Tag: Walachei

  • Aus dem Archiv: Stadtmuseum präsentiert Ausstellung zur Cantacuzino-Familie

    Aus dem Archiv: Stadtmuseum präsentiert Ausstellung zur Cantacuzino-Familie

    Unter dem Titel „Die ersten Angehörigen der Cantacuzino-Familie im Bestand des Stadtmuseums Bukarest“ widmet sich die Ausstellung den Anfängen dieser bedeutenden Adelsfamilie. Mihaela Rafailă, Kuratorin und Expertin der Abteilung für moderne und zeitgenössische Geschichte des Bukarester Stadtmuseums, erläutert die Absicht hinter dem Projekt.

     „Mit der temporären Ausstellung zur Cantacuzino-Familie möchte ich der Öffentlichkeit bedeutende historische Schriftstücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert vorstellen. Diese Dokumente, verfasst auf Papier oder Pergament in kirchenslawischer und rumänischer Sprache mit kyrillischen Buchstaben, erwähnen Mitglieder der Cantacuzino-Familie in unterschiedlichen Kontexten. Sie erscheinen sowohl als Zeugen im Fürstlichen Rat, durch die Ämter, die sie dort innehatten, als auch als Unterzeichner von Kaufverträgen oder als Aussteller von Urkunden und Orden. Besonders hervorzuheben sind dabei  Șerban und Ștefan Cantacuzino.

    Der Kammerherr Constantin Cantacuzino, eine zentrale Figur der Ausstellung des Bukarester Stadtmuseums, war der erste bedeutende Vertreter dieser adligen Familie aus der Walachei. Geboren 1598 und ermordet 1663, war er nicht nur ein großer Herrscher und Kulturschaffender, sondern auch ein Woiwode. Mihaela Rafailă erzählt uns mehr über seine außergewöhnliche Persönlichkeit und seinen Einfluss.

    Nach seiner Heirat mit Fräulein Elina, der jüngsten Tochter des Woiwoden Radu Șerban – zu Hause liebevoll Ilinca genannt – begann Constantin Cantacuzino seinen Aufstieg an den walachischen Höfen. Sein persönlicher Reichtum, den er geerbt und vermehrt hatte, wurde durch die Mitgift seiner Frau weiter gesteigert. Dadurch war es ihm möglich, seine elf Kinder – sechs Söhne und fünf Töchter – in die einflussreichsten Familien der wohlhabenden Bojaren aus der Walachei und Moldawien einzuheiraten. Als Kammerherr genoss Constantin Cantacuzino hohes Ansehen. Seine umfassende Bildung und seine Leidenschaft für Bücher zeichneten ihn ebenso aus wie seine wirtschaftlichen und diplomatischen Verbindungen. Besonders bei den Türken war er angesehen, was ihn zu einem engen Vertrauten des Woiwoden Matei Basarab machte. Im 17. Jahrhundert prägte Cantacuzino als eine der dominierenden Persönlichkeiten die rumänische Politik nachhaltig.

    Die Kuratorin Mihaela Rafailă stellt auch Elina Cantacuzino (1611–1687), die Ehefrau des großen Adligen Constantin Cantacuzino, in kurzen Zügen vor.

     Elina Cantacuzino bewies außergewöhnliche Stärke und Charakter. Sie zeigte Vergebung gegenüber den Mördern ihres Mannes, große Entschlossenheit bei der Rettung des Hauses nach dem Verlust der familiären Stütze und Umsicht bei der gerechten Aufteilung des Vermögens unter ihren Kindern. Ihre Liebe zu ihren Söhnen zeigte sich in den sanften, aber eindringlichen Ratschlägen, stets wie Brüder zusammenzuhalten. Darüber hinaus beeindruckte sie durch ihren Mut, indem sie selbst die weite und beschwerliche Reise zu den Heiligen Stätten unternahm.

    Welche Dokumente, die für die Geschichte dieser berühmten rumänischen Familie von Bedeutung sind, zeigt die Ausstellung den Besuchern?

    In der Ausstellung wird Constantin Cantacuzino, der Begründer der Cantacuzino-Familie in der Walachei, erstmals in einer Urkunde vom 8. Juni 1626 erwähnt. Dort erscheint er als Zeuge des Fürstlichen Rates und bekleidete das Amt des Oberkammerherrn.

    Die Ausstellung „Die ersten Angehörigen der Cantacuzino-Familie“ präsentiert der Öffentlichkeit drei bedeutende Werke, die für die rumänische Kulturgeschichte von herausragender Bedeutung sind. Im Mittelpunkt steht die „Bukarester Bibel“, auch bekannt als „Șerban Cantacuzinos Bibel“. Dieses Werk markiert die erste vollständige Übersetzung der Bibel ins Rumänische und wurde im Jahr 1688 veröffentlicht. Mihaela Rafailă ergänzt weitere Details zu dieser außergewöhnlichen Veröffentlichung und ihrer kulturellen Bedeutung.

     „In der Ausstellung sind auch drei Bücher zu sehen. Das erste ist „Das heilige und göttliche Evangelium, verfasst nach der griechischen Tradition der Evangelien“. Dieses wurde  im Auftrag und auf Kosten von Herrn Serban Cantacuzino im Jahr 1682 gedruckt.

    Zudem wird die Bibel, auch als „Bukarester Bibel“ bekannt, in der Ausstellung präsentiert. Auch die politische und geografische Geschichte der Walachei wird in der Ausstellung behandelt. Der Autor dieses Werks wurde von dem großen Historiker Nicolae Iorga als der erste Hofbeamte Olteniens, Mihai Cantacuzino, identifiziert. 

    Doch zurück zur Bibel, sie gilt als die erste vollständige Übersetzung der Heiligen Schrift ins Rumänische und wurde im Auftrag „unseres gütigen christlichen und erleuchteten Herrn Ioan Șerban Cantacuzino Voievod“ angefertigt. Die Bibel, die auf Papier mit Wasserzeichen gedruckt wurde, ist von besonderer Bedeutung. Ihre Einbände bestehen aus mit Leder umwickelten Holztafeln, deren Verzierung im Heißpressverfahren hergestellt wurde.

    Die Veröffentlichung der Bukarester Bibel war ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Etablierung der Landessprache als liturgische Sprache und gleichzeitig ein Meilenstein der typografischen Kunst in der Walachei. Sie legte die Grundlagen für die Schriftsprache der Kirche und hatte einen nachhaltigen Einfluss auf die religiöse und kulturelle Entwicklung der Region.

    Die Bibel fand weite Verbreitung in den rumänischen Ländern – in der Walachei, Moldawien und Siebenbürgen – und gelangte sogar bis nach Polen, als ein Exemplar dem ehemaligen Metropoliten Dosoftei, der im Exil lebte, übergeben wurde. Ein weiteres Exemplar befand sich im Besitz von Papst Benedikt XIV. und wird heute in der Bibliothek der Universität von Bologna aufbewahrt. Zudem zirkulierte die Bibel in Siebenbürgen, in den Landkreisen Alba und Hunedoara.

  • Der Staatsmann Ion C. Brătianu (1821 – 1891)

    Jede Nation hat ihre Gründerväter, außergewöhnliche
    Persönlichkeiten, die an der Geburt der Nation maßgeblich beteiligt waren. Sie
    konnten klar denken, hatten Mut die Umstände zum Gunsten ihrer Ideale zu
    nutzen, sie fällten die besten Entscheidungen für ihr Land. Einer der
    Gründerväter Rumäniens war Ion Constantin Brătianu, der Mann, dessen Name mit
    allen großen Ereignissen des 19. Jahrhunderts verbunden ist.






    Ion Constantin Brătianu wurde am 2. Juni 1821 in
    Ștefănești, 100 Kilometer nordwestlich von Bukarest, in eine Adelsfamilie aus
    dem nördlichen Teil der Walachei geboren. Mit 18 Jahren trat er in die sich
    damals bildende Armee ein, um bald darauf nach Paris zu reisen, um
    Ingenieurwissenschaften zu studieren. In der französischen Hauptstadt schloss
    er sich den Freimaurern an und stieg bis zum Grad eines Meisters auf. Vom
    Temperament her, ein radikaler Jakobiner, nahm Brătianu an der Revolution von
    1848 teil, wo er als Polizeipräfekt zweimal gewaltsam eingriff, um die
    Regierung der Revolution in der Walachei zu retten. Nachdem die osmanischen
    Armeen die Revolution niedergeschlagen hatte, wählte er das Exil und arbeitete
    in Paris fieberhaft daran, die Walachei dem osmanischen Einfluss zu entziehen.
    Im Jahr 1857 kehrte er nach Bukarest zurück und nahm an den Wahlen über die
    Vereinigung der Walahei mit der Moldau teil. Später war er maßgeblich am Sturz
    des ersten Fürsten der Vereinigten Fürstentümer, Alexandru Ioan Cuza, im Jahre
    1866 und an der Einsetzung Karl von Hohenzollern-Sigmaringen an seiner Stelle
    beteiligt. Er bekleidete Ministerämter und führte 12 Jahre lang, von 1876 bis
    1888, als Premierminister, die langlebigste demokratische Regierung in der
    Geschichte Rumäniens. Er war mit Pia verheiratet, mit der er 8 Kinder hatte,
    von denen 6 das Erwachsenenalter erreichten.






    Die Rumänische Akademie feierte kürzlich den
    zweihundertsten Geburtstag Brătianu’s. Dabei forderte der Vorsitzende der
    Akademie, der Historiker Ioan-Aurel Pop, dass die Geschichte des modernen
    Rumäniens mit der Familie Brătianu beginnen sollte. Wenn einmal ein Lexikon
    der großen Rumänen und der großen rumänischen Familien, die einen Beitrag zur
    Großen Vereinigung geleistet haben, die den Grundstein des modernen Rumänien
    bildet, ausgearbeitet wird, dann sollte dieses Buch mit dem Namen Brătianu
    beginnen. Vor seinem Ableben, sagte Ion C. Brătianu: Ich werde mich im
    Grab umdrehen, wenn ihr, meine Söhne, das Land nicht vervollständigt.
    Dabei ging es ihm um die bewusste Übernahme der nationalen Rolle und Ideale und
    nicht um kleinliche persönliche Ziele. Einer seiner Söhne, Ionel, sollte sein
    Werk fortsetzen und einer der größten Politiker und Staatsmänner werden, die
    Rumänien je hatte.






    Wie jede herausragende Persönlichkeit, war Brătianu immer
    dort, wo die Geschichte seines Landes entschieden wurde, fügte Ioan-Aurel Pop
    hinzu. Ion C. Brătianu baute das Land auf, genauer gesagt seinen festen
    Kern, als er die Revolution von 1848 durchführte, als er nach Düsseldorf
    reiste, um Prinz Karl abzuholen, als er die Nationalliberale Partei gründete,
    als er 12 Jahre lang die beständigste und dauerhafteste Regierung des modernen
    Rumäniens führte, als er sich für eine eigene Währung, für die Unabhängigkeit,
    für die Monarchie als Regierungsform einsetzte und für viele andere Dinge
    kämpfte. Die liberalen Brătianu’s erteilten uns die perfekte
    Bürgerkunde-Lektion, nämlich, dass es keinen politischen Aktivismus innerhalb
    der Grenzen persönlicher Ideale und nur im Lichte der öffentlichen, nationalen
    Ideale gibt.






    Ludovic Orban ist der Vorsitzende der Nationalliberalen
    Partei. Seiner Meinung nach war die Gründung der Nationalliberalen Partei im
    Jahr 1875 eines der wichtigsten Errungenschaften Ion Constantin Brătianu’s.
    Eine Partei, die, wie ihr Vorsitzender, an allen wichtigen Entscheidungen der
    rumänischen Geschichte beteiligt war. Eine der großen Leistungen Ion C.
    Brătianu’s war die Gründung der Nationalliberalen Partei durch den Zusammenschluss mehrerer liberaler Fraktionen.
    Auf dem berühmten Treffen von Mazar Pascha, schlossen sich die Vorsitzenden der
    fortschrittlichen Kräfte, die die Modernisierung und Emanzipation des Landes
    anstrebten, in einer politischen Partei zusammen. Ion C. Brătianu ist praktisch
    der Wegbereiter der wichtigsten Ereignisse, die zur Gründung des modernen
    rumänischen Staates führten. Die Generation Brătianu’s, Rosetti’s und all der
    anderen Persönlichkeiten, hat einen spektakulären Wandel des Landes erreicht -
    vom Kaftan zu allem, was europäisch ist.






    Ion C. Brătianu ging in der Politik, in der Gesellschaft
    vollständig auf, er setzte sich nach Kräften für die Modernisierung und
    Europäisierung der Gesellschaft in der er lebte ein und verließ diese Welt am
    15. Mai 1891, zwei Wochen vor seinem 70. Geburtstag. Beigesetzt wurde er auf
    seinem Anwesen in der Gemeinde Florica. Der Historiker Narcis-Dorin Ion zitiert
    Zeitzeugenberichte: Brătianus Tod fand einen starken Widerhall im Lande
    selbst und im Ausland. Die Beerdigungszeremonie auf dem Anwesen, an der über 12.000
    Menschen, aus Dankbarkeit gegenüber einem der Gründerväter des modernen
    Rumäniens teilnahmen, hinterließ einen tiefen Eindruck bei seinen Zeitgenossen.
    Er wurde im Park des Herrenhauses in Florica, auf einem Hügel, neben dem Grab seines
    ersten Kindes, das auch Florica hieß, beigesetzt. Drei Jahrzehnte später, im
    Mai 1921, fand die Zeremonie der Überführung seiner sterblichen Überreste in
    die neue Kapelle statt, die seine Tochter Sabina Cantacuzino, wie folgt
    beschreibt: Der Gottesdienst war kurz, der Sarg wurde auf den Schultern der
    ältesten Bauern von Rătești getragen, gefolgt von Floricas kleinen Sarg, der
    von zwei Veteranen getragen wurde.






    Ion C. Brătianu war zweifellos in jeder Hinsicht ein großer
    rumänischer Staatsmann und sein Denkmal im Zentrum von Bukarest zeugt davon.
    Die auf dem Denkmal geschriebenen Worte gelten für jeden, der sie liest: Durch
    unseren Verstand, durch unser Herz, durch unsere Arme.

  • Tudor Vladimirescu: Walachischer Aufstand von 1821 eröffnete mehr Spielraum

    Tudor Vladimirescu: Walachischer Aufstand von 1821 eröffnete mehr Spielraum

    Wer heute in Griechenland unterwegs ist, wird schnell auf die vielen Plakate aufmerksam, die auf die 200. Jährung des Beginns des griechischen Unabhängigkeitskriegs hinweisen. Dieses Ereignis hat aber auch einen bemerkenswerten Rumänien-Bezug — im Januar 1821 begann in der Kleinen Walachei (Oltenien) die politische Bewegung von Tudor Vladimirescu. Der frühere Soldat in der Zarenarmee und spätere Kaufmann war von den Idealen des aufgeklärten Nationalismus beeinflusst und marschierte an der Spitze einer 5000 Mann starken Truppe auf Bukarest. Im Mai verlie‎ß er die Stadt, da er einen türkischen Einfall befürchtete. Am 21. Mai 1821 wurde Vladimirescu von den griechischen Nationalisten ermordet, aus deren Sicht er Verrat an der gemeinsamen Sache begangen hatte. Die damalige Bewegung Vladimirescus galt lange als Beginn der nationalen Emanzipierung der rumänischen Nation.



    Doch die politische Lage in der Region war deutlich komplizierter. Griechische Nationalisten in der Bewegung Philiki Etaireia — deutsch in etwa Freundschaftsbund“ — wollten die Unabhängigkeit Griechenlands und bekamen dabei starke Rückendeckung aus Russland. In den rumänischen Fürstentümern waren die vom Osmanischen Reich eingesetzten Herrscher aus dem griechischen Viertel Phanar in Konstantinopel der Sache der Etairia ebenfalls wohlwollend gesinnt. Seit 1716 prägten sie die Politik in den rumänischen Fürstentümern. Das 18. Jahrhundert galt als Jahrhundert der Herrscher aus Phanar — bei Zeitgenossen und Nachfahren war es negativ besetzt. Was damals als gemeinsame rumänisch-griechische Causa betrachtet wurde, spaltete sich 1821 in zwei getrennte Bewegungen.



    Wie die Bewegung von Tudor Vladimirescu heute zu bewerten ist, erläutert bei RRI der Historiker Alin Ciupală:



    Sehr wenig bis gar nicht wurde über einen Faktor diskutiert, den die kommunistische Geschichtsschreibung ganz unter den Teppich kehrte — die Rolle des Gro‎ßadels in den rumänischen Fürstentümern, der unter dem Einfluss des über die griechische Kultur importierten westlichen Gedankenguts der Aufklärung stand. Diese Ideen, die ein Gro‎ßteil der Bojaren übernahm, führten praktisch zu einem gro‎ßen Bruch, den wir gegen Ende des 18. Jahrhunderts bemerken. Zwischen dem nationalen griechischen Projekt und dem entstehenden Nationalprojekt der Rumänien entstand eine Spaltung — der griechische Nationalismus, hierzulande gefördert von den Phanarioten und den griechischen Adeligen, kollidiert mit dem Nationalismus der rumänischen Bojaren. Und das führt dazu, dass die rumänischen Adeligen nach Mitteln und Wegen suchten, um die Phanarioten zu beseitigen.“




    Jede Seite hatte ihre spezifischen Vorteile: Die Griechen besa‎ßen die politischen, administrativen und militärischen Instrumente in der Walachei, während der rumänische Gro‎ßadel die Wirtschaft dominierte. Alin Ciupală glaubt, dass die rumänischen Bojaren auf Tudor Vladimirescu als Lösung für ihre Probleme setzten — doch es sollte anders kommen, als von ihnen erwartet.



    In dieser Konjunktur erscheint also Tudor Vladimirescu — er ist ein Mann der Taten, mit militärischer Erfahrung als dekorierter Offizier im russisch-türkischen Krieg von 1806–1812. Die patriotischen Bojaren heuern ihn an, bestellen ihn nach Bukarest und geben ihm Geld, mit dem er in Oltenien eine Armee organisieren und bewaffnen und mit der er auf Bukarest marschieren sollte. Doch als Vladimirescu vor Ort feststellte, wie viel Vertrauen er bei seinen Kameraden in den Reihen der sogenannten Panduren-Truppen genoss und 5000 Mann überzeugte, ihm zu folgen, entschied er sich, sein eigenes Süppchen zu kochen — er verwarf das Projekt der Bojaren und machte immer deutlicher keinen Hehl aus seiner Absicht, das politische Machtvakuum nach dem Ableben des letzten phanariotischen Herrschers in der Walachei zu füllen.“




    In dem Moment, so der Geschichtsforscher weiter, flüchten die rumänischen Bojaren nach Kronstadt und Hermannstadt, den heutigen Städten Brașov und Sibiu. Die Bahn war also frei für Vladimirescu. Aber er war ständig um die Unterstützung der verbliebenen Adeligen bemüht, wie damalige Dokumente es zeigen — er war sich voll bewusst, dass sie die einzigen waren, die ihm die Legitimität für eine Machtposition verleihen konnten.



    Inzwischen setzte die griechische nationale Bewegung auf die Unterstützung Russlands. Doch das Zarenreich zögerte, und auch Vladimirescus Armee ging auf Distanz zu den griechischen Nationalisten — die osmanischen Truppen hatten unter diesen konfusen Umständen zunächst ein leichteres Spiel, so Historiker Alin Ciupală abschlie‎ßend:



    Zeitgleich kommt es zum griechischen Aufstand und in dem Moment, wo Russland das Osmanische Reich auf diplomatischem Weg versicherte, sich nicht zugunsten des Aufstands einzumischen, greift das türkische Militär ein. Interessant ist, dass es nirgendwo zum Kampf zwischen den osmanischen Truppen und Tudor Vladimirescus Heer kam, was deutlich zeigt, dass die Osmanen gezielt den griechischen Aufstand niederwerfen wollten.“




    Doch selbst wenn Tudor Vladimirescu auf tragische Weise umgebracht wurde, wirkte seine Bewegung nach: Das Osmanische Reich verzichtete, eigene Vertreter auf den Thron der rumänischen Fürstentümer zu schicken, und die rumänischen Führungseliten hatten die Möglichkeit, eine schlüssigere Strategie zu artikulieren.



    Audiobeitrag hören:



  • Donaufürstentümer im Vorfeld der 1848er Revolution: Kulturkampf um Modernisierung

    Das Konzept der Modernisierung erscheint zunächst diffus nach den 1770er Jahren in Schreiben des Adels an die kaiserlichen Kanzleien in Russland und Österreich, gewinnt dann aber immer mehr an Gestalt. Nach dem Aufstand von Tudor Vladimirescu im Jahr 1821 willigte zunächst der Sultan in Konstantinopel ein, keine Phanarioten mehr als Herrscher einzusetzen, sondern Angehörige des einheimischen Adels. Ein erster Sieg, andere sollten folgen.



    Zwei Generationen von Modernisierern sollten Rumänien nachwirkend prägen: Die 1820er hatte sich im osmanisch-orientalischen Zeitgeist sozialisiert, hatte sich jedoch von westlichen Besuchern beeinflussen lassen. 20 Jahre später folgte eine neue Generation von Reformern, die in Frankreich, Deutschland oder Italien studierte hatten und dort die westliche Moderne hautnah erleben durften. Die Senioren verspotteten diese jungen Adelsleute als Bonjouristen“, weil sie untereinander Französisch sprachen. Doch sie legten ein handfestes radikales Transformationsprogramm vor.



    Historiker wie Alin Ciupală von der Universität Bukarest befassen sich mit dem Spannungsfeld zwischen modernisierender und konservativer Gestaltung. Er glaubt, dass man nach Tudor Vladimirescus Aufstand von 1821 und der Beseitigung der Phanarioten vom Beginn der politischen Gesellschaft sprechen kann:



    Nach der Rückkehr zur Praxis einheimischer Herrscher in 1822 ist der Gro‎ßadel gespalten. Es gab eine Fraktion der Russlandtreuen, die die Politik des Zarenreiches am Balkan unterstützten, und eine weitere Fraktion, die dem Osmanischen Reich als Vormacht und dessen Interessen in der Region dienten. Aber nach 1840 erscheint eine neuen Generation von jungen Adeligen aller Ränge, die ein neues politisches Projekt entwickeln — es ist der Kern der Revolution von 1848, auf deren Basis die Vereinigung der Fürstentümer und die Modernisierung der Gesellschaft folgten.“




    Die Generationen stritten um Grundsätze wie Meinungsfreiheit und Abschaffung der Zensur — interessanterweise verliefen die Gräben nicht nur entlang der Generationen, sondern auch der Geschlechter. Die Adelsfrauen waren viel offener für Veränderungen als ihre Ehemänner, gibt der Historiker Alin Ciupală zu bedenken.



    Es sind in der 1848er Zeit eigentlich zwei Zäsuren zu bemerken. Mitten in der Ehe verlief eine Trennungslinie — die Männer blieben einem orientalischen kulturellen Leitbild treu, während die Frauen mutiger waren und entschiedener den Schritt in die Moderne wagten, also hin zu einem westlichen Modell. Die zweite Trennungslinie war die zwischen Kindern und Eltern.“




    Eine anscheinend weniger relevante, frivolere Front des Mentalitätskonflikts war die Mode im weiteren Sinne des Wortes. Kleidung, Schuhwerk, Schmuck, Musik, Literatur und Gesellschaftsspiele — an all diesen lie‎ßen sich die Unterschiede auslegen. Man sieht in Bildern von damals wie stark der Kontrast in den Familien war: Männer im orientalischen Kaftan, ihre Ehefrauen in Kleidern nach der neuesten Pariser Mode, bemerkt Alin Ciupală:



    Es gibt in Bukarest ein sehr schönes Monument, an dem wir oft ahnungslos vorbeigehen. Es ist das Standbild der Golescu-Familie in der Nähe des Nordbahnhofs. Der Pater Familias Dinicu Golescu ist abgebildet in orientalischen Gewändern, die die Phanarioten Anfang des 18. Jahrhunderts hier etabliert hatten. Seine Söhne hingegen, die der 1848er Generation angehörten, sind nach der damals westlichen Mode gekleidet — nach »deutscher« Mode, wie es damals hie‎ß. Das Monument zeigt klar diesen Bruch und ist ein Bild des Wandels in der Gesellschaft Mitte der 19. Jahrhunderts.“




    Den Grundstein für das moderne Rumänien legten vor 160 Jahren zwei Generationen, die zwar im Clinch über die Methode lagen, sich jedoch einig über das Ziel waren, führt der Historiker Alin Ciupală abschlie‎ßend aus.

  • Anfänge der Eisenbahn: Rumänische Reisende und ihre Eindrücke

    Anfänge der Eisenbahn: Rumänische Reisende und ihre Eindrücke

    In Rumänien wurden Eisenbahnstrecken erstmals nach der Vereinigung der Moldau und der Walachei 1859 angelegt und sie bedeuteten einen radikalen Wandel in der Art und Weise, wie die Welt wahrgenommen wurde. Die Rumänen begannen, immer grö‎ßere Entfernungen zurückzulegen und über das, was sie sahen, zu schreiben.



    Der Historiker Radu Mârza ist Professor an der Universität Babeș-Bolyai in Cluj (Klausenburg) und Autor eines Buches mit dem Titel Rumänische Reisende, die aus dem Zugfenster schauen: Versuch einer Kulturgeschichte (1830–1930)“. Wir fragten Radu Mârza, was rumänische Reisende aus den Zugfenstern sahen.



    Sie sahen viele Dinge. Auf den ersten Blick scheinen sie sich sehr für Landschaften zu interessieren. Aber nachdem ich viele Quellen durchgegangen bin, kam ich zu dem Schluss, dass ihr Hauptinteresse nicht so sehr der Landschaft gilt, sondern den Menschen. Sie schauen aus dem Fenster auf die Menschen drau‎ßen, auf die Menschen in Bahnhöfen und nicht zuletzt auf die Menschen, die mit ihnen in den Zügen reisen. Sie interessierten sich für die Orte, die sie besuchten, aber das Konzept einer natürlichen Landschaft, das der Ausgangspunkt meiner Forschung war, erregt die Aufmerksamkeit der rumänischen Reisenden erst später, um die Wende zum 20. Jahrhundert. Zum Beispiel schrieb [der Historiker] A.D. Xenopol schöne Seiten über die Semmeringbahn in Österreich oder über seine Alpenüberquerung mit dem Zug. Ich könnte auch den Schriftsteller Mihail Sadoveanu erwähnen, der in den 1920er Jahren in die Niederlande reiste und sich nicht so sehr für die Natur, sondern für die menschliche Präsenz interessierte: von den Menschen, die in ihren Gärten arbeiteten, bis hin zum sehr modernen Bild der niederländischen Städte, in denen die Eisenbahn Stra‎ßen und Kanäle kreuzt. Er interessierte sich für die niederländischen Pflanzen, Stromnetze, Bahnhöfe.“




    Was die Eisenbahn brachte, war Mobilität: die Bewegung von Gütern, von Unternehmen und vor allem von Menschen. Radu Mârza:



    Die Mobilität hat im Vergleich zu früheren Zeiten und früheren Transportmitteln spektakulär zugenommen. So dauerte zum Beispiel die Zugfahrt von Bukarest nach Karlsbad, dem heutigen Karlovy Vary in der Tschechischen Republik, in den 1920er Jahren rund 72 Stunden, im Vergleich zu einer oder zwei Wochen auf der Stra‎ße in der Zeit vor der Eisenbahn. Die Mobilität explodierte also schlicht und einfach. Und offensichtlich trug diese erhöhte Mobilität dazu bei, dass die Menschen längere Strecken leichter und bequemer zurücklegen konnten. Der Eisenbahnwagen ist gleichzeitig ein Ort der Interaktion und der Nicht-Interaktion. Menschen können in einen Dialog eintreten, in eine Interaktion mit ihren Mitreisenden, aber es gibt auch Reisende, die nicht zur Interaktion bereit sind, die einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen, weil sie schlafen wollen oder einfach nur vom Fenster rausschauen. Sadoveanu hat einen Absatz darüber geschrieben, wie sehr er sich danach sehnte, in Ruhe gelassen zu werden, während der gro‎ße Romancier Liviu Rebreanu auch von der Beharrlichkeit erzählt, mit der ein anderer Zugpassagier ihn bat, in ein Gespräch einzutreten.“




    Züge können aber auch dunkle Orte sein, Orte von Verbrechen und sogar Mord. Man denke dabei an Agatha Christies Krimi Mord im Orient Express“. Wir fragten Radu Mârza, ob rumänische Reisende auch darüber sprachen:



    Ich habe keine Berichte dieser Art gesehen, aber ich erinnere mich an eine Geschichte des Historikers und Publizisten George Bariţ über eine sehr interessante Erfahrung während seiner Reisen in Deutschland im Jahr 1852. Im Bahnhof von Magdeburg, wo der Zug nachts ankam, sagte er, er sei erstaunt gewesen, als er 4 Gleise in 4 verschiedene Richtungen sah, was für ihn absolut erstaunlich war. Und eines der lustigen Dinge, die er an den Wänden des Bahnhofs bemerkte, war eine Warnung, auf der stand: »Vorsicht Taschendiebe«!




    Eisenbahnen verbanden nicht nur Menschen, sondern auch Provinzen, Länder und Kontinente. Radu Mârza sagte uns, dass diese Verbindung nicht nur politischer Natur war:



    Im Alten Königreich Rumänien war dies ganz offensichtlich, und Reisende des 19. Jahrhunderts sagen das selbst. Sie verstehen, dass die Eisenbahn ein Mittel zur Zusammenwachsen des Landes ist, nicht unbedingt aus politischen oder sentimentalen Gründen, sondern zum Zweck der Mobilität und Kommunikation. Und während es im Westen anfangs einige Vorbehalte und Kritik gegenüber Zügen gab, war dies in unserem Teil der Welt nicht der Fall. Dies wird durch die Zahl der Fahrgäste, die Zahl der verkauften Fahrkarten bestätigt, was durchaus relevant ist, denn es beweist, dass die rumänische Öffentlichkeit das Reisen mit der Eisenbahn von Anfang an mit offenen Armen aufgenommen hat.“




    Die Rumänen entdeckten die Welt vom Zugfenster aus und genossen sie sehr. Und die Welt wiederum wurde kleiner, vertrauter und einladender.

  • Fürstenlandhaus in Potlogi: ein Kleinod der Brâncoveanu-Architektur

    Fürstenlandhaus in Potlogi: ein Kleinod der Brâncoveanu-Architektur

    Auf der A1-Autobahn ist der kleine Ort Potlogi im Kreis Dâmboviţa bequem zu erreichen. Der dortige Palast von Brâncoveanu war bis unlängst fast verwahrlost und für Touristen nicht zu besuchen. Ovidiu Cârstina, Direktor des Museums der Herrscherhöfe in Târgovişte, das auch den Palast in Potlogi betreut, kennt die Geschichte der Wiedergeburt dieses Baudenkmals:



    Der Palast in Potlogi hat zu einem neuen Leben gefunden, nachdem der Kreisrat Dâmboviţa eine Finanzierung der EU herangezogen hat. Der Standort ist wieder lebendig, man erlebt die Geschichte hautnah“, begeistert sich der Museumsdirektor. Der Palast ist einer von vier, den der Herrscher für seine vier Söhne bauen lie‎ß. Der Fürst hatte bereits ein Gut in der Gegend gekauft, weil es genau in der Mitte auf der alten Stra‎ße zwischen der alten Hauptstadt Târgovişte und Bukarest lag. Die 40 Kilometer schaffte der Herrschertross an einem Tag. Brâncoveanu lag Târgovişte sehr am Herzen, er war dort als Kind aufgewachsen und fand später auch die Mittel, um den fürstlichen Hof und den Palast zu sanieren — das geschah natürlich mit Zustimmung des Sultans in Konstantinopel. Jedes Jahr kam er gegen Ende des Sommers oder Anfang des Herbstes zum fürstlichen Hof nach Târgovişte, unter dem Vorwand, er müsse sich um die Weinlese kümmern, erzählt der Museumsleiter.



    Der Palast von Potlogi war für Brâncoveanus älteren Sohn Constantin bestimmt, den der Fürst als Thronfolger sah. Von den vier gebauten Palästen ist das Gebäude in Potlogi der Originalform nahezu getreu geblieben. Brâncoveanus Palast in Mogoşoaia direkt neben Bukarest ist von späteren Fürsten umgebaut worden, der Palast von Potlogi behielt seine ursprüngliche Form. In den 1950er Jahren wurde er vom Architekten Ştefan Balş restauriert. Nachdem Fürst Brâncoveanu zusammen mit seinen vier Söhnen und seinem Ratgeber Enache Văcărescu am 15. August 1714 in Konstantinopel vom Sultan hingerichtet wurde, plünderten die Türken den Palast in Potlogi und setzten ihn in Brand — sie hofften, auf die vermeintlichen legendären Reichtümer Brâncoveanus zu sto‎ßen.



    Im heute wieder restaurierten Palast können die Besucher die Innenräume besichtigen, aber auch die Küche, die sogenannte Droschkerei (Anbauten für die Verwahrung der fürstlichen Gefährte und der im Haushalt notwendigen Gerätschaft) und das Dienerhaus. Das sind feste Bestandteile, sie gehören zu allen Palästen Brâncoveanus — sie folgten derselben Blaupause, meint der Museograph Ovidiu Cârstina:



    Der Besucher entdeckt den Palast, in dem die Ausstellung versucht, jeden Raum in seiner Funktion darzustellen. Zu besuchen sind der Westteil, wo die Gemahlin des Fürsten ihre Gemächer hatte und sich auch die Kinderzimmer befanden, aber auch der Ostflügel ist sehr gut in Szene gesetzt — dort befanden sich der Festsaal und das Arbeitszimmer des Fürsten, dazu ein kleiner Thronsaal, wo er Gäste aus dem Ausland empfing und Verwaltungsentscheidungen traf“, erklärt der Wissenschaftler die Anordnung der Räume.



    Der Nordausgang führt in einen Park, wie ihn der Fürst an jedem Palast anlegen lie‎ß. Übrigens Park: Brâncoveanu veranlasste immer auch die Einrichtung eines kleinen Teichs, denn er lie‎ß gerne frischen Fisch servieren. Die Küche ist ebenfalls so wahrheitsgetreu wie möglich nachgebaut worden, man kann sich also sehr gut vorstellen, wie es um 1714 dort aussah und wie die Menschen dort arbeiteten. Es muss einen Riesenaufwand gegeben haben — es ist überliefert, dass den Gästen bis zu 72 einzelne Gänge aufgetischt wurden, allerdings kam es wegen der Entfernung zum Küchenhaus offenbar auch dazu, dass das Essen kalt wurde. Am Herrscherhof wurde ja nicht so gespeist, wie wir das heute tun, erläutert der Museumsfachmann — man sa‎ß stundenlang zu Tisch, unterhielt sich, Essen und Wein waren aufeinander abgestimmt.



    Und dann kommt man zur Droschkerei — das war sozusagen etwas wie die Hausmeisterei. Hier lag alles aus, was man zur Instandhaltung des Palastes, des Hofs, des Fischteichs brauchte, aber auch die Kutschen und sehr vieles mehr. Gleich hinter der Droschkerei liegt wie damals ein Garten — kein ansehnlicher, denn nicht für das Wohl des Auges war er eingerichtet, sondern für das leibliche Wohl. Hier wurde nämlich das ganze Gemüse angebaut, das für eine gute Küchenführung während Brâncoveanus Besuche in Potlogi notwendig waren, führt der Museograph Ovidiu Cârstina aus.

  • Osmanische Eroberung des Balkans: Lokale Handlanger erleichterten den Siegeszug

    Osmanische Eroberung des Balkans: Lokale Handlanger erleichterten den Siegeszug

    Vor der Eroberung Konstantinopels durch Sultan Mehmed II., von etwa 1360 bis 1453, gewöhnten sich die Rumänen an das Vorbild der Konfrontation und des Zusammenlebens mit den Osmanen, genau wie der Rest des Balkans. Dieses Vorbild des Zusammenlebens der beiden Welten, der christlichen Bewohner des Balkans und der orientalischen Osmanen, ist aus den Dokumenten der Epoche bekannt und führte schlie‎ßlich zu einer Verschmelzung der beiden Kultur- und Zivilisationstypen. Aus dem anfänglichen Zusammenprall zwischen der christlichen und der muslimischen Welt wurde allmählich eine gegenseitige Abhängigkeit, die zu einer Synthese führte, in der religiöse Praktiken und die Bräuche des Alltagslebens sehr ähnliche Verhaltensmuster bildeten.



    Alle politischen Akteure auf dem Balkan vor der osmanischen Eroberung kümmerten sich offensichtlich um ihre eigenen Interessen. Um sie durchzusetzen, gingen sie manchmal auf Konfrontationskurs mit den Osmanen, in anderen Fällen kam es zu einer Verständigung mit den Osmanen, die den lokalen Herrschern manchmal genau die Hilfe boten, die sie brauchten. Bevor sie sich jedoch in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit den Osmanen arrangierten, widersetzten sich die Christen auf dem Balkan ihrem Vormarsch. Doch der Widerstand der Griechen, Bulgaren, Serben und Albaner, denen die Rumänen manchmal zu Hilfe kamen, wurde letzten Endes gebrochen.



    Der Schweizer Historiker Oliver Jens Schmitt ist Professor an der Universität Wien und spezialisiert auf die mittelalterliche Geschichte Südosteuropas. Er zeigte auf, dass, abgesehen von den wenigen christlichen Herrschern, die im Kampf mit den Türken ihr Leben lie‎ßen, die meisten lokalen Machthaber sich mit den Osmanen arrangierten:



    Die meisten christlichen Fürsten des Balkans arbeiteten mit den Osmanen zusammen. Die Liste dieser Partner der Osmanen ist wesentlich länger als die der Fürsten, die sie kompromisslos bekämpften. Einige der christlichen Fürsten, die in der Schlacht gefallen sind, waren die serbischen Führer in der Schlacht an der Mariza 1371, der Despot Uglješa und sein Bruder, König Vukašin, der albanische Kriegsherr Balša II. im Jahre 1385, der serbische Fürst Lazar Hrebeljanović, die walachischen Fürsten und Woiwoden Mihail im Jahre 1420, Dan II., Vlad der Pfähler und der byzantinische Kaiser Konstantin XI.. Zu den Hingerichteten gehören der Vater des albanischen Prinzen Skanderbeg, Johann Kastriota, der letzte italienische Herzog von Athen und der letzte bosnische König sowie eine Reihe von bosnischen Adeligen, wie z.B. einige aus den Familien Kovačević und Pavlović.“




    Einem anonymen Chronisten zufolge hatten es die Türken gern, wenn sich Christen untereinander streiten“. Das ist wahr, wenn man bedenkt, dass die christlichen Eliten türkische Söldner anheuerten, um ihre Rivalen zu bekämpfen, und dass die Türken manchmal als Söldner kamen und schlie‎ßlich als Herren blieben. Die Osmanen schufen einen Gürtel von Vasallenstaaten, abhängige Staaten, die sich ihrerseits massiv in die osmanische Innenpolitik einmischten, wie der lange osmanische Bürgerkrieg zwischen 1402 und 1413 zeigte. Historiker sind der Auffassung, dass nach der Schlacht von Mariza 1371, die die Serben verloren, der Balkan anfängt, sich der osmanischen Herrschaft zu fügen. Die Rumänen geraten somit an vorderster Front in der Konfrontation mit den Türken, wobei die erste gro‎ße Schlacht 1395 vom walachischen Fürsten Mircea der Ältere bei Rovine angeführt wurde. Oliver Jens Schmitt sagt, dass die Serben bereits treue Verbündete der Türken geworden waren:



    Die serbischen Bojaren Marko Kraljević und Konstantin Dragaš fielen 1395 in der Schlacht von Rovine, als sie auf osmanischer Seite gegen die Walachei von Mircea dem Alten kämpften. Dieser Tod der beiden serbischen Führer in der Schlacht gegen die Walachen zeigt die wesentliche Leitlinie der osmanischen Eroberung. Ohne die Hilfe ihrer Vasallen, insbesondere der serbischen Bojaren, wäre die osmanische Offensive nicht möglich gewesen. Bei allen wesentlichen Ereignissen der osmanischen Eroberung auf dem Balkan standen die serbischen Bojaren auf der Seite der Osmanen: bei Rovine, bei Nikopolis, wo die Kavallerie von Stefan Lazarević den Osmanen den entscheidenden Impuls gab, bei Ankara, wo dieselben Reiter an der Seite von Bayezid I. bis zum bitteren Ende kämpften, nachdem die meisten Muslime geflohen waren, oder 1430, als Gregor Branković bei der Eroberung von Saloniki, damals unter venezianischer Herrschaft, half. Noch 1453 tauchten die Serben in der Schlacht um Konstantinopel auf, nicht als Verteidiger, sondern als Truppen auf der Seite der Osmanen.“




    Die Walachei, das Fürstentum nördlich der Donau, befand sich in einer ähnlichen Situation. Es gab Anzeichen für eine Zusammenarbeit mit den Osmanen, sogar für eine osmanische Oberhoheit. Der Historiker Oliver Jens Schmitt erläutert:



    Es gab eine regionale Zersplitterung, die Bojaren suchten langfristig die Zusammenarbeit mit den Osmanen oder mit Ungarn, auch wenn sich die meisten Fürsten, zumindest in einem frühen Stadium, dem einen oder anderen Lager anschlossen, je nach politischer und militärischer Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt. Deshalb ist es nicht leicht zu ergründen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt wen ausgenutzt hat: ob die osmanischen Beys und die Ungarn die ehrgeizigen einheimischen Bojaren austricksten oder umgekehrt. Diese lokalen Herrscher glaubten, ihre regionale Macht durch listige Manöver oder durch häufigen Seitenwechsel zu stärken. Die rasche Abfolge der Fürsten in Bosnien und der Walachei erklärt sich meist aus diesen Machtspielen. Unter den rumänischen Woiwoden, die die osmanische Seite bevorzugten, können wir Radu II. Prasnaglava, Alexandru Aldea und Radu III. den Schönen zitieren.“




    Mit der Eroberung Konstantinopels markierte das Jahr 1453 das Ende einer langen Übergangszeit. Es war das Jahr, in dem die Rumänen südlich und östlich der Karpaten begannen, ein anderes kulturelles Modell anzunehmen, das mehr als vier Jahrhunderte dauern sollte.

  • Zur Geschichte der Donaukommission: zweitälteste internationale Organisation der Welt

    Zur Geschichte der Donaukommission: zweitälteste internationale Organisation der Welt

    Der Krimkrieg (auch Orientkrieg oder 9. Türkisch-Russischer Krieg) war ein von 1853 bis 1856 dauernder militärischer Konflikt zwischen Russland einerseits und dem Osmanischen Reich sowie dessen Verbündeten Frankreich, Gro‎ßbritannien und seit 1855 auch Sardinien-Piemont andererseits. Er begann als neunter Russisch-Türkischer Krieg, in den die westeuropäischen Mächte eingriffen, um eine Gebietserweiterung Russlands auf Kosten des geschwächten Osmanischen Reichs zu verhindern. Am 30. März 1856 schloss Russland mit seinen Kriegsgegnern — dem Osmanischen Reich, Gro‎ßbritannien, Frankreich und Sardinien sowie den nicht kriegführenden Staaten Preu‎ßen und Österreich — den Dritten Frieden von Paris. Darin wurde die Integrität und Unabhängigkeit des Osmanischen Reiches erklärt. Die Donaumündungen und ein Teil Bessarabiens gingen an das Fürstentum Moldau. Die Schifffahrt auf der Donau wurde freigegeben, die Kommission der Donau-Uferstaaten gegründet und das Schwarze Meer zu einem neutralen Gebiet erklärt.



    Das Ende des Krimkrieges markierte die Anfänge des modernen rumänischen Staates, als die Entscheidungen der Siegermächte 1859 zur Vereinigung der Fürstentümer Moldau und Walachei und 1878 zur Unabhängigkeit Rumäniens führten. Die Donau wurde schlie‎ßlich zu einem freien europäischen Schifffahrtsweg, und man konnte auf dem Rhein und auf der Donau von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer fahren. Der Historiker Constantin Ardeleanu von der Universität Dunărea de Jos“ (Niederdonau“) in Galaţi unterstreicht die gro‎ße Bedeutung der Donau für die Entstehung, die Modernisierung und die Verwestlichung Rumäniens:



    Die Donau spielte eine zentrale Rolle nicht nur bei der wirtschaftlichen, sondern auch bei der politischen Modernisierung der Donaufürstentümer, wie sie Mitte des 19 Jh. genannt wurden. Die Donau ist einer der Pfeiler, auf denen das moderne Rumänien gegründet wurde. Die Donau ist ein äu‎ßerst interessanter Fluss, weil sie, wie der Rhein, Gegenstand einer internationalen Kommission war.“




    Das Erscheinen Rumäniens auf der europäischen Landkarte bedeutete aber auch das Entstehen eines internationalen Gremiums, das die Freiheit der Donau garantierte. Es war die Europäische Donaukommission, bestehend aus Österreich, Frankreich, Gro‎ßbritannien, Preu‎ßen, Sardinien, Russland und dem Osmanischen Reich, eine gesamteuropäische Institution, die kurz nach dem Ende des Krimkrieges entstand, um die freie Flussschifffahrt zu sichern. Über die Geschichte der Europäischen Donaukommission sagte der Historiker Constantin Ardeleanu:



    Es handelte sich um eine internationale Einrichtung, die nach dem Krimkrieg geschaffen wurde und die Aufgabe hatte, die Donaumündungen von den technischen und politischen Problemen zu befreien, die die Schifffahrt in der Region behinderten. Sie war die zweite internationale Organisation der Welt; die erste war eine ähnliche Kommission, die 1815 zur Regulierung des Rheins gegründet worden war. Die Europäische Donaukommission unterschied sich aber von der Rheinkommission — sie wurde von den 7 europäischen Mächten gegründet, die die Existenz der Vereinigten Rumänischen Fürstentümer garantierten. Aus einer kurzfristig angelegten Aktion wurde eine solide Institution, die von 1856 bis 1948 dauerte. Die Europäische Donaukommission war die erste Institution, die als ‚europäisch‘ bezeichnet wurde.“




    Es wird oft gesagt, Rumänien sei die Kornkammer Europas“ gewesen. Der Ursprung dieses Ausdrucks liegt genau in der internationalen Politik des 19. Jahrhunderts, als die Westmächte eine einfache Möglichkeit suchten, sich mit Lebensmitteln zu versorgen, und die rumänischen Fürstentümer die nächste und sicherste Quelle für Agrarprodukte waren. Dazu der Historiker Constantin Ardeleanu:



    Die Donaufürstentümer waren ein äu‎ßerst wichtiger Markt für die Versorgung mit Getreide. Europa befand sich mitten in einer industriellen Revolution und die Donaufürstentümer waren einer der grö‎ßten Versorgungsmärkte. In der Tat hing das Entstehen des modernen Rumänien vom dem Wohlstand ab, den der Getreidehandel brachte. Gleichzeitig war Russland das grö‎ßte Hindernis, die russische Macht, die die Donaufürstentümer kontrollierte, setzte dem internationalen Handel alle möglichen Hindernisse in den Weg. So hatte der Krimkrieg auch eine wichtige wirtschaftliche Komponente. Am Ende des Krimkrieges wurde der internationale Grundsatz aufgestellt, dass die Flüsse frei schiffbar sein müssen. Dieses Prinzip galt für die Donau nach 1856, als Russland die Donau nicht mehr kontrollierte.“




    Der neue rumänische Staat hatte den Auftrag, der ihm zuteil gewordenen Ehre würdig zu sein. In dieser Hinsicht haben die europäischen Mächte über seinen internationalen Status entschieden. Constantin Ardeleanu:



    Aus der Sicht der Gro‎ßmächte bestand die Rolle Rumäniens darin, die Freiheit der Donaumündungen zu garantieren. Dies wurde später, mit dem Berliner Vertrag von 1878 sehr deutlich, als die Unabhängigkeit Rumäniens anerkannt und Rumänien Mitglied der Europäischen Donaukommission wurde. Rumänien sollte als Pufferzone zwischen Russland und dem Osmanischen Reich fungieren und die Unabhängigkeit der Flussschifffahrt auf der Donau garantieren.“




    Die Europäische Donaukommission war keine rein bürokratische Institution. Sie hat aufgrund ihrer Effizienz, ihrer erfolgreichen Projekte und ihrer Neutralität an Ansehen gewonnen. Mehr dazu von Constantin Ardeleanu:



    Die Europäische Donaukommission begann eine immer aktivere Rolle in der internationalen Politik zu spielen, und zwar bereits in den ersten Jahren nach ihrer Gründung, als die sieben europäischen Kommissare als ausgleichender Faktor in einem geopolitisch komplizierten Gebiet angesehen wurden. Während des Krieges für die Unabhängigkeit Rumäniens von 1877–1878 wurde die Donauhafenstadt Sulina gerade durch die Existenz dieser Kommission verteidigt. Die Russen versuchten, die Stadt zu bombardieren, aber sie achteten sehr genau darauf, wo sie ihre Schüsse abgaben, um die Neutralität der Donaukommission zu respektieren. Diese Kommission war eine äu‎ßerst effiziente bürokratische Einrichtung, die sich auf genaue Regeln konzentrierte. Am Ende des Ersten Weltkriegs galt die Europäische Donaukommission als Vorbild für die internationale Zusammenarbeit.“




    Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Europäische Donaukommission (EDK) auf der Basis der Versailler Verträge neu belebt. Daneben gründete sich im Jahr 1921 die Internationale Donaukommission (IDK), die ihren Sitz zuerst in Pre‎ßburg (Bratislava) nahm. Im Jahr 1927 wurde dieser nach Wien verlegt. Die Präsidentschaft der EDK wurde im Wechsel von Vertretern der Anrainerstaaten übernommen. Schlie‎ßlich lösten sich die beiden Kommissionen (EDK und IDK) im Jahr 1940 auf, dafür entstand der Flussrat mit Sitz in Pre‎ßburg/Bratislava. Die Kriegseinwirkungen führten in den 1940er Jahren zum völligen Erliegen der Schifffahrt auf der Donau, weswegen alle entsprechenden Organe ihre Arbeit einstellten.



    Am 18. August 1948, nachdem in Belgrad auf sowjetischen Vorschlag ein entsprechendes Übereinkommen über die Regelung der Schifffahrt von ursprünglich sieben Staaten unterzeichnet worden war, gründete sich die Donaukommission neu und siedelte sich in Galaţi (Galatz) in Rumänien an. Im Jahr 1954 zog die Kommissionsverwaltung nach Budapest. Deutschland und Österreich wurden bei der Gründungskonferenz nicht zugelassen, da sie für den Krieg verantwortlich gemacht wurden. Österreich ist seit 1960 Mitglied. Deutschland konnte auf Grund russischer Vorbehalte erst nach 1999 beitreten. Gro‎ße Bedeutung hatte die Donaukommission neben den laufenden Aufgaben im Zuge der Kriegswirren des Balkankonflikts, als die Donau nicht mehr passierbar war. Der Kommission wurde das Projekt Räumung der Donau bei Novi Sad übertragen.



    Ein Teil des Vermächtnisses der Europäischen Donaukommission, das wir täglich auf Radio Rumänien hören, sind die auf Rumänisch, Russisch und Französisch verlesenen Pegel der Donaugewässer. Der Rumänische Rundfunk bietet seit Jahrzehnten diesen Dienst an. Grund für das tägliche Verlesen der Eckdaten über den Donaupegel ist eine Empfehlung der Donaukommission aus dem Jahr 1979, in der es hie‎ß, dass diese für den Schiffsverkehr wichtigen Informationen im rumänischen Sektor des Donauverlaufs durch den Rumänischen Rundfunk zu erfolgen habe, und zwar in den Sprachen Rumänisch, Französisch und Russisch. Warum gerade diese drei Sprachen? Das ist einfach zu beantworten: Rumänisch ist die Landessprache, Russisch und Französisch sind zwei von den insgesamt drei Amtssprachen der Donaukommission. Deutsch ist zwar auch Amtssprache der besagten Organisation, in der Aussendung des Rumänischen Rundfunks wird sie aber nicht berücksichtigt.



    Seit 2008 werden die Wasserstände der Donau allerdings nicht mehr im ersten Programm ausgestrahlt, das sich Radio Rumänien Aktuell nennt, sondern im Programm für Landwirte, das sich Antena Satelor (Dorfantenne) nennt und auf Langwelle sendet. Die Donaupegel an den verschiedenen Messstationen werden täglich von 12:10–12:20 Uhr Ortszeit auf 153 kHz verlesen — das ist nach MEZ 11:10–11:20 Uhr, also eine Stunde früher.

  • Fürst Alexandru Ioan Cuza: Träger der Vereinigung mit Hang zum Autoritarismus

    Fürst Alexandru Ioan Cuza: Träger der Vereinigung mit Hang zum Autoritarismus

    Am 20. März 1820 wurde in der moldauischen Stadt Bârlad, im Osten des heutigen Rumänien, der spätere Oberst Alexandru Ioan Cuza geboren. Als erster Herrscher der vereinigten Fürstentümer Moldau und Walachei verkörperte Alexandru Ioan Cuza die zukünftige Staatsstruktur, die von den beiden rumänischen Fürstentümern gebildet wurde. Cuza war der richtige Mann zur richtigen Zeit, aber nach nur sieben Jahren wurde es klar, dass seine Regierungszeit in der Art und Weise, wie sie in den Dokumenten der europäischen Gro‎ßmächte festgelegt wurde, die der Vereinigung zugestimmt hatten, nur vorübergehend sein würde.



    Am 24. Januar 1859 schlossen sich die rumänischen Fürstentümer Moldau und Walachei zusammen, um den neuen Staat Rumänien zu bilden, und durch die Wahl von Alexandru Ioan Cuza zum Fürsten gleicherma‎ßen der Moldau und der Walachei wurde die Vereinigung verwirklicht. Unterstützt von der Mehrheit der politischen Akteure und der Eliten, die für die nationale Selbstbestimmung und Modernisierung gekämpft hatten, führte Cuza wichtige Reformen durch: die Säkularisation von Klostervermögen, die Steuerreform und die Agrarreform.



    Der Historiker Alin Ciupală, Professor an der Universität Bukarest, sagte, Alexandru Ioan Cuza sei der Mann gewesen, dessen Mut Rumänien in der Übergangszeit der Vereinigung der Fürstentümer Moldau und Walachei brauchte:



    Alexandru Ioan Cuza war in erster Linie ein sehr mutiger Mann. Er hatte den Mut, eine Rolle und eine Mission in einer sehr heiklen Zeit zu übernehmen, in einer Ära der Unsicherheit, aber auch in einer Ära der sehr gro‎ßen Hoffnungen. Cuza hatte den Mut, eine kohärente Modernisierung der rumänischen Gesellschaft, der Vereinigten Fürstentümer, zu fördern, er war derjenige, der ein modernes institutionelles System einführte, um die rumänische Gesellschaft auf den Weg nach Europa zu bringen.“




    Die beste Zeit der Herrschaft von Alexandru Ioan Cuza war von 1859 bis 1863; es war die Zeit der Reformdynamik und des Aufbaus eines neuen Staates nach westeuropäischem Vorbild. Ab 1863 änderte sich aber Cuzas Persönlichkeit, er begann sich dem Autoritarismus zuzuwenden. Mit der Unterstützung einer profitgierigen Höflingspartei gefährdete er die bis dahin erreichten Fortschritte. Dazu sagte der Historiker Alin Ciupală:



    Gleichzeitig müssen wir sagen, dass die Herrschaft von Alexandru Ioan Cuza auch eine dunkle, weniger positive Seite hat. Fürst Alexandru Ioan Cuza hat sich irgendwann entschlossen, die Modernisierung Rumäniens allein zu fördern. Nach dem Staatsstreich vom 2. Mai 1864 blieb Cuza praktisch isoliert, er entlie‎ß fast alle seine Mitarbeiter, vor allem die Vertreter der Revolution von 1848, die seine Wahl zum Herrscher der Rumänischen Fürstentümer ma‎ßgeblich mitbestimmt hatten. Diese ganze Ära muss in einem gewissen Gleichgewicht betrachtet werden, wir müssen die Verdienste des Herrschers anerkennen und gleichzeitig über seine Versäumnisse sprechen. Seine erzwungene Abdankung erfolgte im gegenseitigen Einvernehmen der gesamten politischen Klasse, denn Cuza verwandelte sich langsam von einem Anhänger der Modernisierung in einen autoritären Herrscher, der die Modernisierung blockierte. Alexandru Ioan Cuza machte einen gro‎ßen politischen Fehler: Er verstand nicht, dass Modernisierung ohne Liberalismus nicht möglich war.“




    Die Reaktion der rumänischen Elite auf Cuzas neue politische Haltung lie‎ß nicht lange auf sich warten. Am 11. Februar 1866, sieben Jahre nach seiner Wahl am 24. Januar 1859, drang eine konspirative Gruppe von Militärs in den Palast ein und zwang den Fürsten, abzudanken. In den folgenden Tagen wurde er über die Grenze au‎ßer Landes geführt. Nun war der Platz frei für den Nachfolger Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, der am 26. März 1866 offiziell zum neuen Fürsten erhoben wurde. Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, der zukünftige König Karl I. (rum. Carol I.), machte es möglich, dass Rumänien sich auf einer soliden Basis etablierte. Alin Ciupală ist der Ansicht, dass die Zeit von Cuza und die Zeit von Karl I. in Kontinuität nacheinander und nicht in Konkurrenz zueinander betrachtet werden sollten:



    Die Kontinuität ist wichtig, denn nach der erzwungenen Abdankung von Alexandru Ioan Cuza haben Fürst Karl und die ihm nahestehenden Politiker nichts unternommen, um die während der Cuza-Zeit getroffenen Ma‎ßnahmen aufzuheben. Alle Initiativen, alle Projekte, die Cuza begonnen hatte, wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fortgesetzt. Darüber hinaus müssen wir sagen, dass Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, der später als König Carol I. in Rumänien herrschte, keine Anstrengungen unternommen hat, um das öffentliche Bild seines Vorgängers zu tilgen. Im Gegenteil, Carol I. baute sich sein eigenes öffentliches Image nach dem Bild Cuzas auf. Wenn wir die Geschichtsbücher lesen, werden wir viele Fakten und Ereignisse entdecken, die Cuza in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung bis hin zur Zeit des Ersten Weltkriegs bleiben lie‎ßen. Natürlich gab es auch ein politisches Interesse. König Karl I. wollte sich eine Kontinuität mit den gro‎ßen Woiwoden der Rumänen sichern und nahm in seinen dynastischen Diskurs auch Alexandru Ioan Cuza ein — das zeugt von ganz klaren politischen Interessen. Während der Herrschaft des Königs Carol I. und in der Zwischenkriegszeit wurde die Figur von Cuza nicht in den Schatten gestellt, Fürst Alexandru Ioan Cuza blieb in der Geschichte der Rumänen. Und wir sehen, wie die damaligen Historiker nach und nach die negativen Seiten der Herrschaft von Cuza vergessen und nur noch über seine Erfolge zu sprechen beginnen.“




    Vor 200 Jahren erschien Fürst Alexandru Ioan Cuza auf der Bühne der Geschichte als eine der vielversprechendsten Figuren in der Geschichte Rumäniens. Trotz seiner menschlichen Fehler und Misserfolge hat er seine Mission erfüllt, nämlich das neue Rumänien in eine moderne, europäische Richtung zu lenken.

  • Ikonographie der Phanariotenzeit: Pracht, Prunk und Üppigkeit

    Ikonographie der Phanariotenzeit: Pracht, Prunk und Üppigkeit

    Kennzeichnend für die Kultur des Osmanischen Reiches, dessen starke Offensive nach Zentraleuropa in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht zu stoppen war, war der Zusammenfluss griechischer und türkischer Traditionen. Die Fürsten, die in den rumänischen Fürstentümern Moldau nach 1711 und in der Walachei nach 1716 herrschten, stammten aus wohlhabenden griechischen Familien aus dem vornehmen Viertel Phanar (Fener) in Konstantinopel. Davon ist die Bezeichnung Phanarioten abgeleitet — darunter versteht man einen kleinen Kreis wohlhabender und politisch einflussreicher byzantinischer Adelsfamilien, die im Osmanischen Reich die Oberschicht in Phanar bildeten.



    Für manche Strömungen der Historiographie gilt die Phanariotenzeit als eine der dunkelsten in der Geschichte Rumäniens. Diese Zeit war stark von Korruption geprägt: Einige wenige Herrscherfamilien erlangten schnell wirtschaftlichen Wohlstand, während zahlreiche Bauern und Händler, die bis dahin Profit erzielt hatten, auf einmal verarmten. Aus kultureller Sicht gilt die Phanariotenzeit als eine Epoche der sogenannten Griechisierung und Orientalisierung der Sitten, Bräuche und Gepflogenheiten. Die Phanariotenzeit findet 1821, mit dem von Tudor Vladimirescu geleiteten Aufstand ein Ende, als erneut rumänische Adelsfamilien den Thron der Moldau und der Walachei besteigen.



    Einige Phanariotenfamilien lassen sich nachträglich Schritt für Schritt rumänisieren, sie werden einheimisch und ihr Erscheinungsbild weist nationalistische und modernistische Züge auf. Die Romantiker haben die Herrschaft der Phanarioten getadelt und sie zum Sündenbock der sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Zeit gemacht. Die Phanarioten spielten dennoch bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine ausschlaggebende Rolle nach der Vereinigung der Fürstentümer Moldau und Walachei im Jahr 1859. Der Historiker Adrian-Silvan Ionescu hat die Mode und die Mentalität der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts erforscht, einer von phanariotischen Merkmalen stark geprägten Zeit. Die Üppigkeit der Epoche sei in den aus dieser Zeit datierten Gemälden wieder zu finden, sagt Ionescu:



    Die Welt der Phanarioten findet in diesen Gemälden ihre schönste Darstellung. Die phanariotische Zeit war allerdings die Zeit einer überwältigenden Bildlichkeit, sowohl im Wort als auch in der Haltung. Wenn die gro‎ßen Bojaren sich unterhielten, sprach einer den anderen mit ‚psihi mu‘ (~ ‚meine Seele‘) an. Die Anredeformen kennzeichneten sich durch einen blumigen Stil, das bestätigen die Archivunterlagen, die ich erforscht habe. Was die Kleidung angeht, trug sie starke Akzente der Konstantinopel-Mode, deren Anhänger mit ihrem Reichtum prahlten. Sie wollten Byzanz mit nach Hause bringen, so wie der Historiker Nicolae Iorga in seiner gut argumentierten Theorie »Byzance après Byzance« feststellt.




    Sie trugen prächtige, weite, von Künstlern gefertigte Kleider, die den sozialen Status bestätigten und bei Treffen mit Mitgliedern der internationalen Elite einen starken Eindruck hinterlie‎ßen. Adrian-Silvan Ionescu kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    Die Höfe im ostrumänischen Iaşi und in Bukarest zeigten ihre volle Pracht durch das Aussehen ihrer Mitglieder. Es gelang ihnen, sogar die Vertreter kaiserlicher und königlicher Familien Europas zu beindrucken. Einer der grö‎ßten rumänischen Bojaren, Ienăchiţă Văcărescu, besucht zu jener Zeit die Wiener Hofburg, wo er den Kaiser zu überzeugen versucht, die beiden rumänischen Fürsten, die sich gerade in Wien aufhielten, zu verjagen und sie nach Hause zu schicken. Diese hatten ihre orientalischen Gewänder zugunsten enger, westlicher Kleider abgelegt und sich den Bart abrasiert. Die Gräfinnen und Baronessen des Reiches bewundern die Feinheit und Schönheit des Kaschmirschals, den Văcărescu um die Hüften trug.“




    Was fällt besonders in den Gemälden von Bojaren und Bojarinnen auf, die auf die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts datiert sind? Auf den ersten Blick: teure Kleider, Schmuck und Waffen“, sagt Adrian-Silvan Ionescu:



    Auf den Gemälden der Zeit sind Pelzmäntel bester Qualität zu merken, so zum Beispiel Zobel- und Hermelinpelz, die seit Jahrhunderten als Kostbarkeit gelten, feine und aufwendige Waffen, prächtige Schmuckstücke, edle Seidenkleider. Diese zeigen die volle Pracht, in der diese Herrscher lebten, die genau wussten, wie man in Rekordzeit reich werden kann. Sie zeigen auch ihren Geschmack. Nähert man sich der Kleidung der Zeit, dann fällt es aus Sicht der Chromatik und des Stoffes auf, dass sie einem perfekten Geschmack entsprechen. Die Farben passten gut zusammen, das gleiche galt auch für die Stoffe, sie trugen ihre Kleider sehr stolz, denn sie bestätigten ihren sozialen Status. Bekanntlich gab es drei Ränge in der Hierarchie der Bojaren und zudem eine zweite und dritte Kategorie in der Rangordnung. Für jede Schicht sind spezifische Kleidungs- oder Schmuckstücke typisch. Keiner durfte über die eigene soziale Position hinweg teurere Kleidungsstücke tragen. Eine ausschlaggebende Rolle spielte das Aussehen des Gesichtes. Der Bart war Kennzeichen der Bojaren erster Kategorie, während die Bojaren zweiter und dritter Kategorie nur Schnurrbart tragen durften. Sollte ein Bojar im Rang aufsteigen, dann durfte er die Kleidungs-und Schmuckstücke der erstrangigen Bojaren tragen. Zudem stutzte der Barbier des Fürsten den Umriss des Bartes mit seinem Barbiermesser ziemlich genau zurecht und kümmerte sich auch nachträglich um den Gesichtsschmuck des geadelten Bartträgers. Das war das Zeichen dafür, dass er nunmehr genau wie erstrangige Bojaren einen Bart tragen durfte.“




    Viele haben die Mode der Phanarioten verabscheut, sie weckt dennoch im rumänischen Kulturraum eine gewisse Nostalgie. Dazu Adrian-Silvan Ionescu:



    Die Mode der Phanarioten prägt sehr stark die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts, selbst wenn der von Tudor Vladimirescu geleitete Aufstand der Herrschaft der Phanarioten ein Ende setzt. Eine Wiederbelebung dieses Stil ist Mitte des 19. Jahrhunderts, genauer um 1860-1865 festzustellen, als die kurze Jacke mit weit geschnittenen und mit einem Riss auf der Seite vorgesehenen Ärmeln, mit aufgestickten Fäden wieder in die Damenmode kommt. Bei Kostümfesten trugen noch einige, die die phanariotische Mode in ihrer Kindheit kennengelernt hatten, spezifische Kleidungsstücke aus dieser Zeit zur Belustigung der Anwesenden.“




    Die Ikonographie der Epoche zeigt eine untergegangene Welt, eine Welt der Üppigkeit und des Wohlstands. Es handelte sich aber um den exklusiven Wohlstand der Elite, die an ihrem Rang und sozialen Status trotz trüber Zeiten festhielt.

  • Lascăr Catargiu: konservativ, standhaft, monarchistisch

    Lascăr Catargiu: konservativ, standhaft, monarchistisch

    Lascăr Catargiu wurde am 13. November 1823 in Iaşi, Moldau (heute ein Teil Rumäniens), geboren und starb am 11. April 1899 in Bukarest. Er war ein bedeutender rumänischer Politiker, viermal Premierminister (1866, 1871–76, 1889, 1891–95), der in den ersten Jahren der Unabhängigkeit des Landes eine führende Rolle in den nationalen Angelegenheiten spielte.



    1858 war Lascăr Catargiu Mitglied des moldauischen Diwans (repräsentative Kommission), der gebildet wurde, um die zukünftige politische Organisation der Donau-Fürstentümer Moldau und Walachei zu bestimmen, und 1859 war er der konservative Kandidat für den Thron der Moldau. Nach der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer unter der Herrschaft von Alexandru Ioan Cuza plante er in Koalition mit den Liberalen im Jahr 1866 den Sturz des ersten Fürsten des Vereinigten Rumäniens, als dessen Herrschaft die Existenz des rumänischen Staates gefährdete. Lascăr Catargiu setzte sich aktiv für die Errichtung der konstitutionellen Monarchie in Rumänien ein. 1866 wählte die Koalition der Konservativen und Liberalen Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum Herrscher Rumäniens. Im Jahr 1881 wurde Fürst Karl als Carol I. zum ersten König Rumäniens gekrönt. Von Februar 1866 bis zur Thronbesteigung von Carol I. im Mai 1866 war Lascăr Catargiu Mitglied der dreiköpfigen Regentschaft und leitete von Mai bis Juli 1866 als Premierminister sein erstes Kabinett. Als friedlicher Geist mit einer gro‎ßen Arbeitskraft trug Lascăr Catargiu dazu bei, die Konservative Partei als politische Kraft zu etablieren, und sorgte damit für ein Gleichgewicht gegenüber der Liberalen Partei.



    Während der antidynastischen Agitation von 1871 wurde Lascăr Catargiu zur Bildung einer weiteren Regierung berufen, die bis 1876 dauerte. In der Folge führte er in der Opposition die Konservative Partei bei Angriffen gegen die regierenden Liberalen an. Nach dem Sturz der Liberalen im Jahr 1888 war er noch zweimal als Premierminister tätig — kurzzeitig im Jahr 1889 und später von 1891 bis 1895.



    Lascăr Catargiu war einer der wichtigsten Politiker in der Geschichte Rumäniens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1871 rettete er Rumänien vor der Destabilisierung, erläutert der Historiker Sorin Cristescu:



    Lascăr Catargiu spielte eine besondere Rolle in der Geschichte Rumäniens, er rettete die Herrschaft von Fürst Karl I. Ein dramatischer Moment war die Nacht vom 22. März 1871, als Catargiu in eine sehr schwierige Situation geraten war. Wir wissen nicht, ob damals Fürst Karl zur Abdankung entschlossen war, aber Catargiu griff mit voller Kraft ein, während in Bukarest eine von den Liberalen organisierte Kundgebung stattfand, die darauf abzielte, die deutsche Kolonie in Bukarest und den Herrscher des Landes zu kompromittieren. Lascăr Catargiu stellte sich dem Fürst Karl I. als Mitglied der dreiköpfigen Regentschaft vor und sagte, er werde dem Herrscher eine starke Regierung bieten, die das Land brauchte, wenn Fürst Karl I. ihn zum Premierminister ernennt.“




    Was machte Catargiu zu einem Führer der Konservativen, einer Partei mit vielen starken Persönlichkeiten? Der Historiker Sorin Cristescu antwortet:



    Lascăr Catargiu hatte eine sehr solide, respektierte Position, als Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum Herrscher Rumäniens wurde. Catargiu war der erste Präsident des Ministerrats, der am 11. Mai 1866 von Fürst Karl ernannt wurde und bis zum 13. Juli 1866 regierte. Wie hat es dieser Mann geschafft, die Konservativen zu führen? Damals war die Konservative Partei eine Partei mit starken Persönlichkeiten, eine Partei von höchst gebildeten Politikern — die bekanntesten waren Petre P. Carp und Titu Maiorescu. Petre P. Carp zeigte immer seine Überlegenheit gegenüber allen Parteimitgliedern. In diesem Kontext war Lascăr Catargiu ein Politiker ohne gro‎ßen rednerischen und intellektuellen Anspruch, ein Mann, der in seinen Gesprächen nicht spitzfindig oder überheblich war. Jeder fühlte sich wohl bei einem Gespräch mit Lascăr Catargiu, während man in einer Diskussion mit Petre P. Carp sich sofort unterlegen fühlte. Folglich wurde Lascăr Catargiu sehr beliebt, er hatte eine gewisse Bescheidenheit, die dazu führte, dass alle ihn als Chef wollten, weil er niemanden beleidigte.“




    Lascăr Catargiu war viermal Premierminister Rumäniens. Die von Lascăr Catargiu von 1871 bis 1876 geführte Regierung führte Rumänien zur Unabhängigkeit, nach dem Sieg Russlands und Rumäniens im Krieg gegen das Osmanische Reich in den Jahren 1877–1878. Durch die Ironie der Geschichte wurde aber nicht Lascăr Catargiu mit den Lorbeeren des Siegers gekrönt. Es war sein Nachfolger, der nicht weniger bedeutende liberale Premierminister Ion C. Brătianu, der diese Anerkennung genoss. Der Historiker Sorin Cristescu bringt weitere Details über die Bedeutung des ersten Catargiu-Kabinetts:



    Seit der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer im Jahr 1859 war dies die erste Regierung, die ihr vierjähriges Mandat zu Ende führte. Die Catargiu-Regierung war sehr effizient, sie regelte die schwierige finanzielle Situation Rumäniens. Diese Regierung war so wirksam, dass sie die Wahlen ohne Probleme gewann. Lascăr Catargiu entschied sich für eine Geste der Unabhängigkeit, er widersetzte sich dem Ferman (Erlass) des Sultans an Fürst Karl I., einer Anordnung, die Rumänien verbieten sollte, Handelsabkommen mit anderen Staaten zu unterzeichnen. Lascăr Catargiu schloss 1875 ein Handelsabkommen mit Österreich ab und zeigte damit, dass Rumänien praktisch unabhängig war. Das Catargiu-Kabinett hätte weitere 4 Jahre regiert, wenn im August 1875 der Aufstand der Christen in Bosnien und Herzegowina nicht ausgebrochen wäre. In wenigen Monaten wurde es klar, dass es einen Krieg zwischen den Osmanen und den Russen geben würde und dass Rumänien sich an diesem Krieg beteiligen müsse.“




    Das darf nicht sein, Eure Majestät!“ ist einer der berühmtesten geflügelten Wörter zur Zeit Lascăr Catargius. Der Spruch stammt von Lascăr Catargiu und damit zeigte er Festigkeit, Mut und Unbeugsamkeit, wenn eine Grenze erreicht wurde, sei es sogar durch die Königin. Historiker Sorin Cristescu mit Details:



    Als er diese Worte sagte, war Lascăr Catargiu Innenminister in einer Regierung, die von einem anderen Konservativen, General Ioan Emanoil Florescu, geführt wurde. Er sagte dies als etwas Unwiderrufliches. Es war inakzeptabel, was die Königin Elisabeth vorhatte, nämlich die Heirat des Erbprinzen Ferdinand mit ihrer Hofdame Elena Văcărescu. Mit den Worten »Das darf nicht sein, Eure Majestät!« drückte Catargiu damals am besten die Haltung einer Elite aus, die sich gegen die Absicht der Königin zusammenschloss.“




    Im Jahr 1899 starb Lascăr Catargiu im Alter von 76 Jahren an einem Herzinfarkt, genau an dem Tag, an dem König Carol I. ihn zum vierten Mal zum Premierminister ernannte. In seinem Nachruf sagte der Literaturkritiker, Schriftsteller und Philosoph Titu Maiorescu über Lascăr Catargiu: Er war ehrlich und leistete eine unermüdliche Tätigkeit in den Details der Verwaltung. Diesen Eigenschaften und seinem Mut verdankte er die Autorität, die er in der Konservativen Partei genoss.“

  • Rumänien feiert die Vereinigung der Fürstentümer Walachei und Moldau

    Rumänien feiert die Vereinigung der Fürstentümer Walachei und Moldau

    Diesmal jährt sich die Vereinigung der Rumänischen Fürstentümer Walachei und Moldau zum 161. Mal. Das Ereignis, das den Weg zur Schaffung des rumänischen Nationalstaates geebnet hat. Anlässlich dieses Feiertags finden eine Reihe von Veranstaltungen statt.



    Das Nationale Geschichtsmuseum beherbergt zum Beispiel eine Ausstellung mit dem Titel Kleine Spuren großer Ambitionen. Symbole der Vereinigung der Fürstentümer in Briefmarken und Münzen. Zu den Exponaten gehören ein Brief mit dem Sonderstempel Vereinigte Fürstentümer“ aus dem Jahr 1862, eine Briefmarke mit dem Bildnis des Herrschers Alexander Ioan Cuza aus dem Jahr 1865 und zwei kleine Münzen aus dem Jahr 1864 mit der Aufschrift Die Vereinigten Fürstentümer“. Das Nationalmuseum Cotroceni hat ebenfalls am 24. Januar eine Sonderausstellung organisiert. Ein Rundgang führt die Besucher in die Gemächer des Herrschers, wo sie einige persönliche Gegenstände der Familie Cuza sowie Originaldokumente und ein vom serbischen Fürsten Michael Obrenovic an Cuza geschenktes Zeremonialschwert sehen können.



    Am 24. Januar 1859 wurde Alexandru Ioan Cuza, der eine Woche zuvor zum Herrscher der Moldau gewählt worden war, von der Wahlversammlung in Bukarest einstimmig zum Herrscher der Walachei gewählt und damit der Vereinigten Fürstentümer ausgerufen. Dies bedeutete de facto die Vereinigung der beiden Rumänischen Fürstentümer. Drei Jahre später, am 24. Januar 1864, wurde die Union mit der entscheidenden Unterstützung des französischen Kaisers Napoleon III. auch international anerkannt, und der neue Staat erhielt den Namen Rumänien.



    In seiner siebenjährigen Regierungszeit baute Alexander Ioan Cuza durch eine Reihe radikaler Reformen die institutionellen Grundlagen des modernen Rumäniens auf. Das Zivil- und das Strafgesetzbuch wurden verabschiedet, beide nach französischem Vorbild, eine nationale Armee wurde geschaffen, die Grundschulbildung wurde obligatorisch und die ersten Universitäten wurden gegründet: die in Iasi im Jahr 1860, die heute den Namen Cuzas trägt, und die in Bukarest vier Jahre später. Im Zuge der Bodenreform erwarben eine halbe Million Bauernfamilien Land, das durch Beschlagnahme von Klosterbesitz entstand. Von den Bauern verehrt, aber von den politischen Parteien wegen seiner autoritären Exzesse abgelehnt, war der Herrscher 1866 gezwungen abzudanken und ins Exil zu gehen.



    König Carol I. aus dem deutschen Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen folgte ihm der spätere König Carol I. Die lange Regierungszeit von Carol I. sollte dazu führen, dass Rumänien seine staatliche Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erlangte und nach dem russisch-rumänisch-türkischen Krieg von 1877 die südöstliche Schwarzmeer-Provinz Dobrudscha zurückeroberte. 1918 wurde unter König Ferdinand, der den Beiname Der Einiger“ erhielt, die Schaffung des rumänischen Nationalstaates abgeschlossen, als Siebenbürgen, das Banat, Crisana, die Maramures, die Bukowina und Bessarabien, historische Provinzen mit einer mehrheitlich rumänischen Bevölkerung, mit Rumänien vereint wurden.


  • Seuchen in den rumänischen Fürstentümern: Wie die Pest im 19. Jh. behandelt wurde

    Seuchen in den rumänischen Fürstentümern: Wie die Pest im 19. Jh. behandelt wurde

    Im 18. und 19. Jahrhundert wurde sie als Seuche der Levante“, walachische Seuche“ und klebrige Seuche“ bezeichnet und galt als eine der gefährlichsten Krankheiten angesichts der Anzahl der Todesfälle und eines fehlenden Heilmittels. In den rumänischen Fürstentümern gab es in dieser Zeit nur wenige Pest-Herde, dennoch brachten manchmal ausländische Händler und Reisende die Krankheit mit.



    Die Pest wurde durch die Flöhe der Ratten übertragen, wobei die Form mit Bläschen am meisten verbreitet war. Die Pest war durch starkes Fieber, Blasen, Erbrechen, Blutungen und Halluzinationen gekennzeichnet, die schlie‎ßlich zum Tod führten.



    In den rumänischen Fürstentümern war die Pest jedoch nicht ständig präsent, die Region war au‎ßerdem auch kein Infektionsherd. Die Krankheit wurde stets von Kaufleuten, Soldaten, Pilgern und anderen Orientreisenden eingeführt, die Flöhe in ihrer Kleidung und Handelswaren mittrugen, oder von den Karawanen- und Schiffsratten. Historiker Sorin Grigoruţă vom Historischen Institut A. D. Xenopol“ in Iaşi hat ein Buch über die Pest und deren Behandlung veröffentlicht. Auf die Wahrnehmung der Krankheit angesprochen, verweist der Autor auf den damaligen Zeitgeist.



    Die Jahrhunderte vor dem 19. Jahrhundert waren von der Auffassung geprägt, dass Pestseuchen die Folge von Störungen der natürlichen Bedingungen sind, die durch eine Reihe astronomischer Faktoren wie Planeten-Konjunktionen, Finsternissen, Kometen und Katastrophen wie Erdbeben und Überschwemmungen verursacht wurden. Die Pest wurde als Strafe Gottes für die Vielzahl der Sünden der Menschen angesehen. Die Bewohner der rumänischen Gebiete und die Behörden lie‎ßen diese Auffassungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts weitgehend fallen und erkannten die Rolle menschlicher Faktoren bei der Ausbreitung der Pest an. Im Laufe der Jahre und nach der Konfrontation mit mehreren epidemischen Wellen wird eine Reihe empirischer Befunde zur Planung antiepidemischer Ma‎ßnahmen führen. Die einzigen Methoden waren die Flucht oder die Entfernung der Kranken aus den Ortschaften.“




    Die Pest war überwiegend eine städtische Krankheit. Die von den damaligen Behörden getroffenen Ma‎ßnahmen würden heute als repressiv bezeichnet werden, erklärt Sorin Grigoruţă.



    In dem Bewusstsein, dass Ballungsgebiete das Risiko einer Ausbreitung der Pest erhöhen, haben die Behörden strenge Ma‎ßnahmen ergriffen, um den Kontakt zwischen den Menschen einzuschränken. Darunter die Einstellung der Tätigkeit von Gerichten, die Schlie‎ßung von Schulen, Kirchen, Cafés, der nachlassende Handel und Einschränkungen des Stra‎ßenverkehrs, insbesondere während der Nacht. Im Jahr 1785 befahl der Fürst seinem gro‎ßen Schwertträger, die Cafés zu schlie‎ßen, aber der Kaffee konnte noch durchs Fenster verkauft werden. Die Verkehrsbeschränkungen auf den Stra‎ßen während der Nacht waren darauf zurückzuführen, dass Kranke und Tote au‎ßerhalb der Stadt transportiert wurden. Es war kein angenehmes Bild und man versuchte auch, die emotionale Wirkung auf den Rest der Bevölkerung zu verringern.“




    Die zweite Ma‎ßnahme gegen die Pest sei die Isolation gewesen — Historiker Sorin Grigoruță beschreibt dies in seinem Buch.



    Die Isolation der Häuser, in denen die Pest nachgewiesen worden war, war die zweite der von den Behörden ergriffenen Ma‎ßnahmen. Die erste Form der Isolation bestand darin, die Kranken im Haus zu halten, sie wurden effektiv in ihren Häusern eingesperrt. Ich möchte erwähnen, dass diese Methode nicht nur in den rumänischen Gebieten zur Anwendung kam, sondern in ganz Europa verbreitet war. Wenn jemand überlebte war das in Ordnung, wenn nicht, dann wurden alle Bewohner des Hauses krank und starben. Die zweite Form der Isolation bedeutete, dass sowohl die Kranken als auch die Gesunden aus den angesteckten Haushalten entfernt wurden und diese Häuser einem Desinfektionsprozess unterzogen wurden. Das konnte sich auf die Belüftung und Reinigung des Hauses beschränken, aber auch bis zu einer teilweisen oder vollständigen Zerstörung reichen, meistens durch Inbrandsetzung. Ştefan Episcupescu [ein rumänischer Arzt und Publizist, 1777–1850, — Anm. d. Red.], nach dessen Ansicht die Pest ein »Geist des Todes« war, erinnerte sich 1824 daran, was die Heilmittel gegen die Pest waren. Ich zitiere aus seinen Schriften: »Von allen Mitteln der Heilkunde sind Wasser, Essig und Feuer die wirkungsstärksten gegen die Pest. Das Wasser wäscht und reinigt den Haftstoff der Pest, der Dampf des Essigs schwächt die Schärfe dieser Haftung und beseitigt das Gift, und das Feuer zieht den Geist der Seuche aus der Ferne seiner Glut an, verbrennt sie und löscht sie vollständig aus.«“




    Die wirksamste Methode zur Bekämpfung der Pest im Westen war die Quarantäne. Die erste europäische Quarantäne wurde vom Hafen von Ragusa beschlossen, der 40 Tage lang alle aus dem Orient kommenden Schiffe au‎ßerhalb der Stadt anhielt. Die Idee wurde von anderen europäischen Häfen und Städten übernommen. An Land war der sogenannte österreichische Sanitärkorridor äu‎ßerst effizient — dieser war an der Struktur der Militärgrenze orientiert. Die russische Quarantäne war derweil nur vorübergehend, sie galt nur während der Epidemie und war weitgehend unwirksam. Quarantänen gab es im rumänischen Raum auch, jedoch mit bescheidenen Ergebnissen, wie der Historiker Sorin Grigoruţă wei‎ß:



    Ohne die Ursache der Ausbreitung der Seuche bewusst anzugehen, brachten allmählich alle Ma‎ßnahmen, die zur Isolation der Kranken oder der Verdächtigen führten, einige Ergebnisse. Als nächstes bestand der erste Schritt darin, diejenigen, die aus von Pest betroffenen Gebieten kamen, für einige Tage zu isolieren und zu untersuchen, egal ob diese Gebiete im Land oder au‎ßerhalb des Landes lagen. Zur gleichen Zeit wurde ein System sogenannter Streckenscheine oder Gesundheitskarten entwickelt, die bescheinigen sollten, dass der Reisende aus pestfreien Gebieten kam. So entstanden interne und externe Quarantänen.“




    Die Pest verschwand Mitte des 19. Jahrhunderts aus den rumänischen Fürstentümern mit der Gründung des Nationalstaates und der Entstehung streng überwachter Grenzen.

  • 160 Jahre seit der Vereinigung der rumänischen Donaufürstentümer

    160 Jahre seit der Vereinigung der rumänischen Donaufürstentümer

    Als Erklärung für die Ereignisse des Jahres 1859 können die Erkenntnisse über die Bedeutung der Donau dienen, des gro‎ßen paneuropäischen Flusses. Vor allem europäische Mächte wie Frankreich und Deutschland waren darauf aufmerksam geworden. Diese gro‎ße Fluss-Magistrale Europas, die von West nach Ost führt, erlangte in der geographischen und kulturellen Vorstellungswelt neue Dimensionen. Die Donau sollte ein Fluss der europäischen Zivilisation sein, in der Demokratie, Freiheit und die Selbstbestimmung der Nationen auf dem Festland dem orientalischen Despotismus entgegengesetzt werden sollte. Die Offensive des Westens zur Befreiung der Donau führte zur Vereinigung von 1859 und zur Gründung Rumäniens.



    Allerdings ist die Vereinigung der Moldau mit der Walachei, insbesondere die künftige Organisationsform des rumänischen Staates, auf eine lebhafte Kontroverse zurückzuführen. Historiker haben dargelegt, dass der Akt vom 24. Januar 1859 eine recht schwierige Angelegenheit war, das daraus entstandene Identitätsdilemma habe hartnäckig bis in die Zwischenkriegszeit hinein Bestand gehabt. Der Historiker Adrian Cioflâncă erklärt, wie in den späten 1850er Jahren zwei wichtige Gesellschaftsvorstellungen aufeinander trafen.



    Um das Jahr 1859 herum kam es zur Konvergenz zweier Themen: die Modernisierung und die Vereinigung, die bis zur Revolution von 1848 unabhängig voneinander kursiert hatten. Bis 1859 bedeutete die Vereinigung nicht notwendigerweise Modernisierung, und die Modernisierung beinhaltete nicht automatisch eine Vereinigung. Nach dem Scheitern der Revolution von 1848 wurden die revolutionären Energien zu einem politischen Projekt, dem der Vereinigung, neu gebündelt. Diesem Projekt wurde das Modernisierungsprojekt untergeordnet. Dieses nationale Projekt forderte eine Übereinstimmung der politischen und nationalen Einheit. Die Vereinigung wurde als Allheilmittel für alle Probleme der rumänischen Gesellschaft angesehen. Diese verzweifelte und übergro‎ße Investition erklärt die weitgehende Akzeptanz, die dieses Projekt zu dem Zeitpunkt genoss, aber auch die anschlie‎ßenden Enttäuschungen. Die Vereinigung hat die interne Situation nicht automatisch verbessert.“




    Einige Historiker sind der Ansicht, dass die zaristische Expansion nach Südosteuropa zusammen mit der Annexion Bessarabiens, also jenes Teils des mittelalterlichen Fürstentums Moldau, das sich den zwischen Flüssen Pruth und Dnjestr erstreckte, durch Russland im Jahr 1812 zu den entscheidenden Faktoren gehörten. Sie veranlassten die moldauischen Eliten, sich vermehrt und ernsthafter mit der Idee einer Vereinigung mit der Walachei auseinanderzusetzen. Der Historiker Andrei Cuşco von der Staatlichen Universität in Chişinău (Moldaurepublik) schlie‎ßt diese Möglichkeit nicht aus.



    Es gab vielfache Alternativen. Was passiert ist, stellte nur eine der möglichen Alternativen dar. Können wir unter Berücksichtigung dieser Alternativen darüber spekulieren, was passiert wäre, wenn die Russen die gesamte Moldau annektiert hätten? Man kann nicht ausschlie‎ßen, dass sich das gesamte rumänische nationale Projekt in der heute bekannten Formel nicht konkretisiert hätte. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Russen am Dnjestr Halt gemacht hätten, das war die Grenze, die sie bereits 1792 erreicht hatten. Diese Version der Ereignisse schuf eher ein Dilemma für die Eliten, weniger für die Bevölkerung. Ab 1812 tendierte der Rest der Moldau, als Gegengewicht zu Russland zur Vereinigung mit der Walachei. Irgendwie beschleunigte die Annexion von 1812 die Vereinigung der Walachei mit der Moldau, und aus dieser Sicht haben wir eine positive Auswirkung. Aus bessarabischer Sicht hat diese Version der Ereignisse jedoch neue und schwere Komplikationen geschaffen.“




    Wie hätte der zukünftige Staat funktionieren sollen? Eine zentralistische Konstruktion nach französischem Modell oder eher ein Länderbund oder ein Konföderationsmodell nach deutschem Vorbild? Diese Fragen beschäftigten die Befürworter der Vereinigung auf beiden Ufern des Milcov-Flusses, der die beiden Regionen trennt. Schlie‎ßlich habe sich der Zentralismus durchgesetzt, berichtet Adrian Cioflâncă.



    Nach 1859 wurde bei der Gründung des neuen staatlichen Gebildes eine politisch-administrative Entscheidung zugunsten einer radikal-zentralistischen Formel getroffen. Aus kultureller Sicht hat man die Vereinheitlichung der Identität angestrebt. Der Zentralismus war jedoch nicht die einzige Organisationsform des frühen 19. Jahrhunderts. Separatisten entschieden sich für eine Konföderation, d.h. für ein Staatsmodell, das regionale Identitäten und Interessen beachtet. Interessanterweise wurden konföderative Projekte in einer ersten Phase vor allem in revolutionären Umfeldern entwickelt und verbreitet, die sich später für die Vereinigung aussprachen. Der Föderalismus war ein Versuch, die osteuropäischen nationalen Identitäten aus der Kontrolle der Reiche zu befreien und sie als neue politische Formeln zu organisieren. Vor 1859 gab es einige wichtige Autoren sogenannter »Politogramme«, von denen die meisten Unionisten waren. Sie waren es, die Argumente für die Dezentralisierung der Verwaltung vorbrachten. Ich würde darunter Mihail Kogălniceanu, Nicolae Suţu, Ion Heliade Rădulescu, Constantin Heraclide und vor allem Vasile Boerescu erwähnen.“




    Die beiden Lager, Unionisten und Föderalisten, die auch als Separatisten“ bezeichnet werden, haben in ihrem Kampf starke Argumente für die jeweiligen Standpunkte verwendet. Während die Unionisten der Ansicht waren, dass die zentralisierende Form dem künftigen Staat Kohärenz und Kraft verleihen würde, glaubten die Föderalisten, dass die Kraft in der Dezentralisierung lag. Die Dezentralisierung sollte ein Gleichgewicht zwischen den beiden Regionen des neuen Staates, der Moldau und der Walachei herstellen, erklärt der Historiker Adrian Cioflâncă.



    Die beiden Fürstentümer hatten bereits einen Zentralisierungsprozess durchlaufen, der in den sogenannten organischen Reglements von 1831–32 einen Höhepunkt fand. Zur Zeit der Vereinigung war der Zentralismus die einzige Praxis mit einer gewissen Tradition. Das Thema Modernisierung hat dazu geführt, dass die neu gebildete Gemeinschaft vor dem Hintergrund einer mangelnden politischen Debatte über die innere Organisation des Staates entstand. Drittens gab es einen Druck und Bedrohungen von au‎ßerhalb. Die wichtigsten zentralisierenden Ma‎ßnahmen während der Regierungszeit von Alexandru Ioan Cuza überschneiden sich mit den Anstrengungen um die internationale Anerkennung der Vereinigung.“




    Am 5. und 24. Januar 1859 wurde in Iaşi und Bukarest Alexandru Ioan Cuza zum Herrscher über die Moldau und die Walachei gewählt. Es war der Anfang dessen, was 1918 fortgesetzt wurde: die Entstehung des modernen rumänischen Staates.

  • Nachrichten 23.01.2019

    Nachrichten 23.01.2019

    Bukarest: Rumänien feiert am Donnerstag den 160. Jahrestag seit der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer Moldau und der Walachei. Am 24. Januar 1859 war der bereits zum Fürsten der Moldau gewählte Alexandru Ioan Cuza von der Bukarester Wahlversammlung einstimmig auch zum Herrscher über die Walachei gewählt worden. So wurde Cuza zum Fürsten der vereinigten Rumänischen Fürstentümer ausgerufen. Drei Jahre später, am 24. Januar 1862, wurde die Vereinigung der rumänischen Fürstentümer auch international anerkannt und der somit entstandene Staat bekam den Namen Rumänien. 59 Jahre später, im Jahr 1918 wurde der moderne Staat Rumänien durch die Vereinigung des Rumänischen Königreichs mit Bessarabien (Basarabia), der Bukowina (Bucovina) und Siebenbürgen (Transilvania) gegründet. Die Herrscherzeit Cuzas gilt aufgrund der eingeleiteten radikalen Reformen als Beginn der Moderne in Rumänien. Präsident Klaus Iohannis präsentiert heute am Grab Alexandru Ioan Cuza im ostrumänischen Iasi einen Blumenkranz. Das Staatsoberhaupt wird eine Rede auf der Veranstaltung halten, die anlässlich der Erklärung der Stadt Iaşi als Historische Hauptstadt Rumäniens organisiert wird



    Brüssel:Rumänien
    bleibt ein vertrauensvoller Alliierter der NATO, erklärte die rumänische Premierministerin
    Viorica Dăncilă nach dem Treffen mit dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
    Dieser sagte seinerseits, die NATO und die EU arbeiten
    immer besser in Bereichen wie Cyber- und
    Seesicherheit. Die beiden haben die Hauptthemen auf der Agenda
    des Bündnisses geprüft und sich auf Themen konzentriert, die für Rumänien von
    Interesse sind, sowie auf die Beiträge Bukarests zur Umsetzung der alliierten
    Politiken und Beschlüsse. Die Bekämpfung des Antisemitismus sei eine der
    Prioritäten auf der Tagesordnung der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft. Das
    sagte die rumänische Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă in Brüssel bei der
    offiziellen Zeremonie zum Internationalen Tag der Erinnerung an die
    Holocaust-Opfer, der vom Europäischen Jüdischen Kongress unter der
    Schirmherrschaft des Präsidenten des EU-Parlaments, Antonio Tajani veranstaltet
    wurde. Die rumänische Regierungschefin betonte die Notwendigkeit, gemeinsame
    europäische und internationale Anstrengungen zur Bekämpfung des Antisemitismus
    und zur Verbreitung aller Formen der Diskriminierung zu verstärken. Viorica
    Dăncilă ist bis Donnerstag in Brüssel zu einem Arbeitsbesuch, wo sie auf der
    Plenartagung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses die
    Prioritäten der rumänischen EU-Ratpräsidentschaft vorstellt.



    Brüssel: In Brüssel stellen die Minister des Regierungskabinetts in Bukarest in den Fachausschüssen des Europäischen Parlaments, die Prioritäten der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft. Im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EU-Parlaments, erklärte Justizminister Tudorel Toader, dass eine Priorität der rumänischen Präsidentschaft des EU-Rates, die Stärkung des Vertrauens der Bürger in die Justiz, sei. Er sagte, Rumänien werde nicht von den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit abweichen. Weitere Prioritäten seien laut Toader die Gründung der europäischen Staatsanwaltschaft und die Ernennung des europäischen Chefanklägers. Rumänische Präsidentschaft des EU-Rates handelt für ein wohlhabendes, sicheres, geeintes und bürgernahes Europa, das zugleich ein wichtiger globaler Akteur sein muss, sagte Innenministerin Carmen Dan. Sie wies darauf hin, dass für die rumänische Präsidentschaft des EU- Rates die Stärkung der inneren Sicherheit, das Sicherheitsmanagement der EU-Außengrenzen, das Migrationsmanagement, die Visapolitik und Asylpolitik und der Katastrophenschutz der EU prioritär seien. Man brauche mehr Einheit und Zusammenhalt um besser auf die Ängste und Interessen der europäischen Bürger reagieren zu können.



    Wetter: In Rumänien wird der Himmel in den nächsten 24 Stunden bewölkt sein. Im Nordosten und Zentrum des Landes wird es schneien, im Rest wird es regnen. Die Tageshöchsttemperaturen werden zwischen -6 und 11 Grad liegen.