Tag: Volksmusik

  • Hörerpostsendung 21.1.2018

    Hörerpostsendung 21.1.2018

    Herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI, und ich hoffe, dass niemand von unseren Hörern während des Friederike-Orkans zu Schaden gekommen ist.



    In dieser vergangenen Woche bin ich endlich wieder zu Postbriefen gekommen, die an unseren Sender abgeschickt wurden, darunter auch Briefe, die noch im Oktober und November vergangenen Jahres abgeschickt worden waren.



    So etwa meldete sich einer unserer langjährigsten Hörer mit einigen Worten zum Thema des Hörertags 2017, die aber immer noch aktuell sind. Wolfgang Kühn (aus Rudolstadt, Thüringen) schrieb uns seine Überlegungen zum Thema Fakenews:



    Es ist erschütternd, wieviele Fehlnachrichten und Falschinformationen den Leser und Hörer verwirren können! Man könnte mitunter verzweifeln. Es ist gut, wenn Sie durch Ihre Sendungen in unserer Sprache Ihr Land und seinen Ruf richtig und klar darstellen. Dadurch geben Sie potentiellen Gästen vortreffliche Hinweise, die über einheimische Medien nicht zu erhalten sind.



    Behalten Sie Ihre klare Linie und vor allem die Sendungen über die gute alte Kurzwelle.



    Ihr Hörer in Dankbarkeit



    Wolfgang Kühn




    Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Kühn, wir werden uns auch weiterhin um eine objektive Berichterstattung bemühen. Interesse an unseren Programmen in Deutsch gibt es auch in der Schweiz. Stefan Kälin ist in der Ortschaft Einsiedeln im schweizerischen Kanton Schwyz zu Hause und schickte uns ebenfalls im November einen Brief:



    Rumänien interessiert mich auch wegen der Sprache, welche, so habe ich schon von mehreren Seiten gehört, von unseren rätoromanischen Landsleuten recht gut verstanden wird. Zudem gefällt mir die rumänische Volksmusik. Leider besitze ich nur eine LP vom rumänischen Folkloreensemble Ciocîrlia“. Es ist eine Schallplatte vom Label Electrecord“, vermutlich aus den 60er Jahren und hat, so nehme ich an, 26 Lei gekostet? War das die einzige Schallplattenmarke im damaligen Rumänien? Gekauft wurde sie vor etwa 50 Jahren von einem Bekannten von mir, welcher Rumänien damals bereiste.



    Ihre Sendungen verfolge ich meistens im 41-m-Band und der Empfang ist immer sehr gut. Als Empfangsgeräte dienen jeweils alte, restaurierte Röhrengeräte.



    Vielen Dank für die interessanten Sendungen und mögen noch viele weitere folgen, auch auf Kurzwelle.



    Mit freundlichen Grü‎ßen



    Stefan Kälin




    Vielen Dank für Ihren Brief, lieber Herr Kälin. Rätoromanisch und Rumänisch haben tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit im Klang, manche Wörter klingen sogar fast gleich, allerdings ist eine gegenseitige Verständigung nur bedingt möglich, denn Rumänisch ist eine balkanromanische Sprache mit vielen Einflüssen aus anderen Sprachen, die in den anderen romanischen Sprachen nicht vorhanden sind, während die rätoromanischen Idiome doch den west- und südromanischen Sprachen ähnlicher sind. Ich mag auf jeden Fall den Klang des Rätoromanischen, ich höre manchmal den Livestream des Senders Radiotelevisiun Svizra Rumantscha und finde, die Sprache klingt wie eine Mischung von Italienisch und Katalanisch oder Portugiesisch.



    Electrecord war tatsächlich die einzige Schallplattenfirma im damaligen Rumänien, und ich kann mich auch daran erinnern, dass 26 Lei für die LP bzw. 52 Lei für die Doppel-LP der staatlich festgelegte Einzelhandelverkaufspreis war, ähnlich wie in der DDR.




    Aus der Schweiz geht es wieder zurück nach Deutschland. Interesse an fremden Ländern und Kulturen hat auch Jens Ueckermann, der in Bomlitz, Niedersachsen, zu Hause ist. Folgendes schrieb er uns in einem Brief, in dem er u.a. seine Teilnahme am letzten Hörerquiz über die Region Marmarosch begründet:



    Mich interessieren andere Menschen sowie Kulturen. Und hier leisten die deutschen Redaktionen in den fremdsprachigen Radiostationen einen hervorragenden und interessanten Beitrag. Auch Ihnen vielen Dank für die interessanten Beiträge! Ich bekomme Lust, mich mit Rumänien zu beschäftigen und vielleicht auch einmal eine Urlaubsreise in dieses Land zu unternehmen. Beispielsweise der Fröhliche Friedhof in Săpânța hat es mir angetan. Der Friedhof mit den berühmten hölzernen, farbig bemalten Grabstelen, verziert mit Versen über das Leben der Verstorbenen, erzählt viel über die Region.



