzutage entsteht offensichtlich diese Spannung zwischen dem Bedürfnis nach Selbstdarstellung und dem Druck, sich bestimmten Normen anzupassen. Menschen aller Altersgruppen, aber insbesondere junge Menschen, spüren das überwiegend im Internet und den sozialen Netzwerken. Die Modelle dort sind nicht für uns alle gültig. Im Projekt wollten wir also vor allem die Onlinepräsenz und ihre Risiken beleuchten.

    Anca Spiridon sprach im Interview auch über die Beweggründe des Ensembles Vanner Collective bei der Wahl des Themas.

    Das Vanner-Team spricht häufig heikle Themen in seinen Projekten an. Es will dem Publikum, insbesondere den jüngeren, zeigen, dass wir alle irgendwann einmal gesellschaftlichem Druck ausgesetzt waren. Sei es die Universität, die wir besuchen wollten, der Beruf, den wir ausüben wollten, ein Lebensstil, eine bestimmte Sichtweise und unsere Entscheidungen im Allgemeinen. Wir wollten mit diesem Projekt, mit der Aufführung „Bestiar“, einen sicheren Raum schaffen, in dem sie sich ausdrücken können, in dem sie sehen, dass sie nicht allein sind, und in dem sie sich wohler fühlen, wenn sie ihre Individualität zum Ausdruck bringen. 

    Doch wie hat sich das Projekt „Bestiar“ entwickelt? Welche künstlerischen Forschungs- und Ausdrucksmethoden wurden bei dem Projekt angewandt? Diese Fragen stellten wir Anca Spiridon, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbereich.

    Während des Projekts haben wir eine Reihe von Workshops mit Teenagern und Jugendlichen veranstaltet. Als Feedback erhielten wir die Idee, dass die Gesellschaft in der Tat ziemlich viel Konformität von ihnen zu verlangen scheint. Sie haben das Gefühl, dass sie besser beherrschbar sind, dass es besser ist, fügsam zu sein, als ihre Meinung zu äußern oder ihre Persönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Und das bestärkte uns in der Überzeugung, dass wir eine gute Diskussion eröffnet haben und dass wir einen Rahmen bieten können, in dem Individualität zum Ausdruck kommen kann.

    Wir haben die Metapher der Opfertiere eben als Ausgangspunkt benutzt, um Stereotypen und Konformität zu untersuchen. Diese bedeutet vielleicht die Opferung des Selbst, der Persönlichkeit. Das Team Vanner ging von der Idee aus, dass man, wenn man sich anpasst, einen Teil von sich selbst verliert, man verliert, was man werden könnte. Man verliert den Stamm, die Herde, die eigentlich zu einem gehört, wenn einem gesagt wird, man solle sich an Normen und Standards anpassen.

    Am Ende unseres Gesprächs erzählte uns Anca Spiridon von der Theateraufführung „Bestiar“, die das Endergebnis des gesamten Projekts war.

    Die Aufführung „Bestiar“ basiert auf einem neuen dramatischen Text, der von Raluca Mănescu und Denisa Nicolae, Mitbegründerin des Vanner Colective, geschrieben wurde. Denisa Nicolae ist auch für das Konzept und die Regie verantwortlich. Das Team besteht aus langjährigen Mitarbeitern des Vanner Colective, aber die Schauspieler, die in „Bestiar“ zu sehen sein werden, sind allesamt sehr junge Schauspieler.  

    Mit „Bestiar“ wollte sich das Team des Vanner Collective den Jugendlichen nähern, über ihre spezifischen Probleme sprechen und mit ihnen in einen dauerhaften Dialog treten. Es wollte deren Herausforderungen auch einem Publikum präsentieren, das sie vielleicht in der heutigen Form nicht erlebt hat oder das sich vielleicht nicht an sie erinnert. Eltern, Lehrer und Freunde sollen sich mit dem Druck der sozialen Medien auseindandersetzen.