Tag: Zeitzeuge

  • Zweiter Weltkrieg: Rumänische Handelsmarine erlitt schwere Verluste

    Zweiter Weltkrieg: Rumänische Handelsmarine erlitt schwere Verluste

    Zwischen 1939 und 1941 wurde die Schifffahrt im Mittelmeer von der britischen Royal Navy kontrolliert, die sich im Krieg mit den deutschen und italienischen Marineverbänden befand. Neutrale Schiffe trugen eine Inschrift in riesigen Buchstaben, die von den kriegführenden Kräften leichter identifiziert werden konnte. Auf rumänischen Schiffen stand also das Wort Rumänien“ geschrieben. In den Häfen des Mittelmeers erhielten die neutralen Schiffe von den Briten Zertifikate für die geladene Ware, um sicherzustellen, dass sie nicht die Deutschen oder Italiener erreichten.



    Der Marineoffizier Mircea Nicolau erinnerte sich 1998 in einem Gespräch beim Zentrum für Mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks, dass er sich bei Kriegsausbruch 1939 auf dem Schiff Alba Iulia“ in Istanbul befand, um Waren für Rumänien zu laden. Nicolau erinnerte sich, aus wie vielen Schiffen die Handelsflotte Rumäniens bestand und was mit jedem einzelnen geschah.



    Das Schiff »Alba Iulia« stammte aus einer Vierer-Serie von je 12.500 Tonnen. Es gab also die »Alba Iulia«, die »Ardealul«, die »Peleş« und die »Suceava«, von denen bis Kriegsende nur die »Ardealul« übrig blieb. Es war das einzige, das die Russen zurückgaben, der Rest wurde versenkt. Zum Beispiel wurde die »Peleş« nahe der Krimküste versenkt. Als die »Ardealul« zurückgegeben wurde, befand sich fast kein Holz mehr auf dem Schiff — es gab keine Kabinen, keine elektrische Anlagen mehr. Diese Schiffe waren kleine Schiffe, hatten aber auch Passagierkabinen. In diesen Kabinen hatten die Russen Feuerstellen eingerichtet und das Holz von den Rettungsbooten oder der Vertäfelung der Kajüten verfeuert. Von den beiden anderen Passagierschiffen, dem Stolz der Flotte von 1938, haben sie nur die »Transilvania« zurückgegeben — im stark beschädigten Zustand. Die »Basarabia« blieb bei ihnen und wurde auf »Ukrajna« umgetauft.“




    Nach dem Ende der Neutralität und dem Eintritt Rumäniens in den Krieg an der Seite Deutschlands gerieten die rumänischen Handelsschiffe 1941 unter die Autorität der italienischen Marine. Die Anwesenheit britischer und amerikanischer U-Boote in Mittelmeergewässern war eine echte Gefahr für die rumänischen Handelsschiffe, die die Achsenmächte versorgten. Mircea Nicolau erinnerte sich daran, was passierte, als die Anwesenheit eines feindlichen U-Bootes gemeldet wurde.



    Bei U-Boot-Gefahr griffen die Begleitschiffe des Konvois, in der Regel Zerstörer, ein. Es waren maximal zwei Zerstörer in einem Konvoi. Die italienische Eskorte versuchte sich jedoch in Sicherheit zu bringen und machte schnelle Fahrt. Bei Alarm liefen wir in den nächsten Hafen ein. Wir blieben wochenlang dort, bis zur Entwarnung. Der Zielhafen für alle Waren, die nach Deutschland gingen, war Triest, egal ob die Schiffe in Istanbul oder in Piräus beladen wurden. Die Deutschen luden damals aus Griechenland gestohlene Kriegsbeute. Die Zufluchtshäfen waren Brindisi, Bari, Ancona, Venedig und Triest. Es gab eine gro‎ße Krise der Transportschiffe, soweit möglich bestanden die Konvois aus Schiffen mit ähnlicher Geschwindigkeit. Es gab keine Konvois mit mehr als 10 Knoten und unsere Konvois bestanden aus maximal 6 bis 7 Schiffen.“



    Im Mai 1944 zwang die Evakuierung Sewastopols durch die deutschen und rumänischen Armeen die Sowjets, die Transportschiffe zu bombardieren. Mircea Nicolau erinnerte sich an einen Angriff auf das Schiff, auf dem er sich gerade befand.



