Tag: Wurst

  • Worschtkoschtprob – Kulinarisches made in Banat

    Worschtkoschtprob – Kulinarisches made in Banat

    Die Banater Zeitung hat auch im Januar 2015 ihre traditionelle Wurstverkostung veranstaltet. Der Ort des Geschehens war diesmal das Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus in Temeswar. Über 60 Wurstsorten traten im Wettbewerb gegeneinander an. Industrielle sowie hausgemachte Würste made in Banat“ wurden von einer Jury benotet und am Ende der zweistündigen Veranstaltung wurde die Beste Banater Wurst“ ermittelt. Siegfried Thiel, Redakteur bei der Allgemeinen Deutschen Zeitung in Temeswar, spricht über die Tradition dieses Festivals, das die 24. Auflage erreicht hat:




    Die »Worschtkoschtprob« wurde zur Zeit des Sozialismus, in den 1970er Jahren, von der Redaktion der Banater Zeitung gestartet. Damals war es eine interne Veranstaltung. In der Zeitung wurden die Leser aufgefordert, ihre hausgemachten Würste einzureichen. Die Redaktion bewertete sie, und schlie‎ßlich wählte man die beste Wurst des Jahres aus. Die Veranstaltung wurde in den 1980er Jahren eingestellt, weil sie als etwas subversiv galt. Den damaligen Behörden war es nicht ganz geheuer, dass die Mitglieder einer Volksminderheit in einer Redaktion zusammenkamen und feierten. Und man muss auch die damalige wirtschaftliche Situation bedenken: Das Fest der Banater Zeitung war eine Wurstverkostung, die Redakteure und die Leser kamen mit ihren eigenen hausgemachten Würsten, mit Wein und Tzuika (Pflaumenschnaps), aber in den Lebensmittelgeschäften gab es so gut wie nichts zu kaufen. Es war ein Affront gegenüber der damaligen wirtschaftlichen Lage. Nach der Wende, im Jahr 1994, hat die Banater Zeitung die Idee wiederaufgenommen und daraus eine öffentliche Veranstaltung gemacht. Bis 2012 fand die Wurstverkostung stets in Temeswar, im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus statt. Die Redaktion hat beschlossen, die »Worschtkoschtprob« zu ihren Lesern zu bringen und daraus ein regionales Fest gemacht. In Gro‎ßsanktnikolaus/Sânnicolau Mare, Lugoj/Lugosch sowie in der Arader Kleinsstadt Sanktanna/Sântana wurde die »Worschtkoschtprob« in den letzten Jahren veranstaltet. Nach einer dreijährigen Pause, sind wir jetzt wieder in Temeswar. Unsere Worschtkoschtprob ist sehr beliebt — wenn die Redaktion im Dezember nichts darüber schreibt, rufen uns die Leute an, um sich darüber zu erkundigen.“




    Es steckt eine Heidenarbeit hinter der Vorbereitung der nur zweistündigen Wurstverkostung der Banater Zeitung. Einen Tag vor der Worschtkoschtprob“ gehen die Redakteure auf den Markt und kaufen sämtliche Industriewürste ein, die sie auftreiben können. Dabei ist Vielfalt besonders wichtig: Es wird geschaut, gefühlt und gekostet. Jeder der vier Redakteure, die am Vortag der Veranstaltung zu Einkäufern delegiert werden, mag seine Wurst anders. Manche essen gerne stark gewürzt und besonders scharf. Andere mögen es eher mild. Die verschiedenen Geschmäcker helfen, eine differenzierte Auswahl zu treffen. Am Ende haben sie fast 40 Wurstsorten, hergestellt in den verschiedensten Ecken des Banats. Die Stars der Worschtkoschtprob 2015 waren die geräucherten und die pikanten Würste aus Schweinefleisch, Schweine- und Rindfleisch-Mischung und aus Hammelfleisch. Die Jury hat beschlossen, dass die beste hausgemachte Wurst in der Ortschaft Knees/Satchinez aus einer Mischung von Schweine- und Kalbfleisch hergestellt wird. Sigfried Thiel:



    Dieses Jahr hatten wir 30 hausgemachte und 35 industrielle Würste zu bewerten. Bei den Wurstspezialitäten aus dem Handel machen wir eine Evaluierung und vergeben Diplome. Die grö‎ßten Überraschungen findet man nicht bei den industriellen Würsten sondern bei den hausgemachten. Schon Tage zuvor kamen private Hersteller, um ein Paar ihrer Würste für den Wettbewerb einzuschreiben. Für sie ist der Preis eine besondere Ehre. Darum haben manche Stammteilnehmer in den letzten Jahren lange Fahrten auf sich genommen, um an der »Worschtkoschtprob« teilzunehmen. Die hausgemachten Würste werden von den Jurymitgliedern probiert und benotet, die Punkte werden dann zusammengerechnet. Man wei‎ß bis zur letzten Sekunde nicht, wer gewinnen wird. Der Gewinner war dieses Jahr Timotei Ţintoi aus Knees/Satchinez; den zweiten Platz belegte Mircea Pascu aus Temeswar, und dritter wurde Eduard Kling, der aus der Ortschaft Cenari, Kreis Timiş, stammt. Eduard Kling lebt seit 25 Jahren in Deutschland, und nachdem er über unsere »Worschtkoschtprob« gelesen hatte, wollte er unbedingt mitmachen.“




    Der Gewinner der Auflage 2015, Timotei Ţintoi, stammt aus einer Metzgerfamilie ab und hat die letzten drei Jahre hintereinander die Worschtkoschtprob“ gewonnen. Der 53-jährige pensionierte Metzger verwendete traditionelle Wurstrezepte, die er von seinem Vater und Gro‎ßvater geerbt hatte. Platz 1 ging dieses Jahr an seine Banater Wurst aus reinem Schweinefleisch; mit einer anderen Wurstspezialität aus Schweine- und Kalbfleisch belegte er einen dritten Platz. Damit steht für Timotei Ţintoi fest, dass er der beste Wursthersteller des Banats ist. Die Siegerwurst widmete er seinem Gro‎ßvater. Das Erfolgsrezept von Timotei Ţintoi lautet: Das Schwein soll man auf dem Bauernhof züchten, das Fleisch soll ganz frisch und der Mensch recht hungrig sein.“



    Abgesehen von der Verkostung leckerer Würste ist die Worschtkoschtprob“ auch eine willkommene Gelegenheit, mit den Lesern der Banater Zeitung zusammenzukommen. Siegfried Thiel:



    Auch am Anfang, vor der Wende, war das Beisammensein die wichtigste Idee unseres Treffens. Jede Zeitung feiert einmal im Jahr ein Treffen mit ihren Lesern, Freunden, Sponsoren und Geschäftspartnern. Der Gründungstag der Banater Zeitung ist der 10. November, aber am 10. November gibt es noch keine Würste. Deshalb verlegten wir unsere Feier auf den letzten Donnerstag im Januar. So bringen wir zwei schöne Sachen zusammen: den Geburtstag unserer Zeitung und die Aufbewahrung der lokalen schwäbischen Traditionen. Viele Banater haben seit vielen Jahren keine hausgemachte Wurst mehr hergestellt, aber jetzt machen sie doch ein paar Würste, um an dieser Veranstaltung teilzunehmen, um dabei zu sein. Auf diese Weise spricht man mehr über die Banater Zeitung und wir tun auch etwas, um die schwäbischen Traditionen am Leben zu erhalten. Für die Banater Schwaben waren das Züchten und Schlachten eines Schweines sowie die Herstellung von Würsten und anderen Schweinefleischspezialitäten immer sehr wichtig. Je grö‎ßer das Schwein, desto reicher der Bauer — so war es immer bei uns, und so ist es auch heute.“

  • Traditionelle Festtagsgerichte: Slowfood oder Globalisierung?

    Traditionelle Festtagsgerichte: Slowfood oder Globalisierung?

    Die Winter-Festtage wie auch andere Festtage sind der Erholung, der Familie, aber auch dem Feiern gewidmet. Natürlich gehört Essen und Trinken dazu. Für die Rumänen bedeutet das der Genuss von traditionellen Gerichten wie Sauerkrautwickel, Würste, Sülze und Christstollen, begleitet von guten rumänischen Weinen. Inwieweit sind aber diese Speisen noch traditionell in einer globalisierten Welt? Stammen diese aus der lokalen Landwirtschaft oder Lebensmittelindistrie? Fördert der Kosum von Sauerkrautwickeln und Christstollen die Entwicklung der lokalen Fleisch- oder Mehl-Produktion?



    Daran dachten mit Sicherheit die Initiatoren der sogenannten Slowfood-Bewegung. Diese Bewegung widersetzt sich den vorverpackten Lebensmitteln, die in Eile verzehrt werden. Die Slowfood-Bewegung entstand 1986 in Italien und fördert eine Alternative zur Lebensmittelindustrie. Sie hat als Ziel die Unterstützung der traditionellen und lokalen Gerichte. Inwieweit die rumänischen weihnachtlichen Sauerkrautwickel und Christstollen noch lokal sind, sagt uns Tiberiu Cazacioc, Vertreter der Slowfood-Bewegung in Rumänien:



