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  • Märkte und Messen: teils virtuell, teils Freiluftveranstaltungen

    Märkte und Messen: teils virtuell, teils Freiluftveranstaltungen

    Die Pandemie verhindert uns, unsere Wohnungen allzu lange zu verlassen. Konzerte, Theateraufführungen, Einkäufe — alles wird in Online-Medien verschoben. Demnach mussten auch die schon traditionellen Märkte und Messen einen Ausweg finden. Alljährliche stattfindende Veranstaltungen wie z.B. die Tourismusmesse zogen ins Online-Umfeld um. Der traditionelle Frühlingsmarkt folgte allerdings nicht diesem Trend. Wie jedes Jahr haben die Kunden auch heuer die Möglichkeit, Märzchen (Frühlingsamuletten) und andere für den Frühlingsanfang typische Erzeugnisse, direkt am Markt zu erwerben. Allerdings unter Berücksichtigung manch zusätzlicher Hygiene- und Abstandsregeln.



    Traian Bădulescu ist Reiseberater. Er erzählte uns mehr über die diesjährige Online-Tourismusmesse:



    Die Tourismusmesse fand heuer zum aller ersten Mal online statt. Es war eine gro‎ße Herausforderung für die Veranstalter, die sich stark angestrengt haben, damit alles passt. Leider beteiligten sich nur wenige Reiseveranstalter daran. Die Plattform hat auf jeden Fall gut funktioniert, sie war durch eine gute Software unterstützt. An der diesjährigen Tourismusmesse beteiligten sich sowohl rumänische wie auch ausländische Reiseveranstalter, Unternehmen, Tourismusvereine und Organisationen. Wir wünschen uns alle, uns endlich direkt zu treffen. Die Pandemie verhinderte leider die tatsächliche Veranstaltung der Tourismusmesse, also mussten wir alles ins Virtuelle versetzen. Die meisten Messen in der Welt wurden dieses Jahr online organisiert, sogar World Travel Market in London. Und auch die Business-Tourismusmesse in Barcelona. Die virtuelle Dimension hat ihre Stärken gezeigt und ich glaube, wir sollten auch künftig einige virtuelle Komponenten bewahren. Also auch dann, wenn die Tourismusmesse wieder mit physischer Anwesenheit stattfinden wird. Rumänien kann und sollte auch online gefördert werden. Es ist schwierig, sämtliche bedeutende Reiseveranstalter nach Rumänien zu bringen. Doch das Online-Umfeld ermöglicht das. Ich würde auch künftig mehrere Business-Treffen online organisieren. Die virtuelle Dimension soll meiner Meinung nach ab jetzt nicht mehr vernachlässigt werden. Auch wenn sie künftig nicht mehr so stark betont werden soll. Ich hoffe, die Tourismusmesse Rumäniens wird bald wieder ihren Platz auf dem Romexpo-Ausstellungsgelände einnehmen. Doch wie gesagt darf Rumänien ab jetzt auf die Online-Komponente nicht mehr verzichten, weil sie das Land dadurch viel sichtbarer im Ausland wird.“



    Auch die beliebteste Buchmesse in Rumänien, Gaudeamus, findet heuer online statt. Die im Monat März stattfindende Buchmesse wird schon zum zweiten Mal in diesem Format veranstaltet. Der Frühlingsmarkt allerdings nicht. Die dem Märzchen gewidmete Veranstaltung findet nach wie vor live statt. Lila Passima, die Leiterin der Abteilung für Museale Ausbildung des Rumänischen Bauernmuseums, erklärte uns, warum eine derartige Tradition nicht gebrochen werden kann. Sie erzählte uns mehr über den sogenannten Märzchenmarkt:



    Ich will Ihnen zwei wesentliche Gründe nennen. Städtische Traditionen sind genauso wichtig wie ländliche Traditionen geworden. Wir veranstalten seit 15 Jahren den Märzchenmarkt. Die Veranstaltung kündigt die Ankunft des Frühlings an. Und sie hat immer im Hof des Bauernmuseum stattgefunden. Es ist ein alter Brauch und weist auf einen neuen Beginn und nach dem alten Kalender auf die Ankunft eines neuen Jahres hin. Wir feiern hierzulande mehrere Feste, die die Ankunft des Frühling preisen: Baba Dochia, Dragobete sind nur einige Beispiel davon. Der von uns veranstaltete Frühlingsmarkt ist ein Kulturakt. Die Märzchen sind ein Symbol für Gesundheit und Glück, sie greifen auf eine lange Tradition zurück. Als die Tradition auf die Städte übertragen wurde, änderte sie sich einigerma‎ßen. In den Städten wurde das Märzchen in ein Souvenir verwandelt.“



    Lila Passima machte uns auf die Werbungen in der Zwischenkriegszeit aufmerksam, die raffinierte Märzchen für elegante Damen“ versprachen. Mit Bezug auf die Gegenwart sagte unsere Gesprächspartnerin Folgendes:



    Wir treten auch dieses Jahr der Pandemie mit viel Humor und Kreativität entgegen. Deshalb forderten wir die Teilnehmer auf, das gleiche reiche Angebot wie jedes Jahr anzubieten. Unsere Gäste werden hier sowohl spielerische Mignon-Märzchen finden, als auch elegante Keramik-Märzchen oder sogar goldbeschichtete Märzchen kaufen können. Durch die eingeführten Restriktionen sahen wir uns gezwungen, die Teilnehmerzahl zu reduzieren. Die Teilnehmer, die mitmachen, wollen aber nicht aufgeben und treten der Pandemie mit viel Humor, Kreativität und künstlerischer Hochwertigkeit entgegen.“



    Der Frühlingsmarkt werde jedes Jahr von sehr vielen Gästen besucht, wei‎ß Lila Passima:



    Jedes Jahr besuchen mehr als 10.000 Kunden den Frühlingsmarkt. Dieses Jahr beteiligt sich an unserer Veranstaltung auch eine Gruppe von Schauspielern, Mitglieder des Vereins Griviţa 53, geleitet von Chris Simion. Sie haben sich eine Kampagne ausgedacht, nämlich »Ein Märzchen fürs Theater«. Es ist eine sehr gute Initiative zur Unterstützung des unabhängigen Theaters, das eine durchaus schwierige Zeit durchmacht. Es ist eine willkommene Initiative, von der wir nur hoffen können, dass sie gut ankommen wird.“



    Obwohl die Teilnahme eingeschränkt wurde, lässt uns der unmittelbar erlebte Frühlingsmarkt hoffen, dass wir irgendwann einmal wieder so leben werden, wie wir es einst taten.

  • Das „traditionelle“ Museum in der digitalen Ära

    Das „traditionelle“ Museum in der digitalen Ära

    In der modernen Zeit, die durch einen beispiellosen Einbruch der Technik ins alltägliche Leben definiert wird, folgt die Kultur auch dem natürlichen Weg der menschlichen Entwicklung. Museen und andere Kultureinrichtungen in der ganzen Welt ändern ihre Struktur, damit die Kunstwerke oder andere Exponate auch au‎ßerhalb der Ausstellungsräume dem Publikum zugänglich werden. Das Louvre, eines der bekanntesten europäischen Museen, hat seinen Besuchern eine gro‎ße Überraschung vorbereitet, die zugleich eine Weltpremiere ist. Beginnend mit 2015 werden die Louvre-Besucher 3D-Konsolen zu Verfügung haben, die sie durch die riesigen Sammlungen des Pariser Museums führen werden.



    Das Bukarester Museum des Rumänischen Bauern ist auch ein Einzelfall. Man kann es nicht in das Paradigma der traditionellen Museen einordnen, auch wenn es sich um ein Museum der bäuerlichen Traditionen handelt. Mehr dazu erfahren wir von Anamaria Iuga, Ethnologin beim Museum des Rumänischen Bauern.



    Wenn man von einem ‚traditionellen‘ Museum spricht, bedeutet das eine traditionelle Ausstellungsweise. In dieser Hinsicht ist das Museum des Rumänischen Bauern in Bukarest kein traditionelles Museum. 1996 wurde unser Museum zum Europäischen Museum des Jahres erklärt, gerade wegen der originellen Art der Ausstellung und seines noch nie da gewesenen museographischen Diskurses. Es geht dabei um das Konzept des Kunstmalers Horia Bernea und um die Art und Weise, wie die Gegenstände ausgestellt werden. Die Objekte stehen in Verbindung zueinander, sie unterstützen und ergänzen einander, es werden ständig Kontexte aus dem ursprünglichen Umfeld der Objekte geschaffen und wiedergeschaffen. Es handelt sich um eine absolut originelle Art der Ausstellung. Andere ethnographische Museen, die sog. traditionellen Museen, sind viel didaktischer. Sie präsentieren zuerst die Beschäftigungen der Bauern, die Thematik wird aufgeteilt und in getrennten Sälen präsentiert. Objekte die zum Hirtenleben, zur Landwirtschaft, zur traditionellen Tracht gehören, werden in separaten Räumen ausgestellt. Horia Bernea hat aber sein Museum anders konzipiert und in zwei Bereichen aufgeteilt — das christliche Leben und der Alltag. In einigen Sälen des Museums wird die Bedeutung des christlichen Glaubens im Leben der rumänischen Bauern präsentiert, die Art und Weise, wie der Bauer das Heilige Kreuz oder den Baum des Lebens versteht, wie diese Symbole unmittelbar zum bäuerlichen Leben gehören. Es werden keine religiösen Kultgegenstände ausgestellt, sondern Werkzeuge oder andere einfache Gegenstände, die der Bauer jeden Tag benutzte und welche das Kreuz als Schutzzeichen tragen.“




    Nach der originellen Vision seines Gründers Horia Bernea erlebt nun das Bukarester Museum des Rumänischen Bauern eine neue Etappe, und passt sich der digitalen Ära an. Über die Vorteile und Nachteile dieser Entwicklung spricht Anamaria Iuga:



    Wir haben eine sehr gut gestaltete virtuelle Tour durch das Museum, die auch zusätzliche Informationen zu den ausgestellten Gegenständen enthält. Die Internetnutzer können den Audiotext hören — das ist wirklich gro‎ßartig, denn man kann bequem zu Hause im Sessel sitzen und das Museum mit allen dazugehörenden Informationen besuchen. Nichtsdestotrotz kann eine virtuelle Tour einen wirklichen Museumsbesuch nicht ersetzen, das Museum hat eine ganz besondere Atmosphäre, die man nur an Ort und Stelle erleben kann. Die virtuelle Tour zeigt nur Fragmente, auch wenn sie Panoramaaufnahmen präsentiert. Daher lade ich alle Hörer ein, das Museum des Rumänischen Bauers in Bukarest live zu besuchen.“




    Im Internet können die virtuellen Besucher auch exklusiv virtuelle Ausstellungen besichtigen; auf diesen Internetseiten befinden sich Sammlungen, die ansonsten den Museumsbesuchern nicht mehr zugänglich sind. Anamaria Iuga dazu:



    Das Museum des Rumänischen Bauern hat auch ein kleines virtuelles Museum, das nur noch im Internet besichtigt werden kann. Es handelt sich um das Museum der Kindheit, auf der Internetseite www.childhoodmuseum360.ro Das ist das Resultat eines zweijährigen Projekts, finanziert durch das europäische Programm »Cultura 2007-2013«. Unser Ziel war es, ein virtuelles Museum der Kindheit einzurichten, und das ist uns auch gelungen. Ein Jahr lang hat unser Expertenteam vom Museum des Rumänischen Bauern mehrere Ausstellungen zum Thema Kindheit veranstaltet. Jede Ausstellung blieb einen Monat lang geöffnet. Wir hatten uns vorgenommen, nach und nach im selben Saal verschiedene Aspekte der Kindheit zu präsentieren. Die erste Ausstellung konzentrierte sich zum Beispiel auf die Sitten und Traditionen in Bezug auf die Geburt und die Taufe eines Kindes. Jede Ausstellung wurde im Detail fotografiert, es wurden auch Panorama-Aufnahmen gemacht. Nach und nach wurden die Panorama-Aufnahmen der verschiedenen Ausstellungen ins Internet gestellt, zusammen mit zusätzlichen Informationen, Texten, Interviews mit Spielzeugsammlern oder anderen Leuten, die uns ihre Kindheitserinnerungen erzählten. Mit der Zeit wurde die Internetseite www.childhoodmuseum360.ro viel komplexer und informativer als die Ausstellungen im Saal. Diese virtuelle Tour präsentiert den Besuchern alle sieben Ausstellungen, die im Laufe eines Jahres veranstaltet wurden und die jetzt nur noch im Internet existieren.“



    Audiobeitrag hören: