Tag: Armut

  • Dokumentarfilm wirft gnadenloses Licht auf desolate Wohnzustände

    Dokumentarfilm wirft gnadenloses Licht auf desolate Wohnzustände

    Der Tod des Iosif Zagor (Orginaltitel: Moartea lui Iosif Zagor), das Dokumentarfilmdebüt von Adi Dohotaru ist eine der bewegendsten rumänischen Produktionen von 2024. Beim Astra Film Festival von Sibiu wurde er lobend erwähnt, das One World Romania Festival zeigte ihn als Auftaktevent. Dohotaru erzählt die Geschichte des Videografen Iosif Zagor, der seine letzten vier Lebensjahre dokumentiert – geprägt von Einsamkeit, Krankheit und der Angst vor Zwangsräumungen aus drei verschiedenen Unterkünften, in denen er unter prekären Bedingungen seinen Lebensabend verbrachte.

    Mit seiner alten Kamera hält Iosif Zagor das eigene Leben und das anderer Menschen in Sozialwohnungen fest. Das zentrale Thema des Dokumentarfilms – das Wohnen – wird aus der Perspektive der Verwundbarkeit betrachtet und zeigt, wie es für immer mehr Menschen zunehmend schwierig wird, an Wohnraum zu kommen. Der Film beleuchtet auch die oft missbräuchlichen Zwangsräumungsverfahren und ihre Auswirkungen auf Betroffene.  Die Dokumentation gibt Iosif Zagor eine Stimme und schafft einen Rahmen der Selbstdarstellung, in dem verwundbare Menschen ihre Geschichten selbst erzählen und sichtbar werden können.

    Regisseur Adi Dohotaru erinnert sich:
    2017 machten mich Freunde aus der Zivilgesellschaft auf die Lage von Menschen aufmerksam, die von Zwangsräumung bedroht waren – etwa 50 Personen. So lernte ich Iosif Zagor und seine Nachbarn kennen. Iosif hatte eine alte, staubige Kassettenkamera, die er lange nicht benutzt hatte. Ich bat ihn, seine eigene Situation und die seiner Nachbarn zu filmen, um die Behörden und die Öffentlichkeit auf ihr Problem aufmerksam zu machen. Zwar konnten wir die Räumung damals nicht verhindern, aber zumindest hinauszögern – sodass die Betroffenen nicht mitten im Winter obdachlos wurden. Ich blieb mit Iosif und einigen seiner Nachbarn in Kontakt und durch die Arbeit wurden wir mit der Zeit echte Freunde. So entstand die Idee, einen Film zu drehen, der vulnerablen Menschen eine Stimme gibt.

    Adi Dohotaru arbeitet mit der Methode der sogenannten Partizipativen Aktion und nutzt in seinen Projekten die Technik der performativen Anthropologie, um seine Mitwirkenden in den Mittelpunkt zu stellen. Er schreibt Gesetze und Gedichte, betreibt zivilgesellschaftliche und umweltbezogene Forschung.
    „Ich habe den Tod des Iosif Zagor gedreht, weil ich gescheitert bin. Als Aktivist, Forscher und Politiker habe ich – gemeinsam mit anderen Experten, Aktivisten und vulnerablen Menschen – politische Maßnahmen vorgeschlagen, damit der Staat in sozialen Wohnungsbau investiert. Die EU-Durchschnittsquote für soziale und bezahlbare Wohnungen liegt knapp unter 10 %, in Rumänien ist sie mit 1 % jedoch weitaus niedriger“, zeigt Dohotaru auf das Problem.

    „Tatsächlich ist die Situation in Rumänien deutlich schlechter als im europäischen Durchschnitt. Ein großes Problem ist, dass nach 1989 der Bestand an öffentlichen Wohnungen privatisiert wurde. Eine alternative Politik hätte mehr Sozialwohnungen  erhalten können. So hätten wir Problemgruppen eine Chance gegeben. Doch es kam anders. Während im Westen weiterhin Sozialwohnungen gebaut wurden, geschah dies in Rumänien nicht. Seit Jahrzehnten geht  auch in Westeuropa der öffentliche Wohnungsbestand tendenziell zur Neige. Warum hat sich der Staat aus dieser Aufgabe zurückgezogen? Weil wir einen neoliberalen Staat haben, der soziale und umweltpolitische Maßnahmen kaum mehr unterstützt. Dennoch bleibt das Wohnen ein Bereich, der staatlich reguliert werden sollte. Ob und wie sich dies ändern lässt, ist eine lange Diskussion. Der Film zeigt, was mit den Betroffenen geschieht, wenn der Staat entweder fehlt oder nur minimal präsent ist. Und dieses Problem ist global zu beobachten. Wir leben in einer individualistischen Ellenbogen-Gesellschaft, in der jeder mit seinen eigenen Problemen beschäftigt ist und kaum Zeit hat, sich für die Sorgen anderer zu sensibilisieren. Deshalb müssen wir nicht nur individuell, sondern auch als Gesellschaft daran arbeiten, Dinge zu verändern. Dafür braucht es soziale und politische Bewegungen, die solche Themen auf die Agenda setzen. Doch derzeit engagieren sich im politischen Mainstreaam nur wenige  für soziale Fragen wie Wohnen oder Lebensqualität.“

    Den Dokumentarfilm von Adi Dohotaru produzierte Monica Lăzurean-Gorgan durch Filmways in Mitarbeit mit dem Verein SOS – Nachhaltige Gesellschaft. Koproduzenten sind Adi Dohotaru und Radu Gaciu, der Schnitt stammt von Alexandru Popescu. Unterstützt wurde der Film vom Masterprogramm für Dokumentarfilm der Theater- und Filmfakultät der Babeș-Bolyai-Universität in Cluj-Napoca.

  • Paradox Rumänien: Aufstrebende Wirtschaft, armutsgefährdete Bevölkerung

    Paradox Rumänien: Aufstrebende Wirtschaft, armutsgefährdete Bevölkerung

     

     

    Experten beschreiben das Armutsrisiko und die Gefahr der sozialen Ausgrenzung als die Situation eines Haushalts, in der mindestens einer der drei folgenden Zustände gegeben ist: Einkommen unterhalb der Armutsgrenze (im Jahr 2023 waren dies 1 619 Lei im Monat – umgerechnet etwa 325 Euro pro Person), materielle und soziale Entbehrungen und geringe Erwerbsbeteiligung (etwa wenn Erwachsene in einem Umfang unter 20 % ihres jährlichen Potenzials arbeiten). Den Eurostat-Statistiken für das Jahr 2023 zufolge stehen die Einwohner Rumäniens bei diesem Risiko an erster Stelle (32 %), gefolgt von Bulgarien (30 %), Spanien (26,5 %) und Griechenland (26,1 %).

    Darüber hinaus ist laut einer Studie der Organisation „Save the Children“ fast jedes zweite rumänische Kind (41,5 %) von Armut betroffen und von sozialer Ausgrenzung bedroht – fast doppelt so viel wie der europäische Durchschnitt. Andere Eurostat-Daten zeigen auch, dass in Rumänien – mehr als in jedem anderen EU-Land – Armut vererbt wird. Nur 4 % der Jugendlichen, die in Familien mit niedrigem Bildungsniveau aufwachsen, besuchen anschließend eine Universität. Nur in Bulgarien ist dieser Prozentsatz unbedeutend niedriger (3,9 %), während Spanier, Portugiesen und Griechen am ehesten in der Lage sind, einen Hochschulabschluss zu erwerben, wenn sie aus Familien ohne Hochschulbildung stammen: 49,8 %, 37,6 % bzw. 34,5 % – in der Reihenfolge der erwähnten Länder.

    Doch warum lebt ein Drittel der Rumänen am Rande der Armut, wenn das Bruttoinlandsprodukt des Landes im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 um 2,4 % gestiegen ist und die aktive Bevölkerung zu den Europäern gehört, die mit 39,7 Stunden pro Woche die meisten Stunden am Arbeitsplatz verbringen, während der europäische Durchschnitt bei 36,4 Stunden liegt?

    Das haben wir Andrei Țăranu, Politikwissenschaftler und Professor an der Bukarester Hochschule für politische und administrative Studien (SNSPA), gefragt, und er hat eine Erklärung für diesen Widerspruch. Dabei hat er auch Vorwürfe gegen die Generation der Interviewerin parat:

    Hierzulande hat sich das Wirtschaftswachstum trotz der und gegen alle sozialpolitischen Maßnahmen durchgesetzt. Übrigens war es Ihre Generation, die [bei den sozialen Unruhen – Anm. d. Red.] [von] 2017 gegen die Sozialhilfe war, gegen die sogenannten „Zahnlosen“, die von einer Art Gesellschaft schwadronierte, die vollständig von den Menschen vom Land, jenen aus den Kleinstädten und insbesondere von Rentnern gesäubert werden müsste. Dabei galten die Rentner als verachtete Verkörperung all dessen, was die kommunistische Vergangenheit Rumäniens bedeutet hatte. In der Stadt Iași (Jassy), wo ich auch herkomme, gab es diesen erschreckenden Bericht über junge Leute, die einen alten Mann nur so zum Spaß mit Ein-Leu-Scheinen bewerfen, um zuzusehen, wie dieser das Geld vom Boden aufsammelt. Ich denke, das war ein schrecklicher Moment der Kaltschnäuzigkeit.“

     

    Der Politikwissenschaftler Andrei Țăranu ist der Auffassung, dass die Generation mit dieser problematischen sozialen Einstellung insbesondere Jugendliche sind, die nach 1990 oder sogar nach 1985 geboren wurden, die sogenannten frühen Millennials. Eine Generation, die, wie der Experte beschreibt, in einer wirtschaftlichen und sozialen Blase in den Großstädten lebt. Eine Generation, die ausblendet, dass es auch noch ein anderes Rumänien gibt, und die jeden Bezug zur Vergangenheit kappen will, ohne diese Vergangenheit überhaupt verstanden zu haben. Der Politikwissenschaftler definiert diese Generation als die Kohorte des neuen Kapitalismus, die sich durch die schlichte Existenz der anderen Generationen gestört fühlt, weil die letzteren einen Bezug zur Übergangszeit seit dem Ende des Kommunismus haben, eine unterschiedliche Lebensweise pflegen und ein anderes Konsumverhalten an den Tag legen:

    Alle öffentlichen Maßnahmen, die in Rumänien nach 2004 ergriffen wurden, waren ausschließlich auf die reine wirtschaftliche Entwicklung ausgerichtet. Es wurden Gelder für Kleinst- und mittlere Unternehmen und Neugründungen bereitgestellt. Jetzt werden riesige Summen in Autobahnen investiert, aber die Sozialhilfe und eine ganze Reihe von sozial schwachen Gruppen werden einfach vergessen. Und wenn überhaupt von Sozialmaßnahmen des Staates die Rede ist, werden zum Beispiel ältere Menschen aus dem ländlichen Milieu ins Rampenlicht gebracht, damit sich Politiker aus wahltaktischen Gründen profilieren und als Beschützer der Senioren und Hüter der Tradition inszenieren können.“

