Tag: Werkstatt

  • Street-Food-Droschken: Werkstatt in Siebenbürgen stellt Imbiss-Kutschen her

    Street-Food-Droschken: Werkstatt in Siebenbürgen stellt Imbiss-Kutschen her

    Das nationale Forstamt Romsilva beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Schutz des Waldes sowie mit der Verwaltung des Waldbestandes. Der vernünftige Holzeinschlag und die primäre Aufbereitung des Holzes sind weitere Aufgaben der öffentlichen Waldbehörde. Im Kreis Bistriţa-Năsăud (dt. Bistritz-Nassod) ist ein Sonderfall anzutreffen — denn hier verfügt Romsilva über die einzige Werkstatt, wo Kutschen und Schlitten gefertigt werden. Die Werkstatt wurde 2004 eröffnet. Ursprünglich hatte die Werkstatt einen anderen Zweck — sie wurde nämlich für die Pferdeherde in Beclean (dt. Bethlen) gegründet. Sie wurde 1955 eröffnet und war erstmals ein Stall, in dem Hengste gehalten wurden. 1985 wird hier eine neue Pferderasse gezüchtet, der sogenannte Semigreu Românesc (dt. halbschweres Pferd aus Rumänien). Darüber hinaus begannen 1993 die örtlichen Züchter mit der Bildung und Verbesserung der Lipizzaner-Rasse.



    Am Reiterhof Beclean werden die Gäste mit einem gro‎ßzügigen Freizeitangebot empfangen. Das erzählte uns Beite Barna, der am Reiterhof Beclean arbeitende Tierarzt:



    Seit August bieten wir Reitunterricht an, aber auch Reitausflüge, Kutschenfahrten, Besuche der Hengstherde stehen im Angebot. Im Winter können unsere Gäste mit dem Pferdeschlitten fahren. Diese werden entweder von 2 oder von 4 Pferden gezogen. Für eine halbe Stunde Reitunterricht müssen die Touristen etwa 8 Euro zahlen. Eine Kutschenfahrt kostet etwa 4 Euro pro Person.“



    Romsilva hat im Laufe der Zeit mehr als 30 verschiedene Schlitten- und Kutschenmodelle hergestellt. Letztes Jahr brachte die Werkstatt in Bistriţa-Năsăud ein neues Testprodukt auf den Markt. Worum es ging, erzählte uns der Leiter des Forstamtes Bistriţa-Năsăud, Ivan Gheorghe:



    Eine Imbiss-Kutsche, mit all dem Drum und Dran. Die Bestellungen lie‎ßen nicht auf sich warten. Wir haben schon sehr viele entgegen genommen, die meisten aus Bukarest. Gleich nach der Vermarktung kamen 10 Bestellungen von Bukarest. Auch in Sibiu (Hermannstadt) und Braşov (Kronstadt) gab es Interessenten. Wir können 1,5 Imbiss-Kutschen pro Monat herstellen. Also drei solche Kutschen in 2 Monaten. Selbstverständlich, ohne unsere weiteren Aufgaben zu vernachlässigen.“




    Imbiss-Wagen gab es zuerst in den USA, wobei New York mit Abstand marktführend war. Manche Imbiss-Wagen verwandelten sich sogar in Alternativen zu den klassischen Restaurants. In Rumänien bewegen sich die Dinge etwas langsamer, doch Ivan Gheorghe von Romsilva Bistriţa-Năsăud versicherte uns, dass sie bereits 50 neue Bestellungen in der Warteschleife haben. Die meisten kommen aus Bukarest. Die Street Food Verkäufer in der rumänischen Hauptstadt möchten so viele Kunden wie möglich anziehen. Was die Ausstattung und das Aussehen der Kutsche betrifft, so haben die Kunden vielfältige Forderungen. Das sagte uns der Leiter des Forstamtes Bistriţa-Năsăud:



    Manche wollten die Kutsche mit einem gro‎ßen Schaufenster ausstatten, andere wünschten sich einen zusätzlichen Raum für das Personal. Es war schwierig, gut ausgebildete Mitarbeiter zu finden, die auch bereit gewesen wären, sich die Mühe zu machen und Imbiss-Kutschen herzustellen. Einige Mitarbeiter sind in die Rente gegangen. Es war nicht einfach, sie zu ersetzen, doch schlie‎ßlich fanden wir die richtigen Leute. Selbstverständlich bräuchten wir mehr Mitarbeiter. Manche von ihnen, die Dreher und Schwei‎ßer, arbeiten auch an der Reparatur und Wartung der forstwirtschaftlichen Maschinen.“




    Eine Kutsche kann so teuer wie ein PKW werden. Darüber hinaus sind die Kutschen einfach beförderbar. Sie können von Pferden gezogen oder von Autos geschleppt werden und sind entsprechend ausgestattet, um im öffentlichen Stra‎ßennetz zu fahren. Die Kutschen können eine Länge von 6 m und eine Breite von 3 m erreichen. In der Regel haben sie eine Höhe von 2,8 m. Sie werden aus wiederverwertbaren Baustoffen gefertigt und sind thermisch isoliert. Sie sind entsprechend ausgerüstet, um Street Food anzubieten. Die Standard-Ausrüstung umfasst eine melaminbeschichtete Arbeitsfläche, einen Spülbecken aus Edelstahl, eine elektrische Pumpe für die Wasserversorgung, ein Led-Beleuchtungssystem für den Innenraum sowie für den äu‎ßeren Bereich. Au‎ßerdem ist die Street-Food-Kutsche auch mit Tischen an der Vorder- und Hinterseite ausgestattet. Romsilva überlegt sich, das Geschäft auch au‎ßerhalb Rumäniens zu entwickeln bzw. auszuweiten. Demnach sollen künftig Unikat-Kutschen hergestellt und im Ausland vermarktet werden.



    Um festzustellen, ob das Street-Food-Geschäft wirklich floriert, starteten wir eine Forschungsinitiative in den Stra‎ßen von Bukarest. Imbiss-Wagen fanden wir in der Tat vielerorts, doch richtige Street-Food-Kutschen fanden wir kaum. Zwei — um genauer zu sein: Eine verkauft Wurstbrötchen in der Altstadt, eine andere befindet sich ebenfalls in der Innenstadt, allerdings am Unirii-Boulevard. Und verkauft ebenfalls Wurstbrötchen.



    Auch wenn die Kutschen aus Beclean als Street-Food-Bude angeboten werden, kann ihr ursprünglicher Zweck leicht umgewandelt werden. Somit können die Kutschen als Blumenladen, Buchhandlung, Souvenirs-Shop, Café, Eisbude oder Konditorei eingesetzt werden.

  • Kreative Workshops: Die Weihnachtslieder-Werkstatt

    Kreative Workshops: Die Weihnachtslieder-Werkstatt

    Das Dorfmuseum Dimitrie Gusti“ in Bukarest organisiert anlässlich der anstehenden Festtage mehrere kreative Workshops. Diese finden mit Hilfe des sogen. Elfendorfs“ statt. Im Rahmen der Werkstätte werden unter anderem Masken gefertigt oder Puppen in Volkstrachten hergestellt. Selbstverständlich dürfen die Weihnachtsdekorationen nicht fehlen. Darüber hinaus begeisterte uns diesmal eine Gruppe begabter Musiker. Diese veranstalteten einen Workshop für Weihnachtslieder. Der Workshop bietet eine Reise durch die magische Geschichte der Musikinstrumente. Au‎ßerdem werden die Besucher eingeladen, zusammen mit den Musikern Weihnachtslieder zu singen.



    Marius Niţu ist Geigenspieler. Er erzählte uns, wie sie auf die Idee des Workshops kamen:



    Sânziana, eine Musikerkollegin, schlug vor, einen Workshop für Weihnachtslieder zu organisieren. Die Idee war, etwas Verschiedenes zu versuchen, etwas Neues zu machen. Dabei dachten wir auch an die Kinder, die oft teilnehmen. Wir wollten halt alle Teilnehmer mitwirken lassen. Wir wollten nicht als Profi-Chor auftreten, sondern viel mehr alle Gäste zum Mitsingen anregen. Die Kinder waren sehr froh, mitzumachen. Es machte ihnen offensichtlich Spa‎ß. Es war unser erstes Projekt, der erste Weihnachten-Workshop, den wir organisierten. Es war ein Erfolg, deshalb wollen wir die angefangene Tradition fortsetzen.“




    Sânziana Mircea spielt Klavier. Sie ist die Leiterin der Music Art Academy, jenes Vereins, der die für die Organisation des Workshops zuständigen Künstler unter ein Dach bringt. Sie sagte uns Folgendes dazu:



    Es war uns eine Freude, diesen Workshop für Weihnachtslieder zu veranstalten. Wir haben spontan einen Chor gebildet und Weihnachtslieder gemeinsam gesungen. Wir sangen sowohl rumänische wie auch internationale Weihnachtslieder. Ich und meine Kollegen spielten Klavier, Gitarre, Geige und begleiteten damit den Kinderchor. Die Weihnachtslieder sind eine wunderschöne Tradition. Deshalb organisierten wir einen Workshop zu diesem Thema. Denn Musik vereinigt uns alle, auch wenn wir uns gegenseitig nicht kennen. Die Kinder haben sich angefreundet. Sie sind nach vorne getreten und haben laut gesungen. Es wurde einmal mehr bestätigt, dass die Musik eine universelle Sprache ist. Und als Vorbereitung für Weihnachten sind die Weihnachtslieder die beste Option.“




    Amalia Lazarciuc entzückte uns mit ihrer Stimme und erzählte uns danach, wie sich die Künstler für den Workshop für Weihnachtslieder vorbereiteten:



    Wir haben die Verse ausgesucht. Und den entsprechenden Soundtrack. Und ein Mikrophon bereitgestellt. Gelegentlich wurde der Chor von meinen Kollegen begleitet. Klavier spielte Sânziana, Marius Geige und Raisa Gitarre.“




