Tag: Vergewaltigung

  • Gewalt gegen Frauen:  Barometer für 2022 zeigt  differenziertes Bild

    Gewalt gegen Frauen: Barometer für 2022 zeigt differenziertes Bild





    Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine dramatische Realität in allen europäischen Ländern, und sie macht auch vor Rumänien nicht halt. In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Ma‎ßnahmen ergriffen, um die Täter zu bestrafen und Frauen vor Übergriffen zu schützen, die sich hauptsächlich gegen sie richten. Dazu gehören z.B. einstweilige Verfügungen und Tätern das Tragen von elektronischen Armbändern aufzuerlegen.



    Die von der rumänischen Polizei erfassten Daten über häusliche Gewalt zeigen, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 18 507 Frauen Opfer von Gewalt wurden, darunter 18 Fälle von Mord, 13 Mordversuche und 12 801 Körperverletzungen. Experten sind jedoch der Ansicht, dass die vorhandenen Daten nach wie vor nicht aussagekräftig sind, da sich die Statistiken nur auf körperliche Gewalt beziehen, ohne die anderen Arten von Gewalt gegen Frauen zu berücksichtigen, die im rumänischen Gesetz beschrieben sind. Ionela Băluță, Professorin an der Fakultät für Politikwissenschaft der Universität Bukarest und Mitverfasserin des Barometers für geschlechtsspezifische Gewalt im Jahr 2022, erklärt, warum umfassende Informationen notwendig sind:



    Im Mittelpunkt dieses Barometers steht die Gewalt gegen Frauen. Wie wir in der einleitenden Studie dargelegt haben, war unser Anliegen, auf die Art und Weise einzugehen, wie das Phänomen sowohl im akademischen Bereich als auch im politischen Diskurs betrachtet und erklärt wird. Übrigens hat Rumänien ja auch die Istanbul-Konvention ratifiziert und im vergangenen Jahr eine erste Bewertung vorgenommen. Dieses Übereinkommen verfügt über einen internationalen Überwachungs- und Bewertungsausschuss namens GREVIO, der Länderberichte erstellt. Und im Länderbericht über Rumänien ist einer der Punkte, der von den GREVIO-Experten nachdrücklich als negativ hervorgehoben wird, die Erhebung von Daten. Wenn wir den online verfügbaren und in einschlägigen Kreisen bekannten GREVIO-Bericht lesen, dann stellen wir fest, dass wir keine handfesten Daten über Gewalt gegen Frauen haben. Dies ist eines der grö‎ßten Probleme, denn wir können keine angemessenen politischen Ma‎ßnahmen fordern, wenn wir nicht genau wissen, wie das Phänomen Gewalt gegen Frauen tatsächlich gewichtet ist. Zweitens wird dadurch auch deutlich, dass die Geschlechterperspektive in der Art und Weise, wie die rumänischen Behörden die Gesetzgebung geändert und die öffentliche Politik gestaltet haben, nicht oder nur unzureichend berücksichtigt wird.“



    Das vom FILIA-Zentrum (einer feministischen NGO) koordinierte und durch einen Zuschuss der deutschen Botschaft in Bukarest finanzierte Gender Violence Barometer 2022 ist erst die zweite Studie zu diesem Thema seit 2003. Damals hie‎ß die Untersuchung Barometer für häusliche Gewalt“ und hatte somit einen engeren Begriff im Mittelpunkt. Dennoch sei es möglich, die 20 Jahre auseinanderliegenden Daten zu vergleichen, sagt die Politikwissenschaftlerin Ionela Băluță:



    Ich glaube nicht, dass wir nach diesem Vergleich sagen können, dass wir einen spektakulären Fortschritt in Bezug auf das Bewusstsein, die Sensibilisierung und die Ablehnung von Gewalt gegen Frauen erzielt haben. Die Toleranz gegenüber körperlichen Übergriffen hat sich in der Tat deutlich verschoben. Es wäre ziemlich bösartig, Schläge, Ohrfeigen und sogar Beleidigungen nicht als körperliche Übergriffe zu bezeichnen. Selbst aus unserem Barometer geht hervor, dass diese Erscheinungsformen als Formen der Gewalt anerkannt werden. Im Vergleich zu 2003 hat der Grad der Ablehnung stark zugenommen. Im Allgemeinen werden diese Formen der Gewalt von mehr als 80 % der Bevölkerung abgelehnt, was 2003 noch nicht der Fall war. Bei den weniger bekannten Formen der Gewalt, die jedoch im Gesetz verankert sind, d.h. soziale Gewalt, wirtschaftliche Gewalt und psychologische Gewalt, ist hingegen nur eine leichte Zunahme der Ablehnung zu verzeichnen. Es ist nicht viel, aber es sind immerhin sieben Prozent. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Gegenwärtig halten etwa 25 % der Befragten es für kaum oder gar nicht schlimm, wenn eine Frau ihr Geld nicht nach Belieben ausgeben darf, wenn eine Frau nicht ohne Begleitung ihres Partners aus dem Haus gehen darf oder wenn eine Frau keinen Freundeskreis haben darf.“




    Weitere Daten des Barometers zur Gewalt gegen Frauen zeigen ein in Teilen der Bevölkerung ebenfalls rückständiges Bild: 19 % der Befragten halten es für kaum oder überhaupt nicht verwerflich, wenn eine Frau vergewaltigt wird, nachdem sie zugestimmt hat, in das Haus eines Mannes mitzugehen, und 12 % finden es nicht verabscheuenswert, wenn eine aufreizend gekleidete Frau vergewaltigt wird. Ionela Băluță kommentiert:



    Wenn wir uns die Einstellung zu Vergewaltigungen ansehen, werden die in der Bevölkerung weit verbreiteten Stereotype sehr deutlich. Und je niedriger das Bildungsniveau oder je patriarchalischer die Werte sind, desto besorgniserregender sind die Prozentzahlen. Selbst wenn die Befragten beispielsweise eine Vergewaltigung für inakzeptabel halten und diese von der Mehrheit als sehr schwerwiegende Straftat angesehen wird, wollten wir herausfinden, was die Menschen denken, die eine andere Einstellung dazu haben. Denn auf die Frage, was sie davon halten, wenn eine Frau vergewaltigt wird, nachdem sie zugestimmt hat, mit einem Mann zu ihm nach Hause zu gehen, kommt die Antwort, dass es in so einem Fall nicht mehr so schlimm sei. Als ob, wenn Frauen in ihrem sozialen Leben sich mit Männern verabreden, um bestimmte Orte aufzusuchen, oder zu sich oder zu ihm zu gehen, um sich zu unterhalten, die Vergewaltigung automatisch dazugehören würde. Das hört sich an, wie wenn man sagen würde: »Passt ja auf, ihr Frauen, wenn ihr dem einem oder dem anderen Vorschlag eines Mannes zustimmt!« Leider glaubt ein gro‎ßer Teil der Menschen in Rumänien, die so denken, dass Frauen in solchen Fällen eine Vergewaltigung stillschweigend hinnehmen müssten. Und es gibt noch etwas, das besorgniserregend ist. Wir haben insbesondere gefragt: »Wie schlimm ist es Ihrer Meinung nach, wenn ein minderjähriges Mädchen Sex mit einem erwachsenen Mann hat?« In Wirklichkeit gibt es diese Situation gar nicht. Eine Minderjährige kann von einem Mann nur vergewaltigt werden. Zumindest nach dem Gesetzestext, wenn wir uns nicht mit anderen Fragen der Ethik, Moral usw. befassen, denn die juristische Definition besagt, dass man in dem Moment, in dem man einer Handlung nicht ausdrücklich zustimmt, man genötigt wird, etwas zu tun. Aber unsere Befragten erachteten es als weniger schlimm, wenn eine Minderjährige Sex mit einem erwachsenen Mann hat, als wenn eine Frau von einem Fremden vergewaltigt wird.“




    Mit dem Barometer für Gewalt gegen Frauen 2022 wollten die Autorinnen dem Mangel an offiziellen Daten über die Verbreitung geschlechtsspezifischer Gewalt in all ihren Formen entgegenwirken. Es soll ferner auch den Behörden als Arbeitsinstrument dienen, um geeignete Ma‎ßnahmen von der Politik zu fordern.

  • Ein Mordfall erschüttert ganz Rumänien

    Ein Mordfall erschüttert ganz Rumänien

    Gheorghe Dincă, der 60-jährige Automechaniker aus der südrumänischen Kleinstadt Caracal hat am Sonntag gestanden zwei Mädchen entführt, der Freiheit beraubt, vergewaltigt und getötet zu haben. Die 15-jährige Alexandra Măceşanu war am Mittwoch als vermisst gemeldet worden. Am Donnerstag hat sie dreimal die Notrufnummer 112 gewählt. Obwohl das Mädchen Angaben zum Ort an dem sie festgehalten wurde gemacht hat, konnten die Behörden sie nicht genau orten. Es dauerte ganze 19 Stunden bis die örtliche Polizei den mutma‎ßlichen Tatort stürmen konnte, zuvor wurde das Mädchen an drei falschen Adressen gesucht.




    Die Ordnungskräfte behaupten nun, unter anderem, der federführend Staatsanwalt habe ihnen nicht erlaubt das Haus des Tods“ vor Freitag, um 6 Uhr in der Früh zu durchsuchen. Der Täter, Gheorghe Dincă hat gestanden, Alexandra gleich nach den letzten Notruf getötet zu haben. Die Ermittler gehen davon aus, dass er ihren Körper verbrannt hat. In einem Küble in Hof haben die Ermittler verbrannte menschliche Überreste und Schmuckstücke, die dem Mädchen gehört haben, gefunden.




    Ein ähnliches Schicksal erlitt im April dieses Jahres die 18-jährige Luiza Mihaela Melencu, die von ihrer Familie als vermisst gemeldet wurden war. Gheorghe Dinca, der ursprünglich des Menschenhandels mit Kindern und Vergewaltigung beschuldigt worden war, wird nun, nach der Schuldbekenntnis, des Mordes aus niedrigen Beweggründen angeklagt. Psychiater weisen darauf hin, dass der Beschuldigt ein Serienmörder sein könnte, der für längere Zeit unentdeckt sein Unwesen getrieben habe. Darum könnte die Akte Caracal, erst am Anfang einer Reihe von grausigen Enthüllungen stehen.




    Am Freitag, nach dem die ersten Informationen bekannt wurden, versammelten sich vor dem Haus des Täters zahlreiche Schaulustige aber auch viele Menschen, die ihrer Wut gegenüber der Inkompetenz der Behörden freien Lauf gelassen haben. Proteste gegen die Behörden hat es am Wochenende in Bukarest und anderen rumänischen Gro‎ßstädten gegeben.




    Die Entlassungen des Leiters der rumänischen Polizei, des Leiters der lokalen Polizei und des Präfekten des Landkreises Olt, haben die empörten Menschen nicht beruhigt. Kürzlich ist auch der Leiter des geheimen Kommunikationsdienstes zurückgetreten. Landespräsident Klaus Iohannis hat für Dienstag einen umfassenden Bericht der Geschehnisse in Caracal vor den Obersten Landesverteidigungsrates gefordert. Der Präsident erklärte, die Amtsenthebung all jener, die sich mit dem Fall befasst haben ist unumgänglich aber nicht ausreichend. Es müssen die Ursachen, die zu diesem Drama geführt haben ausgeschlossen werden. Er übte auch scharfe Kritik an der Regierungsmehrheit und forderte diese auf, die Strafgesetzgebung zum Zweck der Verteidigung der grundlegenden Rechte zu ändern und nicht zur Verteidigung der Straftäter. Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă, beschloss unterdessen eine Arbeitsgruppe zu bilden, welche die Reaktionszeit auf kritische Situation verringern soll.


  • Häusliche Gewalt: Krisenzentrum für Vergewaltigungsopfer gegründet

    Häusliche Gewalt: Krisenzentrum für Vergewaltigungsopfer gegründet

    Vergewaltigung ist ein Trauma mit langfristigen Folgen. Die statistischen Daten der Polizei spiegeln das Phänomen nur zum Teil wider, denn die meisten Opfer erstatten keine Anzeige. Um diese Menschen zu unterstützen, hat die Nationale Agentur für Chancengleichheit für Männer und Frauen kürzlich in der Uni-Klinik in Bukarest das erste Pilot-Krisenzentrum für Vergewaltigungsfälle eröffnet. Opfer von sexuellem Missbrauch werden an diesem Ort die Unterstützung und Hilfe erhalten, die sie brauchen, wie Graţiela Drăghici, Staatssekretärin der Nationalen Agentur für Chancengleichheit für Männer und Frauen, versichert:



    Wir wollen, dass dieses Vorgehen ein starkes Signal an alle Frauen in Rumänien sendet, ein Signal der Unterstützung, ein Signal des Vertrauens, indem ein neues Modell guter Praxis für ein integriertes Management der Vergewaltigungsfälle geschaffen wird, ausgehend von einer traurigen Realität. Das hei‎ßt, die meisten Frauen erstatten aufgrund von Stereotypen und Mentalitäten entweder keine Anzeige bei der Polizei oder geben die Schritte auf, die erforderlich sind, damit der Täter schlie‎ßlich betraft wird. Der erste wichtige Schritt bestand darin, das Nationale Institut für Gerichtsmedizin zu bitten, eine Lösung zu finden, die es Ärzten in der Notaufnahmeeinheit ermöglicht, biologische Proben mit Hilfe eines Standard-Kits für biologische Probenahmen zu entnehmen. Das ist in Fällen von sexueller Gewalt unbedingt nötig. Die gesamte Arbeit und das Management wird von der Notaufnahme übernommen, so dass die Frau nicht mehr hin und her muss und ein sehr gro‎ßer Prozentsatz der Opfer diesen Schritt nicht aufgibt und den ganzen Weg für die Bestrafung der Vergewaltiger geht.“




    Graţiela Drăghici erklärte uns weiter wie dieses Zentrum funktionieren wird.



    Die erste Bedingung ist, dass die Frau die Vergewaltigung anzeigt, dann aktiviert der Arzt in der Notaufnahme die operative Einheit in der Nähe der Uni-Klinik. Das ist eine Einheit, die auf Verbrechen spezialisiert ist. Sie kommen in die Notaufnahme und fordern die Zustimmung des Opfers zur Einreichung der Beschwerde. Mit dieser Beschwerde können wir sagen, dass wir rechtlich einen Vergewaltigungsfall haben. Darüber hinaus werden biologische Proben auf der Grundlage des vom Nationalen Instituts für Gerichtsmedizin zur Verfügung gestellten Standardkits entnommen. Das Opfer wird dann in ein Heim für Opfer häuslicher Gewalt gebracht, wo die Person Unterkunft, psychologische Beratung und Rechtsberatung erhält, so dass es zur Bestrafung des Angreifers kommt.“




    Das Projekt wird auf nationaler Ebene erweitert, so dass die Zahl der sexuellen Übergriffe reduziert wird. Momentan ist die Situation besorgniserregend: 46 Frauen und 12 Kinder kamen im vergangenen Jahr aufgrund von Gewalt durch ehemalige oder gegenwärtige Partner oder andere Familienmitglieder ums Leben. Alle zwei Tage gibt es einen Fall, in dem ein Minderjähriger sexuell missbraucht wird, aber viele Fälle werden nicht gemeldet. Schwerwiegender ist, dass 55% der Rumänen Vergewaltigung in bestimmten Situationen für gerechtfertigt halten. Graţiela Drăghici dazu:



    Aus den Daten der rumänischen Polizei für 2017 geht hervor, dass über 500 Vergewaltigungsfälle gemeldet wurden, gegen die ermittelt wurde und bei denen es zur Bestrafung des Täters kam. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Zahlen für 2018 noch nicht endgültig, aber es gab etwa 450 Fälle. Der folgende Aspekt muss aber beachtet werden. Ein signifikanter Prozentsatz der Opfer, wenn wir über das Phänomen der Gewalt sprechen, der laut einigen Statistiken bei 70% liegt, sei es häusliche Gewalt oder sexuelle Gewalt, erstattet keine Anzeige. Daher beziehen sich diese Zahlen nur auf Fälle, die gemeldet wurden, die der Polizei zur Kenntnis gebracht wurden, und auf Fälle, die mit der Bestrafung der Angreifer abgeschlossen wurden.“




    Feministische Organisationen in Rumänien begrü‎ßen die Initiative der Nationalen Agentur für Chancengleichheit für die Errichtung des Krisenpilotzentrums für Vergewaltigungsfälle. Andreea Braga, Exekutivdirektorin des Filia Centers, einer feministischen Organisation, die Gender-Ungleichheiten durch Aktivismus, Fürsprache und Forschung bekämpft, meint dazu:



    Dies ist ein zusätzlicher Schritt zu dem, was wir bisher hatten, weil es kein Krisenzentrum für Opfer sexueller Gewalt gab. Leider reicht es nicht aus. Wir sind sehr weit entfernt von einer Gesellschaft, in der wir uns auf die Rechte der Opfer konzentrieren und ihnen den richtigen Schutz in dem Sinne bieten, dass ein gro‎ßer Bedarf an Fachleuten besteht, die wissen, wie sie mit sexuellen Traumata umgehen. Es gibt viele Situationen, in denen leider die Vorurteile über die Schuld des Opfers weiterverbreitet werden, und dann befinden sie sich häufig in einer Situation, in der sie erneut traumatisiert werden. Hinzu kommt das Hin und Her, mit dem sich das Opfer konfrontiert, weil es über das Trauma, das es erlebt hat, viele Male berichten muss, und das setzt das Opfer einem Risiko der Retraumatisierung aus. Das hei‎ßt, es ist kein System, das darauf abzielt, das Opfer zu schützen und die Risiken zu minimieren, so wie in anderen europäischen Ländern. Gleichzeitig brauchen wir Bildung und Bildungspolitik, die uns zeigen, was Einwilligung bedeutet. Viele Fälle von sexueller Gewalt, Vergewaltigung, Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen, sexuellen Übergriffen werden nicht gemeldet, da sie im Verborgenen begangen werden.“