    Die Russen waren vorsichtig, die gesamte russische Flotte war auf See, die gesamte Luftwaffe war im Einsatz . Ab 9 Uhr morgens fingen sie an, uns zuzusetzen. Der erste Angriff wurde von Torpedoflugzeugen gestartet. Danach versuchte es ein U-Boot. Mit dem U-Boot-Alarm befassten sich die deutschen Schiffe. An einem Punkt erschienen 21 russische Flugzeuge, es waren in Amerika produzierte Aero-Cobra-Flugzeuge, die im 90-Grad-Sturzflug bombardierten. Aber sie griffen eins nach dem anderen an. Aus dem Geschwader löste sich immer ein Flugzeug, das dann abgeschossen wurde. Das zweite Flugzeug kam, wir drehten backbord bei — und so haben wir 19 Angriffe überlebt. Dann begannen sie, zu zweit anzugreifen. Schlie‎ßlich begann der Angriff zu zweit.“




    Mircea Nicolau erinnerte sich auch an den stärksten Schlag, den die rumänische Handelsmarine im Krieg verdauen musste.



    Die »Danubius«, ein altes Wrack, war randvoll mit Tausenden von Feldminen und wurde gerade in Constanţa beladen. Als sie schnell bei voller Ladung ablegen musste, wurde es von einem russischen Flugzeug getroffen und förmlich ausradiert. Er wurde vom Zerstörer »Ferdinand« begleitet, der von Konteradmiral Horia Măcelaru kommandiert wurde. Er musste vor Gericht aussagen, bevor die Sterbeurkunden der Besatzung ausgestellt werden konnten. Kein Stückchen blieb davon übrig.“

  • Rumänisch-amerikanische Beziehungen nach 1945: zwischen Kaltem Krieg und Entspannung

    Rumänisch-amerikanische Beziehungen nach 1945: zwischen Kaltem Krieg und Entspannung

    Wegen der kommunistischen Ideologie waren Rumänien und die USA sogar Gegner, obwohl die beiden Länder niemals in der Geschichte eine Auseinandersetzung gehabt hatten. Die Gründung der zwei entgegengesetzten Militärblocks — die Nato und der Warschauer Pakt — führte zu einer zusätzlichen Anspannung der bilateralen Beziehungen, insbesondere in den 1950er Jahren, als sich der Stalinismus in den mittel- und osteuropäischen Ländern ausgeweitet hatte. Nichtsdestotrotz waren die Regierungen in Bukarest und Washington nach 1953, als sich die Politik Moskaus infolge des Todes von Stalin änderte, der Ansicht, dass sie ihre Beziehungen verbessern sollen.



    Der Diplomat Anton Moisescu wurde im Jahr 1954 zum Botschafter Rumäniens in den USA ernannt. In einem Interview von 1995 mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rumänischen Rundfunks eröffnete Moisescu, wie die allgemeine Atmosphäre war, als Rumänien und den USA die ersten schüchternen Versuche unternahmen, sich wieder näher zu kommen:



    Ich möchte erwähnen, dass zum Zeitpunkt, als ich in den USA als bevollmächtigter Minister akkreditiert wurde, eine recht schwierige Lage in der internationalen Politik herrschte. Die Beziehungen zwischen den beiden gro‎ßen Machtzentren, der Nato einerseits, geführt von den USA, und dem Warschauer Pakt andererseits, geführt von der Sowjetunion, waren sehr angespannt. Deshalb habe ich in den USA eine besonders schwierige Lage für die diplomatischen Missionen des sozialistischen Lagers vorgefunden. In erster Linie wurden den Diplomaten dieser Missionen besonders dramatische Einschränkungen auferlegt. Sie durften die Hauptstadt nicht ohne Sondergenehmigung vom State Department verlassen. Wir z.B. hatten als einzige die Erlaubnis, nach New York zu fahren, da ich auch Beobachter am Sitz der Vereinten Nationen war, wo wir noch nicht als Vollmitglieder aufgenommen worden waren.“




    Die Aktivitäten der rumänischen Mission in den USA waren sehr eingeschränkt, verglichen mit dem, was vor dem Krieg gewesen war. Die Entspannung der Beziehungen war das erste Ziel, das sich die Parteien vornahmen. Und diese Bemühung kam besonders von der amerikanischen Seite. Anton Moisescu erzählte über die Offenheit, mit der er von Präsident Eisenhower bei der Vorführung seines Akkreditierungsbriefes empfangen wurde.



    Das diplomatische Personal bestand — au‎ßer mir und den Ehefrauen — aus 7–8 Personen. Das militärische Personal bestand aus drei Personen: einem Oberst, einem Major und einem Hauptmann, die sich dort auch in Begleitung ihrer Frauen befanden. Der Rest war das für die Botschaft notwendige Verwaltungspersonal. All diese Menschen wuchsen zu einer Familie zusammen. Wir haben einige gemeinsame Ausflüge veranstaltet, an den Sonntagen gingen wir Angeln, verbrachten die Wochenenden gemeinsam. Unter diesen Voraussetzungen war es an der Zeit, die Akkreditierungsbriefe vorzulegen. Als ich die Akkreditierungsbriefe vorlegte, hatte ich eine besonders angenehme Überraschung, verglichen mit der allgemeinen Atmosphäre. Es war der Empfang beim US-Präsidenten Dwight Eisenhower, dem ehemaligen Oberbefehlshaber der Landung in der Normandie während des Kriegs und der Offensive der Alliierten gegen Nazi-Deutschland. Er hatte eine besonders höfliche, freundliche Haltung in unseren Gesprächen. Beide äu‎ßerten wir unseren Wunsch, die Beziehungen zwischen den USA und Rumänien zu vertiefen und uns gegenseitig besser kennenzulernen. Schlie‎ßlich lud mich der Präsident ein, die USA zu jederzeit und überall, wo ich wollte, zu besuchen, um Amerika besser kennenzulernen. Das widersetzte sich irgendwie den Allgemeinregeln, die den Diplomaten unserer Länder vorgeschrieben wurden.“




    Ein weiteres Ziel der rumänischen Botschaft in den USA war die Bespitzelung der rumänischen Gemeinschaft. Die rumänische Diaspora in den USA war überwiegend antikommunistisch eingestellt und hatte sich kritisch gegen das Bukarester Regime geäu‎ßert. Aber die emotionale Strategie der Botschaft, die uns Moisescu schildert, schaffte es, einige zu überzeugen, sich der Politik Bukarests zu nähern.



    Wir haben versucht, Beziehungen zu möglichst vielen Amerika-Rumänen zu knüpfen, obwohl sie sich uns gegenüber auch abschirmten. Eine engere Beziehung hatten wir zu der Redaktion der Zeitung »Der Amerika-Rumäne«. Die Redaktion hatte ihren Sitz in Detroit, einer Region mit vielen Rumänen. Ein Gro‎ßteil von ihnen waren bereits vor dem Krieg dorthin emigriert und arbeiteten insbesondere bei den Ford-Werken. Der Chefredakteur der Zeitung »Der Amerikarumäne« und seine Frau luden mich ein, sie zum amerikanischen Frauentag in Detroit zu besuchen, wo auch meine Frau eingeladen war. Wir haben bei diesem Anlass mehrere Städte besucht, aber unser wichtigster Aufenthalt war in Detroit. In Detroit haben wir in einem Raum rund 250 Personen, zumeist Familien getroffen. Die meisten von ihnen waren ältere Menschen, die Rumänien schon seit langem verlassen hatten, aber auch jüngere Leute. Ich habe ihnen einen Film vorgeführt, der das Leben in Rumänien zeigte. Der Film hie‎ß »Rumänen in Farben« und stellte Folkloreaspekte, besonders aus Siebenbürgen, der Moldau, aber auch aus anderen Regionen dar. Während der Vorführung waren die Zuschauer so beeindruckt, dass ich, als das Licht wieder angemacht wurde, feststellte, wie fast alle Tränen der Rührung in den Augen hatten. Es war ein sehr beeindruckender Augenblick und so entstand eine sehr starke Bindung. Ich habe diese Leute dann auch bei ihnen zuhause besucht, im Werk. Sie haben mich mit der Werkverwaltung in Kontakt gesetzt. So hatte ich die Gelegenheit, den ganzen Produktionsvorgang zu besichtigen und machte mir einen Eindruck über diese Technologie des Automobilbaus. Diese Erfahrung nutze ich dann bei unserem Automobilunternehmen bei meiner Rückkehr in die Heimat.“




    Die rumänisch-amerikanischen Beziehungen normalisierten sich erst nach 1989. Bis zu dem Zeitpunkt verzeichneten sie eine schwierige Entwicklung, die von einer beschränkten Zusammenarbeit Anfang der 1950er bis zu erneuten Auseinandersetzungen gegen Ende der 1980er Jahre reichte.

  • Nach dem Kriegsende: Hinrichtung der Antonescu-Gruppe (1946)

    Nach dem Kriegsende: Hinrichtung der Antonescu-Gruppe (1946)

    Bis zum 23. August 1944 kämpfte Rumänien im Zweiten Weltkrieg an der Seite Nazi-Deutschlands. An diesem Tag wurde Marschall Ion Antonescu verhaftet und Rumänien wechselte die Front. Nach dem Krieg wurden Antonescu und drei weitere Anführer zum Tode verurteilt und hingerichtet.



    Die Antonescu-Gruppe ist der Name unter welchem die Anführer Rumäniens zwischen 1940 und 1944 vor Gericht gebracht wurden und wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt wurden. Der Gruppe gehörten Marschall Ion Antonescu — der Staatschef –, der Jura-Professor und Vize-Ministerpräsident Mihai Antonescu, Gheorghe Alexianu, Gouverneur Transnistriens, und der General Constantin Vasiliu, Chef der Gendarmerie. Nachdem die Mitglieder der Antonescu-Gruppe am 23. August 1944 gestürzt und verhaftet worden waren, wurden diese am 17. Mai 1946 zum Tode verurteilt. Am 1. Juni 1946 wurde die Strafe vollstreckt, sie wurden erschossen.



    Der Brigade-General Mircea Herescu war Zeuge bei der Hinrichtung der Antonescu-Gruppe. 1995 wurde er vom Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks interviewt. In der Nacht vom 31. Mai zum 1. Juni bewachte die Kompanie von Mircea Herescu die Strafvollzugsanstalt Jilava. Sein Kommandant rief ihn an und sagte ihm, er müsse an einem wichtigen Ereignis teilnehmen, ohne ihm mehr Details zu geben. Mircea Herescu berichtet:



    Am zweiten Tag, morgens, als ich aufwachte, ging ich in den Hof, wo sich Marschall Antonescu und die anderen aufhielten. Ich habe sie begrü‎ßt und sie haben höflich geantwortet. Als ich vorbeiging, sah ich den Professor Mihai Antonescu mit einigen Papieren. Ich habe ihn gefragt: »Herr Professor, was arbeiten Sie?« Er sagte mir, er würde an einer Bildungsreform arbeiten. General Piki Vasiliu kannte mich auch, er grü‎ßte auch höflich, ich stellte mich dann Marschall Antonescu vor. Nachher ging ich mit Leutnant Petrescu weg und ging zum Anstaltsleiter, Oberst Pristavu. Er sagte mir, dass am Nachmittag desselben Tages, also am 1. Juni, die Erschie‎ßung der zum Tode Verurteilten stattfinden wird. In der Zwischenzeit, gegen 10 Uhr morgens, kam Avram Bunaciu, Generalsekretär im Innenministerium, zusammen mit einem Inspektor namens Gavrilovici. Sie diskutierten mit dem Anstaltsleiter und entschieden, dass die vier Verurteilten um 10 Uhr ein letztes Mal telefonieren durften.“




    Mircea Herescu erinnerte sich, wie die letzten Stunden der Verurteilten abliefen:



    Die Ehefrau des Marschalls kam, sie war in schwarz angezogen und diskutierte mit dem Marschall in einer Kabine. Auf dem Weg von seiner Zelle zu dieser Kabine traf der Marschall einen Gendarmen, der ihm einen Rosenstrau‎ß gab. Diesen gab er dann seiner Frau. Auch andere Personen kamen: die Ehefrau des Professors Alexianu mit den zwei Kindern, der Bruder von Mihai Antonescu, der Marine-Offizier war, die Ehefrau und der Sohn des Generals Vasiliu. Der Marschall und seine Frau sprachen Französisch. Auch der Polizei-Inspektor Gavrilovici war anwesend. Nach etwa einer Stunde gingen die Familienangehörige weg und die Verurteilten wurden zurück in ihre Zellen gebracht.“




    Die Vorbereitung der Hinrichtung und die Erschie‎ßung selbst konnte Mircea Herescu nicht vergessen. Mircea Herescu dazu:



    Die Verurteilten wurden zu den vier Pfeilern gebracht — in der folgenden Reihenfolge: Marschall Antonescu, Mihai Antonescu, Alexianu und Piki Vasiliu. Sie wurden gefragt, ob sie an den Pfeilern gefesselt werden möchten. Der Marschall, Mihai Antonescu und Alexianu lehnten es ab, Piki Vasiliu wollte es. Der Staatsanwalt las das Urteil vor und erklärte, infolge der Entscheidung der Richter des Volksgerichts würde man sie hinrichten. Er fragte, ob man ihnen die Augen verbinden solle. Der Marschall, Mihai Antonescu und Alexianu wollten auch das nicht, General Vasiliu hat ja gesagt. Seine Augen wurden dann mit einem grauen Schal verbunden. Der Staatsanwalt ordnete nachher die Vollstreckung der Strafe an. Der Chef des Hinrichtungskommandos sagte dann » Feuer!«. Bei der ersten Salve fiel der Marschall auf seine Knie, Professor Antonescu und Alexianu auf den Rücken. General Vasiliu wurde von einer Kugel getroffen, starb aber nicht gleich und sagte »Ich bin noch nicht tot!«. Der Kommando-Chef kam näher und schoss dem Marschall Antonescu und dem General Vasiliu in den Kopf. Der Arzt erklärte sie für tot.“




    Die Hinrichtung der Antonescu-Gruppe war eine Episode in der stürmischen Geschichte Rumäniens Mitte des 20. Jahrhunderts. Das 20. Jahrhundert war überhaupt das gewaltsamste in der Geschichte der Menschheit.