    Es mag für einige seltsam erscheinen, aber für die Slowfood-Philosophie ist es interessant und wichtig, die Lebensmittelkette zu betrachten, um zu sehen, ob ein Ei aus einem Haushalt, von einer mit Körnern gefütterten Henne stammt. Letzten Endes gehören diese aus der lokalen Wirtschaft stammenden Zutaten zum lokalen Spezifikum. Wir sprechen von traditionellen Gerichten, aber für die Sauerkrautwickel benutzen wir nicht rumänisches Schweinefleisch, sondern importiertes Fleisch. Das Produkt hei‎ßt Sauerkrautwickel, entspricht aber nicht mehr der Slowfood-Philosophie. Laut dieser muss man versuchen, mit lokalen Produkten zu kochen. Wenn die Produkte importiert wurden und aus anderen Landwirtschaften stammen, können wir nicht mehr von lokalem Spezifikum sprechen.“



    In Gro‎ßstädten wie Bukarest, aber auch in kleineren Städten, wurden in den letzten Jahren Filialen einiger internationaler Supermarkt-Ketten geöffnet. Folglich ist es schwer, lokale Zutaten einzukaufen, auch wenn einige Rumänen frische Produkte und nicht industriell verarbeitete Lebensmittel bevorzugen. Tiberiu Cazacioc bringt Details aus einer Marktstudie einer gro‎ßen Supermarkt-Kette:



    Die Studie bestätigt, dass die Rumänen Früchte eher auf dem Markt und nicht im Geschäft kaufen. Auf dem Markt findet man mehr lokale Produkte. Der rumänische Verbraucher möchte also lokale Früchte und lokales Gemüse kaufen. In der Extra-Saison bevorzugt er frische, schmackhafte Äpfel, und nicht importierte Äpfel, die keinen Geschmack haben. Beim Kauf von Wurstspezialitäten spielt die Qualität und die Frische sowie das Fehlen von Zusatzstoffen eine wichtige Rolle für die Rumänen. Die Rumänen wünschen sich also lokale, rumänische, frische Saison-Produkte. Andererseits möchten sie viel und gleichzeitig billig einkaufen, da die Industrie diese Botschaft leider so transportiert.“



    Der rumänische Lebensmittel-Verbraucherverband ACPAR hat auch eine wissenschaftliche Studie durchgeführt. Er hat die rumänischen Äpfel mit Äpfeln aus anderen Ländern verglichen. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Institut für die Erforschung und Entwicklung von Lebensmittel-Bioressourcen durchgeführt. Mihai Panait, Vorsitzender von ACPAR dazu:



    Die ACPAR-Studie zu den Äpfeln umfasste zwei Themenbereiche, eine organoleptische Analyse und eine physisch-chemische Analyse. Infolge der Monitorisierung und Analyse einiger ausländischer Äpfel — aus Italien, Polen und der Türkei — und des Vergleichs mit inländischen Sorten wie Voineşti-Golden und Voineşti-Jonathan, konnten wir zu ganz klaren Schlussfolgerungen kommen: Die rumänischen Äpfel sind besser als die ausländischen. Sie sind sü‎ßer, beinhalten mehr Mineralien, sind nahrhafter.“



    Bei der physisch-chemischen Analyse stellte sich heraus, dass der rumänische Jonathan um 20% sü‎ßer ist als der polnische. Die rumänischen Golden-Äpfel sind um 22% sü‎ßer als die italienischen und um 14% sü‎ßer als die türkischen. Auch wenn die rumänischen Verbraucher lokale Äpfel bevorzugen, sind die Ernten nicht allzu reich. Das Potential fehlt aber nicht. Mihai Panait:



    Zum Glück haben wir gute Äpfel. Das Problem im Winter ist aber die Lagerung und die Konservierung sowie die schöne Aufmachung vor den Kunden. Im Herbst sind sie schön, aber über den Winter trocknen diese aus und verlieren ihr gutes Aussehen, auch wenn das bedeutet, dass sie natürlich angebaut wurden. Rumänien besitzt ein riesiges Potential in diesem Bereich. Wir nehmen im Moment den 15. Platz weltweit bei der angebauten Apfelbaum-Fläche und den 21. Platz bei der Äpfel-Produktion ein. Wenn man den 15. Platz der Fläche nach einnimmt, warum nur den 21. Platz bei der Produktion? Das bedeutet, dass die Produktivität nicht sehr gro‎ß ist.“



    Man muss natürlich weiter analysieren, inwieweit diese Äpfel ökologisch angebaut sind. Die rumänischen Verbraucher scheinen aber auch in diesem Punkt Vertrauen zu haben. Eines kann man mit Sicherheit sagen: Auf allen Tischen sind zu dieser Zeit in Rumänien Sauerkrautwickel und Christstollen zu finden. Manche entsprechen der Slowfood-Philosophie, manche nicht.



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