Tag: Frauen

  • Frauengesundheit und Opferschutz: feministische Organisation führt Info-Kampagne durch

    Frauengesundheit und Opferschutz: feministische Organisation führt Info-Kampagne durch

    Es gibt auch Statistiken zu den Folgen des Informationsmangels. Zum Beispiel war jede fünfte rumänische Frau nie im Leben zur Untersuchung beim Arzt, und 20% der schwangeren Frauen gingen während ihrer Schwangerschaft auch nie zum Arzt. Bis zu 10% der frischgebackenen Mütter sind Minderjährige, und Rumänien gehört zu den Ländern mit den höchsten Raten von Brust- und Gebärmutterhalskrebs. Um diese Lage zu bekämpfen, hat die feministische Organisation Centrul Filia ein Projekt namens Bona Dea“ (lateinisch für Gute Göttin“) ins Leben gerufen, das die Gesundheit und Sicherheit von Frauen fördert. Andreea Rusu, Vertreterin des Filia Centers, beteiligte sich an dem Projekt und erzählte uns von den Zielen und was die Organisation seit letztem August erreicht hat:



    Mit diesem Projekt wollten wir Frauen einen sicheren Raum bieten, in dem sie über ihre Probleme sprechen können, aber auch nützliche Informationen von Experten erhalten. Wir besuchten 18 Dorfgemeinden, in denen wir über die Gesundheit von Müttern und Stillen, über die Vorbeugung von Brust- und Gebärmutterhalskrebs sowie über die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sprachen. Wir waren auch in 6 Städten, in denen wir über dieselben Themen sprachen, aber auch über Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und die Bekämpfung der sexuellen Belästigung. In sechs Monaten haben wir uns mit rund 1700 Frauen getroffen und sind 11000 km gefahren für 85 Treffen. Leider stellten wir fest, dass Informationsmangel nicht nur in ländlichen, unterentwickelten Gebieten, sondern auch in Städten weit verbreitet ist. So ist Rumänien in der EU bei der Prävention von Brust- und Gebärmutterhalskrebs eines der Schlusslichter. Bei der Anzahl der durch diese Art von Krebs verursachten Todesfälle stehen wir an erster Stelle. Dies geschieht auch, weil Frauen nicht wissen, wie sie die ersten Anzeichen für diese Krankheit erkennen können.“




    Als Teil des Bona Dea“-Projekts konnten Vertreter des Filia-Zentrums die Statistiken bestätigen und die Mentalität und Gebräuche dahinter verstehen. Andreea Rusu:



    In Rumänien haben wir immer noch nicht über Sexualität, Verhütung oder gar Sexualerziehung diskutiert. Das ist tabu. Dies geschieht, obwohl nach Angaben von UNICEF das Durchschnittsalter, in dem die Menschen ihr Sexualleben beginnen, bei15,5 Jahren liegt. Viele Frauen haben jedoch keinen Zugang zu Informationen. Zum Beispiel wissen viele nicht, was eine Bauchhöhlenschwangerschaft ist. Im besten Fall hörten sie, dass jemand anderes es hatte, und bekamen Angst. Sie verstehen nicht, warum sie während der Schwangerschaft zum Arzt gehen müssen. Oft sehen sie es als Luxus und verstehen nicht, dass die Gesundheit des Babys von medizinischen Untersuchungen abhängt. Sie verstecken sich hinter einigen Mythen.“




    Dies könnte genau der Grund sein, warum die ersten derartigen Kontakte schwieriger waren, wie von einer anderen Programmteilnehmerin, Elena Samoilă, in Erinnerung gerufen wurde:



    Frauen waren anfangs sehr zurückhaltend. Dies war mein Eindruck, alles kam ihnen seltsam vor, sie kannten uns nicht, sie wussten nicht, was sie zu erwarten hatten und warum sie sich die Zeit nehmen mussten, um zu unseren Meetings zu kommen. Nach dem ersten Treffen zum Thema Gesundheit von Müttern und Stillen, sahen wir jedoch, dass sie an Informationen interessiert waren. Deshalb kamen sie zurück, stellten Fragen und waren in unseren Diskussionen sehr aktiv.“




    Andreea Rusu erzählte uns, dass sie mit der Kommunalverwaltung und der Polizei ganz andere Erfahrungen gemacht hätten:



    Leider sind die Behörden manchmal inkompetent oder unwillig. Auf der positiven Seite haben wir auch einige au‎ßergewöhnliche Menschen getroffen: Sozialarbeiter oder Gesundheitspersonal, die jeden Tag in die Gemeinschaft gehen, die Probleme der Menschen kennen und wissen, wie man ihnen helfen kann. Wir haben au‎ßergewöhnliche Frauen in der Polizei getroffen, die sich wirklich engagierten. Es ist wahr, dass wir einige hässliche Interaktionen mit den Behörden hatten, aber sie verblassen im Vergleich zu den guten Erfahrungen, den Lernerfahrungen für uns.“




    Die Einbeziehung der örtlichen Polizei ist für die Durchsetzung von Gesetzen gegen häusliche Gewalt von entscheidender Bedeutung. In Rumänien wird jede vierte Frau von ihrem Partner oder ehemaligen Partner körperlich oder sexuell angegriffen. Im Jahr 2017 wurden über 20.000 Fälle von Körperverletzung oder anderen Formen von Gewalt unter Familienangehörigen bei der Polizei angezeigt. Im Juli 2018 verbesserte sich die Situation, als in Rumänien Gesetze über einstweilige Verfügungen in Kraft traten, die als vorläufiger Schutz“ bezeichnet wurden. 150 solcher Verfügungen wurden innerhalb von 10 Tagen nach Einführung des Gesetzes erlassen. Andreea Rusu sagte uns, dass die erste Hürde darin besteht, dass sich die Behörden selbst an diese Situation gewöhnen müssen:



    Wenn unter den Behörden die Mentalität besteht, dass der Platz einer Frau »am Herd« liegt, dass allein Frauen die Kinder sauber halten und aufziehen müssen, dann sind die Informationen, die sie verbreiten müssen, verzerrt. Wenn ein Polizeibeamter der Meinung ist, dass eine Frau Prügel verdient hat, weil sie das Haus nicht sauber gemacht hat, dann liegt es nahe, dass dieser keine einstweilige Verfügung erlassen und ihre Rechte nicht schützen wird.“




    Elena Samoilă kennt ihrerseits die Schwierigkeiten, mit denen sich insbesondere Opfer von häuslicher Gewalt konfrontieren:



    Natürlich hat eine Frau, die häusliche Gewalt erleidet, nicht den Mut, sich bei einem Polizeibeamten zu beschweren, um den Schutz zu erhalten, auf den sie Anspruch hat. Dieses Gesetz zur einstweiligen Verfügung wurde eingeführt, damit ein Polizeibeamter es vor Ort ausstellen kann, indem er ein Formular ausfüllt. Mit dieser Verfügung kann der Angreifer für bis zu fünf Tagen aus der Nähe des Opfers entfernt werden. In dieser Zeit hat das Opfer die Möglichkeit, ein Gerichtsverfahren einzuleiten und vom Gericht eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung zu erreichen.“




    Das Bona Dea“-Projekt wurde im Sommer letzten Jahres gestartet und wird Ende dieses Monats enden. Die Vertreter des Filia Centers hoffen, dass der Informationsmangel sich dadurch verringern wird.

  • Geschlechter im Dialog: Straßenfest für Frauen und Männer im Turnus

    Geschlechter im Dialog: Straßenfest für Frauen und Männer im Turnus

    Der Herbst ist die Jahreszeit der Feste. Zwar denken wir im Herbst in der Regel an Erntefeste, die die Feldarbeit und ihre Früchte feiern, doch diesmal handelt es sich um ein verschiedenes Fest. Wir bleiben nämlich in der Stadt, in Bukarest, der rumänischen Hauptstadt, um genauer zu sein. Denn heuer findet hier ein den Männern gewidmetes Festival statt. Das Fest findet in der Mătăsari-Stra‎ße statt, wo alljährlich im Sommer das Fest Frauen in der Mătăsari-Stra‎ße“ veranstaltet wird. Dieses Mal treten aber die Männer in den Vordergrund. Handwerker, Künstler, Kunstgewerbler stellen sich und ihre Geschäfte zu diesem Anlass vor.



    Iulian Văcărean vertritt den Verein Beneva. Der Verein hat auch in der Vergangenheit verschiedene ähnliche Veranstaltungen organisiert. Er gab uns mehr Einzelheiten zur Entstehung des Festes:



    Wir glauben, Männer und Frauen sind gleich. Auch wenn derzeit viel über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen gesprochen wird. Nach 8 Jahren, in denen in der Mătăsari-Stra‎ße ein lediglich den Frauen gewidmetes Fest stattgefunden hat, wollten wir ein Fest für Männer veranstalten. Unsere Absicht war, begabte Handwerker, Künstler, Kunstgewerbler, Designer bekannt zu machen. Wir wollten sie an einem Ort zusammenbringen, so dass sie auch die Möglichkeit haben, die Ergebnisse ihrer Arbeit vorzustellen.“




    Iulian Văcărean erzählte uns darüber hinaus, was wir beim Fest finden werden:



    Es beteiligen sich bewährte Handwerker wie z.B. Daniel Leş mit seinem Töpferrad — denn die Erde ist der Ursprung von allem. Es kommen Schmiede und bauen hier in der Stra‎ße eine Werkstatt auf, wo sie den Leuten zeigen, wie das Eisen bearbeitet wird. Darüber hinaus kommen auch Vertreter jüngerer Berufe: Designer, Schneider, die mit Leder arbeiten, Männer, die Werbeagenturen leiten, Musiker, Maler. Die Mătăsari-Stra‎ße wird sich in einem Begegnungsort der Freunde verwandeln. Unter dem Motto »Friends Forever« bieten wir Frauen und Männern aus verschiedenen Berufskategorien die Möglichkeit, sich anzufreunden.“




    Und zumindest dem Anschein nach ist es auch geschehen. Neben den Karikaturisten, die sich nach dem Motto Noch hat sich keiner über dich lustig gemacht, allerdings ist noch Zeit genug dafür!“ richteten, trafen zusammen Fahrrad-Ingenieure, die kundenspezifische Fahrräder entwerfen, die Jungs von der legendären Fahrradmarke Pegas, die häufig aktiv mitwirken, aber auch Modedesignerinnen, begeistert von ihrem Erfolg.



    Simona Gonciulea erzählte uns, warum sie zum Festival Männer in der Mătăsari-Stra‎ße“ kam.



    Ich schaffe Produkte für Männer — verschiedene Taschen, gewobene Schuhe — und ich wollte sie den Männern zeigen. Die Besucher waren sehr begeistert, ich habe einige Produkte verkauft und ich nehme auch Bestellungen im Internet an.“




    Cristina ist Modedesignerin. Sie ist seit weniger Zeit mit ihren Produkten auf den Markt eingetreten. Allerdings schätzt sie das Fest Frauen in der Mătăsari-Stra‎ße“ hoch und dachte, es sei eine gute Gelegenheit, ihre Ware bekannt zu machen:



    Ich stelle eine Kleiderkollektion für Kinder im Alter zwischen 1 und 7 Jahren vor. Es sind einfache Kleidungstücke, geschlechtsneutral, in schwarz, grau und hellbraun. Die einzige starke Farbe ist gelb. Ich entschied, am Festival »Männer in der Mătăsari-Stra‎ße« teilzunehmen, weil ich es eine gute Initiative finde. Es kommen anständige Menschen zusammen. Ich habe alljährlich an das Festival für Frauen teilgenommen, doch mein Geschäft besteht seit lediglich 7 Monaten. Am Festival im Sommer war ich nicht bereit, als Ausstellerin teilzunehmen, deshalb wollte ich es jetzt unbedingt versuchen.“




    Iulian Văcărean bestätigte einmal mehr den nicht ausschlie‎ßenden Charakter der Veranstaltung:



    Die Veranstaltung richtet sich nicht ausschlie‎ßlich an Männer. Zwar wollen wir die Männer in den Vordergrund bringen, doch auch die Frauen sind herzlichst willkommen. Männer und Frauen arbeiten sehr gut zusammen, vor allem in kreativen Bereichen. Eben das wollen wir hervorheben.“




    Bei dem Fest Frauen in der Mătăsari-Stra‎ße“ ist das Rennen auf Absätzen einer der lustigsten und unterhaltsamsten Momente. Daher wollten wir von Iulian Văcărean erfahren, was für eine Probe die Männer bestehen müssen:



    Ich glaube, die Männer hacken Holz. Ein Fachmann wird den Teilnehmern beibringen, wie Holz professionell gehackt wird. Wir werden mit der Kettensäge Baumstämme formen. Es gibt zahlreiche interessante Tätigkeiten. Das den Männern gewidmete Fest findet im Herbst statt, deshalb war es schwierig, die gleichen Aktivitäten wie im Sommer anzubieten. Dieses Fest will eine Verlängerung des sommerlichen Festes sein — eine Herbstausgabe. Künstler, Handwerker, Geschäftsmänner, die Bukarest in eine schönere, freundlichere Stadt verwandeln möchten, beteiligen sich daran.“




    Gute Laune und Heiterkeit herrschten beim diesjährigen Fest. Die Musik der 1980er Jahre begleitete die Veranstaltungen. Hausgemachte Getränke und Speisen ergänzten das Angebot. Sollte es ein gro‎ßes Erfolg werden, so versprechen die Veranstalter, das Fest Männer in der Mătăsari-Stra‎ße“ alljährlich zu wiederholen.

  • Weibliches bürgerliches Engagement: Frauen-Empowerment nimmt zu

    Weibliches bürgerliches Engagement: Frauen-Empowerment nimmt zu

    Das gemeinschaftliche Engagement von Frauen hat in letzter Zeit zugenommen, ebenso wie sich der Unternehmergeist von Frauen entwickelt hat, aber auch ihre Präsenz auf der politischen Bühne. Der Buchmarkt hat diesen Fortschritt bemerkt. In dieser Hinsicht wurde 2011 ein Projekt gestartet. Dabei handelt es sich um drei Bände, koordiniert von der Ökonomin und Politikerin Andreea Paul-Vass und veröffentlicht im Verlag Polirom. In diesen erzählen mehrere Frauen ihre Erfolgsgeschichten in der Politik, Wirtschaft und im Bereich des Bürger-Aktivismus. Der letzte Band mit dem Titel Die bürgerliche Kraft der Frauen“ wurde dieses Jahr veröffentlicht und zeigt, dass Frauen die Mehrheit in den NGO darstellen. Andreea Paul-Vass dazu:



    Im Jahr 2011 erschien »Die Politische Kraft der Frauen«, das über weibliche Akteure aus allen politischen Parteien berichtete. Im Jahr 2106 erschien der zweite Band, »Die wirtschaftliche Kraft der Frauen«, zu dem absolut au‎ßergewöhnliche Unternehmerinnen beitrugen, und im Jahr 2018 war es notwendig, dem bürgerlichen Geist des weiblichen Geschlechts Wert zu verleihen. Jedes Mal, wenn einer der Bände veröffentlicht wurde, war ich in den jeweiligen Bereichen aktiv. Deshalb fand das Projekt sofort Anklang bei mir und ich und hörte den Geschichten der anderen Damen zu, die so wagemutig waren, ihren bürgerlichen Geist zu aktivieren. Wir Frauen haben einen angeborenen Reflex, Dinge neu auszugleichen, die Gesellschaft zu verschönern, Ungerechtigkeiten zu korrigieren. In der Zivilgesellschaft dominieren Frauen. Auf der Karte der sozialen Erneuerer tragen Frauen zu 53% zur Gründung und zur Führung von NGO bei. Im Unternehmertum sind die Dinge nicht so gut, aber auch nicht gerade schlecht. Was die wirtschaftliche Macht der Frauen angeht, ist heute in Rumänien einer von drei Unternehmern weiblich. In der Politik ist die Situation weit entfernt von den wirtschaftlichen und zivilen Bereichen. Als das Buch »Die Politische Kraft der Frauen« erschien, hatten wir etwa 10%–11% Frauen im Parlament. Hier hat sich in weniger als einem Jahrzehnt die Zahl der Frauen im rumänischen Parlament verdoppelt.“




    Die Empathie der Frauen kann eine Erklärung dafür sein, dass sie an vielen Sozialhilfeaktionen, gemeinschaftlichen Hilfsprojekten, medizinischen oder Umweltprojekten beteiligt sind. Aber im Falle Rumäniens gibt es noch eine Erklärung, die jetzt von der Journalistin Daniela Palade Teodorescu, Chefredakteurin der Zeitschrift Cariere“ (dt. Karrieren“), erläutert wird.



    Diese Frauen zeigen praktisch, dass es Bürgerstärke gibt, und es gibt gute Beispiele von Menschen — besonders von Müttern –, die sich nie beschwert haben, dass sie ein krankes Kind haben und der Staat nichts tut, dass sie kranke Eltern oder behinderte Kinder haben. Sie sagten einfach: ‚Ich bin die Veränderung! Es hat keinen Sinn, auf etwas vom System zu erwarten, darauf zu warten, dass die Veränderung von oben kommt. Ich werde für die Rechte meiner Kinder, meiner Eltern oder der Leidenden kämpfen.‘ In der Tat beschäftigt sich dieses Buch mit dem, was ich gerne ‚die Kraft der Verwundbarkeit‘ nenne. Das sind Frauen, die einst am Limit waren, überwältigt wurden und deshalb sagten, sie wollten etwas für andere in derselben Situation tun. Es gibt viele anonyme Helden, Frauen, die in einer unverdienten Anonymität gearbeitet haben und nicht verstehen, warum man über sie spricht. Sie meinen, dass sie tun, was sie tun, weil sie ihre Not überwinden mussten. Aber nachdem sie ins Rampenlicht gerückt sind, hat man sie noch mehr motiviert, sie sahen sich darin bestätigt, dass das, was sie tun, richtig ist, also machen sie weiter und setzen ihre Arbeit fort.“




    Die Geschichten der 100 Frauen, die in dem Buch Die bürgerliche Kraft der Frauen“ veröffentlicht wurden, zeigen ebenfalls weibliche Solidarität. Der Wert einer Frau ergibt sich auch aus der Anzahl anderer Frauen, denen sie hilft, aufzustehen“, sagt eine der Protagonistinnen des Buches. Daniela Palade Teodorescu hat weitere Details:



    Wenn du ein Kind mit Autismus hast und von einer Praxis zur anderen gehst, von einem Krankenhaus zum anderen, wenn dieses Kind nicht korrekt diagnostiziert wird, sagst du dir: ‚Du kannst so nicht weitermachen, du musst etwas für das Kind tun! Irgendwann werde ich verschwinden, aber in welcher Welt wird das Kind leben? Wer wird sich um dieses Wesen kümmern? Wie wird es selbstständig leben?‘ Dank sozialer Netzwerke gelingt es ihnen, Gemeinschaften von Menschen mit ähnlichen Bedürfnissen aufzubauen, die wiederum sehr viel Kraft haben.“




    Im Allgemeinen ist der nichtstaatliche Sektor in Rumänien gut entwickelt, was nach Ansicht einiger Experten nur die Ineffizienz des Staates in bestimmten Bereichen zeige. Der Staat beteiligt sich nicht allzu sehr in den Bereichen, die für das Interesse der Gesellschaft am wichtigsten sind, und finanziert sie nicht genug, sagt Mihaela Miroiu, Universitätsprofessorin an der Nationalen Schule für politische und administrative Studien:



    Ein anderer Prozess, der in Rumänien stattfindet und in diesem Buch sichtbar wird, betrifft die Tatsache, dass eine Nichtregierungsorganisation mit der Zeit professionell wird. Dies bedeutet, dass Menschen, die dort arbeiten, immer mehr Experten in ihren Tätigkeitsfeldern werden. Während in der Politik Pfuscherei, Schwindel und Dilettantismus exponentiell ansteigen, steigt im unpolitischen oder nichtstaatlichen Sektor das Fachwissen exponentiell. Wir haben ein Gefälle in der Gesellschaft. Die gute Nachricht ist, dass zumindest ein Teil der Gesellschaft gut funktioniert: das bürgerliche Engagement.“




    Im Jahr 2017 zeigte eine von der Stiftung für die Entwicklung der Zivilgesellschaft durchgeführte Studie zum nichtstaatlichen Sektor in Rumänien, dass von den 88.000 bestehenden NGOs nur 42.000 tatsächlich aktiv waren.

  • „Die Unbezähmbaren“: 100 prominente rumänische Frauen

    „Die Unbezähmbaren“: 100 prominente rumänische Frauen

    Das Projekt Die Unbezähmbaren“ (rum. Nesupusele“) wurde von vier Schriftstellerinnen gestartet: Adina Rosetti, Iulia Iordan, Laura Grünberg und Victoria Pătraşcu. Der Initiative schlossen sich auch 10 Illustratorinnen an: Oana Ispir, Cristiana Radu, Anca Smarandache, Veronica Neacşu, Mihaela Paraschivu, Zelmira Szabó, Annabella Orosz, Livia Coloji, Ileana Surducan, Maria Surducan sowie die Graphikerin Alice Stoicescu. Die Unbezähmbaren“ ist eine Sammlung von besonderen Erzählungen, von denen sich die Kinder von heute inspirieren lassen können.



    Der Erzählband bringe den Kindern in einer attraktiven und modernen Form 100 weibliche märchenhafte“ Persönlichkeiten Rumäniens näher, erläutert die Schriftstellerin Adina Rosetti:



    Auf diese Idee sind wir eigentlich lange vorher gekommen, ich bin Mitbegründerin der Kulturstiftung »De Basm« (»Märchenhaft«) und mit der Gründung der Stiftung, die einen alternativen Namen trägt — Verband der Schriftsteller für Kinder und Jugendliche in Rumänien –, entstand auch die Idee einer solchen Sammlung. Die Stiftung gründete ich zusammen mit Victoria Pătraşcu, Iulia Iordan und Laura Grünberg. Es war sehr interessant, dass diese Sammlung unser erstes Projekt war. Vielleicht weil wir, die Gründerinnen der Stiftung, Frauen sind, haben wir festgestellt, dass in der rumänischen Öffentlichkeit und in Kinderbüchern die starken weilblichen Vorbilder unterrepräsentiert sind. Wenn man Literaturlehrbücher von heute aufschlägt, kann man das auch schnell feststellen. Und im Allgemeinen scheinen die Mädchen nicht zu wissen, dass es in der rumänischen Gesellschaft weilbliche Vorbilder gibt, denen sie folgen könnten und von denen sie lernen. Wir haben uns auch von einem Buch inspirieren lassen, »Geschichten für rebellische Mädchen«, das auf dem Kinderbuchmarkt zu einem globalen Phänomen geworden ist. Die Autorinnen Elena Favilli und Francesca Cavallo erzählen hundert Geschichten von hundert beeindruckenden Frauen. Ob Sportlerinnen, Königinnen oder Künstlerinnen — jede Erzählung ist wie ein kurzes Märchen aufgebaut und soll Kinder auf der ganzen Welt inspirieren. Unser Band versammelt auch hundert Geschichten über hundert beeindruckenden Frauen Rumäniens. Nicht zuletzt ist unsere Initiative auch im Kontext des 100. Jahrestags der Gro‎ßen Vereinigung aller rumänischen Fürstentümer zu verstehen. Das war unser Ausgangspunkt.“




    Egal ob sie politische Aktivisten, Erfinderinnen, Königinnen, Kämpferinnen oder Pilotinnen und Ärztinnen sind, stellen Die Unbezähmbaren“ die Rumäninnen dar, die die Welt um sie herum verändert haben, egal ob man von ihnen heute in Geschichtsbüchern lesen kann oder ob hingegen ihren Leistungen heute weniger Bedeutung beigemessen wird, sagt unsere Gesprächspartnerin:



    Wir debattieren noch darüber, welche die hundert Frauen sein sollen. Ich muss gestehen, dass ich am Anfang daran gezweifelt habe, ob wir wirklich 100 Geschichten sammeln können, und jetzt ist unsere Liste so lang, dass wir recherchieren und Pro- und Kontra-Argumente vorstellen müssen. Wir möchten Geschichten von weiblichen Persönlichkeiten aus allen Bereichen vorstellen. Wir möchten auch Leistungen von Frauen sichtbar machen, die weniger bekannt sind, nicht nur die von den rumänischen Königinnen oder Künstlerinnen wie der Schauspielerin Lucia Sturza Bulandra. Wir möchten auch Frauen im Sport und Wissenschaft bekanntmachen und im Allgemeinen in Bereichen und Branchen, in denen der Frauenanteil geringer als der Männeranteil ist. Besonders beeindruckend finde ich die Geschichten von Frauen, die in ihrem Bereich als Bahnbrecherinnen gelten. So zum Beispiel Virginia Andreescu Harep, die erste Architektin Rumäniens, Eliza Leonida Zamfirescu die erste Ingenieurin, Ella Negruzzi, die erste Anwältin in Rumänien. Es handelt sich um Frauen, die viel gekämpft haben, um in damals typisch Männerberufe einzusteigen, so zum Beispiel Mathematikerinnen, Chemikerinnen, Ingenieurinnen, Ärztinnen. Wir möchten aber auch die moderne Epoche abdecken und in diesem Bereich verläuft die Debatte sehr hitzig. Wir möchten, dass zu den hundert weiblichen Vorbildern von heute auch Frauen gehören, die man auf der Stra‎ße treffen kann. Laura Grünberg hatte eine gute Idee, auch eine kollektive Gestalt darzustellen, die Frau, die im Schatten bleibt, die Mutter, eine Heldin des Alltags, die oft übersehen wird, die aber für jeden von uns eine wesentliche Rolle spielt.“




    Wie unsere Gesprächspartnerin im Anschluss sagte, werden die Geschichten kurz und von aussagekräftigen Illustrationen begleitet sein:



    Wir wollen diese Geschichten in einer attraktiven Form und mit einem narrativen Faden darstellen. Es handelt sich um keine Biographien. Das Buch umfasst also hundert Geschichten, geschrieben von uns, den vier Autorinnen, und hundert Illustrationen. Dem Projekt haben sich bekannte Illustratorinnen angeschlossen. Derzeit sind wir in der Recherchephase aber das Projekt nimmt Form an, hoffentlich wird das Buch bis Ende des Jahres erscheinen.“




    Die Stiftung Märchenhaft“ sei offen für neue Vorschläge und, warum nicht, Finanzierungen, sagt Adina Rosetti. Die Stiftung setzt sich zum Ziel, die Kinderliteratur in Rumänien sichtbar zu machen und sie den sozial benachteiligten Kindern näher zu bringen.

  • Geschlechtergleichstellung: Frauen in Medien und Informationstechnik unterrepräsentiert

    Geschlechtergleichstellung: Frauen in Medien und Informationstechnik unterrepräsentiert

    Doch die neuen Möglichkeiten haben nichts an den herrschenden patriarchalen Machtstrukturen verändert. Frauen sind mittlerweile zwar stärker in den Medien präsent, haben aber nur selten leitende Positionen und können Medienpolitik nur eingeschränkt mitgestalten. Zudem kämpfen sie weiterhin mit sexualisierten und stereotypisierten Darstellungen innerhalb der traditionellen wie neuen digitalen Medien. Laut jüngsten EU-Statistiken bleiben Frauen in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) immer noch untervertreten, auch wenn in den letzten Jahren eine steigende Tendenz zur Beschäftigung von Frauen in diesen Bereichen zu vermerken war. Bei einer genaueren Betrachtung der Statistiken kann man aber gewisse Nuancen feststellen. In vielen EU-Ländern sind mehr Frauen als Männer in den Medien tätig, aber nur sehr wenige Frauen belegen dabei Führungspositionen. Ein Beispiel: 2015 waren in Europa relativ viele Frauen in den Medien als Reporterinnen, Redakteurinnen oder Moderatorinnen tätig — 48% im Fernsehen, 40% im Rundfunk und 34% in den Druckmedien. Wenn es aber um Führungspositionen in den Medien ging, waren Frauen weniger vertreten: 38% Frauen im Managementbereich und 36% Frauen in höheren Entscheidungspositionen.



    Wie sieht die Lage in Rumänien aus? Laut einer Untersuchung, die alle fünf Jahre von Global Media Monitoring Project (GMMP) durchgeführt wird, waren im Jahr 2015 80% der Absolventen der Journalismus-Hochschulen in Rumänien Frauen, aber nur 35% dieser Journalistinnen arbeiteten tatsächlich in den Druckmedien und im Fernsehen und nur 38% waren auf den Online-Nachrichtenseiten aktiv. In puncto Darstellung von Frauen in den Medien gab es aber Fortschritte im Vergleich zum vorigen GMMP-Bericht von 2010: Im Jahr 2015 handelten 30% der Nachrichten in den Medien von Frauen. Wenn man aber den Inhalt der Nachrichten und der Rundfunk- und Fernsehsendungen genauer betrachtet, gibt es weitere interessante Aspekte. Mehr darüber von Oana Băluţă, Aktivistin für die Gleichstellung der Geschlechter und Hochschuldozentin an der Journalismus-Fakultät der Bukarester Universität:



    In den Medien haben wir die sog. ‚symbolische Vernichtung‘ — das bedeutet, dass Frauen viel weniger als Männer in den Medien erscheinen. Die symbolische Vernichtung bezieht sich nicht nur auf die Präsenz von Frauen in den Medien, sondern auch auf die Trivialisierung des Frauenbildes. Sehr oft werden Frauen in den Medien trivialisiert, auch Frauen in Führungspositionen. Wenn eine Entscheidungsträgerin im Fernsehen erscheint, spricht man viel mehr über ihre physische Erscheinung, über ihre Kleidung oder ihre Frisur als über ihren Lebenslauf oder ihre professionelle Tätigkeit. Ein weiteres Problem ist, dass in den rumänischen Medien Frauen nach Stereotypen einschätzt und behandelt werden. In Rundfunk- oder Fernsehsendungen zu brisanten politischen oder wirtschaftlichen Themen sind die Gäste oder Experten, deren Kennnisse gefragt werden, überwiegend Männer. Frauen kommen eher bei Sendungen mit sozialer Thematik zu Wort. Das sollte uns zu denken geben.“




    Ähnliche Beobachtungen gab es auch im Gleichstellungsindex der Europäischen Union 2017. Der Index gibt einen Wert für die Leistung der Mitgliedstaaten und ihre Erfolge bei der Beseitigung von geschlechtsspezifischen Unterschieden an. Dieser Wert liegt zwischen 1 und 100, wobei ein Wert von 100 den Optimalzustand darstellt. Der Index nimmt für die Bewertung nationaler gleichstellungspolitischer Strategien sechs Kernbereiche (Arbeit, Geld, Wissen, Macht, Zeit und Gesundheit) und zwei Satellitenbereiche (Gewalt gegen Frauen und sich überschneidende Ungleichheiten) in den Blick. Die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten und Bereichen fallen unterschiedlich aus: Während sich die Lage in einigen Mitgliedstaaten und Bereichen verbessert hat, wurden in anderen Rückschritte verzeichnet. Rumänien erzielte nicht gerade schmeichelnde Ergebnisse: Laut dem Gleichstellungsindex der Europäischen Union 2017 belegt Rumänien den letzten Platz in der EU.



    Und doch hat Rumänien zurzeit eine Ministerpräsidentin und acht Ministerinnen. Ferner sind die Gehälter der Frauen in Rumänien durchschnittlich nur um 5% niedriger als die Gehälter der Männer, im Vergleich zum europäischen Durchschnitt von 16%. In den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) haben es die Rumäninnen besser als viele ihrer Kolleginnen in der EU. Laut Angaben von Eurostat liegt die Prozentzahl der in diesen Bereichen tätigen Frauen in Rumänien bei 27%. Das EU-Durchschnitt liegt bei16% — somit belegt Rumänien in dieser Sparte den zweiten Platz in der Europäischen Union, nach Bulgarien und vor Lettland. Die EU-Abgeordnete Claudia Ţapardel dazu:



    Die Arbeit in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) bietet viele Vorteile, aber nur ein Drittel dieser Vorteile wird von den rumänischen Frauen ausgenutzt. Au‎ßerdem wurde in der EU eine alarmierende Tendenz festgestellt: Viele Frauen, die in den Medien und im IKT-Bereich tätig sind, haben die Tendenz, sich nach einer gewissen Zeit in andere Richtungen zu orientieren. Eine Prognose der Europäischen Kommission besagt, dass bis 2020 in den Bereichen Massenmedien und Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) ein europaweites Defizit von 1 Million Fachleuten entstehen könnte. Und in den Bereichen Wissenschaft und Ingenieurswesen, die mit der Informationstechnik assoziiert sind, wird nur ein Fünftel der Managementpositionen von Frauen belegt.“




    Um eine bessere Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, beabsichtigt Rumänien gemä‎ß der internationalen Gesetzgebung, eine neue Fachspezialisierung einzuführen. Mehr dazu von Graţiela Drăghici, Präsidentin der Nationalen Agentur für Chancengleichheit:



    Die Fachspezialisierung »Experte für Chancengleichheit« ist ein Instrument, das wir allen öffentlichen und privaten Einrichtungen der rumänischen Gesellschaft zu Verfügung stellen. Es wird per Gesetz geregelt, dass alle öffentlichen und privaten Einrichtungen mit mehr als 50 Arbeitnehmern die Möglichkeit haben, einen Experten für Chancengleichheit einzustellen oder einen solchen Experten aus den Reihen ihrer Mitarbeiter zu ernennen. Das ist aber keine Pflicht — die Einrichtungen entscheiden selbst, ob sie Experten für Chancengleichheit haben wollen oder nicht. Wir wollten ihnen nur ein Instrument zu Verfügung stellen, um die Gleichheit der Geschlechter in der Gesellschaft zu fördern.“




    Das Gesetzesprojekt über die Reglementierung der Fachspezialisierung Experte für Chancengleichheit“ wurde bereits von der rumänischen Regierung angenommen und wird demnächst dem Parlament zur Debatte vorgestellt.

  • Cyberbullying gegen Frauen: Rumänien hat keine klare Gesetzgebung gegen Gewalt im Internet

    Cyberbullying gegen Frauen: Rumänien hat keine klare Gesetzgebung gegen Gewalt im Internet

    Cyberbullying kann rund um die Uhr erfolgen, erreicht ein gro‎ßes Publikum und die Täter, die sog. Bullies, agieren anonym. Vor allem Frauen werden im virtuellen Raum angegriffen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat im November 2017 die Ergebnisse einer Ipsos-Mori-Umfrage veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen die Erfahrungen von Frauen im Internet und den sozialen Medien mit digitaler Gewalt (abuse or harassment online“). Befragt wurden jeweils 500 Frauen zwischen 18 und 55 Jahren in Dänemark, Italien, Polen, Spanien, Schweden, Gro‎ßbritannien, Neuseeland und den USA. Die Stichproben wurden so ausgewählt, dass die Ergebnisse der jeweiligen Länder für die Gruppe der Frauen repräsentativ sind.



    Ein Viertel der Frauen erlebte bereits Angriffe im Netz, fast ein Viertel der Befragten ist bereits mit sexistischen, frauenfeindlichen, beleidigenden und bedrohenden Kommentaren konfrontiert gewesen. Fast die Hälfte der Frauen, die eine Art der Online-Gewalt erlebt haben, fühlte sich daraufhin in ihrer eigenen Sicherheit oder um die ihrer Angehörigen bedroht. 60% der von digitaler Gewalt Betroffenen berichten, dass sie als Folge mit Schlafproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten und regelmä‎ßig mit Panikattacken und Angstzuständen zu kämpfen hätten. Auch auf das Selbstbewusstsein wirkt sich die digitale Gewalt negativ aus. Bedeutend ist au‎ßerdem, dass mehr als drei Viertel der Frauen Verhaltensänderungen bei sich im Alltag und im Umgang mit der digitalen Welt feststellten.



    Gewalt im virtuellen Raum ist keineswegs weniger schädlich als direkte Gewalt, und Frauen werden sehr oft Opfer von Cyberbullying. Jurgita Peciuriene, Expertin beim European Institute for Gender Equality (EIGE), wei‎ß mehr:



    Es gibt verschiedene Formen von Online-Gewalt: Cyberstalking, Cyberbullying, nichtkonsensuelle Pornographie, Anlockung von Mädchen und Frauen zwecks sexueller Ausbeutung. Vor allem nichtkonsensuelle Pornographie (die sog. ‚Rachepornographie‘) ist im virtuellen Raum besonders verbreitet. Die Täter sind in der Regel die ehemaligen Lebenspartner der betroffenen Frauen, die ihre Ex-Partnerinnen öffentlich demütigen wollen. Männer werden auch im virtuellen Raum verfolgt, beleidigt oder bedroht, aber die Online-Angriffe gegen Männer sind doch seltener. Die meisten Opfer von Cyberbullying und Rachepornographie im Internet sind Frauen.“




    Das European Institute for Gender Equality unterscheidet zwischen Cyberstalking und Cyberbullying. Cyberstalking ist ein Verbrechen, bei dem der Angreifer ein Opfer elektronisch belästigt. Dazu zählen beispielsweise E-Mails, Instant-Messaging-Botschaften oder auch Nachrichten, die auf einer Webseite oder in einer Diskussionsgruppe veröffentlicht werden. Ein Cyber-Stalker setzt auf die Anonymität, die ihm das Internet verschafft, um sein Opfer unentdeckt zu verfolgen. Cyberbullying oder Cybermobbing ist, wenn über das Handy, soziale Internet-Netzwerke, Videoportale, Foren oder Blogs Texte, Bilder oder Filme verbreitet werden, um andere Personen zu verleumden, blo‎ßzustellen oder zu belästigen. Cyberbullying ist zum Beispiel: das gezielte Veröffentlichen von Nacktfotos oder heimlich aufgenommen Sex-Bildern, die die Leute, die darauf zu sehen sind, beschämen; üble Nachrede und gehässige Beschimpfungen, die anderen Angst machen und bei ihnen Ohnmachtsgefühle auslösen; das Verbreiten von sexuellen oder anderen peinlichen Intimitäten, die andere demütigen und beschämen. Frauen, vor allem Jugendliche und junge Frauen, sind die meisten Cyberbulling-Opfer; laut einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte haben 20% der Frauen zwischen 18 und 29 Jahren schon ab 15 Jahren Cyberbullying erlitten. Die Online-Gewalt kommt bei den meisten Opfen als Folge von tatsächlichen physischen Gewaltangriffen, meinen die Experten vom European Institute for Gender Equality.



    Trotz dieser gravierenden Situation gibt es noch keinen europäischen gesetzlichen Rahmen zur Definierung und Bestrafung von Cyberbullying. Die EU-Staaten müssen selbst entscheiden, wie sie gegen dieses Phänomen vorgehen. In Rumänien gibt es weder statistische Angaben noch eine Gesetzgebung in Bezug auf Cyberbullying. Andreea Bragă ist Geschäftsführerin des Zentrums Filia für feministischen Aktivismus:



    In Rumänien gibt es leider keine spezifische Gesetzgebung in puncto Cyberbullying. Es gibt aber gewise Gesetzesartikel, die dieses Verbrechen bestrafen würden. Im Artikel 208 des neuen Strafgesetzbuches wird der Begriff ‚Belästigung‘ definiert; dazu gehören auch wiederholte Angriffe zwecks Einschüchterung, einschli‎ßlich durch Online-Kommunikation. Cyberbullying kann auch dazu gehören, aber es wird nicht strikt als Online-Gewalt gegen Frauen definiert. Wir haben Gesetze über Internetkriminalität, aber nur in Bezug auf Pornographie und Diebstahl von persönlichen Daten zwischen ehemaligen Lebenspartnern, die dazu benutzt werden, um jemanden zu erpressen, in einer Beziehung zu bleiben. Nichts über Cyberbullying.“




    Eine klare Definition und eine entsprechnde Gesetzgebung über Cyberbullying würde nicht nur dazu helfen, die Täter zu bestrafen, sondern auch den Opfern klar zu machen, was mit ihnen passiert. Die Angriffe und die Demütigungen sagen nichts über den persönlichen Wert der Opfer, aber sie sagen sehr viel darüber, wieviel Schaden die Bullies verursachen können. Durch klare Definierung und Bestrafung von Cyberbullying könnten Tragödien vermieden werden, die geschehen, weil die Opfer ihre Selbstachtung verloren haben. Andreea Bragă, vom Zentrum Filia für feministischen Aktivismus:



    Cyberbullying steht in enger Verbindung mit Selbstmordversuchen. Wenn ein Opfer über lange Zeit schikaniert wird, verliert diese Person ihre Selbstachtung, wird ängstlich und depressiv. Es gab Fälle von Cyberbullying-Opfern, junge Frauen und Männer, die Selbstmord begangen haben. Abgesehen davon, dass wir eine klare Gesetzgebung brauchen, welche Cyberbullying bestrafen sollte, müssen wir auch den Opfern klar machen, was dieses Phänomen bedeutet, was mit ihnen passiert.“




    Die Informierung und Erziehung ist nicht nur für die Opfer wichtig; das Publikum im virtuellen Raum mu‎ß genau informiert werden und auf Cyberbullying reagieren, um der Online-Gewalt ein Ende zu bereiten.

  • Nachrichten 02.11.2017

    Nachrichten 02.11.2017

    Der rumänische Staatspräsident, Klaus Iohannis, hat am Donnerstag erklärt, die von der Regierung angekündigten Steueränderungen würden die fiskalen Probleme in Rumänien noch komplizieren, anstatt sie zu lösen. Zu den neuen Steuermaßnahmen, die ab 1. Januar 2018 in Kraft treten sollen, gehören das Entrichten der Sozialbeiträge vom Arbeitnehmer, und nicht mehr vom Arbeitgeber, wie bis jetzt, sowie die Senkung der Einkommensteuer. Präsident Iohannis forderte die Regierungskoalition der Sozialdemokratischen Partei und der Allianz der Liberalen und Demokraten auf, Verantwortung zu zeigen und auf diese misstrauensschaffende Steuerpolitik zu verzichten. Bei den politischen Entscheidungen sei der Regierung Vorsicht zu empfehlen, da Rumänien eine nachhaltige Politik braucht, so Iohannis. Rumänien habe zur Zeit ein positives Wirtschaftswachstum, das aber nur auf dem Verbrauch basiert; ferner hätten die privaten und staatlichen Investitionen im Vergleich zu derselben Zeitspanne des vorigen Jahres einen Rückgang verzeichnet, sagte noch der rumänische Staatspräsident. Die wichtigsten Gewerkschaften in Rumänien (der Gewerkschaftsverband CNSLR Fratia, die Gewerkschaft Cartel Alfa und der Nationale Gewerkschafts-Block) sind auch unzufrieden mit den neuen Steuermaßnahmen der Regierung, insbesondere wegen der Senkung der Löhne. Ein weiterer Grund sei der Verlust von Arbeitsplätzen, nachdem beginnend mit dem 1. Januar 2018 die Sozialbeiträge vom Arbeitnehmer bezahlt werden müssen. Auch der Auschuss Ausländischer Investoren und die Koalition für die Entwicklung Rumäniens zeigten sich besorgt. Mehr dazu nach den Nachrichten.



    In Bukarest ist am Donnerstag die Konferenz der frankophonen Frauen mit Schwerpukt Unternehmertum zu Ende gegangen. Das Motto lautete Kreativität, Innovation, Unternehmergeist, Wirtschaftswachstum und Entwicklung: Frauen behaupten sich!“ Gut 600 Personen haben an der Konferenz teilgenommen. Ofizielle aus 48 frankophonen Staaten erörterten bei der Konferenz Themen wie die Rechte und der Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt oder der Beitrag von Frauen zu Innovation und Unternehmertum. Den frankophonen Staaten und Regierungen wurde empfohlen, die Gleichstellung von Männern und Frauen im Wirtschaftsbereich zu sichern. Die Internationale Organisation der Frankophonie erarbeitet zur Zeit einen Aktionsplan für mehr wirtschaftliche und finanzielle Autonomie und Unabhängigkeit für Frauen. Die Schlussfolgerungen der Veranstaltung wurden in eine Strategie der Frankophonie für die Gleichstellung einbezogen. Zum Abschluß der Konferenz wurden die Gründung eines frankophonen Netzes der Unternehmerinnen mit einer online-Plattform angekündigt, und eine Abschlußerklärung, der Appel von Bukarest, verabschiedet.



    Das spanische Staatsgericht hat nach Medienberichten einen Haftbefehl gegen den entmachteten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont erlassen. Die Richterin Carmen Lamela ordnete am Donnerstag zudem die Festnahme von vier Ministern seiner damaligen Regionalregierung an, wie spanische Medien übereinstimmend unter Berufung auf die Justiz berichteten. Zudem müssen acht Mitglieder der separatistischen Ex-Regierung sofort in Untersuchungshaft, wie das Staatsgericht mitteilte. Puigdemont hatte sich mit mehreren Mitstreitern nach Brüssel abgesetzt und war nicht zur Anhörung in Madrid erschienen. Einen Haftbefehl müssten nun die belgischen Behörden ausführen. Anschließend droht dem Ex-Regionalchef die Auslieferung nach Spanien. Den Angeklagten werden Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Dafür drohen bis zu 30 Jahre Haft. Grund dafür ist die einseitige Unabhängigkeitserklärung, die das katalanische Parlament am Freitag vor einer Woche beschlossen hatte. Die Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte die katalanische Regierung daraufhin abgesetzt. Die wirtschaftsstarke Region im Nordosten Spaniens steht nun unter Zwangsverwaltung aus Madrid. Untersuchungshaft ohne Recht auf Freilassung auf Kaution wurde für Puigdemonts ehemaligen Vize, Oriol Junqueras, und weitere sieben Politiker angeordnet. Der neunte Politiker, Santi Vila, darf dagegen bei Zahlung einer Kaution von 50 000 Euro auf freien Fuß gesetzt werden. Puigdemonts Anwalt in Belgien, Paul Bekaert, hatte bereits angekündigt, gegen einen Auslieferungsantrag aus Spanien vorzugehen. (dpa)

  • Nachrichten 01.11.2017

    Nachrichten 01.11.2017

    Radio Rumänien feiert am 1. November 2017 sein 89. Jubiläum. Die erste Sendung von Radio Rumänien wurde am 1. November 1928 um 17 Uhr auf dem Frequenzband von 401,6 Metern mit einer Stärke von 0,15 KW ausgestrahlt. Die Sendung wurde von Prof. Ing. Dragomir Hurmuzescu, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates, eröffnet. Nach dem Krieg kaufte man neue Ausrüstungen aus den sozialistischen Ländern, insbesondere aus Ungarn und der DDR. Man benutzte aber weiterhin auch die Vorkriegsausrüstungen. Beginnend mit den 1970er Jahren erwarb Rumänien Ausstattung aus dem Westen. Mitte der 1990er Jahre begann dann die Digitalisierung des Rumänischen Rundfunks. Das Netzwerk der Rumänischen Rundfunkgesellschaft besteht heute aus drei National- und mehreren Regionakanälen, einen Auslandssender, der in 10 Fremdsprachen ausstrahlt, sowie in rumänischer Sprache und im aromunischen Dialekt. Auch dieses Jahr fand ein Jubiläumskonzert im Radiosaal Bukarest statt. Außerdem hat die Rumänische Rundfunkgesellschaft den heutigen Mittwoch zum Tag der Offenen Türen erklärt.



    Gut 600 Personen nehmen ab heute an einer Konferenz der frankophonen Frauen in Bukarest teil. Das Motto lautet Kreativität, Innovation, Unternehmergeist, Wirtschaftswachstum und Entwicklung: Frauen behaupten sich!“ – Offizielle aus 48 frankophonen Staaten erörtern bei der Konferenz Themen wie die Rechte und der Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt oder der Beitrag von Frauen zu Innovation und Unternehmertum. In seiner Ansprache zur Eröffnung der Konferenz erklärte Präsident Klaus Iohannis, dass die Rolle der Frauen in der Wirtschaft relevant für Gegenwart und Zukunft sei. Er begrüßte gleichzeitig den Vorschlag, dass bei der Konferenz in Bukarest ein Netzwerk der frankophonen Unternehmerfrauen gegründet wird. Die Schlussfolgerungen der Veranstaltung werden in eine Strategie der Frankophonie für die Gleichstellung einbezogen.



    Der Gesetzentwurf über den Erwerb des ersten Raketensystems vom Typ Patriot sollte noch am Mittwochabend von der Regierung in Bukarest abgesegnet werden. Das erklärte Verteidigungsminister Mihai Fifor. Das Dokument könnte in den kommenden zwei Wochen dem Parlament vorgelegt werden. Fifor sagte, dass das erste Raketensystem 764 Millionen US-Dollar kosten werde und dass die amerikanische Seite bereits den Annahmebrief unterzeichnet habe. Der Kauf ist Teil einer umfassenden Strategie zur Modernisierung der rumänischen Flugabwehr. Dazu müssten in den kommenden Jahren Patriot-Raketen im Wert von etwa 4 Milliarden Dollar erworben werden.



    Präsident Iohannis hat den Terroranschlag in New York am Dienstag scharf verurteilt. Er bekundete in einer Mitteilung die Solidarität mit den USA in diesen schwierigen Zeiten. Bukarest werde all die ihm verfügbaren Mittel zur Bekämpfung des Terrorismus einsetzen. Der Terrorismus könne in keinster Weise rechtfertigt werden, so Präsident Iohannis noch. Im New Yorker Stadtteil Manhattan hatte ein Autofahrer bei einer Amokfahrt auf einem Radweg acht Menschen getötet, mehr als zehn weitere wurden schwer verletzt. Bürgermeister Bill de Blasio sprach von einem feigen Terrorakt. Der Täter wurde angeschossen und festgenommen. Er soll zuvor Allahu Akbar (Gott ist groß) gerufen haben. Zu seiner Identität gab die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen bislang nur das Alter – 29 Jahre – bekannt. US-Präsident Donald Trump erklärte auf Twitter, er habe die Sicherheitsbehörden angewiesen, die Einreiseüberprüfungen zu verschärfen. Zuvor hatte er in einem Tweet vor der Rückkehr des Islamischen Staats gewarnt.

  • EU-Gleichstellungsindex: Rumänien Schlusslicht im Kernbereich Gesundheit der Frauen

    EU-Gleichstellungsindex: Rumänien Schlusslicht im Kernbereich Gesundheit der Frauen

    Laut dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen ist der Gesamtwert des Index für die EU seit 2005 um vier Punkte auf 66,2 von 100 gestiegen. Basierend auf diesem Index befassen wir uns im heutigen Sozialreport mit Gleichstellungsfragen im Gesundheitsbereich.



    Fragt man sie nach ihrer Gesundheit und nach ihrem Wohlempfinden, so antworten 65,3% der rumänischen Frauen, dass es ihnen gut oder sogar sehr gut geht. Im Vergleich zu den Frauen sagen 74,8% der rumänischen Männer, sie seien mit ihrem Gesundheitszustand zufrieden oder sehr zufrieden. Laut weiteren Statistiken sind es aber die Frauen, die einen gesunden Lebensstil pflegen. Ein Beispiel: Nur 36,2% der rumänischen Männer haben erklärt, sie seien Nichtraucher und würden keinen Alkohol trinken; bei den Frauen waren es 73,4%. In Bezug auf gesunde Ernährung und Bewegung sieht es aber bei den Männern besser aus: 16% der befragten Männer essen regelmä‎ßig Obst und Gemüse und treiben auch Sport, verglichen mit nur 7,4% bei den Frauen. Das sind nur einige der Angaben über die Gesundheit, die neulich vom Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE), einer Agentur der Europäischen Union mit Sitz in der litauischen Hauptstadt Vilnius, im Europäischen Index für Gleichstellungsfragen veröffentlicht wurden.



    Der Index gibt einen Wert für die Leistung der Mitgliedstaaten und ihre Erfolge bei der Beseitigung von geschlechtsspezifischen Unterschieden an. Dieser Wert liegt zwischen eins und 100, wobei ein Wert von 100 den Optimalzustand darstellt. Der Index nimmt für die Bewertung nationaler gleichstellungspolitischer Strategien sechs Kernbereiche (Arbeit, Geld, Wissen, Macht, Zeit und Gesundheit) und zwei Satellitenbereiche (Gewalt gegen Frauen und sich überschneidende Ungleichheiten) in den Blick.



    In puncto Gesundheit haben die festgestellten Ungleichheiten hervorgehoben, dass sowohl der Zugang zu medizinischen Dienstleistungen als auch die Ansicht über die Gesundheitspflege geschlechtsspezifisch sind. Wenn die Jungen schon in einem zarten Alter von ihrem Umfeld dazu ermuntert werden, zu rauchen und Alkohol zu trinken, beweist das eine gewisse Mentalität der Gesellschaft über die Rollen der Männer und der Frauen in der Gemeinschaft, meint Zuzana Madarova, Expertin beim Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen:



    Die sozialen Gendernormen für Frauen in Bezug auf ihre Gesundheit unterscheiden sich von denen für Männer. Das Image einer modernen Frau stellt die Frauen stark unter Druck. Viele Frauen haben Jobs und werden für ihre Arbeit entlohnt, aber sie sind auch für Haushalt und Kinder verantwortlich. Wir müssen die Lage der Frauen in diesem Kontext betrachten. Ferner haben die Frauen viel weniger Zeit für soziale Aktivitäten, für Entspannung, Sport oder kulturelle Aktivitäten. Deshalb sollten wir auch die öffentliche Gesundheitspolitik aus einer Genderperspektive betrachten.“




    In der Europäischen Union leben die Frauen im Durchschnitt 5 Jahre länger als die Männer, aber man sollte auch untersuchen, ob die Frauen, die laut Statistik etwas länger leben, sich auch einer besseren Gesundheit erfreuen. Der Zugang zu medizinischen Dienstleistungen, der in der EU allgemein gut ist, ist ein wichtiger Teil der Statistik. Zuzana Madarova dazu:



    Wenn wir bestimmte soziale Gruppierungen betrachten, so können wir feststellen, dass die Behinderten es am schwierigsten haben, wenn es um medizinische Dienstleistungen geht. Ferner konfrontieren sich die Alleinerziehenden, vor allem die alleinerziehenden Mütter, mit den grö‎ßten Genderungleichheiten in puncto Zugang zu medizinischen Dienstleistungen. Es gibt mehr als 9 Millionen Alleinerziehende in der EU, und 85% davon sind Frauen.“




    Laut der EU-Statistik haben es die rumänischen Frauen am schlimmsten, wenn es um ihre Gesundheit geht. Im Europäischen Index für Gleichstellungsfragen erhielt Rumänien im Kernbereich Gesundheit 70,4 Punkte und wurde somit zum Schlusslicht Europas. Der EU-Durchschnitt liegt bei 87,4 Punkten. Rumänien belegt leider EU-weit den traurigen 1. Platz bei der Sterberate infolge von Gebärmutterkrebs; die Sterberate der Mütter bei der Entbindung ist auch sehr hoch, und sehr viele Rumäninnen sterben an Brustkrebs. Die Lage ist umso trauriger, da es sowohl gegen Gebärmutterkrebs als auch gegen Brustkrebs Präventionsmittel gibt. Gegen das HPV-Virus, das Gebärmutterkrebs verursacht, können die Mädchen geimpft werden, und das Brustkrebsrisiko wird um 30% vermindert, wenn die Mütter 12 Monate lang ihre Babys stillen. Durch Stillen werden sowohl die Kinder als auch die Mütter gesunder. Die Brustkrebs-Prävention sieht aber auch spezifische Ma‎ßnahmen vor. Ana Măiţă von dem Verband SAMAS zum Schutz der Mütter und Säuglinge, bringt weitere Details:



    Das rumänische Gesundheitsministerium hat ein nationales Programm zur Brustkrebsprävention erarbeitet. Leider haben nicht alle rumänische Frauen Zugang zu diesem Programm — sei es, weil sie nicht darüber informiert wurden, sei es, dass sie die Bedeutung der spezifischen Untersuchungen nicht verstehen und mit ihren Hausärzten nicht darüber sprechen. Die öffentliche Gesundheitspolitik sollte besser orientiert werden, um die Gesundheit der Frauen zu schützen, von der Hervorhebung der Prävention und der Impfung bis zur Gesundheitserziehung in der Schule und in der Gemeinde. Besonders wichtig ist die Erziehung der Mädchen in puncto Fortpflanzung. In Wirklichkeit haben 20% der rumänischen Frauen, die ein Kind bekommen, den ersten Kontakt mit dem Frauenarzt bei der Entbindung. Viele schwangere Rumäninnen gehen zu keiner Schwangerschaftsuntersuchung, obwohl die regelmä‎ßigen Untersuchungen während der Schwangerschaft per Gesetz garantiert und zum grö‎ßten Teil kostenlos sind.“




    Neben der mangelhaften Information und dem schweren Zugang zu medizinischen Dienstleistungen sind auch die sozialen Rollen von Männern und Frauen schwerwiegend, steht noch im jüngsten Europäischen Index für Gleichstellungsfragen. Ana Măiţă dazu:



    Es ist wahr, dass in Rumänien die Last der Haushaltsarbeit von den Frauen getragen wird, und das ist einer der konkreten Gründe, warum die Frauen keine Zeit mehr haben, sich um die eigene Gesundheit zu kümmern. Deshalb werden die meisten Frauen, die an verschiedenen Krebsarten erkranken, leider in einer fortgeschrittenen Phase der Krankheit diagnostiziert. Viele Rumäninnen gehen zum Arzt im allerletzten Moment, wenn jede Hilfe zu spät kommt.“

  • SkirtBike-Parade: Radlerinnen erobern die Städte

    SkirtBike-Parade: Radlerinnen erobern die Städte

    Accessoires aus Spitzen, blumige Muster und romantische Hüte — klingt eher nach einer Modeschau. Doch in Wirklichkeit sind es attraktive Accessoires, die bei einer Fahrrad-Parade von den Teilnehmerinnen getragen werden. Vintage Chic“ hei‎ßt die Parade. Sie wurde vom Radlerinnen-Verein SkirtBike organisiert. SkirtBike ist die grö‎ßte Gemeinschaft weiblicher Radfahrer. Die kulturelle und fashion-ausgerichtete Veranstaltung bietet den Rahmen, in dem Frauen unterschiedlichen Alters ihrer chromatischen Fantasie freien Lauf geben. Modegeschmack spielt dabei ebenfalls eine bedeutende Rolle. Die Veranstaltung verfolgt zwei Ziele: Einerseits wird dadurch die Emanzipation der Frauen gefördert; andererseits wird für ein alternatives und gesünderes Verkehrsmittel geworben. Demnach wird gro‎ßer Wert auf einen gesunden Lebensstil sowie auf eine umweltfreundliche Einstellung gelegt. SkirtBike unterstützt die internationale Bewegung zur Förderung des Radelns. Damit wird versucht, die Einstellung der Bürger zum Stadtleben zu ändern und ein nachhaltiges Transportmittel anzubieten, das auch in jeder Stadt verwendet werden kann. Oana Deliu ist eine der Veranstalterinnen von SkirtBike. Sie lieferte uns mehr Einzelheiten dazu:



    SkirtBike ist eine Biker-Gemeinschaft von Frauen. Die Initiative startete vor 8 Jahren, mit einigen Radeltouren durch die Stadt. Radfahren tut uns Frauen gut — das ist es, was wir veranschaulichen möchten. Darüber hinaus möchten wir zeigen, dass wir jederzeit radeln können, egal was wir an einem Tag angezogen haben. Hauptsache, wir fühlen uns bequem und wohl. Wie gesagt, vor 8 Jahren radelten wir los durch die Stadt. Das war aber nur der Anfang. Mit der Zeit hat das Interesse für unsere Initiative zugenommen. Derzeit organisieren wir sogar ein Festival der Frauen, die Rad fahren.“




    Die SkirtBike-Parade findet heuer zum 8. Mal statt. Doch was war bis jetzt los innerhalb der Biker-Gemeinschaft der Frauen? Und was ist für die Zukunft geplant? Dazu Oana Deliu:



    Dieses Jahr haben wir eine erste SkirtBike-Parade in Miercurea Ciuc veranstaltet. Die Stadtbewohner waren überrascht, so viele Damen auf Fahrrädern durch die Stadt radeln zu sehen. Am 14. Mai gab es die SkirtBike-Parade in Bukarest. Mehr als 1.000 Frauen beteiligten sich daran. Für Constanţa ist eine Veranstaltung am 18. Juni geplant. Wir werden ähnliche Events in vielen anderen Städten landesweit organisieren. Mehr Informationen dazu finden Sie auf unserer Webseite.“




    Das Festival SkirtBike Bukarest“ ist lebendig. Und unterhaltsam. Da geht es um Bewegung auf Rädern. Musik strömt durch die Kopfhörer in die Ohren der Teilnehmerinnen. Fashion Chic und Bike Bazar sind zwei weitere wichtige Konzepte. Es werden Wettbewerbe organisiert, bei denen handgemachte Accessoires gewonnen werden können. Es gibt auch eine Bike-Ausstellung und eine Fahrrad-Werkstatt. Wir fragten Oana Deliu, wie die SkirtBike-Parade in den unterschiedlichsten Städten, in denen sie stattfindet, wahrgenommen wird:



    Die SkirtBike-Parade kommt überall sehr gut an. Alle Autofahrer warten geduldig, bis unsere wunderschöne Kolonne vorbeizieht. Es ist eine Gemeinschaft gut aussehender Frauen, die Blumen entweder im Korb oder im Haar tragen. Die meisten sind in bunten Kleidern angezogen, tragen luftige Röcke und Blusen. Es ist unsere Art und Weise, eine Stadt zu feiern, sie zu verschönern — durch unsere Leidenschaft zum Radeln.“




    An der letzten Parade, die in Bukarest stattfand, beteiligten sich rund 5.000 Radfahrerinnen. Ob sich manche immer wieder beteiligen — das fragten wir Oana Deliu:



    Die jungen Damen beteiligen sich jedes Jahr an der SkirtBike-Parade, weil sie die gleichen Werte wie wir teilen. Wir glauben an einem gesunden Lebensstil und sind fest davon überzeugt, dass eine überfüllte Stadt durch eine höhere Radler-Quote gerettet werden kann. Wir nehmen am Stadtverkehr teil und sollten vonseiten der Autofahrer den gleichen Respekt genie‎ßen wie die übrigen Verkehrsteilnehmer. Wir hören immer weniger blöde Kommentare im Vergleich zu den Vorjahren. Die Fahrer nehmen mehr Rücksicht auf uns, sie lassen uns sogar die Vorfahrt. Selbstverständlich gibt es auch Zwischenfälle, allerdings immer seltener.“




    Au‎ßer dem Festival, das einmal im Jahr veranstaltet wird, organisiere der Verein während des Sommers auch andere Events, so Oana Deliu:



    Vor Mittsommertag werden wir eine Fahrrad-Parade organisieren, bei der alle Teilnehmerinnen die rumänisch traditionelle Leinenbluse »ie« tragen werden. Wir fordern die Damen auf, eine rumänische traditionelle Bluse anzuziehen und sich in den Sattel zu schwingen. Wir versprechen, den besten rumänischen »cozonac« [typischer Weihnachts- oder Osterkuchen — Anm. d. Red.] aus der entfernten Bukowina zu bringen. Den wollen wir dann zusammen verzehren. Es gibt weder eine Teilnahmegebühr noch eine Anmeldepflicht. Wir melden unsere Paraden auf unserer Internetseite an. Oder auf Facebook. Sie können jederzeit mitmachen.“




    SkirtBike fördert nicht nur einen gesunden Lebensstil, sondern bemüht sich dahin, das Leben in der Stadt allgemein zu verbessern. Demnach unterstützt der Verein auch andere zusammenhängende Initiativen wie z.B. die Umsetzung eines Systems zur Abfalltrennung in der Stadt.

  • Handball-EM: Rumänien mit deutlichem Sieg gegen Ungarn

    Handball-EM: Rumänien mit deutlichem Sieg gegen Ungarn

    Nach einem ganz besonderen Abend, an dem alle Spielerinnen ausnahmslos einen Beitrag zum deutlichen Sieg über Ungarn leisteten, ist die Tür zum Halbfinale der EM weit aufgestoßen. Der Gegner unter Leitung des dänischen Trainers Kim Rasmussen scheint hingegen so gut wie ausgeschieden.



    Ungarn musste von Beginn an einem Rückstand hinterherlaufen. Der ewige Rivale Rumänien war an diesem Abend im schwedischen Helsingborg offenbar übermotiviert und brachte die wohl beste Leistung bei dieser Europameisterschaft. Ungarn gelang zwar der erste Treffer durch Klivinyi, doch die Freude währte nicht länger als eine Minute. Sofort fallen zwei Treffer für Rumänien, vor allem die Kreisläuferin Oana Manea erwischt in der Anfangsphase einen ihrer besten Tage. Sie trifft selbst und blockiert die gegnerischen Verteidigerinnen bei den unbarmherzigen Vorstößen der Rückraummitte Cristina Neagu.



    Die Lupfer über die ungarische Torfrau Eva Kiss hinweg sind die Lieblingswaffe der Rumäninnen in diesen Minuten, nach 11. Minuten führt das Team bereits mit 6:3. Auch die rumänische Hintermannschaft glänzte an diesem Abend, allen voran Crina Pintea: Sie blockiert Würfe des Gegners, stiebitzt ihnen wichtige Bälle und sperrt alle Freiräume vor dem Tor von Denisa Dedu. Mit der voranschreitenden Spielzeit wird die Ideenkrise im ungarischen Team offensichtlich. Rumäniens spanischer Trainer Ambros Martin hat darüber hinaus die Partie taktisch wohl sehr gut vorbereitet. In der ersten Viertelstunde sind dreifache Wechsel zwischen der Offensive und Defensive nicht unüblich.



    Das ist vor allem für Cristina Neagu vorteilhaft. Sie startet immer wieder ausgeruht in den Angriff und kann mit ihren Weitwürfen Nadelstiche setzen: Zubuche stehen sieben Tore und zwei Pfostenschüsse in nur 30 Minuten. Zur Halbzeit ist Ungarn fast geschlagen, Rumänien führte zu dem Zeitpunkt mit 15:9! Die Tribünen werden von den rumänischen Fans akkustisch dominiert.



    Nach dem Seitenwechsel will die Mannschaft alles klar machen und trifft bei fast jedem Vorstoß. Innerhalb von nur vier Minuten kann Rumänien auf 18:9 erhöhen. Der ungarische Trainer sieht die Auszeit als einzigen Ausweg. Nach der fast einwandfreien Leistung beginnen die Rumäninnen ihre erste schwächere Phase. Eliza Buceschi verschießt einen Sieben-Meter-Wurf und einige Minuten später bleibt das Team in Unterzahl nach einer Zwei-Minuten-Strafeg gegen Melinda Geiger aufgrund eines fehlerhaften Spielerwechsels. Vor diesem Hintergrund kommt Ungarn nach 41 Minuten bis auf 14:20 heran.



    Doch hier kann Rumänien endlich wie eine große Mannschaft reagieren. Die Unkonzentriertheit einiger Spielerinnen wird von den Kolleginnen sofort ausgeglichen. Eine Parade von Torfrau Denisa Dedu und ein eigenes Tor durch Cristina Neagu erstickt die Hoffnungen des Gegners in Keim. Kurz vor den letzten zehn Minuten ist der Acht-Tore-Vorsprung mit dem 22:14 wieder hergestellt. Die Siegerfrage kann eigentlich nicht mehr gestellt werden. Doch Nationaltrainer Martin achtet auch auf das Torverhältnis, welches mit Blick auf den Einzug ins Halbfinale eine Rolle spielen kann. Er lässt die besten Leistungsträgerinnen auf dem Platz und wechselt erst nach 55. Minuten aus.



    Am Ende stehen ein ungefährdeter 29:21-Sieg aus Sicht der Mannschaft des Spaniers und die Erkenntnis: Die Spielerinnen wollen bis zum letzten Spieltag der EM in Schweden bleiben. Es folgt eine wichtige Partie gegen Tschechien am Dienstag und die womöglich alles entscheidende Begegnung mit Dänemark einen Tag später.

  • Nachrichten 25.11.2016

    Nachrichten 25.11.2016

    In Bukarest wird der Kontrolldienst des Ministerpräsidenten Kontrollen bei der Nationalen Krankenkasse durchführen. Geprüft wird das IT-System für die Krankenversicherungskarten. Die Kontrolle erfolgt nachdem mehrmals Störungen im System gemeldet worden waren. Das nationale System für Krankenversicherungskarten hat über 180 Millionen Euro gekostet und ist am 1. Mai letzten Jahres eingeführt worden. Hausärzte und Apotheker sind laut Gesetz verpflichtet, die Karten zu benutzen. Sie bemängelten allerdings mehrmals, dass das System nicht angemessen funktioniere und sie ihre Tätigkeit nicht unter normalen Bedingungen ausüben könnten.



    Am 25. November wird jährlich der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen abgehalten. Aus diesem Anlass hat die UNO am Freitag Regierungen, internationale Behörden und Nichtregierungsorganisationen aufgefordert, Programme abzuwickeln, die das Bewusstsein der Öffentlichkeit gegenüber dem Problem steigern könnten. Laut Statistik fallen ein Drittel der Frauen in Rumänien der häuslichen Gewalt zum Opfer. Rumänische Nichtregierungsorganisationen sagen, dass viele der Opfer nicht wissen, wie sie sich verteidigen können. Zudem gebe es in manchen Landkreisen in Rumänien keine zuständige Fachbehörde.



    SPORT: Der rumänische Fußballmeister Astra Giurgiu hat sich am Donnerstag in der Gruppenphase der Europa League bei Austria Wien mit 2:1 durchgesetzt. Damit steigen die Chancen der Südrumänen auf den Einzug in die Zwischenrunde des Wettbewerbs erheblich. Astra hat nach fünf Spieltagen 7 Punkte gesammelt und belegt den 2. Platz der Gruppe E, hinter Tabellenführer AS Rom und vor Austria Wien und Viktoria Pilsen. Ebenfalls am Donnerstag bezwang der rumänische Vizemeister Steaua Bukarest im Heimspiel die türkische Mannschaft Osmanlispor mit 2:1. Auch Steaua Bukarest bewahrt Chancen, in die Zwischenrunde einzuziehen. Im letzten Gruppenspiel wird Steaua gegen die Spanier von Villareal spielen. Osmanlispor nimmt mit 7 Punkten den 1. Platz der Gruppe ein, gefolgt von Villareal, dem FC Zürich und Steaua Bukarest, alle drei mit 6 Zählern.

  • Frauen haben es in der literarischen Welt schwerer als Männer

    Frauen haben es in der literarischen Welt schwerer als Männer

    Auf Einladung des rumänischen PEN-Clubs trafen sich vor wenigen Wochen in der Buchhandlung Humanitas, in nächster Nähe zum Bukarester Cişmigiu-Park, mehrere Schriftstellerinnen zu einer Diskussion über die Stellung der Frau in der Öffentlichkeit. Mit dabei waren Magda Cârneci, die Präsidentin des hiesigen PEN Clubs, sowie die Journalistinnen und Autorinnen Svetlana Cârstean, Adina Diniţoiu und Ioana Bâldea Constantinescu. Die Männerseite war klar in der Minderheit und vom Journalisten und Schriftsteller Bogdan Ghiu vertreten. Svetlana Cârstean und Adina Diniţoiu erörterten im Dialog mit RRI die Besonderheiten des Frauseins in der rumänischen Literaturwelt.



    Svetlana Cârstean hat Gedichtbände wie Schraubstockblumen“ in 2008 und Schwerkraft“ in 2011 veröffentlicht, die namhafte Literaturpreise gewannen oder dafür nominiert wurden. Wie geht sie mit der Stellung der Frau im Literaturbetrieb um?



    Ich denke an einen Artikel im Scottish Pen, der mich fesselte, weil er Daten nennt. Aufgrund von Fakten kommt die Autorin zum Schluss, dass die Handlung von Männern repräsentativ für die gesamte Welt ist, während die Handlung der Frau repräsentativ nur für die Frauen ist. Anders gesagt: Was Männer schreiben, ist relevant für die Welt, was wir Frauen schreiben, eben nur für uns. Die Autorin des Artikels nennt einen konkreten Fall. Eine Schriftstellerin hat ihr Manuskript an 100 Verlage geschickt — an 50 in ihrem Namen, an die anderen 50 unter einem männlichen Namen. Als Frau bekam sie sieben Antworten, als Mann siebzehn. Sie können selbst entscheiden, ob das etwas aussagt oder nicht.“




    Adina Diniţoiu ist ihrerseits Literaturkritikerin und Kulturjournalistin bei Zeitschriften wie România literară, Dilema veche, Dilemateca und beim Kultursender Radio România Cultural. Sie übersetzt aus dem Französischen und verfasste vor 5 Jahren auch eine kulturpolitische Abhandlung zum Prosawerk von Mircea Nedelciu — Die Mächte der Literatur angesichts von Politik und Tod“. Sie setzt sich mit dem Bild der Frau auch aus dieser Perspektive auseinander:



    Allgemein betrachtet ist die Literaturkritik ein Machtzentrum innerhalb der Literatur. Kritiker können einen Text bestätigen oder verrei‎ßen — das ist eine Ausübung von Macht. In meiner eigenen Literaturkritik ging ich anfangs ganz unschuldig vor, in dem Sinne, dass ich geschlechterblind bin. Das schien mir normal zu sein, ein erster Schritt zu einer Normalität der Kritik und der Literatur selbst. Ich würde mir gerne wünschen, dass wir als Frauen und Männer in einen normalen Dialog treten, ohne dass wir Frauen gleich für eine Causa eintreten müssen und uns ausgegrenzt fühlen. Denn auch ein Exzess von politischer Korrektheit in der Öffentlichkeit kann dieses Gefühl verursachen.“




    Adina Diniţoiu erzählt aber, dass es nach ihren Anfängen auch ein gewisses Erwachen gab:



    Nach dem Debüt sah ich, dass es nicht so einfach ist. Ich musste diese Geschlechtsidentität zur Kenntnis nehmen — ich war auch Frau, nicht nur Kritikerin, und das verkomplizierte die Konstellation mehr als ich dachte — vor allem auch in Rumänien, wo das Klima eher traditionell geprägt ist. In einer europäischen Rangordnung der Chancengleichheit war Rumänien letztes Jahr Schlusslicht. Doch die entsprechende Studie sagte auch, dass die gesamte EU erst auf halbem Wege des vollkommenen Gleichgewichts zwischen Mann und Frau ist. Aber als Frau muss ich stärker darum kämpfen, meinem Wort Gehör zu verschaffen.“




    Auch für die Dichterin Svetlana Cârstean ist die Situation kompliziert:



    Ich glaube, es muss nicht einmal zur Ausgrenzung kommen. Es reicht, wenn Stempel aufgesetzt werden, weil es eine sehr raffinierte — vielleicht nicht ganz perverse — Art ist, die offene Ausgrenzung zu vermeiden. Gegen offene Ausgrenzung kann man leichter ankämpfen, gegen Vorurteile der Kritik als Machtausübung ist es schwerer vorzugehen.“

  • Forschungsprojekt: Frauen in den kommunistischen Gefängnissen

    Forschungsprojekt: Frauen in den kommunistischen Gefängnissen

    Am antikommunistischen Widerstand in Rumänien nahmen auch zahlreiche Frauen teil, deren Geschichte wenig bekannt ist. Diese unterstützten entweder ihre Ehemänner, Brüder oder Väter, die Mitglieder der Widerstandsbewegung waren, oder sie schickten Botschaften in den Westen. Das Institut für die Aufklärung der kommunistischen Verbrechen und die Gedächtniskultur des Rumänischen Exils (IICCMER) hat sich in Zusammenarbeit mit der britischen Botschaft in Bukarest vorgenommen, die Geschichten der Frauen, die am Kampf gegen das illegitime, repressive und verbrecherische kommunistische Regime in Rumänien teilgenommen haben, ans Licht zu bringen. Die Untersuchung von alten Haft-Protokollen und Memoiren zeigen, dass diese Frauen in vielen Fällen in den kommunistischen Gefängnissen gestorben sind. Constantin Vasilescu, Forscher am IICCMER berichtet über die Bedeutung dieser Haft-Protokolle:



    Das Haft-Protokoll ist praktisch eine Art ‚Reisebericht‘, der jeden politischen Häftling während der Haft begleitete. In einem solchen Dokument waren die wichtigsten Daten eingetragen: Name und Vorname des Häftlings, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnsitz, Datum des Haftantritts, strafrechtliche Einordnung, die Haftanstalten, in denen er war, und andere Details, die für die Forscher sehr wichtig sind. Wir gingen von diesen Daten aus, um einerseits eine gültige quantitative Analyse durchzuführen und andererseits um einen soliden Überblick zu bekommen. Diese Dokumente können aber lückenhaft sein. Ein solches Dokument ist nicht unfehlbar, so wie die meisten Dokumente, die von der Securitate, der Sicherheitspolizei des Regimes, vor 1989 erstellt wurden. Die Haft-Protokolle können gegensätzliche, manchmal sogar falsche Angaben beinhalten, weil in vielen Fällen diejenigen, die sie erstellten, Auszubildende im Bereich der Repression waren. Das war Ausgangspunkt ihrer Ausbildung: die Erstellung des Haft-Protokolls eines ‚Volksfeindes‘.“




    In den Berichten, die vom Institut für die Aufklärung der kommunistischen Verbrechen erstellt wurden, erscheinen auch Informationen über die soziale Herkunft der verurteilten Frauen. Die meisten stammten aus ländlichen Gebieten und hatten die Grundschule oder Sekundärstufe abgeschlossen. Es gab sehr wenige verhaftete Frauen, die ein Gymnasium oder eine Hochschule absolviert hatten. 2.860 von 3.802 der weiblichen Gefangenen, deren Dokumente untersucht wurden, waren zu dem Zeitpunkt, als sie verhaftet wurden, keiner politischen Partei oder Organisation zugehörig. Wenige unterstützten die rechtsextreme Organisation Eiserne Garde, die historischen Parteien oder die deutsche Minderheit. Die meisten verhafteten Frauen kamen in einer ersten Phase in die Haftanstalt von Jilava, danach wurden sie weiter nach Mislea, Miercurea Ciuc, Bukarest, Arad und Oradea geschickt. Constantin Vasilescu berichtet weiter:



    Von den 76.000 Häftlingen, die von der Datenbank des Instituts erfasst wurden, sind 3.802 Frauen. Gegenüber der Männerzahl ist es eine kleine Zahl. Aus unserer Sicht bedeutet das aber ganz und gar nicht, dass die Frauen weniger mutig als die Männer im Kampf gegen den Totalitarismus waren oder dass sie in einem kleineren Ma‎ße bereit waren, sich zu opfern. Dieser Bericht ist in gro‎ßen Linien ein Spiegel der sozialen Realität von damals. Die Männer dominierten fast vollständig den Entscheidungsprozess und die Politik. Zudem zeigt diese Zahl nicht, dass die Frauen in dieser Periode weniger gelitten haben. Für fast jeden verurteilten Mann gab es eine Gro‎ßmutter, eine Mutter, eine Schwester, eine Freundin oder Ehefrau, die, alles Mögliche getan hat, um ihm zu helfen. Im Falle derer, die untergetaucht waren, insbesondere im Fall der Widerstandskämpfer, mussten die Frauen sich mit den Razzien der Sicherheitspolizei konfrontieren, sie erlitten willkürliche Gewalt. Nicht zuletzt möchte ich hervorheben, dass 3.802 keine endgültige Zahl ist, es stellt nur die bis jetzt dokumentierten Fälle dar.“




    Beginnend mit 1965 fanden die meisten politischen Verhaftungen unter dem Deckmantel des Strafgesetzes statt — den Polithäftlingen wurden angebliche Straftaten angehängt. Weiter gab es Zwangseinlieferungen in die Psychiatrie. Das war eine der brutalsten Unterdrückungsma‎ßnahmen des kommunistischen Regimes. Die Zahl der verurteilten Frauen wird mit dem Fortschritt der Forschungen wahrscheinlich steigen. Constantin Vasilescu über die Notwendigkeit eines umfangreichen Berichts:



    Das Endergebnis dieser Forschung wird ein Band über die in Rumänien inhaftierten Frauen sein. Wir hoffen, es noch in diesem Jahr zu veröffentlichen. Vorher soll noch eine einführende Studie veröffentlicht werden, weil die Bewertungs- und Synthese-Arbeit mindestens genauso wichtig ist. In dieser Studie soll die eingesetzte Methodik erklärt werden. Zudem sollen der gesetzliche Rahmen der Unterdrückung sowie wissenschaftliche Statistiken, die Frauen-Haftanstalten, individuelle Fälle und andere solche Daten präsentiert werden.“




    Die Zahl der vom kommunistischen Regime inhaftierten Frauen ist höchstwahrscheinlich höher. Viele Haft-Protokolle von der Strafvollzugsanstalt in Jilava nahe Bukarest müssen noch unter die Lupe genommen werden.

  • Selbstbewusste rumänische Frauen wollen Unternehmen gründen

    Selbstbewusste rumänische Frauen wollen Unternehmen gründen

    In einer relativ frischen Statistik schneiden rumänische Frauen im europäischen Vergleich au‎ßerordentlich gut ab — eine von drei Frauen in Rumänien will in den nächsten drei Jahren ein Unternehmen gründen. In Italien sind es nur 11%, in Deutschland, Spanien oder Belgien sind es nur etwa 8%. Dem Unternehmergeist rumänischer Frauen stellt sich die Angst vor dem Versagen entgegen. Aus Furcht, mit ihrer Idee zu scheitern, wirft die Hälfte der Frauen das Handtuch. Andere wiederum wissen gar nicht, wie die praktische Umsetzung der Idee funktioniert. Aber es gibt auch Hilfe aus Brüssel.



    Im Projekt FAIR gab es Berufsbildungskurse für arbeitslose Frauen und Unternehmerinnen. Die Nachfrage war derart stark, dass die Organisatoren sich umstellen mussten, erinnert sich Ştefania Cojocaru, Leiterin des Bildungszentrums an der Privatuniversität Spiru Haret“, einem der Projektpartner:



    Es war schön und interessant zu sehen, dass wir mit 450 Personen in der Zielgruppe begonnen haben und letztendlich 943 Personen betreut haben. Wir mussten die Zahl verdoppeln, weil so viele Bewerbungen kamen — und ich bin besonders auf die Teilnehmerinnen stolz, die eine Firma gegründet haben.“



    Angesto‎ßen hat das Projekt merkwürdigerweise Transparency International Romania, der hiesige Ableger der namhaften Organisation — an erster Stelle stand die Bekämpfung von Diskriminierung und Korruption, so Projektmanager Victor Alistar:



    Da stellt man sich die Frage, wieso eigentlich Transparency International an einem EU-Projekt zur Beseitigung von geschlechtsbedingten Stereotypen und zur Förderung von Unternehmerinnen teilnimmt. Das globale Korruptionsbarometer zeigt, dass Frauen weniger korruptionsanfällig sind. Und alle Umfragen zeigen, dass Frauen in der Familie Werte fördern. Bei Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt sticht ins Auge, das vor allem Menschen am Land, Personen im Alter von über 45 Jahren und Frauen betroffen sind. Wir haben uns deshalb überlegt, dass wir Projekte für Frauen entwickeln können, die auf einem Integritätsmodell aufbauen und den Frauen auch das Wissen auf den Weg geben, zum Beispiel mit dem Druck der Verwaltungsprüfungen besser umzugehen.“



    Wie Alistar weiter ausführt, zielte das Projekt auch auf Nachhaltigkeit ab und organisierte einen Wettbewerb für Einsteigerprojekte.



    Auf der gleichen Schiene haben wir einen Wettbewerb für Startups organisiert, so dass auch etwas Konkretes resultiert. Denn abgesehen von der Investition in Menschen ist es wichtig, dass dauerhafte Modelle entwickelt werden — einige von ihnen werden auch in fünf Jahren erfolgreich bleiben. Andere werden wiederum auf Schwierigkeiten treffen und sich schwerer entwickeln. Wichtig war es, dass die Teilnehmer lösungsorientierte Ansätze entwickeln, sich Fragen stellen und am Wettbewerb teilnehmen. Als Projektteam haben wir uns immer die Frage gestellt, was nach dem Projekt bleibt. Die Frauen haben sich deshalb auch mehr engagiert, weil sie gespürt haben, hier wird keine praxisferne Standardfortbildung absolviert.“



    In der Tat haben viele der Frauen aufmerksam zugehört und das Gelernte auch umgesetzt. Dafür stehen die Ideen der Teilnehmerinnen:



    Ich habe mit dem Projekt eines Schönheitssalons gewonnen und bin richtig stolz darauf — seit längerer Zeit träumte ich von meinem eigenen Laden, hatte aber weder den Mut, noch die Anleitungen; dieses Projekt hat mir geholfen“, erzählt eine Frau.



    Für andere Teilnehmerinnen waren die Lerninhalte geradezu überraschend:



    Diese Erfahrung war phantastisch. Vor dem Kurs hatte ich den Eindruck, dass es nicht gerade schwer ist, im Einzelhandel zu arbeiten. Aber ich habe meine Meinung geändert. Es steckt viel mehr dahinter, als Kunden zuzulächeln und sie zu bedienen. Es ist ein hochkomplexer Job. Der unternehmerische Teil war mir nicht gerade fremd, aber der Kurs hat mir geholfen, meine Ideen in Ordnung zu bringen — und mir letztendlich den Traum zu verwirklichen, meine eigene Chefin zu werden“, sagte eine andere zukünftige Unternehmerin.