Tag: NGO

  • Jugendarbeit in Rumänien: Auf dem Weg zur Professionalisierung

    Jugendarbeit in Rumänien: Auf dem Weg zur Professionalisierung

    Wir brauchen Jugendhelfer, um den Jugendlichen aus unterschiedlichen Gemeinden zu helfen, ihr Potential zu nutzen, sich in die Gesellschaft zu integrieren, mit anderen Jugendlichen in Kontakt zu treten, sich einander besser kennen zu lernen. Ich habe gemerkt, dass die Jugendlichen oft nicht wirklich verstehen, was sie in der Gesellschaft tun können, welche Institutionen sie ansprechen können, wen sie kontaktieren können, um etwas zu bewegen, um ihr Potential zu benutzen.“




    Das meint Mihai Dragoş, Vorsitzender des Jugendlichen-Rates. Nur sehr wenige junge Menschen haben von Jugendhelfern gehört. Das ist ein Beruf, der erst im Jahr 2012 geregelt wurde, als er in die rumänische Arbeitsordnung eingeführt wurde und der Berufsstandard erstellt wurde. Der Jugend-Experte Marius Donţu, Manager von Schultz Consulting România, nahm an diesem Prozess teil. Das Unternehmen hat eigentlich das Projekt auch eingeleitet. Die Motivation war der Wunsch, diesen Beruf zu professionalisieren, weil zu viele Menschen sich um die Jugend kümmerten und jeder im Jugendbereich als Spezialist auf diesem Gebiet galt“. Marius Donţu berichtet über die über die ersten Ansätze, die Jugendarbeit zu professionalisieren:



    Zunächst kamen viele berufliche Elemente hervor. Wir sagten uns, wir sollten daraus nicht einen Supermenschen machen, und wir beschränkten uns auf nur vier spezifische Kompetenzen, nämlich: die Informationskapazität junger Menschen — das hei‎ßt, junge Menschen über verschiedene Aktivitäten, Vorteile, Rechte, die sie haben, oder Möglichkeiten wie internationale Austausch-Projekte oder Karriere-Opportunitäten zu informieren; eine zweite Kompetenz — den Standard der persönlichen und beruflichen Entwicklung zu fördern, also jemand, der mit ihnen diskutiert und ihnen hilft, einen beruflichen und persönlichen Weg zu finden. Eine weitere Kompetenz besteht darin, den Prozess des nichtformellen Lernens unter jungen Menschen zu fördern — Aktivitäten, die ihnen beibringen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, Probleme zu lösen, Initiativen zu ergreifen, sich zu engagieren und aktiv zu sein. Die vierte Kompetenz bestand darin, die Zusammenarbeit in der Gemeinde zu entwickeln. Die Jugendhelfer sollen aufgrund der Probleme, die sie in Jugendgruppen identifizieren, Dienstleistungen oder Einsätze auf Gemeinde-Ebene vorschlagen.“




    Der Jugendhelfer könnte von Jugend-NGOs angestellt werden. Eine unter ihnen ist der Verband Curba de Cultură“ — Kulturkurve“, der in der Gemeinde Izvoarele, Landkreis Prahova, gegründet wurde und sich ausschlie‎ßlich an Jugendliche aus ländlichen Gebieten richtet. Unter den Angestellten des Verbandes finden wir auch zwei Jugendhelfer. Wenn es um die wichtigsten gesetzlichen Hürden geht, sagt Cosmin Catană, der Verbandsvorsitzende, bevorzuge er es, diese wie Chancen zu behandeln:



    Wir haben die Möglichkeit, den Beruf des Jugendhelfers ins Jugendgesetz einzuführen. Es gibt einen Gesetzesentwurf, in dem die Begriffe Jugendaktivitäten, Jugendhelfer, Jugendzentren definiert werden. Im Jugendgesetz erscheint derzeit das Jugendzentrum nicht. Wir haben die Möglichkeit, diese Dinge weiter zu bringen und den Kontext der Jugendarbeit in Rumänien im Jahr 2018 zu klären. Und sie näher an andere europäische Staaten, die eine Tradition im Bereich der Jugendarbeit haben, zu bringen.“




    Obwohl sich die Qualität der Jugendarbeit in Rumänien recht gut entwickelt hat, gebe es keine soziale Anerkennung, meint Cosmin Catană. Nur sehr wenige Menschen wissen, was es bedeutet, mit jungen Menschen zu arbeiten. Die Einführung dieser Konzepte in einen gesetzlichen Rahmen würde die Lage erheblich verändern. Darüber hinaus agieren die meisten der bisher akkreditierten Jugendarbeiter, selbst diejenigen, die für das Jugend- und Sportministerium arbeiten, als Freiwillige, stellt Mihai Dragoş bedenklich fest. Aus diesem Grund möchte man durch den Gesetzentwurf, der an das Parlament geschickt werden soll, die Kommunalverwaltungen und die Jugendzentren, die genehmigt werden, verpflichten, Jugendhelfer zu beschäftigen. Die Existenz von Beschäftigungsmöglichkeiten werde das Interesse an diesem Beruf steigern, meint Mihai Dragoş:



    Auch wenn dies an einigen Orten der Fall ist, beschäftigen in der Regel die Gemeinden leider keine Jugendhelfer, solche Tätigkeiten werden nicht regelmä‎ßig durchgeführt. Wir haben ein gutes Beispiel in Baia Mare, der rumänischen Jugendhauptstadt beginnend mit dem 2. Mai 2018. Durch ihre Kandidatur haben sie sich auch verpflichtet, zehn Jugendhelfer beim Rathaus anzustellen. Es wird ein interessantes Beispiel sein, und wir hoffen, dass es zu wichtigen Ergebnissen für die Gemeinden kommt, in denen diese Jugendhelfer tätig sein werden. Ein Beispiel, das später hoffentlich auch von anderen Städten übernommen wird.“




    In Rumänien besteht ein akuter Bedarf an Jugendhelfern, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen noch 47 Prozent der Bevölkerung des Landes leben, meint Catană:



    Die Schulen sind weit weg von zu Hause, die Tätigkeiten beschränken sich meist auf den Haushalt und auf das, was von den Kulturhäusern angeboten wird. Es gibt jedoch keine allgemeine Möglichkeit für junge Menschen, sich zu treffen, zusammen zu arbeiten und gemeinsam etwas zu planen, das sie dann Schritt für Schritt unter Anleitung und mit Unterstützung von Jugendhelfern umsetzen können.“




    Seit seiner Regulierung im Jahr 2012 hat sich der Jugendbegriff in Rumänien im Bereich der NGO gut entwickelt, sagt der Experte Marius Donţu:



    Es kommen immer noch Leute zur Schulung. Es kommen jetzt auch Angestellte aus dem Bildungssystem, um ihre Kompetenzen zu ergänzen. Aber ich bemerkte etwas, was wir nicht einmal gehofft hatten: Es kommen auch Eltern auf uns zu. Ich habe viele Anwälte, Notare, also Leute mit Geld, mit einem bestimmten Status gesehen, die kamen und sagten, sie wollten lernen, effektivere Kommunikationskanäle mit ihren Kindern im Teenageralter zu schaffen.“

  • Kinderkardiologie: „100 Herzen für 100 Kinder“

    Kinderkardiologie: „100 Herzen für 100 Kinder“

    Seit 2016 können sich Ärzte in Weiterbildung für eine neue Fachrichtung entscheiden: die Kinderkardiologie. Und das dank einem Projekt, das Leben rettet. 100 Herzen für 100 Kinder“ hei‎ßt das Projekt, dem wir uns im heutigen Sozialreport widmen. Für die erfolgreiche Umsetzung von Projekten im Gesundheitswesen müssen staatliche Behörden mit den EU-Institutionen zusammenarbeiten, erfuhren wir von Cristian Grasu, Staatssekretär im Gesundheitsministerium.



    Erhebliche Anstrengungen werden unternommen, es gibt viele Stellen, die ich um Unterstützung und Finanzierung ersucht habe, ich habe dabei jedes Mal die Unterstützung der Europäischen Kommission bekommen und bin in letzter Zeit auf mehr Verständnis gesto‎ßen als beim ersten Unterfangen, und das merkt man heute. Das Projekt (100 Herzen für 100 Kinder) ist der Beweis, dass in Rumänien mit europäischen Fördermitteln viel erreicht werden kann, und dieses Projekt ist nicht das einzige. Einige kommen mit mehr Mitteln aus, andere mit weniger, vielleicht sogar auf Freiwilligenbasis, aber alle teilen das gleiche Ziel, einige Menschenleben zu retten und einige Patienten zu heilen. Derzeit ist für Rumänien die Infrastruktur eine Priorität und einer der Hauptgründe, warum wir momentan weder mit der Qualität der Gesundheitsdienste zufrieden sind, noch mit der Menge an Dienstleistungen, die wir erhalten. Wir haben ein Infrastrukturproblem: 1981 wurde das letzte öffentliche Krankenhaus in Rumänien gebaut, seither wurde eine einzige medizinische Einrichtung in Iaşi gebaut. Alle anderen Krankenhäuser stammen aus den 70er Jahren oder sind noch älter, einige darunter stehen sogar unter Denkmalschutz.“




    Der Arzt Vlad Mixich hat sich auf den Gesundheitsjournalismus spezialisiert. Er berichtet von einer der paradoxalen Gegebenheiten in Rumänen.



    Eine der Ursachen der Säuglingssterblichkeit sind die angeborenen Herzfehlbildungen, die Säuglingssterblichkeit wird mindestens einmal im Jahr in Rumänien thematisiert, wenn Statistiken veröffentlicht werden und dann ein Artikel erscheint, der zeigt, wie schlecht Rumänien dasteht. Hier gibt es allerdings ein Paradoxon: Rumänien ist zwar nach wie vor das EU-Land mit der höchsten Kindersterblichkeitsrate, aber gleichzeitig ist die Abnahme der Kindersterblichkeit von 1990 bis heute wahrscheinlich — so die Statistik — auf einige der erfolgreichsten Ma‎ßnahmen zurückzuführen, ein Erfolg der rumänischen Medizin. Weil die Abnahme der Säuglingssterberate in diesem Zeitraum eine der grö‎ßten in der Welt ist. Sie nahm sehr schnell ab, in sehr kurzer Zeit. Obwohl wir immer noch Schlusslicht sind, ist die Entwicklung sehr gut, die Dinge verbessern sich viel schneller als in vielen anderen Ländern, die dieses Problem haben.“




    Einer der Gründe für diese Verbesserung ist die Umsetzung des Projekts 100 Herzen für 100 Kinder“. Darüber sprachen wir mit Universitätsdozent Dr. Grigore Tinică, Manager am Institut für Herz-Kreislauf-Erkrankungen Prof. Dr. George I.M. Georgescu“ in Iaşi, der sich diesem europäischen Gesundheitsprojekt anschloss. Das Projekt sah in erster Linie Fachausbildungen im Ausland für medizinisches Personal aller Kategorien vor, in einem sensiblen Bereich wie der pädiatrischen kardiovaskulären Chirurgie. Tinică forderte für seine Teilnahme an dem Projekt eine Mindestanzahl von operierten Kindern. Geplant waren demnach die OPs von 100 Kindern, die Zahl sei inzwischen überschritten worden, so Tinică.



    In Rumänien kommen jedes Jahr zwischen 1500 und 2000 Babys mit angeborenen Fehlbildungen zur Welt. Etwa 800–900 Kinder müssten in ihrem ersten Lebensjahr operiert werden oder jährlich, dabei werden derzeit nur 250–300 Kinder operiert. Wir kennen viele Kinder, die seit Jahren eine OP brauchen und die jetzt 10, 11, 12 und sogar 15 Jahre alt sind. Es sind sogar Erwachsene mit angeborenen Fehlbildungen, die operiert werden müssten. Insgesamt wären es etwa 1000 Fälle in Rumänien. Es gibt einige Zentren, die chirurgische Eingriffe vornehmen. Die pädiatrische Herzchirurgie ist viel komplizierter als die allgemeine Herzchirurgie, weil ein kleines Kind ein völlig unterschiedliches Universum ist.“




    Wenn das Ministerium Politiken entwickeln und Fördermittel beantragen kann und dadurch versucht, Mentalitäten zu verändern, so werden die eigentlichen Projekte von den Menschen an der vordersten Front umgesetzt: Ärzte, Assistenten, Physiker, Therapeuten. Hinzu kommen manchmal auch Vertreter der Zivilgesellschaft. Etwa der Verband Inima Copiilor“ (Kinderherz“), der Kinder mit Beschwerden unterstützt. Es handele sich dabei vor allem um Herzbeschwerden, erzählt der Verbandsvorsitzende Alexandru Popa.



    Wir haben uns entschieden, die Herzchirurgie zu unterstützen, da 2006, als unser Verein gegründet wurde, es gro‎ße Probleme bei Kindern mit Herzbeschwerden gab — damals war es die Hauptursache für die Kindersterblichkeit –, die Unfälle mal ausgenommen. Die Dinge haben sich geändert, aber nicht vollständig, nach wie vor sterben sehr viele Kinder an Herzkrankheiten, weil ihre Beschwerden nicht rechtzeitig diagnostiziert werden und der medizinische Eingriff nicht rechtzeitig erfolgt — das, weil ihre Eltern nicht wissen, an wen sie sich wenden können. Wir hoffen, dass sich diese Dinge ändern. Wir haben uns bemüht, zu der Gründung dieser Zentren beizutragen und uns nicht auf die Förderung einzelner Patienten zu konzentrieren, auch wenn uns Eltern um Hilfe bitten und es uns sehr schwer fällt, ihnen oft absagen zu müssen. Durch unseren Verband sind mehr als 4 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert worden, Sponsorengelder, die wir gesammelt haben, sowie persönliche Spenden. Alles ist in das öffentliche Gesundheitswesen geflossen. Wir wollen hier weitermachen.“




    Obwohl das Projekt erfolgreich ist und Menschenleben rettet, manchmal auch das von zwei Wochen alten Babys, ist der Bedarf bei weitem nicht befriedigt. Denn eines haben uns unsere Gesprächspartner bestätigen können — es ist ein schöner, jedoch steiniger Weg.

  • Zivilgesellschaft in 2017: Bürgerinitiativen gegen tatenlose oder willkürliche Behörden

    Zivilgesellschaft in 2017: Bürgerinitiativen gegen tatenlose oder willkürliche Behörden

    Konfrontiert mit verschiedenen Alltagsproblemen des Gemeinschaftslebens, sind die Bürger mehrerer Städte und der Bezirke Bukarests in informellen Gruppen zusammengekommen und haben versucht, die öffentlichen Institutionen anzuspornen, um Lösungen zu finden. Einige Bürgerinitiativegruppen haben es in den Randvierteln der Hauptstadt wie Drumul Taberei oder Tei geschafft, die lokalen Bürgermeisterämter zu überzeugen, sich in die Wiederbelebung eines ehemaligen Kulturzentrums zu involvieren bzw. auf die Verstümmelung einer Grünanlage zu verzichten. Weitere NGO oder Privatpersonen sind in verschiedenen Wohltätigkeitsaktionen involviert und ihnen gelingt es, Menschen zu mobilisieren, um für ihre leidenden Mitmenschen Kleidung, Lebensmittel oder Geld zu spenden. Sogar die gro‎ßen Protestkundgebungen gegen die geplante Änderung der Strafgesetzgebung, die den Anfang aber auch das Ende des Jahres 2017 gekennzeichnet haben, können durch diese Wiederbelebung des gemeinschaftlichen Geistes erklärt werden. Die Menschen haben nicht nur erfahren, dass es in ihrer Kraft liegt, etwas zum Guten zu ändern, sondern auch, dass sie einen Dialog mit den Behörden führen können, die manchmal Entscheidungen treffen, ohne sich mit ihnen zu beraten. Ihr Bürgereinsatz wurde logistisch und finanziell auch von CERE, dem Zentrum für öffentliche Beteiligung, gestützt. Um festzustellen, wie sich die öffentliche Beteiligung der Bürger 2017 entwickelt hat und welche Perspektiven für 2018 sichtbar sind, haben wir Oana Preda, Exekutivleiterin von CERE, nach ihrer Meinung gefragt.



    Auch 2017 habe ich eine Zunahme des öffentlichen Interesses für die Einbringung in die öffentliche Entscheidungsfindung und für Aktivismus festgestellt. Es war aber auch ein recht trauriges Jahr aus diesem Gesichtspunkt, aber nicht etwa, weil die Menschen weniger aktiv geworden seien. Vor zwei, drei Jahren hatten wir uns vorgestellt, dass je aktiver, je einbezogener, je stärker, je anspruchsvoller die Menschen sind und sie die Behörden zur Rechenschaft ziehen, desto mehr werden auch die staatlichen Institutionen mit den Bürgern und ihren Organisationen kommunizieren. Leider hat uns 2017 bewiesen, dass es nicht ganz so ist. Im Gegenteil. Wir aus dem Nichtregierungsbereich fühlen uns, als wären wir in die 90er Jahre zurückgekehrt, aus Sicht des Dialogs mit den staatlichen Stellen. Ich spreche über jene Zeit, als weder die Zivilgesellschaft noch die staatlichen Anstalten die Rolle der NGO sehr gut nachvollziehen konnten und es seltsam erschien, dass eine öffentliche Anstalt eine Bürgerberatung veranstaltet. Jahre lang haben wir gekämpft, um Anerkennung zu erlangen, und wir haben es geschafft, den Dialog zwischen dem Nichtregierungsbereich und den öffentlichen Anstalten ein bisschen voranzutreiben. Jetzt scheint dieser Dialog wieder nachzulassen.“




    Die gute Nachricht sei, meint Oana Preda gemeinsam mit anderen Vertretern der Zivilgesellschaft, dass der bürgerliche Geist, einmal erweckt, auch aufrecht erhalten bleibt. Deshalb kündigt sich 2018 als ein Jahr an, in dem die Bürger und der zivilgesellschaftliche Bereich ihre Einsatzweisen analysieren und innovative Methoden finden müssen, um die Behörden zu überzeugen, dass sie nicht alleine regieren dürfen. In diesem Sinne gibt es auch Rechtsnormen, die den Bürgern die Beratung und die Beteiligung an Entscheidungen garantieren. Oana Preda:



    Es gibt einige klare Verpflichtungen, die die öffentlichen Institutionen einhalten müssen. Z.B. die Veranstaltung von öffentlichen Debatten über behördliche Ma‎ßnahmen 30 Tage vor der anschlie‎ßenden Verabschiedung durch die Behörden. Teile dieser Rechtsnormen werden an manchen Orten dieses Landes komplett ignoriert. Au‎ßer der Gesetzgebung sprechen wir auch über bestimmte bewährte Praktiken, die wir im Laufe der Zeit etabliert haben, auch wenn sie nicht im Gesetz enthalten sind. Diese dürfen nicht ignoriert werden.“




    Die Bürgerinitiativegruppen, die von CERE betreut werden, haben in den zwei, drei Jahren ihrer Tätigkeit die notwendige Erfahrung erlangt, um sich in den Entscheidungsfindungsprozess zu involvieren, versichert Oana Preda.



    Sie sind sehr legitim in ihren Bezirken, sie haben einen steigenden Einfluss auf Lokalbehördenebene. Ich beziehe mich insbesondere auf die Initiativegruppe »Lacul Tei«, die es diesen Sommer recht schnell geschafft hat, die Aufstellung einer Statuengruppe auf der Grünfläche in einem Park zu verhindern. Dieser Erfolg ist auch darauf zurückzuführen, dass sie in den letzten Jahren bei ihren Initiativen immer besser geworden sind, sie haben mit den Einwohnern des Quartals kommuniziert und ihr Vertrauen gewonnen, sie sind in der Kommunikation mit dem Bürgermeisteramt des Bezirks immer besser geworden. Deshalb fiel es ihnen diesen Sommer nicht schwer, eine Gro‎ßzahl von Menschen zu mobilisieren, die gemeinsam das Bürgermeisteramt des zweiten Bukarester Bezirks überzeugt haben, die angesprochenen Statuen nicht mehr auf der Grünfläche des Parks, sondern auf einer bereits betonierten Stelle aufzustellen. Weitere Gruppen haben beschlossen, sich in NGO umzuwandeln. Das ist auch ein Beweis der Reife der betreffenden Gruppe, die das informelle Statut überwinden und ein legal gegründeter Verband werden möchte.“




    Folglich warte man berechtigterweise darauf, dass die öffentlichen Behörden eine etwas höhere Dialogbereitschaft den Bürgern gegenüber aufweisen, aber auch die Bürgerinitiativen sind gefragt, sich auch in Gro‎ßvorhaben der öffentlichen Agenda zu involvieren. Oana Preda, Exekutivleiterin von CERE, dem Zentrum für öffentliche Beteiligung:



    Sobald die Regierung ihre Grenzen in verschiedenen Tätigkeitsbereichen zeigt, gibt es Verbände, die selber anpacken und anstelle der Regierung Dinge bewegen. Z.B. bauen sie Krankenhäuser oder ein Haus für die Eltern der krebskranken Kinder, die sie zum Krankenhaus begleiten und irgendwo übernachten müssen. Was werden wir aber in sechs Monaten tun? Werden wir selber Autobahnen bauen, weil es die Behörden nicht tun? Wie weit werden sich die Bürgerorganisationen einbringen müssen, um das zu tun, was der Staat eigentlich tun sollte, aber nicht tut?“

  • Rückblick auf 2017: Was alles anders war

    Rückblick auf 2017: Was alles anders war

    Willkommen, liebe Hörerfreunde, zur ersten Ausgabe der Rubrik Rumänien einmal anders“ im Jahr 2018! Zeit für einen Rückblick auf einige der Projekte, die im Vorjahr anders waren. Wie jedes Mal waren für uns ganz wichtig Aktionen mit einer starken sozialen Komponente sowie Projekte, die die rumänische Kultur und Traditionen wieder in die Aufmerksamkeit bringen. Das Jahr begann mit dem Festival der rumänischen Weihnachts- und Neujahrsbräuche beim Bukarester Dorfmuseum Dimitrie Gusti“ sowie mit einem Besuch im siebenbürgischen Gesichtsmuseum, wo die pharmaziehistorische Sammlung unzählige Besucher bezauberte.



    Ein Thema, das unsere Hörer besonders begeisterte, war der World Read Aloud Day oder der weltweite Vorlesetag, eine Initiative der Organisation World Lit in New York. An diesem Tag werden die Menschen aufgerufen, sich zusammenzusetzen und gemeinsam Spa‎ß am Lesen zu haben. Brandi Bates, die Vorsitzende des Vereins Citim Împreună România“ (Wir lesen zusammen Rumänien“), erzählte uns über die veranstalteten Lesesitzungen sowie über den Übergang von den Lesesitzungen, die sie zu Hause organisierte, zu öffentlichen Lektüreveranstaltungen. Sie ermutigt zum gemeinsamen Lesen in der Familie, mindestens 20 Minuten am Tag:



    Der Internationale Tag des Vorlesens — Englisch: World Read Aloud Day — ist nicht unser Baby. Die Organisation Lit World mit Sitz in New York kam auf den Gedanken, eine derartige Veranstaltung zu organisieren. Ich hatte schon vor einigen Jahren davon gehört. Unser Verein beschloss letztes Jahr, diesen Festtag zum Anlass zu nehmen, um sich öffentlich in Rumänien zu präsentieren. Wir wollten uns bekannt machen, unsere Aufgabe der Öffentlichkeit mitteilen. Ich bin froh, mit beliebten Kinderbuchautoren und –illustratoren in Rumänien zusammenzuarbeiten. Letztes Jahr organisierten wir mehrere Aktionen in Bukarest, in der Nationalbibliothek sowie hier vor Ort, in der Ludothek. Weitere Veranstaltungen fanden im Jiu-Tal (dt. Schil-Tal) und in Cluj (dt. Klausenburg) statt. Dieses Jahr beschlossen wir, unsere Tätigkeit ein bisschen auszuweiten. Denn viele Leute verkündeten ihr Interesse, mitzumachen, mit uns zusammen zu lesen. Wir veröffentlichten unser Vorhaben Anfang Januar. Wir waren auf der Suche nach rund 20 Partnern. Wir erhielten allerdings mehr als 80 Teilnahmeanträge — von ganz kleinen bis zu gro‎ßen Bibliotheken, von Schulen und NGOs. Auf so ein enthusiastisches Feedback konnten wir nicht anders als entsprechend reagieren. Wir entschieden, alle Antragsteller anzunehmen. Demnach luden wir alle zu einer informellen Partnerschaft ein. Wir stellten ihnen verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, die sie nach Belieben verwenden konnten, um die Lesesitzungen zu organisieren.“




    Zu den Kulturprojekten, die wir im vergangenen Jahr präsentierten, erwähnen wir jetzt die alternative Kulturtour Auf den Spuren von Mircea Eliade durch Bukarest“, das alternative Theaterprojekt Bauernhöfe als Theaterbühnen, Wissenschaftsprojekte für Schüler sowie das neulich veranstaltete internationale Psychoanalyse-Filmfestival in Bukarest.




    Es gab auch Projekte, die nach warmem Kaffee schmecken, wie das Fahrradwerkstatt-Café, oder die gesünder, etwa nach Obst und Gemüse schmecken, wenn wir über die Kampagne Gesund leben in den rumänischen Schulen“ sprechen. Nicht zuletzt essbaren Kleider“ des berühmten rumänischen Kochs Chef Toma oder die therapeutischen Pralinen“, die in einer Schokoladenfabrik zubereitet werden. Sie verstärken das Immunsystem und steigern die Fähigkeit zur physischen Belastung. Mehr über die köstlichen Pralinen erzählte Florin Balan, der Leiter der Schokoladenfabrik, die dieses Produkt auf den Markt brachte:



    Wir haben es mit einer besonderen Begegnung zwischen zwei au‎ßerordentlichen Produkten zu tun, Schokolade und Honig. Oder besser gesagt: Schokolade und verschiedene Bienenprodukte. Die Vereinigung der zwei Produkte ist das Ergebnis langwieriger Forschungen in zwei verschiedenen Bereichen. Die Forschungstätigkeiten dauern seit mehr als 20 Jahren. Die Bereiche erfuhren eine unterschiedliche Entwicklung, die Forschungsergebnisse kamen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Dabei entwickelten die Bienenforscher ihr eigenes Produkt, die Schokoladen-Forscher ihres. Die Vereinigung der zwei ergab ein besonderes Produkt. Wie es dazu kam? Beide Produkte haben besondere heilende Eigenschaften. Legt man sie zusammen, so wirken sie Wunder für die Gesundheit. Sie stärken das Immunsystem und unterstützen den Körper bei physischer Belastung. Daher beschlossen wir, ein derartiges Produkt sei notwendig.“




    Ein einzigartiges Vorhaben, das wir im Vorjahr präsentiert haben, war Malen mit Bakterien“. Malen mit Bakterien“ ist ein Projekt der Universität Sapientia in Miercurea Ciuc, das den Jugendlichen die bösen Mikroorganismen aus einer anderen Perspektive zeigen will. Die Initiatoren des Projektes nahmen sich vor, Gymnasiasten für das interessante Vorhaben heranzuziehen. Im Rahmen des Projektes schafften die Jugendlichen Gemälde“ mit Hilfe von Bakterien. Es war eine gute Gelegenheit, um auch die gute Seite der Mikroorganismen kennenzulernen.



    Wer sich auf spannende Reisen durch die Weiten des Universums begeben will, soll das mobile Planetarium des Astronomie-Verbands Pluto besuchen, eine neue Gelegenheit für Sternfreunde, den Himmel zu beobachten. Das mobile Planetarium misst 8 Meter Durchmesser und ist 5 Meter hoch. Die mit Luft aufgeblasene Kugel kann in verschiedenen Räumen aufgestellt werden. Es beherbergt Aufführungen und Vorträge eines Erzählers, der ständig mit den Zuschauern in Kontakt kommt und die faszinierende Geschichte der Sternkonstellationen, Planeten, Galaxien, natürlichen Satelliten und Asteroiden veranschaulicht.



    Einen besonderen Platz unter den an die jüngere Generation gerichteten Projekte unter dem Titel Wissenschaft und Spiel“ nimmt der Themenpark Mini-Siebenbürgen in Odorheiu Secuiesc (Oderhellen) ein. Der Verein Legendarium“, der den Park gegründet hat, setzt sich zum Ziel, Legenden aus der Umgebung zu sammeln. Ausgehend von diesen ortsgebundenen Legenden erfinden die Mitglieder Spiele, schreiben Bücher und schaffen Zeichentrickfilme für Kinder:



    Die nachgestellten Konstruktionen im Kleinformat, die wir im thematischen Park ausstellen, sind historische Gebäude in Siebenbürgen. Jedes Gebäude hat seine eigene Legende. Ich bin viel durch Europa gereist und habe überall ähnliche Parks gesehen. In Brüssel gibt es den Park »Mini-Europe«, in Österreich »Mini-Mundus«, in Italien »Mini-Italia«. Da dachte ich, warum sollte es nicht auch einen »Mini-Siebenbürgen-Park« geben? Wir bauen historische Gebäude im Kleinformat nach und zeigen den Leuten, wie diese in ihrer Blütezeit ausgesehen haben. Wir wollen auch die zusammenhängenden Legenden vortragen, einen interaktiven Park schaffen. Unsere Gäste werden sich nicht nur die Gebäude im Vorbeigehen anschauen, sondern auch die Geschichte, die dahinter steckt, erfahren. Zum Schluss soll der Park »Mini-Siebenbürgen« die Form der Region Siebenbürgen haben. Die Kinder werden demzufolge sowohl die Geografie wie auch die Kultur unserer Region verstehen können.“




    Wir erwarten Sie auch dieses Jahr, liebe Hörerfreunde, mit neuen, interessanten und aufschlussreichen Geschichten.

  • Projects for the Romanians Abroad

    Projects for the Romanians Abroad

    Romanians working abroad will be able to access an online platform providing them with information on their rights. Funded with EU structural funds and co-implemented by the National School for Political and Administrative Studies, alongside other universities and public institutions from nine European states, the platform will become functional by the end of the year and will provide information in 11 languages.



    The coordinator of the project with the National School for Political and Administrative Studies, Sonia Dragomir, speaks about the problems facing posted workers.



    Sonia Dragomir: “There are problems such as salary rights and payment procedures, precarious work conditions, the fact that they get no occupational health and safety instructions. Then there are linguistic barriers — they usually don’t speak the language of the country they work in, and they scarcely benefit from a counselor to facilitate communication with their employers. In most cases, NGOs and trade unions come to their aid”.



    Some 35% of Romania’s active population has sought employment abroad in the last ten years, state advisor and Coordinator of the Department for Sustainable Development, Laszlo Borbely, has said. Putting a stop to this exodus of workforce is one of the 17 objectives stipulated in the National Strategy for Sustainable Development. Laszlo Borbely says that each ministry should have a task force on sustainable development.



    Laszlo Borbely: “These 17 objectives cover everything a society has: social problems, economic problems, all sorts of problems. It may sound complicated, as there are 17 objectives and 169 targets, with 244 indicators defined by the UN, but there are very useful things we can accomplish for communities, big and small”.



    The latest study on the Romanian Diaspora, commissioned by RePatriot and conducted by Open-i Research, shows that 57% of Romanians living abroad want to return home, while 56% of them want to invest in Romania, with corruption being the main barrier. On the other hand, 43% of Romanians in the Diaspora estimate things will improve in the future, as against only 26% who think that things will get worse, the study also shows.



  • Bullying in der Schule: Auch tatenlose Zuschauer sind Opfer

    Bullying in der Schule: Auch tatenlose Zuschauer sind Opfer

    In Rumänien werden in der Schule drei Kinder von zehn in ihrer Gruppe von Gleichaltrigen gemobbt. Drei Kindern von zehn wird mit Prügel gedroht, während ein Kind von vier vor den Mitschülern gedemütigt wird. Das erfahren wir aus einer Studie der NGO Salvaţi Copiii“ (Rettet die Kinder“). Oana Niculae, Kinderpsychiaterin, kennt die Details:



    Was mir persönlich Sorgen macht, ist die Tatsache, dass mehr als 70% der Kinder aussagen, dass sie Zeugen einer Gewalttat waren. Meiner Meinung nach ist jedes Kind, das an derartigen Vorkommnissen beteiligt ist oder nur zuschaut, ein Opfer. Unsere Kinder sind leider regelmä‎ßig Zuschauer und Zeugen der Bullying-Taten, vielleicht sogar wöchentlich.“




    Wie reagieren die Eltern eines gemobbten Kindes? Ana Maria Mitruş, Autorin des Blogs meseriadeparinte.ro, sagte, dass ihre ältere Tocher, die jetzt in die fünften Klasse geht, Ziel einer Schickanierung gewesen sei:



    Meine Tochter war das Opfer einiger älteren Schülerinnen. Es ging um Bosheiten, die die Hierarchie unter den Kindern bestimmen sollten. Die älteren Schüler lassen die kleineren nicht dorthin gehen, wo die Älteren lernen. Wenn diese in einem Klassenraum im zweiten Stock Unterricht haben, dann dürfen die Kleinen nicht hinauf. Wenn sie Sport haben, dann werden sie von den Siebt- oder Achtklässlern nicht in den Umkleideraum gelassen. Meine Tochter hat sich daher immer von zu Hause aus für Sport umgezogen. Jeder tut, was er kann.“




    Die Mutter wollte die Schulleitung und die Eltern dazu bringen, eine Lösung zu finden. Leider hatte sie keinen Erfolg. Ana Maria Mitruş hat ihrer Töchter beigebracht, die Hilfe eines Erwachsenen einzufordern, anstatt selber Gewalt anzuwenden. Einmal hat eine ihrer Töchter dennoch aggressiv geantwortet, sie ging aber später zur Mutter und erzählte ihr alles. Ana Maria Mitruş dazu:



    Es war ein kleiner Konflikt und es passierte Gott sei Dank nichts Schlimmes. Ich habe keine Angst, dass sie die Gewalt als Lösung sieht. Auch wenn die Gewalt als erste mögliche Reaktion erscheinen mag, werden sie diese nicht gebrauchen. Ich habe Vertrauen zu meinen Töchtern und denke, sie werden, so wie ich es ihnen nahegelegt habe, die Hilfe eines Erwachsenen fordern. Ich kann mich aber nicht darauf verlassen. Ich spreche oft mit den Lehrern und Trainern. Unsere Kinder sind wir. Wir sind verantwortlich, wenn sie Gutes oder Schlechtes tun.“




    Man müsse die Gewaltquelle in der Familie suchen. Die Schule sollte die Ausweitung der Gewalt, die in letzter Zeit leider zugenommen habe, bekämpfen, meint die Kinderpsychiaterin Oana Niculae:



    Ein glückliches Kind wird nicht aggressiv sein. Wir sollten laut Fachleuten die Ursachen des aggressiven Verhaltens in der Familie suchen. Die meisten Gewalttaten haben die Angst und nicht den Zorn als Ursache. Die negativen Emotionen äu‎ßern sich immer durch Aggressivität. Die Freude, jemanden zu verletzten, hat ihre Wurzel in der direkten persönlichen Erfahrung, verletzt oder Opfer der Gewalt anderer gewesen zu sein.“




    Laut der Studie der Stiftung Salvaţi Copiii“ bemerken die Kinder, dass die Erwachsenen dieses Phänomen tolerieren und sehr wenig eingreifen. Schon ab 2004 gibt es Versuche, das Phänomen der Aggressivität bei Kindern unter Kontrolle zu halten. Das Institut für Bildungswissenschaften hatte damals eine erste Studie über die Gewalt in den Schulen veröffentlicht. Ciprian Fartuşnic, Direktor des Institutes, dazu:



    Als wir die erste Studie durchgeführt haben, war die Gewalt nicht korrekt und klar definiert. Wenn die Polizei nicht kam und wenn kein Blut floss, dann gab es keine Gewalttat. Der Konflikt nur als ein Streit unter Kindern. Die erste Strategie fu‎ßt auf den Ergebnissen der ersten Studie. Es war nur eine Rahmenstrategie. Jede Schule sollte sich nach diesem Rahmen orientieren und ihre eigene Strategie herausarbeiten. Leider wurde das nicht umgesetzt und wir haben im Jahre 2006 zusammen mit der UNICEF eine Broschüre für die Schuldirektoren herausgegeben, um sie anzuleiten, wie sie eine Anti-Gewalt-Strategie in der Schule entwickeln können. Leider passierte schon wieder fast nichts in diese Richtung. In 2010 haben wir zusammen mit der Stiftung »Salvaţi Copiii« und dem Bildungsministerium ein nationales Bildungsprogramm für Schuldirektoren und Lehrer herausgearbeitet, das ihnen zeigt, wie sie dieses Phänomen schrittweise angehen sollen. Das Projekt wurde 2011 beendet. In einigen Landkreisen haben in ein paar Schulen konkrete Aktionen gegen die Gewalt stattgefunden. Wir wollen aber wissen, ob diese Aktionen direkte Auswirkungen hatten, ob sie zur Minderung dieses Phänomens geführt haben.“




    Effizienter als die Bekämpfung ist natürlich die Vorbeugung der Gewalt. In den Schulen sollen die Erwachsenen schon bei den ersten Zeichen einer Aggression eingreifen.

  • Arbeitsmarktintegration: Inaktive Jugendliche oft vernachlässigt

    Arbeitsmarktintegration: Inaktive Jugendliche oft vernachlässigt

    NEET ist ein Akronym des englischsprachigen Begriffs Not in Education, Employment or Training“ — nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung — und bezeichnet die Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Ausbildung befinden und dies auch nicht unmittelbar anstreben. Bei den unterschiedlichen Konferenzen ging es um mögliche Lösungen für die Integration der genannten Gruppe, die bereits einen besorgniserregenden Anteil an der Gesamtbevölkerung hat.



    In der EU ist der Anteil der NEET-Jugendlichen rückläufig, im Schnitt beträgt er 12%. Laut Statistiken aus dem Jahr 2011 beläuft er sich in Rumänien hingegen auf 18%. Das wären insgesamt zwischen 400 und 500 Tausend Jugendliche, wobei viele von ihnen nicht identifiziert werden können, da sie von keiner Behörde erfasst sind.



    Vor diesem Hintergrund veranstaltete der Think-Tank Social DOers eine Konferenz mit nationaler Beteiligung bei der die Plattform der Europäischen Koalition für die Rechte der NEET-Jugendlichen“ lanciert wurde. Die Initiative wird durch das Programm Erasmus+ finanziert, zum ersten Mal gab es im Januar eine Präsentation dazu in Brüssel. Ausgangspunkt sei die Tatsache, dass das Problem der angesprochenen Jugendlichen nicht nur Rumänien betreffe, sondern auch andere Staaten in Europa, sagt Veronica Ştefan, die Vorsitzende von Social DOers:



    Durch dieses Pilotprojekt wollten wir die spezifischen Situationen in sechs Staaten untersuchen. Rumänien war einer davon, aber wir haben unseren Blick auch auf Gro‎ßbritannien oder Österreich gerichtet, Länder, in denen diese Kategorie von Jugendlichen einen sehr niedrigen Anteil hat. Ferner wurden Portugal, Italien oder Belgien analysiert. Und wir sind zum Schluss gekommen, dass es gemeinsamer Anstrengungen bedarf. Einerseits brauchten wir eine Plattform, auf der die auf dem Gebiet spezialisierten NGOs mit anderen Partnern zusammengebracht werden: den Sozialpartnern, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, dazu die Politiker, die Entscheidungsträger sind. Also richtet sich die Plattform an drei Kategorien: die NGOs, die Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die Europaabgeordneten, denn sie stellen die direkte Verbindung zwischen den europäischen Beschlüssen und den Bürgern in den Staaten dar.“




    Victor Negrescu von der Fraktion der Sozialdemokraten ist als Europaabgeordneter laut eigenen Angaben mit den Problemen der Jugendlichen befasst, vor allem seien die Jugendlichen aus der NEET-Gruppe ein Anliegen für ihn. Auf EU-Ebene gebe es bereits mehrere Programme zur Unterstützung der Jugendlichen, sagt Negrescu. Allerdings:



    Man muss sagen, dass viele dieser Programme das Problem der Jugendlichen global sehen, mit einem allgemeinen Ansatz, dabei gibt es nicht genügend ma‎ßgeschneiderte Lösungen, die auf die NEET-Jugendlichen gezielt hinwirken. Vor allem sollten wir uns vergewissern, dass diese jungen Menschen, die eine recht zahlreiche Kategorie ausmachen — 21 Millionen europaweit –, dass sie die Vorteile der europäischen Programme auch zu spüren bekommen. Bei den Debatten in Bukarest habe ich für bedürfnisorientierte Programme plädiert und dafür, dass wir den Bedarf auf lokaler Ebene identifizieren, was bislang nicht zufriedenstellend erreicht wurde.“




    Eine halbe Million inaktiver junger Menschen — die Statistik mag vielleicht nicht so schlimm klingen. In Wirklichkeit aber ist die Situation schwerwiegender, als man denkt. Denn die früheren Jugendlichen bleiben auch im fortschreitenden Alter inaktiv und die Kategorie wächst über die Jahre. Die Inaktiven unter 25 Jahren stellen also 18% der Bevölkerung dar, ihr Anteil steigt aber in der Kategorie unter 30 bis auf 25% und pendelt sich bei etwas über 20% in der Kategorie unter 35 ein. Damit entsteht eine Generation von inaktiven Jugendlichen, die nichts produzieren. Das sei ein Problem, denn dadurch entstünden Kosten für die Wirtschaft, folgert Veronica Ştefan:



    Eine europäische Agentur hat errechnet, dass Rumänien 2011 1,54% des Bruttoinlandsproduktes ausgab, oder, genauer gesagt, dass es neben den geplanten Ausgaben diesen Verlust gab. In absoluter Höhe waren es etwa zwei Milliarden Euro. Was bedeutete dieser Verlust? Das bedeutete, dass etwa eine halbe Million Jugendlicher aus der Kategorie eine Mindestsumme als Sozialhilfe bezogen bzw. dass sie keine Eigenbeiträge leisteten. Mit anderen Worten: Die Unter-25-Jährigen sind jedes Jahr für einen wirtschaftlichen Verlust von circa zwei Milliarden Euro verantwortlich.“




    Das trübe Bild wird ferner durch das Phänomen der alternden Bevölkerung in Rumänien und Europa ergänzt. Die Nachfrage nach Erwerbstätigen steigt also immer mehr, deshalb müsse man sich bewusst werden, dass schnell Lösungen her müssen. Und das habe man sich mit der Plattform der Europäischen Koalition für die Rechte der NEET-Jugendlichen“ vorgenommen, sagt Veronica Ştefan:



    Mit diesem Dialog zwischen allen Interessensvertretern wollen wir zum einen erreichen, dass die NGOs, die den leichtesten Zugang zu den Jugendlichen und die freundlichsten Dienstleistungen bieten, als Vermittler zwischen den Behörden und der Zielgruppe fungieren. Für die Jugendlichen selbst ist klar, dass, sobald sie sich in dieser Situation wiederfinden, sie sich nicht mehr so leicht befreien können und sich das vielleicht auch nicht mehr so sehr wünschen. Zum anderen wollen wir mit den Behörden zusammenarbeiten, damit sie eine flexiblere Politik schaffen. Bislang waren vor allem die europäischen Fördergelder im Mittelpunkt, da gibt es einzelne Projekte und nicht unbedingt Programme. Die beginnen im ersten Jahr und enden mit dem dritten Jahr und am Ende hat man bereits vergessen, was mit diesen Jugendlichen geschehen ist. Es wäre wichtig, laufend Programme zu haben, mit einem viel freundlicheren Ansatz, der an die Bedürfnisse der Jugendlichen angepasst ist.“




    Eine klare Schlussfolgerung verweist also auf die notwendige Identifizierung der inaktiven Jugendlichen, die keiner Form von schulischer oder beruflicher Ausbildung nachgehen. Erst danach sollten ihre Situation überwacht und ma‎ßgeschneiderte Lösungen vorgeschlagen werden. Gleichzeitig müssen nationale Programme entworfen werden, begleitet von öffentlichen Politiken.

  • Bewaldungskampagne des Nationalen Forstamtes Romsilva

    Bewaldungskampagne des Nationalen Forstamtes Romsilva

    Das Nationale Forstamt Romsilva hat vor kurzem die Bewaldungskampagne gestartet. Innerhalb der nächsten zwei Wochen werden gro‎ße Waldflächen regeneriert, neue werden aufgeforstet, einige davon lagen bislang auf trockenem und unfruchtbarem Boden. Die breitesten Flächen, die jetzt aufgeforstet werden, befinden sich mit 712 Hektar im ostrumänischen Tulcea, im südwestrumänischen Landkreis Dolj, wo 231 Hektar bewaldet werden, und Brăila, ebenfalls im Osten des Landes, mit 176 Hektar. Wir haben den Leiter des Nationalen Forstamtes Dragoş Ciprian Pahonţu um Einzelheiten gebeten:



    Für dieses Jahr hatten wir uns vorgenommen, 14.600 Hektar Waldgebiet zu regenerieren, bei 8.600 Hektar davon handelt es sich um natürliche Regenerierung, bei 6.000 führen wir Bewaldungsarbeiten durch. Wir sind sehr stolz darauf, dass einen hohen Anteil, 59% der Bewaldungsarbeiten, die natürliche Regenerierung darstellt. Das ist das Ergebnis der Arbeit der Romsilva-Forstingenieure, die die Flächen richtig und erfolgreich behandelt haben. In Bezug auf die Kampagne haben wir vor, weitere 4.000 Hektar zu erneuern, 2.200 davon sind Aufforstungen, bei 1.800 Hektar handelt es sich um natürliche Regenerierung. Dafür werden wir rund 3 Millionen Schösslinge pflanzen, die Gesamtkosten belaufen sich auf 30 Millionen Lei. Die Bewaldungsarbeiten finanzieren wir über einen speziellen Fonds, es handelt sich um den Fonds für die Bewahrung und Regenerierung der Wälder, der aus dem Bestand des verkauften Holzes besteht. Ein besonderes Augenmerk schenken wir der Informierung über die Wälder Rumäniens. Wir haben diesbezüglich ein weitreichendes Bildungsprogramm gestartet, das sich in erster Linie an die jüngere Generation richtet, weil wir ein richtiges Image des Nationalen Forstamtes Romsilva in der rumänischen Gesellschaft pflegen möchten.“




    Das Nationale Forstamt Romsilva hat zudem zahlreiche Pflanzungsaktionen von Nichtregierungsorganisationen oder Personen unterstützt, indem es den Initiatoren derartiger Projekte über 170.000 Nadelbäume — Eichen-, Akazien-, Eschen-, Kirschbaum-, Lindenbaum- und Strauchschösslinge — kostenlos anbot.



    Die rumänischen Behörden haben darüber hinaus beschlossen, dass die Privatwälder, die 30 Hektar oder weniger messen, von nun an bewacht werden müssen. Die Ma‎ßnahme betrifft die Waldbesitzer, die entsprechende Verträge mit den Forstbehörden abgeschlossen haben, und zielt darauf ab, die illegale Abholzung zu bekämpfen. Zum ersten Mal wird somit diese Richtlinie umgesetzt, selbst wenn sie im Waldgesetz bereits 2008 verankert wurde. Die Ma‎ßnahme betrifft den Zeitraum 2016-2020, der Gesamtwert der zu diesem Zweck freigegebenen Finanzhilfe beträgt 248,9 Millionen Lei und die Zahl der Nutznie‎ßer für den besagten Zeitraum 2 Millionen. Rund 587.000 Hektar Waldgrundstücke werden landesweit nicht bewacht.



    Das Nationale Forstamt Romsilva verwaltet 3,15 Millionen Hektar Waldbestand und hat in den letzten 25 Jahren über 528.000 Hektar durch Aufforstung erneuert.

  • Öko-Plattform „Grüne Schulen“ mit Preis ausgezeichnet

    Öko-Plattform „Grüne Schulen“ mit Preis ausgezeichnet

    Die Plattform Grüne Schulen“ setzt sich zum Ziel, die umweltbewusste Erziehung und das soziale Engagement den rumänischen Kindern näher zu bringen. Voriges Jahr wurde die Arbeit der Plattform von der Umweltschutzorganisation ECOTIC anerkannt. Die Plattform erhielt einen landesweit begehrten Preis für vorbildliche Projekte.



    Seit 2009 zeichnet die Umweltschutzorganisation ECOTIC vorbildliche Umweltschutzprojekte aus. Verschiedene Gruppen erhalten dabei Preise als Anerkennung ihrer Arbeit. Die Initiative richtet sich auch an Programme von Privatunternehmen, öffentlichen Einrichtungen, Schulen und NGOs, die ein grö‎ßeres kollektives soziales Bewusstsein schaffen.



    Ende des vergangenen Jahres zeichnete die Umweltschutzorganisation ECOTIC die Gewinner der siebten Gala für eine saubere Umwelt“ aus. 87 Projekte waren im Kampf um den gro‎ßen Preis angetreten, vier davon gingen als klare Sieger der jeweiligen Kategorien hervor: Privatunternehmen, NGOs, öffentliche Einrichtungen und Bildungsanstalten. In der den NGOs gewidmeten Kategorie ging der gro‎ße Preis ans Projekt Plattform Grüne Schulen-Advocacy, umweltbewusste Erziehung und Unterstützung für nachhaltige Entwicklung in Schulen“ (Platfoma Şcoli Verzi — Advocacy, eco educaţie şi susţinere pentru şcoli sustenabile“).



    Das Projekt wurde vom Umweltverband Greenitiative in Partnerschaft mit der Stiftung World Wide Fund for Nature Rumänien und dem Umweltschutzverband Viitor Plus angesto‎ßen. Diese setzen sich zum Ziel, die rumänischen Schulen und Lehrkräfte dabei zu unterstützen, einen freiwilligen Umweltunterricht in den Lehrplan einzuführen. Die rumänischen Schüler zeigen sich bereit, für die in Beziehung zu dem Umweltschutz stehenden Probleme die besten Lösungen zu finden, umweltbewusst zu handeln und sich sozial zu engagieren. Einzelheiten über die Plattform der grünen Schulen erfahren wir von der Koordinatorin der Bildungsprogramme für nachhaltige Entwicklung der Stiftung World Wide Fund for Nature Rumänien, Cătălina Murariu:



    Die Idee für die Plattform Grüne Schulen kam uns schon lange her in den Kopf, sie verbindet sämtliche bisherige Erfahrungen und bringt alles zum Ausdruck, was wir als nützlich für das rumänische Bildungssystem betrachten. Offiziell haben wir dieses Projekt vor anderthalb Jahren gestartet. Wir setzten uns zum Ziel, den rumänischen Schülern das umweltbewusste Handeln beizubringen, die umweltbewusste Erziehung, die Bildung für nachhaltige Entwicklung in die rumänischen Schulen zu bringen und sie jeden Tag in die Praxis umzusetzen. Wir haben den Schülern und Lehrkräften diese Konzepte in einer lebendigen Form vorgestellt, wir haben im Unterricht interaktive und angenehme Methoden eingesetzt, wie zum Beispiel die Schüler im Unterricht in die Natur zu bringen, um das Naturerlebnis besser zu verstehen. Damit unser Projekt in Schulen gelangt, werden wir einen fakultativen Unterricht anbieten, die der Sekundarstufe, also den Klassen 5-8 gewidmet wird und den die Lehrer im Laufe eines Jahres halten können. Um unser Projekt erfolgreich in Schulen umzusetzen, ist es von gro‎ßer Bedeutung, dass die Lehrkräfte, die Schuldirektoren und die lokalen Behörden daran glauben, deswegen versuchen wir, sie davon zu überzeugen, sich unserem Projekt anzuschlie‎ßen. Auch die Umweltorganisationen, mit denen die Schulen zusammenarbeiten können, sollen Umweltprojekte ansto‎ßen, die in Rumänien eine umweltbewusste Erziehung fördern könnten. Wir haben also diesen Weg mit der Absicht eingeschlagen, einen fakultativen Umweltunterricht in den Lehrplan der rumänischen Schulen einzuführen, die Bildungsanstalten von der Notwendigkeit zu überzeugen, sich ebenfalls dem Projekt anzuschlie‎ßen. Wir möchten zudem ein Netzwerk der Nichtregierungsorganisationen gründen, die die Schulen dabei unterstützen, den Kindern das Umwelthandeln näher zu bringen, so wie wir davon träumen.“




    Die Plattform Grüne Schulen stellt den Lehrern auch eine Onlineplattform zur Verfügung, um sich über verschiedene Themen auszutauschen und ihren Beitrag zur Verbesserung des fakultativen Umweltunterrichts zu bringen. Derzeit gibt es 47 Schulen in Rumänien, die diesen interaktiven Umweltunterricht in den Lehrplan eingeführt haben. Es handelt sich um 76 Klassen aus 6 Landkreisen, einschlie‎ßlich Bukarest.

  • Soziologenbericht: Zivilgeist und Bürgerinitiativen auf dem Prüfstand

    Soziologenbericht: Zivilgeist und Bürgerinitiativen auf dem Prüfstand

    Die Erinnerung an die kommunistische Zeit, als Bürgereinsätze von oben verordnet wurden, hat das bürgerliche Engagement in Rumänien nach der Wende jahrelang gehemmt. In den letzten Jahren kam es dennoch immer mehr zur Entstehung von diversen Initiativegruppen. Kleine informelle Grünfeld-Organisationen schlie‎ßen sich zusammen, um punktuelle Probleme zu lösen. Die Gruppe Iași liebt die Linden“ entstand als Protest gegen den Beschluss des Bürgermeisteramtes, die berühmten Linden in der moldauischen Metropole abzuholzen. Der besagten Gruppe ist es sogar gelungen, einen Entwurf zur Wiederbepflanzung dieser Bäume zu erarbeiten. In Bukarest sind mehrere Stadtteile durch einen oder sogar mehrere informale Initiativegruppen vertreten: Die Initiative Favorit“ zur Wiedereröffnung des gleichnamigen Kinos, Rettet den Drumul-Taberei-Park“, Rettet den IOR-Park“. Insgesamt agieren in Rumänien 513 informelle Gruppen. 48 davon entstanden spontan auf Initiative ihrer Mitglieder. 465 wurden durch Förderprogramme des Staates oder durch Privatfonds einiger Schirmorganisationen gegründet. Diese Daten sind in einem Bericht im Rahmen des Projekts Die Entwicklung der Einsatzfähigkeit der NGOs und der informellen Gruppen“ enthalten, das von der Stiftung für eine Offene Gesellschaft (Open Society Foundation Romania) ins Leben gerufen wurde. Der wiederauflebende Zivilgeist benötige weiterhin Förderung, meint die Koordinatorin des Projekts, Marinela Andrei.



    Das Verhältnis zwischen den geförderten und den spontanen informellen Gruppen ist von 10 zu 1. Unsere Hauptschlussfolgerung ist, dass die spontane Aktivierung der Bürger oder des Zivilgeistes recht begrenzt ist, auch wenn dieser in der Öffentlichkeit immer mehr sichtbar wird. Die meisten der geförderten Gruppen setzen sich für Aktivitäten ein, die in der Regel mit der Problemlösung kleiner Gemeinden zu tun haben, die mit der Infrastruktur zusammenhängen, egal ob man von Stra‎ßen, Brücken oder Gebäude (Kindergärten, Schulen) spricht.“




    Indem sie sich organisieren, indem sie Ersuchen unterschreiben und in Sprechstunden bei Behörden vorsprechen, werden einige dieser Gruppen sichtbar und ihnen gelingt es sogar, mit den Lokalbehörden in Kontakt zu treten. Der Status eines Gesprächspartners der Verwaltung erlangt man nur schwer, teilweise auch weil diese informellen Gruppen keine Rechtspersönlichkeit haben. Dennoch betrachten deren Mitglieder die Behebung dieser Situation nicht als Priorität. Der Soziologe Valentin Burada, einer der Urheber des Berichts über die Tätigkeit der informellen Bürgergruppen in Rumänien, meint dazu:



    Das Hauptproblem ist nicht die formelle oder rechtliche Anmeldung dieser Gruppen, sondern deren Bedarf an Anerkennung, einschlie‎ßlich durch die öffentlichen Anstalten. Die Meinungen dieser informellen Gruppen betonen, dass man den Fokus auf die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Anstalten setzen muss. Ihre Satzung dann amtlich zu machen kann schwierig sein und könnte eher zu Problemen führen als zu Lösungen. Au‎ßerdem erfolgt die Anerkennung durch die Behörden zu diesem Zeitpunkt grö‎ßtenteils aufgrund einer langanhaltenden gemeinsamen Handlungsgeschichte der Mitglieder, aufgrund der Beteiligung an den Tagungen der Lokalräte, aufgrund der Initiierung von öffentlichen Aktionen, Stra‎ßenaktionen sogar, wodurch die Gruppen ihre Anerkennung tatsächlich erlangen.“




    Im Ressourcenzentrum für Öffentliche Beteiligung (CERE), einer der Verbände, die die Gründung mehrerer Gruppen für Bürgerinitiative unterstützt haben, glaubt man nicht, dass es zusätzlicher Regelungen bedarf wie z.B. der Eintragung in eine Liste, die bei den Bürgermeisterämtern oder Lokalräten eröffnet wurde. Warum? Die Antwort liefert Sânziana Dobre, Programmkoordinatorin bei CERE.



    Eine der Schlussfolgerungen der Studie, mit der wir nicht einverstanden sind, ist die Einführung eines Anmeldeverfahrens bei der öffentlichen Anstalt, die von den informalen Gruppen anvisiert wird. Dieses Verfahren würde ähnlich mit einer Akkreditierung bei der betreffenden Behörde sein. Bevor man ein Vorsprechen bei der Behörde in die Wege leitet oder verschiedene Treffen beantragt, müsste man sich anmelden. Wir befinden das für nicht nötig. Wir glauben, dass die Aktionen der Bürgergruppen dadurch gehemmt werden würden, denn deren Erfahrung startet ja erst mit diesen mühsam errungenen Sprechstunden bei Behörden. Ihnen nun vorzuschreiben, zuvor noch einen bürokratischen Schritt zu machen, ist wohl kaum hilfreich. Au‎ßerdem würde das die Bürokratie im Verhandlungsverfahren mit den Behörden verstärken. Das besagte Verfahren befindet sich erst am Anfang und müsste ihm die Möglichkeit geben, organisch und einfach zu wachsen.“




    Im Gegenzug sind andere Vorschläge zur Effizienzsteigerung der informellen Gruppen willkommen. Sânziana Dobre:



    Die anderen Schlüsse, die nahelegen, dass die Gruppen öffentliche Debatten im Rahmen des Gesetzes zur Beschlusstransparenz einleiten können, sind sehr willkommen. Dieses Gesetz besagt, dass die Lokalbehörden sich mit den NGOs beraten müssten, bevor sie einen Beschluss treffen. An diesen Beratungen müssten auch die informellen Gruppen teilnehmen. Was man machen kann, ist, diese Treffpunkte zu schaffen. Eine gro‎ße Herausforderung für alle Mitglieder einer solchen Gruppe ist die Frage: ‚Wo treffen wir uns?‘. Sie können sich nicht immer in Cafés treffen. Für manche kann das teuer sein. Au‎ßerdem ist es dort recht laut und es ist kein angemessener Ort für Planung oder Diskussionen. Somit wäre die Schaffung solcher öffentlicher Treffpunkte willkommen.“




    Die einvernehmlich akzeptierte Schlussfolgerung ist allerdings, dass die Förderung der Bürgerinitiativen besonders mit der Steigerung des politischen Bildungsstandes der Bürger zusammenhängt: Menschen werden mehr Mut haben, mit den Behörden zu kommunizieren, wenn sie erfahren, welche Rechte sie haben. Der Soziologe Valentin Burada:



    Probleme entstehen eher vor dem Hintergrund des niedrigen politischen Bildungsstandes der Bürger und der bescheidenen Mitbestimmungstradition in Rumänien und weniger wegen der fehlenden Gesetze oder Rechtsmittel, die diesen Bürgereinsatz stützen könnten. Es gibt Mängel in der Umsetzung der Gesetzgebung für den Zugang der Öffentlichkeit zu öffentlichen Informationen und für die Teilnahme der Bürger am öffentlich wirksamen Entscheidungsprozess. Die informellen Gruppen spielen eine Rolle in dieser Hinsicht. Es wurden als Mechanismen zur Förderung des Bürgereinsatzes sowohl die Steigerung des politischen Bildungsstandes der Bürger als auch der Druck auf die Behörden vorgeschlagen, damit diese die gegebene Gesetzgebung einhalten und Mechanismen zur realen Einbindung der Bürger in den Entscheidungsprozess schaffen.“




    Trotz all dieser Engpässe entstehen immer mehr Bürgerinitiativen, die auch eine wachsende Wirksamkeit zeigen. Der Trend geht nach oben.

  • Umweltschutzinitiativen in Constanţa

    Umweltschutzinitiativen in Constanţa

    Die Nichtregierungsorganisation Mare nostrum“ aus Constanţa führt auch im Jahr 2015 ihre Umweltschutzprojekte fort. Zweck der meisten Projekte ist, das Umweltbewusstsein der jungen Leute zu entwickeln, so dass sie sich intensiver für den Naturschutz einsetzen. Dazu gehört auch ein Projekt zum Sammeln von verbrauchtem Speiseöl, mit einem Wettbewerb, an dem alle Schulen in Constanţa teilnehmen können. Die Schulen, die die grö‎ßten Mengen an verbrauchtem Speiseöl sammeln, werden mit Preisen belohnt. Mehr dazu erfahren Sie von Anca Gheorghe, Projektassistentin bei Mare nostrum“:



    2010 veranstalteten wir im Rahmen unseres Umweltprojekts den ersten Schulwettbewerb zum Sammeln von verbrauchtem Speiseöl, und mit der Zeit entwickelte sich daraus eine Sammelkampagne am Sitz unserer Organisation. Verbrauchtes Speiseöl ist ein für die Umwelt gefährlicher Abfall, und die Leute müssen verstehen, dass die unkontrollierte Verschüttung von verbrauchtem Speiseöl die Gewässer stark verschmutzen und das Kanalisationssystem stopfen kann. Deswegen ist das Sammeln von verbrauchtem Speiseöl als Umweltschutzma‎ßnahme aktuell geworden. Im Rahmen unserer Sammelkampagne bieten wir den Teilnehmern einen Tausch: Gegen 5 Liter verbrauchten Speiseöls erhalten sie am Sitz unserer Organisation 1 Liter frisches Speiseöl. Das ist eine kleine Belohnung dafür, dass sie das verbrauchte Speiseöl sammeln und bei uns umweltgerecht entsorgen. 2014 sammelten wir über 260 Liter verbrauchtes Speiseöl; dieses Jahr haben wir bereits mehr als 150 Liter gesammelt. Das Projekt läuft weiter, und wir veranstalten auch einen Wettbewerb mit Preisen für die Schulen in Constanţa. Wer die höchste Menge an verbrauchtem Speiseöl sammelt und bei uns abliefert, erhält von uns einen Preis. Der Wettbewerb ist Teil des Projekts »Erziehung für das Schwarze Meer« — mit diesem Projekt haben wir uns vorgenommen, ein Erziehungsprogramm für die nachhaltige Entwicklung an der rumänischen Schwarzmeerküste durchzuführen, mit dem Zweck, die Lebensqualität der heutigen und kommenden Generationen zu verbessern. Wir veranstalten Informierungsaktionen für die Bevölkerung, Vorträge und Rundtischgespräche in Schulen, wobei wir besonders interessiert sind, die Meinung der Schüler über die nachhaltige Entwicklung und die alltäglichen Umweltschutzeinsätze zu erfahren. Wir werden auch umweltschutzbezogene Plakat-Ausstellungen veranstalten, zum Beispiel zum Thema Abfälle am Schwarzen Meer.“




    Ein weiteres Projekt der Umweltschutzorganisation Mare nostrum“ beschäftigt sich mit dem Sammeln der Strandabfälle an der Schwarzmeerküste. Mehr dazu von Anca Gheorghe:



    Das Projekt mit dem Titel »Strandabfall an den europäischen Meeresküsten — soziales Bewusstsein und Mitverantwortung« wird von 20 Partnern aus 15 europäischen Ländern durchgeführt. Der Start war im Juni 2012; Ende Mai 2015 wird das Projekt abgeschlossen. Mit diesem Projekt möchten wir das Umweltbewusstsein der Bürger erhöhen und den Leuten das Problem der Abfälle an den Stränden klar machen. Jedes Jahr werden die Strände durch die Touristen stark verschmutzt; das wird am Ende der Saison zu einem gro‎ßen Problem. Die Abfälle verschmutzen die Strände, sie werden von den Wellen gespült und verschmutzen auch das Meereswasser. Leider gibt es immer mehr Abfälle an den rumänischen Stränden, und wir müssen etwas dagegen unternehmen.“




    Die Vertreter der Umweltschutzorganisation Mare nostrum“ sind der Meinung, dass eine saubere Umwelt nur durch Erziehung erhalten werden kann, und die Verantwortung für die Umwelt hat die heutige Generation, die sich weltweit für saubere Meere, für die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen einsetzen sollte.