    Die Begeisterung der Kinder bereitete ihnen eine gro‎ße Freude, so Amalia Lazarciuc:



    Es ist ein tolles Gefühl, vor allem weil es ein spontaner Moment war. Wir hatten nicht so viele Kinder erwartet. Wir wussten nicht, dass sie so gerne Weihnachtslieder singen. Und das sind die Augenblicke, die einem Freude bereiten. Unvorhergesehene Momente, die einfach passieren, insbesondere in dieser wunderschönen Zeit des Jahres.“




    Wir wollten von der Gitarristin Raisa Mihai erfahren, wie sie und ihre Kollegen auf den Gedanken kamen, eine Werkstatt für Weihnachtslieder zu veranstalten:



    Wir wollten ein paar Kinder glücklich machen und die Tradition des Weihnachtsfestes genie‎ßen. Wir suchten mehrere Weihnachtslieder aus und versuchten, Freude an dem Moment gemeinsam mit den Kindern zu haben. Die Kinder, die am Workshop teilnahmen, hatten eine super Reaktion! Sie waren sehr begeistert und gleich einverstanden, mitzusingen. Ursprünglich gab es auch einige Schüchterne, doch bis zum Schluss haben sich alle dem spontan gebildeten Chor angeschlossen.“



    Der Violinist Marius Niţu ergänzte:



    Weihnachten ohne Weihnachtslieder sind einfach unvorstellbar. Wie meine Kolleginnen bereits betonten, bringt Musik die Menschen zusammen. Wir leben in einer turbulenten Welt. Und die Weihnachtslieder bringen ein bisschen Ruhe in diese Welt hinein. Sie helfen uns, zu beruhigen, sie regen uns an, bessere Menschen zu werden, zusammen zu halten.“




    Am Workshop beteiligten sich zahlreiche Kinder im unterschiedlichen Alter. Natalia Iorgulescu ist 15. Sie schilderte uns ihre Erfahrung:



    Es war eine gute Gelegenheit, gute Musik zu hören, an einem wunderschönen Wintertag!“




    Andrei Cristian Iacobescu ist 12. Er hatte ebenfalls seine Freude daran:



    Es hat mir sehr gut gefallen. Ich wollte einfach schauen, was hier los war. Ich sah die vielen Menschen und schloss mich ihnen an! Es war wie bei einer Karaoke-Show!“




    Şerban Ioan Andrei ist knapp 7 Jahre alt. Er hatte viel Spa‎ß:



    Es hat mir gut gefallen! Ich kenne viele Weihnachtslieder und es war sehr schön, mitzusingen!“




    Gro‎ß und Klein haben ihre Stimmen vereint und spontan Weihnachtslieder gesungen.

  • Tage der Feuerkünste: Publikum lernt bildende Künstler in ihrem Milieu kennen

    Tage der Feuerkünste: Publikum lernt bildende Künstler in ihrem Milieu kennen

    Die Ankunft des Frühlings regt zu langen Spaziergängen und spektakulären Entdeckungen an. Wie zum Beispiel, dass derzeit die Tage der Feuerkünste in Bukarest stattfinden. Mehrere bildende Künstler, die mit Keramik, Glas und Metall arbeiten, laden interessierte Besucher in ihre Werkstätte ein. Eine Begegnung mit dem Au‎ßerordentlichen, eine Tour durch die Arbeitsräume der Bukarester Künstler, die kreativ mit dem Feuer spielen — das verspricht die Veranstaltung.



    David Leonid Olteanu ist bildender Keramik- und Glas-Künstler und nimmt am Bukarester Festival teil. Er erzählte uns, was die Veranstaltung alles anbietet:



    Je nach Interesse der Besucher, erklären wir ihnen, wo wir angefangen haben und wohin uns der Weg geführt hat bzw. was unsere Werke ausdrücken. Gegebenenfalls erklären wir ihnen auch manche technische Aspekte, wie eine Idee konkret umgesetzt wird, was zum Schluss herauskommt. Wir erwarten alle interessierten Besucher in unseren Werkstätten: Ingenieure, Rechtsanwälte, Ärzte — sie haben die Gelegenheit, unser Schaffen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Wir wurden auch von Kindern im Vorschulalter sowie von Schülern besucht, aber auch von Senioren. Die Besucher schauen sich unseren Arbeitsplatz an, einen ganz persönlichen Arbeitsraum, der keineswegs wie eine Galerie aussieht, wo alles am richtigen Ort steht. Hier leben, fühlen und arbeiten wir.“




    Maria Paşc ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins Contemporanii“, der die Bukarester Veranstaltung auf die Beine brachte. Sie erzählte uns mehr Einzelheiten über die Geschichte der Tage der Feuerkünste“:



    Die Veranstaltung »Die Tage der Feuerkünste« wurde durch eine Studie angeregt, die wir mit Hilfe unserer Kollegen, die das Barometer für den Kulturkonsum erarbeiten, verfassten. Wir führten eine Umfrage durch und fragten mehrere Leute nach bekannten Kunstgewerben. Die befragten Personen antworteten mehrheitlich, dass sie die Töpferei kennen. Allerdings ist die Töpferei vielmehr ein Handwerk als eine Kunst. Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Leute wissen sollten, dass es klare Kunstgewerbe gibt. Manche Künstler arbeiten mit Metall, andere schaffen Tapisserie. Die Menschen müssen wissen, dass sie verschiedene Gegenstände direkt vom Künstler kaufen können. Die Existenz dieser Künstler soll dadurch bestätigt werden. Wir hatten ein einziges Auswahlkriterium — die Künstler sollten Mitglieder im Verein Bildender Künstler sein. Wir schlossen eine Partnerschaft mit dem Landesverein Bildender Künstler (UAPR) und machten unsere Absicht über den Start eines derartigen Projektes landesweit bekannt. Berühmte Künstler antworteten positiv auf unsere Einladung, sich im Projekt einzubringen. Denn sie wissen, wie Kunstgewerbe hierzulande wahrgenommen werden. Und sie wollten sich solidarisch mit ihresgleichen zeigen.“




    Anlässlich der Tage der Feuerkünste“ soll das Publikum mit den Künstlern direkt in Kontakt kommen, ihre Arbeitsräume kennenlernen. Denn nur so kann es den künstlerischen Werdegang eines Werkes seit seiner Entstehung bis hin zur Ausstellung in einer Galerie nachvollziehen. Maria Paşc regt das Bukarester Publikum an, an einer weniger gewöhnlichen Erfahrung teilzunehmen:



    Ich möchte die Menschen anregen, die Werkstätte der Künstler zu besuchen. Es sind au‎ßerordentliche Orte, an denen Ideen und Konzepte eine konkrete Form bekommen. Die Künstler sind Menschen, mit denen man direkt in Kontakt treten kann. Das mag vermutlich eine einmalige Gelegenheit für die Besucher sein, nämlich Künstler persönlich zu treffen.“




    Maria Cioată ist Keramik-Künstlerin. Sie schickte ebenfalls eine Einladung an das breite Publikum hinaus:



    Wir laden die Besucher in den geheimnisvollen Raum ein, in dem unsere Kunst zu Leben erwacht. Wir laden sie zu unserem Arbeitsplatz, in unser Labor ein. Hier schaffen wir unsere Werke, die wir im Nachhinein ausstellen. Die Besucher können die Entstehungsetappen unserer Werke miterleben, sich den technologische Ablauf ansehen. Im Fall der Keramik haben wir es mit einem komplexen Entstehungsprozess zu tun — ein amorphes Lehmstück kommt allmählich zum Leben, füllt sich mit Energie. Dieser ganze Werdegang ist besonders spektakulär. Und die Besucher können ihn unmittelbar entdecken und miterleben.“




    Maria Cioată gab uns mehr Einzelheiten zu den Erfahrungen, die am Arbeitsplatz der Künstler erlebt werden können:



    Wir enthüllen den Besuchern einen Teil des technologischen Ablaufes, wir versuchen ihnen zu zeigen, wie ein Kunstwerk entsteht. Die Besucher haben ebenfalls die Möglichkeit, selbst ein bisschen mit dem Rohstoff kreativ zu spielen, eine unmittelbare Erfahrung zu erleben. Es ist eine günstige Gelegenheit, Geheimnisse der Künstlers zu erfahren.“




    Der Künstler David Leonid Olteanu erzählte uns, dass ein Bearbeitungsfehler manchmal künstlerisch verwertet werden kann. Um mehr darüber zu erfahren, müssen Sie aber die Werkstätte der Künstler besuchen. David Leonid Olteanu sagte uns, wie er seine Besucher bezaubert:



    Ich erkläre ihnen viele Dinge, die sie bislang nicht kannten, z.B. wie Keramik oder Glas modelliert werden können, zu welcher Brenntemperatur wir arbeiten, was für Farbstoffe wir verwenden. Nachdem sie die ganze Geschichte kennen, betrachten sie den gesamten Entstehungsprozess mit anderen Augen.“




    Mehr Informationen über die Werkstätte, die besucht werden können, finden Sie im Internet auf der Webseite www.ateliere.net. Darüber hinaus können Sie auch die App Ateliere auf ihr Smartphone herunterladen. Die App führt Sie direkt bis in die Werkstätte der Künstler.

  • HOP: Gala der jungen Schauspieler erreicht 20. Auflage

    HOP: Gala der jungen Schauspieler erreicht 20. Auflage

    Seit 20 Jahren findet schon die Gala junger Schauspieler — die Gala HOP — an der rumänischen Schwarzmeerküste statt. Veranstalter des Ereignisses ist UNITER — der Theaterverein in Rumänien. Die Veranstaltung ist seit Jahren schon kein reiner Wettbewerb mehr, sondern viel mehr ein Ort, wo über Schauspielkunst geredet wird. Es ist eine gute Möglichkeit für junge Künstler, ihresgleichen kennenzulernen. 21 junge Schauhauspieler wählte die Jury dieses Jahr im Rahmen der Vorauswahlverfahrens aus. Diese sollten am Wettbewerb teilnehmen, der vom 4. bis zum 7. September im Ferienort Costineşti ausgetragen wurde. Künstlerischer Leiter der Gala war der Professor und Schauspieler Miklós Bács. Die jungen Schauspieler wurden eingeladen, an 4 Werkstätten im Zeitraum vom 31. August bis zum 7. September in Bukarest und Costineşti teilzunehmen. Die Werkstätte wurden von renommierten Theatermenschen geleitet, unter anderem von Veniamin Filshtinsky, Professor für Schauspielkunst am Institut für Theaterkunst in Sankt Petersburg, vom Regisseur Alexandru Dabija, hochgeschätzt für die Zusammenarbeit mit den Schauspielern, vom deutschen Regisseur und Schriftsteller Stephan Perdekamp, Urheber von PEM (The Perdekamp Emotional Method), und von Andrei Flaviu Fălcuşan, Fachmann für Kinesiotherapie und Bewegungswissenschaft.




    Berufsausbildung sei von höchster Bedeutung, meinen viele junge Schauspieler, darunter auch ehemalige Gewinner der Gala. Die Schauspielerin Mirela Oprişor, gekürt als beste Hauptdarstellerin beim Filmfestival in Sarajevo für die Rolle im Film Dienstag nach Weihnachten“ in der Regie von Radu Munteanu, wurde als beste Darstellerin bei der Gala junger Schauspieler HOP im Jahr 2002 ausgezeichnet. 15 Jahre später habe das Interesse für junge Schauspieler zugelegt, so Mirela Oprişor. Ihnen sei derzeit viel mehr als früher geholfen:



    Dieses Jahr beteiligte sich ein Professor aus Russland an der Gala. Er unterrichtete die Schauspieler. Und es war nicht irgendein Professor. Eine andere Werkstatt wurde von Dabija geleitet. Zu meiner Zeit gab es so etwas nicht. Ich bemerke eine positive Entwicklung. Hätte ich vor 15 Jahren Herrn Dabija begegnet… was für ein Traum! Es ist hochzuschätzen, dass er sich so aktiv einbringt. Er wirkt immer ganz locker und ermuntert die Leute um ihn herum. Auch wir hätten so einen Einsatz zu schätzen gewusst. Es war Anfang 2000. Damals suchte ein jeder von uns noch seinen Weg…“




    Die Schauspielerin Cosmina Olariu absolvierte dieses Jahr die Theater- und Filmakademie I.L.Caragiale“ in Bukarest. Sie ist die Gewinnerin des Preises Ştefan Iordache“ — des wichtigsten Preises, der bei der Gala verliehen wird.



    Derartige Begegnungen sind sehr wichtig. Ich möchte Herrn Miklós Bács danken — die Teilnahme an der Gala war eine besondere Erfahrung für mich. Es war anstrengend, aber schön. Das Treffen mit Perdekamp werde ich nie in meinem Leben vergessen. Es war eine intime Begegnung mit unseren Gefühlen und Gedanken. Seine Theorie geht davon aus, dass jedes Organ eine bestimmte Emotion auslöst. Wird man sich dessen bewusst ist, so können bestimmte Gefühle ausgelöst werden. Wir erlebten unglaubliche Reaktionen. Ich hatte beinahe einen Panikanfall. Die Gefühle, die Aufregung, die ausgelöste Energie sind einfach fabelhaft. Die Begegnung mit Herrn Dabija war ebenfalls etwas Besonderes. Nur selten hat einer die Gelegenheit, einen bewährten, renommierten Regisseur kennenzulernen und unmittelbar zu erleben.“




    Die HOP-Gala — ein vom Rumänischen Theaterverein UNITER veranstaltetes Ereignis — öffnete sich in den letzten Jahren immer mehr der Filmwelt gegenüber. An der Gala beteiligten sich unter anderem zahlreiche Casting-Leiter und Filmregisseure. Ada Solomon, Filmemacherin und Produzentin international anerkannter Filme wie Die Stellung des Kindes“, Aferim!“, Vernarbte Herzen“ oder Toni Erdmann“ war Jurymitglied. Die Gala spiele eine wichtige Rolle für die Laufbahn junger Schauspieler, so Ada Solomon:



    Es ist kein einfaches Unterfangen, die Aufregung ist gro‎ß — denn die Gala bedeutet viel für die jungen Teilnehmer. Es ist eine sichtbare Veranstaltung, die den jungen Schauspielern entgegenkommt. Es ist ein Trampolin, eine Gelegenheit, weiter zu kommen. Mein Ratschlag für sie wäre: ehrlich zu sein und Vertrauen zu haben. Aber vor allem ehrlich und offen zu sein. Ich rate ihnen, den Mut aufzubringen, in den Spiegel zu schauen und sich selber vorzuzeigen. Die direkte Interaktion ist wichtig in allen Kunstbereichen. Das Networking, die Möglichkeit, sich über ein Theaterstück gleich nach der Aufführung zu unterhalten, einen anderen Standpunkt kennenzulernen — das alles ist besonders wichtig.“




    Dieses Jahr wurde die Gala zum 20. Mal organisiert — ein zusätzlicher Grund, zu feiern. Demnach beteiligten sich an der Gala zahlreiche renommierte Schauspieler, Vertreter aller Generationen. Manche von ihnen sind ehemalige Gewinner des Wettbewerbs. Mariana Mihuţ ist eine davon. Die Gala junger Schauspieler habe eine besondere Bedeutung für alle Schauspieler, nicht nur für die jungen, so die renommierte rumänische Schauspielerin:



    Die Gala hat eine gro‎ße Bedeutung für die jungen Schauspieler. Sie ist allerdings nicht weniger relevant für erfahrene Schauspieler, für Schauspieler wie ich, für meine Generation. Es freut uns festzustellen, dass neue Generationen nach uns kommen. Und dass einschlie‎ßlich die rumänische Theatertradition fortgesetzt wird. Ich war höchst gerührt, zu schauen, wie begabt, wie gut vorbereitet die jungen Schauspieler sind. Sicher trifft das nicht für alle zu, doch diejenigen, die an der Gala mitwirkten, waren hervorragend. Sie sind so erwachsen, wirken viel erwachsener als wir in ihrem Alter waren. Sie wissen viel besser, was sie erreichen wollen. Ihre Errungenschaften sind bemerkenswert. Die Interaktion mit prominenten Persönlichkeiten ist diesbezüglich mit Sicherheit hilfreich.“




    Ion Caramitru, der Vorsitzende des Rumänischen Theatervereins UNITER, unterbreitete den Vorschalg, einen Schauspieler-Klub nach dem Vorbild des Actors Studio in New York zu gründen. Dazu Ion Caramitru:



    Ich dachte, es wäre nicht schlecht, einen Klub HOP zu stiften. Einen Klub der Leute, die im Laufe der Zeit an der Gala teilnahmen oder im Rahmen der Gala ausgezeichnet wurden. Denn das ist eine Elite. Wir tauschten uns schon über die mögliche Satzung des Klubs aus, über das Programm, die regelmä‎ßigen Treffen. Unser Verein arbeitet mit Projekten, also sind jedwede Vorschläge willkommen. Ich glaube, es bestehen günstige Voraussetzungen, um so einen Klub zu gründen.“

  • Greenarium – das Treibhaus in Miniatur

    Greenarium – das Treibhaus in Miniatur

    Die Minitreibhäuser offenbaren eine grüne Welt mit einer faszinierenden Geschichte. Vor gut einem Jahr habe man die ersten Schritte am sogenannten Greenarium unternommen, erzählt Anton Balint, einer der Projektgründer.



    Die Greenarium-Story begann vor knapp einem Jahr, eigentlich ging es 2015 an Weihnachten los, als wir unserer Familie und Freunden etwas Besonderes schenken wollten. Wir haben zunächst wild rumexperimentiert und am Ende haben wir angefangen, Terrarien zu basteln. Es sind Pflanzen, die in Glasbehältern wachsen und mit bunten Steinchen verziert werden. Als wir sahen, dass wir damit bei Familie und Freunden Erfolg haben, haben wir beschlossen, uns weiterzuentwickeln. Daraus wurde irgendwie ein kleiner Familienbetrieb, man hat am Anfang sich einen Namen überlegt und die Recherche begonnen. Aus uns sind echte Pflanzenliebhaber geworden, auch wenn wir uns anfangs noch gar nicht dafür interessierten. Mit der Zeit haben wir gelesen, was mit ihnen geschieht, wie sie wachsen und wie sie sich vermehren, wie man sie am besten pflückt und nicht pflückt, so haben wir uns in Pflanzenliebende verwandelt. Nur sind wir nicht sehr pflichtbewusst, wenn es um das Begie‎ßen der Pflanzen geht, von daher wollten wir die Dinge immer möglichst einfach gestalten. Eben deshalb nutzen wir nur Pflanzen, die extrem pflegeleicht sind, bzw. Pflanzen, die gewöhnlich sehr viel Flüssigkeit speichern.“




    Solche Pflanzen müssten nämlich nur alle zwei Wochen begossen werden, dabei reichten zwei Teelöffel Wasser völlig aus. Die Pflanzenart hei‎ßt Sempreviva, übersetzt — ewig lebende Pflanzen, manchmal würden sie auch als Steinblumen bezeichnet, erklärt Greenarium-Mitbegründer Anton Balint.



    Es war relativ einfach damals, wir sind durch die Läden geschlendert, haben uns im Internet schlau gemacht, aber jetzt gehen wir ins Gebirge, um die Pflanzen dort zu pflücken, wo sie wachsen. Die Pflanzenart, die wir in den Bergen pflücken, hei‎ßt Sempreviva. Wir bringen die Pflanzen dann nach Hause, lassen sie wachsen, vermehren sie, und dann werden sie in die Glasgefä‎ße getan. Die Glasgefä‎ße werden von drei Künstlern aus Siebenbürgen manuell gefertigt. Wir haben selbst in ihren Werkstätten rumexperimentiert, das hei‎ßt, wir haben selbst fertige Glaskugeln geblasen, das Fertigprodukt war aber nicht gerade vom Feinsten, deshalb ziehen wir es vor, sie allein arbeiten zu lassen. Dann füllen wir das Innere der Kugeln mit buntem Sand und Kies ab. Die kleinen Steinchen stammen ebenfalls aus unserem Land, irgendwo aus der Banater Gegend. Sie werden mit für die Pflanzen harmlosen Farbstoffen gefärbt. Diese Art von Sand kann auch für Fischaquarien verwendet werden. Danach sammeln wir sie in einer Kugel ein, machen daraus ein schönes Arrangement, ein Erdgemisch, das wir selbst herstellen, damit die Pflanzen sich leicht anpassen. Und dann wird die Pflanze mit grö‎ßter Sorgfalt verpflanzt.“




    Sie hätten sehr viele Farben im Angebot, deshalb hätten die Kunden bei der Bestellung die Qual der Wahl, sagte uns unser Gesprächspartner. Die Steinchen seien entweder besonders klein oder gro‎ß und vierkantig. Man könne sie am Gefä‎ßgrund absetzen, oder ganz oben und überhaupt einfach überall, und auch auf die Erde streuen, als minimalistische Verzierung. Das gesamte Arrangement würde in ein Glasgefä‎ß gelegt, das aber nicht unbedingt eine Kugel sein muss, verrät Anton Balint.



    Neben den Kugeln haben wir noch unterschiedliche geometrische Formen, die wir von A bis Z selber herstellen. Wir nennen sie Geogreenarien, und wir machen dabei alles, vom Glasschneiden bis zur Verpackung. Was macht sie zu einem besonderen Produkt? Wir benutzen die Tiffany-Methode, die bei den Kirchenfenstern angewandt wird, dabei wird das Glas mit Zinn verlötet. Silikonkleber oder andere schädliche Stoffe sind nicht attraktiv für uns, wir bevorzugen sichere Methoden. Und diese Technik wird seit einigen Hundert Jahren eingesetzt, für die Bleiglasfenster in den Kathedralen. Und weil wir sie selbst fertigen, können wir die unterschiedlichsten Formen wählen. Zum Beispiel hatten wir vor kurzem ein Gefä‎ß in Form eines Cabrios. Und in dem Auto haben wir anstatt des Fahrers und Beifahrers jeweils eine kleine Blume gepflanzt.“




    Die Fertigstellung eines derartigen Arrangements kann zwischen zehn Minuten und einigen Stunden dauern, abhängig von der Grö‎ße und Komplexität. Mittelgro‎ße Kugeln von etwa zehn Zentimetern beanspruchen etwa zehn Minuten. An den gro‎ßen Geogreenarien arbeitet man mindestens drei Stunden. Die einfachste Pyramide ebenfalls rund drei Stunden. Und die Preise für ein solches Produkt betragen zwischen umgerechnet 2 Euro und 75 Euro für die 50 cm gro‎ßen Produkte.



    Inzwischen würden die Greenarien auf Märkten in Hermannstadt und anderen rumänischen Städten verkauft. Die Produkte würden zudem nur dem Auftraggeber persönlich geliefert, da die Werke recht fragil seien. Jetzt wollen die Greener auch andere an ihrer Leidenschaft teilhaben lassen, berichtet Anton Balint.



    Wir veranstalten seit November eigene Werkstätten. Freunde von uns betreiben ein Café in Hermannstadt und es war ihre Idee, Werkstätten im Lokal zu organisieren. Bereits beim ersten Treffen war eine überraschend hohe Anzahl von Personen zugegen, es waren 30 Leute, das hätten wir nicht erwartet. Und alle waren begeistert. Für mehr als eine Stunde haben wir Geschichten erzählt, gespielt und waren sehr beeindruckt zu sehen, wie jeder seine Steinchen arrangierte. Was uns noch netter vorkam: Jeder hatte sich anfangs eine Farbe ausgesucht und irgendwann haben sie begonnen, Steinchen untereinander zu tauschen, so dass jeder fünf oder sechs Farben in seiner kleinen Kugel haben konnte. Und seitdem versuchen wir, uns etwa einmal im Monat mit den Leuten zu treffen, die lernen sollen, selbst Greenarien herzustellen.“




    Wo können Greenarien aber aufgestellt werden, wollte unsere Reporterin abschlie‎ßend von den jungen Gründern wissen. Die Greenarien seien praktisch an jedem Platz in einer Wohnung gut aufbewahrt, solange schöne Menschen drum herum lebten. Doch ein gut durchleuchtetes und gelüftetes Zimmer muss es schon sein.

  • „Liebe per Post geliefert“ – die Briefe-Werkstatt

    „Liebe per Post geliefert“ – die Briefe-Werkstatt

    Briefe im Kleinformat, Briefe in versiegelten Umschlägen, Puzzle-Briefe, Briefe im Reagenzglas, Briefe zum Anbauen, in Schachteln verpackte Papyrusbriefe oder Flaschen-Briefe — all das wird an einem Arbeitstag in der Werkstatt für Briefe bewerkstelligt. Zwei junge Damen nahmen sich vor, die älteste schriftliche Kommunikationsform neu zu beleben — den Brief. Demnach boten Sie den Interessenten an, ihre Botschaften schön aufzuschreiben und an den von ihnen angegebenen Empfänger liebevoll zu verschicken. Loredana Munteanu, Mitbegründerin der Initiative livrezdragoste.ro (Atelierul de scrisori“) (dt. Liebe per Post geliefert.ro, die Briefe-Werkstatt), lieferte uns mehr Einzelheiten zur Geschichte des Vorhabens:



    Wir starteten die Initiative im Jahr 2013, aus dem Wunsch heraus, die Kommunikationswege zu vervielfältigen. Wir planten ursprünglich ein dreimonatiges Projekt. Doch es kam sehr gut an, daher entwickelten wir es weiter. Mit der Zeit verwandelte es sich in eine echte Werkstatt zum Briefe schreiben. Wir wollten zeigen, dass die Handschrift nicht am Aussterben ist.“




    Das Ergebnis? Mehrere Hunderte Briefe werden jeden Monat von der Hand geschrieben, erzählte uns Loredana Munteanu. Das Projekt soll erweitert werden. In einem nächsten Schritt werden handgeschriebene Briefe im öffentlichen Raum verteilt:



    Wanderbriefe ist eine Initiative, die mir sehr am Herzen liegt. Es war nämlich meine Idee. Zweck des Vorhabens war, den öffentlichen Raum kreativ zu verwerten. Und wir wünschten uns, ein ehrliches Lächeln ins Gesicht der Fahrgäste zu zaubern. Den ersten Versuch machten wir vor 2 Jahren. Wir verteilten Briefe in der U-Bahn. Die Initiative kam derma‎ßen gut an, dass wir sie ausbauten. Wir verteilten Briefe in Zügen, Stra‎ßenbahnen, im Touristenbus. Vor kurzem, genauer am 22. November, reisten wir zum ersten Mal aus Bukarest hinaus nach Kronstadt (rum. Braşov). Dort verteilten wir 300 Briefe in einem Bus. Wir waren sehr gespannt auf die Reaktion der Fahrgäste. Sie waren entweder neugierig oder eher schüchtern. Manche wussten nicht, was zu tun sei, ob sie den Brief nehmen sollen oder nicht. Obwohl auf dem Umschlag deutlich stand: ‚Nur zu! Mach den Umschlag auf. Du bist der Empfänger des Briefs!‘ Die Kronstädter waren begeistert, kann ich im Nachhinein sagen.“




    Wie die Leute diese Kommunikationsform betrachten, erfuhren wir ebenfalls von Loredana Munteanu:



    Grundsätzlich sind die Menschen beeindruckt davon, dass zwei offenbar verrückte Damen eine klassische Kommunikationsmethode wiederbeleben wollen. Wir legen hohen Wert auf den Charme vergangener Zeiten und schreiben jeden Tag, von der Hand, unzählige Geschichten. Es macht viel Spa‎ß!“




    Was die Zukunftspläne betrifft, vor allem in der Vorweihnachtszeit, erzählte uns Loredana Munteanu Folgendes:



    Wir haben schon viele Anfragen erhalten. Wir werden gefragt, welches das passende Geschenk für die Mutter, den Vater, die Gro‎ßeltern, die Arbeitskollegen, die geliebte Person wäre. Viele Rumänen schreiben uns aus dem Ausland. Sie möchten einen Brief an ihre Lieben verschicken, die im Land zurück geblieben sind. Neuerdings zeigen auch die Unternehmen Interesse für unsere Briefe. Sie wollen sich vom klassischen Weihnachtskorb entfernen und, im Gegenzug, ein paar ehrliche Worte, vom Herzen, niederschreiben. Es ist eine schöne Form, sich bei den Partnern und bei den Mitarbeitern für die erzielten Resultate zu bedanken. Wir haben zwei weitere Reiseziele, die wir bald erreichen werden — die Städte Baia Mare und Iaşi. Danach kommen wir nach Bukarest zurück, wo wir wieder ein Verkehrsmittel mit Briefen dekorieren. Ein Verkehrsmittel, das wir bis jetzt mit unseren Briefen nicht in Anspruch genommen hatten.“



    Dennoch wollte uns unsere Gesprächspartnerin nicht enthüllen, um welches öffentliche Verkehrsmittel es ginge. Es sei eine Überraschung, hie‎ß es. Mir persönlich gefielen die Flaschen-Briefe am besten. Daher forderte ich Loredana Munteanu auf, uns mehr darüber zu erzählen:



    Es sind drei verschiedene Briefarten — der klassische Brief, der Brief in Form eines Cellos und der Brief in Form eines Herzens. Jede Flasche ist schön verziert, entweder mit Lavendel, da wir diesbezüglich viele Anfragen hatten, oder mit einer Weizenähre. Die Weizenähre sei ein Glücksbringer, wird erzählt. Die Botschaften werden auf gewachstem Papier geschrieben. Der Rand des Briefpapiers ist angebrannt, für einen besseren Papiereffekt. Nachdem die Botschaft geschrieben wird, wird das Papier zusammengerollt und in die Flasche gesteckt. Die Flasche wird schön verpackt und mit viel Liebe an den Empfänger verschickt.“




    In einer digitalisierten Zeit kann das Verschicken eines Briefes über die normale Post eine Geste sein, die den feinen Unterschied macht und zum Dialog auffordert. Dazu erweicht es Herzen und es schafft bleibende Erinnerungen.

  • „Auf den Spuren von Mars“ – Ausstellung über Waffenkunst der Antike in Sathmar

    „Auf den Spuren von Mars“ – Ausstellung über Waffenkunst der Antike in Sathmar

    Das älteste keltische Kettenhemd in Rumänien sowie mehrere über 2.500 Jahre alte Waffen, die im Nordwesten Rumäniens entdeckt wurden, sind nun im Landkreismuseum Satu Mare (Sathmar) ausgestellt. Auf den Spuren von Mars. Berühmte Krieger und Handwerker der Antike“ ist eine interaktive Ausstellung. Die Besucher haben die Möglichkeit, sich Waffen aus dem Altertum anzuschauen. Au‎ßerdem umfasst die Ausstellung auch Waffenschmied-Werkstätte, die den Besuchern zeigen, wie die Krieger früher lebten. Felician Pop, der Leiter des Landkreismuseums Satu Mare, schilderte uns die Entstehungsgeschichte der Ausstellung:



    »Auf den Spuren von Mars« ist eine Wanderausstellung. Mehrere Museen in Siebenbürgen haben ihren Beitrag erbracht, damit die Ausstellung zustande kommt. Die Ausstellung zeigt den Besuchern die Waffen, mit denen die Krieger im Altertum auf rumänischem Boden kämpften. Es ist allgemein bekannt, dass Mars als Kriegsgott verehrt wurde. Die im Museum ausgestellten Artefakte sind spektakulär. Darüber hinaus veranschaulichen sie die zeitliche Entwicklung, die die Waffen erfahren haben. Wir wurden auch von unseren Kollegen von »Omnis Barbaria« in Baia Mare bei diesem Unterfangen unterstützt. Demnach stellten wir auch eine Handwerker-Werkstatt für altertümliche Handwerke nach. Eigentlich handelt es sich um die Werkstatt eines Eisenschmieds, der Speere und andere Waffen aus Eisen herstellte. Die Ausstellung erntete gro‎ßen Erfolg. Sie wurde von vielen Schülern besucht, die die Möglichkeit hatten, selber Waffen zu schaffen, so wie sie vor gut 2.000 Jahren erzeugt wurden.“




    Die Ausstellung umfasst 16 Originalteile, allerdings auch mehrere Repliken von frühzeitig verwendeten griechischen, keltischen oder germanischen Waffen. Ein Beispiel dazu ist die keltische Kopfbedeckung in Ciumeşti, ein einmaliger Fund, der nun im Landesmuseum für Geschichte ausgestellt ist. Mehr Einzelheiten dazu bringt der Leiter des Landkreismuseums Satu Mare, Felician Pop:



    In unserem Museum können Speeren, Lanzen, Schutzausrüstungen, Kopfteile besichtigt werden. In Satu Mare wurde die einzige keltische Kopfbedeckung weltweit aufgefunden. Derzeit wird sie im Geschichtsmuseum des Landes ausgestellt. Bei uns im Museum liegt eine Nachstellung vor. Unsere Ausstellung zeigt viele andere Dinge, die uns helfen, einen Blick zurück in die antike Geschichte zu werfen. Somit erfahren wir mehr über die altertümlichen Krieger, die früher hier gelebt haben — damit meine ich die germanischen Volksstämme, allerdings auch die Kelten oder die Römer. Die Ausstellung will den Besuchern eine Menschengruppe näherbringen, die einen besonderen Ruf im Altertum genoss, nämlich die Krieger. Wie allgemein bekannt, wurden vielen von ihnen später göttliche Eigenschaften verliehen.“




    Die Zukunft der Museen hänge von der Interaktion mit dem Publikum ab, meint der Leiter des Landeskreismuseums Satu Mare, Felician Pop:



    Die Museen müssen sich weiter entwickeln. Das Modell verstaubter Regale mit Exponaten ist schon längst überholt. Die Museen müssen sich ändern, interaktiv werden. Die Besucher sollten aufgefordert werden, sich in den Prozessen einzubringen, selber zuzugreifen. Somit nimmt das Interesse der Besucher zu, denn indem sie sich selber einbringen, spüren sie, dass sie ein Teil der Geschichte werden.“




    Die Ausstellung Auf den Spuren von Mars. Berühmte Krieger und Handwerker der Antike“ umfasst wie gesagt mehrere Handwerkerstände. Diese wurden im Hof des Museums eingerichtet. Die Besucher haben demnach die Möglichkeit, zu schauen, wie früher Kettenhemde hergestellt wurden oder wie die Schmieden die Eisenteile in Waffen verwandelten. Wir wollten von unserem Gesprächspartner erfahren, wie die Menschen reagierten, die aufgefordert wurden, mitzumachen:



    Anfangs waren sie einfach neugierig. Sie haben sich schnell auf das Spiel eingelassen. Ich fand es gro‎ßartig, dass die Besucher selber Speere und Lanzen aus Eisen erzeugen konnten. Und das wie vor 2.500 Jahren. Sie waren begeistert. Das Interesse war sehr gro‎ß, manche Besucher blieben mehrere Stunden im Museum, um den ganzen Herstellungsprozess zu verfolgen.“




    Die Ausstellung Auf den Spuren von Mars. Berühmte Krieger und Handwerker der Antike“ kann im Landkreismuseum Satu Mare bis Ende Dezember besichtigt werden. Wo sie danach weiter hingeht, erfahren wir vom Leiter des Museums, Felician Pop:



    Die Ausstellung geht durch alle Landkreis-Hauptstädte im Nordwesten Rumäniens. Nach Satu Mare wird sie in Baia Mare, Oradea, Zalău und Cluj gezeigt. Die Ausstellung ist sehr interessant. Und da sie sich eines so gro‎ßen Erfolges erfreute, wollen wir eine zweite Ausstellung organisieren. Diesmal soll sie die Waffen der Daker vorstellen. Die Folgeausstellung wird von unserem Museum ins Leben gerufen. Satu Mare ist das Gebiet der freien Daker. Dieses Gebiet wurde niemals von den Römern erobert. Demnach bestand hier die dakische Zivilisation mehrere Jahrhunderte fort, gegenüber der römischen Welt.“




    Was künftige Projekte anbelangt, erzählte uns Felician Pop über eine weitere einmalige Ausstellung, die für die Zukunft geplant ist:



    Wir arbeiten an einem weiteren besonderen Projekt. Es hei‎ßt »Omas Topf mit Krautrouladen«. Die Ausstellung wird am 5. Dezember eröffnet. Wir sammelten aus mehreren Museen landesweit Töpfe, in denen rumänische Krautrouladen zubereitet werden, und brachten sie zusammen in einer Ausstellung. Die Besucher werden die Möglichkeit haben, zu schauen, wie die Krautrouladen im Mittelalter zubereitet, was für Zutaten verwendet wurden. Und selbstverständlich werden sie die Krautrouladen auch probieren können. Mancher Geschmack ist mit der Zeit verloren gegangen. Und eben das wollen wir wiederfinden.“




    Der Leiter des Landkreismuseums Satu Mare hofft, dass immer mehr Leute den hohen Wert der Museen erkennen und sich nicht scheuen, sie zu besuchen.

  • Soziale Werkstatt für kaputtes Spielzeug: Die Spielsachen-Klinik

    Soziale Werkstatt für kaputtes Spielzeug: Die Spielsachen-Klinik

    Spielsachen haben ein eigenes Leben. Erinnern Sie sich bitte an den Aufstand missbrauchter Spielsachen in der berühmten TV-Serie Toy Story“. Zumal so etwas vorstellbar war, wird auch eine Spielsachen-Klinik nachvollziehbar. Haben Sie kaputte Spielsachen und möchten sie gerne reparieren lassen? Die einzige Spielsachen-Klinik in Bukarest behandelte bereits mehr als 20 Tonnen Patienten“. Die Spielsachen, die in die Spielsachen-Klinik eingeliefert werden, werden gereinigt, desinfiziert und repariert. Und werden im Nachhinein den Kindern in öffentlichen Kinderheimen geschenkt.



    Das Projekt der Spielsachen-Klinik wurde im März 2013 ins Leben gerufen. Die Initiative erntete Erfolg — sowohl die Spielsachenspender wie selbstverständlich auch die Endnutznie‎ßer hatten ihre Freude daran. Valentin Dinu ist einer der leitenden Spielsachenärzte. Er lieferte uns mehr Einzelheiten über den Betrieb der Spielsachen-Klinik:



    Die Bukarester Stadtverwaltung hatte die Initiative zur Gründung einer Spielsachen-Klinik. Ursprünglich sollte es schlicht ein Sammelzentrum gebrauchter, kaputter Spielsachen werden. Die gesammelten Spielzeuge wollten wir benachteiligten Kindern schenken. Das Projekt startete vor etwa zwei Jahren. Es setzte überhaupt keine Kosten voraus. Alles, was wir benötigten, war ein Lagerraum sowie ein Raum für die Werkstätte, wo die Spielsachen repariert werden sollten. In einem ersten Projektschritt nahmen wir die Spielsachen in Empfang, die aus unterschiedlichen Landesregionen eintrafen. Die Spielsachen erreichten uns auf vielfältige Wege. Wir empfingen sie per Post oder die Leute setzten sie einfach an unserem Sitz ab, manchmal in Säcken. In einem zweiten Schritt organisierten wir die Reparatur-Werkstätte. Wir koordinieren die Tätigkeit der Werkstätte, und unterschiedliche Leute, die unter der Obhut der Generaldirektion für Sozialhilfe stehen, wie z.B. Obdachlose, helfen bei den Reparaturarbeiten mit.“




    Viele Leute machen sich Zeit für die kranken“ Spielsachen. Jedermann, der ein paar Stunden erübrigen kann, darf im Spielsachen-Spital mitwirken. Und auf diesem Wege benachteiligten Kindern eine kleine Freude bereiten. Wir fragten Valentin Dinu, den erfahrensten Spielsachen-Doktor, welchen Behandlungen die Patienten im Laufe der Zeit unterzogen wurden:



    Es gab unterschiedliche Behandlungen. Plüschspielsachen mussten gewaschen oder genäht werden. Manchmal mussten wir etwas kompliziertere Prozeduren anwenden — z.B. einige Teile zusammenkleben. Das war nicht so einfach. Es trafen Pakete aus dem ganzen Land ein. Viele Spielsachen waren in einem fatalen Zustand. Die konnten nicht mehr gerettet werden. Manche von ihnen kamen in ein Spielsachenmuseum, das wir ebenfalls gründeten. Das Spielsachenmuseum befindet sich im Zentrum für frühzeitige Pflege und Bildung »Magischer Regenbogen«. In diesem Museum können die Kinder kostenlos ihren Geburtstag feiern. Wir machen sie allerdings darauf aufmerksam, dass sie beim Weggehen, alles so hinterlassen müssen, wie sie es vorgefunden haben. Damit auch andere Kinder, die nachkommen, ihre Freude an den Spielsachen haben können.“




    Besondere Spielsachen, die nicht mehr repariert werden können, werden im ersten Bukarester Spielsachenmuseum ausgestellt. Uninteressante Spielsachen, die nicht repariert werden können, werden in Einzelteile zerlegt und an Entsorgungsunternehmen geschickt. Am schwierigsten seien mechanische und elektrische Operationen, sagte uns unser Gesprächspartner. Aus diesem Grund suche die Spielsachen-Klinik einen Elektriker, der bereit wäre, dort mitzuhelfen, wo die Fähigkeiten der übrigen Volontäre nicht mehr ausreichen.



    Die beeindruckende Menge an Spendematerial zeigt, dass viele Eltern ihren Kindern immer wieder neue Spielsachen kaufen. Gleichzeitig wollen sie aber auch bedürftigen Kindern entgegen kommen. Viele Spielsachen, die in die Klinik eingeliefert wurden, waren in sehr gutem Zustand und benötigten keine Reparatur, so unser Gesprächspartner. Wir fragten Valentin Dinu, wie die Leute das Projekt wahrgenommen haben:



    Sie haben es als eine schöne Initiative betrachtet. Nachdem die ersten Spielsachen eingetroffen waren und wir sie repariert hatten, organisierten wir verschiedene Veranstaltungen, an denen auch die Empfänger der Spielsachen mitmachten. Wir schenkten die Spielsachen den Kindern, die in unserer Kantine essen. Sie waren sehr begeistert, manche von ihnen hatten bis dahin nie in ihrem Leben ein Spielzeug geschenkt bekommen.“




    Die Spielsachen-Klinik war und bleibt auch weiterhin ein Projekt, das Valentin Dinu sehr am Herzen liegt. Daher seine Aufforderung:



    Falls Sie Spielsachen zu Hause haben, die Sie nicht mehr benutzen, bringen Sie diese zum Sitz der Generaldirektion für Sozialhilfe in Bukarest. Egal in welchem Zustand sie sind. Sie können somit einem Kind, das in benachteiligenden Verhältnissen lebt, eine kleine Freude bereiten.“




    Die Spielsachen-Klinik empfängt ihre Patienten rund um die Uhr, sowohl am Sitz der Generaldirektion für Sozialhilfe in der Foişorului-Str. Nr 56-58 wie auch im Spielsachenmuseum in der Şerban-Vodă-Str. Nr. 48.

  • Laurent Jouault – ein Franzose im Land der Kontraste

    Laurent Jouault – ein Franzose im Land der Kontraste

    Er tauschte eine Traumlandschaft in Frankreich gegen eine ebenso schöne Gegend in Rumänien. Früher wohnte er am Mont Saint Michel (in der Normandie), jetzt lebt er in Moeciu de Sus in den Südkarpaten, zwischen dem Königsstein und dem Bucegi-Gebirge. Laurent Jouault zog vor acht Jahren zu seiner heutigen Frau, einer gebürtigen Rumänin.



    So führt dich das Leben… das Schicksal. Es wollte, dass ich eines Tages meinen Arbeitsplatz in Frankreich aufgab und nach Rumänien zog. Ich war zum ersten Mal 1997 hier. Ich bin anschlie‎ßend regelmä‎ßig hin und her gependelt, um mich schlie‎ßlich endgültig hier nieder zu lassen. In meiner Heimat leitete ich ein Jugendheim. Ich war als Sozial- und Kulturarbeiter mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Ich plante diverse Tätigkeiten, Ausflüge, kurzum: auf sie zugeschnittene Projekte. So kam es auch zu meiner ersten Rumänien-Reise: Es war ein Erfahrungsaustausch zwischen französischen und rumänischen Jugendlichen. Nachdem ich nach Moeciu übergesiedelt war, übte ich dieselbe Tätigkeit wie in Frankreich aus. Dort leitete ich unter anderem einschlie‎ßlich eine Fotowerkstatt, also habe ich genau das weitergemacht, was ich am besten konnte: Ich bin Fotograf.“




    Der Franzose aus Moeciu de Sus hat inmitten der Karpaten-Idylle die ehemalige Schreinerwerkstatt des Gro‎ßvaters seiner Ehefrau umgewandelt. Hier lie‎ß er eine Art Museum oder Galerie einrichten, in der die Geschichte der Fotografie und insbesondere der Filmfotografie entdeckt werden kann. Das Ganze nannte Jouault Die Bilderhütte“. Dafür gibt es einen besonderen Eintrag auf seinem Blog, am 16. Juli 2011: An diesem Tag kamen Freunde und Nachbarn aus Moeciu, der Nachbarstadt Râşnov, aber auch aus der Normandie, um der offiziellen Einweihung der Hütte beizuwohnen. Einen Ausstellungsraum in einem abgelegenen Dorf am Fu‎ße der Karpaten zu eröffnen, mag sich als verrücktes Unterfangen angehört haben, erzählt der Franzose. Und dennoch:



    Es ist ein Raum für das Publikum, es ist eine Ausstellung und ein Museum der alten Fototechnik zugleich. Da ich mit dieser Technik noch arbeite, stelle ich hier meine Arbeiten aus. Zum Glück wohne ich in einem durchaus touristischen Dorf, das hei‎ßt, es kommen regelmä‎ßig Leute an den Wochenenden hierher. Dank der Bilderhütte lerne ich also viele Menschen kennen. Im Dorf selbst ist mein Museum zu einer Art Sehenswürdigkeit geworden, sowohl für Einheimische als auch für Touristen. Und das war auch meine ursprüngliche Absicht: Ich wollte eine Begegnungsstätte schaffen, ein Ort der Entdeckungen, der Offenheit gegenüber der Au‎ßenwelt, an dem ich hin und wieder Arbeiten anderer Künstler ausstellen oder mich mit ihnen über die alte Fototechnik austauschen kann.“




    Wenn man im Ausland lebt, fühlt man sich irgendwie doch fremd im Adoptionsland, egal wie gut die Integration geklappt hat. Laurent Jouault hat allerdings eine in Moeciu geborene Ehefrau, die ihm die Anpassung leicht gemacht hat.



    Die Einweihung der Bilderhütte hat mir ermöglicht, viele der Dorfbewohner kennenzulernen, so konnte ich viele Freundschaften schlie‎ßen. Au‎ßerdem bin ich nicht der einzige Ausländer in Moeciu, hier leben noch ein Spanier und eine Deutsche, also gibt es schon einige Zugezogene hier. Sicher, es ist schwer, weit weg von der Heimat zu leben. Es gibt Momente, in denen man weg möchte, auch wenn es nur für einen Abend, ein Wochenende oder eine ganze Woche sein sollte. Sonst komme ich sehr gut mit der rumänischen Sprache aus, auch wenn ich Fehler mache, bekomme ich Komplimente von den Besuchern, die so tun, als ob sie überrascht wären, dass ich kein Rumäne bin.“




    Moeciu ist für viele Rumänen der klassische Urlaubsort, in dem man Spa‎ß haben und sich erholen kann. Die Umgebung, die frische, ozonreiche Luft, die spannenden Wanderwege in den umliegenden Bergen, die Reiseziele, aber auch die kleinen Siedlungen an den steilen Hängen machen die Gegend zu einem Stückchen rumänischen Paradies. Hier zu wohnen, ist eine Gelegenheit an sich. Jouault hat sich allerdings nicht auf die Region beschränkt, in der er seit acht Jahren wohnt. Er hat auch andere Regionen in Rumänien besucht — die Maramuresch im Norden, die Bukowina im Nordosten oder das Donaudelta im Südosten. Für ihn sei es eine gute Möglichkeit gewesen, sein Fotomaterial aufzustocken und sich auch ein gedankliches Rumänien-Bild zu schaffen.



    Es ist eines voller Kontraste, das zeichnet Rumänien in meinen Augen am besten aus. Es ist der Kontrast zwischen den Verkehrsteilnehmern in Geländewagen mit Allrandantrieb und denen auf den Pferdewagen… Der Kontrast zwischen den Menschen, die Handys der neuesten Generation haben, und denjenigen, denen es ziemlich schlecht geht… Es herrscht eine Art Dynamik, aber auch eine Ungewissheit über den morgigen Tag.“




    Für Laurent Jouault ist die Fotografie ein Synonym für Begegnung. Ergänzend könnte man sagen, dass es die Begegnung zwischen einem Franzosen und seinem Adoptionsland Rumänien ist. Ein Land, das er nicht mittels der von Medien verbreiteten Klischees, sondern durch die Linse seines Fotoapparates stets neu entdeckt.

  • Agatonia-Schule: Traditionelle Handwerke neu erlernt

    Agatonia-Schule: Traditionelle Handwerke neu erlernt

    Der moderne Schulunterricht sieht es als Priorität vor, dass die Schulen mit Computern ausgestattet werden und die Schüler Internet-Zugang bekommen, damit alle mit Höchstgeschwindigkeit über das Weltgeschehen auf dem Laufenden bleiben. Und doch werden in einer Dorfschule in der Gemeinde Piscu, Landkreis Ilfov, die Kinder und auch die Erwachsenen ermuntert, alte, traditionelle Handwerke wieder zu entdecken und den lokalen Kulturschatz kennenzulernen. Adriana Scripcariu, die Leiterin der Schule Agatonia und des Vereins Gaspar, Baltasar und Melchior“, gibt uns mehr Details über die Schule Agatonia, in der Ortschaft Piscu, im Südosten Rumäniens:



    Die Schule Agatonia bietet mehrere Perspektiven auf den Unterricht. Einerseits handelt es sich um eine ordentliche Grundschule, in der wir die normalen schulischen Aktivitäten durchführen. Andererseits ist das Spezifikum unserer Schule, dass wir Aktivitäten fördern, die in Verbindung zum Kulturschatz Rumäniens stehen. Auch in unseren normalen Lehrstunden bringen wir immer Informationen zu diesem Thema. Im Rahmen unserer praktischen Aktivitäten erfahren die Kinder mehr über die Geschichte unserer Ortschaft, sie lernen traditionelle Handwerke wie z.B. das Weben am Webstuhl. In den letzten Jahren haben wir auch mehrere Lehrbücher über den Kulturschatz unserer Region erarbeitet, und wir sind der Ansicht, dass jeder Landkreis ein solches Kulturschatz-Lehrbuch haben sollte. Bis jetzt haben wir zwei Lehrbücher herausgegeben, über die Landkreise Ilfov und Braşov. Das sind interdisziplinäre Lehrmaterialien — sie enthalten Volksliteratur, Informationen über traditionelle Handwerke, Informationen über Bräuche, Traditionen, religiöse Feiertage, so dass die Kinder in der Welt der Kulturwerte, die sie umgeben, besser verankert sind. Unsere Agatonia-Schule in Piscu steht allen offen — viele Kinder- und Erwachsenengruppen aus ganz Rumänien kommen zu uns, um mehr über unseren Kulturschatz zu erfahren und verschiedene traditionelle Handwerke zu erlernen.“




    Der Zweck der Agatonia-Schule ist die Erziehung der jungen Generationen, die das kulturelle Erbe ihrer Vorfahren kennenlernen, verwerten und weitergeben sollten. Als sie die Grundlagen dieser Schuleinrichtung legten wussten Adriana Scripcariu und ihr Ehemann, der Bildhauer Virgil Scripcariu, noch nicht, was sie damit erreichen würden. Adriana Scripcariu:



    Ich kann nicht sagen, dass wir einen genauen Plan hatten; ganz langsam, Schritt für Schritt haben wir dieses Projekt entwickelt. Wichtig war, dass wir uns in einem Dorf niedergelassen haben, wo die alten Traditionen und Bräuche aufbewahrt wurden. Ich habe Kunstgeschichte studiert, mein Ehemann ist Bildhauer, wir entdeckten den Kulturschatz dieses Dorfes, und weil wir auch Kinder haben, wollten wir kulturelle Aktivitäten für alle Dorfkinder initiieren. Im Laufe der Zeit wurde uns klar, wie attraktiv diese Themen sein können, wenn man sich bemüht, sie den Kindern auf interessante, spannende Weise zu präsentieren. Wir haben auch Gruppen aus anderen Ortschaften zu unseren Aktionen eingeladen; die Leute sind hierher gekommen und wir haben wunderbare Stunden zusammengebracht. Wir hoffen, dass die Teilnehmer jetzt die traditionellen Handwerke besser kennen und schätzen.“




    Am Vormittag funktioniert die Agatonia-Schule wie eine ganz normale Grundschule für die Dorfkinder. Am Nachmittag öffnet die Schule ihre Tore für mehr Kinder, in verschiedenen Altersstufen. Es werden interdisziplinäre Aktivitäten durchgeführt, zu spezifischen Themen des rumänischen Kulturschatzes, aber auch zu Themen der Allgemeinbildung im breiteren Sinne. Alle Aktivitäten am Vor- und Nachmittag werden den Kindern aus dem Dorf Piscu kostenlos angeboten. Die Schule Agatonia organisiert regelmä‎ßig, auf Anforderung, gegen bescheidene Summen, weitere Aktivitäten für andere Gruppen von Kindern und Erwachsenen, die an den vorgeschlagenen Projekten teilnehmen möchten — es handelt sich um Workshops zum Erlernen von traditionellen Handwerken oder zum Kennenlernen des lokalen Kulturschatzes. Mit den dafür bezahlten Beiträgen unterstützen diese Gruppen die tägliche Aktivität der Schule. Auf diese Weise sichert der Verein seine Selbstfinanzierung. Wer sind aber die Gäste, die an den Aktionen der Agatonia-Schule teilnehmen? Adriana Scripcariu:



    Unsere Gäste gehören allen Altersgruppen an, vom Kindergarten bis zu Erwachsenen von wichtigen Einrichtungen oder Unternehmen, die hierher kommen, um Teambuilding-Aktivitäten zu machen. Sehr beliebt ist unsere Töpferei-Werkstatt — sie ist typisch für unseren Dorf, der eine uralte Töpferei-Tradition hat. In Piscu können die Gäste auch ihr eigenes Essgeschirr anfertigen und selbst dekorieren. Die Erwachsenen, die uns besuchen, entdecken Keramikgegenstände, gewebte Teppiche und viele andere Objekte, die sie in die Welt ihrer Kindheit zurückversetzen. Das ist eine besondere Erfahrung für jeden von uns, weil unsere Gro‎ßeltern auf dem Lande lebten, und diese Kindheitserinnerungen uns allen sehr lieb und teuer sind. Neben der Töpferei-Werkstatt haben wir auch Bildhauerei-Aktivitäten. In unserer Relief-Werkstatt können unsere Gäste selbst Plastiken aus Ton modellieren. In einigen Stunden können die Teilnehmer versuchen, unter Anleitung des Bildhauers aus Ton einen Gegenstand oder sogar ein Porträt nach einem lebendigen Modell anzufertigen. Diese Erfahrungen sind relativ selten für die modernen Stadtbewohner, und deshalb kommen die Leute gern zu uns. Im Rahmen eines einzigen Besuches können wir mehrere Workshops verbinden, z.B. Relief mit Töpferei und Weben, oder Porträt-Modellieren mit Töpferei, oder aber Malerei auf Keramikgegenständen kombiniert mit Linolschnitt. Wir bieten verschiedene Workshop-Kombinationen an, nach den Wünschen unserer Gäste.“




    Mehr Informationen über die Aktivität der Agatonia-Schule und des Vereins Gaspar, Baltasar und Melchior“ im Dorf Piscu finden Sie auf der Internetseite www.piscu.ro.

  • Erinnerungen an Brâncuşi

    Erinnerungen an Brâncuşi

    Constantin Brâncuşi ist wahrscheinlich der weltweit bekannteste rumänische Künstler. Kein anderer Rumäne hat so viele Auszeichnungen bekommen. Brâncuşi ist einer der wichtigsten Künstler aller Zeiten.



    Constantin Brâncuşi selbst liebte jedoch nicht die Berühmtheit. Im Gegenteil. Er war ein asketischer Mann, vertieft in seiner Kunst und ziemlich zurückhaltend in der Beziehung zu den Menschen und zu den Medien. Deshalb gibt es auch keine aufgenommenen Interviews mit ihm. Filmaufnahmen mit ihm gibt es wenige. Brâncuşi lebte aber in den Erinnerungen derer weiter, die ihn gekannt haben. Einige dieser Menschen wurden vom Zentrum für mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks interviewt. Das Zentrum ist zudem im Besitz einiger Aufnahmen aus anderen Archiven.



    Der Kunstkritiker George Oprescu hat Brâncuşi kennengelernt. 1963 berichtete er dem Rumänischen Rundfunk über seine beiden Treffen mit Brâncuşi. Das erste Treffen fand nach dem 1. Weltkrieg, in der Werkstatt des Künstlers in Paris, auf der Impasse-Ronsin-Stra‎ße, statt. Hier lebte der Künstler ein halbes Jahrhundert, von 1907 bis zu seinem Tod 1957.



    Die Werkstatt von Impasse Ronsin, sehr gro‎ß, war mit alten Holzbalken gefüllt. Manche waren 50-60 cm breit und ein paar Meter lang. Sie waren aus einem Dorf aus der Bretagne, in dem mehrere Häuser abgerissen wurden, gebracht worden. Diese Holzbalken warteten auf die geschickte Hand des Künstlers. Du dachtest, du befindest dich in einer unterirdischen Höhle, in der ein Zyklop aus Holz Sachen schuf, die die Welt entzückte. Zu der Zeit hatte ich eine Leidenschaft für Wagner und für die wagnersche Mythologie, nichts schien mir fremd.“



    1937 reiste Oprescu wieder nach Paris und besuchte erneut den Künstler in seiner Werkstatt.



    Diesmal waren es nicht die riesigen Holzbalken, die in der Werkstatt für einen besonderen Anblick sorgten. Brâncuşi arbeitete in dieser Periode mit Stein und poliertem Metall. Solche Werke, die auf mobilen Plattformen standen und die von elektrischen Mechanismen in Bewegung gesetzt wurden, überraschten mich und nicht gerade positiv. Es folgte ein Essen, das vom Künstler vorbereitet wurde, und ein Gespräch über das, was ich sah. Die Diskussion dauerte mindestens zwei Stunden. Was bei ihm verblüffend war, daran erinnerte ich mich von meinem ersten Treffen mit ihm, war seine rustikale Vornehmheit, die Anmut seiner Bewegungen, sein starker Körper, auch wenn er eher kleinwüchsig war. Die Augen waren unglaublich. Klein, aber flink, mal lächelnd, mal ernst, mal ironisch, aber nicht übertrieben, wechselhaft. Es reichte aus, um dir seinen Seelenzustand zu übertragen. Er sprach langsam, klar, durchdacht. An dem Abend herrschte um ihn die Gelassenheit des Künstlers, der letzten Endes die oberste Wahrheit der Kunst erreicht hat.“




    Dyspré Paleolog war während des Zweiten Weltkriegs Journalist bei Radio Rumänien. Nach der sowjetischen Besatzung flüchtete er nach Paris. Als Student begann er Brâncuşi, einen Studienkollegen seines Vaters, zu besuchen.



    Er fühlte sich mit meinem Vater stark verbunden. Ihre Studienzeit hatten sie zusammen verbracht und sie waren enge Freunde. Mein Vater war ein Exeget von Brâncuşi, er hat die ersten Bücher über ihn geschrieben, 4-5 Bücher waren es, das letzte habe ich auf Französisch selbst verlegt. Es hat im Kulturleben in Paris für Aufruhr gesorgt und wurde von Spezialisten sehr geschätzt. Brâncuşi bot seine Freundschaft einem verhungernden jungen Studenten an, der versuchte, sich in Frankreich ein Leben aufzubauen. Er sagte mir: ‚Junge, sei klug, halte Abstand von der rumänischen Botschaft‘. Brâncuşi hat mich 5-6mal empfangen, wegen des Studiums und wegen der Freundschaft zu meinem Vater. Ich habe mit ihm sehr interessante Diskussionen geführt. Brâncuşi hatte wenig Kontakt zu Rumänen. Er hielt Abstand von der rumänischen Kolonie. Diese, wie auch die anderen Gemeinschaften, erlebte eine Periode der Neuanpassung und war gespalten: Es hier Menschen, die sich für Antikommunisten erklärten, andere, die eher demokratisch waren, und die Linksorientierten. Sehr wenige waren eifrige Kommunisten. Wie Brâncuşi hielt auch ich Abstand von den rumänischen Aussieldern.“




    Der Offizier und Professor Virgil Coifan erinnerte sich an ein Fest von 1938 in der Stadt Târgu Jiu. Damit verbunden ist auch eine Anekdote über die Entstehung des monumentalen Skulpturen-Ensembles von Brâncuşi im heutigen Stadtpark von Târgu Jiu:



    Wir gingen in den Park in Târgu Jiu und warteten auf den Präfekten. Der Leiter der Grundschule in Tismana, Chiţiba, traf Brâncuşi und unterhielt sich mit ihm. Ich wei‎ß nicht mehr, ob sie Verwandte oder gute Freunde waren. Er sagte Brâncuşi: ‚Unsere Leute hier im Landkreis Gorj meinen, du hättest dich mit diesen Werken über sie lustig gemacht!‘ Und Brâncuşi antwortete: ‚Das sagen die Feinde von Tătărescu.‘ Und er erklärte, die Familie Tătărescu hätte ihm bei der Arbeit sehr geholfen. Aretia Tătărescu wäre diejenige gewesen, die darauf bestanden hätte, dass er ein Monument schafft.“




    Es kommt nicht selten vor, dass Künstler von ihren Zeitgenossen nicht verstanden werden. Das aber vermindert nicht ihren Wert, im Gegenteil.



    Audiobeitrag hören:



  • Kino-Werkstätten für Kinder

    Kino-Werkstätten für Kinder

    Der Film ist die populärste Kunstform, dennoch ist sie in einem Kinderleben am seltensten präsent. Das Angebot der Kinos beschränkt sich leider auf die Liste mit den neueren Zeichentrick- und Unterhaltungsfilmen, die Fernsehsender haben keine Sonderprogramme für Kinder, die sich auf das Kino und die visuellen Künste beziehen, und die Schulen haben in ihren Lehrplänen keine Stunden für die Filmbildung vorgesehen.“ So erklärt die Journalistin und Filmkritikerin Ileana Bârsan, wie sie auf die Idee kam, Kino-Werkstätten für Kinder im Alter zwischen 7 und 14 Jahren zu organisieren.



    Zudem ist es für Ileana Bârsan nicht die erste Erfahrung dieser Art. Sie beteiligte sich als Trainerin am Projekt L’éducation à l’image“ (Ausbildung durch Bilder) der Französischen Botschaft in Bukarest, in Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Next“ und der französischen Filmemacherin Vanina Vignal. Der Startschuss in dem bis dahin beispiellosen Projekt fiel 2009 — als Erfolg konnte die Tatsache gewertet werden, dass man den Schülern der Oberstufe das Kino näherbringen konnte, mit Hilfe von Filmvorführungen und Debatten zu den Werken, die die Geschichte der siebten Kunst mitgeprägt haben. Ein weiteres Programm, das Ileana Bârsan am Herzen liegt, hei‎ßt EducaTIFF, mit Anlehnung an das Akronym des Internationalen Filmfestivals Transilvania, unter dessen Schirm es gegründet wurde. Ursprünglich hie‎ß es Programm für die Medien- und Filmbildung. Die Filmkritikerin erinnert sich, dass damals auch die ersten Gedanken über die Werkstätten entstanden.



    Da ich seit einigen Jahren über Filme schreibe, habe ich irgendwann bemerkt, dass die Kinokritik langsam verkümmerte, und dann dachte ich, dass es kaum noch Menschen gibt, mit denen man sich über diese Kunstform unterhalten kann. Die Filmkritik hat aber zurzeit nicht nur in Rumänien kein gutes Ansehen, es ist ein recht verbreitetes Phänomen. Zudem sind die Zeitschriften, in denen ich meine Kinokritiken hätte veröffentlichen können, vom Markt verschwunden und die Zuschauer bleiben den Kinos fern. Ich meine damit, dass wir bei 200.000 Kinobesuchern eines Films von einem Glücksfall reden können. Ich bin also zum Schluss gekommen, dass das Publikum irgendwie ausgebildet werden sollte. Sicherlich ist das ein langfristig angelegter Plan, es geht schlie‎ßlich um Kinder, die sich erst jetzt solche Filme ansehen, bei denen erst jetzt dieses Interesse an einer alternativen Erzählform geweckt werden soll und die versuchen sollten, die erzählten Geschichten aus Sicht der eigenen Erfahrungen zu verstehen. Ich war der Ansicht, dass diese Werkstätten eine Lösung bieten könnten, die Ausbildung von Zuschauern, die das Kino auch als Alternative zu den üblichen Erzählformen sehen und die Korrelationen zwischen dem Kino und den anderen Künsten ableiten können.“




    Wir fragten Ileana Bârsan, wie der Ablauf einer Kinowerkstatt überhaupt aussieht.



    Das einführende Modul erstreckt sich über fünf Wochen, mit jeweils einer Sitzung am Wochenende. Die Filmvorführung und die anschlie‎ßende Diskussion dauern etwa zwei Stunden. In dem einführenden Modul stelle ich den Kindern Filmausschnitte vor, die nicht länger als zehn Minuten sind. Und sie versuchen, die Bilder in Bewegung zu verstehen, das Schauspiel, die Rolle der Regiearbeit, der Lichtverhältnisse, praktisch das ABC des Kinos. Wir vermitteln überhaupt keine theoretischen Inhalte, sie entdecken alles selbst bei den Filmvorführungen, wie die Geschichte aufgebaut ist, wie eine Einstellung entsteht, welchen Einfluss der Schauspieler und der Regisseur haben, wieviel von dem letzteren überaupt in dem Film sichtbar ist. Ebenfalls in dem ersten Modul entdecken die Kinder auch die Schnitt-Technik, ausgehend von einem Photo, kommen sie beim Kino und dem Bildschnitt an. Ich kann behaupten, dass sie sehr glücklich waren, als sie entdeckten, dass auch sie imstande sind, in Bildern zu denken.“




    Den Kinowerkstätten, die von der Journalistin und Filmkritikerin Ileana Bârsan veranstaltet werden, liegt auch eine weniger berufsbezogene Erfahrung zugrunde.



    Ich wurde mir ihres Nutzens bewusst, als ich meine eigenen Kinder anschaute, vor allem meine ältere Tochter, die fast 13 Jahre alt ist. Das Kino ist ein sehr effizientes und schnelles Kommunikationsmittel, man reagiert fast sofort beim Anschauen eines Films, und so entsteht eine Idee, ein Dilemma. Und bei den Kindern ist es nicht nur eine unmittelbare Reaktion, sondern auch eine ehrliche Reaktion, sie drücken ohne Umwege das aus, was sie bei der Begegnung mit einer Geschichte fühlen. Jenseits der Tatsache, dass man etwas über die Filmgeschichte erfährt, stimulieren diese Kurse die Kreativität der Kinder. Sie kommen sofort mit eigenen Ideen, sie analysieren, was sie auf dem Bildschirm sehen, kommen mit weiteren Varianten, eine Debatte entsteht und am Ende beginnen sie sich selbst zu hinterfragen. Und das ist sehr wichtig.“




    Von den Fotografien zu bewegten Bildern. Erinnerung, Phantasie und Erzählung. Wozu sind die Filme gut?“ und Regisseur, Erzähler, Figur, Zuschauer. Wer erzählt die Geschichte und was folgt? Wie war der Film?“ — sind nur einige der Fragen, die die Filmkritikerin Ileana Bârsan ihren kleinen Kursteilnehmern stellt.



    Audiobeitrag hören: