Tag: Kommunismus

  • Berlinale 2020: Rumänisches Kino zeigt erneut starke Präsenz

    Berlinale 2020: Rumänisches Kino zeigt erneut starke Präsenz

    Auf dem Programm der 70. Berlinale stehen drei neue Produktionen des rumänischen Filmemachers Radu Jude: Tipografic majuscul“ (Uppercase Print“ / Druckbuchstaben“) und Ieşirea trenurilor din gară“ (The Exit of the Trains“ / Die Ausfahrt der Züge aus dem Bahnhof“) feiern ihre Premiere in der Sektion Forum des Festivals, während der Spielfilm Somnambulii“ (Sleepwalkers“/Die Schlafwandler“) auf dem Koproduktionsmarkt der Berlinale zu sehen ist. Gro‎ßbuchstaben“ erzählt die wahre Geschichte des Teenagers Mugur Călinescu, der unter dem Ceauşescu-Regime mit Graffiti gegen das Regime protestierte und dafür von der Geheimpolizei verfolgt wurde. Der Regisseur sagt über seine Präsenz auf den internationalen Festspielen:



    »Druckbuchstaben« und »Die Ausfahrt der Züge aus dem Bahnhof« sind in die engere Auswahl der Sektion »Forum« gekommen. »Gro‎ßbuchstaben« ist eine freie Adaption eines Theaterstücks von Gianina Cărbunariu, ein Stück, das auf der Securitate-Akte des Teenagers Mugur Călinescu basiert. »Die Ausfahrt der Züge aus dem Bahnhof« wurde gemeinsam mit dem Historiker Adrian Cioflâncă gedreht. Die Idee verdanke ich der jahrzehntelangen Arbeit des Historikers, der die Archive durchsuchte, um Material über den Pogrom im ostrumänischen Iaşi im Jahr 1941 zu finden. Er schlug vor, dass wir beide den Film machen sollten, und ich sagte zu.“




    Die beiden Filme von Radu Jude, die in der Sektion Forum“ gezeigt werden, befassen sich mit heiklen Themen der modernen Geschichte Rumäniens aus einer frischen und originellen Perspektive. Radu Jude:



    Die Sektion »Forum« hat im Laufe der Jahre auch radikale, eher abseitige Produktionen in die engere Auswahl angenommen. Beide Filme unterscheiden sich von den üblichen, konventionellen narrativen Filmmustern. Nicht, dass wir mit diesem Muster ein Problem hätten. Meine Filme schlagen eine andere Art und Weise vor, die Realität mit Hilfe eines Films zu erforschen.“




    Obwohl der Filmemacher die Nominierungen und Auszeichnungen nicht als wesentlich für seine Karriere betrachtet, räumt er ihre Bedeutung ein. Radu Jude:



    Zum gesunden Filmemachen gehören mehrere Dinge, unter anderem die Präsenz auf Festivals. Natürlich werde ich manchmal gefragt, warum diese Filme überhaupt gemacht werden, wenn das Publikum dafür nicht zahlreich genug ist. Ich wei‎ß nicht, ob ich darauf eine klare Antwort habe, aber was ich wei‎ß, ist, dass der Intendant des New Yorker Filmfestivals, der auch an einer Filmschule in den USA lehrte, vor einigen Jahren einige Filme des gro‎ßen iranischen Regisseurs Abbas Kiarostami für seine Studenten vorführen lie‎ß. Plötzlich, als damals Gerüchte über einen möglichen Krieg gegen den Iran aufkamen, fragte einer der Studenten, ob die Menschen in Kiarostamis Film das Risiko eingingen, erschossen zu werden. Sehen Sie, auch das Kino will den Gesellschaften ein gewisses Gesicht geben. Deshalb sind solche Filme wichtig! Und je besser sie die Realität erfassen und widerspiegeln können, desto grö‎ßer ist ihre Bedeutung. Auszeichnungen und Nominierungen spielen ihre Rolle in der Karriere eines Filmemachers, sie sind für mich aber nicht wesentlich.“




    Laut der Web-Plattform Cineuropa seien im Zeitraum 2007–2017 in den EU-Ländern mehr als 18.000 Filme produziert worden. Das rumänische Kino findet seinen Platz in dieser Rangliste, allerdings eher am Ende. Radu Jude erläutert:



    Im Vergleich zum Kino anderer Länder, wie Frankreich oder Polen, ist das rumänische Kino weniger entwickelt und dennoch fast ausverkauft. Man denke nur an die Filme, die in den Kinos der gro‎ßen Einkaufszentren gezeigt werden, die den Zuschauern anständige Bedingungen bieten. Aber das sind Orte, an denen kommerzielle Gründe an erster Stelle stehen, was ganz natürlich ist, und in diesem Fall erreichen bestimmte Ausdrucksformen ihr Publikum nicht mehr. Ein weiteres gro‎ßes Problem ist in diesem Sinne die Bildung. Ich spreche von der Bildung im weiteren Sinne, die immer noch unterfinanziert ist, aber ich denke auch an die Bildung im engeren Sinne, an die schulische Filmerziehung, die es in den rumänischen Schulen nicht gibt. Deshalb stehen wir am unteren Ende der Rangliste.“




    Druckbuchstaben“, eine Adaption des gleichnamigen Dokumentarstücks in der Regie von Gianina Cărbunariu, kommt am 21. Februar 2020 in die rumänischen Kinos. Die Besetzung des siebten Spielfilms von Radu Jude besteht aus den Schauspielern Şerban Lazarovici, Bogdan Zamfir, Ioana Iacob, Şerban Pavlu, Robert Arsenie, Bogdan Romedea, Alexandru Bîscoveanu und Alexandru Potocean. Die Premiere von Die Ausfahrt der Züge aus dem Bahnhof“ findet im Herbst 2020 statt. Produzenten sind Ada Solomon, Carla Fotea und Radu Jude, zusammen mit dem Historiker Adrian Cioflâncă. Die Dreharbeiten für Schlafwandler“, Radu Judes jüngstes Spielfilmprojekt, werden im Sommer 2020 beginnen. Die 70. Ausgabe der Berliner Filmfestspiele findet zwischen dem 20. Februar und dem 1. März statt.

  • Reenactment: Disko im Stil der 1970er–80er Jahre wiederbelebt

    Reenactment: Disko im Stil der 1970er–80er Jahre wiederbelebt

    Mehr als 200 Bewohner der Stadt Oradea (dt. Gro‎ßwardein) nahmen an der Eröffnung der Dauerausstellung Die Diskothek der 1970er und 1980er Jahre“ im Städtischen Museum teil. Eine Zeitreise, die es den Teilnehmern ermöglichte, herauszufinden, wie die Jugendlichen in den 70er und 80er Jahren in den Diskos in Rumänien Spa‎ß hatten.



    Die Tonbandgeräte, Kassettenrekorder und Tonbänder waren ein Teil der damaligen Wirklichkeit. Allerdings war es damals nicht erlaubt, der gewünschten Musik ohne Weiteres zuzuhören. Es gab einen sogenannten Kontrollausschuss, der diskret entschied, was für Musik in einer Diskothek aufgelegt werden durfte. Die Museographin Cristina Puşcaş erzählte uns, dass mehrere Spenden an das Museum die Veranstaltung einer solchen Ausstellung anregten. Gefolgt von einer gründlichen Recherche.



    Im Jahr 2016 starteten wir die Kampagne »Wirf die Vergangenheit nicht weg, bring sie zum Museum!«. Zahlreiche Bewohner der Stadt Oradea beteiligten sich aktiv an dieser Kampagne zur Sammlung von Gegenständen aus dem Kommunismus. Tausende Gegenstände und Geräte wurden uns gespendet, darunter Vinylschallplatten, Schallplattenspieler, Tonbandgeräte, Tonbänder. Somit brachten wir eine beträchtliche Kollektion zusammen, die von der Ausstattung der Diskotheken in der damaligen Zeit zeugt. Wir dachten, es wäre besser, diese Gegenstände, Geräte und Vorrichtungen der Öffentlichkeit vorzustellen, als dass sie irgendwo in einem Lager in Vergessenheit geraten. Und so entstand der Ausstellungsentwurf. Wir sind vom Gedanken ausgegangen, dass bislang niemand eine solche Recherche, über die Art und Weise, in der früher — also im Kommunismus — die Diskotheken organisiert waren, durchgeführt hat. In der vorbereitenden Phase der Recherche fanden wir keine Regelung über die Organisierung der Aktivität in Diskotheken. Danach untersuchten wir das Archiv. Und da fanden wir tatsächlich einige Vorschriften über die Funktionsweise der Diskotheken. Es gab zentral angeordnete Bestimmungen in Bezug auf die Musik und die Inhalte, die in Diskotheken vorgeführt werden durften. Wir konnten nachvollziehen, worin die Zensur bestand, was für Einschränkungen es gab. Doch wir beschränkten uns nicht auf die Erforschung einer einzigen Stimme, der Stimme der öffentlichen Institutionen. In einem zweiten Schritt unterhielten wir uns mit DJs in Oradea, die während des Kommunismus, vor allem in den 70er und 80er Jahren, in Diskotheken Musik aufgelegt hatten. Und so entstand diese Diskothek in unserem Museum. Sie stellt nicht nur Gegenstände und Geräte aus der kommunistischen Zeit aus, sondern versucht auch die damalige Stimmung erneut ins Leben zu rufen.“




    Die Diskotheken waren in der Regel in den örtlichen Gemeindezentren beherbergt. Tanzabende mit Diskomusik wurden auch in Klubs, Bars oder Restaurants veranstaltet. Manchmal auch in Hotels oder in anderen Erholungseinrichtungen. Diese Veranstaltungsräume mussten verbindlich die Regeln für die Veranstaltung von Diskothek- und Videothek-Programmen“ beachten. Die Diskotheken bedurften demnach einer jährlich durch den Ausschuss für sozialistische Kultur und Bildung erlassenen Genehmigung. Der Erlass der Genehmigung wurde nur nach Zustimmung eines technischen Ausschusses gebilligt, der sich zum Inhalt der in der Diskothek aufgeführten Programme im Voraus äu‎ßerte. Die von den Diskos aufgeführten Programme sahen in den 80er Jahren eine verbindliche Quote rumänischer Musik vor. Und zwar mussten zwei Drittel der aufgelegten Musik einheimischer Herkunft sein. Wir erkundigten uns bei Cristina Puşcaş, wie die Ausstellung von den Besuchern wahrgenommen wurde, was die Besucher im Museums erlebten:



    Die Besucher betreten eine echte Diskothek — mit Disko- und Spiegelkugel, Stroboskop, UV-Lampen, buntem Licht. Die Ausstellung umfasst auch Vinylschallplatten mit Musik aus der damaligen Zeit. Wir haben auch mehrere Tonbandgeräte der Marken Tesla oder Tescam, aber auch Schallplattenspieler und Originalfotos, die einen DJ aus der damaligen Zeit bei der Arbeit abbilden. Die Fotos sind eine Spende des Inhabers. Wir verfügen über wenig Dokumentarmaterial zum Thema, die DJs lie‎ßen sich nicht unbedingt fotografieren, sie hatten keine Ahnung, dass sie irgendwann mal ein Teil der Geschichte der hiesigen Gemeinschaft sein würden. Wir verfügen auch über Songtexte, die von der Hand von den Jugendlichen der 70er Jahre geschrieben wurden. Wir haben auch Liebesbriefe von jungen Menschen, die sich einander erzählten, was für Musik sie hörten. Oder sie schickten sich Ausschnitte aus Zeitungen mit verschiedenen Musikern. Das sind alles Originalteile. Wir sind stolz, ein derartig umfangreiches Dokumentarmaterial zu besitzen.“




    Cristina Puşcaş erzählte uns auch, wo die Ausstellung untergebracht ist:



    Die Ausstellung wurde in der Stadtburg veranstaltet, wo derzeit auch das Museum der Stadt Oradea untergebracht ist. Im zweiten Stock, im A-Gebäude, fanden wir einen geeigneten Raum. Es ist der grö‎ßte Saal, über den wir verfügen. Und hier organisierten wir unsere Diskothek. An der Eröffnung nahmen so viele Besucher teil — mehr als 200 –, dass er viel zu eng schien. Wir hatten nicht mit einem solchen Erfolg gerechnet. Nachdem Musik ertönte und die Leute zu tanzen anfingen, hatten wir nach einer Weile den Eindruck, der Sauerstoff sei alle. Der nach der klassischen Eröffnung veranstaltete Diskoabend mit Musik aus den 70er und 80er Jahren war ein Riesenerfolg. Es beteiligten sich viele Nostalgiker, aber auch junge Menschen, die gerne zur damaligen Musik tanzen. Der Tanzabend brachte uns allen viel Freude!“




    Zu kommunistischen Zeiten dauerte das Diskothek-Programm zwischen 2 und 4 Stunden. Daher machte auch die im Museum der Stadt Oradea veranstaltete Diskothek rechtzeitig um 8 Uhr abends ihre Türe zu.