    Meine Neugier auf die Welt da drau‎ßen bzw. über meinen begrenzten Tellerrand zu schauen, ob es auch andere interessante Dinge auf unserer Welt zu entdecken gibt — dies ist der bzw. mein Grund, beispielsweise RRI zu hören!




    Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Ueckermann, und es freut uns, dass wir Ihrem Interesse für die rumänische Kultur entgegenkommen können.



    Wir bleiben in Niedersachsen, wechseln allerdings die Ortschaft — in Rotenburg an der Wümme ist unser Hörer Frank Helmbold zu Hause, der uns in letzter Zeit wieder vermehrt hört. Folgendes schrieb er uns in einem Postbrief, der noch weiter zurück datiert ist, nämlich auf den 10. Oktober 2017:



    Sehr geehrte deutsche Redaktion,



    seit einiger Zeit schalte ich wieder vermehrt die Kurzwelle ein und höre dabei auch hin und wieder Ihre Sendungen. Ich begrü‎ße es sehr, dass RRI weiterhin dieses Medium nutzt. Sie schaffen es immer wieder, sehr interessante Themen in Ihren Sendungen aufzugreifen, die in der Medienlandschaft hierzulande keine Beachtung finden. Für DRM habe ich zurzeit keine Empfangsmöglichkeit. Der einfache Zugang bestünde durch Installation entsprechender Software (virtuelles Audiokabel) auf meinem Notebook. Ich fürchte jedoch, dass ich mit dieser Installation andere wichtige Funktionen beschädigen könnte und dass dann eine vollständige Desinstallation nicht mehr möglich ist. Hier fehlt mir eine detaillierte und vor allem verlässliche Anleitung. Mit der SDR-Technik an sich (USB-Stick und Software) sammle ich seit ein paar Monaten Erfahrungen und sehe diese als eine gute Alternative zu meinem alten KW-Empfänger an. Sehr praktisch dabei ist die flexible Frequenzwahl über die ganze KW und MW hinweg und die stufenlose Bandbreitenwahl.



    Gern höre ich auch rumänische Musik, vor allem die typische Volksmusik. Unvergessen sind für mich die Auftritte rumänischer Künstler im rumänischen Pavillon der Expo 2000 in Hannover. Gelegentlich schalte ich auch das Programm Antena Satelor ein, das ich am besten über das Internet empfangen kann. Könnte RRI eventuell Antena Satelor auch tagsüber für ein paar Stunden über eine weithin hörbare Europa-Kurzwellenfrequenz (z.B. im 31-m-Band) ausstrahlen?




    Vielen Dank für das Feedback, lieber Herr Helmbold. Eine Übertragung des Programms von Antena Satelor über die Kurzwelle ist nur schwer vorstellbar, denn die Sendung ist für rumänische Landwirte bestimmt, und eine Haushaltsaufstockung für die ohnehin nicht gerade geringen Sendekosten nur für vereinzelte Hörer im Ausland, die sich für rumänische Volksmusik interessieren, finanziert uns nie im Leben jemand. Aber den Livestream des Senders können Sie ja weiterhin im Internet ansteuern.



    Hinsichtlich ihrer Erfahrungen bzw. Probleme mit DRM reiche ich ihre Zeilen einfach an die Hörerschaft weiter, vielleicht melden sich technikaffine Hörerfreunde mit Tipps oder detaillierteren Anleitungen.



    Das war’s für heute, zum Schluss noch die Postliste:



    Postbriefe erhielten wir seit Ende November von: Hannu Kiiski (Finnland), Wolfgang Waldl und Horst Quitzau (beide aus Österreich), Stefan Kälin (CH) sowie von Wolfgang Kühn, Erhard Lauber, Klaus Huber, Ulrich Wicke, Frank Helmbold, Christian Helmbold, Christoph Paustian, Ernst Schönbohm, Jens Ueckermann, Michael Lindner, Hermann Heyne-Pietschmann und Gemahlin Renate, Gerolf Tschirner, Georg Schafheitle, Hermann Staiger und Viktor Schönecker (alle aus Deutschland).



    E-Mails oder Empfangsberichte im Online-Formular erhielten wir bis einschlie‎ßlich Samstag von Josef Robl, Andreas Drahanek und Friedrich Albrecht (alle drei aus Österreich) sowie von Stefan Druschke, Anna Seiser, Michael Hartmann (alle aus Deutschland).




    Audiobeitrag hören:




  • Ethnomusikologe Shaun Williams aus USA entdeckt Heimat seiner Vorfahren

    Ethnomusikologe Shaun Williams aus USA entdeckt Heimat seiner Vorfahren

    Shaun Williams kommt aus Ohio; er studiert Ethnomusikologie an der Universität Indiana. Früher studierte er Kunstgeschichte in den Vereinigten Staaten und in Deutschland und war auch freiwilliger Mitarbeiter bei den Friedenskorps in der Ukraine. Im Laufe der Zeit entdeckte er seine Leidenschaft für Musik; er spielt Akkordeon, Hirtenflöte und Zymbal, und interessiert sich immer mehr für die traditionelle Musik der rumänischen Spielleute und für das Verhältnis zwischen deren Musik und die Entwicklung der rumänischen Gesellschaft.



    Während seiner Studienzeit in Deutschland lernte Shaun Williams Deutsch; nach vier Jahren in der Ukraine spricht er auch flie‎ßend Ukrainisch. Mit der rumänischen Sprache hat er aber eine ganz besondere Beziehung. Shaun hat rumänische Wurzeln und war mehrmals in Rumänien. 2007 kam Shaun Williams zum ersten Mal nach Rumänien, um auf die Spur seiner Ahnen zu kommen. Shauns Urgro‎ßmutter war im siebenbürgischen Dorf Pianu de Jos (Deutsch-Pien) in der Nähe von Sebeş (dt. Mühlbach im heutigen Landkreis Alba) geboren. In den 1920er Jahren emigrierte sie in die Vereinigten Staaten, und mit der Zeit ging die Verbindung zu Rumänien verloren. Nun versucht Shaun, mehr über seine rumänischen Wurzeln zu erfahren; er machte einen Rumänisch-Kurs und neulich kam er nach Bukarest, um seine Musikforschungen fortzusetzen. Shaun Williams in flie‎ßendem Rumänisch:



    Ende September bin ich mit einem Fulbright-Stipendium nach Rumänien gekommen, um meine Forschungen für die Doktorarbeit an der Universität Indiana fortzusetzen, und werde etwa ein Jahr lang hier bleiben. Das Thema meiner Doktorarbeit ist die Spielmannsmusik, insbesondere die Verbindung der Spielmannsmusik zur Identität der Roma in Rumänien sowie zur Roma-Bewegung und zu den politischen Bewegungen zum Schutz der Menschenrechte in Rumänien.“




    Wie findet Shaun Willams die Stadt Bukarest, da er ein Jahr lang hier bleiben will?



    Ich bin nicht zum ersten Mal in Bukarest, aber jetzt habe ich vor, länger zu bleiben. Ich suchte mir eine Wohnung und lernte die Stadt aus der Perspektive eines Einwohners kennen. Ich habe mir einige Wohnungen in mehreren Stadtbezirken angeschaut, und die Stadt scheint mir nicht mehr so gro‎ß wie letztes Jahr oder wie früher, als ich nur ein paar Tage lang in Bukarest geblieben war und mich oft verlaufen hatte. Jetzt, nach mehreren Wochen, finde ich mich sehr gut in Bukarest zurecht, ich kann mich gut orientieren und wei‎ß in etwa, wie lange ich brauche, um von Punkt A zu Punkt B zu kommen. Die Stadt ist aber ziemlich kompakt. Wie immer, wenn ich neu in einer Stadt bin, ist der Anfang etwas schwierig, ich kenne nur wenige Leute, alles ist unbekannt, ich muss meine Umgebung erforschen. Ich kann noch nicht sagen, dass ich mich schon wie zu Hause fühle, aber die Bukarester sind sehr offen und freundlich, ich werde es schon schaffen. Die Wohnungssuche hat etwas gedauert, es war gar nicht so einfach. Schlie‎ßlich fand ich eine schöne Mietwohnung, die Eigentümer sind sehr nett, ich bin zufrieden. Die ersten Wochen waren sehr stressig, ich war ständig unterwegs, konnte nichts anfangen — jetzt kann ich mich entspannen.“




    Shaun hat sich vorgenommen, neue Menschen kennenzulernen, und möchte seine Chance, in Rumänien zu studieren, voll ausnutzen:



    Nun ist Schluss mit Entspannung — ich muss an die Arbeit. Ich werde Interviews führen, Kontakt zu Musikern und anderen Leuten aufnehmen. Ich interessiere mich für traditionelle Spielmannsmusik und auch für Manele [so wird das Genre Balkanbeats in Rumänien bezeichnet — Anm. d. Red.] — das sind verwandte Genres. In einer Spielmannsfamilie kann zum Beispiel der Vater alte Spielmannsmusik spielen und der Sohn Manele singen. Die zwei Genres sind nicht sehr unterschiedlich, und mich interessieren die Beziehungen zwischen Generationen in den Spielmannsfamilien. Ich versuche, die Musik und die Lebensweise der rumänischen Spielleute besser zu verstehen und so viel wie möglich darüber zu erfahren.“



    Shaun Williams spielt ukrainische Hochzeitsmusik auf dem Akkordeon:




  • Historische Musikaufnahmen: Erste Rundfunkaufzeichnungen von Maria Tănase auf Doppel-CD

    Historische Musikaufnahmen: Erste Rundfunkaufzeichnungen von Maria Tănase auf Doppel-CD

    Eine au‎ßerordentliche CD ist neulich im Rundfunkverlag Casa Radio“ erschienen: Maria Tănase. Volkslieder 1953-1961“. Die Doppel-CD wird dem 100. Geburtstag der berühmtesten Volksmusiksängerin Rumäniens gewidmet. Das Album enthält die ersten Rundfunk-Aufnahmen von Maria Tănase in einer hohen Tonqualität, direkt nach den originalen Aufzeichnungen auf magnetischem Tonband und ohne Audio-Effekte, die die Authentizität der Interpretation vermindern würden. Das CD-Booklet enthält zu jedem Titel sachbezogene Informationen: Aufnahmedatum, Name des Orchesters, das die Aufzeichnung begleitet und dessen Dirigent, die Herkunft oder die Geschichte des Liedes. Die CD enthält 40 historische Aufzeichnungen aus dem Archiv des Rumänischen Rundfunks.



    Es fiel ihr nie leicht ein, bei einer solchen Aufzeichnung mitzumachen: Sie kam einfach sehr schwer in den Rhythmus des Orchesters und es gelang ihr nie, denselben Liedabschnitt zweimal gleich zu singen. Eine ganze Nacht lang haben sie, Maria, der Ethnomusikologe Harry Brauner und die anderen Musiker an der Aufnahme der berühmten Nunta ţigănească“ (Zigeunerhochzeit“) gearbeitet. Die Platte erreichte aber nachträglich so gute Verkaufszahlen, dass sie angeblich einen Verlust von 80.000 Lei gedeckt und infolgedessen die Plattenfirma vor dem Bankrott gerettet habe. Es wird ebenfalls gesagt, dass die einzigen, die an diesem Erfolg nichts mitverdient haben, eben Maria Tănase und Brauner gewesen seien. Es wird eigentlich viel über Maria erzählt“, schreibt die Journalistin Ioana Pelehatai in einer Dokumentation über die Sängerin, die in der Kulturzeitschrift Dilema Veche“ erschien. Die Journalistin fügt hinzu:



    Die Legende um Maria scheint wie von selbst entstanden zu sein. In Wirklichkeit waren es zahlreiche Nächte, in denen sie nicht geschlafen, sondern gesungen hat, endlose Tourneen und Reisen quer durch die ganze Welt. In einer Silvesternacht hat sie auf 14 verschiedenen Feiern gesungen und die Nacht endete — wo sonst — im berühmten Bukarester Restaurant Capşa. Und dort hat sie zudem alle Gäste aufgefordert, ihr Aussehen herzurichten: ‚Alle geschniegelt und gebügelt: Sofort Jackett und Krawatte anziehen!‘, herrschte sie die Gäste an. In den 1930ern-40ern ist sie in die Türkei auf Tournee gegangen. Sie ist auf der Bühne des Taksim-Theaters in Istanbul und in Ankara aufgetreten. Sie hatte türkische Lieder gelernt und hatte sogar ein Angebot für eine Stelle als Forscherin beim Ethnographischen Institut in Istanbul bekommen. Hinzu kamen eine Villa auf der Insel Prinkipo, eine eigene Sendung bei Radio Ankara und der Status der Ehrenbürgerin. Sie hat aber alles abgelehnt. Sie hat in Bukarest vor den Botschaftern Frankreichs, Deutschlands und Gro‎ßbritanniens in ihrer jeweiligen Sprache gesungen.“




    Die Vorstellung der CD Maria Tănase. Volkslieder. 1953-1961“ wurde von einer Sonder-Uraufführung und einem Gespräch über Maria Tănase begleitet. Daran beteiligten sich die Künstlerin und Journalistin Maria Balabaş, der Anthropologe Vintilă Mihăilescu und der Ethnomusikologe Florin Iordan, Gründer und Mitglied der Band Trei parale“ (Drei Groschen“), die an alte rumänische Musik anknüpft. Maria Balabaş, Autorin des Vorworts zur Broschüre Volkslieder“, sagte:



