Tag: Regisseur

  • Die Verleihung der UNITER-Preise 2013

    Die Verleihung der UNITER-Preise 2013

    Zwischen 1911 und 1913 wurde in Targu Mures/Neumarkt der Kulturpalast gebaut, ein für die damalige Zeit beeindruckendes Gebäude, das zum Symbol der siebenbürgischen Stadt wurde. Der im ungarischen Jugendstil erbaute Kulturpalast – heute auch Sitz der Philharmonie – hat schöne Majolika-Ziegel. Die Fassade sowie das Innere sind mit bunten Mosaiken verziert, und im Palast befindet sich ein prachtvoller Spiegelsaal. 2013 wurde das 100-Jahre-Jubiläum des Kulturpalastes in Targu Mures mit besonderen Kulturveranstaltungen gefeiert.



    Dieses Jahr, am Montag, den 28. April, fand im Gro‎ßen Saal des Kulturpalastes das wichtigste Ereignis der Theaterwelt in Rumänien — die Gala des rumänischen Theaterverbandes UNITER, bei der die besten Theateraufführungen, Regisseure und Darsteller des Jahres 2013 mit Preisen ausgezeichnet wurden. Die 22. Auflage der UNITER-Preisverleihung in Targu Mures/Neumarkt ist nach denen in Sibiu/Hermannstadt (in der Landesmitte) und Iasi (im Osten Rumäniens), die 3. UNITER-Gala, die au‎ßerhalb Bukarests stattfindet.



    Die beste Theateraufführung des Jahres 2013 wurde “Victor oder Kinder an der Macht”, eine Inszenierung des Regisseurs Silviu Purcărete beim Ungarischen Staatstheater in Cluj/Klausenburg. Der beste Darsteller 2013 spielte ebenfalls in einer Inszenierung von Silviu Purcarete, diesmal beim Nationaltheater in Cluj: Cornel Răileanu wurde für seine Leistung in dem Stück Welch gigantischer Schwindel” von Eugene Ionesco mit dem UNITER-Preis für den besten Hauptdarsteller gekrönt. Beste Hauptdarstellerin 2013 wurde die jüngste Kandidatin, Alexandra Fasolă, für ihre ausgezeichnete Leistung in der Titelrolle des Stückes ”Yentl” beim Jüdischen Staatstheater in Bukarest. Zwei Produktionen von Radio Rumänien nach Michail Bulgakows Novellen — “Das Handtuch mit dem Hahn” und Die stählerne Kehle”, wurden mit dem UNITER-Preis für Hörspiel ausgezeichnet.



    László Bocsárdi erhielt den Regiepreis für die Aufführung mit Hamlet” beim Theater “Tamási Áron” in Sfântu-Gheorghe/Sankt Georgen, und der UNITER-Exzellenzpreis ging an den beliebten Schauspieler Victor Rebengiuc, der minutenlang von den mehr als 500 Kulturprominenten, die am Galaabend des rumänischen Theaters teilgenommen haben, mit brausendem Applaus belohnt wurde.



    Wie der UNITER-Vorsitzende und ständige Gastgeber der Galaveranstaltungen, der Schauspieler Ion Caramitru, neulich in einem Interview sagte, war zur Zeit des Kommunismus der rumänische Theater ein privilegierter Raum, vielleicht der einzige Ort, wo die Rumänen die Freiheit des Geistes erleben konnten. Nach der Wende 1989 gab es weniger Zuschauer in den Theatersälen, und man mu‎ßte das Theater zum neuen Leben erwecken. Gro‎ße Theaterpersönlichkeiten, die sich im Ausland niedergelassen hatten, wie die Regisseure Andrei Şerban, Liviu Ciulei oder Lucian Pintilie, inszenierten wieder in Rumänien, die Aufführungen wurden immer interessanter, sie entsprechen inzwischen allen Geschmäckern, und jetzt sind die rumänischen Theater wieder ständig ausgebucht.

  • Die Wanderakademie Andrei Şerbans

    Die Wanderakademie Andrei Şerbans

    Die Theaterkritikerinnen Monica Andronescu und Cristiana Gavrilă haben den Band Academia Itinerantă Andrei Şerban — Cartea Atelierelor“ (Die Wanderakademie Andrei Şerban — das Buch der Workshops) koordiniert. Der Band wurde von vom Nemira-Verlag herausgegeben. Bei der Buchlancierung sagte die Thetarerkritikerin Monica Andronescu folgendes:



    Ich glaube, dass ein derartiges Buch einzigartig in Rumänien ist. Wir brauchten so ewas, es war notwendig, ein einzigartiges Phänomen, ein besonderes Phänomen wie dieses zu dokumentieren.“




    Die Geschichte dieses Buchs lautet folgenderma‎ßen: Der Regisseur Andrei Şerban hat im Jahre 2007 zusammen mit der Direktorin des Rumänischen Kulturinstitutes in New York, Corina Şuteu, Theaterwerkstätten für Jugendliche unter dem Namen Academia itinerantă“ (Wanderakademie“) organisiert. Andrei Şerban erklärte, daran konnten sich nicht nur Schauspieler, Regisseure, Musiker beteiligen, sondern auch Jugendliche, die andere Berufe hatten. Das Buch rekonstruiert das geheimnisvolle Bild der Akademie von Andrei Şerban aus Fragmenten.




    Bei der Buchlvorstellung versuchte der Regisseur das Magische zu entdecken:



    Was fehlt uns? Was brauchen wir? Derartige Fragen waren die Quelle dieser Workshops. Wir arbeiten in unterschiedlichen Bereichen, einige im Theater, andere vielleicht in ganz verschiedenen Sparten, jedem fehlt etwas oder er braucht etwas. Gleichzeitig aber finden wir uns alle in dem Wunsch wieder, etwas zu suchen. Die Werkstätten waren für uns alle eine Flucht. Genauso wie die Gestalten aus Shakespeares »Wie es euch gefällt«, die die Stadt verlassen, um in dem Wald zu leben, weil sie den Druck der Gesellschaft nicht mehr aushalten konnten.“




    Die bis jetzt organisierten Werkstätten fanden in Plopi, Horezu, Ipoteşti und Mogoşoaia statt. Die Werkstatt in Plopi hatte als Ausgangspunkt das Buch Spovedanie la Tanacu“ (Die Beichte von Tanacu“) von Tatiana Niculescu-Bran und hatte als Ergebnis eine Aufführung auf der Bühne des bekannten Theaters La MaMa“ in New York. Andrei Şerban dazu:



    Die erste Werkstatt im Apuseni-Gebirge war ein Versuch, zueinander zu finden. Menschen, die sich vorher nicht kannten, Schauspieler, Musiker, Maler und Schriftsteller sollten 10 Tage lang zusammen wohnen, um zu sehen, ob sie etwas Gemeinsames entdecken können. In diesem Fall haben wir versucht, das Buch von Tatiana Niculescu-Bran zu erleben. Die zweite Werkstatt in Horezu fu‎ßte auf Brîncuşis Werk. Die Schauspieler, die sich bis dahin untereinander nicht kannten, wurden zu einer Familie. Wir trafen uns ganz früh am Morgen, um zu proben. Am Mittag a‎ßen wir gemeinsam. Anstatt dass wir kleine Gruppen bildeten, mussten wir alle ganz aufmerksam sein. Wir mussten aufpassen, wenn jemand Brot oder Salat verlangte, wenn jemand kein Wasser hatte. Die Idee war, nicht nur für mich allein und schnell zu essen, so wie ich es gewöhnlich tue, sondern es mit viel Aufmerksamkeit, Ruhe und Respekt gegenüber den anderen zu tun.“




    Im Mittelpunkt der Werkstatt von Ipoteşti, dem Geburtsort, des rumänischen Nationaldichters, stand natürlich Eminescu mit seinen Gedichten und seinem Leben. In Mogoşoaia waren es Caragiale und Shakespeare. Es ist sehr kompliziert, die Essenz dieser Treffen in einem Buch zusammenzufassen. Monica Andronescu erläutert, wie das Buch Academia Itinerantă Andrei Şerban — Cartea Atelierelor“ strukturiert ist:



    Das Buch enthält Erinnerungen, Erzählungen, Gespräche und Essays. Nachdem man dieses Buch liest, bleibt man mit dem Eindruck, dass es dort eine Schule gibt, in der dir beigebracht wird, wie du leben sollst, wie du im Theater leben und Theater spielen sollst. Und das ist sehr bedeutend. Es folgt der Text von Corina Şuteu. Danach brachte ich die erste Wanderakademie in den Vordergrund, die ein andes Schicksal hatte, und zwar diejenige, die als Ausgangspunkt das Buch ‚Spovedanie la Tanacu‘ (‚Die Beichte von Tanacu‘) von Tatiana Niculescu-Bran hatte. Dann folgen die Erinnerungen der Workshop-Teilnehmer, die in Horezu, Mogoşoaia und Ipoteşti waren. Das Buch endet mit einem anderen Text von Andrei Şerban.“




    Unter den Erinnerungen zählen auch jene des Schauspielers Marius Manole, der bei der Buchlancierung folgendes erzählt hat:



    Ich kam mit Andrei Şerban in Horezu zusammen. Es war ein Workshop, den ich persönlich nie vergessen werde. Es war einer der schönsten Momente, die ich im rumänischen Theater verbracht habe. Es scheinen gro‎ße Worte zu sein, doch der Workshop in Horezu war für mich eine Offenbarung. Ich hatte mein Vertauen in das Theater verloren, ich glaubte, es geschieht nichts mehr so, wie ich mir es gewünscht hatte. Hierher kamen zahlreiche begabte Schauspieler aus dem ganzen Land. Man hat uns bewiesen, dass ein Schauspieler eine riesige Arbeitskraft hat. Er kann früh aufstehen und bis spät in die Nacht arbeiten. Man kann eine Aufführung in 5-6 Tagen auf die Beine stellen. Unsere Phantasie ist unbegrenzt, nur muss sie jemand zum Aufblühen bringen. Ich werde nie mehr glauben, dass eine schlechte Aufführung die Schuld des Schauspielers ist.“




    Zum Schluss ein Statement von Andrei Şerban über den Kern seiner Wanderakademie:



    Diese Werkstätten können für die Jugendlichen eine neue Etappe, eine offene Tür zu einer neuen Bildung sein, die keiner von uns hatte. Die Workshops funktionieren wie ein Wecker. Matisse sagte über die Kunst, sie sei ein bequemer Sessel. Anders gesagt ist sie wie eine Droge. Man hat alle Chancen, dabei einzuschlafen oder passiv zu werden. Das Theater ist heutzutage leider ein Beruhigungsmittel, das dich zum Einschlafen bringt. Es gibt natürlich auch Ausnahmen. Dieser Schläfrigkeit müssen wir uns entziehen!“



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  • Der neue Film von Corneliu Porumboiu – „Wenn die Nacht über Bukarest hereinbricht oder Stoffwechsel“

    Der neue Film von Corneliu Porumboiu – „Wenn die Nacht über Bukarest hereinbricht oder Stoffwechsel“

    Beim neuesten Film von Corneliu Porumboiu haben sich die Gemüter einmal mehr geschieden. Es gab nach der Premiere von Wenn die Nacht über Bukarest hereinbricht oder Stoffwechsel“ ähnliche Standpunkte wie bei Polizist.Adjektiv“, Porumboius vorletztem Werk. Die einen glauben, dass der Erzählstoff im klassischen Sinne für einen Film unverzichtbar ist, während andere für ein weniger erzählerisches Kino plädieren.



    Nach der Premiere von Wenn die Nacht über Bukarest hereinbricht oder Stoffwechsel“ bezeichnete der Kritiker Tudor Caranfil den neuesten Film von Corneliu Porumboiu als Provokation“. Er sei der spannendste experimentelle Film eines rumänischen Regisseurs“. Andrei Gorzo, ebenfalls Kritiker, sprach von einer hyper-subtilen Anti-Romanze“.



    Und die Handlung? Der Regisseur Paul (gespielt von Bogdan Dumitrache) arbeitet gerade an einem neuen Film. Er ist gerade dabei, eine Nacktszene zu drehen und führt eine Reihe von Gesprächen: mit Alina, der Schauspielerin mit der er eine Liebesbeziehung hat (gespielt von Diana Avrămuţ), mit der Produzentin (Mihaela Sîrbu), mit einem Kollegen aus der Branche (Alexandru Papadopol) und einem Arzt, der seine Endoskopie untersucht. Der Film besteht aus nur 17 Einstellungen, die meisten davon unbeweglich.



    In einem Interview gestand Corneliu Porumboiu, dass es seine Absicht gewesen sei, über die Entstehung eines Films und die obligatorischen Zwänge zu erzählen.



    Ich war an der Beziehung zwischen den Charakteren und der eigentlichen Geschichte interessiert. Die Idee dazu kam mir vor etwa drei Jahren, als ein neues Gesetz zur Filmkunst vorgeschlagen wurde. Laut diesem, sollte der Wettberb um die Förderung seitens des Nationalen Filmzentrums nach Aufnahmeplänen der Regisseure veranstaltet werden. Und das weckte bei mir Erinnerungen aus der Studienzeit, aus der Zeit, als ich begann, mich mit dem Kino zu beschäftigen. Es gab in der Schule stets eine bestimmte Form von Zwang. Ich erinnerte mich auch daran, dass ich einen Aufnahmeplan mitbringen musste, den ich selbst zu Hause aufgestellt hatte, indem ich die Dauer der Einstellungen im Film ma‎ß. Und diese Erinnerungen waren die Ausgangsbasis für diesen Film. Sicherlich enthält der Film auch eine Fragestellung zu meinen Anfängen als Kinomacher.“



    Meine Ausbildung war auf den 35-mm-Film beschränkt, auf die Notwendigkeit, jede Einstellung zu planen. Ebenfalls aufgrund dieser Einschränkungen ist meine Vorliebe für Wiederholungen und lange Einstellungen entstanden“, erklärt der Regisseur noch, als er sich an seine Anfänge erinnert.



    Es gab sieben Fassungen des Drehbuchs bei diesem Film. Ich habe den Film aus einer gewissen Nostalgie gegenüber der Filmrolle gedreht, ich wollte, dass er als eine Art verkehrter Spiegel fungiert und deshalb haben mich die Charaktere und ihr Handeln weniger interessiert, das entdeckt man mit der Erzählung. ‚Wenn die Nacht über Bukarest hereinbricht’ ist auch eine Art Gemütszustand, es ist ein Moment des Tages, den man im Film nicht sieht, eine Art Dichtung, die dem ‚Stoffwechsel’ entgegenwirkt. Dieser Titel hängt irgendwie mit meiner Sichtweise über diesen Beruf zusammen.“



    Die Rolle des Regisseurs in Porumboius Film spielt Bogdan Dumitrache, der Hauptdarsteller aus Die Stellung des Kindes“, dem dieses Jahr mit dem Goldenen Bären in Berlin ausgezeichneten Film. Dumitrache wurde nach den Dreharbeiten für Wenn die Nacht über Bukarest hereinbricht…“ befragt.



    Es war eine Suche, die wir gemeinsam unternommen haben. Das war eines der Projekte, bei dem ich mich als sehr engagiert gefühlt habe, in dem wir gemeinsam gesucht haben und, wenn wir gute Dinge fanden, haben wir sie in den Film integriert. Es hat viele Diskussionen gegeben. Einen Monat lang haben wir alles geprobt, es hat keine Anweisungen im klassischen Sinne gegeben. Ich kannte den Text bereits, aber wir haben ihn beim Interpretieren stets neu geschrieben. Wir hatten Zeit, uns der Charaktere anzunehmen und sie zu bereichern.“



    Die Filmkritikerin Magda Mihăilescu erklärte, warum der Film fasziniert: Das Faszinierende an dem Film entstammt einer bestimmten Auflösung der Magie am Filmset. All diese Filme über den Film haben etwas gemeinsam. Der Regisseur ist ein einsamer Mensch. Weil die Hauptfigur, der Regisseur, obwohl er eine Affäre mit der Schauspielerin hat, ein einsamer Mensch ist. Genauso war die Figur aus der Amerikanischen Nacht, oder die Figur aus dem Film ‚Sequenzen’ von Alexandru Tatos. Das merkt man an dem Gang, an der Art zu rauchen, aus dem gesamten Verhalten der Figur.“



    Wenn die Nacht über Bukarest hereinbricht oder Stoffwechsel“, Corneliu Porumboius dritter abendfüllender Film, wurde bereits für die internationalen Filmfestivals in Locarno, Sarajewo, Toronto und New York ausgewählt. Mit seinem Debütwerk ‚12:08. Östlich von Bukarest’ hatte Porumboiu sich einen Namen als Regisseur und Drehbuchautor gemacht. Seitdem gilt er als Besitzer eines guten Spürsinns für Dialoge und als besonders interessiert an den weitläufigen Verzweigungen der Wahrheit“, schrieb die Zeitschrift Variety.



    Audiobeitrag: