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  • Moldaurepublik: Neues Wahlsystem unförderlich für politische Ausrichtung

    Moldaurepublik: Neues Wahlsystem unförderlich für politische Ausrichtung

    Im neuen System werden 50 der 101 Abgeordneten direkt gewählt, die restlichen 51 auf Parteilisten. Ein kompliziertes und unklares Verfahren, rügen nationale und internationale Kritiker. Die meisten Aussichten auf den Erfolg haben drei Gruppierungen, die unterschiedliche Politikrichtungen verfolgen. Zum einen die linken Sozialisten, die vom prorussischen Präsidenten Igor Dodon unterstützt werden, Zweitens das Wahlbündnis ACUM — ins Deutsche übersetzt bedeutet dieses Wort Jetzt“. Es besteht aus zwei proeuropäischen Oppositionsparteien um Maia Sandu bzw. Andrei Năstase. Drittstärkste Partei sind die Demokraten, die sich zwar als proeuropäisch ausgeben, aber durch viele mutma‎ßlich antidemokratischen Ma‎ßnahmen zur einer Abkühlung der Beziehungen zu Brüssel beigetragen haben. Vladimir Plahotniuc, der Chef der Demokratischen Partei, sprach sich unlängst für einen vierten Weg aus: Die Moldau sollte sich weder am Westen noch am Osten orientieren und noch weniger eine Vereinigung mit Rumänien anstreben, sondern seine Unabhängigkeit ausbauen.



    Was bei den Wahlen auf dem Spiel steht und welche Konstellationen nach den Wahlen möglich sind, erläutert Dan Dungaciu, Chef des politikwissenschaftlichen Instituts an der rumänischen Akademie:



    Es steht immer etwas wichtiges auf dem Spiel in der Moldaurepublik, und zwar fast das Gleiche, seitdem das Land seine Unabhängigkeit ausgerufen hat. Die Wahlen hier sind nicht politisch, sondern geopolitisch, die Parteien genauso. Es gibt immer diese Spannung, diesen Druck, diese Ungewissheit über die langfristige, wahlenübergreifende Orientierung des Landes Richtung Westen oder Osten. Diesen Balanceakt haben sogar markante Präsidialfiguren vollzogen. Sie haben ein Mandat mit einem prowestlichen Angebot gewonnen, das nächste mit einem prorussischen. Wir sind also heute genauso konfus. Und ja, die bevorstehenden Wahlen sind immer wichtiger als alle anderen.“




    Dungaciu zufolge hat sich bislang zumeist die Linke durchgesetzt und die Mehrheit bekommen. Diesmal ist die Gesellschaft allerdings so gespalten, dass keine Partei alleine die Mehrheit bilden kann. Es wird also, so Dungaciu, eine Koalition geben oder zu Neuwahlen kommen. Was muss aber Rumänien in diesem Kontext tun?



    Rumänien ist als Land an der Spitze des Rates der EU in einer komplizierten Lage. Die Moldaurepublik hat leider diese Glanzleistung vollbracht, schlechter in Brüssel gesehen zu werden als noch unter dem Kommunisten Vladimir Voronin. Die Türen sind für moldauische Verantwortliche in Brüssel und in Washington verschlossen — das Image der Moldaurepublik war nie derart schlecht. Das bedeutet für Rumänien eine weitere Komplikation, weil es früher aufgrund nicht sehr glücklicher politischer Entscheidungen der Moldau auch dann Rückendeckung gab, als die EU auf strenge Strafma‎ßnahmen setzte und der Moldau sogar die Finanzierung entzog. Die Finanzierung ist heute noch abgeschnitten und muss nun den Test der Wahlen perfekt bestehen. Rumänien muss ein klares Signal geben: Politische Auseinandersetzungen sind in Fairness auszutragen. Rumänien hat dieses eigentlich in Brüssel verpönte Thema der Ostpartnerschaft auf die EU-Agenda gesetzt und trägt also eine gro‎ße Verantwortung — wenn nicht alles einwandfrei läuft, riskiert Bukarest seine Glaubwürdigkeit bei den EU-Partnern.“




    Die wenig übersichtliche Konstellation wird dadurch verkompliziert, dass am Wahltag auch zwei Referenden stattfinden. Die Bürger sollen entscheiden, ob das Parlament von 101 auf 61 Abgeordnete reduziert wird und ob Bürger ihren Abgeordneten auch vor den Wahlen das Mandat entziehen dürfen sollen. Die Ideen gelten als populistisch — die regierenden Parteien wollten durch diese Themen von wichtigen Anliegen wie der euroatlantischen Integration ablenken, meint der Politologe.

  • Nachrichten 24.07.2017

    Nachrichten 24.07.2017

    Bukarest: Der rumänische Europaminister Victor Negrescu und der Gesundheitsminister Florian Bodog plädieren in London für die Verlegung (nach dem Brexit) der sich derzeit in London befindlichen Europäischen Arzneimittelbehörde nach Bukarest. Die Regierung habe die Bewerbung für die Verlegung fertiggestellt — doch Rumänien hat Konkurrenz von Frankreich, Schweden, Dänemark, Ungarn und Bulgarien, die bereits eigene Angebote eingereicht haben. Nach der Prüfung der Anträge bis zum 15. September durch die Europäische Kommission soll eine Entscheidung im November beim Rat für Allgemeine Angelegenheiten erfolgen.



    Bukarest: Der rumänische Justizminister Tudorel Toader wird sich diese Woche in Brüssel mit dem Ersten Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Frans Timmermans treffen. Hauptthema ist das Reformpaket für die Justiz, das die Regierung idealerwiese — so Toader — zum 1. September verabschieden sollte. Die Gesetze müssten dann noch vom Parlament besprochen werden. Das klärende Gespräch mit Timmermans war beim Besuch von Premierminister Mihai Tudose vor zwei Wochen in Brüssel vereinbart worden.



    Chişinău: Die amerikanische Botschaft in Chişinău ist enttäuscht, dass das moldauische Parlament und die Regierung die internationalen Empfehlungen und die Kritik am neuen Wahlsystem ignoriert und die Reform trotzdem beschlossen haben. Die Kommission von Venedig und die OSZE sowie die Europäische Kommission rügten die Reform des Wahlsystems und die Europäische Volkspartei verlangte die Einstellung der Finanzierungen an die Moldau. Das Parlament in Chişinău stimmte am Donnerstag für ein gemischtes System, bei dem die eine Hälfte der Abgeordneten auf Parteilisten und die andere nach dem Personanwahlrecht gewählt werden. Dieses neue System begünstige die gro‎ßen Parteien — die prowestliche Demokratische Partei von Premierminister Pavel Filip und die Sozialisten des moskaunahen Präsidenten Igor Dodon, behaupten Politikanalytiker



    Bukarest: Gro‎ßer Erfolg für rumänische Schüler auf der internationalen Physik-Olympiade: 4 Gold-und 2 Silbermedaillen. Das Ergebnis bringe Rumänien auf den ersten Platz in Europa und auf den 5. weltweit, teilt das rumänische Bildungsministerium mit. Die 48. Physikolympiade fand zwischen dem 16. und dem 24. Juli in Indonesien statt und brachte 424 Bewerber aus 88 Ländern zusammen.



    Sport: Die rumänische Tennisspielrin Irina Begu hat das Turnier “BRD Bucharest Open” gewonnen. Das Bukarester Turnier wird mit Preisen im Wert von 230.000 Dollar dotiert. Im Finale gegen die Deutsche Julia Goerges (Platz 40 WTA) setzte sich Irina Begu am Sonntag 6:3, 7:5 durch. Im Damendoppel gewann Irina Begu zusammen mit Raluca Olaru 6: 3, 6:3 gegen das belgisch-niederländische Doppel Elise Mertens/ Demi Schuurs. Irina Begu, die in der WTA-Weltrangliste den 32. Platz belegt gewann somit in Bukarest den 4. WTA-Titel im Einzel- und den 5. im Doppelwettbewerb.

  • Nach Wahldebakel im Ausland: politischer Wille zur Regelung der Diaspora-Wahl kaum vorhanden

    Nach Wahldebakel im Ausland: politischer Wille zur Regelung der Diaspora-Wahl kaum vorhanden

    Bilder mit tausenden Rumänen, die vor den Wahllokalen im Ausland Schlange stehen, um ihren Präsidenten zu wählen, eröffneten Anfang November alle Nachrichtensendungen der rumänischen Fernsehsender. Trotz der lautstarken Unzufriedenheit der rumänischen Gemeinschaften im Ausland wiederholte sich die Situation zwei Wochen später bei der Stichwahl. In dieser Hinsicht trafen die rumänischen Behörden, deren Aufgabe die Organisierung der Wahlen war, Ma‎ßnahmen zur Verbesserung des Wahlvorgangs, die sich aber als ineffizient erwiesen haben. Zwei Au‎ßenminister traten vor dem Hintergrund der entstandenen Situation zurück. Der sozial-demokratische Ministerpräsident Victor Ponta musste, seinen eigenen Aussagen zufolge, den politischen Preis dafür zahlen, dadurch dass er die Wahlen zugunsten seines Gegenkandidaten, des Liberalen Klaus Iohannis, verloren hat.