     

    Eine Lösung, um diese sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichte auszugleichen, sieht der Experte allerdings nicht. Seine Prognose ist eher pessimistisch:

    Natürlich kann eine Lösung dieses Problems nur politisch sein – ohne politischen Willen kann es keine Lösung geben! Und das würde eine kritische Masse voraussetzen, die die sozialen und Generationsunterschiede nachvollzieht. Ich glaube nicht, dass das möglich sein wird. Ein großer Teil dieser Abgehängten (auf Englisch heißen sie »Left-Behinders«), die in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten, keine oder nur eine unterdurchschnittliche Ausbildung haben, die auf dem Bau oder in anderen prekären Bereichen arbeiten, sind heute Befürworter rechtsradikaler bis faschistischer Bewegungen. Zu den Verachteten gehören beispielsweise auch die Straßenkehrer, die als Angestellte der Kommunalverwaltung ebenfalls als »Staatsbedienstete« verspottet werden. Und es ist offensichtlich, dass diese neue, urbane Elite diesen Abgehängten nicht die Hand reichen will, weil die Elite sie als Feinde betrachtet, als diejenigen, die uns aus der EU und der NATO angeblich herausbugsieren und Rumänien generell in die Luft jagen wollen. Diese Leute wollen Rumänien nicht ins Chaos stürzen, sondern ihr Leben in Rumänien ist in ihren Augen einfach unerträglich geworden.“

     

    Der Politologe Andrei Țăranu ist ferner der Ansicht, dass das Jahr 2004 ein Wendepunkt war, der die Spaltung zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen und Generationen weiter vorangetrieben hat. Außerdem hätten die Medien einen großen Teil der Verantwortung für dieses Missverhältnis getragen. Er argumentiert, dass die Medien in ihrer Sensationslust den größeren Kontext nicht beleuchtet hätten, in dem sich Tragödien abspielen, abweichendes Verhalten und kriminelle Situationen entstehen. Solche Sachverhalte entstünden meist in sozialen Milieus mit hohem Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung. Die so genannten „Armutsblasen“, die von der Presse immer wieder ausgeschlachtet werden, seien die vernachlässigten Regionen und Bevölkerungsgruppen des Landes. Und für sie ergreife der Staat keine Maßnahmen, um den Abstand zur privilegierten Bevölkerung in den Großstädten zu verringern.

  • Junge Wählerschaft in Rumänien: 23 % anfällig für Extremismus

    Junge Wählerschaft in Rumänien: 23 % anfällig für Extremismus

     

     

    Die Umfrage, die vom 9. bis 14. März bei einer Stichprobe von 800 Befragten durchgeführt wurde, liefert keine ermutigenden Ergebnisse: Die überwiegende Mehrheit der jungen Menschen ist der Meinung, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt, und hat kein Vertrauen in die Demokratie in Rumänien, während 23 % eine extremistische Partei wählen würden. Răzvan Petri, Koordinator der zivilgesellschaftlichen Gruppe „Junge Wähler“, kommentiert im folgenden die Ergebnisse der Umfrage unter seinen Generationskommilitonen.

    Das Wichtigste ist, sich vor Augen zu halten, dass die jungen Menschen hierzulande glauben, dass Rumänien sich in eine falsche Richtung bewegt. Eine überwältigende Mehrheit, 68 % der Befragten, ist dieser Meinung. Mehr noch: 79 % glauben, dass die demokratische Gesellschaftsordnung in unserem Land nicht vertrauenswürdig sei. Es gibt also ein sehr großes Problem, wenn es um das Vertrauen in die demokratischen Grundlagen in Rumänien geht, und das heißt, dass politische Institutionen wie Parteien, Parlament und Regierung nur ein geringes Vertrauen genießen. Es mangelt an Vertrauen in grundsätzliche Instrumente, mit denen man normalerweise arbeitet, um gute Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Und das ist sehr gefährlich, denn die Tendenz ist, sich in Ermangelung eines Vertrauens in demokratische Institutionen anderen Instrumenten zuzuwenden, die außerhalb des demokratischen Spielraums liegen.“

     

    Die Neigung zu Rhetorik und politischen Handlungen außerhalb des demokratischen Rahmens lässt sich jedoch durch die Enttäuschung darüber erklären, wie die demokratischen Institutionen in Rumänien eher schlecht denn recht funktionieren. Mit anderen Worten: Wenn die demokratische Praxis mangelhaft ist, verleitet das junge Leute zum Glauben, dass die Demokratie an sich schlecht sei. Erstaunlicherweise genießt jedoch die Europäische Union bei den Jugendlichen in Rumänien mehr Vertrauen als die heimischen Institutionen, selbst wenn die komplexe Funktionsweise der EU nicht hinreichend bekannt ist. Es sei alles eine Frage der politischen Bildung, sagt weiter Răzvan Petri.

    Junge Menschen wissen leider nicht wirklich, wie die Institutionen funktionieren, und das trägt erheblich zu ihrer Verwirrung darüber bei, wie die politischen Mechanismen in Rumänien funktionieren. Staatsbürgerliche Bildung wird leider nur in der Grundschule vermittelt, und das führt dazu, dass junge Menschen, die sich dem wahlberechtigten Alter nähern, orientierungslos sind. Auch auf europäischer Ebene ist die Lage noch verworrener, denn die Europäische Union ist sehr komplex und kompliziert. Selbst unter unseren Politikern gibt es nicht wenige, die es manchmal vorziehen, die Verwirrung über die Funktionsweise der Europäischen Union aufrechtzuerhalten, damit sie Brüssel die Schuld geben können, wenn etwas schief läuft oder wenn sie ihre Versprechen nicht einhalten können.“

     

    Die Enttäuschung oder gar Verzweiflung über das schlechte Funktionieren der rumänischen Institutionen, das zu tiefgreifenden sozialökonomischen Problemen führt, erkläre auch die Vorliebe vieler jungen Menschen für ein autoritäres Regime, erläutert Răzvan Petri weiter.

    Sie lehnen die politischen Parteien und insgesamt das existierende System in Rumänien ab, und deshalb sehen wir diese Sehnsucht nach einer starken Hand, die alle Probleme lösen würde, denn junge Menschen sind auch ungeduldig. Sie wollen Veränderungen viel schneller als ältere und erfahrene Leute sehen, die verstehen, dass normale Entwicklungen Zeit brauchen. So erklärt sich auch der jugendliche Zuspruch für radikale Parolen von Populisten, die etwa sagen: ‚Das war’s, das reicht jetzt! Jetzt kommen wir ins Spiel und wir werden nicht zulassen, dass dieses ganze politische Gezänk noch mehr von unserer Zeit in Anspruch nimmt.‘ Und dann kommen die systemfeindlichen Parteien ins Spiel, die sagen, dass sie, wenn sie einmal an die Macht kämen, alle Probleme Rumäniens lösen würden. Viele junge Menschen, die rechtsextreme Parteien wählen, sind nicht unbedingt von extremistischen oder systemsprengenden Botschaften angetan. Aber sie wählen diese Parteien, weil sie ihnen Veränderungen versprechen. Sie versprechen ihnen, dass sie es den Politikern da oben zeigen werden, die es versäumt haben, den jungen Menschen einen Weg zu weisen.“

     

    Dieses Scheitern der demokratischen Institutionen wird implizit auch von jungen Menschen besonders akut wahrgenommen. Die vielen sozialökonomischen Probleme, die eine unfähige Politik seit vielen Jahren nicht zu lösen vermochte, lässt viele Jugendliche Rumäniens bereits planen, das Land zu verlassen, sagt zum Schluss unseres Features Răzvan Petri vom Bürgerverein „Junge Wähler“.

    Auf den ersten vier Plätzen der Problemliste finden sich zwei, die mit der wirtschaftlichen Situation der Jugendlichen zu tun haben: mangelnde Wahlmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt und die schlechte Qualität der Bildung und Ausbildung. Die jungen Menschen in Rumänien gehören zu den ärmsten in Europa, wie aus den Statistiken von Eurostat hervorgeht. Diese Statistiken zeigen, dass Rumänien die höchste Zahl junger Menschen hat, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind. 30 % der jungen Menschen in Rumänien sind davon betroffen. Die Jugendlichen nehmen das sehr früh wahr. Sie sehen, dass es Probleme gibt, die nicht rechtzeitig gelöst wurden und sich sogar verschlimmert haben. Viele denken daran, vorübergehend oder dauerhaft auszuwandern. Dieser Trend hält schon seit langem an, denn Rumänien wird immer noch nicht als ein Land mit Zukunftschancen angesehen. Selbst wenn es sie gäbe, haben sie noch nicht das Niveau erreicht, bei dem wir sagen könnten, dass junge Menschen hierzulande einen ähnlichen Lebensstandard wie im Westen erreichen könnten.“

  • Wohltätigkeitsauktion bringt 1 Million Euro ein

    Wohltätigkeitsauktion bringt 1 Million Euro ein

    Eine Rekordsumme von 1 Million Euro wurde beim Festival der Weihnachtsbäume gesammelt, das am 8. Dezember von der NGO Rettet die Kinder versteigert wurde. 22 Bäume wurden von bekannten rumänischen Künstlern und Designern geschmückt. Das gesammelte Geld wird für die soziale und schulische Unterstützung bedürftiger Kinder verwendet, die stark von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind.




    Die Auktion, die in Zusammenarbeit mit dem Rumänischen Nationalmuseum für Kunst organisiert wurde, fand nun schon zum 20. George Roman, Programmdirektor bei Rettet die Kinder, erzählt uns mehr darüber:




    “Das Festival der Weihnachtsbäume ist zu einer beliebten Wohltätigkeitsveranstaltung für Unternehmen und Unternehmer geworden, die über ausreichende Mittel verfügen, um Programme für Kinder zu unterstützen. Bei jeder Veranstaltung werden etwa 20-25 Weihnachtsbäume, die von berühmten Designern entworfen wurden, versteigert. Die Bäume können dann eine Woche lang oder länger an den Orten bewundert werden, an denen die Auktion stattfindet, in der Regel in Hotels, einige Male im Parlamentspalast und in den letzten Jahren im Nationalen Kunstmuseum von Rumänien. Am Galaabend werden die Bäume von Geschäftsleuten oder Vertretern von Unternehmen versteigert, mit denen wir bereits zusammengearbeitet haben oder die die Organisation Rettet die Kinder bei der Durchführung ihrer Bildungsprogramme für Kinder unterstützen möchten.




    George Roman erwähnte auch einige der Prominenten, die die Organisation unterstützt haben:




    “Ich möchte mit Doina Levintza beginnen, einer au‎ßergewöhnlichen Künstlerin, die seit 2001 jedes Jahr au‎ßergewöhnliche Bäume für uns gestaltet hat. Die Summe, die mit ihren Bäumen gesammelt wurde, ist wahrscheinlich die höchste. Viele Persönlichkeiten aus der Welt des Sports haben durch ihre Teilnahme an den Versteigerungen geholfen, wie Horia Tecău, Ilie Năstase, Ion Țiriac, Nadia Comăneci, die an zwei oder drei Ausgaben teilgenommen hat, Gabriela Szabo und Simona Halep. Zu den Fernsehstars, die uns geholfen haben, gehören Andreea Esca und Andreea Raicu, die die Auktion schon seit einigen Jahren moderieren, sowie Smiley und Cătălin und Andra Măruță. Bei der ersten Ausgabe haben wir von der Hilfe des britischen und des schwedischen Botschafters profitiert.




    Die zu versteigernden Weihnachtsbäume sind alle einzigartig. In diesem Jahr brachten die beiden erfolgreichsten jeweils 140.000 Euro ein. Insgesamt wurden bei dieser Veranstaltung mehr als 9 Millionen Euro gesammelt. Ist das viel oder im Gegenteil sehr wenig im Vergleich zu dem, was benötigt wird? George Roman:




    “Sagen wir, es ist eine nützliche Summe, denn sie ermöglicht es uns, unsere Aktivitäten in vielen Gemeinden zu vervielfachen, und das können wir nur tun, wenn wir jedes Jahr so viel sammeln. Einige der von uns durchgeführten Programme, die langfristige Ma‎ßnahmen beinhalten, können bis zu 300-400.000 Euro erfordern. Die Ergebnisse sind au‎ßergewöhnlich, denn wir alle wissen um die Qualität der Bildung in den ländlichen Gebieten. Eine vor wenigen Tagen veröffentlichte PISA-Studie zeigt einen gro‎ßen Unterschied zwischen den Ergebnissen von Kindern, die durch Armut gefährdet sind, und jenen, die in einem begünstigten Umfeld leben, ein Unterschied, der drei Schuljahre beträgt. Daher sind unsere Programme auf diese Gebiete ausgerichtet, weil sie dort am dringendsten benötigt werden.




    Dank des Festivals der Weihnachtsbäume werden mehr als 200 000 Kinder von den Programmen von Rettet die Kinder profitieren können. erklärt George Roman:




    Solche Beispiele sind die Bildungsprogramme, insbesondere die Förderprogramme, die Kindern eine zweite Chance geben sollen, die vor einigen Jahren die Schule abgebrochen haben und ohne speziellen Unterricht nicht ohne weiteres wieder in das System eingegliedert werden können, sowie das Programm “Schule nach der Schule”, das Kindern in vielen Gemeinden auch eine warme Mahlzeit bietet. Fast 150.000 Kinder, die soziale und wirtschaftliche Unterstützung oder Programme zur Verhinderung des Schulabbruchs erhielten, wurden wieder in das Schulsystem integriert. Wir führen auch Programme für Kinder im Vorschulalter durch, den so genannten Sommerkindergarten, vor allem in den ärmsten Gemeinden Rumäniens, wo es keine Kindergärten gibt und wo die zwei bis drei Monate Unterricht vor der Einschulung entscheidend sind. Studien zeigen, dass der Schulabbruch in den ersten Schuljahren genau auf die fehlende Ausbildung in den Vorschuljahren zurückzuführen ist, und deshalb haben die Sommerkindergartenprogramme für uns Priorität. Bisher konnten wir 10.000 Kinder in abgelegenen Dörfern in Rumänien unterstützen.




    Au‎ßerdem wurden mehr als 100 Schulbibliotheken mit Zehntausenden von Büchern ausgestattet, Klassenzimmer renoviert und neu eingerichtet, Zehntausende von Kindern erhielten Schulmaterial und ihre Eltern wurden unterstützt, denn es ist fast unmöglich, Ma‎ßnahmen für die Schulbildung von Kindern zu konzipieren, ohne ihre Familien zu berücksichtigen.




    In Rumänien war das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung in den ländlichen Gebieten schon immer viel höher als in den städtischen Gebieten. Der jüngste PISA-Bericht der OECD unterstreicht, dass ohne zusätzliche Investitionen in den Gebieten, die mit struktureller Armut zu kämpfen haben, die Kluft noch grö‎ßer wird. George Roman, ein Programmdirektor von Rettet die Kinder, warnt:




    “Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir das Land mit den niedrigsten Investitionen in die Bildung sind und nur durch eine schrittweise Erhöhung der Investitionen den europäischen Durchschnitt erreichen können. Derzeit investiert Rumänien 3-3,2 % seines BIP in die Bildung, während der europäische Durchschnitt bei 5 % liegt. Es gibt also einen gro‎ßen Nachholbedarf, damit eine Schule auf dem Land genauso aussieht wie eine in der Stadt. Das ist das Anständigste, was eine Regierung für rumänische Kinder tun kann. Kein Kind sollte wegen seines Geburtsortes zu Armut und mangelnder guter Bildung verdammt sein!”

  • Hohe Armutsquote in Rumänien

    Hohe Armutsquote in Rumänien


    Trotz der Pandemie und der anschlie‎ßenden kriegsbedingten Energiekrise war Rumänien in der Europäischen Union immer noch ein Wirtschaftswachstumsland. Zudem hat das Land in den anderthalb Jahrzehnten seit dem EU-Beitritt zahlreiche Milliarden Euro investiert, um sich zu entwickeln und zu anderen Mitgliedsländern aufzuschlie‎ßen. Für mehr als ein Drittel der Rumänen ist es schwierig oder unmöglich, einen angemessenen Lebensunterhalt zu erreichen. Nach Angaben von Eurostat waren im vergangenen Jahr mehr als 34 % der rumänischen Bürger von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht — der höchste Wert unter den EU-Ländern im Jahr 2022. Die Länder, die auf Rumänien folgten, waren Bulgarien (32 %), Griechenland und Spanien (beide 26 %). Die niedrigsten Anteile verzeichneten die Tschechische Republik (rund 12 %), Slowenien (13 %) und Polen (16 %). Im vergangenen Jahr waren rund 95 Millionen Menschen in der EU, d. h. ein Fünftel der Bevölkerung, von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Sie lebten in einem Haushalt, der sich in mindestens einer der folgenden drei Situationen befand: Armut, schwere materielle und soziale Entbehrung und/oder Leben in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsintensität. Die Zahlen blieben im Vergleich zu 2021 relativ stabil. Das Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung in Europa war im Jahr 2022 für Frauen höher als für Männer. Eine kürzlich veröffentlichte Studie ergab, dass 2022 in Rumänien keine gro‎ße Nachfrage nach Flugreisen oder Urlaubspaketen bestand. Die Mehrheit der Rumänen, so die Studie, fürchtet sich vor der Zukunft und plant, mehr Geld zu sparen und in Bildung zu investieren. Die Kaufkraft lag in Rumänien nur halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt. Rumänien lag damit an 31. Stelle von 42 untersuchten Ländern. Nach Angaben des Nationalen Instituts für Statistik lag das durchschnittliche monatliche Gesamteinkommen in Rumänien im vergangenen Jahr bei etwa 1.300 € pro Haushalt. Das war fast 14 % mehr als im Jahr 2021. Aber dieser Fortschritt hatte keinen Einfluss auf den Lebensstandard. Die Inflation schmälerte die Einkommen. In den Städten betrug das monatliche Einkommen über 7.000 Lei (etwa 1.400 €) und lag damit 1,3 Mal höher als auf dem Land. Die Ausgaben der Rumänen entfielen mit 60 % auf den Haushaltsverbrauch und mit 30 % auf Steuern. Ein Drittel des Haushaltsbudgets wurde für Lebensmittel ausgegeben, gefolgt von Wohnkosten und Versorgungsleistungen.


  • Minderjährige Schwangere und Mütter: Ohne Bildung kein Fortschritt

    Minderjährige Schwangere und Mütter: Ohne Bildung kein Fortschritt





    10 % der Geburten in Rumänien entfallen auf Mütter im Teenageralter, während europaweit 45 % der Geburten bei Mädchen unter 15 Jahren sich in Rumänien ereignen, womit das Land in dieser Hinsicht einen negativen Rekord aufstellt und den ersten Platz in der EU-Statistik einnimmt. Dies berichtet die Organisation Save the Children“, die in einem Bericht auch den Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau und dem Alter der minderjährigen Mütter in benachteiligten ländlichen Gemeinden aufzeigt. 85 % der Mütter und schwangeren Frauen unter 18 Jahren gehen nicht zur Schule, die meisten brechen sie vor der Schwangerschaft ab. Rund 10 % der jungen Frauen in dieser Situation haben noch nie eine Schule besucht, und drei Viertel von ihnen haben die Schule vor der 8. Klasse abgebrochen.



    Besorgniserregend ist au‎ßerdem, dass 4 von 10 schwangeren Frauen oder minderjährigen Müttern während der Schwangerschaft keine ärztliche Betreuung in Anspruch nehmen oder höchstens ihren Hausarzt aufsuchen. Ein Drittel der jungen werdenden Mütter gibt an, dass sie während der Schwangerschaft keine medizinischen Untersuchungen durchführen lie‎ßen, wobei der Hauptgrund dafür Geldmangel ist — die Hälfte der betroffenen Familien hat ein monatliches Einkommen von weniger als tausend Lei, was umgerechnet nur etwa 200 Euro entspricht. Gleichzeitig nutzten 80 % keine Verhütungsmethode, weil sie sich darüber nicht informiert hatten.



    Dieser Teufelskreis aus Armut und bildungsfernem Milieu scheint sich au‎ßerdem im eigenen Familien- oder Bekanntenkreis zu reproduzieren. Die von Save the Children“ veröffentlichte Statistik zeigt auch, dass drei Viertel der Mütter oder schwangeren Minderjährigen Verwandte oder Bekannte haben, die ebenfalls ein Kind bekommen haben, als sie unter 18 Jahre alt waren. Und ein Drittel dieser jungen Mütter wurde selbst von Minderjährigen auf die Welt gebracht.



    Im Landkreis Sălaj (im Nordwesten Rumäniens) werden Dutzende von Mädchen durch ein Programm unterstützt, das von einer speziell dafür gegründeten Arbeitsgruppe initiiert wurde. Im Rahmen des Programms erhalten minderjährige Mütter medizinische, soziale und erzieherische Hilfe, um die Integration in die Gesellschaft zu erleichtern. Violeta Milaș, Leiterin des örtlichen Amtes für Sozialhilfe und Kinderschutz, kennt den sozialen Hintergrund dieser jungen Mütter:



    Die meisten von ihnen kommen aus ländlichen Gebieten, wo diese jungen Mädchen — minderjährige Mütter fast noch im Kindesalter — keine Ausweispapiere oder Geburtsurkunden haben, ihre Familienangehörigen arbeiten im Ausland und sind folglich weit weg. Wenn sie im Krankenhaus ankommen und entbinden, haben sie weder eine Geburtsurkunde noch einen Personalausweis. Die Registrierung des Kindes wird somit zu einem Problem. Die Erziehung und Bildung in diesen Familien sind äu‎ßerst prekär; viele gehen davon aus, dass es normal sei, in diesem Alter Kinder auf die Welt zu bringen. Wir mussten ihnen grundlegende Dinge über Hygiene beibringen, und dann müssen sie es schaffen, ihre eigenen Kinder zu erziehen. In Gemeinden, in denen es geschulte Sozialarbeiter und medizinische Hilfskräfte gibt, sieht man schon positive Ergebnisse — in dem Sinne, dass die Fälle bekannt und registriert sind, dass wir ihnen etwas beibringen und dass für diese Mütter die Situation dadurch etwas einfacher wird.“




    In Bukarest wurde im Gesundheitsministerium vor einem Jahr nach langer Zeit wieder ein Referat für die Gesundheit von Müttern und Kindern eingerichtet. Darüber hinaus wird an der Einrichtung von landesweit rund 200 integrierten Gemeindezentren gearbeitet. Sie sollen ihre Arbeit in Gebieten aufnehmen, in denen gefährdete Bevölkerungsgruppen leben, und sowohl medizinische als auch soziale Dienste anbieten. Minister Alexander Rafila bestätigt jedoch, dass die zentralen Behörden auf eine Partnerschaft mit den lokalen Behörden angewiesen sind, damit schwangere Frauen und junge Mütter Zugang zu Gesundheits- und Sozialdiensten bekommen können. Der Minister ist auch der Ansicht, dass die Bildung von entscheidender Bedeutung ist und dass die Zahl der minderjährigen Mütter in Rumänien nur dann verringert werden könnte, wenn sie zur Schule gingen und die Gesundheitserziehung zu einem festen Bestandteil des Lehrplans würde.



    Ich denke, das Hauptproblem ist der Zugang zur Bildung und zweitens — aber nicht unbedingt zweitrangig, sondern in direktem Zusammenhang damit — der Zugang zur Gesundheitserziehung. Der Zugang zur Gesundheitserziehung ist sehr wichtig, der Ansatz ist multidisziplinär, es geht nicht allein um Sexualkunde, und wir sollten vermeiden, uns auf diesen Bereich der Sexualerziehung zu beschränken. Wir haben eine neue Bildungsministerin, und ich bin überzeugt, dass wir eine Lösung finden werden, damit die Gesundheitserziehung ein reguläres Lehrfach wird, das für alle Altersgruppen geeignet und Teil des Lehrplans ist. Aber wir können keine Gesundheitserziehung betreiben, wenn diese Kinder nicht zur Schule gehen. Es liegt auf der Hand, dass das Problem mit dem kulturellen Hintergrund zusammenhängt: Minderjährige Mütter gehören oft Minderheiten an, sind ein Teil sozial gefährdeter Gruppen, die traditionell sehr jung heiraten und deshalb so früh Kinder bekommen.“




    Im Juli 2022 wurde in Rumänien ein Gesetz verabschiedet, das ab der 8. Klasse der Sekundarstufe Gesundheitsunterricht einführt, an dem die Schüler mit Zustimmung ihrer Eltern teilnehmen können. Nach Ansicht der Präsidentenberaterin Diana Păun müsste die Gesundheitserziehung auch deshalb vorrangig sein, weil sie den heutigen und künftigen Generationen ermöglichen würde, sich angemessen zu informieren und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen.



    Im Rahmen der Gesundheitserziehung ist die Sexualkunde ein wichtiger Bestandteil, der das Potenzial hat, diese wenig erfreulichen — um nicht zu sagen: schwarzen — Statistiken zu ändern. In ländlichen und abgelegenen Gemeinden ist der Bedarf an funktionsfähigen Arztpraxen in Schulen, an Sexualerziehung und Familienplanungsdiensten am grö‎ßten, und der Nationale Wiederaufbau- und Resilienzplan räumt diesem Bereich Priorität ein. Investitionen in die Ausstattung und Instandsetzung von Familienplanungskliniken in gefährdeten Regionen mit einer hohen Zahl von Teenager-Schwangerschaften und einer hohen Zahl von sexuell übertragbaren Krankheiten sind ein wichtiger Pfeiler in den Zuwendungen für die Gesundheit und werden zu erheblichen Verbesserungen beitragen.“




    Eine Reform, die zu weitreichenden Veränderungen führt, muss sich auch mit den Humanressourcen im Gesundheitswesen befassen — mit der erforderlichen Anzahl von Fachkräften mit geeigneten Spezialisierungen und ihrer optimalen geografischen Verteilung auf landesweiter Ebene. Au‎ßerdem müssen Informationen gesammelt und ein umfassendes Bild der Gesundheit von Müttern und Kindern in sozial isolierten und nicht integrierten Gemeinschaften entwickelt werden. Die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen den Sozialämtern, dem Gesundheitsressort und den Bildungseinrichtungen sind ebenfalls von wesentlicher Bedeutung. All diese Schritte sind unerlässlich, denn Experten sind sich einig, dass eine Schwangerschaft in äu‎ßerst jungen Jahren mit grö‎ßeren gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Au‎ßerdem setzt eine frühe Mutterschaft junge Mütter dem Risiko aus, die Schule abbrechen zu müssen und in den Teufelskreis der Armut zu geraten — mit Auswirkungen, die von Generation zu Generation weiterreichen.

  • Nationale Strategie zur Armutsbekämpfung

    Nationale Strategie zur Armutsbekämpfung


    Die Regierung in Bukarest verabschiedete am Mittwoch die nationale Strategie für soziale Eingliederung und Armutsbekämpfung sowie den Aktionsplan für 2022–2027. Ziel dieser ist es, die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen bis 2027, um mindestens 7 % gegenüber 2020 zu senken. Nach den im vergangenen Jahr veröffentlichten Eurostat-Daten betrug der Anteil, der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen, 2019 31,2 % der rumänischen Bevölkerung. D. h. etwa 6 Millionen Menschen waren von der Armut betroffen. Im Vergleich zu 44,2 % im Jahr 2008, was etwa 9 Millionen Menschen entsprach.




    Die nationale Strategie sieht Ma‎ßnahmen zur Armutsbekämpfung, Sozialhilfeleistungen, Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, Möglichkeiten der sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe von gefährdeten Gruppen sowie Wiedereingliederungs- und Resilienz-Ma‎ßnahmen im Kontext der Coronapandemie oder anderen au‎ßergewöhnlichen Situationen vor. Das von der Exekutive verabschiedete Dokument legt vier strategische Ziele fest: Die Gewährleistung eines angemessenen Lebensstandards für alle und die Überwindung vorübergehender Armut, damit diese nicht zu strukturellen Problemen der Armut und sozialen Ausgrenzung führen, die Tätigung von soziale Investitionen, die direkt auf die Hauptursachen der intergenerativen Übertragung von Armut einwirken, die Modernisierung des Sozialschutzsystems und nicht zuletzt die Verbesserung der Verwaltungskapazität zur Koordinierung dieser Ma‎ßnahmen. Die Finanzierung der im Aktionsplan festgelegten Ziele und Ma‎ßnahmen erfolgt hauptsächlich aus europäischen Mitteln, aber auch aus dem Haushalt der einzelnen zuständigen oder beteiligten Behörden.




    Ebenfalls auf der Regierungssitzung wurden ca. 32 Millionen Euro für die Einrichtung von 100 Sozialzentren für ältere Menschen ohne Unterkunft bereitgestellt. Gemä‎ß dem Vorsitzenden der regierenden Koalitionspartei PSD, Marcel Ciolacu wird die Regierung demnächst auch das Essensgeld für Patienten von 11 auf 20 Lei (etwa 4 Euro) am Tag erhöhen. Ihm zufolge, erörterten dies die Gesundheitsminister und Finanzminister, sodass die Ma‎ßnahme spätestens nächste Woche in Kraft treten dürfte. Diese ist eine Notma‎ßnahme aufgrund des beschleunigten Anstiegs der Lebensmittelpreise. Das Paket sozialer und wirtschaftlicher Ma‎ßnahmen für die Bevölkerung soll am kommenden Montag auf einer Sitzung der Regierungskoalition besprochen werden. Der Vorschlag der PSD sieht Gutscheine in Höhe von 50 Euro, alle zwei Monate, für Personen mit einer Rente von weniger als 1.500 Lei (ca. 300 Euro) und Gutscheine in Höhe von 30 Euro für Unterrichtsmaterialien und Kleidung für Kinder alleinerziehender Eltern oder abhängig vom Einkommen der Eltern vor. Nach Ansicht der Sozialdemokraten könnte dieses Sozialpaket, das auch die Zustimmung der Europäischen Kommission hat, mit europäischen Mitteln in Höhe von fast 700 Millionen Euro finanziert werden. Der Vorschlag des Regierungspartners, der PNL, sieht vor, dass mindestens bis Juni nächsten Jahres Lebensmittelgutscheine im doppelten Wert, von rund 100 Euro, gewährt werden.


  • Nachrichten 13.04.2021

    Nachrichten 13.04.2021

    COVID-19 IN RUMÄNIEN – 3.883 neue COVID-19-Infektionen wurden in den letzten 24 Stunden in Rumänien gemeldet, teilte die Gruppe für strategische Kommunikation am Dienstag mit. 193 damit verbundene Todesfälle wurden in diesem Zeitraum ebenfalls bestätigt. 13.661 Menschen, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, befinden sich derzeit in Krankenhäusern, davon 1.530 auf der Intensivstation. Seit Beginn der Pandemie wurden in Rumänien über eine Million Infektionen gemeldet, 90% der Infizierten haben sich erholt. Über 1,5 Millionen Rumänen haben bereits beide Dosen des Impfstoffs gegen COVID erhalten.



    COVID-19 IN DER WELT – Die Gesamtzahl der COVID-19-Infektionen hat 137 Millionen Menschen weltweit überschritten, 110 Millionen Menschen haben sich erholt und 3 Millionen Menschen sind gestorben, so das neueste worldometers.info-Update. Mehr als ein Drittel der Opfer wurde aus Europa gemeldet, wo die Zahl der Todesopfer eine Million überschritten hat. Damit ist Europa der Kontinent mit den meisten COVID-bedingten Todesfällen, noch vor Lateinamerika und der Karibik, den Vereinigten Staaten und Kanada, dem Nahen Osten und Afrika.



    UNTERSUCHUNG – Der rumänische Gesundheitsminister Vlad Voiculescu teilte am Dienstag
    mit, dass er bei der Abteilung für öffentliche Gesundheit in Bukarest das
    Betriebserlaubnis der mobilen Intensivstation des Krankenhauses Victor Babeş
    beantragt habe. Er fügte hinzu, dass die
    Normen hinsichtlich der Hygiene und der öffentlichen Gesundheit eingehalten
    werden.Die rumänischen Behörden haben eine Untersuchung im Victor Babeş Krankenhaus für Infektionskrankheiten in Bukarest eingeleitet, wo am Montag drei an COVID-19 erkrankte Patienten starben. Der Leiter der Abteilung für Notfallsituationen, Raed Arafat, sagte, die Patienten seien gestorben, nachdem eine Fehlfunktion im Sauerstoffversorgungssystem der mobilen Einheit, in der sie behandelt wurden, festgestellt wurde. Weitere fünf Patienten, die überlebt haben, wurden in andere Krankenhäuser verlegt. Raed Arafat sagte, dass etwa 155 Patienten am Montag in den Notaufnahmen der Krankenhäuser Sauerstoff benötigten. Derzeit befinden sich landesweit über 1.500 Menschen auf der Intensivstation.



    INFLATION – Die jährliche Inflationsrate in Rumänien ist im März auf 3,1% gesunken, von 3,2% im Februar, berichtet das Nationale Statistikinstitut. Preiserhöhungen wurden für Non-Food-Produkte, 4,37%, Lebensmittel, 1,59% und Dienstleistungen, 2,21% gemeldet. Die Rumänische Nationalbank schätzt eine Inflationsrate von 2% am Ende des ersten Quartals des Jahres und 2,5% für das Ende des Jahres.



    UNESCO – Rumänien ist stolz darauf, zum ständigen Kampf
    um die höchsten Werte der Menschheit beizutragen, indem es auf den Listen des
    universellen Erbes mit 8 Zielen und kulturhistorischen und natürlichen
    Ensembles sowie mit 7 Traditionen auf der Liste des immateriellen Erbes
    vertreten ist. sagte am Dienstag der Präsident der Abgeordnetenkammer Ludovic
    Orban.Eine Podiumsdiskussion mit dem Titel Rumäniens UNESCO-Welterbe – Herausforderungen und Lösungen wird heute vom rumänischen Parlament veranstaltet, ein Ereignis, das 65 Jahre seit dem Beitritt Rumäniens zur UNESCO markiert. Auf der Teilnehmerliste stehen die Sprecher der beiden Parlamentskammern, Vertreter der Rumänischen Akademie und des Rumänischen Kulturinstituts, des Nationalen Kulturerbe-Instituts und der Rumänischen UNESCO-Nationalkommission. Die UNESCO-Welterbeliste umfasst auch eine Reihe von Kulturstätten aus Rumänien, wie Kirchen in Moldawien, das Kloster Horezu, befestigte Kirchen in Siebenbürgen, dakische Zitadellen im Orăștiei-Gebirge, das historische Zentrum von Sighișoara, Holzkirchen in Maramureș, sowie Naturstätten – das Donaudelta, altgewachsene Birkenwälder in den Karpaten.



    ARMUT – Mehr als ein Drittel der rumänischen Eltern in gefährdeten Gemeinden im ländlichen Raum können ihre Familien ganz oder teilweise mit Mahlzeiten versorgen, so eine Umfrage, die World Vision Rumänien, eine Organisation, die humanitäre Notfallprogramme mit dem Schwerpunkt Kinderwohlfahrt durchführt, im Jahr 2020 in von Armut betroffenen Gemeinden durchgeführt hat. Der Quelle zufolge waren 41 % der Befragten gezwungen, die Ausgaben für die Familie zu kürzen, wobei einer der Hauptgründe darin besteht, dass mehr als ein Viertel der Eltern in den ländlichen Gebieten ohne Arbeit und damit ohne Einkommensquelle ist, auch gezwungen durch die Unmöglichkeit, aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen eine Beschäftigung zu finden. 1 von 10 Kindern in ländlichen Gebieten geht fast täglich mit leerem Magen zu Bett, wie auch die Umfrage von World Vision Rumänien zeigt.

  • Rumäniens Teenage-Mütter: Armut und soziales Umfeld ausschlaggebend

    Rumäniens Teenage-Mütter: Armut und soziales Umfeld ausschlaggebend

    Hauptgrund für die desolaten Zustände ist der Mangel an Aufklärung und die extreme Armut. Die Organisation Save the Children“ hilft den Müttern, da es für sie und die Babys zu psychologischen und körperlichen Traumata kommen kann. Gabriela Alexandrescu, die geschäftsführende Präsidentin von Save the Children“, kennt die Lage vor Ort.



    Rumänien liegt bei der Zahl der Mütter unter 15 Jahren auf Platz 1 und bei der Zahl der Mütter unter 19 Jahren auf Platz 2, hinter Bulgarien. Fast 10% aller Geburten entfallen auf Mütter unter 19 Jahren. Was uns Sorgen macht, ist, dass es in Rumänien jährlich fast 750 Geburten bei Mädchen unter 15 Jahren gibt.“




    Kinder, die Kinder kriegen, sagt Gabriela Alexandrescu, die auch die typischen Probleme einer werdenden Teenagermutter beschreibt:



    Der grö‎ßte Teil der Schwangerschaften betrifft Mädchen, die aus sozial schwachen Familien stammen. Nur 52% der Teenager-Mütter lassen sich vom Arzt wie empfohlen untersuchen, obwohl 90% von ihnen beim Hausarzt angemeldet sind. Eine mögliche Erklärung ist, dass 90% der Mütter, die in ländlichen Gebieten leben, für eine gynäkologische Untersuchung in einen anderen Ort fahren müssen und das Geld nicht haben, sich das zu leisten.“




    Oftmals sind diese Mädchen auch Schulabbrecherinnen, was ihre berufliche Zukunft ernsthaft gefährdet, fügt Gabriela Alexandrescu an. Stichwort Zukunft: Abgesehen davon, dass das Leben einer Mutter im Teenageralter zu einem überwältigenden Teil völlig aus den Fugen gerät, haben auch ihre Kinder kein leichtes Leben.



    Eine Schwangerschaft im Teenageralter stellt eine besondere Herausforderung für die medizinischen und sozialen Dienste, für die Schule, die Familie und in erster Linie für die werdende Mutter dar. Sie setzt sie einer Reihe von besonderen Risiken aus. Medizinisch, aber auch in Bezug auf ihre schulische Situation. Die Folgen sind hart, sowohl für die Mutter als auch für ihr Kind — Schulabbruch, Armut, Arbeitslosigkeit. Die Mütter können gesundheitliche Probleme bekommen, wie Anämie, Depressionen, Blutungen. Andererseits gibt es höhere Kindersterblichkeit, mehr Frühgeburten, Totgeburten oder verzögertes Wachstum. Laut einer Umfrage von »Save the Chilrdren« haben 5 von 10 Müttern noch nie eine Untersuchung beim Frauenarzt gehabt, und deshalb ist die Frühgeburtenrate um das Vierfache gestiegen. Au‎ßerdem ist die Impfrate bei den Kindern von Müttern im Teenageralter um 10-20% geringer als bei den Kindern anderer Mütter.“




    Oft beginnen die Probleme in der Familie der werdenden Mutter, sagt Gabriela Alexandrescu.



    Nach den Informationen zu urteilen, die wir vor Ort bekommen haben, konnten wir sehen, dass sehr viele rumänische Familien am Rande der Armut leben müssen. In der Regel haben die sozial unterstützten Familien viele Kinder, während die Unterkünfte nicht das richtige Umfeld für die Entwicklung sicherstellen. Es gibt Fälle, wo sich 4, vielleicht 5 Kinder verschiedener Altersklassen ein Zimmer teilen. Mit einem Besuch bei Haus- oder Fachärzten (da schwangere Mädchen eine vorgeburtliche Untersuchung benötigen, während Mütter medizinische Dienste, einschlie‎ßlich Familienplanung, in Anspruch nehmen müssen) sind hohe Kosten verbunden, so dass die Mädchen nicht in der Lage sind, zum Arzt zu gehen, wenn es am nötigsten ist. Es ist wichtig, dass sich eine Reihe von personalisierten Diensten entwickelt, die den Zugang zu ortsnaher Unterstützung erleichtern.“




    Durch eine Vielzahl von Programmen engagiert sich ihre Organisation im Leben der jungen Mütter und ihrer Kinder, eröffnet Gabriela Alexandrescu von Save the Chilrdren“:





    »Save the Children« hat umfassende Programme zur Unterstützung von schwangeren Mädchen und Müttern im Teenageralter in den unterprivilegierten ländlichen Regionen entwickelt: Neben der Versorgung von Krankenhäusern lag uns die Eindämmung der Kindersterblichkeit durch Frühgeburten am Herzen. Bislang haben wir 100 Entbindungsstationen mit 850 Kits für fast 100.000 Neugeborene erreich. »Save the Children« hat in 14 Landkreisen und 42 Kommunen ein Netzwerk der sozialen Eingliederung und der Armutsbekämpfung auf lokaler Ebene geschaffen, um schwangeren Frauen und Mädchen und ihren Kindern unter fünf Jahren integrierte nachhaltige und hochwertige Dienste anzubieten.“




    Die Organisation bietet medizinische Unterstützung, informiert schwangere Mädchen über die Wichtigkeit des Stillens, über die Bedeutung von Impfungen, von richtiger Ernährung. »Save the Children« hilft mit Nahrung, stellt Medikamente, Vitamine und alles bereit, was eine Mutter braucht. Mehr als 55.000 Frauen konnte bisher geholfen werden. Der Verein erstellt auch Info-Support-Material zu verschiedenen Themen wie die Bedeutung von Umarmungen und die postpartale Depression, da es wichtig ist, dass jede Frau wei‎ß, was sie durchmachen kann. Das Material wurden von Neonatologen und Psychologen zusammengestellt. In mehreren Entbindungsstationen im ganzen Land laufen Spots über TV-Bildschirme — mit Informationsmaterial, das sich die Mütter noch im Krankenhaus ansehen können. Nun plant die Organisation, auch in die Republik Moldau zu gehen und dort ihre Dienste anzubieten.

  • Integration von behinderten Kindern: viele Akteure gefragt

    Integration von behinderten Kindern: viele Akteure gefragt

    Die Kampagne Gemeinsam aufwachsen, gemeinsam stärker werden“ wurde vom Ministerium für Arbeit und Sozialschutz über seine Nationale Behörde für die Rechte von Behinderten, Kindern und Adoptionen ins Leben gerufen wurde. Die anderen Partner sind das Bildungsministerium und der UNICEF. In Rumänien gibt es offiziell etwa 70.000 behinderte Kinder, von denen etwa die Hälfte in Sonderschulen isoliert sind, während die anderen, die in reguläre Schulen gehen, keine besondere Hilfe erhalten. Selbst wenn Rumänien die UN-Konvention über die Rechte von Behinderten unterzeichnet hat und sich damit verpflichtet, von Sonderschulen auf integrative Schulen umzusteigen, geht es nach Ansicht des UNICEF-Vertreters für Rumänien, Gabriel Vockel, nur langsam voran. Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen geben jedes Jahr Tausende von Euro für die Behandlung aus, während Kinder, deren Eltern sich das nicht leisten können, in Heimen oder Institutionen isoliert bleiben, so Mădălina Turza von der Nationalen Behörde für die Rechte von Behinderten, Kindern und Adoptionen:



    Leider gibt es in Rumänien derzeit nur etwa 270 Tagesbetreuungs- oder Therapiezentren, was bedeutet, dass wir landesweit nur eine begrenzte Anzahl von Diensten haben, die nur eine minimale Abdeckung bieten, und das für weniger als 18% der behinderten Kinder in Rumänien. Und deshalb sind die Dinge so komplex und schwierig, wenn es darum geht, für die Eingliederung zu sorgen. Au‎ßerdem befinden sich etwa 36% der Kinder unter besonderem Schutz aufgrund von Armut und 8% aufgrund von Behinderungen in dieser Situation. Das bedeutet, dass diese Kinder ohne ausreichende und wirksame Therapie am Ende in eine Anstalt eingewiesen werden.“




    Das fehlende Engagement des Staates bei der Unterstützung von Kindern mit Behinderungen führt laut Mădălina Turza zur Vernachlässigung:



    Eine der Prioritäten, die ich und die Behörde haben, ist die Regelung der sogenannten ‚Pausendienste‘ für behinderte Kinder, denn in Rumänien tragen die Familien dieser Kinder eine schrecklich schwere Last, sie haben keinen Platz, wo sie ihre Kinder für ein paar Stunden oder für einen oder zwei Tage unter Aufsicht lassen könnten, um die Probleme, die sie haben könnten, zu bewältigen. Deshalb sind diese Eltern überfordert, und für die Kinder steigt von da an das Risiko des Verlassenwerdens. Wir haben in allen Bezirken mobile Teams für die Frühförderung behinderter Kinder und für die Integration in die Gemeinschaft geschaffen, und wir haben Pläne, diese Dienste weiter zu finanzieren. Dies ist ein entscheidender Aspekt bei der Integration von Kindern mit Behinderungen. Wir brauchen gut ausgebildete Spezialisten, die mit verschiedenen Arten von Therapien, Intervention und Genesung arbeiten, mit allen fürsorglichen Diensten, die behinderte Kinder brauchen.“




    In Rumänien gibt es Tausende von Fällen, in denen Kinder mit Behinderungen diskriminiert oder ausgegrenzt werden, weil nicht alle Lehrer für die Arbeit mit ihnen ausgebildet sind. Es gibt Bezirke in Rumänien, die nur einen ausgebildeten Lehrer für je 150 behinderte Kinder haben. Die Ministerin für Bildung und Forschung Monica Anisie versprach, dass die Zahl der Berater in den Schulen bald steigen wird:



    Ich plane, die Zahl der Vertrauenslehrer im voruniversitären Bildungssystem und in der Lehrerausbildung zu erhöhen. Ich habe Gespräche mit Vertretern der Universitäten geführt, um im Schuljahr 2020 eine höhere Zahl von Vertrauenslehrern zu erreichen, weil die Gesellschaft in diesem Bereich Hilfe braucht. Wir planen, gemeinsam daran zu arbeiten, das Schulpersonal in den Kompetenzen der Arbeit mit behinderten Kindern zu schulen. Wir ermutigen die Eltern, sich uns anzuschlie‎ßen, wir ermutigen das Lehrpersonal, die Kinder zu unterstützen und angehende Lehrer durch kontinuierliche Weiterbildung oder durch Erstausbildung zu spezialisieren.“




    Die Diskriminierung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen findet in ganz Europa statt, nicht nur in Rumänien. UNICEF-Daten zeigen, dass mindestens 75% der 5,1 Millionen behinderten Kinder, die in Mittel- und Osteuropa sowie in Zentralasien leben, keine hochwertige Bildung erhalten. Ebenfalls laut UNICEF gibt es weltweit über 93 Millionen behinderter Kinder.

  • IWF revidiert Schätzungen für die globale Wirtschaft nach unten

    IWF revidiert Schätzungen für die globale Wirtschaft nach unten

    Die Prognose des IWF ist auf die stärker als erwartete negative Auswirkung der Pandemie auf die Weltwirtschaft in der ersten Jahreshälfte zurückzuführen und die für 2021 erwartete Erholung soll laut IWF langsamer vonstatten gehen als ursprünglich erhofft. Dem jüngsten Bericht über die Weltwirtschaft zufolge, sind die negativen Auswirkungen auf die Haushalte besonders signifikant, da sie die in den 1990er Jahren erzielten Fortschritte bei der Reduzierung der extremen Armut weltweit gefährden. Während der IWF im April schätzte, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3% zurückgehen wird, deuten die neuen Prognosen auf eine Schrumpfung um 5% hin.



    Es wird erwartet, dass die US-Wirtschaft um 8% schrumpfen wird, während für die Eurozone ein Rückgang um 10,2% prognostiziert wird. Spanien und Italien werden zu den am stärksten betroffenen Ländern gehören. Der IWF geht davon aus, dass die Insolvenzzahlen in Spanien bis 2021 um 22% und in Italien um 37% gegenüber 2019 ansteigen werden. Dem Geschäftsumfeld in den beiden Ländern geht es jedoch besser als in der Zeit vor der globalen Finanzkrise von 2009. Bis zum dritten Quartal des vergangenen Jahres war es den spanischen Unternehmen gelungen, ihre Schulden um bis zu 20% zu reduzieren. Das Gleiche gilt für die Unternehmen in Italien, obwohl es ihnen gelang, ihre finanzielle Situation in geringerem Ma‎ße zu verbessern. Für Rumänien rechnet der IWF damit, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um 5% schrumpft, bevor sie sich 2021 wieder erholt. Für das kommende Jahr rechnet IWF allerdings mit einem Wachstum von 3,9%.



    Darüber hinaus zeigte die IWF-Prognose einen explosionsartigen Anstieg der Arbeitslosenquote Rumäniens von 3,9% im Jahr 2019 auf 10,1% im Jahr 2020 und einen erneuten Rückgang auf 6% im Jahr 2021. Der Arbeitsmarkt wurde weltweit von der Pandemie schwer betroffen. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation, seien von den rund 2 Milliarden nicht gemeldeten Arbeitnehmern auf globaler Ebene etwa 80% kritisch betroffen. Aber es gibt auch ermutigende Anzeichen, so der IWF. Die fiskalischen und finanziellen Ma‎ßnahmen, die in einigen Ländern zu Beginn der Krise ergriffen wurden, um die Auswirkungen der Pandemie abzuschwächen, trugen dazu bei, kurzfristig schlimmere Verluste zu vermeiden. Die Arbeitszeitverkürzung und die Unterstützung der Arbeitnehmer durch Urlaubsregelungen und vorübergehende Aussetzung der Arbeit senkte die Arbeitslosenquote, während die finanzielle Unterstützung für Unternehmen viele Firmen vor Insolvenz rettete. In einigen Fällen haben die Ma‎ßnahmen der Zentralbank die Liquidität verbessert und den Anstieg der Kreditkosten begrenzt, so der IWF-Bericht.


  • Pandemie in Armutsmilieus: Benachteiligte soziale Gruppen haben es besonders schwer

    Pandemie in Armutsmilieus: Benachteiligte soziale Gruppen haben es besonders schwer

    Erwartungsgemä‎ß verschlimmern die Covid-19-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Einschränkungen die Situation bestimmter benachteiligter Gruppen. Eine davon sind die Kinder. UNICEF Rumänien hat in Partnerschaft mit öffentlichen Einrichtungen und NGO die Schwierigkeiten untersucht, die die Jüngsten unter uns und die benachteiligten der Gesellschaft haben. Am schlimmsten betroffen sind Kinder aus sozial schwachen Familien, Kinder aus Roma-Familien, Kinder von Arbeitsmigranten und Kinder mit Behinderungen.



    Die Ma‎ßnahmen, die ergriffen wurden, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie einzudämmen, können ihre Situation sogar verschlechtern, indem der Zugang zu sozialen und medizinischen Diensten eingeschränkt wird oder das Risiko für häusliche Gewalt und Arbeitslosigkeit steigen. Schulschlie‎ßungen und Fernunterricht stellen zusätzliche Herausforderungen dar, insbesondere in den Gemeinschaften, in denen Kinder öfter die Schule abbrechen. Carmen Lică, Geschäftsführerin des Step-by Step-Zentrums für Bildung und berufliche Entwicklung, bewertet die Auswirkungen der im Bildungsbereich ergriffenen Ma‎ßnahmen:



    Kinder in sozial schwachen Familien sind von den jüngsten Ma‎ßnahmen zur Einführung des Online-Unterrichts am stärksten betroffen, weil sie nur begrenzten Zugang zu IT-Geräten und Internet haben. Die Ungleichheit beim Zugang zum Online-Unterricht vergrö‎ßert die bestehende Schere. Es fehlt an IT-Geräten. Entweder weil die Familien oder Schulen keine haben, oder weil es nicht genug davon gibt. Erschwerend kommt hinzu, dass es in einigen Gebieten nur einen schlechten oder gar keinen Internet-Anschluss gibt. Auch bei der Nutzung dieser Geräte gibt es Einschränkungen, weil einige Eltern, Kinder oder Lehrkräfte über keine oder nur unzulängliche digitale Kenntnisse verfügen. Roma-Kinder haben zusätzliche Schwierigkeiten, weil viele in Gemeinschaften leben, in denen es weder IT-Geräte noch einen Internetzugang gibt. Dies bedeutet, dass die Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang viel komplexer sind.“




    Auch die Sozialhilfe, die normalerweise von der lokalen Verwaltung gewährleistet wird, ist in Mitleidenschaft gezogen. Betreuer können z.B. nicht mehr so oft wie früher in die Gemeinden gehen und verfügen nicht immer über adäquate Schutzbekleidung. Hinzu kommt, dass die Betreuungskräfte nicht immer ausreichend ausgebildet sind, um unter den besonderen Bedingungen der Pandemie und des Ausnahmezustands eingreifen zu können. Besonders schwer haben es Jugendliche in Heimen und Kinderschutzeinrichtungen, sagt Andreeas Novacovici, Vorsitzender des Rates der betreuungsbedürftigen Jugendlichen:



    Die grö‎ßten Schwierigkeiten gehen von der begrenzten Mobilität — die Situation der betreuten Kindern kann nicht mehr überprüft werden — und dem Mangel an Hygieneartikeln — sowohl für betreute Kinder als auch für das Personal in den Heimen — aus. Betreute Jugendliche haben uns erzählt, dass sie in den letzten Wochen noch nicht einmal einkaufen gehen oder ihre Freunde kurz besuchen durften. Die Situation wurde ihnen nicht ausreichend erklärt, sie wurden nicht ausreichend informiert, um zu verstehen, was in dieser Zeit vor sich geht und warum ihnen einige Rechte vorübergehend beschnitten wurden. Der Zugang der betreuten Kinder zu Gesundheitsdiensten wurde auch stark eingeschränkt. Die Beschränkung direkter ärztlicher Besuche in Heimen, die Nutzung von Online- oder Telefonkonsultationen sowie die Schlie‎ßung der Zahnarztpraxen bildeten die grö‎ßten Schwierigkeiten im Gesundheitsbereich. Darüber hinaus war es schwer, Medikamente für chronische oder Autoimmunkrankheiten zu bekommen.“




    Die Kommunikationsprobleme scheinen weit verbreitet zu sein. Nicht nur den betreuten Kindern wurde der Grund der Beschränkungen nicht ausreichend erklärt, sondern auch den Roma-Gemeinschaften. In diesem Fall müssten Roma-NGO vor Ort präsent sein, um einer der am stärksten benachteiligten Gruppe zu helfen, forderte kürzlich eine von der Weltbank in Partnerschaft mit der UNICEF durchgeführte Bewertung. Tatiana Proskuryakova arbeitet für die Weltbank und ist für Rumänien und Ungarn zuständig:



    Zuerst möchte ich sagen, dass die Gemeinschaft der Roma schon vor der Krise benachteiligt war. Wir wissen sehr wohl, dass man dort dicht zusammen wohnt und der Zugang zu einer Grundinfrastruktur beschränkt ist. Ich nenne nur einige Beispiele: 68% der Roma-Haushalte haben keinen Wasseranschluss und 78% haben kein Bad oder eine Toilette im Haus. Es ist klar, dass die erforderlichen Hygienema‎ßnahmen unter diesen Bedingungen schwer einzuhalten sind. Wegen der beengten Wohnverhältnisse können die Distanzierungsregeln nicht eingehalten werden, und wir erwarten, dass die Infektionsrate in der Roma-Gemeinschaft über die der nationalen Rate steigt. Die Gemeinschaft der Roma ist auch in Bezug auf Erziehung und Gesundheitsversorgung benachteiligt. Mit der Verlagerung dieser Dienste in den Online-Bereich wird alles noch komplizierter. Wir wissen, dass die Pandemie auch wirtschaftliche Folgen hat. Viele Menschen werden arbeitslos. Im Falle der Roma ist alles noch komplizierter, denn viele von ihnen haben befristete Verträge oder arbeiten schwarz.“




    Die eingeschränkte Tätigkeit der Hausärzte wirkt sich auch auf die Gesundheit der benachteiligten Gemeinschaften aus. Vor allem Kinder leiden darunter, geht aus der von UNICEF durchgeführten Studie hervor.

  • „Casa bună“: private Hilfe für Kinder in einem Problemviertel Bukarests

    „Casa bună“: private Hilfe für Kinder in einem Problemviertel Bukarests

    Valeriu Nicolae ist Informatiker mit Berufserfahrung in den Vereinigten Staaten und Kanada, war Gründer des ersten Think-Tanks für Roma-Fragen in Rumänien, ist Mitglied des Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte und der regionale Leiter von World Vision International und war Staatssekretär in der rumänischen Regierung im Jahr 2016. Er hat sich stets für die Rechte der Unterprivilegierten eingesetzt, denn er selbst kommt aus einem Problemumfeld, er gehört der Volksgruppe der Roma an und kennt sehr wohl die Probleme der Marginalisierten. Er wei‎ß, wie wichtig es vor allem für Kinder ist, die Möglichkeit zu haben, das Ghetto zu verlassen.



    Aus diesem Grund begann er bereits 2007 zusammen mit einer Gruppe von Freiwilligen in eine der Schulen in Ferentari zu arbeiten und half den Kindern bei ihren Hausaufgaben. Die Schule befand sich in der Nähe der sogenannten Drogenallee“, einem Ort, an dem täglich mindestens 50 Menschen kiffen, sagt Valeriu Nicolae. Müll, Ratten, Kakerlaken, 14 Quadratmeter gro‎ße Studios, in denen bis zu 6 Menschen dicht gedrängt leben — all das macht das Leben der Menschen in Ferentari aus. Mit Hartnäckigkeit und der Hilfe von Freiwilligen gingen die Kinder des Viertels im Sommer 2019 an den Wochenenden in die Schule, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Sie füllten bis zu 5 Klassenzimmer, erinnert sich Valeriu Nicolae:



    Wir halfen ihnen bei ihren Hausaufgaben. Aber wir haben viel mehr getan als das: Wir haben Behindertenausweise für einige ihrer behinderten Eltern besorgt, wir haben Menschen mit gesundheitlichen Problemen geholfen — von Menschen, die zum Zahnarzt mussten oder eine Herzoperation brauchten, bis hin zur Entfernung von Polypen, Zahnextraktionen oder kieferorthopädischen Behandlungen. Wir haben versucht, so gut wir konnten, zu helfen. Fast jedes Kind, mit dem wir arbeiteten, stand kurz davor, die Schule abzubrechen. Keines von ihnen gab auf. Von über hundert Kindern bereiten uns nur noch zwei Sorgen. Es war alles eine Katastrophe. Sobald sie in die fünfte Klasse kamen, brachen die meisten von ihnen die Schule ab. Jetzt haben wir sogar Kinder, die ins Gymnasium gehen. Die Situation hat sich definitiv verbessert. Wir kümmern und darum, dass sie auch warme Mahlzeiten erhalten.“




    Es lief gut, vielleicht zu gut, denn die Verwaltung des 5. Bezirks beschloss, genau an dieser Schule ein eigenes Sozialhilfeprogramm durchzuführen und zwang Valeriu Nicolae und sein Team von Freiwilligen, ihre Arbeit aufzugeben. Valeriu Nicolae gab aber nicht auf und gründete das Gute Haus“. In einem Gebäude nahe seiner Wohnung, unweit des Stadtteils Ferentari, kommen nun Kinder aus dem Ghetto für au‎ßerschulische Aktivitäten. Aus Spenden und mit freiwilliger Unterstützung war das Gute Haus nur einen Monat nach dem Kauf des eigentlichen Hauses, im Herbst 2019, fertig renoviert und konnte eröffnet werden. Valeriu Nicolae erinnert sich:



    Wir kauften zwei Kleinbusse, und gemeinsam mit den Privatfahrzeugen der Freiwilligen brachten wir die Kinder an jedem Wochenende in das Gute Haus. Wir hatten bis zu 100 Kinder. Wir haben eine gro‎ßartige Bibliothek eingerichtet, und es ging aufwärts. Wir haben Hilfe von vielen erhalten, zum Beispiel von berühmten Köchen, die hierherkamen, um für die Kinder zu kochen.“




    Die Dinge liefen wieder gut, bis die Covid-19-Pandemie und der damit verbundene Notstand kamen. Schulen wurden geschlossen, Isolation wurde zur Norm. Die Kinder können nicht mehr in das Gute Haus kommen. Valeriu Nicolae hat dennoch eine Lösung gefunden:



    Die Kinder machten Fortschritte, und wir konnten die Tätigkeiten nicht einfach absagen. Deshalb begann ich, im ganzen Ghetto Computer und Hotspots einzurichten. Man spendete mir eine Reihe von unbegrenzten Internetzugangskonten, und ich erhielt von verschiedenen Leuten einen Haufen älterer Handys. Wir kamen sehr schnell voran, und ich kehrte zu meinem alten Job als Informatiker zurück und schaffte es, alles zu installieren, was installiert werden musste. Wir brachten die Terminals zum Laufen und statteten sie mit Lernsoftware aus. Jetzt haben wir über 50 Freiwillige, die jeden Tag mit diesen Kindern online arbeiten. Sie bleiben und arbeiten von zu Hause aus, und wir halten die Verbindung zu den Kindern aufrecht.“




    Die heutigen Einschränkungen und die Stilllegung der Wirtschaft erschweren vielen Menschen, vor allem in Ghetto, das Leben. Valeriu Nicolae und sein Team von Freiwilligen erhalten jedoch Spenden von verschiedenen Unternehmen und versorgen die Menschen vor Ort:



    Wir schaffen es, den Bedarf an Lebensmittel zu decken. Viele Menschen, die dort leben, haben ihren Arbeitsplatz verloren. Unseren Familien geht es auch in der Zeit der Isolation gut. Wir haben es geschafft, ihnen alles lebensnotwendige zur Verfügung zu stellen. Ich hoffe, das wird uns auch weiterhin gelingen, denn das Leben in Ghetto wird immer schwerer. Obwohl mich die Menschen dort, auch diejenige, die Drogen nehmen, gut kennen, steigt die Gewaltbereitschaft. Auch die Drogenabhängigen wollen was zu Essen. Sie wissen, dass ich Essen für die Kinder bringe, aber sie wollen auch essen. Die häusliche Gewalt sowie Missbrauchsfälle jeder Art haben zugenommen. Leider kommt in eine Wohngegend wie diese keiner, um all diesen negativen Entwicklungen Einhalt zu gebieten.“




    Valeriu Nicolae schätzt, nur in Bukarest lebten dutzende benachteiligter Kinder, die nicht die Möglichkeit haben, am Online-Unterricht teilzunehmen und die in dieser Zeit der sozialen Isolation, in der auch die Schulen geschlossen sind, der Schule endgültig den Rücken kehren könnten.

  • Nachrichten 31.01.2020

    Nachrichten 31.01.2020

    Um Mitternacht verlässt Großbritannien die Europäische Union. Das geschieht zum ersten Mal seit der Gründung der Union. Die britische Wirtschaft machte 15 % der Wirtschaft der Union aus und London ist die Weltfinanzmetropole. Großbritannien war auch das EU-Land mit dem größten Verteidigungshaushalt. London trat der EU 1973 bei, 16 Jahre nach der Unterzeichnung des Vertrags von Rom und 22 Jahre nach der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl durch Frankreich, Westdeutschland, Italien und die Benelux-Staaten. Vor zwei Jahren beschloss London durch Referendum, die EU zu verlassen. Dieser Schritt war der Auftakt zu einem komplizierten Verhandlungsprozess, der mit zahlreichen inneren Blockaden verbunden war und zu zwei Runden vorgezogener Wahlen führte. Die Übergangsphase, die an diesem Samstag beginnt, wird Ende dieses Jahres enden, wenn Großbritannien hofft, einen Konsens über eine Reihe von Aspekten in seinen künftigen Beziehungen zur EU erreicht zu haben. Eine große Rolle spielt dabei ein Handelsabkommen, das darauf abzielt, eine Reihe von Steuern und Zöllen zu verhindern, die in den Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und den EU-Staaten auftreten können. Während seines Treffens mit der britischen Geschäftswelt in Rumänien hat Premierminister Ludovic Orban seine Unterstützung für enge Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien in der Zukunft zum Ausdruck gebracht. Rumänien bedauert die Entscheidung des Vereinigten Königreichs und hofft, dass es ein enger Partner und ein vertrauenswürdiger Verbündeter bleibt, mit dem es das gleiche Wertesystem teilt, sagt Präsident Klaus Iohannis in einer Presseerklärung. Er betonte, Bukarest habe als Hauptziel den Schutz der legitimen Rechte und Interessen der im Vereinigten Königreich lebenden, arbeitenden und studierenden rumänischen Staatsbürger. Für die Zukunft will Rumänien seine strategische Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich vertiefen, damit die bilateralen Beziehungen nach dem Brexit gestärkt werden können, sagt Präsident Iohannis.



    Rumänien hat Fortschritte bei der Verringerung der Armut bei Erwerbstätigen gemacht, hat das EU-Statistikamt Eurostat heute mitgeteilt. Dennoch war das Land im Jahr 2018 mit 15,3% gegenüber einem europäischen Durchschnitt von 9,5% das EU-Mitglied mit dem höchsten Armutsrisiko unter den Erwerbstätigen. Finnland, die Tschechische Republik, Irland, Belgien und Kroatien sind demnach die EU-Staaten mit dem niedrigsten Grad an Armut unter Erwerbstätigen. Die Daten von Eurostat zeigen einen zunehmenden Trend der Armut unter den Menschen mit Arbeitsplätzen in der gesamten Europäischen Union, aber die stärksten Rückgänge wurden in Griechenland, Lettland und Rumänien festgestellt.



    In Rumänien wurde bisher keine Infektion mit dem Coronavirus bestätigt, hat der ministerielle Ausschuss für die Verwaltung und Überwachung der möglichen Infektionen mit dem neuen Virus mitgeteilt. In Flughäfen und medizinischen Einheiten, die für die Behandlung möglicher Infektionsfälle vorgesehen sind, wurden Vorbeugungsmaßnahmen getroffen. Die nationale Behörde für Verbraucherschutz in Rumänien hat versichert, dass kein Kontaminationsrisiko durch aus China importierte Waren besteht, da das Virus außerhalb des menschlichen Körpers eine Lebensdauer von 24 Stunden hat und der Transport von Waren von China nach Rumänien etwa 35 Tage dauert. Die Weltgesundheitsorganisation hat das neue Coronavirus zu einem weltweiten Notfall erklärt, da die Zahl der Todesfälle in China bei 213 liegt.



    Der Misstrauensantrag der sich in der Opposition befindenden soziak-demokratischen Partei gegen die liberale Regierung in Bukarest wird am Montag dem Parlament vorgelegt. Der Antrag der Sozialdemokraten wurde beschlossen, nachdem die von Ludovic Orban geführte Exekutive fast vor einem Halbjahr die Vertrauensfrage für ein Projekt zur Wiedereinführung der Bürgermeisterwahl in zwei Runden gestellt hatte. Nach Angaben des Präsidenten der Abgeordnetenkammer und PSD-Interimsführers Marcel Ciolacu befinden wir uns derzeit in der schwersten Krise des Machtmissbrauchs. Die Liberalen argumentieren jedoch, dass das neue Wahlsystem die Vertretung und Legitimität der Kandidaten erhöhen wird. Die Sozialdemokraten sagen, dass der Antrag von 233 Abgeordneten unterstützt werden könnte, die eine Chance haben, die Schwelle zu überwinden. Premierminister Orban sagt, er sei zu jedem Ergebnis bereit und seine Ziele seien die Gewährleistung einer stabilen Regierungsführung und der Sieg bei den künftigen Kommunal- und Parlamentswahlen.



    Sport: Die rumänische Rugby-Nationalmannschaft trifft am Samstag in Tiflic auf Georgien. Die Partie zählt zum Eröffnungsspiel der Rugby-Europa-Meisterschaft 2020, dem ehemaligen Europapokal der Nationen, an dem die europäischen Zweitklassemannschaften teilnehmen. Die rumänische Delegation ist nach Georgien gereist, wobei der Stammposten durch die Abwesenheit einiger Rugby-Spieler wegen der Grippe beeinträchtigt ist. Für den bevorstehenden Wettbewerb in Tiflis steht ein neuer Cheftrainer an der Spitze der rumänischen Delegation, der Engländer Andy Robinson, dessen Debüt bei der rumänischen Mannschaft genau das Spiel gegen Georgien ist. In einer Woche reist Rumänien nach Portugal, zu einem Spiel gegen die portugiesische Nationalmannschaft. Die Ausgabe 2020 der Rugby-Europa-Meisterschaft ist interessant und vor allem sehr ausgewogen, zumal Georgien und Russland an der jüngsten Ausgabe der Weltmeisterschaft teilgenommen haben. Auch Rumänien und Spanien sind fest entschlossen, sich einen Platz in der bevorstehenden Weltmeisterschaft zu sichern, während das Spiel Belgien gegen Portugal einfach ein Überleben des Stärkeren ist.

  • Kinderrechte in Rumänien: Bericht einer NGO bescheinigt kritische Lage

    Kinderrechte in Rumänien: Bericht einer NGO bescheinigt kritische Lage

    Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz UN-Kinderrechtskonvention, ein Dokument, das auch von Rumänien ratifiziert wurde. 30 Jahre später verfassten die NGO Save the Children“ und der Ombudsmann in Rumänien eine Studie über die mangelhaftesten Kapitel Rumäniens im Hinblick auf den Schutz der Kinderrechte in Rumänien. Von der wirtschaftlichen Situation der Kinder, die zum Schulabbruch führen kann, bis hin zur Kinderarbeit, Ausbeutung von Minderjährigen und Gewalt gegen Kinder sieht die Zusammenfassung der 30-jährigen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Rumänien nicht ermutigend aus. Dazu Gabriela Alexandrescu, geschäftsführende Präsidentin der Organisation Save the Children“ Rumänien:



    Die Situation der Kinder in Rumänien ist nach wie vor kritisch. 30 Jahre nach der Ratifizierung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes lebt ein Drittel der Kinder in Rumänien unterhalb der Armutsgrenze, und es gibt eine chronische und recht gro‎ße Spaltung zwischen Stadt und Land in Bezug auf die Achtung der Rechte des Kindes, wie das Recht auf Gesundheit, Bildung und menschenwürdiges Leben. Auch der Schulabbruch ist extrem hoch und beeinflusst die Entwicklung der Gesellschaft erheblich. Rumänien hat leider die höchste Kindersterblichkeitsrate in der EU: Obwohl der Trend rückläufig ist, blieb die Kindersterblichkeitsrate bei 6,5‰ gegenüber dem EU-Durchschnitt von 3,6‰. In Rumänien werden auch die höchsten schweren Entbehrungen bei Kindern in der EU vermerkt: In diesem Zusammenhang beträgt der Prozentsatz bei den rumänischen Kindern 21,5%, verglichen mit dem EU-Durchschnitt von 5,9%.“




    Obwohl Rumänien aus legislativer Sicht die meisten Empfehlungen der UN-Kinderrechtskonvention übernommen hat, waren die Fortschritte der letzten zehn Jahre bei den Kapiteln Kindersterblichkeit, Schutz vor Gewalt und Armutsbekämpfung eher bescheiden. In vielen Bereichen haben sich der Lebensstandard und der Zugang zu Dienstleistungen für Roma-Minderjährige und für Minderjährige mit Behinderungen sogar verschlechtert, so der Bericht der Organisation Save the Children“ über die Achtung der Kinderrechte in Rumänien. Au‎ßerdem ist der allgemeine Zugang zur Bildung — einschlie‎ßlich Erziehung über Gesundheit und Fortpflanzung — aufgrund vieler sozialer Probleme mangelhaft. Rumänien ist beispielsweise das europäische Land mit den meisten minderjährigen Müttern: Es gibt über 17.000 minderjährige Schwangere pro Jahr, und fast 800 dieser jungen Mütter sind unter 14 Jahre alt. Gabriela Alexandrescu mit Details:



    Infolge des Schulabbruchs während der Grundschule und in der Hauptschule verlieren wir durchschnittlich 30.000 Kinder, die keine Schule mehr besuchen. Und die Beteiligung von Roma-Kindern am Schulunterricht ist immer noch gering.“




    Hinzu kommt, dass die Schule in einigen Fällen kein günstiges Umfeld ist; auch in der Schule ist die Gewalt präsent, die ohnehin das Leben vieler Kinder dominiert. Mehr dazu von Gabriela Alexandrescu, der geschäftsführenden Präsidentin der Organisation Save the Children Rumänien“:



    Viele Eltern oder Familienmitglieder wenden verbale, emotionale und körperliche Gewalt an, um ihre Kinder zu ‚erziehen‘. Fast zwei Drittel der Kinder geben an, dass sie unter einer solchen Praxis der Erziehung in der Familie leiden. In der Schule ist eines von drei Kindern Opfer oder Zeuge von Bullying oder Mobbing. Unsere Kinder werden mit viel Gewalt konfrontiert.“




    Um die Fälle der Nichteinhaltung der Rechte von Minderjährigen zu verringern, verfügt der Ombudsmann seit 2018 über eine spezialisierte Abteilung. Der Kinderombudsmann übernimmt und bearbeitet Beschwerden über die Verletzung eines oder mehrerer Rechte von Personen im Alter unter 18 Jahren. Was der Kinderombudsmann im ersten Jahr seiner Aktivität geleistet hat, erfahren wir von der Fachberaterin Ligia Crăciunescu:



    Dieses Jahr haben wir 517 Beschwerden und 425 Meldungen von Amts wegen registriert. Es gab über 90 Untersuchungen in Fällen von möglichen Verletzungen der Kinderrechte, und der Kinderombudsmann erteilte über 50 Empfehlungen in Bezug auf diese Rechte. Es gab 156 Telefonmeldungen und rund 200 Gespräche mit betroffenen Personen in der Hauptstadt und in der Provinz. Alle diese Daten beziehen sich auf mögliche Verletzungen der Rechte des Kindes.“




    Ein Beispiel für einen Fall, der durch die Initiative eines Kinderbeauftragten gelöst wurde, war der eines 12-jährigen Jungen aus dem Kreis Dâmboviţa, der von seinem eigenen Vater zur Arbeit geschickt wurde. Die ersten Informationen kamen zunächst aus den Medien, sagt Ligia Crăciunescu.



    Sobald uns diese Nachricht bekannt wurde, schaltete sich der Kinderombudsmann von selbst ein und forderte das Sozial- und Jugendamt Dâmboviţa auf, Auskunft über diesen Fall zu geben und die erforderlichen rechtlichen Ma‎ßnahmen zu treffen. Als Ergebnis dieser Aktion teilte uns das Sozial- und Jugendamt Dâmboviţa mit, dass das mobile Team des Jugendamtes und mehrere Vertreter der örtlichen Behörden — Polizei und Rathaus — an Ort und Stelle waren und einen 12-jährigen Jungen auf der Wiese der Stadt Găeşti fanden, der sagte, dass er sich täglich morgens bis abends um eine Kuhherde kümmern müsse. Der Vater wusste, dass sein Sohn arbeitete und nahm das Geld, mit dem das Kind für seine Arbeit bezahlt wurde. Das Kind wurde sofort in ein Kinderzentrum gebracht und erhielt Sonderbetreuung und Psychotherapie, um dieses Trauma zu überwinden.“




    Laut Statistiken einer anderen NGO, World Vision Romania, gehen 11% der benachteiligten Kinder in Rumänien arbeiten, anstatt die Schule zu besuchen.