  • Iuliu Hossu: Kirchenmann und Verfechter der Demokratie

    Iuliu Hossu: Kirchenmann und Verfechter der Demokratie

    Am 1. Dezember 1918 fand die Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien statt; damit wurde der Grundstein für Gro‎ßrumänien gelegt. In der Nationalversammlung in Alba Iulia stimmten Tausende Rumänen der Vereinigung mit dem Königreich Rumänien zu, eine Vereinigung, die die gemeinsamen Bestrebungen der Eliten und der unteren Schichten in Wirklichkeit umsetzte. Einer der Vertreter dieser Eliten war der griechisch-katholische Bischof Iuliu Hossu, ein Märtyrer für den Glauben.



    Iuliu Hossu wurde am 30. Januar 1885 in Milaşul Mare, damals Österreich-Ungarn, heute Kreis Cluj (Klausenburg), Rumänien, als Sohn eines griechisch-katholischen Priesters geboren. Er studierte Theologie am römisch-katholischen Gymnasium in Târgu Mureş (Neumarkt), heute in Zentralrumänien, und in Blaj (Blasendorf), im Westen des Landes. Im Jahr 1904 begann er sein theologisches Universitätsstudium am Pontificio Collegio Urbano de Propaganda Fide in Rom. 1906 wurde Iuliu Hossu Doktor der Philosophie und 1910 Doktor der Theologie. Im selben Jahr, 1910, wurde er zum Priester geweiht. Zwischen 1910 und 1918, bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, arbeitete Iuliu Hossu im Bistum Lugoj als Archivar, Bibliothekar, Vikar und Sekretär seines Onkels, Bischof Vasile Hossu. Iuliu Hossu meldete sich freiwillig als Militärpriester für den geistlichen Beistand im Rang eines Leutnants der österreichisch-ungarischen Armee. Im Jahr 1918 wurde er nach dem Tod seines Onkels zum griechisch-katholischen Bischof von Gherla ernannt.



    Das Jahr 1918 war für die Siebenbürger Rumänen ein besonderes Jahr. Am Ende des Krieges beschlossen die Rumänen aus Siebenbürgen, sich mit Rumänien zu vereinigen, und Iuliu Hossu war derjenige, der am 1. Dezember 1918 vom Gro‎ßen Rumänischen Nationalrat den Auftrag bekam, an die in Alba Iulia versammelten Massen die Erklärung der Vereinigung Siebenbürgens mit dem Königreich Rumänien zu verlesen. Der griechisch-katholische Bischof Iuliu Hossu, der orthodoxe Bischof Miron Cristea und die siebenbürgischen Politiker Alexandru Vaida-Voevod und Vasile Goldiş brachten die Vereinigungserklärung von Alba Iulia nach Bukarest, um sie König Ferdinand I. von Rumänien zu übergeben. Im Archiv des Zentrums für mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks befindet sich ein Audiodokument von gro‎ßem Wert, das von dem Enthusiasmus des Neubeginns nach dem gro‎ßen Krieg von 1914–1918 bezeugt. Es ist die Stimme des griechisch-katholischen Bischofs Iuliu Hossu. Die Aufnahme ist äu‎ßerst wichtig, erstens weil sie die Stimme von Iuliu Hossu bewahrt; zweitens fasst das Audiodokument die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und bürgerlichen Bestrebungen der Rumänen jener Zeit zusammen. Die Aufnahme entstand heimlich im Jahr 1969, ein Jahr vor dem Tod Iuliu Hossus, des gro‎ßen Mannes der rumänischen Nation und der griechisch-katholischen Kirche. Die religiöse Dimension war für Bischof Iuliu Hossu der wichtigste Beitrag zur Gro‎ßen Vereinigung von 1918. Aber Iuliu Hossus Worte hatten auch eine realistische Dimension, in Bezug auf die Wünsche all jener, die an die Schaffung Gro‎ßrumäniens glaubten. Iuliu Hossu:



    Brüder! Dies ist die Stunde der Fülle der Zeit. Die Stunde, wenn der allmächtige Gott durch Sein treues Volk Seine Gerechtigkeit spricht, nach der uns seit Jahrhunderten dürstet. Durch unseren Willen wird heute das einheitliche, nicht getrennte Gro‎ßrumänien geschaffen, und alle Rumänen in diesem Land sprechen glücklich diese Worte aus: Wir sind für immer mit dem Vaterland Rumänien vereint! Die Nationalversammlung aller Rumänen aus Siebenbürgen, dem Banat und dem ungarischen Land, die am 1. Dezember 1918 durch ihre bevollmächtigten Vertretern in Alba Iulia zusammengekommen ist, beschlie‎ßt die Vereinigung all dieser Rumänen und aller von ihnen bewohnten Gebiete mit Rumänien. Insbesondere verkündet die Nationalversammlung das unveräu‎ßerliche Recht der rumänischen Nation auf das gesamte Banat zwischen den Flüssen Mureş (Marosch), Thei‎ß und Donau. Die Nationalversammlung verleiht den obengenannten Territorien zeitweilige Autonomie, bis zum Einberufen der Verfassunggebenden Versammlung durch Allgemeinwahl. Diesbezüglich verkündet die Nationalversammlung folgende Grundsätze für die Zusammensetzung des neuen rumänischen Staates: Volle nationale Freiheit für alle zusammenlebenden Völker; jedes Volk bekommt Unterricht, Verwaltung und Rechtsprechung in seiner eigenen Sprache, durch seine eigenen Vertreter. Jedes Volk erhält das Recht auf Vertretung in den gesetzgebenden Körperschaften und in der Regierung des Landes im Verhältnis zur Anzahl der Personen, aus denen es sich zusammensetzt. Gleiche Rechtfertigung und volle autonome Freiheit für alle Konfessionen. Die perfekte Umsetzung eines sauberen demokratischen Regimes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens, die freie Wahl, direkt, gleich, geheim, auf Gemeinden, verhältnismä‎ßig für beide Geschlechter im Alter von mindestens 21 Jahren, für die Vertretung in Gemeinden, Kreisen oder im Parlament. Die vollständige Presse-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, die freie Propagierung aller menschlichen Gedanken. Die radikale Agrarreform wird mit der Eintragung aller Güter, insbesondere der gro‎ßen Güter durchgeführt. Es wird den Bauern möglich sein, ein Eigentum zu schaffen, das mindestens so gro‎ß ist, wie der Bauer und seine Familie arbeiten können. Das Leitprinzip dieser Agrarpolitik wird einerseits durch den sozialen Ausgleich und andererseits durch die Produktionssteigerung entstehen. Den Industriearbeitern werden die gleichen Rechte und Leistungen gewährt, die in den fortschrittlichsten Industriestaaten des Westens geregelt sind.“




    Als Senator in Gro‎ßrumänien sprach sich Bischof Iuliu Hossu oft gegen den Revisionismus. Als Ungarn im August 1940 Nord-Siebenbürgen annektierte, blieb der Bischof Iuliu Hossu in Cluj (Klausenburg), einer Stadt unter ungarischer Kontrolle, um bei seinen Gläubigen zu sein. Mit der Installierung des kommunistischen Regimes am 6. März 1945 begann die Zerstörung der rumänischen Demokratie. Da Iuliu Hossu sich entschieden gegen Pläne der rumänischen Regierung wehrte, die auf die Auflösung der Griechisch-Katholischen Kirche in Rumänien abzielten, wurde er am 28. Oktober 1948 verhaftet und in der Ortschaft Dragoslavele eingesperrt. Nach der Auflösung der Griechisch-Katholischen Kirche blieb Iuliu Hossu unter Hausarrest im orthodoxen Kloster Căldăruşani im Nordosten von Bukarest.



    Nachdem er sich geweigert hatte, zur Orthodoxie überzutreten, wurde Iuliu Hossu 1950 nach Sighet gebracht. Vom 25. Mai 1950 bis zum 4. Januar 1955 war er im berüchtigten Gefängnis Sighet inhaftiert. Danach hatte er wieder Hausarrest im Kloster Căldăruşani, wo er 1970 starb. 1969, ein Jahr vor seinem Tod, ernannte ihn Papst Paul VI. im Konsistorium vom 28. April 1969 in pectore zum Kardinal. Die Verkündigung fand drei Jahre nach Iuliu Hossus Tod im Konsistorium vom 5. März 1973 statt. 2019 wurde Iuliu Hossu zusammen mit sechs anderen griechisch-katholischen Priestern von Papst Franziskus selig gesprochen.

  • Ion Raţiu: ehemaliger Exil-Politiker setzte sich für Demokratisierung ein

    Ion Raţiu: ehemaliger Exil-Politiker setzte sich für Demokratisierung ein

    Ion Raţiu war einer der wichtigsten demokratischen rumänischen Politiker nach 1990, der in seiner Jugend sowohl gegen die faschistische als auch gegen die kommunistische Diktatur gekämpft hat. 1990 kam er aus seinem Exil in Gro‎ßbritannien zurück nach Rumänien und trug zur Wiederbelebung der historischen Nationalen Christlich-Demokratischen Bauernpartei und zum Wiederaufbau der Demokratie in Rumänien bei. Ion Raţiu wurde am 6. Juni 1917 im westrumänischen Turda in einer Intellektuellen-Familie geboren, die für die nationalen Rechte der Rumänen im Habsburgerreich und später in Österreich-Ungarn gekämpft hatte. Er studierte Jura in Cluj (Klausenburg) und Wirtschaft in Cambridge und wurde auch aktiv in der Bauernpartei. 1940 wurde er als Diplomat angestellt und im Februar 1940 nach London geschickt. Nachdem Frankreich, der wichtigste Alliierte Rumäniens, besetzt wurde, arbeitete Raţiu weiter in der Botschaft Rumäniens in London, bis Anfang September 1940. Dann wurde die Macht von General Antonescu und der Eisernen Garde ergriffen. Raţiu lehnte die Allianz mit Nazi-Deutschland ab.



    1985 erklärte Ion Raţiu in einem Interview für die Sendung Actualitatea românească“ des Senders Freies Europa, unter welchen Umständen er in Gro‎ßbritannien geblieben ist. Das Interview stammt aus dem Archiv des Zentrums für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks:



    Nach der Abreise des Königs Karl II. und der Ausrufung des Legionären Staates habe ich im September 1940 gekündigt. Ich bin zum britischen Au‎ßenministerium gegangen und habe politisches Asyl beantragt. Das habe ich auch gleich bekommen. Ich hatte das gro‎ße Glück, ein Stipendium an der Cambridge University zu bekommen und habe nach drei Jahren ein Master of Arts-Diplom im Bereich der Wirtschaftswissenschaften bekommen. Während der Zeit in Cambridge habe ich eine Reihe von Radio-Sendungen mit patriotischem Inhalt gemacht, die im Mittelpunkt Siebenbürgen hatten, insbesondere nach der Trennung Nordsiebenbürgens von Rumänien im Jahr 1940. Im Studentenleben im Rahmen des Verbandes rumänischer Studenten in Gro‎ßbritannien war ich auch aktiv.“




    Ion Raţiu wirkte auch in den Propaganda-Bemühungen für den Austritt Rumäniens aus der Achsenmächte-Allianz. Er wollte, dass Rumänien und ganz Mittel- und Osteuropa unter dem Einfluss der westlichen Demokratien nach dem Krieg bleibt.



    Ich habe im Internationalen Studenten-Ausschuss gearbeitet, da war ich Vize-Vorsitzender während des Krieges. Ich war auch im Weltjugend-Exekutiv-Komitee tätig. Uns war die Zukunft Europas nach dem Krieg wichtig, weil wir in England im Exil waren. Deswegen haben wir die Organisation CECCILS gegründet, »Central East European Students for a New Society«. Obwohl ich jung war, wurde ich von der Bewegung der freien Rumänen rekrutiert, die sich der Ausrichtung Rumäniens an die Politik Nazi-Deutschlands widersetzte und die der Meinung war, dass Rumäniens Platz an der Seite der gro‎ßen demokratischen Mächte des Westens ist, die der Gründung Gro‎ßrumäniens zugestimmt hatten. In dieser Periode habe ich Artikel geschrieben, Konferenzen organisiert und wurde auch vom BBC eingeladen.“




    Ion Raţiu wurde ein wohlhabender Geschäftsmann. Er gründete aber auch eine antikommunistische Organisation, die Weltunion der Freien Rumänen, und gab eine demokratische Zeitung, Românul liber“ (zu deutsch Der freie Rumäne“), heraus. Das war auch eine der einflussreichsten Publikationen des rumänischen Exils. Ion Raţiu dazu:



    Schon 1955 gab ich wöchentlich ein englisches Nachrichtenblatt heraus. Ich nannte es »Free Romanian Press«, Ziel war es, den Westen, insbesondere die Zeitungen und die einflussreichen Abgeordneten und Politiker in England, über die Lage in Rumänien zu informieren. Nach 20 Jahren wandelte sich diese Publikation in eine etwas grö‎ßere Zeitschrift, es war eine monatliche englisch-französische Broschüre. 1965 habe ich den Acarda-Verein, den Kulturellen Verband der Rumänen in England gegründet. Wir nannten ihn ‚kulturell‘, in unserer siebenbürgischen Tradition bedeutete das aber auch ‚politisch‘. 1980 habe ich zusammen mit Professor Brutus Coste aus Amerika alle aufgefordert, etwas zu machen, damit dieses Land im Westen ehrwürdig vertreten wird. Bis 1975 war ein Rumänischer National-Ausschuss tätig. Wir waren der Meinung, dass dieser Kampf weiter gehen muss und haben uns 1984 organisiert.“




    Ion Raţiu kam 1990 zurück nach Rumänien und wurde in der Politik aktiv. Er starb am 17. Januar 2000 in London, wurde aber — so sein Wille — in seinem Geburtsort Turda bestattet.

  • US-amerikanischer Fotoreporter besucht Rumänien seit über 30 Jahren

    US-amerikanischer Fotoreporter besucht Rumänien seit über 30 Jahren

    Edward Serotta ist ein US-amerikanischer Fotograf, der zum ersten Mal im Jahr 1985 nach Rumänien kam. Was ihn damals dazu getrieben hat, war der Wunsch, sein Leben zu ändern. Der erste Schritt dazu: seinen Jugendtraum zu befolgen, Schriftsteller oder Fotograf zu werden. In dem Monat, den er 1985 in Rumänien verbrachte, recherchierte Edward Serotta über das Leben der jüdischen Gemeinde. Jahre später verbrachte unser Gesprächspartner das Wendejahr der europäischen Geschichte 1989 auch in diesem Teil Europas und war in der Mitte der sozialen und politischen Umwälzungen. Unlängst haben wir den Fotografen und Schriftsteller im Bukarester Palast Suţu getroffen, wo seine Fotoausstellung stattfand: 1989 — das Jahr, als Europa wieder zu sich fand“. Die Ausstellung wurde vom Österreichischen Kulturforum organisiert. Unser Gesprächspartner über seine erste Reise nach Rumänien in den Achtzigern:



    Ich hatte mich auf das Leben der Juden spezialisiert und in Rumänien lebte eine der besonders interessanten Gemeinden in ganz Europa. So habe ich mich entschieden, nach Rumänien zu kommen. In den USA war ich mit meinem Beruf nicht zufrieden und wollte meinen Traum nicht aufgeben, Schriftsteller und Fotograf zu werden. Ich besuche Rumänien regelmä‎ßig seit 1985 und stelle jedes Mal fest, wie stark sich das Land verändert. Ich liebe vor allem Bukarest, mit seinen Kaffeehäusern, Restaurants, Buchhandlungen.“




    Edward Serottas Bilder wurden in den Zeitschriften Time Magazine“, The Guardian“, The Washington Post“ und Die Zeit“ veröffentlicht und werden in den ständigen Sammlungen zahlreicher Museen in Nordamerika, Europa und Israel ausgestellt. Ab 1988 lebte Edward Serotta in Europa, zuerst in Budapest, dann in Berlin und seit 1997 in Wien. Im Jahr 2000 hat er zusammen mit zwei ungarischen Historikern in der österreichischen Hauptstadt das der jüdischen Gemeinde gewidmete Geschichtszentrum Centropa gegründet. Was das kommunistische Regime angeht, erinnert sich unser Gesprächspartner besonders an die Beziehung zur Geheimpolizei Securitate.



    Im Archiv der Securitate gibt eine 300-seitige Akte auf meinem Namen, aber ich kann sie nicht lesen. Ich wusste von Anfang an, dass sie mich bespitzeln werden, ich hatte aber nichts zu verbergen. Ich war jedoch nicht besonders interessant für die Securitate, was ich hier machte, war, das Leben der Juden in Suceava und Dorohoi zu fotografieren. Regimekritische Journalisten wie Anne Applebaum und Edward Lucas, der damals für die BBC vor Ort berichtete, wurden ausgewiesen. Ich habe auch über das kommunistische Regime berichtet, aber das machte ich geheim. Einmal haben Securitate-Agenten den Film aus der Kamera rausgezogen und ihn in einen Müllcontainer geworfen.“




    Der Fotoreporter Edward Serotta pflegt eine besondere Beziehung zu Rumänien. Über den Unterschied zwischen dem damaligen Rumänien und dem aktuellen sagte unser Gesprächspartner:



    Allein die Tatsache, dass ich 41 Mal nach Rumänien gekommen bin, sollte die Frage beantworten, ob ich mich hier wohl fühle oder nicht. Bei meinem ersten Besuch in Rumänien habe ich mir gesagt, was für ein schreckliches Land, ich komme nie wieder! Ich hatte die Monate Dezember und Januar 1985 in Bukarest verbracht und die Stadt war während des Ceauşescu-Regimes schrecklich. In Buchhandlungen war ein einziger Autor zu finden: Ceauşescu. Er war überall, auch im Fernsehen, man konnte hier einfach verrückt werden. Man musste stundenlang in der Schlange warten, um Lebensmittel zu kaufen. Ich erinnere mich, wie ich im Land an Getreidefelder vorbeifuhr und es dennoch kein Brot zu kaufen gab; neben Ploieşti fuhr ich an Erdölsonden vorbei, und in Bukarest gab es dennoch kein Benzin zum Tanken, ich fuhr an einem Wasserkraftwerk vorbei und die Stromlieferung fiel indessen oft aus. Die Gesichter, die Warmherzigkeit und die Gastfreundschaft der Menschen haben mich aber immer wieder dazu bewogen, hierher zurückzukehren. Jetzt haben Sie eine neue Regierung und am Ende des Jahres gibt es Legislativwahlen. Ich hoffe, dass Rumänien den Kampf gegen Korruption nicht aufgibt und eine Wirtschaftsankurbelung erlebt, die seine Bürger zu spüren bekommen.“

  • Rumänien 30 Jahre nach dem Kommunismus: zwischen Nostalgie und Veränderungsdrang

    Rumänien 30 Jahre nach dem Kommunismus: zwischen Nostalgie und Veränderungsdrang

    Unzählige Historiker und Sozialwissenschaftler haben die postkommunistischen Gesellschaften erforscht, und eines der am stärksten ausgeprägten Phänomene in ihnen ist die Nostalgie für das Leben vor 1989. In jedem Land, das diesen Wandel durchmachte, hat sich diese Haltung, die Sehnsucht nach der Vergangenheit, verbreitet. Die Menschen neigen dazu, die Vergangenheit zu idealisieren, unabhängig davon, wie hart ein Regime war oder wie schwierig das Leben war. Die Nostalgie malt die Vergangenheit in rosigen Tönen und die Gegenwart in härteren Tönen, wenn sich die Menschen nicht mehr mit der Zeit identifizieren. Die Nostalgie platziert alles Gute in der Vergangenheit und macht die Gegenwart lächerlich.



    Rumänien ist von diesem Phänomen, das vor allem die älteren Generationen betrifft, nicht verschont geblieben. Wenn auch dies völlig verständlich ist, ist es auch ziemlich ungerecht. Rumänien hat seit drei Jahrzehnten gro‎ße Fortschritte gemacht, in jeder Hinsicht. Das Land durchläuft die sicherste Periode seiner modernen Geschichte, trotz aller möglichen Nachteile. Wir haben den Historiker Dragoş Petrescu, Professor an der Fakultät für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Bukarest, gefragt, was Rumänien in den letzten 30 Jahren erreicht hat:



    Meiner Ansicht nach hat Rumänien viel gewonnen. Meine Generation hatte vor allem in den 1980er Jahren alle Hoffnung verloren, frei in den Westen reisen zu können. Es ist natürlich, dass wir anders denken als Menschen, die nach 1989 geboren sind. Rumänien ist jetzt Mitglied der EU, Mitglied der NATO, und obwohl die Marktwirtschaft nie voll funktionsfähig sein kann, funktioniert sie trotzdem. Es gibt einen dynamischen privaten Sektor, wir haben ausländische Investitionen. Das sind Dinge, die zeigen, dass Rumänien auf dem richtigen Weg ist.“




    Vieles von dem, was die Nostalgiker in der heutigen Gesellschaft anstö‎ßig finden, lässt sich dadurch erklären, dass es sich um Ausdrücke gelehrter Hilflosigkeit handelt. Es sind alte Gewohnheiten von der Art, die schwer zu überwinden sind. Dragoş Petrescu sagt, sie sind das Ergebnis einer politischen Kultur, die nur schwer zu ändern ist:



    Es gibt viele Dinge, die von uns Rumänen und unserer politischen Kultur abhängen. Es hat mit der Verallgemeinerung einer demokratischen politischen Kultur zu tun, von der wir wissen, dass wir uns auf sie verlassen müssen, ohne zu jammern, ohne auf Hilfe von au‎ßen zu warten, angefangen bei einigen sehr ernsten Dingen, die mit der nationalen Sicherheit zu tun haben. Die Tatsache, dass Rumänien noch nicht in der Lage ist, den eigenen Luftraum mit eigenen Kräften zu sichern, sagt viel aus. Politische Korruption, der Verkauf politischer Entscheidungen an den Meistbietenden, das hat uns an diesen Punkt gebracht. Daran ist nicht das Ceauşescu-Regime schuld, sondern die Politiker, die die Rumänen gewählt haben, ohne sich Gedanken zu machen. Es ist sehr wichtig, verantwortungsbewusst zu wählen, denn es kann sehr gut sein, dass wir es nachher bereuen.“




    Wir haben Professor Petrescu gefragt, ob die Mängel der heutigen Gesellschaft auf das Erbe des Kommunismus zurückzuführen sind. Er glaubt, dass eine Mischung aus dem kommunistischen Erbe und der vorherigen Entwicklung zum heutigen Zustand der rumänischen Entwicklung



    Wir haben zwar ein Erbe, aber es ist nicht das schwierige Erbe der kommunistischen Vergangenheit. Es ist das Erbe eines Landes, das an der Basis der Diagonale der europäischen Entwicklung liegt, die im Südosten beginnt und sich in Richtung Nordwesten der protestantischen Ethik erstreckt, wie der gro‎ße deutsche Soziologe Max Weber es formulierte. Wir Rumänen sind hier im Südosten mit einer christlich-orthodoxen Ethik ausgestattet, die die Dinge verkompliziert, die Menschen sind es gewohnt, auf ein Almosen zu warten, anstatt hart zu arbeiten, um besser zu leben. Das hat viel damit zu tun, dass dieses Gebiet unterentwickelt ist, deshalb nennt man es Halbperipherie.“




    Wie jede andere Gesellschaft muss Rumänien in die Zukunft schauen, um einen Sinn zu finden. Professor Dragoş Petrescu glaubt, dass die künftigen Generationen den Wandel herbeiführen werden, denn die Gegenwart werde von den vergangenen und zeitgenössischen Generationen bestimmt.



    Es gibt Dinge, die uns optimistischer machen sollten, nämlich die transnationale Diaspora, die in den westlichen Ländern arbeitet und lebt und die sich ein fortgeschritteneres politisches Denken angeeignet hat. Diese Menschen kehren nach Hause zurück und wollen, dass sich die Dinge ändern. Sie haben diesen Slogan, der mir gut gefällt, ein Land wie der Westen, nämlich eine konsolidierte Demokratie, die von dieser viel dynamischeren jungen Generation herbeigeführt werden kann.“




    30 Jahre nach 1989 ist Rumänien in der Tat recht stabil, und die Freiheit ist der grundlegende Bezugspunkt — der Wichtigste von allen.

  • Dezember 1989: Als Rumänien wieder zu sich fand

    Dezember 1989: Als Rumänien wieder zu sich fand

    Der bereits in den anderen Ländern des ehemaligen Osblocks einsetzende Niedergang des Kommunismus hatte einen hohen Preis in Rumänien — tausende von Opfern, die meisten davon junge Menschen, die mit ihrem Blut vor 30 Jahren Geschichte geschrieben haben. Eine derartige Revolution verändert die Selbstauffassung der gesamten Gesellschaft in Bezug auf ihren eigenen Werdegang.



    Das Gedächtnis hat jedoch subjektive Züge, und jeder Rumäne erinnert sich anders an die Zeit vor Dezember 1989. Im Suţu-Palast in Bukarest fand ein Treffen statt, das sich mit dem Einfluss der persönlichen Archive auf das Image der Osteuropäer im Zusammenhang mit den Veränderungen von 1989, aber auch mit dem alltäglichen Leben dieser Zeit befasste. Raluca Alexandrescu, Universitätsdozentin an der Fakultät für Politikwissenschaften der Universität Bukarest, spricht über das subjektive Erinnerungsvermögen:



    Es war kalt in den Wohnungen, die Leute standen für alles Mögliche Schlange in den Läden… Wenn ich Leute treffe, die mir erzählen, dass es ihnen während des Ceauşescu-Regimes gut ging, bin ich immer wieder erstaunt, obwohl es viele Arten gibt, sein Leben zu führen. Andererseits ist es aber auch verständlich, dass die Erfahrungen der Einzelnen vor 1989 unterschiedlich sind und miteinander konfrontiert werden müssen. Aus diesem Grund denke ich, dass die heutige Blockade in der Wahrnehmung mit diesem anhaltenden Konflikt zwischen den unterschiedlichen Erlebnissen der Einzelnen zu erklären ist. Einige sind nostalgisch, andere haben für die Zeit vor Dezember 1989 sogar eine Art Kult entwickelt und wiederum ist es für andere Menschen unvorstellbar, dem Kommunismus und dem Ceauşescu-Regime mit Nostalgie zu begegnen.“




    In der rumänischen Gesellschaft war die weit verbreitete Angst vielleicht das prägendste Gefühl während des Ceauşescu-Regimes. Der von der Securitate betriebene Unterdrückungsapparat war zu einem unsichtbaren, jedoch allgegenwärtigen Feind geworden, und der Mut, öffentlich über die eigenen politischen Überzeugungen zu sprechen, wurde von den meisten Menschen als riskantes Wagnis angesehen. Raluca Alexandrescu bringt weitere Einzelheiten:



    In diesem schizoiden Umfeld, in dem viele von uns aufgewachsen sind, wusste jeder sehr genau, dass es überhaupt nicht ratsam war, das zu Hause in der Familie Besprochene weiterzuerzählen. Dies ist für meine Generation, für die etwas jüngere und insbesondere für die etwas ältere Generation immer noch ein Problem. Wir leben, wir bilden uns und agieren in der Gesellschaft, vielleicht ohne es zu merken, in einem Zustand der Binarität uns selbst gegenüber, aber auch im Verhältnis zur Öffentlichkeit. Unser Bezug zur Öffentlichkeit und zur Stellungnahme und Involvierung im öffentlichen Leben ist ebenfalls davon geprägt, ohne dass wir es merken würden.“




    Der Moment der Revolution änderte das Bewusstsein und bestimmte das Leben der Überlebenden. Der Weg zur Demokratie wurde mit der Überwindung der Angst eröffnet. Die rumänischen Bürger gewannen eines der wichtigsten Grundrechte: die Rede- und Meinungsfreiheit. Raluca Alexandrescu dazu:



    Die Erfahrung von 1989 war bis zu einem gewissen Punkt sogar eine unvermittelte. Ich erinnere mich, dass ich am 21. Dezember 1989 mit meinen Brüdern in die Stadt ging, um etwas für Weihnachten zu kaufen. Wer sich noch daran erinnert, dass es damals kaum noch etwas zu kaufen gab, versteht, dass es nur ein Vorwand war, ein wenig aus dem Haus zu gehen. Mein Bruder, meine Schwester und ich gingen zum Universitätsplatz, wo die Menschen bereits zu protestieren begonnen hatten. Ich erinnere mich, dass ich mit 14 Jahren versuchte, ‚Nieder mit dem Kommunismus!‘ und ‚Nieder mit Ceauşescu!‘ zu skandieren. Doch damals und dort, beim Hotel Intercontinental, kam der Ton aus meinen Stimmbändern, aus meiner Kehle nicht raus. Ich war wie versteinert. Es waren etliche Minuten, in denen meine Stimmbänder auf die Befehle des Gehirns nicht mehr reagierten. Ich schrie aber innerlich, und das ist der Moment, an den ich mich als meine kleine innere Revolution erinnere.“




    Anlass des Treffens zur Erinnerung an die Revolution und ihre Auswirkungen auf die gegenwärtige rumänische Gesellschaft war die Ausstellung des amerikanischen Fotografen Edward Serotta. In jenen Dezembertagen 1989 dokumentierte er — der Securitate zum Trotz — die Ereignisse auf der Stra‎ße. Ähnlich war er noch in Bulgarien, Ungarn, der Tschechoslowakei, Polen und der DDR vorgegangen, wei‎ß Adrian Cioflâncă, Direktor des Zentrums für die Geschichte der jüdischen Gemeinschaften in Rumänien und Mitglied der Behörde für die Aufarbeitung des Securitate-Archivs (CNSAS):



    Edward Serotta hatte mehr Bewegungsfreiheit als zum Beispiel Anne Applebaum, die 1989 zusammen mit einem BBC-Journalisten nach Rumänien kam und am Flughafen von Securitate-Beamten mit riesigen Walkie-Talkies begrü‎ßt wurde, wie in einem albernen Agenten-Film. Die Securitate wollte die beiden Journalisten einschüchtern, sie daran hindern, sich mit einigen Dissidenten zu treffen und einige wichtige Orte aufzusuchen, die mit der antikommunistischen Dissidenz zu tun hatten. Praktisch konnten die beiden ausländischen Journalisten nicht viel erreichen, überall, wohin sie gingen, waren ihnen Securitate-Leute auf den Fersen. Im Fall von Edward Serotta tappte die Securitate in eine Falle. Serotta hat sie hereingelegt, er hat vorgetäuscht, eher an den jüdischen Gemeinden in Rumänien interessiert zu sein. Er kannte allerdings verschiedene Memoiren über Rumänien in der Zwischenkriegszeit.“




    1989 — das Jahr, in dem Europa zu sich selbst wiederfindet“, eine Ausstellung im Museum für die Geschichte der Stadt Bukarest, die in Partnerschaft mit dem Österreichischen Kulturforum organisiert wurde, setzt sich nicht so sehr mit dem Fall des Kommunismus auseinander, sondern dokumentiert vielmehr die Wiederverankerung der Freiheitsidee im kollektiven Denken. Die rumänische Gesellschaft befindet sich immer noch in einem Wandel der Wahrnehmungen, Mentalitäten und der Erinnerungsfähigkeit.

  • Wahrnehmung des Kommunismus 30 Jahre danach: gemischte Bewertung

    Wahrnehmung des Kommunismus 30 Jahre danach: gemischte Bewertung

    Laut einer Meinungsumfrage glauben nach 30 Jahren seit dem Sturz der kommunistischen Regime in Osteuropa immer noch 27% der Rumänen, dass das kommunistische Regime gut für Rumänien war, weitere 30% sind hingegen der Auffassung, dass der Kommunismus schlecht war. Gleichzeitig antworten 34,4% der Befragten mit der Äu‎ßerung Die Dinge sind komplizierter; Der Kommunismus in den 1950er Jahren war eine Sache, der während des Ceauşescu-Regimes war anders.“



    Eine weitere soziologische Umfrage, die im November gestartet wurde, zeigt, dass die Hälfte der Rumänen glaubt, dass es im Kommunismus besser gewesen sei. Diese Art von Umfragen wird seit 1989 durchgeführt, und die Ergebnisse waren stets etwas anders. Zum Beispiel glaubte 20 Jahre nach der Dezemberrevolution von 1989 etwa die Hälfte der Rumänen, dass es vorher besser war, und 14% von ihnen glaubten, dass sich die Dinge nicht zum Guten geändert hätten. Unabhängig von den Unterschieden zwischen den Methoden und Ergebnissen ist es ganz klar, dass es viele positive Wahrnehmungen gibt, vielleicht genauso viele wie die negativen. Die Forscherin Manuela Marin von der West-Universität in Timişoara (Temeswar) hat in mehreren Studien das Phänomen analysiert, das als kommunistische Nostalgie“ bezeichnet wurde. Sie ist der Meinung, dass man zur Erklärung dieses Phänomens diejenigen Aspekte analysieren sollte, die die Menschen in Bezug auf die jüngste Vergangenheit als positiv wahrnehmen. Manuela Marin:



    Nach dem, was mir aufgefallen ist, geht es hier vor allem um das Wohlbefinden, das den Menschen durch die staatliche Bevormundung zuteil wird: ein stabiler Arbeitsplatz und Lebensbedingungen, die als anständig angesehen wurden, bis hin zu einer gewissen Gleichheit in der Gesellschaft. Was die Rumänen am Kommunismus meiner Meinung nach schätzten, war der bevormundende Staat, der sich in das Leben der Bürger einmischte. Auch im Hinblick auf frühere Umfragen sollte erwähnt werden, dass die Rumänen nicht wieder in das politische Regime mit all seinen Einschränkungen der Rede- und Meinungsfreiheit zurückkehren wollen. Was sie wollen, ist eine Mischung zwischen dem sozialistischen Wohlergehen und der Freiheit, die sie jetzt genie‎ßen.“




    In Wirklichkeit war der sozialistische Wohlstand eine Illusion. Wie könnte man also diese verschönte Wahrnehmung der Vergangenheit erklären? Manuela Marin versucht es und antwortet:



    Wir müssen daran denken, dass es in den 1970er–1980er Jahren und sogar in den 1960er Jahren, weil man normalerweise zwischen den verschiedenen Stadien des Kommunismus unterscheidet, den Menschen darauf ankam, eine Wohnung in einem Wohnblock zu bekommen, Zugang zu Elektrizität und hei‎ßem Wasser zu haben und auch ein stabiles Einkommen zu erlangen. Für die in den 1940er und frühen 1950er Jahren geborene Generation war das das Maximum an Wohlstand, von dem sie träumen konnte. Die 1970er Jahre gelten als die Jahre des sozialistischen Wohlstands, aber die Menschen damals hatten nichts, womit sie diesen Wohlstand vergleichen konnten. Sie erinnern sich nur an den festen Arbeitsplatz, an den Urlaub am Meer oder in den Bergkurorten und dass sie sich irgendwann eine Waschmaschine oder einen Fernseher leisten konnten. Wir müssen diejenigen verstehen, die vom Land kamen und sich in einer Stadt oder einem besser entwickelten Ort niederlie‎ßen, das war ein Schritt nach vorn in Bezug auf den materiellen Wohlstand.“




    All diese Vorteile und Fortschritte wurden vom Staat bereitgestellt, so dass die positive Wahrnehmung des Kommunismus auch eine Frage der Nostalgie für diese Art von fürsorglichem Staat ist. Im Kommunismus wurde alles vom Staat geregelt: Arbeit, Wohnung, Urlaub und sogar Freizeit. Der schnelle und traumatische Niedergang der Wirtschaft, der durch den angekündigten Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus ausgelöst wurde, verwirrte viele und lie‎ß sie von einer Art involviertem Staat träumen, was aber seinen Preis haben sollte, wie Manuela Marin erläutert:



    Der Einzelne sah sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, die alles in Frage stellten, was ihm bis dahin vertraut war: die eigene Existenz und das Leben im Allgemeinen. Es geht um das, was ich das Verschwinden des Gesellschaftsvertrages nenne. Der kommunistische Staat ist ein paternalistischer Staat, der einen gewissen ungeschriebenen Sozialvertrag mit den einfachen Bürgern abgeschlossen hat: Ich sorge für eure Grundbedürfnisse, und ihr verpflichtet euch, euch zu unterwerfen und die Entscheidungen der kommunistischen Partei oder des Staates umzusetzen.“




    30 Jahre nach dem Untergang dieses bevormundenden Staates haben es die nachfolgenden Regierungs- und Verwaltungsstrukturen nicht geschafft, die Abhängigkeit vom Staat durch das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit einiger Institutionen zu ersetzen, die bestimmte Rechte garantieren. Wir haben mehr dazu von der Historikerin Alina Pavelescu, der stellvertretenden Direktorin des Nationalarchivs in Bukarest, erfahren:



    Gegenwärtig bedeutet es für einen Bürger, sich gut aufgehoben und sicher zu fühlen, auch den anderen Mitgliedern der Gesellschaft, den Behörden und Institutionen zu vertrauen. Und dieser Mangel an Vertrauen ist verständlich, solange die Beziehungen zwischen Bürgern und Institutionen in unserem Land nicht so gut sind, mit so vielen ungelösten Fragen in den letzten 30 Jahren, die sowohl mit dem kommunistischen Regime als auch mit der postkommunistischen Zeit zusammenhängen, als viele ehemalige Bonzen des kommunistischen Regimes die öffentliche Agenda besetzten und nur ihre persönlichen Interessen verfolgten. Die Folge ist das mangelnde Vertrauen der Bürger in andere Menschen und auch in die Institutionen.“




    Andererseits sind viele der im Kommunismus entstandenen Probleme nur mühsam und teilweise gelöst worden. Ganz im Gegenteil, viele negative Aspekte haben sich hartnäckig gehalten und haben mancherorts sogar zugenommen. Und das habe bei den jungen Leuten, die glauben, dass es sich um Phänomene aus der jüngsten Vergangenheit handelt, Verwirrung gestiftet, meint Alina Pavelescu:



    Es ist ziemlich merkwürdig, dass viele junge Leute oder Menschen mittleren Alters sagen, dass es früher besser gewesen sei, wenn man bedenkt, dass diejenigen, die damals lebten, wissen sollten, dass zum Beispiel die Behandlungsbedingungen in den Krankenhäusern schrecklich waren, so viel schlimmer als heute. Das Bestechungssystem zum Beispiel stand bereits in den 1980er Jahren fest im Sattel und hatte sich in allen Krankenhäusern verbreitet.“




    Aber damit die jüngeren Generationen über all diese Dinge erfahren, sollte die Geschichte des Kommunismus besser vermittelt und verstanden werden. Bildung und geringere Erwartungen an einen paternalistischen Staat könnten Lösungen für die jüngeren Generationen sein, um die aus dieser Zeit geerbten Mentalitäten loszuwerden. Alina Pavelescu glaubt, dass Kinder heute die Chance haben, in einer offenen Gesellschaft und einer Welt zu leben, in der ihr kritisches Denken frei wachsen kann.

  • Nachrichten 19.12.2019

    Nachrichten 19.12.2019

    Der rumänische Präsident Klaus Iohannis begrü‎ßt, dass das Europäische Parlament am Donnerstag eine Resolution zum 30. Jahrestag der Revolution vom Dezember 1989 verabschiedet hat, die der Helden gedenkt, die sich für Freiheit und Demokratie geopfert haben. Das Europäische Parlament in Stra‎ßburg hat anerkannt, dass das Opfer der friedlichen Demonstranten von damals den Weg für den Übergang Rumäniens zur Demokratie geebnet hat. 1142 Menschen verloren ihr Leben, über 3000 wurden schwer verwundet, während andere mehrere hundert inhaftiert und gefoltert wurden. Es wird erwartet, dass die Abgeordneten den rumänischen Behörden empfehlen, ihre Bemühungen um die Wahrheit über die Ereignisse vor 30 Jahren zu verstärken. Die Ereignisse zum Gedenken an die Helden der Revolution von 1989 gehen im ganzen Land weiter. Vor drei Jahrzehnten streikten die Arbeiter in den Fabriken im westrumänischen Timisoara und gründeten kurz vor dem Sturz des rücksichtslosen Diktators Nicolae Ceausescu die erste antikommunistische Organisation. Der 19. Dezember war der Tag, an dem die kommunistischen Behörden versuchten, jegliche Beweise für die blutige Unterdrückung der friedlichen Demonstrationen gegen das Regime zu verbergen. Einzelheiten dazu, nach den Nachrichten.




    Der rumänische Premierminister Ludovic Orban versichert, dass es im nächsten Jahr keine Gehaltskürzungen im öffentlichen Sektor geben wird und dass im Projekt des Staatshaushalts die Beträge für alle durch die geltenden Gesetze festgelegten Einkommenserhöhungen vorgesehen sind. Stattdessen sagte der Regierungschef in einem Interview für Radio Rumänien, die Verdoppelung der Kinderzulagen, wie sie von der Abgeordnetenkammer beschlossen wurde, könne im nächsten Jahr nicht ohne eine Erhöhung des Defizits und der Inflation unterstützt werden. Ludovic Orban erinnerte daran, dass die Vertrauensfrage gegenüber dem Parlament die einzige Methode ist, die sicherstellen kann, dass der Haushalt für das nächste Jahr bis zum 31. Dezember verabschiedet wird. Mehr dazu, nach den Nachrichten.




    Der rumänische Präsident Klaus Iohannis hat am Donnerstag ein Gesetz verkündet, das die von der Abgeordnetenkammer gebilligte Entschädigungsbeschwerde aufhebt, als Entscheidungsforum am 4. Dezember. Das umstrittene Gesetz, das von der ehemaligen sozialdemokratischen Regierung gebilligt wurde, ermöglichte die Freilassung von Tausenden von Verurteilten. Einige von ihnen, die ihre Strafe für schwere Verbrechen verbü‎ßt haben, wurden wieder rehabilitiert. Justizminister Catalin Predoiu hat kürzlich erklärt, dass der fehlerhafte Text dieses Gesetzes die rumänischen Bürger in Gefahr bringt. Er fügte hinzu, dass das von ihm geleitete Ministerium einen Gesetzesentwurf mit Ma‎ßnahmen ausgearbeitet habe, die in den Gefängnissen in ganz Rumänien, deren prekäre Lage eine Vielzahl von Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgelöst habe, angewendet werden sollen. Die Behörden sind vor allem daran interessiert, die Haftbedingungen zu verbessern.




    Die rumänischen Behörden haben zusätzliche Ma‎ßnahmen ergriffen, um den Verkehr an den Grenzkontrollpunkten während der Winterferien zu erleichtern, wenn ein erheblicher Anstieg der Touristenzahlen vor allem an der Grenze zum Schengen-Raum erwartet wird. Um Staus zu vermeiden, griff die Grenzpolizei auf zusätzliche Ma‎ßnahmen zurück, die darauf abzielen, die Verkehrskapazität jeder Grenzkontrollstelle zu maximieren. Über 42 hundert Polizisten sind derzeit an den Überwachungs- und Kontrollaktivitäten an den Grenzen des Landes beteiligt, wie Quellen der rumänischen Grenzpolizei mitteilten.

  • Nachrichten 17.12.2019

    Nachrichten 17.12.2019

    In der westrumänischen Stadt Timisoara, in der es vor 30 Jahren bei der antikommunistischen Revolution vom Dezember 1989 zu den ersten Opfern kam, herrschte am Dienstag tiefe Trauer. Am 17. Dezember vor 30 Jahren gab der kommunistische Diktator Nicolae Ceausescu den Schießbefehl mit Kriegsmunition. Die Fahnen hingen auf Halbmast zum Gedenken an die vor 30 Jahren auf den Straßen von Timisoara erschossenen Menschen. Die antikommunistische Revolution brach am 16. Dezember in Timisoara aus, die sich am 20. Dezember zur ersten kommunismusfreien Stadt Rumäniens erklärte. Der Aufstand griff dann ab dem 21. Dezember auf das ganze Land über. .



    Der Oberste Verteidigungsrat des Landes hat am Dienstag eine positive Stellungnahme zu dem vorgeschlagenen Budget für die Verteidigungs- und Sicherheitsbehörden im Jahr 2020 abgegeben. Das Verteidigungsministerium soll wie 2019 zwei Prozent des BIP erhalten, einen Anteil, der durch eine nationale politische Vereinbarung zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben vereinbart wurde. Die für die anderen Institutionen mit Zuständigkeit im Bereich der nationalen Verteidigung und Sicherheit vorgesehenen Beträge werden sicherstellen, dass sie ihre Aufgaben und Ziele erfüllen können, teilte das Amt des rumänischen Präsidenten in einer Erklärung mit.



    Das Haushaltsdefizit soll zwischen 2020 und 2023 schrittweise um 1,6% sinken, von rund 3,6% des BIP im nächsten Jahr auf fast 2% des BIP im Jahr 2023. Laut einem Bericht über die makroökonomische Situation des nächsten Jahres und der vom Finanzministerium veröffentlichten Prognose für den Zeitraum 2021-2023 geht der Haushaltsentwurf für das nächste Jahr von einem Wirtschaftswachstum von 4,1% aus. Dieser Wert liegt deutlich über dem geschätzten EU-Durchschnitt von 1,4 % für das kommende Jahr, so die Herbstprognose der Europäischen Union.



    Der neue Botschafter der Vereinigten Staaten in Bukarest Adrian Zuckerman hat sein Amt offiziell angetreten, nachdem er von Präsident Klaus Iohannis für die Vorlegung seiner Akkretitierungsschreiben empfangen wurde. Zuckerman traf sich am Samstag mit Außenminister Bogdan Aurescu und erklärte bei dieser Gelegenheit, dass er fest entschlossen ist, einen Beitrag zum starken Ausbau der strategischen Partnerschaft zu leisten.

    Er erinnerte daran, dass Rumänien die Anerkennung von Präsident Donald Trump und der gesamten US-Regierung genießt und dass Rumänien keinen besseren Freund als die USA haben könnte. Der Rechtsanwalt ist in Bukarest geboren und spricht fließend Rumänisch.



    Der Kurzfilm Das Weihnachtsgeschenk des rumänischen Regisseurs Bogdan Muresanu hat es in die enge Auswahl der Oscar-Nominierungen für 2020 geschafft. Der Film ist eine der erfolgreichsten rumänischen Produktionen und gewann über 50 internationale Preise und Auszeichnungen. Der Film ist eine schwarze Komödie über den letzten Tag des Kommunismus, den 20. Dezember 1989, als ein Paar aus Bukarest merkt, dass ihr siebenjähriger Sohn einen Brief per Post an Väterchen Frost, den damaligen Weihnachtsmann, geschickt hatte, wo er den Wunsch seines Vaters, den Diktator Nicolae Ceausescu tot zu sehen, niederschrieb. Der Film wurde kürzlich bei den Europäischen Filmpreisen in Berlin als bester europäischer Kurzfilm ausgezeichnet.

  • Gegenkultur im kommunistischen Rumänien: subtile Ironie und kontrollierte Subversion

    Gegenkultur im kommunistischen Rumänien: subtile Ironie und kontrollierte Subversion

    Diese Vorschriften wurden von den kommunistischen Aktivisten, die für Kultur und Zensur zuständig waren, geschrieben. Sie zielten zwar überwiegend auf die Hochkultur ab, doch die nicht herkömmlichen Kulturformen wurden an den Rand gedrängt und materialisierten sich meist in das, was wir als Gegenkultur kennen.



    Neben Klassik und Opernmusik manifestierte sich die Gegenkultur vor allem in den Bereichen Rock, Jazz, Blues und Volksmusik. Die Popmusik erwies sich damals als die konformistischste in der kommunistischen Zeit, streng nach dem Kanon. Künstler, die versuchten, Stile au‎ßerhalb des Kanons anzunehmen, gab es aufgrund des schwierigen Zugangs zu den Inspirationsquellen recht wenige. Aus diesem Grund waren Versuche, durch Musik Botschaften zu vermitteln, die nicht den offiziellen kulturellen Richtlinien entsprachen, damals eher selten.



    Dennoch entstand die Gegenkultur aus dem Bedürfnis der Menschen nach Freiheit im Schöpfungsprozess. Ihre Inspirationsquellen wie Beatmusik, Rock, Blues und Jazz aus dem Westen wurden zusammen mit anderen westlichen Produkten, die auf dem kommunistischen Markt wirklich schwer zu finden waren, wie Kleidung, Kosmetik und Schmuck, nach Rumänien geschmuggelt. Neben all diesen Gütern schmuggelten ausländische Studenten Vinylplatten nach Rumänien — mit Musik, die im Ausland produziert wurde.



    Eine weitere Inspirationsquelle für die musikalische Gegenkultur Rumäniens waren die Jazz- und Rockmusikprogramme von Willis Conover und Cornel Chiriac, die von den Sendern Voice of America bzw. Radio Freies Europa ausgestrahlt wurden.



    Noch wichtiger als die Musik war die Poesie, und die von der damaligen rumänischen Gegenkultur vorgeschlagenen Verse hatten die Ironie als Hauptmerkmal, um Ideen und kritisches Denken zu stimulieren. Der starke Lebensmittelmangel und die extrem düstere Atmosphäre der 1980er Jahre waren eine wichtige Inspirationsquelle für die nonkonformistischen Dichter der damaligen Zeit. Obwohl das kommunistische Regime schlie‎ßlich ein paar Zugeständnisse machte, die die Jazzfestivals von Sibiu (Hermannstadt) und Costineşti erlaubten, war die düstere Realität überall sichtbar. Der Historiker Sorin Antohi erinnert sich an diese düstere Zeit in der Geschichte Rumäniens.


    Ich erinnere mich an eine Episode aus der Zeit der schweren Nahrungsmittelknappheit, die Rumänien damals in der kommunistischen Epoche heimsuchte. Ich war gerade vom Jazzfestival in Sibiu im Jahr 1980 mit ein paar Freunden zurückgekehrt. Wir waren auf dem Weg nach Iaşi im Nordosten Rumäniens und mussten in Ploieşti, im Süden, umsteigen. Während wir die Stadt durchquerten, um zu einem anderen Bahnhof zu gehen, sahen wir Menschen in der Nähe eines der grö‎ßten kommunistischen Supermärkte, die sich drängten und schubsten, um Butter zu kaufen. Wir sahen kleine wei‎ße Pakete in der Luft fliegen und wussten zunächst nicht, was es war. Dann stellten wir fest, dass die Kommunisten die 200-Gramm-Pakete Butter in zwei Hälften geschnitten hatten, damit sie an so viele Kunden wie möglich verkaufen konnten. Die Leute, die wir sahen, kämpften also heftig für 100 Gramm Butter.“



    Im kommunistischen Rumänien führte die Zensur bestimmte Formen des musikalischen Ausdrucks ein, was einige der Künstler dazu veranlasste, zu versuchen, sie zu vermeiden. Einer dieser Künstler war der Architekt und Sänger Alexandru Andrieş, ein Aushängeschild der musikalischen Gegenkultur in den 1970er und 1980er Jahren. Zwei seiner Songs waren durchschlagende Hits, nämlich Was für eine schöne Stadt“ und In den Nachrichten“. Im ersten Song deutete Andrieş auf die allgegenwärtige Existenz von Fabriken und Industriewerken hin, die überall zu sehen waren und gegen die Prinzipien und Trends der modernen Städtebauplanung verstie‎ßen. Gleichzeitig enthielt der Text des Liedes ironische Kommentare, die sich an die Privilegierten des Regimes richteten, die in Stadtvierteln lebten, die weitaus besser versorgt waren als die Schlafstätten der Durchschnittsbürger. Der zweite Song, In den Nachrichten“, war kein subversiver Song, sondern ein Pastiche. Das Lied wurde später, in den 1980er Jahren, subversiv, als die Nahrungsmittelkrise die rumänische Bevölkerung traf. Im Text wird das Wort Telejurnal“ (Nachrichtensendung im Abendprogramm des damaligen Fernsehens) auf caşcaval“ (Gelbkäse nach Emmentaler Art) gereimt, den man nur noch in Propagandasendungen im Fernsehen erblicken konnte, denn in den Läden gab es fast nichts mehr zu kaufen.



    In einer kürzlich abgehaltenen Konferenz erinnerte sich Alexandru Andrieş daran, wie er eine Leidenschaft für die Musik entwickelte, die den Mainstream herausforderte oder verballhornte:



    Ich muss zugeben, dass es einerseits reines Glück war, als die Schwester meiner Mutter, meine Tante, 1966 durch Heirat in die USA auswanderte. Und so hatte ich Zugang zu Büchern und LPs, die hier unerreichbar waren. Ich erinnere mich, dass das Smithsonian Museum eine Art Vinylausgabe amerikanischer traditioneller Musik herausgegeben hat, eine Enzyklopädie, es gab Aufnahmen von 1900 bis heute, mit der Musik von Afroamerikanern, die Blues sangen, mit der Musik der Indianer. Ich wollte diese Enzyklopädie haben und ich wusste nicht, dass es sich tatsächlich um eine Box mit Vinyl-LPs handelte, die sehr schwer wog. Kein Wunder also, dass die Behörden mich herbeigerufen haben, um ihnen zu sagen, was das mit der gro‎ßen Kiste war, die ich aus den USA erhalten hatte.“




    Englisch war ein wichtiger Bestandteil der musikalischen Gegenkultur. Andrieş erinnerte sich, dass der Musiklehrer im Unterricht ziemlich oft einen Plattenspieler mitbrachte und die Musik von den Rolling Stones spielte. Für Andrieş sorgte jedoch die Tatsache, dass Englisch die Sprache der Lieder war, für gro‎ße Unzufriedenheit, und das beeinflusste den Künstler stark.



    Mich störte ungemein, dass ich nicht auf Rumänisch hören konnte, was ich in anderen Sprachen hörte. Und ich wurde deswegen sauer. Natürlich interessierte mich die rumänische Unterhaltungsmusik überhaupt nicht, mit all ihren langweiligen Texten und mit all den Leuten, die ihren Lebensunterhalt damit verdienten, solche Lieder zu schreiben, Songwritern und Sängern, die keine Probleme mit der Zensur hatten. In der damaligen rumänischen Unterhaltungsmusik gab es nur zwei Varianten: Entweder gab es Texte, die nichts Besonderes vermittelten, oder es gab Gedichte von klassischen rumänischen Dichtern, deren Werk veröffentlicht worden war. Und das war der Hauptgrund, warum ich mir sagte, warum nicht einige Songs so schreiben, wie ich sie gerne hören würde. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie live vor dem Publikum singen würde.“




    Die Produkte der musikalischen Gegenkultur der 1980er Jahre waren eine Zeitlang auch nach 1989 noch beliebt. Und das nicht aufgrund der Relevanz, die sie heute — noch? — haben mögen, sondern wegen ihres damaligen subversiven Wertes.

  • Nachrichten 10.12.2019

    Nachrichten 10.12.2019

    Die rumänische Regierung stellt im Parlament die Vertrauensfrage für eine Reihe von Gesetzen im Rechtswesen und der Wirtschaftspolitik. Betroffen sind die Verschiebung einer Vorschrift zur vorzeitigen Pensionierung der Richter, eine Maßnahme zur Erhöhung der Anzahl der Richter in den Spruchkörpern unterer Instanzen von zwei auf drei sowie die Dienstaltervoraussetzung für den Zugang zur Richterschule.



    In den drei Jahrzehnten seit dem Fall des Kommunismus hat die rumänische Justiz enorme Fortschritte gemacht, nicht nur in Bezug auf die Gesetzgebung und die Institutionen, sondern auch auf der gesellschaftlichen Ebene – das sagte der rumänische Präsident Klaus Iohannis auf einer Sitzung des Magistratenrates in Bukarest. Iohannis erklärte auch, dass 2019 im kollektiven Gedächtnis als das Jahr bleiben werde, in dem die Bürger durch das Referendum vom 26. Mai die Unabhängigkeit der Justiz geschützt haben. Das Ergebnis des Referendums zeigt, dass die Rumänen jedes Mal reagieren, wenn die demokratischen Werte missachtet werden, so Iohannis.



    Bei einer Schießerei im Städtischen Krankenhaus von Ostrava im Nordosten der Tschechischen Republik sind Dienstag Morgen sechs Menschen ums Leben gekommen. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte hatte sich der Angreifer durch einen selbst zugefügten Schuss in einem nahegelegenen Fahrzeug getötet. Ein Teil des Krankenhauses wurde zunächst abgesperrt. Premierminister Andrej Babis bestätigte, dass die Schüsse aus nächster Nähe in einem Wartezimmer des Krankenhauses stattfanden. Das Tatmotiv ist noch unbekannt.



    Die US-Demokraten haben am Dienstag zwei Anklagen gegen den republikanischen Präsidenten Donald Trump während des Amtsenthebungsverfahrens gehalten- Machtmissbrauch und Blockierung des Kongresses. Wenn diese Anschuldigungen nach einer Abstimmung, die nächste Woche stattfinden könnte, vom Plenum des Repräsentantenhauses, bei dem die Demokraten die Mehrheit bilden, bestätigt werden, wird Donald Trump der dritte Präsident in der US-Geschichte sein, der vom US-Kongress angeklagt wird. Um jedoch entlassen zu werden, ist die Abstimmung im Senat erforderlich, wo der politische Prozess stattfinden wird und wo die Republikaner eine Mehrheit haben. Nach Angaben der Demokraten hat Donald Trump in seinem persönlichen Interesse Druck auf die Ukraine ausgeübt, eine Untersuchung gegen Hunter Biden, den Sohn des ehemaligen demokratischen Vizepräsidenten Joe Biden, der wahrscheinlich der Kandidat von Trump bei den kommenden Präsidentschaftswahlen ist, wieder aufzunehmen. Donald Trump hat die Anschuldigungen der Demokraten als lächerlich verurteilt.



    In Frankreich haben groß angelegte Proteste gegen die geplanten Rentenreformen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron stattgefunden. Der betroffendste ist der Verkehrssektor. Die Tätigkeit einiger Schulen hatte ebenfalls darunter zu leiden.Sieben der acht Raffinerien sind blockiert. Die Arbeitnehmer sind wütend über die Aussicht, später in den Ruhestand zu gehen oder mit reduzierten Altersbezügen rechnen zu müssen. Frankreich verfügt derzeit über 42 verschiedene Altersversorgungssysteme in seinem privaten und öffentlichen Sektor, wobei das Rentenalter und die Leistungen unterschiedlich sind. Die Exekutive behauptet, der neue Entwurf, der von dem Premierminister Édouard Philippe am Mittwoch vorgestellt wird, werde gleiche Rentenbedingungen für alle Arbeitnehmer schaffen.



    Das Handelsdefizit Rumäniens hat in den ersten 10 Monaten des Jahres 14 Milliarden Euro überschritten, um 2 Milliarden Euro mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Nach einer Pressemitteilung des Nationalen Statistikinstituts beliefen sich die Exporte auf über 58 Milliarden Euro, während die Importe 72 Milliarden Euro überstiegen. Kraftfahrzeuge und Transportausrüstungen sind ein wichtiger Teil der gesamten Ein- und Ausfuhren.



    Der russische Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky haben vereinbart, bis Ende 2019 einen Waffenstillstand in der Ostukraine zu erreichen. Die beiden Präsidenten trafen sich am Montag auf einem Pariser Gipfel zu Verhandlungen, die vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel vermittelt wurden. In einer schriftlichen Erklärung vereinbarten die Länder die Freilassung und den Austausch aller konfliktbezogenen Gefangenen bis Ende des Jahres. Die beiden Seiten verpflichteten sich auch, die Streitkräfte in drei weiteren Regionen der Ukraine bis Ende März 2020 abzubauen, ohne anzugeben, welche Regionen betroffen sein würden, so die BBC.



    Die rumänische Handballnationalmannschaft der Frauen ist am Dienstag in Kumamoto in der Hauptgruppe II der Weltmeisterschaft in Japan von Schweden mit 34: 22 besiegt worden. Die Rumäninnen verloren nach einem schwachen Spiel, in dem die Fehler zahlreich waren, vor einer nordischenMannschaft, die nicht überragend war, aber die zahlreichen Möglichkeiten ausnutzte. Am Mittwoch trifft Rumänien auf Japan. Derzeit liegt Russland an erster Stelle in der Gruppe, gefolgt von Spanien, Schweden, Montenegro, Japan und Rumänien. Die ersten beiden qualifizieren sich für das Halbfinale.

  • Radio Free Europe: „Rumänische Aktualität“ als Gegenspieler zur kommunistischen Propaganda

    Radio Free Europe: „Rumänische Aktualität“ als Gegenspieler zur kommunistischen Propaganda

    Während des Kalten Kriegs war Radio Freies Europa ein wichtiges Instrument, um Rundfunkhörer im Herrschaftsbereich der Sowjetunion mit Informationen aus dem Westen zu versorgen. Im Rumänien der 1970er und 1980er Jahre war der Sender Radio Freies Europa eine der wenigen glaubhaften Verbindungen zur freien westlichen Welt, eine Unterstützung für Millionen freiheitsliebende Rumänen, die unter dem Druck des kommunistischen Regimes litten. Noël Bernard, Vlad Georgescu, Mircea Carp, Neculai Constantin Munteanu, Raluca Petrulian, Doina Alexandru sind nur einige Journalisten, mit denen Millionen rumänische Hörer sich eng verbunden fühlten, weil diese Rundfunkredakteure im Namen aller Rumänen die Wahrheit verbreiteten.



    Seit den 1950er Jahren steht der Sender Radio Freies Europa zusammen mit Voice of America, BBC, Radio France und Deutsche Welle für freie Presse auf Rumänisch. Vor allem der Sender Freies Europa Europa übte die härteste Kritik an dem von Nicolae Ceauşescu geführten kommunistischen Regime. Der neue Trend zu einem aggressiveren Radio Freies Europa, der die kommunistische Diktatur heftig kritisierte, war nach 1977 zwei hochkarätigen Journalisten zu verdanken. Das waren Noëll Bernard, der Direktor der rumänischen Redaktion, und Mircea Carp, der die Sendungen erneuerte und mit Energie auflud. Mircea Carp kam vom Radiosender Voice of America und war derjenige, der es schaffte, den Sender Radio Freies Europa nach amerikanischem Vorbild neu zu gestalten, mit kürzeren Rubriken, zwischen 4 und 6 Minuten, die mehrere verschiedenen Themen behandelten. Die Programme mit starkem Impakt wurden zum Markenzeichen des Senders Radio Freies Europa. Die wichtigsten Programme waren Das politische Programm“, das täglich zwischen 18.10 Uhr und 19.00 Uhr ausgestrahlt wurde, und insbesondere Rumänische Aktualität“ und Aus der kommunistischen Welt“, täglich zwischen 19.10 Uhr und 20.00 Uhr.



    1977 durfte der rumänische Journalist Neculai Constantin Munteanu in die Bundesrepublik Deutschland auswandern, nachdem er sich mit der Dissidenten-Bewegung des rumänischen Schriftstellers Paul Goma zur Anklage von Menschenrechtsverletzungen durch das Bukarester Regime solidarisch gezeigt hatte. In Rumänien war Neculai Constantin Munteanu Filmkritiker beim Kinomagazin Cinema“ gewesen; in Deutschland schloss er sich 1980 dem Team von Radio Freies Europa an und arbeitete in der Redaktion von Rumänische Aktualität“. 1999 sprach Neculai Constantin Munteanu darüber in einem Interview mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks:



    Ich war im Büro von Emil Georgescu, dem Redakteur von »Rumänische Aktualität«, der zwei Monate lang irgendwo in den Vereinigten Staaten einen Englischkurs besuchte. Für diese Position war ich 1980 dorthin gekommen. Man zeigte mir einen gro‎ßen Tisch, auf dem mehrere Stapel rumänischer Zeitungen lagen, fast die gesamte Tagespresse und einen Teil der wöchentlichen Zeitschriften aus Rumänien. Ich fing an, sie zu lesen. Ich hatte die rumänische Parteizeitung »Scânteia« bereits in Frankfurt gelesen — sooft ich sie kaufen konnte, denn ich konnte die »Scânteia« nicht jeden Tag kaufen. Mir durstete nach Pressemeldungen, drei Tage lang las ich die rumänischen Zeitungen und nach drei Tagen verfasste ich einen ersten Kommentar, basierend auf dem, was ich gelesen hatte. Das geschah also am 23. und 24. Mai 1980, und seitdem habe ich nie aufgehört, bei »Rumänische Aktualität« zu arbeiten. Es ging so weiter bis Ende 1994, als ich freiwillig gegangen bin.“




    N. C. Munteanus Presseerfahrung sollte ihm in seinem neuen Job von gro‎ßem Nutzen sein. Der Erfolg des Projekts Rumänische Aktualität“ war auch der guten Zusammenarbeit in der Redaktion zu verdanken, wo die Neueinsteiger höchst willkommen und gut integriert waren. Neculai Constantin Munteanu:



    Später, nach den ersten zwei Probemonaten, kam der Chefredakteur Emil Georgescu aus den USA zurück. Er war ein sehr guter Rundfunkjournalist, obwohl er nie Journalismus studiert hatte. Er hatte Jura studiert und praktiziert, er war Rechtsanwalt, ein exzellenter Redner, eine gewaltige Präsenz am Mikrofon und er war auch sehr gut informiert. Er kannte viele Menschen, er kannte auch alle Unterströmungen und Mechanismen des Kommunismus, vor allem die überall verbreitete Korruption im kommunistischen System. Er war ein starker Rundfunkredakteur und Sprecher und bei Radio Freies Europa hatte er seine Fähigkeiten auf Perfektion gebracht. Wenn er »Guten Abend!« sagte, hatte man den Eindruck, der Kommunismus sei auch für einen nicht guten Abend verantwortlich. Emil Georgescu war ein au‎ßergewöhnliches Talent und verfügte über sehr gute Informationsquellen. Ich habe mich mit ihm ziemlich gut verstanden. Er nahm seine Position als Leiter, Moderator und Gestalter der Sendung wieder ein. Ich wurde dann Kommentator, Reporter, was man gerade brauchte, und von Montag bis einschlie‎ßlich Donnerstag musste ich täglich einen Beitrag von etwa 8 Minuten verfassen, das waren etwa 4 getippte Seiten. Am Freitag hatten wir die Kultursendung aus Paris, die aber von Emil Georgescu präsentiert wurde.“




    Der enorme Erfolg der Sendung Rumänische Aktualität“ kam vor allem von den exakten Informationen, die ausgestrahlt wurden. Neculai Constantin Munteanu enthüllte die Geheimnisse der Arbeit in der Redaktion von Rumänische Aktualität“



    Wir alle von der Sendung »Rumänische Aktualität«, aber auch die Kollegen von den anderen Sendungen, begannen den Tag, indem wir alle Nachrichten lasen, die in der Nacht oder in den letzten 24 Stunden von den gro‎ßen Nachrichtenagenturen gekommen waren. Die Nachrichten erhielten wir von einem zentralen Dienst und wir lasen auch Artikeln in den wichtigsten deutschen europäischen und amerikanischen Zeitungen. Für »Rumänische Aktualität« kam der Gro‎ßteil der Informationen aus erster Hand von Radio Bukarest, und ich wusste so ziemlich alles, was in den Nachrichtenbulletins von Radio Rumänien gesagt wurde. Hinzu kamen die Nachrichtenbulletins der rumänischen Nachrichtenagentur Agerpres in Rumänisch und Englisch. Der Zuhörer wird sich fragen, inwieweit wir die Nachrichten aus Rumänien für unsere Sendungen verwenden konnten, da es sich um Propagandamaterial handelte. Das war wirklich der Fall, aber die Grundlage der Informationen war auch da: Ceauşescus Arbeitsbesuche oder Auslandsbesuche, die Persönlichkeiten, die er empfangen hatte, seine Reden, alles war da. Unsere tägliche Routinearbeit war, die Informationen aus Rumänien zu ‚entschlacken‘, zwischen den Zeilen zu lesen und die echte Information zu finden, die die echte Dimension der Tatsachen gab.. Wenn zum Beispiel darauf bestanden wurde, dass die Ernte erfolgen sollte, wusste ich, dass noch nicht geerntet worden war, das war nicht sehr schwierig. Oder dass bei der Ernte die Studenten nicht getan hatten, was sie tun mussten, weil die Bauern keine Rolle mehr spielten. Beim Lesen dieser Informationen und auf der Grundlage der Ereignisse in der Nacht machten wir einen Entwurf des Programms. Die Sendung dauerte 30 Minuten lang, sie enthielt etwa 3 Kommentare von jeweils 8 Minuten und die restliche Zeit blieb für andere aktuelle Nachrichten und Informationen, die eingefügt werden konnten.“




    Die Sendung Rumänische Aktualität“ ist ein Meilenstein für die Zuhörer des Senders Radio Freies Europa. Sie war der Triumph der Wahrheit über Ungerechtigkeit und Verlogenheit.

  • Bukarester Frühlingsviertel: Bonzenghetto seit den 1960ern

    Bukarester Frühlingsviertel: Bonzenghetto seit den 1960ern

    Die Häuser des Frühlingsviertels im Norden der Hauptstadt Bukarest wurden in den 1930er Jahren nach Entwürfen des Architekten Octav Doicescu gebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen die meisten Mitglieder des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Rumäniens in das Gebiet mit den grö‎ßten Häusern am Primăverii-Boulevard (dt. Frühlingsboulevard). Diese Häuser, die im Hintergrund gro‎ße Gärten hatten, waren von hohen Mauern umgeben und wurden von der damaligen rumänischen Miliz schwer bewacht.



    Das Frühlingsviertel hat aber auch eine etwas ältere Geschichte, und zwar seit der Zwischenkriegszeit bis vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Viertel wurde von der Historikerin Oana Marinache als Parzellierung Bonaparte“ oder Parzellierung Ferdinand I.“ bezeichnet, nach dem damaligen Namen des Bukarester Bezirks, wo es gebaut wurde, in der Verlängerung der Bonaparte-Stra‎ße und auch in Erinnerung an Ferdinand I., den König Gro‎ßrumäniens. Oana Marinache:



    Die Geschichte des Frühlingsviertels beginnt mit zwei Investoren belgischer Herkunft, zwei Herren, die im Vorstand der Stra‎ßenbahngesellschaft sa‎ßen. 1913 beschlossen die zwei Entscheidungsträger, das Modell, das Alexandru Filipescu bei der Parzellierung seines Anwesens verwendet hatte, zu kopieren und ein viel grö‎ßeres Projekt, auf einem viel grö‎ßeren Grundstück zu starten. Der Name »Parzellierung Bonaparte« oder »Park Bonaparte« steht in Verbindung mit dem ehemaligen Boulevard Bonaparte, heute Boulevard Iancu de Hunedoara. Die beiden Herren hatten genug Geld zu Verfügung, aber der Kontext war ungünstig. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde die Entwicklung des Areals gestoppt, es wurden nur bestimmte Bauarbeiten durchgeführt. Nach dem Ersten Weltkrieg, im Jahr 1921, als die Parzellierung vom Verband der Assoziierten Ingenieure wieder aufgenommen wurde, musste man die Bedingungen für Infrastruktur, Strom und Kanalisation neu verhandeln. Alles begann mit einer privaten Initiative, dann wurde das Unternehmen verkauft und vom Verband der Assoziierten Ingenieure übernommen. Bis 1925 wurde nur in Infrastruktur investiert.“




    In der Zwischenkriegszeit boomte das Gebiet. Die Häuser wurden hauptsächlich im neoromanischen Stil gebaut, aber auch im eklektischen, maurischen und toskanisch-florentinischen mediterranen Stil. In Fotografien des renommierten Fotografen Willy Prager sieht man, dass in den 1940er Jahren viele Häuser bereits gebaut worden waren. Andere Häuser waren neu, noch nicht von den Eigentümern bewohnt. Das Viertel wurde in einem Erholungsgebiet, einem grünen Gebiet mit Seen, eingerichtet, wo die Bukarester Picknicks machten. Dort soll es auch eine Thermalquelle gegeben haben. Parallel zum Frühlingsviertel wurden auch die benachbarten Stadtteile Dorobanţi und Pangrati gebaut, wo später mehrere ausländische Botschaften eingerichtet wurden und das Gebäude des öffentlich-rechtlichen Fernsehens errichtet wurde.



    Nach 1945, am Ende des Zweiten Weltkriegs und nach der Etablierung des kommunistischen Regimes, änderte sich die Bevölkerung des Frühlingsviertels. Die Häuser wurden von den neuen Eliten bewohnt. Ab den 1960er Jahren begann die Nomenklatura mit dem Bau gro‎ßer Villen mit vielen Zimmern, Parks und Schwimmbädern. Zum Beispiel lie‎ß der berüchtigte Securitate-Chef Alexandru Drăghici eine Villa am Ufer des Herăstrău-Sees bauen, die, nachdem Drăghici bei den Parteiführern in Ungnade gefallen war, später zum Primăverii-Palast umgebaut und für Staatsoberhäupter genutzt wurde. Nicolae Ceauşescu hatte neben dem Primăverii-Palast noch mehrere Villen im Frühlingsviertel, darunter eine für seine Sicherheitskräfte und eine für Hausangestellte. Der Historiker und Kunstkritiker Cosmin Năsui spricht über die neuen prägenden Elemente des Stadtteils:



    Das Frühlingsviertel war ein relativ kompakter Wohnraum mit gewissen Merkmalen: Erstens gab es dort keine Kirche. Der Atheismus ersetzte die Religion bei den Kommunisten. Dann gab es keine Lebensmittelgeschäfte und keine Märkte, denn die Lieferung von Agrarerzeugnissen und anderen Lebensmitteln erfolgte durch die Ernennung eines Vertreters aus jedem dieser Häuser, der eine wöchentliche Liste erstellte. Gemä‎ß dieser Liste wurden Lebensmittel aus dem Institut für öffentliche Lebensmittel und Chemie geliefert, das sich in der Nähe, in der Warschauer Stra‎ße befand. Ein weiteres bestimmendes Element war, dass das soziale Leben auf ein Minimum reduziert wurde — es gab dort keine öffentlichen Einrichtungen, keine Restaurants oder Cafés. Es gibt auch Anekdoten darüber, wie weit [der notorische Trinker] Andruţa Ceauşescu, der Vater von Nicolae Ceauşescu, fahren musste, um etwas zu trinken. In mehreren Quellen steht, dass Andruţa Ceauşescu, der gern einen über den Durst trank, bis zum Dorobanţi-Viertel fahren musste, um eine Kneipe zu finden. Durch seinen Vater erfuhr Nicolae Ceauşescu, was die Leute in der Kneipe diskutierten.“




    Nach 1945 änderte sich das Frühlingsviertel grundlegend, Geheimnistuerei und ständiger Verdacht traten an die Stelle der Transparenz. An den Eingängen zum Frühlingsviertel gab es Kontrollstellen mit Milizionären, die nur den Autos der Vierteleinwohner die Zufahrt erlaubten. Den Fu‎ßgängern wurde geraten, die Gegend zu umgehen. Cosmin Năsui:



    Nach 1944 haben wir fast keine Fotoaufnahmen mehr. Wir haben nur noch Fotos vom Stalin-Platz, wo die Statue von Stalin stand. Das ist der heutige Platz Charles de Gaulle, an der Kreuzung der Boulevards Aviatorilor (dt. Fliegerboulevard) und Primăverii (dt. Frühlingsboulevard), wo das Frühlingsviertel begann. Hier wurden die Militärparaden abgehalten. Die letzten Fotos sind von Willy Prager, und in den Archiven der Securitate befinden sich noch einige Fotoaufnahmen. Es gibt die Fotodatei »Die Route«, der Name kommt von der Route, die Nicolae Ceauşescu vom Frühlingspalast aus in die Stadt fuhr. Man musste den Schutz Nicolae Ceauşescus durch die Überwachung der Stra‎ßen und der Bewohner sichern. Die Fotos sind recht einfach, sie zeigen uns den Primăverii-Boulevard und die gesamte Route, die Ceauşescu fuhr. Nach der Prüfung der Dossiers »Zone 1« und »Zone 2«, in denen alle Einwohner identifiziert werden, sehen wir, dass die meisten Häuser des Frühlingsviertels Mietwohnungen für Parteikader waren. Verwaltet wurden diese Häuser vom Staat oder von der Kommunistischen Partei.“




    Nach 1989 gab es weitere Veränderungen — sowohl im Stra‎ßenbild als auch in der sozialen Zusammensetzung der Bewohner des Frühlingsviertels. Als Hauseigentümer findet man heute Namen von postkommunistischen Neureichen, Promis aus allen Sparten sowie Politikern. Nicht wenige der alten Häuser wurden abgerissen, stattdessen wurden Gebäude in moderner, allerdings nicht immer anspruchsvoller Architektur errichtet, inzwischen gibt es hier auch mehrere Cafés und Restaurants sowie Arztpraxen und Schönheitssalons. Ceauşescus Frühlingspalast ist heute ein Museum und der Hof des Frühlingspalastes wurde an eine Auslandsvertretung verkauft.

  • Petru Groza und die Machtübernahme durch die Kommunisten

    Petru Groza und die Machtübernahme durch die Kommunisten

    Unter der Führung seiner Regierung erfolgte die Abdankung des Königs Michael I. und die Umwandlung des Königreichs Rumänien in die Rumänische Volksrepublik. Damit öffnete Petru Groza den Weg für Jahrzehnte des Kommunismus in Rumänien, aber er ermöglichte auch die Zurückgewinnung der Gebiete im Nordsiebenbürgen. Ab 1952 war Petru Groza Präsident der Gro‎ßen Nationalversammlung der Rumänischen Volksrepublik — eine Funktion, die der des Staatsoberhauptes entsprach.



    Petru Groza war eine der komplexesten Persönlichkeiten der rumänischen Geschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der am 7. Dezember 1884 in der Ortschaft Băcia, Kreis Hunedoara, geborene Petru Groza studierte Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft an den Universitäten Budapest und Leipzig. Bei letzterer promovierte er 1907. Er war Rechtsanwalt und war auch politisch aktiv als Mitglied der Rumänischen Nationalpartei, die sich für die Rechte der Rumänen in Österreich-Ungarn einsetzte. Nach 1918 war Petru Groza Mitglied der Volkspartei und 1933 gründete er die Front der Pflüger, eine politische Organisation der Bauern in Rumänien. In den 1930er Jahren wurde er Antifaschist und arbeitete mit der Sozialistischen Partei und der Ungarischen Partei zusammen. In der gleichen Zeit kam er den Kommunisten näher, und das war ein entscheidender Schritt für seine zukünftige Karriere.



    Am 6. März 1945 zwangen die Sowjets König Michael I. von Rumänien zur Bildung einer Regierung unter der Führung von Petru Groza. Es war die Regierung, die die rumänische Demokratie zerstörte. Die Wirtschaft wurde verstaatlicht, die politischen Parteien wurden abgeschafft (mit Ausnahme der Kommunistischen Partei, die die Macht übernahm), die Monarchie wurde aufgelöst und viele ehemalige Politiker, Intellektuelle und einfache Menschen wurden wegen erfundener Verbrechen zum Gefängnis verurteilt. So war Petru Groza ein wesentlicher Akteur bei der Errichtung und dem Fortbestand des kommunistischen Regimes in Rumänien.



    Nach der Wende 1989 versuchten die Historiker, ein wahrheitsgetreues Profil von Petru Groza zu präsentieren. Das Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rumänischen Rundfunks hat mit seinen Quellen zum Skizzieren dieses Profils beigetragen. Petru Grozas Tochter, Maria Groza, war seine Sekretärin und Vertraute. 1995 sprach Maria Groza in einem Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rumänischen Rundfunks über die Bemühungen ihres Vaters, an der Macht zu bleiben:



    Es gab viele widersprüchliche Tendenzen, die sich in dieser Zeit manifestierten, und dann wurde die Frage der Agrarreform aufgeworfen, die Petru Groza sehr beunruhigte. Dann gab es die Probleme mit Siebenbürgen und den Ereignissen in Cluj (Klausenburg). Die Agrarreform machte ihm gro‎ße Sorgen, denn er war nicht für die Kollektivierung, in der Perspektive der Jahre wurde ihm klar, was der Landbesitz für die rumänischen Bauern bedeutete. Aber es gab bestimmte Umstände, die bestimmte Situationen aufzwangen. Dann war er sehr besorgt über die Beziehungen zu den Nachbarländern Rumäniens, denn er sagte immer: ‚Wir könnten mit diesem oder jenem Land befreundet sein, aber wir müssen gute Beziehungen zu unseren Nachbarn pflegen.‘ Daher unternahm er Arbeitsbesuche in alle Nachbarländer, einschlie‎ßlich in die Sowjetunion. Ich war auch mit ihm in Moskau, aber Stalin sah ich nicht, ich traf nur Dimitrow. Wir waren in Moskau und eines Abends gingen wir in die Oper. Mein Vater liebte die Oper und im Bolschoi Theater gab es au‎ßergewöhnliche Aufführungen. Am ersten Abend im Bolschoi Theater war ich in der Loge und es kam ein Mitarbeiter von Stalin zu uns, um meinen Vater zu Stalin zu führen. Er ging in Stalins Loge und sie hatten ein langes Gespräch, sie diskutierten sehr intensiv über die Perspektiven Rumäniens.“




    Der Diplomat Pamfil Ripoşanu war Mitglied der Nationalen Bauernpartei, unter der Führung von Iuliu Maniu. Die Bauernpartei war eine der demokratischen Parteien, die unter der kommunistischen Repression in Rumänien am meisten gelitten hat. Pamfil Ripoşanu war ein Jugendfreund von Petru Groza, aber sie hatten unterschiedliche politische Ansichten. 1995 erzählte Pamfil Ripoşanu in einem Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte, wie sein Freund Petru Groza im März 1945 an die Macht kam:



    Während es sehr fortgeschrittene Diskussionen über die Bildung einer Koalitionsregierung gab, war ich eines Tages im März 1945 im Regierungsgebäude. Petru Groza sagte mir, ich sollte aus dem Fenster schauen — die russischen Panzer fuhren auf der Calea Victoriei (Siegesstra‎ße). Da fragte er mich: ‚Was nun?‘ Kurz darauf wurde der sowjetische Au‎ßenminister Andrej Wyschinski angekündigt. Wyschinski kam zu uns in Begleitung eines sowjetischen Generals, der gut Rumänisch sprach und als Dolmetscher fungierte. Wyschinski sagte zu Groza: ‚Ich bringe Ihnen die Botschaft des gro‎ßen Stalin, der Sie bittet, die Regierung zu bilden. Wenn Sie die Regierung bilden, wird das gesamte Siebenbürgen zu Rumänien gehören.‘ Die vom rumänischen Au‎ßenminister Vişoianu unterzeichnete Moskauer Konvention besagte: ‚Das gesamte Siebenbürgen oder der grö‎ßte Teil Siebenbürgens wird Rumänien gehören.‘ Und nun sagte Wyschinski: ‚das gesamte Siebenbürgen‘. Darauf antwortete Groza: ‚Aber was sagt Chef Stalin dazu?‘ Von der Regierung rief man Stalin an, und Stalin gab diese Botschaft weiter: ‚Sag Petru Groza Folgendes: Wenn er in 48 Stunden die Regierung bildet, wird ganz Siebenbürgen Rumänien gehören.‘ Petru Groza war sehr, sehr rot im Gesicht und sehr aufgeregt.“




    In jenen angespannten Momenten waren die getroffenen Beschlüsse entscheidend für die Zukunft Rumäniens. Zeitzeuge Pamfil Ripoşanu:



    Damals erlebte Rumänien die Tragödie der Teilung Siebenbürgens durch den Ribbentrop-Molotow-Pakt. Die Hälfte Siebenbürgens war an Ungarn abgetreten worden. Groza sagte zu mir: ‚Ich gehe zum Königspalast und sage seiner Majestät, dass ich das Angebot Stalins akzeptiere. Geh zu Herrn Maniu (Iuliu Maniu war der Vorsitzende der Nationalen Bauernpartei) und sag ihm, was hier passiert ist.‘ Wir waren uns einig, dass wir vom Königspalast aus zu Iuliu Maniu gehen sollten, der in der Nähe, gegenüber vom Park Cişmigiu wohnte. Ich erzählte Maniu über das Gespräch mit Wyschinski, und er wurde sehr beunruhigt. Innerhalb von zwei Stunden kam auch Petru Groza, er war sehr aufgeregt und sehr rot im Gesicht. Und dann fand dieses Gespräch zwischen Iuliu Maniu und Petru Groza statt: ‚Herr Vorsitzender, lassen Sie mich nicht allein, kommen Sie mit mir‘, sagte Groza. Und Maniu antwortete: ‚Herr Groza, ich beteilige mich nicht an dieser Regierung. Und ich rate Ihnen auch davon ab. Es ist zu schade um Ihren guten Namen. Ich wei‎ß nicht, wo Ihre Ehegattin, Frau Groza, ist. Ich würde Frau Groza auch bitten, Ihnen von der Beteiligung an dieser Regierung abzuraten. Zu schade um Ihren guten Namen!‘ Petru Groza wurde wütend und fing an, mit der Faust auf Manius Schreibtisch zu schlagen: ‚Herr Parteipräsident, wenn ich meinem Land fünf Minuten lang helfen kann, werde ich meinen Namen zum Teufel schicken! Meine Kinder können ihren Namen ändern!‘ Und so kam die Regierung Petru Groza zustande.“




    1958 starb Petru Groza im Alter von 73 Jahren. Aber das kommunistische Regime, das er installiert und konsolidiert hatte, blieb weitere 31 Jahre an der Macht.