    Es gab aber auch ein Nachspiel. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Strafverfolgung wegen Amtsmissbrauchs, Fahrlässigkeit im Dienst und Einschränkung der Wahlrechte aufgrund zahlreicher Klagen der Rumänen eingeleitet, die im Ausland leben und nicht wählen konnten, obwohl sie stundenlang vor den Wahllokalen gewartet haben. Danach wurde die Akte der Wahlen im Ausland von der Nationalen Antikorruptionsbehörde DNA übernommen, denn für einige Taten, gegen die in dieser Akte strafrechtlich ermittelt wird, besteht ein Korruptionsverdacht. Laut dem rumänischen Strafgesetzbuch wird die Einschränkung des Wahlrechts oder des Rechtes, gewählt zu werden, egal durch welche Mittel dies erfolgt, mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 3 Jahren bestraft. Ein Ermittlungsthema in dieser Akte handelt von der Möglichkeit, mehr Wahllokale im Ausland zu eröffnen, und von der Frage, und ob es den gesetzlichen Rahmen für die Einrichtung zusätzlicher Wahllokale zwischen den beiden Wahlrunden gab.



    Au‎ßer dem rechtlichen Aspekt dieser Angelegenheit führten die festgestellten Engpässe bei der Stimmabgabe zur Wiederaufnahme der Debatte über das rumänische Wahlsystem insgesamt. Die rumänischen Entscheidungsträger suchen seit einiger Zeit nach einer verbesserten Fassung. Radu Carp, Professor an der Fakultät für Politikwissenschaften der Bukarester Universität, erläutert:



    Es hat zwei Gesetzentwürfe für die Briefwahl gegeben. Der erste wurde 2011 von der Liberal-Demokratischen Partei (PDL) ins Leben gerufen und vom Senat verabschiedet. Danach wurde er der Abgeordnetenkammer vorgelegt und blieb dort rund 2 Jahre hängen. Der Entwurf wurde schlie‎ßlich im März 2013 durch die gegenwärtige Regierung der Sozial-Demokratischen Partei (PSD) abgewiesen. Der zweite Entwurf wurde von der Abgeordnetenkammer initiiert. Es handelte sich um einen Gesetzentwurf, der vom Senat am 25. Februar 2014 abgewiesen wurde.“




    Ein weiterer Entwurf, der den rumänischen Wählern, die im Ausland wohnhaft oder ansässig sind, die Briefwahl ermöglichen sollte, wurde gerade diese Woche von den Abgeordneten abgewiesen. Eine Diskussion darüber, welche Auswirkungen und Aspekte es diesbezüglich gibt, die aber auch gewährleisten, dass die Briefwahl nicht gefälscht werden kann, hat man nicht geführt. Daher konnte man auch kein Gesetz in diesem Sinne verabschieden, sagte der Europaabgeordnete Victor Boştinaru. Au‎ßerdem erinnerte Victor Boştinaru daran, dass sehr viele EU-Staaten diese Art von Wahl nicht unterstützen. Es gibt aber, so Boştinaru, 3-4 Modelle auf Ebene der Europäischen Union, die Rumänien unbedingt analysieren muss, um beschlie‎ßen zu können was zu tun ist:



    Eine neue Formel könnte die Pflichtwahl für alle Bürger beinhalten. Sie müssen sich vorstellen, auch die zahlreichen griechischen Gemeinschaften im Ausland müssen nach Griechenland kommen, um zu wählen. Die Griechen dürfen nur innerhalb Griechenlands wählen. Vielleicht ist das zu restriktiv. Eine zweite Lösung sind Listen der rumänischen Bürger, die in anderen Staaten wohnen. Diese sind rund sechs Wochen vor den Wahlen verpflichtet, sich bei einer diplomatischen Vertretung Rumäniens zu melden, um ihren Wunsch, zu wählen, zu bestätigen. Man muss die Ortschaft angeben, wo man wohnt, und auch das Wahllokal, wo man seine Stimme abgeben möchte.“




    Nach der besagten Anmeldung dürfen sie am Tag der Wahlen ohne Beschränkung wählen, das aber nur, wenn man seine Absicht, zu wählen, vorangekündigt hat. Die dritte Möglichkeit sei die der elektronischen Wahl, sagt der rumänische Europaabgeordnete:



    Die elektronische Wahl ist eine einfache, kostengünstige Lösung. Diese muss sich aber auf die gemeinsame politische Entscheidung aller Akteure im rumänischen Parlament stützen. Denn nur so wird man sich in Zukunft keinen Vorwürfen mehr aussetzen machen. Au‎ßerdem muss man eine technische Lösung gegen Wahlbetrug finden, die von allen angenommen wird. Letztendlich gibt es die Briefwahl als solche, die z.B. in Italien eingesetzt wird. Alle politischen Parteien führten aber diesbezüglich weitgehende Beratungen und kamen zum Entschluss, dass eine bestimmte Formel von keinem politischen Spieler beanstandet wird.“




    Rumänien muss eine machbare und keine ideale Lösung finden, denn sonst — fügt Victor Boştinaru hinzu — sei die Einrichtung von Wahllokalen für 3 Millionen Rumänen, die im Ausland leben und wahlberechtigt sind, vorausgesetzt alle würden wählen gehen, praktisch unmöglich.