    Ich vertrete Radio Rumänien bei dieser Veranstaltung, die mir so viel Freude bringt. Die ersten 1000 Exemplare der Doppel-CD wurden sofort verkauft. Jetzt werden weitere 1000 auf den Markt gebracht. Ein gro‎ßes Team an diesem Album gearbeitet. Aus meiner persönlichen Perspektive war das eine Zeit, in der ich über Maria Tănase viel gelesen habe und mit ihrer Biographie sehr vertraut wurde. Als ich gelesen habe, was ich vor fast einem halben Jahr über Maria Tănase geschrieben hatte, wurde mir klar, dass es nun wieder an der Zeit ist, über sie zu reden. Deshalb betrachte ich dieses Event in der Kulturbuchhandlung ‚Cărtureşti‘, woran sich ein so zahlreiches Publikum beteiligt, als eine Einleitung zu dieser CD, die wir nun mit voller Begeisterung hören sollen. Seitdem die CD auf den Markt herausgebracht wurde, erschien auch eine Dokumentationsreihe mit interessanten Artikeln über Maria Tănase in der Zeitschrift ‚Dilema‘, und diese Diskussion ist nur ein Vorwort zum Erfolg und zur Persönlichkeit von Maria Tănase.“




    Am 20. Februar 1938 wurde ein Lied von Maria Tănase zum ersten Mal live“ im Radio, auf der Wellenläge von Radio România, im Rahmen einer der rumänischen Volksmusik gewidmeten Sendung ausgestrahlt. Zweifellos ein gro‎ßer Erfolg. Der Anthropologe Vintilă Mihăilescu über den Charakter der Musik von Maria Tănase:



    Maria Tănase war die erste gro‎ße Volksmusiksängerin Rumäniens. Es handelt sich dabei um der Volksmusik nachempfundene populäre Musik. Der Begriff geht auf die Forschung von Bogdan Petriceicu Haşdeu zurück, auch der Schriftsteller Henri Stahl hat ihn erläutert. Es handelt sich um den Unterschied zwischen der populären Kultur und der Dorfkultur oder der authentischen bäuerlichen Kultur. Die populäre Kultur geht über die Dorfgrenzen hinaus und wird zur Massenkultur. Die Musik von Maria Tănase ist populäre Musik, und keine Dorfmusik. Dafür lieben wir sie, weil sie rumänische populäre Musik gesungen hat. Sie ist Vertreterin unserer nationalen Musik. Wir dürfen nicht vergessen, dass sie eine Bauerntochter war, die aber am Rande der Stadt geboren und aufgewachsen ist. Sie singt für all diese Leute, die sich mit Nostalgie an ihren Geburtsort erinnern, die aber diesem Ort nicht mehr angehören. Sie sagte eigentlich, dass sie die Lieder nicht übernommen, sondern bearbeitet hat.“




    Der Ethnomusikologe Florin Iordan sagte:



    Maria Tănase hat die Musik aktualisiert, in dem Sinne, dass sie die Musik in einen neuen Raum übertragen hat. Es geht um einen städtischen Raum, wo ihre Musik von Intellektuellen geschätzt war. Das hat sie mit Natürlichkeit, gutem Geschmack und künstlerischer Feinfühligkeit gemacht.“




    Vintilă Mihăilescu erläutert anschlie‎ßend:



    Die rumänische populäre Musik konnte nicht vor der Gründung des einheitlichen rumänischen Staates erscheinen. Vor der Bildung Gro‎ßrumäniens gab es verschiedene ‚Länder‘, etwa das Fogarascher Land, das Alttal-Land etc. Eines ihres bekanntesten Lieder, ‚Cine iubeşte şi lasă‘ (‚Wer liebt und verlässt‘), hat Harry Brauner im Jahr 1929 von einer alten Frau aufgezeichnet. Sie war die einzige im Fogarascher Land, die dieses Lied noch kannte. Heute kennt jeder dieses Lied und es wurde mit dem gro‎ßen Preis der Akademie Charles Cros ausgezeichnet. Über die Frau, von der Maria Tănase das Lied übernommen hat, wei‎ß man heute nichts mehr, die Bearbeitung mag aber heute jeder und das Lied erfreut sich sogar der internationalen Anerkennung. Hauptsache ist: Jeder von uns, egal im welchem Teil Rumäniens wir geboren wurden, erkennt sich selbst in der Musik von Maria Tănase.“



    Audiobeitrag hören: