Tag: Wahlfach

  • Finanzielle Erziehung für die Allerkleinsten

    Finanzielle Erziehung für die Allerkleinsten

    In den letzten Jahren haben jedoch Erzieher, seien es Eltern oder Lehrer, damit begonnen, Kinder mit wirtschaftlichen Begriffen vertraut zu machen, zugeschnitten auf das jeweilige Alter des Kindes. Die Organisation Junior Achievement Romania zum Beispiel bietet über 15 Finanzprogramme und Bildungskurse an, die sie Lehrern und Schulen, die sich für das Thema interessieren, kostenlos zur Verfügung stellt.



    Die Kurse sind optional, sie erscheinen nicht als Pflicht im Lehrplan, aber sie wurden eingeführt, weil es einen Bedarf dafür gab, wie Loredana Poenaru, Bildungsdirektorin bei Junior Achievement Romania, erklärt:



    Finanzielle Erziehung wird in jedem Alter benötigt, weil diese Art von Bildung uns bei unseren finanziellen Entscheidungen einen klaren Kopf verschafft. Deshalb befassen sich unsere Programme mit finanzieller Bildung von der ersten Klasse an bis zum Ende des Gymnasiums, sogar in der höheren Bildung. Für die Kleinen ist es wichtig, zu verstehen, woher das Geld ihrer Eltern kommt und was sie damit machen können, warum es wichtig ist, zu sparen, statt sich sofort Wünsche zu erfüllen. Und für Teenager und junge Leute ist es wichtig, den Unterschied zwischen verschiedenen Finanzdienstleistungen zu verstehen, die Kriterien, die sie bei Kaufentscheidungen berücksichtigen müssen, und die Mechanismen, mit denen sie sich in Zukunft finanziell absichern können.“




    Auch neuere Elterngenerationen sehen diesen Bedarf, denn in der Vergangenheit haben frühere Generationen entweder nicht mit ihren Kindern über diese Dinge gesprochen oder sie wussten nicht, wie sie das Thema angehen sollten. Loredana Poenaru kennt diese Entwicklung:



    Wir sehen mehr und mehr eine Bereitschaft bei den Eltern, diese Wahlfächer zu akzeptieren. Kinder werden selbst zu Vektoren von Informationen, denn sie gehen sicherlich mit einer gewissen Begeisterung nach Hause, mit bestimmten Informationen, die sie erlangt haben und die sie bereit sind, in ihrem Alltag anzuwenden. Mit zunehmendem Alter steigt auch das Interesse und die Bandbreite der Themen. Zum Beispiel haben wir in letzter Zeit ein gesteigertes Interesse der jungen Leute für Investitionen gesehen, als eine Möglichkeit, ihr Einkommen zu erhöhen. Das ist ein weites und komplexes Gebiet, das wir versuchen abzudecken, indem wir Fachleute aus der Wirtschaft einbeziehen.“




    Die Kurse werden in Schulen abgehalten und sind das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen der Organisation Junior Achievement Romania und dem Bildungsministerium. Rund 1500 Schulen im ganzen Land nehmen an dem Programm teil. Noch interessanter wird es, wenn den Kleinen trockene Finanzbegriffe durch Spiele oder Geschichten erklärt werden. Genau das hat die Autorin Cristina Andone versucht, als sie die beiden Bände der Reihe Gut erzogenes Geld“ schrieb. Bevor sie über Geld schrieb, verfasste Cristina Andone Komponistenbiographien für Kinder. Für die Finanzserie nutzte sie ihre Kreativität, um über Finanzen und Banken zu schreiben. Hier spricht sie darüber:



    Ich habe versucht, kreativ über Geld zu schreiben, auf eine witzige Art und Weise. Das sind keine trockenen Geschichten. Ich habe versucht, mich von einem didaktischen Ansatz fernzuhalten, aber ich habe gleichzeitig versucht, eine gewisse Besonnenheit und Weisheit zu transportieren. In diesen Büchern spreche ich nicht über Geld als Wert an sich, sondern als ein Mittel, um bestimmte Werte wie Solidarität, Gro‎ßzügigkeit und Selbstvertrauen zu beleuchten. Geld ist ein Reisegutschein in Richtung unserer Träume. Wenn wir nicht wissen, was der Traum ist, wird jede finanzielle Entscheidung, die wir treffen, nutzlos sein oder einen ungerechtfertigten Aufwand bedeuten. Meine Bücher lehren Kinder, gro‎ßzügig, vorsichtig und verantwortungsbewusst zu sein, aber nicht in diesen Worten ausgedrückt .“




    In verschiedenen Geschichten mit Tieren, die an traditionelle Märchen oder Anekdoten angelehnt sind, werden Kinder mit Begriffen wie Kredit, Zinsen, Investitionen und Wettbewerb vertraut gemacht. In diesem Fantasiespiel rund ums Geld erfahren sie, was Mä‎ßigung ist, Solidarität durch Spenden, die Unterstützung kleiner Geschäfte und die Notwendigkeit, sich beim Einkaufen zurückzuhalten. Gleichzeitig erfahren sie, dass Geld unsere Träume verwirklichen kann, aber kein Lebensideal sein darf. Die Autorin Cristina Andone über ihren pädagogischen Ansatz:



    Ich dachte an ein Survival-Kit für die Finanzwelt, an ein paar elementare Fragen der Orientierung. Ich habe diese Bücher nicht geschrieben, um Kinder zu Ökonomen, Bankern oder Unternehmern zu machen. Ich habe sie für jedes Kind geschrieben, das, egal welchen Beruf es später einmal ausüben wird, von klein auf lernen muss, dass jede Familie ein Budget hat, dass Geld nicht unbegrenzt vorhanden ist und dass es besser ist, sich ein Budget wie eine in Scheiben geschnittene Pizza vorzustellen. Wenn ein Kind diese Prinzipien früh lernt, Geld beiseite zu legen, keine Dinge im Überma‎ß zu kaufen, nur das zu kaufen, was man wirklich braucht, an Bedürftige zu spenden, wird es der gesamten Gesellschaft nützen.“




    Aus diesem Grund sollten Kinder nicht von finanziellen Fragen ferngehalten oder beschützt“ werden, meint Cristina Andone:



    Ich bin ein Mensch, der in der Literaturwelt beheimatet ist, mit einer musikalischen Ausbildung, und lange Zeit lebte ich mit der Idee, dass es in Ordnung sei, als Künstlerin kein Interesse an finanziellen Angelegenheiten zu haben. Das ist überhaupt nicht in Ordnung! Denn wenn man sich nicht damit beschäftigt, muss es jemand anderes tun. Die Idee, dass es edel sei, sich von Geld fernzuhalten, ist schlichtweg falsch. Man muss mit Geld ma‎ßvoll und transparent umgehen, nach einfachen Regeln, die man wie Hygieneregeln behandeln muss.“




    Tatsächlich seien Regeln, die sich auf Geld beziehen, eine Methode, Anpassungsfähigkeit fürs Leben zu erlangen, meint die Autorin Cristina Andone und Pädagogen, die finanzielle Erziehung schon im frühen Alter empfehlen.

  • Sexualkunde in rumänischen Schulen: Wahlfach zurückhaltend und kontrovers aufgenommen

    Sexualkunde in rumänischen Schulen: Wahlfach zurückhaltend und kontrovers aufgenommen

    Selbst wenn in anderen europäischen Schulsystemen Sexualkunde Pflichtfach ist, gibt es auch Länder wie Rumänien, wo das Thema in der Schule noch Tabu ist und heftige Debatten auslöst. Laut einem entsprechenden Gesetz über den Schutz und die Förderung der Rechte von Kindern, das 2014 im Amtsblatt erneut veröffentlicht wurde, seien die zuständigen Behörden sowie öffentliche oder private Institutionen verpflichtet, unter gesetzlichen Bedingungen alle Ma‎ßnahmen zu treffen, um in den rumänischen Bildungseinrichtungen die Sexualkunde als Prävention von Krankheiten und Teenager-Schwangerschaften zu fördern“.



    Ob die Sexualkunde zum Pflichtfach werden soll, ab wann soll sie den Schülern beigebracht werden, ob das Fach sexuelle Bildung oder Bildung für Gesundheit hei‎ßen soll, das löst zahlreiche Debatten in der rumänischen Gesellschaft aus. Es gibt auch Verbände, die gegen die Einführung dieses Faches in den Lehrplan plädieren, dies während sich das Land mit dem Problem der Teenager-Mütter konfrontiert. Ab 2004 gibt es in den öffentlichen Bildungseinrichtungen das Wahlfach Bildung für Gesundheit“, das ab der ersten bis zur zwölften Klasse unterrichtet werden kann.



    Das Projekt entstand 1999, aus Initiative einiger Nichtregierungsorganisationen in Partnerschaft mit dem Gesundheitsministerium und dem Bildungsministerium. Diese haben das Nationale Programm Bildung für Gesundheit in rumänischen Schulen“ in die Wege geleitet. Das Projekt hat anschlie‎ßend die Form eines Wahlfachs in den rumänischen Schulen genommen. Adina Manea ist Direktorin für Programme in der Stiftung Jugendliche für Jugendliche“ und eine der Initiatorinnen des Projektes:



    Sexualkunde wird in den rumänischen Schulen als Wahlfach unter der Bezeichnung »Bildung für die Gesundheit der Fortpflanzung und für Familienwerte« unterrichtet. Sie steht in enger Verbindung mit der mentalen Gesundheit, mit emotionaler Intelligenz, sie ist ein Ausdruck der Emotionen und deren Identifizierung. Hygiene, Anatomie und Physiologie, sogar die Prävention von Unfällen und Krankheiten haben etwas mit Sexualkunde zu tun. All diese Themen sind Teil der sogenannten Bildung für Gesundheit, wie sie von Anfang an geplant wurde, und diese Bereiche sind sehr harmonisch miteinander verschmolzen, in dieser Form stellen sie eine richtige Herangehensweise an einen gesunden und vernünftigen Lebensstil unserer Kinder dar.“




    Vierzehn Jahre nach Einführung der Sexualkunde als Wahlfach in den rumänischen Schulen sei die Zahl der Kinder, die den Unterricht auch besuchen, immer noch gering, sagt unsere Gesprächspartnerin von der Stiftung Jugendliche für Jugendliche“:



    Laut Statistik wird dieses Wahlfach von 5-6-7% der Schüler in den öffentlichen Bildungseinrichtungen besucht. Landesweit gilt das Fach als das langjährigste und zwischen 2001 und 2004 wurde es in den Schulplan in 15 Landkreisen eingeführt. Im voruniversitären Bildungssystem gibt es rund 3 Millionen Schüler, 150.000 Schüler besuchen den Kurs jährlich — für ein Wahlfach das ist nicht schlecht.“




    Der Vorsitzende des Nationalen Verbands der Eltern, Iulian Cristache, ist jedoch der Meinung, dass die Zahl der Schüler, denen in den rumänischen Schulen sexuelle Bildung beigebracht wird, sehr niedrig sei.



    Das ist nicht so, weil sich die Eltern weigern würden, dass ihre Kinder das Fach Sexualkunde besuchen, sondern einfach weil es ihnen nicht zur Kenntnis gebracht wird. Zudem sind die Wahlfächer so gedacht, dass sie den Lehrplan nur ergänzen, was nicht richtig ist, die Wahlfächer an sich sollten einfach im Lehrplan stehen. Unsere Kinder brauchen Bildung für Gesundheit, weil es so viele Teenager-Mütter in Rumänien gibt. Es gibt aber starke Widersprüche zwischen den Wünschen der Eltern. Wir wissen auch nicht klar, was wir wollen, deswegen brauchen wir die Unterstützung der Experten vom Institut für Bildungswissenschaften und des Instituts für öffentliche Gesundheit.“




    Wer unterrichtet aber Sexualkunde oder eben Bildung für Gesundheit“? Das ist ein weiteres heikles Thema, worüber in der rumänischen Gesellschaft heftig debattiert wird. Alle Lehrkräfte sind geeignet, sofern sie sich bereit zeigen, mit den Kindern darüber zu diskutieren, was in ihren Leben passiert, und den Kindern bewusst machen können, dass sie ein gesundes Leben führen sollen“, sagt Adina Manea:



    Diese Lehrer müssten aber extra dafür weitergebildet werden, denn es handelt nicht nur um die Vermittlung neuer Kenntnisse, sondern auch um die Berichtigung bereits erworbener Kenntnisse, die sich als falsch erweisen. Das gilt insbesondere für Pubertierende und Teenager, die sich im Internet sehr leicht Informationen beschaffen. Es handelt sich eigentlich um die Übermittlung von Einstellungen und Fähigkeiten.“

  • Bildungsprojekt: Schach in den Schulen

    Bildungsprojekt: Schach in den Schulen

    Beginnend mit dem Schuljahr 2014-2015 wird Schachspielen zum Wahlfach in den rumänischen Schulen. Wie Erziehungsminister Remus Pricopie sagte, werde das neue Fach Erziehung durch Schachspielen“ hei‎ßen, und der genehmigte Lehrplan richtet sich an die Grundschule. Die rumänischen Schulen werden also dieses Zwei-Jahre-Fach für die Schüler der Klassen 1 bis 4 anbieten. Mehr über die Vorteile des Schachspielens in der Schule erfahren wir vom Erziehungsminister Remus Pricopie:



    Ich könnte darüber viel erzählen, sowohl als Lehrer als auch als Vater eines Kindes, das Schach spielt. Vor allem verbessert das Schachspielen die Konzentrationsfähigkeit, das Analysevermögen und das logische Denken. Denken Sie daran, was es bedeutet, 3, 4, manchmal sogar 5 Stunden lang (je nach Alter des Kindes) vor dem Schachbrett und vor dem Gegner zu sitzen und das Spiel durchzudenken. Das ist schon etwas Au‎ßerordentliches. Dann der Teamgeist. Diejenigen, die sich damit nicht auskennen, könnten glauben, Schach sei ein individuelles Spiel. Keineswegs. Schach ist kein individuelles Spiel, sehr oft ist die Mannschaft besonders wichtig, von der Vorbereitung, vom Training bis zum Schachturnier, und das ist wieder von Vorteil für die Kinder, die Schach spielen wollen. Die Forschungen haben erwiesen, dass auch die Schulzeugnisse besser wurden.“




    Vladimir Danilov ist Generalsekretär des rumänischen Schachverbandes. Schachspielen lernte er in Iaşi (im Nordosten Rumäniens), einer Stadt, die als gutes Beispiel für die Einführung dieses Fachs in den Schulen gilt. Vladimir Danilov:



    Seit 1986 wird Schachspielen in verschiedenen Formen in den Schulen unterrichtet, nicht unbedingt als Fach auf dem Lehrplan. 1986 wurde die erste Schach-Schulkasse in Rumänien gegründet. Nach 1990 wurde Schachspielen in allen Kindergärten und Schulen Rumäniens eingeführt, in vielen Fällen als After-School-Unterricht. In Iaşi spielen etwa 3.000 Schüler Schach; viele von ihnen haben hohe Leistungen erbracht, sowohl als Profi-Junior-Schachspieler als auch in der Schule, als Teilnehmer an Schulolympiaden in verschiedenen Fächern. Seit 2000 wurde an der Schule »Bogdan Petriceicu Haşdeu« in Iaşi Schachspielen als Unterrichtsfach mit Benotung und Eintragen im Schulzeugnis eingeführt. Der Schachunterricht hei‎ßt entweder ‚Schach am Computer‘ oder ‚Schach und Mathematik‘, je nachdem, welcher Fachlehrer die Schachstunden übernimmt. Etwa 600 Grundschulkinder haben Schachspielen auf dem Lehrplan, von einer Stunde bis zu vier Stunden in der Woche.“




