Tag: Verpflegung

  • Arbeitsmigration aus Drittländern: immer mehr asiatische Arbeitnehmer in Rumänien beschäftigt

    Arbeitsmigration aus Drittländern: immer mehr asiatische Arbeitnehmer in Rumänien beschäftigt

     

     

    Rumänien konfrontiert sich seit geraumer Zeit mit einer negativen Demographie, einer immer älter werdenden Bevölkerung und einer massiven Auswanderung. Das hat auch zu einem Mangel an Arbeitskräften auf dem rumänischen Markt geführt. Aus diesem Grund hat die rumänische Regierung in den letzten Jahren versucht, den Mangel an Humanressourcen in bestimmten Wirtschaftszweigen durch das Heranziehen von Arbeitskräften aus sogenannten Drittländern von außerhalb der EU auszugleichen.

     

    So wurde in den letzten drei Jahren (beginnend mit 2022) – mit grünem Licht aus Brüssel – jährlich jeweils ein Kontingent von 100 000 Arbeitsvisa für Arbeitnehmer aus nicht-europäischen Ländern genehmigt. Nach Angaben der Generalinspektion für Einwanderung wurden z.B. im Jahr 2023 mehr als 101 000 Arbeitsgenehmigungen an Nicht-EU-Bürger erteilt, wobei die meisten aus Nepal (über 23 000), Sri Lanka (22 000), Bangladesch (18 000) und Pakistan (über 8 000) kamen. Die Daten von der Einwanderungsbehörde zeigen auch ein erhebliches geschlechtsspezifisches Gefälle – fast 90 Prozent der Neuankömmlinge im Jahr 2023 waren Männer. Die wichtigsten Wirtschaftszweige, die diese Arbeitnehmer beschäftigten, sind das Hotel- und Gastronomiegewerbe, Fabriken und Industrieanlagen, Bauwesen und Reinigung. Denselben Angaben zufolge fallen insbesondere Arbeitnehmer aus Sri Lanka schwer ins Gewicht: 2022 entfielen mehr als 50 % der EU-weit erteilten Arbeitsgenehmigungen an Bürger Sri Lankas auf Rumänien.

     

    Beim Thema ausländische Arbeitnehmer muss man jedoch auch über ihre Rechte auf faire und sichere Arbeitsbedingungen sprechen, die sie vor möglichem Missbrauch durch Arbeitgeber schützen. Nicht wenige der in letzter Zeit veröffentlichten Presseartikel und Recherchen berichten über eine prekäre Situation, in der sich diese Menschen befinden. Sie leben und arbeiten in einem Land, dessen Sprache sie nicht beherrschen und dessen Gesetze sie nicht kennen, und sind somit dem Risiko ausgesetzt, ausgebeutet, getäuscht oder auf dem illegalen Arbeitsmarkt beschäftigt zu werden – oftmals sind es Umstände, für die sie nicht verantwortlich sind. Arbeitswillige ausländische Staatsangehörige zahlen häufig exorbitante Summen an Arbeitsvermittler, so dass sie Kredite von 4 000 bis 10 000 Euro aufnehmen, die sie in Raten von ihrem in Rumänien verdienten Gehalt zurückzahlen müssen. Außerdem geben viele an, sie hätten Familienschmuck verpfändet, Grundstücke verkauft, sich an Banken gewandt oder die Eigentumsurkunden ihrer Familienhäuser und Grundstücke in der Heimat als Bürgschaft hinterlegt, um einen Arbeitsplatz in Rumänien vermittelt zu bekommen.

     

    Diese Umstände bringen sie in ein Abhängigkeitsverhältnis zu rumänischen Arbeitgebern, die somit ein leichtes Spiel haben, die Grundrechte dieser Arbeitnehmer zu verletzen. Anatolie Coșciug, Wissenschaftler und stellvertretender Leiter des Zentrums für vergleichende Migrationsstudien, spricht im folgenden über Fälle von Missbrauch, die durch Recherchen aufgedeckt wurden:

     

    Wir haben versucht herauszufinden, ob die Fälle von Missbrauch, von denen wir gehört oder gelesen hatten, eine Ausnahme sind, ob es sich um Einzelfälle handelt oder ob es sich um eine systematische Sache handelt; und falls es sich um eine systematische Ausbeutung handelt, wollten wir wissen, warum das passiert. Und hier gibt es migrationspolitische Faktoren, sozialpolitische Faktoren im Allgemeinen, es geht also nicht nur um die Migration an sich, sondern auch um allgemeine gesellschaftliche Zustände. Dadurch sind Einwanderer und Arbeitsmigranten besonders exponiert. Und wir schlagen einen menschenrechtszentrierten Ansatz vor. Denn es ist unglaublich, dass fast niemand über sie als Menschen spricht, die Rechte haben, die verletzlich sind, die in gewissem Maße geschützt werden müssen. Das kam mir absolut ungewöhnlich vor – in Gesprächen mit ihnen, mit NGO und mit anderen Akteuren hatte niemand diese Menschenrechtsperspektive.“

     

    Doch wie sehen typische Fälle von Missbrauch aus, mit denen sich außereuropäische Arbeitsmigranten in Rumänien konfrontieren? Anatolie Coșciug vom Zentrum für vergleichende Migrationsstudien führt weiter aus:

     

    „Wir haben versucht, die wichtigsten Menschenrechte ein wenig zu betrachten, um zu sehen, wie ihre Auslegung hierzulande in unterschiedlichen konkreten Situationen realisiert wird. Wir haben zum Beispiel das Recht auf einen Arbeitsplatz unter menschenwürdigen Bedingungen, das Recht auf eine angemessene Wohnung, die Familienrechte und das Recht auf Ausbildung unter die Lupe genommen. Überraschenderweise haben wir in jeder Kategorie mehrere Fälle gefunden, in denen diese Rechte verletzt wurden. Einige davon sind schwerwiegender, wie z.B. die angemessene Unterbringung – das scheint mir eine ziemlich ernste Situation zu sein. Die meisten befragten Arbeitsmigranten erzählten, dass sie in überfüllten Unterkünften wohnen; in Härtefällen haben die Menschen keinen Zugang zu Wasser, das vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Essen ist unzureichend im Verhältnis zur schweren Arbeit, die sie leisten müssen. Es gibt auch weniger gravierende Fälle, in denen aber dennoch elementare Menschenrechte in weniger sichtbarer Form verletzt wurden. Beispielsweise sind das Recht auf Familienzusammenführung oder auf Familiennachzug zwar theoretisch verankert, doch in der Praxis ist es ein langwieriger und komplizierter Prozess. Der Familiennachzug wird oft vom Arbeitgeber, von der Regierung des Herkunftslandes wie von der Regierung in Rumänien behindert oder abgelehnt.“

     

    Eine Änderung dieser Zustände sei überfällig, meinte noch der Migrationsforscher Anatolie Coșciug – alle Beteiligten – von den staatlichen Institutionen über den privaten Sektor bis hin zur rumänischen Bevölkerung im Allgemeinenmüssten noch lernen, wie man Neuankömmlinge und Migranten fair behandelt und angemessen integriert.

  • Armutsbekämpfung: Erste Maßnahmen des Regierungsplans umgesetzt

    Armutsbekämpfung: Erste Maßnahmen des Regierungsplans umgesetzt

    Rumänien gehört in Sachen Armut und soziale Ausgrenzung zu den Schlusslichtern in der EU. Laut Eurostat fallen 40% der Bevölkerung unter diese Kategorie. Im Februar hat die rumänische Regierung einen Plan zur Armutsbekämpfung erarbeitet. Mit den 47 Ma‎ßnahmen des Pakets soll ein integrierter Ansatz für alle Probleme der anfälligen Gruppen und Personen gewährleistet werden. Die meisten Ma‎ßnahmen sind auf Kinder gerichtet. In Rumänien leben über 1,7 Millionen Kinder, vor allem in ländlichen Gebieten, unter der Armutsgrenze.



    Acht Monate nach dem Start des Armutsprogramms präsentierte die Regierung erste Ergebnisse sowie die demnächst anstehenden Ma‎ßnahmen. Die Armut in Rumänien sei eine Folge der Korruption und der Art und Weise, in der öffentliche Ressourcen verwaltet würden, sagte Ministerpräsident Dacian Cioloş.



    Solange wir diese Mentalität nicht ablegen können, die Korruption überhaupt möglich macht, werden wir auch die Armut nicht ausrotten können. Wir haben unsere Anstrengungen vor allem auf die Freisetzung bestimmter Ma‎ßnahmen gerichtet, die es zwar gab, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht umgesetzt wurden. Wir haben versucht, Verfahren zu vereinfachen, Institutionen und verantwortliche Personen zu vernetzen, die bislang getrennt und unkoordiniert arbeiteten. Dann haben wir unterschiedliche Finanzierungsinstrumente aus dem Staatshaushalt, aus europäischen Fördermitteln und anderen Quellen kombiniert, die jeweils dasselbe Ziel verfolgten, allerdings ineffizient waren, weil sie separat eingesetzt wurden. Wir sind von dem Grundgedanken ausgegangen, dass, wenn diese nützlichen Ma‎ßnahmen einmal freigesetzt sind, sie sich unumkehrbar vermehren können, vorausgesetzt, sie werden verantwortlich und gründlich angewendet. Dann ist es wichtig, jenseits der Initiativen des Staates die effizientesten Wege für eine Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft zu finden. Das gilt sowohl für die Umsetzung der Ma‎ßnahmen als auch für deren Weiterverfolgung.“




    In Rumänien leidet ein Kind von drei derzeit unter anhaltender Armut. Auch wenn die offiziellen Statistiken dazu fehlen, wird geschätzt, dass über 150.000 Jugendliche und Kinder unter 14 keine personenbezogenen Dokumente besitzen. Ferner ist die Schulabbrecherquote relativ hoch. Einer von fünf Jugendlichen schmei‎ße die Schule nach Erreichen des 18. Lebensjahrs, erklärte Cioloş.



    Es gibt nach wie vor Kinder ohne Identität. Wir haben also Ma‎ßnahmen erarbeitet, die jedem Kind ermöglichen, personenbezogene Dokumente zu beziehen. Dafür müssen wir das Problem der Integration in den Kindergärten in Angriff nehmen. Hierzu haben wir ein Programm verwerten können, das von den Nichtregierungsorganisationen bereits mit Erfolg angewendet wurde und wir zur allgemeinen Anwendung umfunktionieren konnten. Dann haben wir festgestellt, dass viele Kinder nicht in die Schule kommen, weil sie nichts zum Anziehen haben und kein Essen zum Mitnehmen bekommen. Deshalb haben wir alte Programme neu aufgerollt, Obst in den Schulen oder eine warme Mahlzeit. Diese Programme haben wir aufbereitet, damit sie allgemein angewandt werden können. Momentan läuft das Pilotprojekt mit den warmen Mahlzeiten in den Schulen, anschlie‎ßend soll das After-School-Programm laufen.“




    Um die Beschäftigung zu stimulieren, wurden Anreize für die Unternehmer geschaffen: Ab dem 1. Dezember erhalten Firmen, die junge Absolventen oder Arbeitslose anstellen, eine von 500 auf 900 Lei (circa 200 Euro) erhöhte Subvention. Arbeitslose, die aus Arbeitsgründen ihren Wohnsitz über einen Umkreis von 50 Kilometern hinaus verlegen, haben Anspruch auf eine einmalige Prämie in Höhe von umgerechnet 2800 Euro.



    Indes sprach auch Bildungsminister Mircea Dumitru von einer Reihe von Ma‎ßnahmen zugunsten der Bildung. Die strategischen Projekte sollten bis Ende des Jahres greifen, sagte er.



    Ich möchte die Erweiterung des Landesprogramms für den Erwerb von Schulsachen für arme Familien bekannt geben. Es wird sich hierbei um ein umfassenderes Paket mit Beginn des kommenden Schuljahres handeln. Wir finden, dass auch Schulsachen für Kindergartenkinder angeboten werden können. Ferner wollen wir eine öffentliche Debatte für die Reform des Lehrplans im Pflichtunterricht starten, in den Gymnasialklassen 5-8. Wir schlagen einen beschleunigten Austausch zwischen den Experten vor, für die Erarbeitung eines leistungsfähigeren Modells zur Betreuung und Förderung der Lehrkräfte. Denn all diese Sozialma‎ßnahmen setzen gut ausgebildete und motivierte Lehrkräfte voraus, um im vollen Ausma‎ß zu greifen. Also brauchen wir eine verbesserte Lehrerausbildung. Und nicht zuletzt kündigen wir eine öffentliche Debatte über die veränderten Methoden zur Bewertung der Doktorschulen an. Das ist eine Folge unseres unentwegten Kampfes gegen den Betrug und die Korruption in der Bildung. Wir hoffen, dass demnächst sogar das gesamte Verfahren zur Bewertung der Doktorschulen anlaufen wird. So könnten die Universitäten hochwertige Studiengänge zur Ausbildung hochqualifizierter und leistungsfähiger Arbeitskräfte anbieten.“




    Die Armutsbekämpfung ist Ziel öffentlicher Politiken. Das Wirtschaftswachstum müsse allen dienen, erklärte au‎ßerdem Finanzministerin Anca Dragu.



    Es ist uns gelungen, Finanzquellen für neue Programme anzuzapfen, etwa die Programme »Jedes Kind im Kindergarten« und »Äpfel für die Kindergärten«. Ein Programm, das mir am Herzen liegt, ist »Eine warme Mahlzeit für die Schulen«. Daran war ich direkt beteiligt, dafür wurden umgerechnet 555 Millionen Euro zugewiesen. Es ist zwar ein kostspieliges Programm, aber es ist von wesentlicher Bedeutung für den Kampf gegen die Armut und für die Ausbildung der Jugendlichen, also für die Zukunft Rumäniens. Zu Beginn des Jahres haben wir 220 Millionen Euro für die Sanierung der Schulen freigegeben. Für die Berufsbildung werden wir ein Paket mit Steuervorteilen für private Bildungseinrichtungen schnüren. Im Laufe des Jahres haben wir die Finanzierung für mehrere Projekte aus den Bereichen Bildung, Gesundheit und für die Armutsbekämpfung generell gesichert. Bei der letzten Haushaltskorrektur im August haben wir zusätzliche Einkommen identifiziert und zusätzliche 120 Millionen Euro für die Gesundheit und über 200 Millionen Euro für die Bildung zugewiesen. Auch das Budget für die Sozialhilfe wurde um 600 Millionen Euro aufgestockt. Auch haben wir zusätzliche Finanzmittel für die Personalausgaben in den Schulen, das Programm »Obst in den Schulen« und für die Altersheime errechnet.“




    Gesundheitsminister Vlad Voiculescu sprach im Rahmen der Debatte über den Plan zur Armutsbekämpfung der Regierung vom Februar. Er erörterte das Verhältnis zwischen Armut und Gesundheit — die Armut sei für die ungesunde Ernährung der Bevölkerung verantwortlich, die logische Folge seien mehr Erkrankungen. Die Bürger würden billige Lebensmittel mit Konservierungsstoffen verzehren, weil ihnen das Geld fehle. Aus norwegischen Hilfen wurde die medizinische Karawane gestartet — dabei gehen Ärzte und Pfleger durch abgelegene Dörfer, in denen die ärztliche Versorgung fehlt. Au‎ßerdem arbeite man gerade an der Gesetzgebung zur Impfung — diese soll Anreize für Familien schaffen, die ihre Kinder ebenfalls aufgrund der armen Verhältnisse nicht impfen lassen. Rumänien stehen derzeit über 572 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Ländliche Entwicklung für die Fortsetzung der Armutsbekämpfungsprogramme zur Verfügung. Das Geld soll im Zeitraum 2014–2020 für Projekte zur sozialen Inklusion und Bekämpfung der Armut ausgegeben werden.

  • Hörerpostsendung 6.12.2015

    Hörerpostsendung 6.12.2015

    Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI. Ich hoffe, der Nikolaus war dieses Jahr gro‎ßzügig und hat Ihnen schöne Überraschungen beschert. In Rumänien überlisten Eltern die Kinder, ihre Schuhe am Vorabend des Nikolaustages zu putzen, sonst würde der Gute keine Geschenke bringen.



    Das Thema Flüchtlinge aus Nahost ist aktueller denn je. Auch einen Monat nach dem Hörertag, der sich damit auseinandersetzte, senden uns die Hörer immer noch ihre Meinung dazu. Es sind recht unterschiedliche Meinungen, ich lasse sie einfach so stehen, wie sie formuliert wurden, und beantworte dann auch eine Frage. So etwa schrieb uns Lutz Winkler (aus Schmitten im Taunus) nach der Sendung vom 1. November:



    Der Hörertag war an Aktualität nicht zu überbieten — die unterschiedlichen Meinungen kamen in der Sendung sehr gut zum Ausdruck. Ja, das Thema Flüchtlinge bewegt die Menschen. Meistens höre ich jedoch nur stumpfe Argumente und die Politik ist nicht in der Lage, diese vernünftig zu beantworten. Aber eigentlich ist es ja wie immer in der Politik: Lösungen werden nur kurzfristig gesehen und es wird nicht zugegeben, dass man eigentlich nicht wei‎ß, wie die Probleme zu lösen sind. Hier in Deutschland hätte ich mir einen Runden Tisch zu dem Thema gewünscht. Dieser sollte mir allen Beteiligten und Experten besetzt sein, und nicht nur politische Statements abgeben, sondern operativ arbeiten. So wären alle gesellschaftlichen Schichten an einer Lösung beteiligt, aber das bedeutet für die jetzige Regierung und die Menschen dahinter: Macht abgeben und zugestehen, dass sie die Lage nicht genau verstehen. Obwohl ich dies keinem Menschen zum Vorwurf machen würde. Vielleicht wäre dies aber auch ein Schritt zu mehr Ehrlichkeit in der Politik. Und somit auch ein Mittel gegen die die stumpfsinnigen Parolen der rechtspopulistischen Gruppen, die mit ihrem national-abendländischen Geschrei auch keinen Beitrag zur Problemlösung beitragen.




    Unser langjähriger Hörer Wolfgang Kühn (aus Rudolstadt, Thüringen) äu‎ßerte sich in einem Postbrief wie folgt:



    Leider kam für mich die Beteiligung am Hörertag (am 1. Nov. 2015) zu spät. Das Thema brennt uns natürlich, wie Sie sich denken, in Deutschland arg im Herzen! Unsere Frau Kanzlerin vertritt in ihren Ma‎ßnahmen und Reden zu dem Problem z.T. Ansichten, die nicht bei allen Einwohnern, besonders im östlichen Teil Deutschlands, gut ankommen. Man denkt hier auch an alliierte Bombenangriffe noch 1945 (z.B. am 13. Februar in Dresden) und an die Vertreibung aus dem Sudetenland, Preu‎ßen und Schlesien. Es gibt noch ausreichend Leute, die dieses Schicksal erlitten!




    Ulrich Wicke (aus Felsberg, in Hessen) äu‎ßerte sich nur knapp:



    Die Sondersendung zum Hörertag war ausgesprochen interessant. Ich denke, der massive Flüchtlingsstrom, den wir zurzeit erleben, wird Europa drastisch verändern. Aber wohl leider nicht zum Guten.




    Johann Ruff (aus Mühlheim, Hessen) ärgert sich über die Berichterstattung in den deutschen Medien, die seiner Meinung nach einseitig sei:



    Kurz zum Hörertag am 1.11. zum Thema Flüchtlinge: Hier in Deutschland herrscht ja zurzeit ein Medienrummel und ein Journalistenjubel wie schon lange nicht mehr. Kritische Stimmen und Demos (wie die Pegida) werden gleich in die rechte Ecke gestellt. Gerade einmal ein Abgeordneter (Bosbach) und zwei Journalisten äu‎ßern sich kritisch (Helmut Marktwort/Roland Tichy). Sonst ist meistens auch bei Journalisten alles auf einer Linie von Frau Merkel.




    Und schlie‎ßlich Frank Bresonik (aus Gladbeck, NRW) stellte in seinem Brief gleich mehrere Fragen zum Thema Flüchtlinge:



    Sehr geehrte Freunde von RRI!



    Es freut mich, Ihnen nach einer längeren Schreibpause diesen Brief auf Papier bringen zu können. Der Kontakt zu Ihrer Radiostation hatte aber auch in dieser Zeit einen gro‎ßen Stellenwert für mich, denn ich finde es nach wie vor lohnenswert, die Kurzwelle einzuschalten und die Deutsch-Programme von RRI zu hören, da ja auch die Empfangsqualität meistens gut bis sehr gut ist.



    Nun aber genug des Lobes und zur Frage, die ich an Sie habe und, wenn Sie es möchten, auch gerne beantwortet hätte. Sie bezieht sich auf die Flüchtlingswelle, die sich immer noch auf Europa zu bewegt. Wieviele der Asylsuchenden sind bisher in Rumänien angekommen und hoffen auf ein Bleiberecht in Ihrem Land? Aus welchen Staaten wanderten sie ein und wie gut sind die Bedingungen Ihrer Unterkünfte? Wie gro‎ß wird die Zahl der Asylanten sein, die Rumänien aufnehmen wird?



    Schon jetzt bedanke ich mich für die Beantwortung meiner mehrteiligen Frage.



    Ansonsten hoffe ich, dass es Ihnen allen gut geht und Sie bei bester Gesundheit sind.



    Mit lieben Grü‎ßen aus Gladbeck


    Ihr treuer Hörerfreund Frank Bresonik




    Vielen Dank für die Zuschriften, liebe Freunde. Um Ihre Fragen zu beantworten, habe ich auf der Webseite der rumänischen Einwanderungsbehörde nach aktuellen Infos gesucht. Vergeblich — die letzten Statistiken, die dort zur Verfügung stehen, sind vom ersten Semester des Jahres 2012. Das ist typisch für rumänische Behörden und Institutionen und macht es den Menschen schwer, zu relevanten Informationen zu kommen. Der Sender Realitatea TV brachte aber Ende August auf seiner Webseite ein paar Zahlen für die erste Jahreshälfte und berief sich dabei auf die Einwanderungsbehörde. Vermutlich haben sie die Info schriftlich von der Behörde bekommen, ich habe daher keine andere Wahl, als den Kollegen von diesem Nachrichtensender zu vertrauen und zitiere somit die dort veröffentlichten Zahlen. Demzufolge wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 insgesamt 744 Asylanträge in Rumänien registriert, was eine Zunahme der Anzahl um 12% im Vergleich zu 2014 darstellte. Die meisten Antragsteller kamen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. 691 Anträge wurden administrativ bearbeitet, in 224 Fällen wurde eine internationale Schutzform genehmigt. 109 Menschen erhielten den Flüchtlingsstatus, weitere 115 den sogenannten subsidiären Schutz. Subsidiär Schutzberechtigte sind Ausländer, denen trotz fehlender Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ein ernsthafter Schaden nach Artikel 15 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) droht. Als ernsthafter Schaden im Sinne dieses Artikels gilt: die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland, eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. 177 Personen, die 2015 Rechtsschutz in Rumänien erhielten, kamen auch in den Genuss von diversen Integrationsprogrammen.



    Bei der EU-Innenministerkonferenz Ende September wurden gegen die Opposition mehrerer Länder (darunter auch Rumänien) Flüchtlingsquoten durchgesetzt. Demnach hätte Rumänien in den kommenden zwei Jahren insgesamt 6.531 Flüchtlinge aufnehmen müssen. Davon würden im ersten Jahr 2.475 Flüchtlinge, die vorerst in Italien oder Griechenland gelandet sind, auf Rumänien verteilt — 585 aus Italien und 1.890 aus Griechenland. Ob dieser Umverteilungsplan auch umgesetzt wird, bleibt offen. Der offizielle Standpunkt Rumäniens war damals, dass Rumänien eine Kapazität für höchstens 1.785 Flüchtlinge habe. Diesen Standpunkt vertraten sowohl der rumänische Staatspräsident als auch der damalige Innenminister. Nach den Attentaten in Paris hat die neue, national-konservative polnische Regierung angekündigt, sie wolle die EU-Quoten nicht mehr erfüllen. Und nach der Slowakei zieht nun auch die nationalkonservative Regierung von Ungarn gegen die Brüsseler Quotenpläne vor den europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Es ist also schwer, vorherzusagen, ob die Quotenregelung überhaupt noch umgesetzt wird.



    Hinsichtlich der Unterkünfte: Rumänien hat sechs Aufnahmezentren für Flüchtlinge — in Bukarest, in den Donaustädten Galaţi (im O) und Giurgiu (im S), in der westrumänischen Stadt Timişoara (Temeswar), im nordostrumänischen Rădăuţi (dt. Radautz) und in der Marmarosch (ebenfalls im N). Die maximale Kapazität beträgt insgesamt 1.500 Plätze, davon waren Ende September etwa 20% ausgelastet. Nach der Quotenregelung war auch die Rede davon, dass Rumänien mit Hilfe von EU-Geldern u.U. neue Aufnahmezentren für Flüchtlinge errichtet oder die bereits bestehenden ausbaut.



    Zwei Reporter des Nachrichtenportals Hotnews haben Anfang September die Bukarester Unterkunft für Flüchtlinge besucht und desolate Zustände festgestellt. Ein ehemaliges Heim für ledige Arbeitnehmer, wie es in der kommunistischen Verwaltungssprache bezeichnet wurde, ist 1999 zum Flüchtlingsheim umfunktioniert worden und bietet 320 Unterkunftsplätze. Der Plattenbau ist umzäunt, von den Fassaden fällt der Putz runter, die Fenster sind vergittert. Kurz vor dem Besuch eines TV-Teams habe man die Fassade teilweise frisch gestrichen, erzählte ein Anwohner. Für die Verpflegung der Flüchtlinge mit Essen gibt der Staat laut Gesetz gerade mal 3,60 Lei pro Tag und Person aus — das sind umgerechnet 80 Eurocents und selbst für rumänische Verhältnisse unter jeder Kritik. Eine Verordnung des Innenministeriums von 2014 sieht allerdings vor, dass Asylbewerber drei Mahlzeiten am Tag erhalten müssen oder 3.645 Kalorien. Wie das mit 80 Cents pro Tag zu bewerkstelligen ist, bleibt mir ein Rätsel. Aus Gesprächen der Reporter mit den dort untergebrachten Leuten ging jedoch hervor, dass die Asylanten auf Spenden aus der Nachbarschaft oder von einer muslimischen Organisation angewiesen sind.



    Die Regierung wollte die Ausgaben für die Verpflegung der Asylbewerber erhöhen — auf umgerechnet knapp 2,30 Euro pro Tag und Person. Insgesamt werden die Ausgaben um etwa 1.100 Euro aufgestockt, die Zuwendungen vom Staatshaushalt um knapp 182.000 Euro für die rund 400 Asylbewerber, die in Bukarest untergebracht sind. Insgesamt wird Rumänien nächstes Jahr Schätzungen zufolge knapp 1,6 Mio. Euro für die Verpflegung der Flüchtlinge ausgeben. Als Kalkulationsbasis ging man von 1.200 Asylbewerbern aus.



    Es liegt also auf der Hand, dass Asylbewerber es schwer in Rumänien haben. Zwar gibt es hierzulande keine nennenswerte Stimmungsmache gegen Flüchtlinge wie in Ungarn oder Polen, doch ein begehrtes Zielland wird Rumänien aufgrund der prekären Unterkunftsmöglichkeiten und Verpflegung sicherlich nicht werden. Und schlie‎ßlich sollte man tatsächlich überlegen, ob eine Quotenregelung wirklich sinnvoll ist. Ich finde, es ist keine menschenwürdige Lösung, wenn Asylbewerber in irgendwelchen heruntergekommenen Unterkünften elendig vor sich hin vegetieren.




    Ich hoffe, mit diesen Informationen Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben und gehe damit zur Posteingangsliste über. Postbriefe erhielten wir von Hannu Kiiski (Finnland), Sandro Blatter (Schweiz) sowie von Michael Knohf, Michael Willruth, Christoph Paustian (danke für die Zeitungsausschnitte), Uwe Haferkorn, Peter Thränert, Dietmar Weigelt (danke für das Foto mit dem Potsdamer Theater an der Havel und für den Aufkleber), Michael Völlger, Hans-Peter Themann, Thomas Jeske, Peter Möller, Klaus Huber, Heiner Finkhaus und Detlef Jurk (alle aus Deutschland).



    E-Mails erhielten wir bis Sonntagmittag von Josef Robl (Österreich), Wladimir Saworoschkin (Minsk, Wei‎ßrussland), Ramano Rao (im Namen eines DX-Clubs in Hyderabad, Indien) sowie von Klaus Nindel, Bernd Seiser, Beate Hansen, Erik Öffinger, Andreas Pawelczyk, Michael Geissler, Herbert Jörger, Heinz-Günter Hessenbruch, Martina Pohl und Monika und Horst Kuhn (alle aus Deutschland).




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