Tag: Vorlesen

  • World Read Aloud Day: Rumänien beteiligt sich am Internationalen Vorlesetag

    World Read Aloud Day: Rumänien beteiligt sich am Internationalen Vorlesetag

    Der Internationale Tag des Vorlesens wird weltweit gefeiert. Mehrere Millionen Menschen aus über 100 Ländern machen mit. In Rumänien wird der Event vom Verein Citim Împreună România“ (dt. Wir lesen gemeinsam — Rumänien) organisiert. Mehrere Schulen, NGOs und sogar eine Buchhandlung sowie mehrere Kreisbibliotheken verkündeten ihr Interesse, an der Veranstaltung mitzuwirken. Brandi Bates, die Vorsitzende des Vereins Citim Împreună România“, erzählte uns mehr über die veranstalteten Lesesitzungen sowie über den Übergang von den Lesesitzungen, die sie zu Hause organisierte, zu öffentlichen Lektüreveranstaltungen.



    Wir lasen unseren Mädels aus verschiedenen Büchern vor, noch bevor sie etwas davon verstanden. Das Vorlesen war Teil unserer elterlichen Strategie. Ich erinnere mich an meinem Vater, der uns mit lauter Stimme vorlas, ich sehe in heute noch vor den Augen. Jedoch stammen meine Erinnerungen aus meiner Zeit als Jugendliche und nicht als Kind. Auch unsere Mutter las uns aus Büchern vor. Obwohl ich mich nicht erinnern kann, dass uns unsere Eltern in unserer frühen Kindheit irgendetwas vorgelesen hätten, bin ich der Meinung, dass es ein wichtiger Teil der Erziehung eines Kindes ist. Für unsere Kinder war es besonders wichtig, weil sie zweisprachig aufwachsen. Sie besuchen eine rumänische Schule, aber zu Hause sprechen wir ausschlie‎ßlich Englisch. Erst vor 3-4 Jahren stellte ich die Vorteile des frühzeitigen Vorlesen fest. Ich bemerkte sie am Wortschatz unserer Töchter. Sie beherrschen einen weitreichenden Wortschatz. Das Vorlesen wirkte sich au‎ßerdem auf ihr soziales Verhalten und auf ihre Gefühle aus.“




    Brandi lebt in der siebenbürgischen Stadt Lupeni. In Lupeni gibt es keine Bibliothek. Sie stellte fest, dass die Mütter ihren Kindern gerne vorlesen würden, doch aus Mangel an Büchern kämen sie nicht dazu. Denn die paar Bücher in der eigenen Bibliothek hatten sie schon längst fertig gelesen. Daher kam sie auf den Gedanken, einen Leseklub zu gründen:



    In einem ersten Schritt organisierte ich Lesesitzungen für eine kleine Kindergruppe vor Ort, in Lupeni. Wir beschlossen, Bücher zusammen zu kaufen. Wir legten Geld zusammen und kauften die schönsten Bücher, die wir finden konnten. Wir vereinbarten eine wöchentliche Lesesitzung. Am Anfang hatten wir wenig Erfahrung, die teilnehmenden Mütter waren sehr aufgeregt. Als ich einmal eine Mutter aufforderte, den Kindern vorzulesen, wurde sie sehr nervös, sie bekam feuchte Hände und plapperte den Inhalt runter. Die Kinder langweilten sich dementsprechend schnell.“




    Die Vorlesenden verstanden allmählich, dass das Vorlesen die Zuhörer in eine Filmwelt versetzen soll, sagt Brandi Bates. Derzeit beteiligen sich wöchentlich rund 30 Kinder an den Lesesitzungen. Die teilnehmenden Mütter hätten ebenfalls ihre Lesetechnik verbessert. Der von Brandi Bates geleitete Verein verfüge über die besten Vorleserinnen — so unsere Gesprächspartnerin.



    Der Verein Citim Împreună România“ bringt eine Gruppe von Menschen zusammen — Kinderbuchautoren, Buchillustratoren, Verleger, Erzieher, Bibliothekare sowie Eltern und Gro‎ßeltern –, die die gleiche Leidenschaft für Bücher teilen und sich daran freuen, dass Kinder und Erwachsene zusammen lesen.



    Seit dem vergangenen Jahr beteiligt sich der Verein Citim Împreună România“ an dem von Lit World veranstalteten Event, dem Internationalen Tag des Vorlesens. Mitte Februar des laufenden Jahres wurden mehrere Lesesitzungen organisiert. Sie fanden über Skype statt und wurden von bekannten rumänischen Kinderbuchautorinnen und –autoren gehalten wie etwa Mihaela Cosescu, Andreea Demirgian, Andrea Gál, Laura Grunberg, Iulia Iordan, Ciprian Măceşaru, Victoria Pătraşcu, Sînziana Popescu, Carmen Tiderle. Mit mehr Einzelheiten dazu Brandi Bates:



    Der Internationale Tag des Vorlesens — Englisch: World Read Aloud Day — ist nicht unser Baby. Die Organisation Lit World mit Sitz in New York kam auf den Gedanken, eine derartige Veranstaltung zu organisieren. Ich hatte schon vor einigen Jahren davon gehört. Unser Verein beschloss letztes Jahr, diesen Festtag zum Anlass zu nehmen, um sich öffentlich in Rumänien zu präsentieren. Wir wollten uns bekannt machen, unsere Aufgabe der Öffentlichkeit mitteilen. Ich bin froh, mit beliebten Kinderbuchautoren und –illustratoren in Rumänien zusammenzuarbeiten. Letztes Jahr organisierten wir mehrere Aktionen in Bukarest, in der Nationalbibliothek sowie hier vor Ort, in der Ludothek. Weitere Veranstaltungen fanden im Jiu-Tal (dt. Schil-Tal) und in Cluj (dt. Klausenburg) statt. Dieses Jahr beschlossen wir, unsere Tätigkeit ein bisschen auszuweiten. Denn viele Leute verkündeten ihr Interesse, mitzumachen, mit uns zusammen zu lesen. Wir veröffentlichten unser Vorhaben Anfang Januar. Wir waren auf der Suche nach rund 20 Partnern. Wir erhielten allerdings mehr als 80 Teilnahmeanträge — von ganz kleinen bis zu gro‎ßen Bibliotheken, von Schulen und NGOs. Auf so ein enthusiastisches Feedback konnten wir nicht anders als entsprechend reagieren. Wir entschieden, alle Antragsteller anzunehmen. Demnach luden wir alle zu einer informellen Partnerschaft ein. Wir stellten ihnen verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, die sie nach Belieben verwenden konnten, um die Lesesitzungen zu organisieren.“




    Über die Teilnahme an öffentlichen Events hinweg empfiehlt der Verein Citim Împreună România“, Vorlesesitzungen in der Familie zu organisieren:



    Lesen Sie zusammen, auch wenn nur 20 Minuten am Tag. Unabhängig vom Wetter drau‎ßen oder drinnen. Lesen Sie zusammen, schon ab der Geburt des Kindes und nicht erst, als es selber das Lesen erlernt.“




    Zusammen lesen sei eine der schönsten Tätigkeiten auf dieser Welt, die Kinder und Erwachsene miteinander erleben können. Vor allem wenn sie liebevoll und oft ausgetragen wird.

  • Storytelling-Festival in Bukarest: Freude am Erzählen für Jung und Alt

    Storytelling-Festival in Bukarest: Freude am Erzählen für Jung und Alt

    In Bukarest fand vor kurzem das erste internationale Storytelling-Festival statt. Sämtliche Workshops und Veranstaltungen verliefen unter dem Motto Wir alle sind Geschichten!“. Erzählkunst-Workshops, Konferenzen zum Thema Kunst, Geschichtenerzählen, Märchenabende gepaart mit weiteren erzählenden Künsten“ — von Musik bis hin zu Poesie — das alles konnten die Teilnehmer am Festival genie‎ßen. Dazu kamen noch die Geschichtenlesungen und Lektüreabende. Es lasen die Erzähler, die auch in Kinderkrankenhäusern freiwillige Arbeit leisten und den dort untergebrachten Kindern Geschichten vorlesen. Adriana Ene ist die Veranstalterin des Festivals. Sie ging von dem Gedanken aus, dass wir alle eine Geschichte verkörpern, die es wert ist, erzählt zu werden. Dazu Adriana Ene:



    Es war eine sehr schöne Geschichte — das erste Erzählkunstfestival in Bukarest. Wir sind Geschichten. Jeder von uns verkörpert eine Geschichte. Eigentlich sind wir ein Buch voller Geschichten. Am ersten Storytelling-Festival beteiligten sich Erzähler aus allen Ecken der Welt. Sie kamen aus Südkorea, Gro‎ßbritannien, Marokko, Georgien, der Türkei und Rumänien. Das Programm war vollgepackt mit Veranstaltungen.“




    Adriana Ene kam auf den Gedanken, ein Festival dieser Art in Bukarest zu organisieren, nachdem sie letztes Jahr am vierten Stotytelling-Festival in Arad teilnahm. Es war eine beeindruckende Erfahrung, die sie mit den Bukarestern teilen wollte:



    Letztes Jahr war ich die einzige Erzählerin aus Rumänien, die sich am Storytelling-Festival in Arad beteiligte. Am Erzählkunstfestival in Arad nahmen unter anderem Erzähler aus Hawaii, Portugal, Dänemark und Thailand teil. Die Stimmung war herrlich, die Begegnung beeindruckend. Ich dachte mir, eine solche Veranstaltung müsse unbedingt auch in Bukarest stattfinden. Ein Jahr später gelang es uns, ein Erzählkunstfestival auch in der rumänischen Hauptstadt zu veranstalten. Es war das erste Mal, allerdings war es ein gro‎ßer Erfolg. Daher werden wir das Erzählkunstfestival auch nächstes Jahr organisieren. Eine vorläufige Liste mit Erzählern für das kommende Jahr steht schon bereit: Wir wollen gerne John Mukeny, aus Kenia, Claude Delsoll aus Frankreich, Eric Wolf aus England einladen. Jeff Meyer ist ein wunderbarer Erzähler, er wird aus Hawaii eintreffen. Auch Alicia Dongjoo Bang aus Südkorea wollen wir wieder einladen. Wie gesagt, die Vorbereitungen für die zweite Ausgabe des Erzählkunstfestivals sind schon in vollem Gange.“




    Die erzählten Geschichten vermitteln immer eine Botschaft. Themen wie Liebe, Armut, Güte, Hoffnung, Glück, Mut, Trauer, Freude wurden von den Erzählern in Geschichtensammlungen zusammengebracht. Die von ihnen gesammelten Geschichten widerspiegeln die Weisheit unserer Vorfahren, so unsere Gesprächspartnerin:



    Wenn wir den Kindern eine Geschichte erzählen, sind wir uns dessen bewusst, dass die Geschichte eine Botschaft in sich birgt — meistens geht es um den Kampf zwischen Gut und Böse, um mutige Taten oder Vertrauen. Die bei einem Storytelling-Festival erzählten Geschichten sind allerdings verschieden. Sie werden von Menschen erzählt, die aus unterschiedlichen Ecken der Welt kommen, die schwer oder sogar nie erreichbar sind. Es werden also besondere Geschichten erzählt. Die für Kinder erzählten Geschichten setzen immer eine Interaktion voraus. Es werden Lieder aufgespielt, die Kinder werden aufgefordert, mitzusingen. Sie werden aufgefordert, Rätsel zu entschlüsseln, sich zu den Märchenfiguren zu äu‎ßern oder die Handlung fortzusetzen. Die Geschichten verknüpfen oft Elemente der zu übertragenden Botschaft mit Elementen, die durch die Interaktion mi der Hörerschaft entstehen. Selbstverständlich werden manche Geschichten lediglich erzählt, ohne weitere Wechselwirkungen. Dafür muss der Erzähler die Erzählkunst besonders gut beherrschen. Der interkulturelle Austausch ist ebenfalls sehr wichtig. Der Erzähler aus der Türkei war in einer typisch türkischen Volkstracht angezogen. Erst stellte er uns seine Volkstracht vor und nachher erzählte er die Geschichte. Tatiana Montic ist eine Journalistin aus Georgien. Sie teilte mit uns eine schöne journalistische Erfahrung. Es ging um eine Geschichte, die sich zu Weihnachten in Kiew ereignete, als sie dort für eine Reportage recherchierte. Andere Erzähler stellten die Bedeutung der Mutter im Leben eines Kindes zur Diskussion. Oder sie erzählten über Gutmütigkeit und Vergebung und wie wichtig sie für unser Wohlergehen seien. Die Geschichten waren sehr vielfältig, sie vermittelten aber immer eine Botschaft. Die Einführungsformel war immer ‚Es war einmal‘, ungeachtet der Sprache, in der sie erzählt wurden. Wenn eine Geschichte in einer Fremdsprache erzählt wird, so sprechen der Erzähler und der Übersetzer im Vorfeld miteinander, um eventuelle Missverständnisse auszuräumen.“




    Wir wollten von Adriana Ene erfahren, ob sie eine Lieblingsgeschichte hat. Dazu die Veranstalterin des Erzählkunstfestivals:



    Es gibt eine Geschichte, die ich besonders gern mag. Allerdings stammt sie nicht aus Rumänien. Es geht hauptsächlich um Weisheit und Vergebung. Die Geschichte gefiel mir sehr gut, weil sie an die wesentlichen menschlichen Werte erinnert, die im gegenwärtigen Alltagsdurcheinander manchmal in Vergessenheit geraten. Die Geschichte hei‎ßt »Die höchste Weisheit liegt darin, Fehler zu verzeihen«. Es ist eine asiatische Geschichte. Sie stammt aus der Region, in der die Menschen ihre Kamele durch kleine Dörfer bis hin nach Bagdad führen, um Handel zu treiben. Auf dem Weg können Dinge passieren, die einem das Leben komplett auf den Kopf stellen. Es ist eine Geschichte für Erwachsene genauso wie für Kinder. Ich hörte sie vor ein paar Jahren zum ersten Mal, als ich an einem Workshop für Storytelling im Ausland teilnahm. Ich hörte die Geschichte und erzählte sie dann meinerseits weiter. Sie wissen doch, was von Erzählern gesagt wird. Sie kämen zusammen, um Geschichten zu hören, die sie dann weitergeben. Selbstverständlich bereichert jeder Erzähler die Geschichte durch seine eigene Perspektive. Die Geschichte wird dann im eigenen Stil erzählt. Eine Geschichte hört sich niemals zweimal gleich an.“




    Das Storytelling-Festival Wir alle sind Geschichten!“ ist zu Ende gegangen. Es war eine Reise zurück in eine Welt, die vermeintlich nur Kindern gehört. Es war eine fabelhafte Erfahrung, die die Veranstalter im kommenden Jahr wiederholen möchten. Oder wann immer auch Erwachsene die Zeit finden, eine Geschichte zu lesen und Freude daran zu haben.