    Laut einem Abkommen zwischen dem rumänischen Erziehungsministerium und dem rumänischen Schachberband werden die Schulen bestimmt, wo Schachspielen als Wahlfach unterrichtet wird, und auch die Lehrer ernannt, die Schachunterricht geben werden. Mehr dazu vom Erziehungsminister Remus Pricopie:



    Das erste Problem, das wir lösen müssen, sind die Lehrkräfte. In den rumänischen Schulen war das Schachspielen kein Unterrichtsfach. Wir hatten also kein System für die Ausbildung der Lehrkräfte in diesem Bereich. Durch das mit dem Schachverband abgeschlossene Abkommen kann jeder Lehrer der vom Schachverband legitimiert ist, Schach unterrichten. Das gilt nur jetzt, am Anfang. Wir werden versuchen, Lehrkräfte für dieses neue Fach zu bilden. Das wird die Aufgabe der Universitäten und des Erziehungsministeriums sein. Ein zweites Problem ist, dass wir 500 Schulen dafür komplett ausstatten müssen. Das bedeutet, jede Schule braucht 10 Schachspiele, eine Tafel, Lehrbücher und ein Buch für die Lehrkraft. Wir haben beschlossen, dass die 500 Schulen Dorfschulen sein sollen. In den Städten gibt es noch die sogenannten Schulklubs, wo man Schach erlernen kann.“




    Ştefan ist Gymnasialschüler und Mathematikolympionike. Er liebt das Schachspielen, wo er auch gute Leistungen hat:



    Schach entwickelt das Denkvermögen. Schach hilft uns, auf eine bestimmte Art zu denken, und ich meine damit nicht nur auf die Schule sondern auch das Alltagsleben. Wir lernen, die richtige Wahl zu treffen, wir üben uns in Geduld, wir lernen, uns sicher zu sein.“



    Victor, der ebenfalls Gymnasialschüler ist, sprach über eine bessere Kontrolle der Emotionen. Victor hat zahlreiche Medaillen bei den nationalen Schachmeisterschaften gewonnen:



    Bei Mathe- und Informatikwettbewerben spielt das Selbstbeherrschen eine wesentliche Rolle. Dank dieser Eigenschaft habe ich viele Wettbewerbe und Medaillen in Mathe gewonnen.“




    Lucian Vasilescu ist Arzt; er lebt und arbeitet in Bukarest. In seiner Freizeit spielt er sehr gerne Schach. Er sprach über den Einfluss des Schachspieles auf die Erziehung und die Karriere:



    Ich spiele Schach seit der ersten Klasse. Das Schachspielen ist meine Leidenschaft, mehr als ein Hobby. Es hat mir geholfen, bestimmte Eigenschaften zu entwickeln wie Hartnäckigkeit, Geduld, den Wunsch, zu siegen. Gleichzeitig habe ich gelernt, Mitglied eines Teams zu sein. So hatte ich auch die Möglichkeit, viele schöne Orte in Europa und in der Welt kennenzulernen. Die Tatsache, dass ich heute, mit 50 Jahren, Schach gegen die besten rumänischen Spieler spielen kann, ist für mich von gro‎ßer Bedeutung. Ich kann behaupten, dass ich es kaum erwarte, in die Rente zu gehen, um dem Schachspielen mehr Zeit schenken zu können.“



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  • Wahlfach „Geschichte des Kommunismus“ in rumänischen Schulen

    Wahlfach „Geschichte des Kommunismus“ in rumänischen Schulen

    Seit 2008 wurde in den Gymnasien ein Wahlfach für Geschichte des Kommunismus eingeführt. Der Endbericht des Präsidialausschusses für die Analyse der Kommunistischen Diktatur in Rumänien umfasste eine solche Empfehlung. Kurz nachdem der Lehrplan erarbeitet wurde, hat man auch die Schulbücher für die 11. und 12. Klasse veröffentlicht. Die Schulbücher kamen unter der Federführung des Instituts für die Erforschung der Verbrechen des kommunistischen Regimes (IICCMER) heraus. Was die Schulbücher behandeln, erfahren wir vom ehemaligen Vorsitzenden des Instituts, Andrei Muraru:



    Wir versuchen für die Periode 1947-1989 die Innereien dieses Regimes zu erforschen: das Alltagsleben, die Wirtschaft, das Kulturleben, die Minderheiten, das politische Regime, die Unterdrückung. Natürlich waren die Bemühungen, alle diese Themen zusammen zu bringen, nicht einfach. Aber wir haben auf kurze Autorentexte und viele historische Quellen fokussiert: Archiv-Dokumente und Materialien mündlich überlieferter Geschichte. Das Schulbuch kommt zusammen mit einer DVD mit Videoaufnahmen aus dem Archiv des nationalen Fernsehsenders TVR aus dem Jahr 1988. Aus unserer Sicht ist es ein sehr gut erstelltes Instrument, das dem Schüler die Möglichkeit gibt, selbst zu forschen. Wir wollten kein Propaganda machen, keine Vision betreffend die Geschichte des Kommunismus in Rumänien aufzwingen. Deshalb lautet der Titel des Schulbuchs »Eine Geschichte des Kommunismus«, weil je nachdem, wer erforscht, kann es mehrere Geschichten des Kommunismus geben.“



    Zurzeit ist dieses Wahlfach in 146 Schulen belegbar. Seit seiner Einführung wählen es etwa 3000 Schüler jährlich. Zudem organisiert IICCMER Seminare mit den Geschichte-Lehrern, weil das Unterrichten dieses Faches spezifische Kenntnisse und Methoden voraussetzt.



    Der Informationsbedarf ist gro‎ß. Das beweisen auch die Umfragen betreffend die kommunistische Periode. Einer Umfrage von 2010 zufolge, die vom IICCMER in Auftrag gegeben wurde, hätten die Rumänen eine zwiespältige Einstellung gegenüber der kommunistischen Epoche in Rumänien. 47% der Befragten erklärten, der Kommunismus sei eine gute Idee, wäre jedoch falsch umgesetzt worden. Knapp 30% waren der Meinung, die Idee des Kommunismus sei falsch. Im Dezember 2013 zeigte eine weitere Umfrage, dass 47,5% der Rumänen den kommunistischen Anführer Nicolae Ceauşescu als einen Politiker mit einer positiven Rolle in der Geschichte Rumäniens empfinden. 46,9% empfanden ihn als eine negative Persönlichkeit.



    Auch der Vorgänger Ceauşescus, Gheorghe Gheorghiu-Dej, wird von 42,3% der Rumänen als positiv empfunden. 39,1% der Befragten erklärten, er habe eine negative Rolle gespielt. Unter diesen Voraussetzungen sind die Meinungen der Schüler vor Beginn dieses Kurses nicht überraschend. Mihai Stamatescu, Geschichte-Lehrer in Orşova und einer der Autoren des Schulbuchs dazu:



    Im Allgemeinen haben die Kinder die Informationen von der Familie, von den Nachbarn und der breiteren Gemeinde bekommen. Aus den Medien bekommen sie weniger Informationen. Die angeeigneten Informationen entsprechen meistens denen aus der Öffentlichkeit, beispielsweise: ‚Ja, früher war es besser, weil wir Arbeitsplätze hatten‘, ‚Ja, es war gut, weil wir Wohnungen erhielten‘, ‚Ja, es war gut, weil wir Gasflaschen [fürs Herd] bekamen‘. Die Kinder kommen mit diesen Informationen und auch mit anderen in die Schule und erfahren plötzlich, dass sie irgendetwas nicht zusammenpasst. Die Erklärungen, die der Kurs anbietet, und die Zeitgeschichte, die in der Schule unterrichtet wird, zeigen eine andere Realität. Die Schüler erkennen, dass die Nostalgien der Eltern sich nicht unbedingt auf das kommunistische Regime beziehen, sondern auf ihre Jugend. Wenn du Argumente hast, wenn du Beweise zeigst, wenn du sie aufforderst, historische Quellen nachzuschlagen, wenn du ihnen erklärst, was Manipulation, Propaganda bedeutet, werden sie mit Sicherheit verstehen, was ihren Eltern widerfahren ist. Sie sind bereit, logisch und kritisch zu urteilen über alles, was geschehen ist.“




    Nach dem Besuch dieses Kurses beginnen die Schüler einen Teil der alltäglichen Realitäten besser zu verstehen. Sie zeigen immer mehr Interesse für dieses Fach. Durch eine Annäherung an aktuelle Themen versucht man die Geschichte des Kommunismus auch in jüngere Klassen zu unterrichten. Mihai Stamatescu:



    Wir haben ein Dokument mit dem Titel »Menschenrechte in der neuesten Geschichte Rumäniens« erstellt. Wir haben festgestellt, dass wir in Kontakt mit dem kommunistischen Regime vor dem Erreichen der Volljährigkeit treten können. Wir haben ein Dokument erstellt, dass auch von Gymnasiums-Schüler und Grundschulkinder benutzt werden kann. Solange die Kinder das Fach »Gesellschaftliches Engagement« studieren, haben wir uns gedacht, dass die beste Perspektive, Informationen über das kommunistische Regime zu bringen, die der Menschenrechte ist. Es gibt genügend Gymnasial-Lehrer, die dieses Dokument benutzen.“




    Natürlich kann ein einziger Kurs die Wahrnehmung einer ganzen Gesellschaft nicht radikal ändern. Au‎ßer Schulunterricht müsste es auch andere unterschiedliche Initiativen geben, um das breite Publikum über den Kommunismus zu informieren. Andrei Muraru, ehemaliger Vorsitzender des Instituts für die Erforschung der Verbrechen des Kommunistischen Regimes (IICCMER) über die Auswirkungen dieses Kurses:



    Es hängt auch von dem ab, was wir als Gesellschaft dafür tun. Das polnische Pendant unserer Institution, das Institut für Nationales Gedenken (Instytut Pamięci Narodowej, IPN), hat über 2000 Angestellte, wir haben nur 36. Sie haben ein Budget von 60 Millionen Euro, wir haben ein Budget von 1 Million Euro. Sie fingen 1999 an, als sie gegründet wurden, und die Ergebnisse beginnen jetzt, nachdem 10-15 Jahre lang massiv in die Bildung investiert wurde, sichtbar zu werden. Die Investitionen beschränkten sich nicht auf Kurse, sondern umfassten auch Spiele für Kinder, Jugendliche, Schulprogramme, Filme, Konferenzen und Bücher. Je weniger wir investieren, desto mehr werden die Umfragen nostalgische Botschaften über die kommunistische Periode vermitteln. Diese Nostalgie vermischt sich mit der Empörung gegenüber der aktuellen Regierung. Alles hängt von den Ressourcen ab, die die Gesellschaft in diesen Bereich investiert.“




    Das Wahlfach Geschichte des Kommunismus“ wird nur in Gymnasien mit geisteswissenschaftlichem Schwerpunkt im Unterricht angeboten, nicht aber in Berufsschulen oder Schulen mit künstlerischem Profil. Es ist nur eines der Wahlfächer, die rumänische Schüler belegen dürfen.



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