Tag: Wehrmacht

  • Rumänien im 2. Weltkrieg – Operation Barbarossa

    Rumänien im 2. Weltkrieg – Operation Barbarossa

    An der Operation Barbarossa, die die Sowjetunion und ihr kommunistisches Regime vernichten sollte, beteiligten sich neben Deutschland auch verbündete Staaten wie Finnland, Italien, Ungarn und eben auch Rumänien. Ziel für Rumänien war, Bessarabien und die Nordbukowina zurückzuerobern, nachdem diese Gebiete ein Jahr früher an die Sowjetunion abgetreten worden waren.



    Wie der Historiker Ottmar Traşcă vom Historischen Institut George Bariţ“ in Cluj (Klausenburg) ausführt, war Rumänien sowohl ein Startpunkt der Offensive als auch eine Rohstoffressource für die Wehrmacht. Bei der Operation Barbarossa, wie der Codename des Angriffs auf die Sowjetunion hie‎ß, spielte Rumänien eine wichtige Rolle. Rumänien und Finnland sollten nach dem Befehl 21 vom 18. Dezember 1940 die Süd- bzw. die Nordflanke sichern und sich an Operationen der Wehrmacht beteiligen“, sagt der Historiker. Schon seit Herbst 1940 waren deutsche Truppen in Rumänien stationiert, Rumänien stellte das für die deutsche Kriegsmaschine so wichtige Erdöl bereit. Im Juni 1941 bildeten die 3. und 4. rumänische Armee und die 11. deutsche Armee die Armeegruppe General Antonescu“, die von Ion Antonescu höchstpersönlich geführt war — in einer ersten Phase ging es um die Befreiung Bessarabiens und der Nordbukowina.



    Dabei muss aber etwas bedacht werden, bemerkt Traşcă: Rumänien ist ein interessanter Fall. Es gab keine formelle Allianz mit Deutschland und später wurde diese Frage auch gar nicht mehr gestellt“, meint der Wissenschaftler. Die Deutsche Militärmission in Bukarest hatte im Februar–Juni 1941 die Kriegsbereitschaft Rumäniens geprüft und was zum Schluss gekommen, dass die Ausstattung und die Ausbildung der Truppen nicht ausreichend fortgeschritten waren. Die rumänische Armee war nicht fähig, selbstständig grö‎ßere Operationen zu führen — allenfalls konnten einige bestimmte Divisionen defensive Einsätze übernehmen. Der Kriegsverlauf bestätigte dann später die Einschätzung. Am besten kämpften die Finnen, die sich schon im Winterkrieg 1939–1940 zwischen Finnland und der UdSSR gut geschlagen hatten. Auch die etwa 26 rumänischen Divisionen kämpften gut und übertrafen die Erwartungen der deutschen Befehlshaber. Doch hätte Rumänien sich eigentlich von der Teilnahme drücken können?



    Als Historiker können wir zwar mit der Geschichte so nicht arbeiten, doch vorstellen können wir uns schon verschiedene Szenarien. Rumänien hatte aufgrund der 3. Punktes des Geheimen Zusatzprotokolls des Hitler-Stalin-Pakts vom 23. August 1939 Bessarabien und die Nordbukowina verloren — und das zeigte, wie desinteressiert Deutschland war. Es ist offensichtlich, dass für Rumänien das Motiv der Teilnahme die Rückeroberung dieser Gebiete war — und Deutschland zählte von Anfang an darauf. Schon bei seinem ersten Treffen mit Hitler gab Antonescu zu verstehen, dass Rumänien im Falles eines deutsch-sowjetischen Konflikts nicht Gewehr bei Fu‎ß warten würde. Also ist eine solche Alternative kaum denkbar“, so Ottmar Traşcă.



    Die Schlacht von Stalingrad läutete auch für Rumänien die gro‎ße Katastrophe ein. Nachdem die Rote Armee die Front in den von den rumänischen Truppen gesicherten Abschnitten durchbrach, wurden die Achsenmächte eingekesselt. Doch die Verantwortung für die Niederlage ist etwas differenzierter zu sehen, wirft der Historiker Ottmar Traşcă ein: 1941 war die deutsche Militärmission noch davon ausgegangen, dass die rumänische Armee für einen Feldzug nicht bereit war — doch 1942 übertraf sie die Erwartungen vielen deutscher Kommandanten. 1942 fallen die Bewertungen deshalb besser aus. Ausgehend von den Fronterfahrung von 1941 hie‎ß es dann, dass die rumänische Armee auch selbstständig Operationen abwickeln kann. Im Herbst 1942 wurden dann aufgrund der Frontlage immer mehr deutsche Divisionen von den Flanken abgezogen und in die Schlacht von Stalingrad geworfen — diese wurden dann durch rumänische Truppen ersetzt. Der sowjetische Generalstab war bestens informiert über die Unterschiede und spielte den Vorteil aus.“



    Wie der Historiker weiter ausführt, wusste das deutsche Oberkommando bestens Bescheid über die Schwächen der rumänischen Truppen und über die Tatsache, dass besonders der von der 3. Rumänischen Armee verteidigte Abschnitt verwundbar war. Alle waren im Bilde über einen bevorstehenden Angriff der Roten Armee, also liegt die Verantwortung nicht allein bei den rumänischen Befehlshabern, so Ottmar Traşcă.



    Die Operation Barbarossa versagte somit — und der Rest ist sozusagen eine bekannte Geschichte.

  • Mihail Moruzov – der Geheimdienstler, der überall mitmischte

    Mihail Moruzov – der Geheimdienstler, der überall mitmischte

    Die Boulevardpresse könnte über das Leben von Mihail Moruzov, dem Leiter des Nachrichtendienstes Rumäniens in der Zwischenkriegszeit, schreiben, es sei wie ein Roman. Die Realität ist aber viel interessanter als die Fiktion und das Leben von Mihail Moruzov erweist sich als zu komplex für einen Roman. Mihail Moruzov war ein Mensch von au‎ßerordentlicher Intelligenz, der eine der stärksten Staatsstrukturen führte und dabei einige der wichtigsten Entscheidungen der rumänischen Regierung beeinflusste.



    Geboren wurde Moruzov am 8. November 1887 in einer gro‎ßen Familie mit sieben Kindern, im ostrumänischen Zebil, Landkreis Tulcea, der als Tor zum Donaudelta gilt. Sein Vater, Nicolae Moruzov, war Priester, seine Mutter stammte aus einer ukrainischen Kosakenfamilie, die sich in Rumänien niederlie‎ß. Horia Sima, der Leiter der faschistischen Eisernen Garde, beschrieb Moruzov als einen Mann mit breitem, fast flachgedrücktem slawisch-mongolischem Gesicht“. Sein Nachfolger an der Leitung des Nachrichtendienstes, Eugen Cristescu, zeichnete seinerseits ein realitätsnahes Porträt von Moruzov: Er konnte Russisch und Bulgarisch, Sprachen, die er in seiner Familie gelernt hatte, aber keine westeuropäische Sprache, deswegen stie‎ß er auf gro‎ße Schwierigkeiten in seinen beruflichen und sozialen Beziehungen. Er hatte drei Gymnasialjahre abgeschlossen, dennoch las er kein Buch, sondern nur Zeitungen, die er allerdings sehr oberflächlich las.“



    Mihail Moruzov liebte sein Land und wollte ein treuer Bürger sein. So kann man auch seine erste Mission im Auftrag des rumänischen Nachrichtendienstes rechtfertigen, woran er sich als Volontär beteiligte. Der Historiker Cristian Troncotă beschrieb die Mission wie folgt: 1909 entdeckte und anschlie‎ßend machte er den rumänischen Behörden einen Plan der Bulgaren aus der Dobrudscha bekannt, die einen Aufstand gegen den rumänischen Staat entfachen wollten. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete er für die rumänische Gegenspionage in der Dobrudscha und im Donaudelta und trug somit erheblich zur Abwehr verhängnisvoller Aktionen rumänischer Deseurteure russischer Nationalität, der bulgarischen und deutschen Propaganda innerhalb der russischen Armee und der Aktionen der russischen Diplomaten in Sulina bei. 1920 wird Moruzov beschuldigt, im Auftrag der russischen und bulgarischen Spionage gehandelt sowie Geld geschmuggelt zu haben. Infolgedessen wird er im Jahr 1920 verhaftet, kurz danach wird er dennoch aus Mangel an Beweisen freigelassen.



    Nach 1918 erlebt die Karriere von Moruzov einen furiosen Aufstieg. Für seine Erfolge bei der Informationstätigkeit während des Ersten Weltkriegs wird er befördert. Anschlie‎ßend wird er zum Gründer des Sonder-Nachrichtendienstes 1924. Die Nachbarschaft der Sowjetunion und ihre aggressive Politik hatten die Notwendigkeit des Dienstes deutlich gemacht. In den 1930er Jahren gehört Moruzov zum engeren Umfeld des Königs Carol II. — die Gruppe wurde als Kamarilla des Königs“ bezeichnet, weil sie staatliche Strukturen für politische Raufereien und persönliche Bereicherung ausnutzte. Etwa zur gleichen Zeit entwickelt sich die Beziehung zu den Anführern der Legionäre, insbesondere zu Horia Sima. Das bestätigt der Oberst Traian Borcescu, ehemaliger Agent des Sondernachrichtendienstes, in einem 1996 aufgezeichneten Interview mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rundfunks:



    Horia Sima war Moruzovs Agent, denn Moruzov wollte Informationen aus dem nahen Umfeld von Hitler bekommen. Und durch Horia Sima konnte er sich sowohl militärische Informationen über die Wehrmacht besorgen, deren Geheimdienst, die sogenannte »Abwehr«, von Canaris geleitet wurde, als auch politische Informationen über Hitler. Durch Horia Sima gelang eine Annäherung an Himmler und für die Annäherung an die Wehrmacht arbeitete Moruzov auch mit anderen Personen zusammen.“




    Gemä‎ß dem Zeitzeugenbericht von Teodor Aleonte, Offizier im Sondernachrichtendienst, hatten die Legionäre mehrere Informanten und Agenten in der Staatssicherheit als umgekehrt. Traian Borcescu glaubte zu wissen, welche Karten der Legionärsanführer Horia Sima und Mihail Moruzov im Kampf um die Einflusssphären im Staatsapparat spielten:



    Die Freundschafts- und Kooperationsbeziehungen zwischen Moruzov und Horia Sima werden dadurch deutlich, dass König Carol die Bildung einer Legionärsregierung zulie‎ß. Moruzov hatte ihm eingetrichtert, dass Horia Sima auch ihn töten könnte, das versetzte Carol in Angst und Panik. Und jetzt stand Sima kurz bevor, der Regierung beizutreten, obwohl er kurz davor verhaftet und verurteilt werden sollte. Also hat Moruzov Horia Sima gerettet und ihn befördert. Und bestimmt hat er ihm auch ein paar Groschen zukommen lassen. Moruzov kannte die Vergangenheit von Horia Sima, wie er rekrutiert worden war und was er gemacht hatte. Deshalb dachte Moruzov, Horia Sima würde sich bei ihm dafür revanchieren, dass er ihm sein Leben gerettet und ihm zum Aufstieg verholfen hatte. Das sollte aber nicht eintreffen, denn in solchen Situationen werden Wohltäter getötet. In Jilava wurden alle umgebracht, der letzte, der starb, war Moruzov. Nach der Verhaftung und Hinrichtung von Moruzov kam der von Hitler entsandte Canaris nach Rumänien. Das, weil Himmler Hitler über die Entwicklung im Land in Kenntnis gesetzt hatte. Und Canaris ist bei Antonescu vorstellig geworden und hat sich nach Moruzov erkundigt. Da hat Antonescu geantwortet: ‚Es tut mir leid, aber die Legionäre haben ihm den Garaus gemacht.‘“




    Mihail Moruzov ist am 5. September 1940 auf Befehl von Ion Antonescu verhaftet worden. Die Eiserne Garde hatte davor Druck ausgeübt, denn sie wollte ihn für die zahlreichen Gesetzwidrigkeiten an der Spitze des Sondernachrichtendienstes vor Gericht bringen. Auch wenn die Kamarilla von Carol versuchte, auf mehreren Hochzeiten zu tanzen und sich Deutschland anzunähern, scheiterte sie und ihre Mitglieder, einschlie‎ßlich Moruzov, landeten mit wenigen Ausnahmen im Gefägnis. Eines seiner grö‎ßten Vergehen in den Augen der Legionäre war die Beteiligung an den Plänen Carols, die Anführer der Eisernen Garde in den Jahren 1938-1939 zu beseitigen. In der Nacht zum 27. November wurde Mihail Moruzov gemeinsam mit weiteren 63 früheren Amtsträgern in seiner Zelle in der Gefängnisanstalt von Jilava von einer Legionärsgruppe getötet.