Tag: Schriftsteller

  • Freiberufliche Kulturschaffende: Neues Gesetz soll ihren Status verbessern

    Freiberufliche Kulturschaffende: Neues Gesetz soll ihren Status verbessern





    Dieses Gesetz, an dem etwa zwei Jahre lang gefeilt wurde, zielt darauf ab, die steuerliche und sozialökonomische Situation aller Künstler, Schriftsteller und Schauspieler zu regeln, die kein typisches Arbeitsverhältnis wie herkömmliche Arbeitnehmer eingehen. Mit dem Gesetz soll gleichzeitig das kreative Potenzial von Kulturschaffenden gefördert und ihre Einbindung in den Arbeitsmarkt gestärkt werden. Delia Bădoi, Rumäniens Vertreterin in der Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission, die ein europäisches Statut für Künstler erarbeiten soll, war an der Ausarbeitung des rumänischen Gesetzes beteiligt und erläutert im folgenden, unter welchen Bedingungen Kulturschaffende bislang gearbeitet haben:



    Die Idee hinter dem Gesetz war, dass in Rumänien, aber auch in anderen Ländern, Kulturschaffende und Künstler bislang nach allgemeinen und ziemlich unterschiedlichen Rechtsvorschriften arbeiten konnten. Im Grunde gab es eine Reihe von Gesetzen, die auch heute noch bestehen, vom Arbeitsgesetzbuch bis hin zum Urheberrechtsgesetz u.a.m. Dann gibt es natürlich noch die unabhängigen Formen der Arbeitsleistung, z.B. als Selbstständige und Freiberufler; darüber hinaus arbeiten viele Künstler über ihre eigenen Firmen oder Unternehmen, die juristische Personen sind. Unsere Gesetzgebung ist im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen ziemlich zersplittert, d.h., wir haben oder hatten bislang kein einheitliches Gesetz mit all den Bestimmungen, die eine Reihe von wirtschaftlichen Schwachstellen und Anfälligkeiten verhindern könnten, die die Arbeitswelt von Kulturschaffenden prägen. Und jetzt kommt dieses Statut, wie es seit den 1980er Jahren geplant war, als es praktisch eine in Gesetze zu formulierende Richtlinie der UNESCO gab, um die eher unregelmä‎ßige, atypische, ganz spezifische Arbeit im Kulturbereich einheitlich zu regeln. Es bestand ein gro‎ßer Bedarf, eine Reihe von einheitlichen Ma‎ßnahmen zu schaffen, die wir als Leistungen und Rechte bezeichnet haben, um den Arbeitnehmern im Kultursektor eine gewisse Normalität zu ermöglichen.“




    Freischaffende Künstler sind besonders vulnerabel in einer freien Marktwirtschaft. Doru Taloș, Schauspieler und Initiator eines unabhängigen Kulturprojekts in Cluj (Klausenburg), kennt aus eigener Erfahrung die Risiken in der Ausübung eines Berufs, der nicht eindeutig anerkannt und steuerlich geregelt ist.



    Ich habe in den letzten 9 Jahren in Rumänien manchmal deutlich über die normale Vollzeitbeschäftigung hinaus gearbeitet. In meinem Arbeitsbuch ist jedoch nur ein Zeitraum von eineinhalb Jahren vermerkt. Ich habe also keine Betriebszugehörigkeit, folglich auch kein Dienstalter, und ich habe bisher keine Beiträge zu meiner Rente geleistet, doch diese Bedürfnisse werden mit zunehmendem Alter immer dringender. Bis letztes Jahr war ich auch nicht krankenversichert, weil ich es mir nicht leisten konnte. Und ich hoffe, dass mit der Einführung eines gesetzlichen Rahmens, mit der Einführung von Steuervorteilen oder mit dem Bewusstsein für bestimmte Bedürfnisse in diesem Bereich die Dinge besser werden und wir eine Formel finden, mit der wir auch diese absolut wichtigen Bedürfnisse und Ausgaben decken können.“




    Die Verabschiedung eines Statuts der Kulturschaffenden wertet der Schauspieler Doru Taloș daher als ein gutes Omen, als einen ersten Schritt auf dem Weg zur Normalisierung der Situation der selbständigen und freischaffenden Künstler in Rumänien:



    Wir Künstler sind äu‎ßerst anfällig und setzen uns Risiken aus, weil wir es oft versäumen, eine Art von Nachhaltigkeit in unseren Einkommensverhältnissen zu erreichen, die uns auch eine Reihe von langfristigen Garantien bieten würde. Ich hoffe, dass diese neue Gesetzgebung zu einer Art Klärung und Ermächtigung der im Bereich der Kultur arbeitenden Menschen führen wird. Mit der Verabschiedung dieses Statuts können Kulturschaffende das Gefühl und die Sicherheit erlangen, dass ihre Arbeit langfristig wertgeschätzt und entsprechend vergütet wird. Im Moment habe ich das Gefühl, dass viele Künstler nur so lange zu arbeiten bereit sind, wie sie eine Reihe von Opfern bringen können, doch oft ist eine gewisse Aufopferung nur in einem bestimmten Lebensabschnitt möglich. Die Bedürfnisse, die ich mit 25 hatte, haben nichts mehr mit den Bedürfnissen zu tun, die ich mit 35 habe. Und daher ist eine gewisse Klarstellung notwendig, damit die Arbeit der Kulturschaffenden eine langfristige Beschäftigung mit einem nachhaltigen Engagement werden kann.“




    Doch was beinhaltet konkret das neue Gesetz über den Status der Kulturschaffenden? Das wei‎ß wiederum die Soziologin Delia Bădoi, die an der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt war:



    Es ist wichtig zu wissen, dass im Rahmen dieses Gesetzes ein Arbeitsvertrag für kulturelle Aktivitäten zur Verfügung gestellt wird. Es wird im Grunde ein Mustervertrag sein, mit dem Kulturschaffende als Arbeitnehmer registriert werden. Die Registrierung wird an zwei Stellen erfolgen. Erstens geben freischaffende Künstler — wie alle anderen Bürger auch — ihre Einkommenserklärung bei den Steuerbehörden ab, indem sie bis zum 25. Mai eines jeden Jahres das bekannte Formular ausfüllen und gleichzeitig eine eidesstattliche Erklärung abgeben, dass ihr Einkommen und ihre Tätigkeit unter den Status des Kulturschaffenden fallen. Anschlie‎ßend werden sie beim Kulturministerium in ein Register eingetragen, in dem auch diese praktische Erfassung der Arbeitnehmer im Kulturbereich vorgenommen wird. Wahrscheinlich wird es in den nächsten drei Jahren ein kleines Experiment für alle sein, bei dem wir genau sehen werden, wie gro‎ß das Interesse daran ist, wie gut freischaffende oder freiberufliche Künstler verstanden haben, was sie zu tun haben, in welchem Umfang sie sich diesen Status wünschen und wie wir vorankommen. Doch die weitaus schlechtere Option wäre, kein entsprechendes Gesetz zu haben, denn dieses Statut ist mit der Absicht ausgearbeitet worden, die Arbeit im Kulturbereich zu verbessern. Durch den Mustervertrag für kulturelle Aktivitäten werden zudem viele Grauzonen legal.“




    Das Gesetz über den Status der professionellen Kulturschaffenden wird sicherlich nicht alle zufriedenstellen, es soll jedoch vorerst nur ein erster Schritt sein, um einigen freischaffenden Künstlern zu ermöglichen, Unsicherheit zu überwinden und Altersarmut vorzubeugen.

  • Dramatiker Matei Vișniec erhält Ehrendoktorwürde der Filmhochschule

    Dramatiker Matei Vișniec erhält Ehrendoktorwürde der Filmhochschule

    Im Jahr 2018 war Matei Vișniec ferner zum Ritter der Künste und der Literatur vom französischen Kultusministerium ernannt worden. In seiner Rede anlässlich der Verleihung des Titels Doctor Honoris Causa sprach Matei Vișniec über die Perspektive unabhängiger Künstler und die Notwendigkeit einer nationalen Strategie für sie – dabei würdigte er den in diesem Jahr verstorbenen Theaterkritiker George Banu. In der gleichen Rede sprach Matei Vișniec auch über seine Beziehung zu den beiden Ländern, in denen er ausgebildet wurde und in denen er schuf, nämlich Rumänien und Frankreich.



    Der Dichter, Dramatiker, Romanautor und Journalist Matei Vișniec wurde am 29. Januar 1956 in Rădăuți, im Norden Rumäniens, geboren. Er debütierte 1972 mit Gedichten in der Zeitschrift Luceafărul und gehörte zu den Gründern des Literaturkreises am Montag, der von dem Kritiker Nicolae Manolescu geleitet wurde. Matei Vișniec ist Autor von sieben Gedichtbänden, sieben Romanen, darunter Das Paniksyndrom in der Stadt der Lichter, Die schuhartige Liebe, die schirmartige Liebe und die Sammlung von Kurzerzählungen Ein Jahrhundert des Nebels, sowie über 50 Theaterstücke. Seit 1987 lebt er in Frankreich, wo er als Journalist für Radio France Internationale arbeitet. Nach dem Fall des Kommunismus im Jahr 1989 hat Matei Vișniec seine Arbeit zwischen Frankreich und Rumänien, zwischen zwei Kulturen und zwei Sprachen, zwischen West und Ost verrichtet. Seine Stücke wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt und in mehr als 30 Ländern aufgeführt. Matei Vișniec ist auch in einem umfangreichen Wörterbuch aufgeführt, dem Dictionnaire des étrangers qui ont fait la France“. Darin geht es um ausländische Kulturpersönlichkeiten in Frankreich, erzählt Vișniec.




    Dieses Wörterbuch ist sehr interessant für das, was Frankreich als Raum der kulturellen Offenheit, als kulturelle Großmacht ausmacht. In diesem Wörterbuch sind rund 4.000 Namen von der Französischen Revolution bis heute, also von 1793 bis heute, aufgeführt. Es handelt sich um Ausländer, die nach Frankreich kamen und einen Beitrag zu seinem kulturellen und geistigen Milieu leisteten. Es liegt auf der Hand, dass die Rumänen einen äußerst wichtigen Anteil an der Schaffung dieses Kulturkonstruktes haben. Die Rumänen kamen Ende des 19. Jahrhunderts nach Frankreich und machten sich in verschiedenen Bereichen einen Namen. Ich möchte einen vergessenen Namen erwähnen. Ein aus Iași stammender Schauspieler, der die Theaterschule besuchte und danach ein großer Star des Stummfilms und des Boulevardtheaters war. Eduard de Max war sein Name, eigentlich sein Bühnenpseudonym. Es gibt viele Rumänen, die in diesem Wörterbuch erwähnt werden, aber ich möchte einen weiteren erwähnen, den verstorbenen Theaterkritiker George Banu. Er gilt als französischer Theaterwissenschaftler rumänischer Herkunft, denn er schrieb seine Werke fast ausschließlich auf Französisch, übersetzte und veröffentlichte sie aber auch in Rumänien.



    Es gibt einen äußerst wichtigen rumänischen Beitrag, der in diesem Wörterbuch hervorgehoben wird, und ich kann sagen, dass es mir eine Freude bereitet, in diesen Band aufgenommen zu werden, denn ich habe wahrscheinlich etwa 30 Theaterstücke in französischer Sprache geschrieben, von denen einige von wichtigen Verlagen wie Actes Sud veröffentlicht wurden. Ich wurde hunderte Male von unabhängigen französischen Ensembles aufgeführt, und in den letzten 30 Jahren wurde fast jedes Jahr mindestens ein Stück aus meiner Feder für das Theaterfestival von Avignon ausgewählt. Und gleichzeitig habe ich versucht, Brücken zu schlagen, Verbindungen zwischen Frankreich und Rumänien herzustellen, mich von dem, was ich in Frankreich sehe, inspirieren zu lassen, um die Rumänen anzuregen, ähnliche Dinge zu tun. Frankreich war für mich eine Öffnung. Frankreich hat mir Flügel verliehen, die sehr wichtig sind, aber ich habe nie meine Wurzeln verloren. Denn ich bin in Rumänien ausgebildet, meine Sensibilität ist die eines rumänischen und osteuropäischen Schriftstellers, und ich fühle die Poesie nur auf Rumänisch.



    Seit 2016 gibt es in Suceava ein nach dem berühmten Dramatiker benanntes Theater: das Stadttheater Matei Vișniec – berichtet der Autor stolz:



    Ich glaube, es ist das jüngste Theater, das in Rumänien aus lokalen Geldern gegründet wurde. Vor der Gründung dieses Theaters, vor sieben Jahren, gab es ein Theaterfestival, das ich zusammen mit sehr enthusiastischen Leuten aus Suceava ins Leben gerufen habe. Wir haben dieses Festival vor elf Jahren zusammen mit der Dichterin Carmen Veronica Steiciuc, die leider nicht mehr unter uns weilt, mit dem Rotary Club, mit dem Bukowina-Verein, mit sehr guten und begeisterten Leuten ins Leben gerufen. Und durch dieses Festival ist es uns gelungen, das lokale Publikum in den Veranstaltungssaal zu locken. Aus dem ganzen Land kamen kostenlose, wichtige Aufführungen, die einem zahlreichen Publikum präsentiert wurden. Dieses Festival zeigte, dass Suceava ein professionelles Theater brauchte, ein Kunsttheater, ein Theater mit Schauspielern, die den Puls der Stadt und die kulturellen Bedürfnisse der Menschen in Suceava spürten, Schauspieler, die, ich würde sagen, zu lokalen Berühmtheiten wurden. Glücklicherweise gibt es dieses Theater heute, und es ist außergewöhnlich, dass die zehn Schauspieler, die in Suceava leben und dort, am Stadttheater Matei Vișniec, arbeiten, mindestens vier Vorstellungen pro Jahr produzieren. Und im Moment hat das Theater, wie ich schon sagte, mehrere wichtige Projekte gestartet.



    Ende März findet im Nationaltheater I.L.Caragiale in Bukarest die Premiere einer neuen Aufführung statt, die auf einem Text von Matei Vișniec basiert: Das Wort Fortschritt klingt furchtbar falsch wenn es Mama ausspricht. Regie führt Botond Nagy, einer der Regisseure, der bereits mehrere Stücke nach Texten von Matei Vișniec in dem nach ihm benannten Theater inszeniert hat. Eines davon, Heimkehr“, ein Stück über den Krieg und die Absurdität des sinnlosen Opferns von Menschenleben, das vom Stadttheater Matei Vișniec“ in Suceava inszeniert wurde, war auch für das Nationale Theaterfestival 2022 ausgewählt worden.

  • Funkbriefkasten 05.03.2023

    Funkbriefkasten 05.03.2023

    05.03.2023



    FBK



    Herzlich willkommen! Mein Name ist IA – ich gestallte den Funkbriefkasten in diesem Monat. I



    Herr Volker Willschrey bedankt sich für die weiterhin interessanten Programme. Ich bin sehr froh, dass ich wieder die Zeit gefunden habe, die Sendungen von Radio Rumänien zu hören, schrieb er. Unser Hörer in Dillingen im Saarland erinnert sich zudem an seinen letzten Besuch in Rumänien im Jahr 2015, zu dem er auch einen Bericht verfasst hat, den wir gerne lesen würden. Herr Willschrey war so freundlich, uns ihn anzubieten. Er bedankte sich auch bei Alex Sterescu für die ausführliche Beantwortung seiner Frage nach rumänischem Bier. Habe genüsslich zugehört und in Gedanken ein rumänisches Bier getrunken, schreibt er.



    Es folgen nun einige interessante Empfangsbeobachtungen. Herr Karl-Heinz Bradtmöller unternahm einige Empfangsexperimente mit Augenmerk auf DRM-Ausstrahlungen, wie er selbst schreibt. Er stellte fest, dass unsere Frequenzen stark sind und die Frequenz 7.235 kHz am besten empfangen werden kann.



    Er benutzte für seine Experimente ein Gospell 228BP Empfangsgerät und ein USB-SDR mit HDSDR Spektrumsanalysator im Notebook. Herr Bradtmöller interessierte sich besonders für die Frage, ob DRM tatsächlich Ausbreitungseffekte (Fading) herausrechnen kann. Bei der englischsprachigen Sendung am 19.02.2023 stellte er fest, dass man deutlich Mottenfra‎ß“, also Fehlen ganz bestimmter Anteile im Signalweg, optisch erkennen konnte. Trotzdem gab es keine Abbrüche, und der Empfang war in Ordnung. Vielen Dank, Herr Bradtmöller, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, unsere DRM-Austrahlung zu beobachten.




    Unser Dienst hat selten einen Empfangsbericht aus Italien erhalten, wie es diese Woche der Fall war. Herr Fabrizio Savini empfing unsere Morgensendung von 21. Februar auf der Frequenz 9440 kHz in hervorragender Qualität in Grottammare, einer Gemeinde in der Provinz Ascoli Piceno in den Marken. Und wenn ein Empfangsbericht aus Mittelitalien selten ist, ist ein solcher aus Costa Rica eine Sensation. Wir erhielten einen solchen von Herrn Joandric Ávila Fernández aus der Stadt Siquirres in der Provinz Lyon (an der Atlantikküste) in Costa Rica. Der Empfang unserer Morgensendung vom 24. Februar auf der Frequenz 9440 kHz war schlecht, aber ich konnte in dem an die Redaktion gesendeten Mitschnitt die Stimme meiner Kollegin Dora Mihalcescu erkennen.



    Für alle Zuhörerinnen und Hörer, die sich für weitere Informationen über Rumänien interessieren, folgt nun eine Zusammenstellung von Beiträgen und Artikeln, hauptsächlich auf der Grundlage der Zusendungen in dieser Woche von Herrn Paul Gager in Wien. Ich bedanke mich bei ihm für seine Mühe.



    Der Beitrag Kahlschlag im Urwald — Rumänien und die Holzmafia“ befasst sich mit der illegalen Abholzung und den Menschen, die sich dagegen wehren. Im Rahmen der Sendung Gesichter Europas“ wird dieser Beitrag im Deutschlandfunk am 18. März um 11:05 Uhr ausgestrahlt.



    Wenn Sie dieses Thema interessiert, empfehle ich Ihnen die Artikel in den Online-Ausgaben des Spiegel Wie Holzräuber die ältesten Wälder Europas zerstören“ und der Süddeutschen Zeitung Das Verschwinden der Bäume“.





    Am 25. März 2023 wird im Programm des Deutschlandfunks die Wiederholung des Forums neuer Musik 2016 mit Stufen des Schweigens“ ausgestrahlt. Die Musikgruppe Ansamblul Profil unter der Leitung von Dan Dediu widmet sich jüdischen Spuren in der Neuen Musik Rumäniens. Im Mittelpunkt stehen Kompositionen von Myriam Marbe und Anatol Vieru.




    Der rumänische Schriftsteller Mircea Cărtărescu sprach anlässlich der Präsentation seines neuen Buches in Wien mit dem KURIER. Es handelt sich um ein Gespräch über das Schreiben in Angst, die rumänische Geheimpolizei und die Unbezähmbarkeit Wladimir Putins. Das Magazin Der Kurier“ veröffentlichte es am letzten Sonntag unter dem Titel Russland war immer ein Unterdrücker“.




    Die Online-Ausgabe der österreichischen Tageszeitung Die Presse“ veröffentlichte ein Interview mit dem rumänischen Au‎ßenminister Bogdan Aurescu, das sich mit der österreichischen Schengen-Blockade befasst. Die Zeitung wählte als Titel die Aussage des rumänischen Chefdiplomaten: Österreich hat in Rumänien viel Unmut ausgelöst“. Leider ist auch dieser Beitrag kostenpflichtig.



    Zu diesem Thema empfehle ich ihnen einen aktuellen Kommentar von Amos Michael Friedländer in der neuen Zürcher Zeitung, der den Titel Die Wiener ÖVP-Regierung kuschelt mit Diktatoren, stö‎ßt Bulgarien und Rumänien vor den Kopf und kommt bei den Wahlen doch auf keinen grünen Zweig“ trägt.




    Der Newsletter des Portals Siebenbürger.de informiert, dass vom 2. bis 4. August 2024 das nächste Sachsentreffen unter dem Motto Heimat ohne Grenzen“ in Hermannstadt und Umgebung stattfinden wird. Das Ziel ist es, die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft aus nah und fern zusammenzubringen, sie für alle Generationen neu erlebbar zu machen und gemeinsam ein vielfältiges Fest zu feiern.



    Nun noch eine Meldung aus unserem Haus. Am 2. März feierte Radio Neumarkt sein 65. Jubiläum.



    Am letzten Donnerstag vor 65 Jahren nahm Radio Târgu Mureș, wie es auf Rumänisch hei‎ßt, seine Ausstrahlung auf. Radio Neumarkt ist einer der beliebtesten und meistgehörten Radiosender in seinem Sendegebiet, den Landkreisen Mureș, Harghita, Covasna und Braşov, mit einer durchschnittlichen Hörerschaft von etwa 100.000 Menschen.



    Der Sender feierte sein Jubiläum am Sonnabend vor einer Woche mit einer Wohltätigkeitsshow. Am Dienstag fand in der Morgensendung ein Konzert statt, das live übertragen wurde. Die Hörerinnen und Hörer konnten eine Stunde lang Lieder hören, die sie in den 65 Jahren bis heute im Radio begleitet haben. Am 11. März wird die Radio Big Band im Kulturpalast in Târgu Mureș auftreten. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Radio Târgu Mureș 65 Gala statt. Am 12. und 13. März werden Volksmusikkonzerte stattfinden.

  • Religionshistoriker Mircea Eliade: „Menschen wollen ihre Existenz erzählt bekommen“

    Religionshistoriker Mircea Eliade: „Menschen wollen ihre Existenz erzählt bekommen“

    Mircea Eliade wurde am 9. März 1907 in Bukarest geboren. Sein Vater war Offizier und seine Mutter Hausfrau. Er war ein sehr flei‎ßiger Schüler und im Gymnasium hatte er als Schulkameraden mehrere zukünftige wichtige Persönlichkeiten der rumänischen Kultur: den Schriftsteller und Journalisten Arşavir Acterian, den Dichter, Schriftsteller und Regisseur Haig Acterian, den Philosophen Constantin Noica und der Kunstkritiker Barbu Brezianu. Als Jugendlicher interessierte sich Mircea Eliade neben Literatur, Philosophie und Geschichte auch für Okkultismus und Naturwissenschaften, vor allem für Chemie. Bei seinen ersten literarischen Versuchen stand er unter dem Einfluss von Honoré de Balzac und Giovanni Papini. Er studierte schöngeistige Literatur und Philosophie an der Universität Bukarest und für seinen Abschluss verfasste er eine Diplomarbeit über den utopischen italienischen Denker Tommaso Campanella.



    Das Werk von Mircea Eliade ist umfangreich und vielfältig. Der vielprachige Eliade ist Autor von über 80 Bänden der Religions- und Literaturgeschichte und einer der einflussreichsten Religionshistoriker seiner Zeit. Allein auf dem Gebiet der Religionsgeschichte hat er etwa 30 Bände verfasst, die in 18 Sprachen übersetzt wurden. Sein literarisches Schaffen umfasst 12 Romane, darunter Der Roman eines kurzsichtigen Jugendlichen“, Das Mädchen Maitreyi“, Auf der Mântuleasa-Stra‎ße“, Der verbotene Wald“, Hooligans“, und zahlreiche Novellen und Kurzgeschichten, von denen Fräulein Christina“, Bei den Zigeunerinnen“, Dr. Honigbergers Geheimnis“, Die Schlange“ am bekanntesten sind.



    Eliade war einer der ersten rumänischen Orientalisten, und seine besondere Leidenschaft war die Kultur Indiens. Aus Liebe zu diesem Land ging er 1928 nach Kalkutta, wo er Sanskrit studierte und die indische Geistigkeit kennenlernte. Der Roman Das Mädchen Maitreyi“ ist der Tochter seines indischen Professors und Gastgebers Surendranath Dasgupta gewidmet. Mircea Eliade hatte sich in Maitreyi Devi verliebt, aber konnte sie wegen des Widerstands des Vaters nicht heiraten. 1933, nach seiner Rückkehr aus Indien, schrieb er eine Doktorarbeit über Yogapraktiken.



    Das Zentrum für Mündlich Überlieferte Geschichte des Rumänischen Rundfunks ist im Besitz eines au‎ßergewöhnlichen Tondokuments. Es handelt sich um die Aufzeichnung eines Gesprächs von Mircea Eliade mit der bekannten Literaturkritikerin Monica Lovinescu bei Radio Freies Europa in den 1970er Jahren. In dem Interview bezieht sich Mircea Eliade auf seine Indien-Erfahrung, die ihm half, den Lauf der Geschichte und den Dialog zwischen Kulturen zu verstehen. Seine Reise in die Welt der religiösen Ideen und Überzeugungen verhalf ihm, einen Schritt nach vorne zu machen und eröffnete ihm ein bis dahin unbekanntes Universum. Mircea Eliade:



    Seit ich aus Indien zurückgekehrt bin, habe ich verstanden, dass der kulturelle Provinzialismus des Westens begrenzt ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg muss es eine Brücke zwischen den verschiedenen Kulturen geben, eine Brücke zwischen der westlichen Kultur, der östlichen Kultur und den archaischen Kulturen. Es gibt keine einfachere und überzeugendere Einführung in eine Kultur als das Verständnis von Tradition, die immer eine Tradition des religiösen Ursprungs und der religiösen Struktur ist. Die Geschichte der Religionen schien mir der erste Schritt, die erste Stufe des Versuchs, andere Kulturen zu verstehen, von gleich zu gleich, in einem Dialog. Und dann war ich mir sicher, ich hatte diese Gewissheit, dass meine Bücher gut ankommen würden, weil die historische Realität mir Recht gab.”




    Mircea Eliade betrachtete sich selbst als Schriftsteller und Wissenschaftler zugleich. Er war aber mehr für seine wissenschaftliche Arbeit geschätzt. Damit machte Mircea Eliade Karriere in den USA an der Universität von Chicago, wo er zusammen mit dem deutschen Professor für Religionswissenschaft Joachim Wach die Divinity School gründete. Und doch fühlte Eliade, dass er die rumänische Sprache nicht aufgeben konnte; die Literatur brachte ihn immer wieder zu seinen Wurzeln zurück. Darüber sagte Mircea Eliade:



    Beim Schreiben von Literatur kehre ich zu meinen Quellen zurück, was normal ist. Rumänisch ist die Sprache, die ich nie verlassen wollte, ich brauche die Träumerei und das Schaffen von Literatur in meiner Muttersprache — für meine geistige Gesundheit. Ich könnte bestimmte literarische Stücke, die ich auf Rumänisch schrieb, selbst ins Französische oder Englische übersetzen. Ich könnte literarische Texte auf Englisch oder Französisch schreiben. Es scheint mir aber viel wichtiger, den Bezug zu meinem Ursprung, zu meiner eigenen Geschichte nicht zu verlieren, die offensichtlich die Geschichte eines Rumänen ist, der in Rumänien und im Ausland gelebt und gearbeitet hat.“




    Es ist oft gesagt worden, dass in der heutigen Welt die Religion immer weniger Einfluss hat. Aber Mircea Eliade sagte, dass die heutige Desakralisierung (Verweltlichung) in Wirklichkeit ein Verbergen des Heiligen ist, das die Menschen immer noch brauchen:



    Dieses Bedürfnis, eine anfangs mythische Geschichte zu hören, in der erzählt wird, wie die Welt entstand, wie der Mensch entstand, wie die Gesellschaft organisiert wurde und so weiter, ist eine Notwendigkeit, die ich für grundlegend halte. Es ist eine Struktur des Bewusstseins, nicht eine Stufe in der Geschichte des Bewusstseins. Ich glaube nicht, dass der Mensch als Mensch existieren kann, ohne zuzuhören, ohne seine Geschichte und die Geschichte der Welt, in der er sich befindet und die weiterhin existiert, erzählt zu bekommen.“




    Nach 1945, als das kommunistische Regime in Rumänien eingeführt wurde, lebte Mircea Eliade in westlichen Exil. Er starb am 22. April 1986 in Chicago und hinterlie‎ß ein beeindruckendes Werk, für das er 1990 post mortem in die Rumänische Akademie aufgenommen wurde.

  • „Karpatenflecken“ von Thomas Perle wird im Juni 2020 am Burgtheater uraufgeführt

    „Karpatenflecken“ von Thomas Perle wird im Juni 2020 am Burgtheater uraufgeführt

    Wir nahmen den Anlass einer performative Lesung des Textes Karpatenflecken“ in der zentralrumänischen Stadt Târgu Mureş (Neumarkt am Mieresch), um uns mit ihm zu unterhalten. Das Interview führte Irina Adamescu.



    Interview hören:



  • Kultureller Widerstand in der Moldawischen Sowjetrepublik: nationale Akzente gegen Russifizierung

    Kultureller Widerstand in der Moldawischen Sowjetrepublik: nationale Akzente gegen Russifizierung

    Ideologisch und national unterdrückt, entwickelten die Schriftsteller in Bessarabien verschiedene Taktiken, um der Ideologisierung und Entnationalisierung durch kulturelle Opposition zu widerstehen. Dies bedeutete einerseits die Unterwerfung unter offizielle kulturelle Richtlinien, aber auch die Entwicklung subversiver Praktiken, um Texte au‎ßerhalb des politischen und ideologischen Kanons zu verfassen. Die kulturelle Opposition in der Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik wurde von Schriftstellern vorangetrieben. Sie ergriffen die Initiative, um den Geist der Rebellion gegen die ideologische Einspannung durch das Regime zu zeigen. Und der Ort, an dem sich kulturelles Aufbegehren manifestierte, war das institutionalisierte Umfeld des Schriftstellerverbandes, das Mitte der 1950er Jahre nach Stalins Tod zum Austragungssort ideologischer Divergenzen wurde.



    Andrei Cuşco ist Professor an der Fakultät für Geschichte der Staatlichen Universität Chişinău. Er erläutert, wie in der Zeit nach Stalins Tod Spannungen in der Welt der bessarabischen Schriftsteller entstanden sind:



    Dies ist die Zeit unmittelbar nach der von Chruschtschow eigeläuteten Tauwetter-Periode. In dieser Zeit können wir von der Schaffung von Räumen der relativen Autonomie sprechen, sowohl auf institutioneller als auch auf persönlicher Ebene, die im intellektuellen Umfeld in der Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik vorangetrieben wurde. Diese Räume wurden in dem Ma‎ße geschaffen, in dem sich die Dynamik des Regimes veränderte und die bis dahin offene und eher harte Unterdrückung, die die stalinistische Periode charakterisierte, durch viel diffusere Formen der Gängelung ersetzt wurde. Es handelt sich um ein Kontinuum von Druckausübung und Kollaboration, das einher ging mit Widerstand und Opposition.“




    Der Schriftstellerverband war nach 1945 umgekrempelt worden, im Sinne einer Tilgung aller Merkmale, die die rumänische Kultur repräsentiert hatten. Die Spannungen nach Stalins Tod entstanden um zwei Pole der Macht herum, so Andrei Cuşco:



    In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre hatten die Machtverhältnisse innerhalb der Schriftstellerunion der Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik eine starke politische Bedeutung, die in erster Linie auf den Prinzipien der geografischen Zugehörigkeit beruhte. Mit anderen Worten gab es Reibereien zwischen der so genannten Transnistrien-Gruppe, den Schriftstellern der ehemaligen Moldawischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik am linken Ufer des Dnjestr, und den Schriftstellern aus dem historischen Bessarabien. Zu diesem geografischen Gegensatz kam eine politische Gegnerschaft zwischen den kommunistischen Schriftstellern, die auch Parteimitglieder waren, und den Schriftstellern, die nicht in die Partei eingetreten waren.“




    Die sich gegenüberstehenden Schriftstellerkreise waren von deutlich unterschiedlichen Bildungstraditionen geprägt und hatten ebenso divergierende politische Optionen. Andrei Cuşco erklärt, dass das Bündnis zwischen zwei Generationen von rumänienfreundlichen Schriftstellern zur Bildung einer kulturellen Opposition führte.



    Der Schriftstellerverband der Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik wurde von zwei Generationen dominiert, die in jener Dekade und in den 1970er Jahren um Herrschaft und Vormachtstellung kämpften. Es gibt eine interessante Dynamik zwischen den Generationen. Es ist einerseits die Generation derjenigen, die sich nach der Entstalinisierung durchsetzten, die aus in den 1920 er Jahren geborenen Schriftstellern bestand, wobei viele von ihnen in rumänischen Bildungseinrichtungen studiert hatten und solide Kompetenzen im Bereich der rumänischen Kultur aufwiesen. Auf der anderen Seite ist es die Generation der 1960er Jahre, die sich aus einer Gruppe jüngerer, aufstrebender Schriftsteller zusammensetzte, die in den späten 1920er und der ersten Hälfte der 1930er Jahre geboren und in sowjetischen Institutionen ausgebildet worden waren. Sie waren auf den ersten Blick Anhänger des Regimes. Das war ein Unterschied, der später zählen sollte. Obwohl beide Gruppen im Zusammenhang mit dem literarischen Stil, der Definition des sozialistischen Realismus sich häufig auf Konfrontationskurs befanden, einigten sie sich gegen die Gruppe der transnistrischen Schriftsteller, die aufgrund ihrer Nähe zur politischen Macht und zur Partei zunächst eine dominante Position in der Union eingenommen hatten. In gewisser Weise wurde diese zweite Generation der 1960er Jahre von der vorherigen Generation erzogen, die vom symbolischen Kapital der rumänischen Kultur noch profitiert hatte. Diese Schriftsteller der 1960er Jahre assimilierten einigerma‎ßen und eher oberflächlich sowjetische Slogans, entwickelten aber gleichzeitig ein gewisses Ma‎ß an kritischem Denken.“




    Die kulturelle Opposition Bessarabiens bildete sich Mitte der 1960er Jahre nach einem entscheidenden Ereignis heraus. Andrei Cuşco dazu:



    Der entscheidende Punkt innerhalb der Institution ist der dritte Kongress der moldawischen Schriftsteller, der 1965 stattfand. Dieser Moment markierte eine deutliche Entwicklung und Veränderung der Machtdynamik im Schriftstellerverband. Dieser Kongress, der in der Anfangszeit der Breschnew-Ära stattfand, wird in der Regel als Höhepunkt in der Manifestation des Widerstands lokaler Intellektueller gegen das Regime angesehen. Er markierte in gewisser Weise den endgültigen Durchbruch der Schriftsteller der 1960er Generation. Sie waren die ersten, die ihre Werke auf Standard-Rumänisch schrieben. Beginnend mit 1957 war die sogenannte »moldawische« Sprache durch Standard-Rumänisch ersetzt geworden, allerdings in kyrillischer Schrift geschrieben, und das war auch die letzte Sprachreform in der Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Die Qualität der literarischen Produktion dieser Menschen war jener der meisten ihrer Vorgänger deutlich überlegen und synchronisiert mit den Liberalisierungstendenzen, die damals in der gesamten Sowjetunion zu beobachten waren. Hier möchte ich einige Vertreter dieser Generation nennen: Grigore Vieru, Ion Druţă, Aureliu Busuioc, Pavel Boţu und andere. Der dritte Kongress des Schriftstellerverbandes war die erste klare Manifestation einer nationalbewussten Agenda und die erste Veranstaltung von Bedeutung, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik auf Rumänisch stattfand.“




    Die kulturelle Opposition in Bessarabien war ein stiller, aber hartnäckiger Kampf zur Verteidigung des nationalen Geistes. Sie hat schlie‎ßlich gewonnen, aber ihr Erbe braucht Zeit, um in den Gesamtkanon der rumänischen Kultur integriert zu werden.

  • Zur Geschichte der jiddischsprachigen Kultur in Rumänien

    Zur Geschichte der jiddischsprachigen Kultur in Rumänien

    Es ist oder war die Sprache und Kultur der mittel- und osteuropäischen Juden des Habsburgerreichs und des zaristischen Russlands, des Territoriums der baltischen Staaten und sogar der meisten Juden Rumäniens. Die jiddische Sprache ist in Rumänien wegen der massiven Auswanderungen seit 1950 fast verschwunden. In Rumänien lebten nach den Volkszählungsdaten von 1930 etwa 800.000 Juden, und die Hälfte von ihnen sprach die jiddische Sprache flie‎ßend.



    Das Studium der jiddischen Sprache begann im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts vor allem bei den jüdischen Eliten des deutschsprachigen Raumes. Die jiddische Sprache ist von allen europäischen Kulturen beeinflusst worden, in deren Mitte europäische Juden gelebt haben, und so hat die jiddische Kultur eine Mischung aus Judentum und den Kulturformen der jeweiligen Epoche dargestellt. Die jiddische Kultur war sowohl national als auch transnational, typisch für das jüdische Volk, das auch Elemente der anderen ethnischen Gruppen integrierte. Die Liste derer, die die jiddische Sprache und Kultur erschaffen und gestaltet haben, ist beeindruckend. Unter den in Rumänien bekanntesten Schriftstellern gehören Schalom Alechem (auch Scholem Alejchem geschrieben), der dem rumänischen Publikum durch Übersetzungen bekannt ist, und Itzik Manger, der vielleicht wichtigste Jiddisch schreibende Romancier aus dem rumänischen Raum. Darüber hinaus wird seit 2018 am 30. Mai der Internationale Tag der jiddischen Sprache und Kultur gefeiert, da der 30. Mai das Geburtsdatum von Itzik Manger ist.



    Camelia Crăciun unterrichtet jüdische Kultur an der Fakultät für Fremdsprachen und Literatur der Universität Bukarest und berichtet uns über die faszinierende Welt der jiddischen Kultur:



    Die jiddische Sprache gehört zur aschkenasischen Gemeinschaft, d.h. zur jüdischen Gemeinschaft Osteuropas. Diese Sprache wurde mehr als ein Jahrtausend lang in ganz Osteuropa gesprochen, von der Ostsee bis zur Donau, wobei der Fluss als Grenze dieser Kultur betrachtet wurde, da weiter südlich die Ladino-Kultur der sephardischen Juden dominierte. In Rumänien sprach die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung bis ins 20. Jahrhundert die jiddische Sprache, die sich auf das Deutsche bezog, sich aber von der deutschen Sprache unterschied, hebräische Schriftzeichen verwendete und gleichzeitig eine wichtige germanische Komponente aus grammatikalischer und lexikalischer Sicht hatte. Einflüsse osteuropäischer Sprachen und Kulturen wie Polnisch, Russisch, Ukrainisch, Aramäisch und biblisches Hebräisch werden ebenfalls festgestellt. Die jiddische Sprache ist sehr flexibel und hat sich sehr gut an die sozialen und historischen Gegebenheiten des Gebiets angepasst, in dem sie gesprochen wurde, was ihre au‎ßergewöhnliche sprachliche Vielfalt erklärt.“




    In Rumänien war die jiddische Kultur sehr aktiv. Es gab Schulen, Theater, Presse, politische Texte auf Jiddisch, all das sind Beweise einer lebendigen Sprache. Hochschullehrerin Camelia Crăciun berichtet weiter:



    Eines meiner Forschungsgebiete ist die Geschichte des jiddischen Theaters, das praktisch im rumänischen Raum geboren wurde. Von allen Gebieten, in denen die jiddische Sprache gesprochen wurde, war es 1876 gerade die rumänische Stadt Iaşi, die den besten Rahmen bot, damit dieses kulturelle Phänomen geboren und dann in die Vereinigten Staaten verbreitet werden konnte. Der Schöpfer dieses Phänomens war Abraham Goldfaden, ein russischer Jude, der am Vorabend des Unabhängigkeitskrieges nach Iaşi kam und als Vater des jiddischen Theaters gilt. Eine weitere Persönlichkeit war Itzik Manger, Autor eines berühmten Romans, der nur scheinbar Kindern gewidmet ist, der in einer spielerischen Tonart geschrieben wurde, für alle Altersgruppen zugänglich ist und den Titel »Das Buch des Paradieses« trägt. Menger war auch ein Dichter und seine Gedichte wurden in viele Sprachen übersetzt. Auch der Fabeldichter Elieser Steinbarg, der Dichter Jacob Groper und der gro‎ße Theaterregisseur Jacob Sternberg lebten und schufen in Rumänien. Von allen bisher recherchierten Dokumenten wurde keine jiddische Autorin gefunden. Nina Cassian zum Beispiel hat aus dem Jiddischen ins Rumänische übersetzt, aber sie hat nicht auf Jiddisch geschrieben und gilt als Dichterin der rumänischen Sprache.“




    In der jüdischen Presse schrieben Intellektuelle in jiddischer Sprache nicht nur über und für ihre eigene Gemeinschaft, sondern auch über eine breitere Gemeinschaft im Ausland. Camelia Crăciun hat wieder die Details.



    Die jiddischsprachige Presse wurde weniger studiert, obwohl sie angesichts des gro‎ßen Teils der Bevölkerung, der Jiddisch sprach, besonders im 19. und frühen 20. Jahrhundert, für Wissenschaftler besonders interessant wäre. In Iaşi zum Beispiel, wo die Hälfte der Bevölkerung jüdischer Herkunft war und die Mehrheit Jiddisch sprach, gab es ein wichtiges jüdisches Pressezentrum. Die ersten jiddischen Publikationen erschienen in Iaşi um 1850. Es war eine sehr dynamische Presse, die aus wirtschaftlichen Gründen stark schwankte. Es entstanden zahlreiche, nicht langlebige Publikationen, die die soziale, politische und kulturelle Realität der damaligen Zeit widerspiegelten. In der Zwischenkriegszeit und vor allem nach dem Holocaust nahm die Bedeutung der jiddischsprachigen Presse ab, aber nach 1950 strahlte der nationale Radiosender jiddische Programme aus, und bis vor kurzem gab es Veröffentlichungen auf Jiddisch, auch die Zeitschrift »Realitatea evreiască« (»Jüdische Realität«) des Verbandes der Jüdischen Gemeinden Rumäniens hatte eine Seite auf Jiddisch.“




    Derzeit ist in Rumänien die jiddische Sprache und Kultur vom Aussterben bedroht, aber das reiche Erbe und die Vitalität dieser Sprache werden immer Inspirationsquellen für die heutige Welt sein.

  • Schriftsteller-Proteste im Kommunismus: Der Dissident Paul Goma und seine Menschenrechtsbewegung

    Schriftsteller-Proteste im Kommunismus: Der Dissident Paul Goma und seine Menschenrechtsbewegung

    Der Samisdat Ellenpontok“ (Kontrapunkte“), verfasst und herausgegeben von mehreren ungarischen Intellektuellen, die Aktionsgruppe Banat, eine Protestbewegung der deutschsprachigen Schriftsteller, und die Goma-Bewegung waren die wichtigsten Protestformen in den 1970er Jahren in der rumänischen Gesellschaft gegen das kommunistische Regime.



    Die Goma-Bewegung wurde nach dem Schriftsteller Paul Goma benannt, der den Protest initiiert hatte. Paul Goma wurde 1935 auf dem Gebiet der heutigen Republik Moldau in einer Familie von Lehrern geboren, die 1944 nach der Besetzung Bessarabiens durch die Sowjetunion nach Rumänien geflüchtet ist. Goma veröffentlichte 30 Bände, darunter zahlreiche Romane und seine Memoiren, und wurde politisch inhaftiert. Laut Cristina Petrescu, Professorin an der Fakultät für Politikwissenschaften der Universität Bukarest, gibt es einen Unterschied zwischen dem Initiator des Protestes und denjenigen, die ihn unterstützt haben:



    Schon jetzt wird die Bezeichnung »Goma-Bewegung« in geschichtswissenschaftlichen Texten verwendet, und auf diese Weise wurde dieser kollektive Protest in gewisser Weise kanonisiert. Tatsächlich entspricht dieser unglückliche Ausdruck aber der Bezeichnung, die von der Sicherheitspolizei Securitate dieser Gruppe gegeben wurde. In diesem Fall ist alles etwas komplizierter, gerade weil es eine viel grö‎ßere Gruppe als Ellenpontok oder die Aktionsgruppe Banat war. Ich werde versuchen, diese Bewegung neu zu interpretieren. Zunächst werde ich unterscheiden zwischen der Frage, wer der kanonisierte Goma als kultureller Gegner des kommunistischen Regimes war, und was die Goma-Bewegung bedeutete, bei der eine völlig andere Art und Weise der Kanonisierung vollzogen wurde.“




    Gomas Beziehung zum Regime war eine gewundene, die von der radikalen Opposition bis zu seiner Unterstützung reichte, besonders 1968, als der neue Generalsekretär der Kommunistischen Partei in Bukarest, Nicolae Ceauşescu, sich offen mit Moskau anlegte, in dem er den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei und die Zerschlagung des Prager Frühlings öffentlich verurteilte. Cristina Petrescu:



    Wir betrachten die Gegner des Regimes und verfolgen immer die Dynamik der Beziehungen zwischen Dissidenten und dem Regime. Und Goma hatte das Privileg, einer der dauerhaftesten Gegner gewesen zu sein. Er begann mit der Teilnahme an den Revolten der Studenten in Bukarest, die 1956 zeitgleich mit denen in Budapest begannen. Er wurde politischer Gefangener, später stand er unter Hausarrest, danach wurde er an der Universität wieder zugelassen. Man hat versucht, ihn als Spitzel zu rekrutieren, der Versuch scheiterte jedoch. 1968 wurde er freiwillig Mitglied der Kommunistischen Partei und begann das Ceauşescu-Regime zu unterstützen, das gesteht er selbst.“




    Goma blieb jedoch ein unberechenbarer und unangenehmer Gesprächspartner der kommunistischen Behörden. Cristina Petrescu erläutert, wie der Initiator der rumänischen Menschenrechtsbewegung das Regime weiter schikaniert hat:



    In den 1970er Jahren war Goma ein Beispiel des Nonkonformismus unter den rumänischen Schriftstellern. Er schaffte es, im Ausland einige Bände zu veröffentlichen, die die Zensur hierzulande abgelehnt hatte. Einer dieser Bände ist stark gegen das Regime gerichtet. Der Band erzählt von Gefangenen, die von der Freiheit besessen sind. Diese Bücher waren sehr erfolgreich, weil sie zu der Zeit veröffentlicht wurden, als auch »Der Archipel Gulag« von Solschenizyn in mehrere Weltsprachen übersetzt worden war. Deshalb wurde Goma der rumänische Solschenizyn genannt.“




    Goma trat 1977 erneut in Konflikt mit den kommunistischen Behörden, als er einen gemeinsamen Protestbrief an die Belgrader Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa unterzeichnete, der bei Radio Freies Europa verlesen wurde. Der Brief prangerte die Verletzung der Menschenrechte in Rumänien an. Cristina Petrescu:



    Es ist bekannt, dass Goma der Initiator der Menschenrechtsbewegung war, die als Vorbild die Charta 77 in der Tschechoslowakei hatte. Das Regime versuchte zunächst, Goma zu vereinnahmen und für Propagandazwecke einzuspannen, was teilweise auch gelang, wenn man sich die Artikel ansieht, die er bis zu seiner Verhaftung veröffentlich hatte. Im Gefängnis schwor er vieler seiner geäu‎ßerten Meinungen ab. Infolge des internationalen Drucks wurde er aus dem Gefängnis entlassen und des Landes verwiesen. Bis 1989 war er ein bedeutendes Mitglied des demokratischen rumänischen Exils. Er bleibt auch nach 1989 eine kontroverse Persönlichkeit, vor allem wegen seiner Stellungnahme gegenüber der Sowjetisierung Bessarabiens. Zum Schluss würde ich sagen, dass Paul Goma in gewisser Weise ein vergessener Held unserer jüngeren Geschichte bleibt; die Geschichtsschreibung hat für ihn einfach noch nicht den geeigneten Platz gefunden.“




    So entstand die Goma-Bewegung, zu der insgesamt 430 Personen gehörten. Diese hatten Beziehungen zum Bartträger“ — so wurde Goma von der Securitate genannt. Zu den wichtigsten Namen, die Goma unterstützt haben, gehörten der Literaturkritiker Ion Negoiţescu, der Psychiater Ion Vianu und der Arbeiter Vasile Paraschiv. Von den Unterstützern Gomas erhielten 186 einen Pass, um auszuwandern, nachdem die Bewegung unterdrückt wurde. Cristina Petrescu:



    Die Goma-Bewegung wird als einer der Höhepunkte der Mobilisierung gegen das ehemalige kommunistische Regime beschrieben. Eine Bewegung, die fast 200 Unterstützer erreicht hatte, eine Zahl, die mit der Zahl der Unterstützer der Charta 77 vergleichbar ist. Aber die beiden Bewegungen befolgten völlig andere Wege. Während die Goma-Bewegung mit der Verhaftung ihres Anführers endete, überlebte die Charta 77 das kommunistische Regime und gab der Tschechoslowakei und der Tschechischen Republik nach dem Fall des Kommunismus einen Präsidenten.“




    Am 1. April 1977 wurde Paul Goma verhaftet und im gleichen Jahr, am 20. November 1977, wurde seiner Frau und seinem Kind die rumänische Staatsbürgerschaft entzogen und sie wurden aus Rumänien ausgewiesen. Sie reisten nach Paris, wo sie politisches Asyl beantragten. Goma wollte aber nicht die französische Staatsbürgerschaft. Nach 1989 bekam er die rumänische Staatsbürgerschaft zurück.

  • FILIT 2017: Internationales Literaturfestival in Jassy bei fünfter Auflage

    FILIT 2017: Internationales Literaturfestival in Jassy bei fünfter Auflage

    Vom 4. bis 8. Oktober findet im nordostrumänischen Iaşi das Internationale Festival für Literatur und literarische Übersetzung (FILIT) statt, das dieses Jahr seine 5. Auflage erreicht hat. Ehrengast des FILIT-Festivals 2017 ist der französische Schriftsteller chinesischer Abstammung Gao Xingjian, der im Jahr 2000 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde. Die Festivalorganisatoren hatten auch einen FILIT-Abend mit Swetlana Aleksijewitsch, der Nobelpreisträgerin für Literatur 2015, geplant, aber sie musste leider aus gesundheitlichen Gründen absagen. Mehr über die diesjährigen FILIT-Veranstaltungen vom Schriftsteller Florin Lăzărescu, einem der Initiatoren des Festivals:



    Ich freue mich sehr, dass all diese gro‎ßen Namen wie ein Publikumsmagnet wirken. Wir haben aber mehr als 100 Veranstaltungen vorbereitet, die sehr viel zu bieten haben. Sie sind genauso spektakulär und interessant. Da wir gerade vom Nobelpreis für Literatur sprechen, möchte ich auch erwähnen, dass bei der diesjährigen Auflage des FILIT-Festivals mindestens drei besonders hochgeschätzte Schriftsteller anwesend sind: Mircea Cărtărescu aus Rumänien, Olga Tokarczuk aus Polen und Nurruddin Farah aus Somalia. Am diesjährigen Festival beteiligen sich sehr viele interessante Autoren, die mit wichtigen Preisen ausgezeichnet und in 30 bis 40 Sprachen übersetzt wurden. Ihre Bücher sind bei den wichtigsten rumänischen Verlagen erschienen. Vesna Goldsworthy aus Serbien und Lisa Strømme, die in England geboren wurde und in Norwegen lebt, sind auch bei FILIT dabei. Ein Liebling des Publikums ist der Engländer Jonathan Coe, der in Rumänien gern gelesen wird. Als wir das Treffen mit Jonathan Coe angekündigt hatten, waren die Leute ganz aus dem Häuschen.“




    Nach der 2013-Auflage des Internationalen Festivals für Literatur und literarische Übersetzung in Iaşi schrieb die spanische Zeitung El Pais, FILIT sei bereits bei seiner 1. Auflage das wichtigste Literaturfestival in Osteuropa, und die Frankfurter Allgemeine Zeitung war der Ansicht, in Rumänien habe es noch nie ein Literaturfestival von solchem Format und europäischem Niveau gegeben. Dieses Jahr können die Literaturliebhaber im FILIT-Haus mit Simona Antonescu, Ioana Bradea, Ruxandra Cesereanu, Andrei Crăciun, Codrin Liviu Cuţitaru, Tudor Ganea, Adrian Georgescu, Ioan T. Morar, Andrei Oişteanu, Marius Oprea, Dora Pavel, Mircea Pricăjan und Bogdan-Alexandru Stănescu zusammenkommen. Fünf Tage lang werden im Haus der Dichtung Linda Maria Baros, Lavinia Bălulescu, Emil Brumaru, Rita Chirian, Dan Coman, Teodora Coman, Ana Donţu, Vlad Drăgoi, Mugur Grosu, Ştefan Ivas, Claudiu Komartin, Ştefan Manasia, Vlad Moldovan, Andrei Novac, Cosmin Perţa, Tara Skurtu (USA), Robert Şerban, Răzvan Ţupa, Mihail Vakulovski und Paul Vinicius den Poesieliebhabern Rede und Antwort stehen. Die im Ausland lebenden rumänischen Schriftsteller Jan Cornelius und Dana Grigorcea beteiligen sich an Sonderevents. Dieses Jahr gibt es auch eine Neuheit: FILIT eröffnet zwei neue Häuser. Dazu der Festivalmanager und einer der FILIT-Gründer, Lucian Dan Teodorovici:



    Es handelt sich um zwei neue Projekte, das Fantasy-Haus und das Haus der Kindheit. An den Veranstaltungen in den zwei neuen Häusern beteiligen sich mehrere rumänische Autoren. Eine weitere Neuheit ist die Art und Weise, wie wir die Ausstellungen des Nationalen Literaturmuseums Iaşi präsentieren. Das Haus Pogor hat vier Ausstellungssäle, und jedes Jahr werden wir in diesem Haus vier verschiedene Ausstellungen zum selben Thema veranstalten. Für die diesjährige FILIT-Auflage haben wir das Museum für die Geschichte der Juden in Iaşi vorbereitet. Die jüdische Gemeinde in Iaşi hat eine lange, reiche Geschichte — Anfang des 20. Jh. stellte die jüdische Gemeinde in Iaşi ein Drittel der Bevölkerung dar. Es folgte aber die Tragödie der Juden in Rumänien, wofür wir die Verantwortung übernehmen und der wir nun gedenken.“




    Das Festival-Feeling ist aber das Wichtigste beim FILIT, sagte der Schriftsteller und Festival-Initiator Florin Lăzărescu:



    Am FILIT nehmen Zigtausende Menschen teil, die gesamte Gemeinde ist daran interessiert, und das ist einfach gro‎ßartig. Auch letztes Jahr, als unser Festival etwas kleiner war, hatten wir ein Publikum von über 10.000 Menschen. Das ist, meiner Meinung nach, der grö‎ßte Erfolg des FILIT-Festivals — es bildet das Publikum aus. Unser Festival ist eine enorme Kampagne für Lektüre — nach FILIT haben die Leute eine andere Beziehung zu Büchern. Tausendmal habe ich gehört: ›Vor FILIT hatte mein Kind kein Interesse fürs Lesen, und jetzt kauft er sich selbst Bücher.‹ Das geschah, weil die Kinder und die Jugendlichen einen direkten Kontakt mit den Autoren hatten und sie einfach spektakulär fanden. Dieses Jahr bringen wir ein FILIT-Event in ein Gymnasium in unserem Landkreis. Die Lehrerin, mit der wir das organisiert haben, hat uns angerufen und gesagt, die Schüler seien ganz aufgeregt und würden sich darauf freuen, weil sie noch nie einen Schriftsteller gesehen hätten. In Iaşi haben wir bereits eine Art Tradition, wir besuchen zehn Gymnasien, und die Schüler haben schon bescheid gesagt, welche Autoren sie am liebsten treffen möchten. Sie haben sich mit den Schriftstellern angefreundet, sie sprechen auf Skype mit ihren Lieblingsautoren und organisieren die Veranstaltungen, wie es ihnen gefällt.“




    Die 5. Auflage des Internationalen Festivals für Literatur und literarische Übersetzung in Iaşi (FILIT) findet unter der Schirmherrschaft der Vertretung der Europäischen Kommission in Rumänien statt. Nach den Auflagen 2014 und 2016 ist das die dritte Zusammenarbeit, bei der gemeinsame Fachveranstaltungen im Literaturbereich zur Förderung der kulturellen Diversität organisiert werden.




    Deutsch von Daniela Cîrjan

  • Litero-mania.com: Die Online-Kulturplattform für Literaten und Literaturliebhaber

    Litero-mania.com: Die Online-Kulturplattform für Literaten und Literaturliebhaber

    Auf der Online-Literaturplattform Literomania wird über Bücher aller Zeiten und von allen Orten geschrieben, aus Leidenschaft für alles, was Literatur bedeutet. Wir glauben immer noch an die Kraft der Literatur, aus menschlicher, sozialer und sogar politischer Perspektive Menschen zu bilden, uns allen den schönsten Freiheits- und Aktionsraum anzubieten und nicht zuletzt den schönsten Raum zu schaffen, wo wir alle träumen können.“ Mit diesen Worten präsentiert sich die Literaturplattform Literomania, wo sich die bekanntesten Schriftsteller, Kritiker und Literaturübersetzer aus dem rumänischen Kulturraum versammeln.



    Adina Diniţoiu ist Literaturkritikerin, Kulturjournalistin und übersetzt französische Literatur ins Rumänische. Zusammen mit dem Schriftsteller Raul Popescu koordiniert die Redakteurin der Kulturzeitschrift Observator Cultural“ die Plattform. Wir haben sie gefragt, wie die Initiative entstanden ist:



    Ursprünglich gehörte uns die Idee, Raul Popescu, der die Plattform graphisch gestaltet, und mir. Die Plattform hätte aber ohne den Beitrag einiger ausgezeichneter Autoren nicht existiert, die sich bereit zeigten, für uns zu schreiben, ohne dafür bezahlt zu werden. Ich spreche von Ruxandra Cesereanu, Veronica D. Niculescu, Radu Niciporuc, Valeriu Gherghel. Besonders interessant sind auch die Beiträge von Dorica Boltaşu Nicolae, die über eine eigenartige Zone berichtet, die an der Grenze zwischen dem Kanon der Literatur und der Schule liegt. Als Lehrerin für rumänische Sprache und Literatur konfrontiert sie sich dauernd mit allem, was zum Schulplan und den spezifischen Problemen der Schüler gehört. Ihr Beitrag ist uns sehr wichtig, weil wir auch Literaturbegeisterte der neuesten Generation anlocken möchten. Zu den Autorinnen und Autoren, die ihre Arbeit auf unserer Literaturplattform präsentieren, gehören auch die Kulturjournalistin Monica Salvan und der Schriftsteller Cosmin Perţa. Sie haben sich unserem Projekt aus Leidenschaft für Literatur und voll enthusiastisch angeschlossen, was heute nicht so oft vorkommt, da wir uns keiner finanziellen Unterstützung erfreuen.“




    Literomania lädt Literaturbegeisterte in jedem Alter zu einem Schreibwettbewerb ein. Der Wettbewerb wird der jungen literarischen Gattung Flash Fiction gewidmet und richtet sich an Prosaautoren. Der Preis besteht aus einem Geldbetrag und der Gewinnertext wird auf der Plattform veröffentlicht. Die Koordinatorin der Plattform Adina Diniţoiu, kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten über ihre Initiative:



    Literomania ist ein Projekt, das am Anfang keine feste Struktur hatte. Wir wollten auch den Markt erkunden, wir wollten sehen, ob es überhaupt Interesse dafür besteht, ob Literomania als Plattform funktionieren könnte. Wir haben versucht, diese Plattform höchst professionell zu gestalten. Zum einen wollten wir die Messlatte hoch legen, zum anderen ein breites Publikum anlocken und ihm den Zugang zu qualitativ anspruchsvollen Texten schaffen. Ein besonderes Interesse zeigen wir auch für die jüngeren Liebhaber der Literatur, daher richten wir uns nicht nur an Fiktion, sondern auch an professionelle Rezensionen. Als wir die Plattform gegründet haben, haben wir uns auch der Unterstützung des Autors Mircea Cărtărescu erfreut, er hat an unser Projekt von Anfang an geglaubt und einen Text für uns geschrieben. Eine andere Zusammenarbeit, auf die wir besonders stolz sind, ist jene mit dem berühmten Theaterkritiker George Banu, der in Paris lebt; seine Texte in französischer Sprache sind auch auf unserer Plattform zu finden. Wir veröffentlichen allerdings literarische Texte auch auf Englisch und Deutsch und versuchen somit, international zu werden und ein Zeichen für Weltoffenheit zu setzen.“

  • Nachrichten 15.01.2017

    Nachrichten 15.01.2017

    In Rumänien un im Ausland finden in diesen Tagen Veranstaltungen zum Feiern des Nationalen Kulturtages statt. Seit 2010 wird jedes Jahr in Rumänien der Nationale Kulturtag am 15. Januar, dem Geburtstag des Nationaldichters Mihai Eminescu, gefeiert. Mihai Eminescu gilt als letzter Vertreter der europäischen Romantik. Am Nationalen Kulturtag wurde in Bukarest der neue Sitz des Rumänischen Literaturmuseums offiziell eröffnet und in der Aula der Zentralen Universitätsbibliothek fand die Gala der jungen Schriftsteller statt. Nläßlich des Nationalen Kulturtages hat die Rumänische Akademie eine Festtagung einberufen; wie jedes Jahr nahm der Literaturkritiker, Mitglied der Rumänischen Akademie und Initiator des Nationalen Kulturtages, Eugen Simion, an dieser Veranstaltung teil. Im Großen Saal des Rumänischen Rundfunks findet am Sonntag das Jubiläumskonzert des Rundfunksorchesters Lipatti 100 statt. Dieses Jahr plant das rumänische Kulturinstitut eine Veranstaltungsreihe zum 100-Jahre-Jubiläum seit der Geburt des rumänischen Musikers Dinu Lipatti. Wie jedes Jahr organisieren die rumänischen diplomatischen Missionen und Konsulate Sonderveranstaltungen zum Nationalen Kulturtag Rumäniens. Der rumänische Staatspräsident, Klaus Iohannis, hat eine Botschaft zum Nationalen Kulturtag im Internet veröffentlicht. Die internationale Anerkennung der rumänischen Kultur und der rumänischen Künstler führt in der heutigen Welt zu immer mehr Respekt für Rumänien“ schrieb Präsident Iohannis in einem bekannten sozialen Netzwerk.



    Die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, empfängt am Montag in Brüssel den neuen rumänischen Außenminister, Teodor Melescanu. Das Treffen findet am Rande des Rates für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen statt, an dem die Außenminister der EU-Mitgliedsstaaten teilnehmen.Es ist das erste EU-Treffen, an dem Außenminister Teodor Melescanu nach seinem Amtsantritt teilnimmt. Teodor Melescanu war bereits zweimal Außenminister, zwischen 1992 und 1996, bzw. 2014. 2014 war er nur zwei Wochen im Amt; er trat zurück wegen der schlechten Organisierung der Präsidentschaftswahl für die Auslandsrumänen, als die rumänischen Bürger im Ausland ihr Stimmrecht nicht ausüben konnten.



    Sechs Tennisspielerinnen werden ab Montag Rumänien beim Australian Open vertreten. Simona Halep (Platz 4 WTA) wird in der ersten Runde gegen die Amerikanerin Shelby Rogers antreten. Irina-Camelia Begu (Platz 30 WTA) wird gegen Iaroslawa Schwedowa, aus Kasachstan, kämpfen. Monica Niculescu (Platz 40 WTA), die beim Turnier in Hobart das Einzelfinale erreicht hat, kämpft gegen eine Tennisspielerin, die aus den Qualifizierungsspielen kommt. Sorana Cîrstea (Platz 78 WTA), spielt gegen die Russin Irina Kromatschewa und Patricia Ţig (Platz 106 WTA), gegen die Olympiameisterin Monica Puig, aus Puerto Rico. Ana Bogdan, die sich durch die Qualifizierungsspiele hochkämpfte, wird gegen die Russin Elena Wesnina antreten.

  • Literaturnobelpreis geht an Bob Dylan

    Literaturnobelpreis geht an Bob Dylan

    Was haben Eugene ONeill, William Faulkner, Ernest Hemingway, John Steinbeck, Saul Bellow und … Bob Dylan gemeinsam? Sie sind Amerikaner und haben den Nobelpreis für Literatur gewonnen. Am Donnerstag wurde der berühmte 57-jährige Sänger und Songwriter Bob Dylan mit der höchsten literarischen Ehrung der Welt ausgezeichnet. Bob Dylan ist somit der erste Musiker, der mit dem Literaturnobelpreis für das Erschaffen von neuen poetischen Ausdrucksformen innerhalb der großen amerikanischen Song-Tradition belohnt wurde. Das gab es in der Geschichte des Literaturnobelpreises noch nie. Die aktuell mit umgerechnet rund 825.000 Euro dotierte Auszeichnung gilt als der weltweit bedeutendste Preis für Literatur. Der Vorsitzende der Abteikung für Poesie des Rumänischen Schriftstellerverbandes Dan Mircea Cipariu erklärt die Wahl der Schwedischen Akademie:




    Diese Auszeichnung muss anderswie betrachtet und gelesen werden. Ich meine, es geht um einen Schlüssel der metakulturellen Politik. Bob Dylan ist eine emblematische Figur der flower power Generation. Dieses poetische Denken, das uns das Werk von Bob Dylan vorschlägt, überschreitet die Poesie und die Literatur im allegmeinen. Bob Dylan ist nicht unbedingt der Dichter sondern der Gründer eines bestimmten Typs vom poetischen Denken, das die heutige Welt so nötig hat, die heutige Welt braucht einen geistigen Hauch. Die Welt braucht etwas mehr als Konsum und Boulevardzeitungen.




    Bob Dylan lansierte mehr als 60 Alben und erfindet sich seit 45 Jahren immer neu. Er wurde in den 60iger Jahren berühmt, indem er in seinem Werk die Identitätskrise der amerikanischen Gesellschaft nach dem Krieg in Wietnam zum Ausdruck brachte. Er stellt die Idee der Revolte, des Mutes, des Kampfes gegen den Militarismus und das neokoloniale Abenteuer dar.




    Bob Dylan wurde während seiner Karriere dem Grammy, Golden Globe oder Oscar ausgezeichnet. Sein Name steht im Rock&Roll Hall of Fame und Songwriters Hall of Fame. 2008 bekam er einen Pulitzerpreis für den Lyrismus und die besondere poetische Kraft seiner Kompositionen, die einen großen Impakt auf die amerikanische Musik und Kultur haben. Natürlich gab es Kritiken hinsichtlich der Gewährung des Literaturnobelpreises. Mehrere bedeutende Schriftsteller sind seit Jahren nominiert, doch diesmal erfolglos. Der rumänische Schriftsteller Mircea Cărtărescu, dessen Werk in mehreren Sprachen übersetzt wurde, schreibt im Internet: ein riesiger Schriftsteller, doch ich habe Mitleid mit den echten Schriftstellern! Die Entscheidung der Schwedischen Akademie war diesmal keine gute für sie .




    Der rumänische Dichter Florin Iaru meint, es gehe um eine politische und nicht um eine literarische Auszeichnung. Andere sind ironisch und behaupten, nachdem der Literaturnobelpreis an Bob Dylan ging, soll der japanische Schriftsteller Haruki Murakami, der als Favorit galt, den Goldenen Ball vom Weltverband FIFA bekommen.

  • Satire vom Feinsten: Schriftsteller Radu Paraschivescu bespricht Stilblüten rumänischer Politiker

    Satire vom Feinsten: Schriftsteller Radu Paraschivescu bespricht Stilblüten rumänischer Politiker

    Der Band, in dem Radu Paraschivescu unvergessliche Stilblüten der Politiker gesammelt hat, rangierte auf dem diesjährigen Buchsalon Bookfest auf Platz drei hinsichtlich der vom Verlag Humanitas erzielten Verkaufszahlen. Die Initiative ist nicht neu, Stilblüten von Politikern habe der Autor dennoch bislang nicht gesammelt. Wie denken die Politiker?“ ist der fünfte Sammelband dieser Art:



    Bislang stand mir eine breite Auswahl zur Verfügung. Ich habe Fu‎ßball-Spieler, Sänger von Manele-Musik [rum. Bezeichnung für sogen. Balkanbeats — Anm. d. Red.], Geschäftsleute, Eigentümer von Restaurants, Ärzte und Patienten zitiert. Der gro‎ße Unterschied liegt dennoch darin, dass die Politiker durch ihre Handlungen unser Leben zunehmend beeinflussen. Ein Fu‎ßballspieler tut es hingegen nicht. Genauso wenig ein Manele-Sänger. Aber ein Politiker organisiert unser Leben, er kann unser Leben in eine gute oder schlechte Richtung führen. Deswegen werden wir von ihren Entscheidungen direkt betroffen und deswegen müssen wir dem einen oder anderen Politiker unsere Stimme verantwortungsvoll geben. Wir sollen nicht alles akzeptieren, was man uns zu verkaufen versucht. Kurzum, es handelt sich um ein lustiges Buch über eine traurige Situation.“




    Letztendlich handelt dieses Buch nicht nur von Politikern, sondern gleicherma‎ßen auch von den Menschen, denen sie die Tatsache verdanken, dass sie ihre Ämter bekleiden und Sonderrechte genie‎ßen, es handelt sich also auch um ihre Wähler. Sollten sie diesen Katalog der Stilblüten von Politikern durchlesen, den ich zusammengestellt habe, werden sie das nächste Mal bestimmt den Drang verspüren, ihre Urteilskraft einzuschalten. Die Politiker werden wohlverdient verachtet. Was wir oftmals vergessen, ist, dass sie uns allen ihre Ämter und ihre Positionen verdanken. Das wäre nicht passiert, hätten wir ihnen nicht vertraut und uns nicht reinlegen lassen, kurzum hätten wir sie in ihre Ämter nicht gewählt“, schreibt Radu Paraschivescu in seinem Buch. Wir haben den Autor um mehrere Details gebeten:



    Dieses Buch ist keine Abrechnung, selbst wenn es diesen Eindruck hinterlassen kann. Wenn jemand ein Licht auf die fragwürdigen Handlungen der Politiker wirft, kann man behaupten, dass er es aus Rache gemacht hat oder zumindest zum Spa‎ß, um sich über Politiker lustig zu machen. Aber die Wahrheit ist, dass sich die Politiker über uns lustig machen. Meistens durch die Entscheidungen, die sie treffen oder durch die Entscheidungen, die sie nicht treffen. Dieses Buch würde ich deswegen eher als Einladung an meine Leser bezeichnen, ihre Urteilskraft einzuschalten, wenn sie ihre Stimme abgeben.“




    Diese Sachen bringen uns zum Lachen. Wir lachen in unterschiedlichen Weisen. In guter Laune oder hysterisch, manchmal gelangweilt. Was wir in Bezug auf Politiker nicht vergessen dürfen: Wenn wir uns über den einen oder den anderen lustig machen, dann machen wir uns eigentlich über uns selbst lustig, weil wir sie gewählt haben. Wir lesen dieses Buch und amüsieren uns über Situationen, für welche wir die ganze Verantwortung tragen. Die Eifrigkeit und die Feinsinnigkeit, mit denen Radu Paraschivescu an diesem Buch gearbeitet hat, sind eigentlich umstürzlerisch, weil er sich gleichzeitig auch über seine Leser lustig macht“, sagte der Philosoph Andrei Pleşu, der bei der Buchpräsentation auch einige der Stilblüten rumänischer Politiker zitierte.

  • Bukarest: Gedächtnis und Stadterkundung

    Bukarest: Gedächtnis und Stadterkundung

    Memorie” (zu dt. Gedächtnis) ist ein Teilprojekt über das kollektive Gedächtnis Bukarests, das die Kandidatur der rumänischen Hauptstadt um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2021 offiziell macht. Das Projekt läuft an der Gabroveni-Herberge (Hanul Gabroveni), die jüngst restauriert wurde und nimmt die Form einer Trilogie an, die aus folgenden Teilen besteht: Memoria, Explorarea, Imaginarea Oraşului z.d. das Gedächtnis, die Stadterkundung und die Wahrnehmung der Stadt.



    Dabei wird die Stadt sowohl zum Handlungsraum, als auch zum Protagonisten. Bukarest war seinen Schriftstellern gegenüber gro‎ßzügig, hat ihnen erlaubt, sich von ihrem Kern, ihrer Quintessenz zu ernähren, manchmal in einer schmerzhaften Art, und lie‎ß sich ihrerseits, genau wie ein riesengro‎ßer Vogel, von den Schriftstellern ernähren, die über sie geschrieben haben. Sie haben sich dann Teile ihrer Körper weggeschnitten, damit sie der riesengro‎ße Vogel im Gegezug auf seinem Rücken hin und her transportieren kann. Die in Freunde und Feinde der Stadt geteilten Schriftsteller haben sie alle auch mit Gro‎ßzügigkeit und lauter Paradoxen belohnt. Sie haben Bukarest sowohl zum Handlungsraum, als auch zur Hauptfigur gemacht. Sie haben sie gleicherma‎ßen verehrt und verdammt.” Wir haben die Schriftstellerin Svetlana Cârstean zitiert, die Kuratorin der Literaturveranstaltungen, die an der Gabroveni-Herberge stattfinden. Die Schriftstellerin kommt mit Einzelheiten zum Veranstaltungsplan zu Wort:



    Bis Mitte Mai läuft die Etappe Gedächtnis”. Im Vorfeld der Literaturveranstaltungen haben wir die Autoren streng ausgewählt. Wir schlugen den Schriftstellern vor, über Bukarest zu sprechen, während sie sich gegenüber sa‎ßen. Wir stellen sie einander gegenüber, um eine interessante Spannung zu schaffen. Sie bringen dabei widersprüchliche Ideen zum Ausdruck. Einige sagen, dass sie Bukarest ohne Vorbehalt lieben, andere sagen hingegen, dass sie sich gegenüber der Stadt fremd fühlen. Einige, dass sie sich nur hier zu Hause fühlen, während andere der Überzeugung sind, dass sie zu jeder Zeit diese Stadt verlassen könnten. Wir haben der Literatur ein dreitägiges Programm gewidmet. Bei einer der Veranstaltungen waren die Schriftsteller Ioana Pârvulescu und Răzvan Petrescu zu Gast, wobei das Gespräch von der Literaturkritikerin Florina Pârjol moderiert wurde. Dann kam die Debatte Adrian Schiop–Mihai Duţescu, moderiert vom Kritiker Paul Cernat. Alle Schriftsteller, die sich an diesem Projekt beteligen, haben bislang in ihren Prosawerken den Beweis einer äu‎ßerst tiefen Beziehung zu Bukarest gemacht. Eine andere Debatte stellte die Schriftstellerinenn Gabriela Adameşteanu und Simona Sora gegenüber. Das Gespräch wurde von der Literaturkritikerin Andreea Răsuceanu moderiert. Andreea Răsuceanu möchte ich allerdings zu einer Konferenz einladen, weil sie sich als ausgezeichnete Expertin der literarischen Geographie erweist. Sie arbeitet derzeit an einem Buch zum Thema: Bukarest in der zeitgenössischen Literatur, von Mircea Cărtărescu zu Simona Sora.”




    Im Rahmen des Projektes “Gedächtnis” fand auch ein Gedichtmarathon, moderiert von Svetlana Cârstean, statt, woran sich Adela Greceanu, Florin Iaru, Octavian Soviany, Miruna Vlada und Elena Vlădăreanu beteiligten. Die Kuratorin des Events mit weiteren Einzelheiten: “Jeder dieser Schriftsteller hat eingewilligt, seiner persönlichen Beziehung zu Bukarest Ausdruck zu verleihen. Unser Treffen führte folglich zu einem au‎ßergewöhnlichen Resultat und ich möchte das Projekt fortsetzen, weil es so viele Schriftsteller gibt, deren persönliche Erfahrung und Beziehung zu Bukarest ich kennenlernen möchte. Das ist aber nur eines der Projekte. In der Gabroveni-Herberge gibt es auch eine Ausstellung, die ich sehr lieb beigewonnen habe und die mir in der rumänischen Kulturlandschaft wie etwas ganz Au‎ßergewöhnliches vorkommt.



    Es handelt sich um ein kleines Archiv mit alten Bukarest-Fotos. Jeder kann sich eines davon wählen, beim Infokiosk einscannen lassen, und es dann in einem anderen Ausstellungsraum an die Wand kleben und daneben schreiben, was für Erinnerungen das besagte Foto bei ihm weckt. Viele Besucher und auch Schriftsteller haben unseren Vorschlag mit voller Begeisterung angenommen. ”Der erste Teil der der rumänischen Hauptstadt gewidmeten Trilogie, das Gedächtnis der Stadt” nimmt sich vor, eine kognitive und affektive Karte Bukarests zu schaffen. Die Organisatoren spornen die Einwohner dazu an, sich mit Bildern und Videos aus persönlichen Sammlungen, die verschiedene Ausschnitte aus Dokumentationen ergänzen, am Projekt aktiv zu beteiligen. Die Bukarester haben somit auch die Gelegenheit, ihre persönliche Beziehung zu ihrer Stadt zum Ausdruck zu bringen. Svetlana Cârstean erläutert:



    Der Prozess des Gedächtnisses” begann mit ein paar Menschen und wird, meiner Ansicht nach, mit deutlich mehr weitermachen. Darin liegt auch eines der Ziele unseres Projektes und eines der Kriterien, aufgrund derer jede Kandidatur ausgewertet wird: eine möglichst aktive und glaubwürdige Mobilisierung der Gemeinde. Ich wünsche mir, dass nicht nur Künstler über ihr eigenes Bukarest erzählen, selbst wenn dieser Aspekt beim Publikum viel Neugier weckt. Ich fand besonders interessant, als der Prosaschriftsteller Adrian Schiop sagte: wenn ich Geld haben werde, werde ich mir eine Wohnung im Randviertel Ferentari kaufen. Oder wenn jemand anderes darauf erwiderte, dass er möglichst weit weg von Bukarest gehen möchte. Ich bin selber nicht in Bukarest geboren, ich wuchs in Botoşani auf und die ersten Jahre meines Lebens verbrachte ich auf dem Land bei meinen Gro‎ßeltern. Ich habe also dieses Trauma, mich in einer Stadt einzuleben, zweimal erlebt: einmal als ich nach Botoşani zog, selbst wenn Botoşani eine kleine Stadt ist, und dann als ich in die Metropole Bukarest zog. Ich lebe seit 27 Jahren in Bukarest, theoretisch könnte ich sagen, dass ich mich hier zu Hause fühle. Ich fühle mich dennoch nicht richtig wie zu Hause, die Stadt hat mich mittlerweile nicht komplett adoptiert. Ich habe verschiedene Entwicklungsstadien Bukarests miterlebt, in zahlreichen und voneinander total unterschiedlichen Vierteln gewohnt. Ich glaube, dass mir dieses Projekt die ganze Zeit Überraschungen bereiten wird und es wird mir klar, dass ich mich gegenüber dem Subjekt neu positionieren muss.”




    Es besteht die Möglichkeit, dass sich Bukarest im Jahr 2021 der langen Liste der europäischen Kulturhauptstädte anschlie‎ßt. Der nationale Wettstreit der Städte, dessen Gewinner Rumänien dabei vertreten wird, startete im Dezember 2014. Um den Titel kämpfen auch Cluj-Napoca (Klausenburg), Timişoara, Iaşi, Craiova, Arad, Sfântu Gheorghe, Oradea, Alba Iulia (Karlsburg), Brăila und Braşov (Kronstadt).

  • Internationales Buchfestival Budapest: Rumänische Literatur keine Unbekannte im Nachbarland

    Internationales Buchfestival Budapest: Rumänische Literatur keine Unbekannte im Nachbarland

    Rumänien hat sich vergangene Woche mit mehreren Schriftstellern am Internationalen Buchfestival in Budapest beteiligt. Die Veranstaltungen haben erfolgreiche rumänische Schriftsteller zusammengebracht. Cartea Românească, Casa Radio, Hasefer, Humanitas, Humanitas Fiction, das Rumänische Kulturinstitut, Litera, der Militärische Verlag, Polirom, Tracus Arte, Univers, Vivaldi, Vremea, der Bukarester Universitätsverlag zählen zu den Publikationshäusern, die ihre Angebote während der Ausstellung präsentiert haben, die vom rumänischen Stand organisiert wurde. Die Literaturkritikerin Luminiţa Corneanu, Beraterin im Kulturministerium, hat Einzelheiten:



    Das Programm hatte als Ausgangspunkt die Übersetzungen ins Ungarische, die im letzten Jahr veröffentlicht wurden. Der kulturelle Austausch beginnt zu funktionieren. Es gibt in jedem Jahr Bücher, die übersetzt werden. Deshalb scheint es uns normal, dass die Hauptrichtung für die Förderung der rumänischen Literatur die Unterstützung jener Werke ist, die in Ländern erscheinen, wo Messen organisiert werden. Wir sind mit einem neuen Werk von Daniel Bănulescu, mit der Übersetzung des Romans »Matei Brunul« von Lucian Dan Teodorovici, dem Roman von Ioana Pârvulescu »Viaţa începe vineri«, der mit dem EU-Preis für Literatur ausgezeichnet wurde, präsent. Ein ungarischer Verlag bereitet die Veröffentlichung eines neuen Romans von Dan Lungu, »Fetiţa care se juca de-a Dumnezeu«, vor. Präsent war auch der junge Dichter ungarischer Abstammung Andrei Dosa. Er scheint eine Art Brücke zwischen der rumänischen und ungarischen Kultur zu sein. Auf Einladung des Rumänischen Kulturinstitutes in Budapest hatte Matei Vişniec einen besonderen Abend vor dem ungarischen Pubikum.“




    Die Literaturkritikerin Luminiţa Corneanu spricht nun über das zunehmende Interesse für die rumänische Literatur im Nachbarland:



    Ich glaube, das Interesse für die rumänische Literatur wird wach sein, so lange wir an internationalen Festivals und Messen teilnehmen. Das Interesse für eine bestimmte Literatur wird von der Qualität der Literatur beeinflusst. Die rumänische Literatur hat viel zu bieten. Unsere Aufgabe als Kulturinstitution, die Rumänien im Ausland vertreten muss, ist, die literarischen Produkte korrekt zu verpacken und sie dem ausländischen Publikum korrekt auszuliefern. Meine jüngste Erfahrung ist die von der Buchmesse in Leipzig, einer der schönsten Buchmessen in Europa. Mircea Cărtărescu erhielt den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. Die Besucher hatten zahlreiche Kenntnisse über Rumänien, sie interessierten sich für die rumänische Literatur, die ins Deutsche übersetzt wurde. Wir haben für die Leipziger Buchmesse einen Katalog herausgearbeitet, betitelt: Rumänische Bücher, die in deutscher Sprache veröffentlicht wurden.“