Tag: Studie

  • Kulturkonsum-Barometer: Teilhabe noch geringer als vor der Pandemie

    Kulturkonsum-Barometer: Teilhabe noch geringer als vor der Pandemie





    Das Nationale Institut für Kulturforschung und -ausbildung (INCFC) hat das sogenannte Barometer des Kulturkonsums 2022. Kulturelle Teilhabe und demokratische Perspektiven“ veröffentlicht. Die Studie, die Veränderungen in den kulturellen Konsumgewohnheiten bewertet und zum ersten Mal in Rumänien auch das Verhältnis zwischen Kultur und Demokratie analysiert, wurde während des 23. Nationalen Theaterfestivals vorgestellt.



    Die Daten bestätigen die während der Pandemie festgestellten Trends, d. h. die vorherrschende Vollziehung des Kulturkonsums in Online-Medien und nicht-öffentlichen Räumen. So sind laut Barometer die Auswirkungen der Pandemie auf den Kulturkonsum im öffentlichen Raum deutlich zu spüren, wobei der einzige Anstieg bei den Besuchen historischer Denkmäler oder archäologischer Stätten zu verzeichnen ist, die mindestens einmal im Jahr stattfinden: Im Jahr 2023 haben 59 % der Befragten ein Denkmal besichtigt, 2019 waren es nur 45 %. Beim öffentlichen Kulturkonsum sind hingegen folgende Rückgänge zu verzeichnen: der Besuch von Theateraufführungen ging von 29 % im Jahr 2019 auf 20 % im Jahr 2022 zurück, Kinobesuche von 35 % auf 26 %, der Besuch von Bibliotheken zum Lesen oder Ausleihen von Büchern von 28 % auf 17 %. Ein Rückgang ist auch beim Besuch von Museen, Ausstellungen oder Kunstgalerien zu verzeichnen, von 38 % im Jahr 2019 auf 30 % im letzten Jahr.



    Über den Pandemiekontext hinaus erklärt sich der Rückgang des Kulturkonsums im öffentlichen Raum auch durch die Zunahme von Barrieren für den Kulturkonsum, die für alle Verbraucherkategorien gelten. Nach Ansicht der Autoren der Erhebungen haben in den letzten Jahren und insbesondere während der Pandemie Hindernisse die Rezeption von Kultur nachhaltig gestört. Dagegen helfe nur die Förderung des Interesses an Kultur und des Verständnisses für kulturelle Produkte und künstlerisches Schaffen durch eine nachhaltige Bildung von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen.



    Die Studie untersucht auch die Verbindung zwischen kulturellen Konsumgewohnheiten und demokratischer Beteiligung. Professor Carmen Croitoru, Leiterin des Nationalen Instituts für kulturelle Forschung und Ausbildung, das die Studie in Auftrag gegeben hat, erläutert:



    Die Studie setzt sich mit klassischen Themen wie Kulturkonsum im öffentlichen bzw. im individuellen häuslichen Bereich auseinander. Hinzu kam ein Kapitel über die Verbindung zwischen demokratischer Teilhabe und Kultur. Im Vergleich zu anderen Ländern sind wir auf einem niedrigen Niveau des Kulturkonsums, wir haben keine gleichmä‎ßig ausgebaute Infrastruktur. Es gibt immer noch ein gro‎ßes Gefälle zwischen Stadt und Land; bei Kleinstädten sehen wir Versuche, nachzuholen und sich weiter sich zu entwickeln. Schlussfolgernd haben wir festgestellt, dass wir noch weniger Kulturkonsum im öffentlichen Raum als vor 2019 haben.“



    Das Kulturkonsum-Barometer ist die grö‎ßte landesweite Erhebung zur Messung kultureller Konsumgewohnheiten und wurde nach einer dreijährigen Unterbrechung aufgrund der COVID-19-Pandemie zum ersten Mal wieder in Auftrag gegeben. Die Studie basiert auf einer landesweit repräsentativen Stichprobenerhebung, die von September bis Oktober 2022 durchgeführt wurde.

  • GfK-Studie:  Kaufkraft in Rumänien um 51 % unter europäischem Durchschnitt

    GfK-Studie: Kaufkraft in Rumänien um 51 % unter europäischem Durchschnitt





    Erhebungen über den Lebensstandard durch verschiedene Unternehmen oder zentralisierte Daten des Nationalen Instituts für Statistik sind auch für Medien immer wieder von Interesse. Dies sind wichtige Indikatoren, denn sie spiegeln das Einkommensniveau und die Kaufkraft, den Lebensstandard und die Lebenszufriedenheit der Menschen wider. Au‎ßerdem sagen die Daten etwas über den Bildungsstand oder den Gesundheitszustand einer Gesellschaft aus und helfen bei Berechnungen darüber, inwieweit sich die Menschen ein Haus, ein Auto oder einen Urlaub leisten können.



    Eine unlängst veröffentlichte Studie des Marktforschungsunternehmens GfK Purchasing Power Europe zeigt zum Beispiel, dass 2022 weder Flugtickets noch Urlaubspakete unter Konsumenten sehr gefragt waren. Die Rumänen machen sich in diesem Zusammenhang eher Sorgen über die künftige wirtschaftliche Entwicklung und sind eher sparsam, wenn es um Ausgaben geht. Laut der Umfrage beabsichtigt die Mehrheit der Rumänen (68 %), mehr zu sparen und in Bildung zu investieren (22 %). Die Studie zeigt auch, dass die durchschnittliche Kaufkraft um 51 % unter dem europäischen Durchschnitt lag, was Rumänien auf Platz 31 unter den 42 bedachten Ländern positioniert.



    Die neuesten Daten vom Nationalen Institut für Statistik bestätigen den Trend zur Sparsamkeit in Rumänien. Zwar hat das durchschnittliche Monatseinkommen in Rumänien im vergangenen Jahr fast 6 500 Lei (etwa 1 300 Euro) pro Haushalt betragen und war damit um fast 14 % höher gegenüber 2021, doch hei‎ßt das nicht zwangsläufig, dass auch der Lebensstandard gestiegen ist. Das liegt daran, dass die Inflation die höheren Einkommen erodierte — die Ausgaben betrugen mehr als 85 % des verdienten Geldes. In Städten lag das monatliche Gesamteinkommen bei über 7 000 Lei (ca. 1 400 Euro), d. h. es war 1,3-mal höher als im ländlichen Milieu.



    Die wichtigsten Ausgaben entfielen auf den alltäglichen Verbrauch der Haushalte (über 60 %) und auf Steuern und Abgaben (30 %). Ein Drittel der Ausgaben eines Haushaltes entfiel auf Lebensmittel, gefolgt von Wohnkosten und Versorgungsleistungen wie Strom und Gas. Für Alkohol und Tabak gaben die Rumänen 265 Lei (umgerechnet 53 €) im Monat aus, für Bildung nur 17 Lei (rund 3,40 €).



    Unzureichende Einkommen haben erhebliche soziale Folgen — sie treiben immer mehr Berufstätige auf die Stra‎ße. Seit fast drei Wochen beherrscht der Generalstreik der Lehrer die Schlagzeilen, und auch Beschäftigte des Gesundheitswesens, der Justizvollzugsanstalten sowie Berufsfahrer fordern höhere Löhne. Die Regierung ist nun in der Zwickmühle — die Forderungen der Gewerkschaften können nicht als ungerechtfertigt abgetan werden, au‎ßerdem müssen die staatlichen Ausgaben gekürzt werden, weil die Haushaltseinnahmen nicht so hoch sind wie erwartet. Prognosen besagen au‎ßerdem, dass das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr voraussichtlich geringer ausfallen wird und dass die Inflation sich immer noch im zweistelligen Bereich bewegen wird.

  • Rentenreform: Brüssel gibt grünes Licht für Anhebung des Rentenalters

    Rentenreform: Brüssel gibt grünes Licht für Anhebung des Rentenalters





    Das Renteneintrittsalter wird schrittweise für alle Bürger bis zum Alter von 65 Jahren angehoben und künftig soll keine Rente mehr in Rumänien das Gehalt übertreffen, hat Arbeitsminister Marius Budăi angekündigt. Darüber hinaus werden einige Sonderzulagen abgeschafft. Dies sind einige der Kriterien, auf die er sich mit der Europäischen Kommission geeinigt hat, damit der Meilenstein Rentenreform“ des Nationalen Konjunkturprogramms (PNRR) als erfüllt gilt.



    Ein weiterer Grundsatz ist die schrittweise Anhebung des geforderten Dienstalters oder der Betriebszugehörigkeit für jene Arbeitnehmerkategorien, bei denen dies noch nicht der Fall war. Andererseits werden einige Privilegien für bestimmte Berufsgruppen wie Richter, Staatsanwälte und Parlamentsbeamte abgeschafft. Welche Privilegien abgeschafft werden, erklärt im Folgenden Arbeitsminister Marius Budăi:



    Es geht um die Abschaffung bestimmter Kategorien von Zulagen und Renten, die bisher auf der Grundlage von Sondergesetzen festgelegt und gezahlt wurden. Auch wird bei der Berechnung der Rente nicht mehr automatisch die höchste Verdienststufe auf die gesamte Laufbahn angerechnet. Wer beispielsweise als Jurist nicht durchgängig 20 Jahre im Richterdienst war, darf zudem nicht mehr sein gesamtes Dienstalter als Richterkarriere geltend machen.“



    Laut Minister Budăi gibt es eine von der Weltbank durchgeführte Auswirkungsstudie, die vor seinem Besuch in Brüssel an die Europäische Kommission geschickt wurde und auf der sich die Diskussionen mit den EU-Beamten stützten. Er eröffnete jedoch nicht, wann die neuen Bestimmungen in Kraft treten werden, sagte hingegen, dass die Koalitionsregierung diese Woche noch Änderungen einbringen und der Abgeordnetenkammer vorlegen wird, die anschlie‎ßend über das neue Rentengesetz beraten soll.



    Bislang lag das Standard-Rentenalter in Rumänien bei 63 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männer. Die europäischen Länder mit der höchsten Lebenserwartung sind Norwegen (83,3 Jahre), Island (83,1 Jahre) und Irland (82,8 Jahre), während die Schlusslichter der Rangliste Litauen (75,1 Jahre), Rumänien (74,2 Jahre) und Bulgarien (73,6 Jahre) sind. Mehr als die Hälfte aller Todesfälle in Rumänien sind auf riskantes Gesundheitsverhalten zurückzuführen: Die Rumänen trinken viel Alkohol, rauchen übermä‎ßig, ernähren sich ungesund und treiben wenig Sport, so der Bericht der Weltbank.

  • Arbeitsmigration: Zurückgelassene Kinder oft belastet

    Arbeitsmigration: Zurückgelassene Kinder oft belastet





    Seit mehr als 20 Jahren, seit das Phänomen der Auswanderung von Arbeitskräften in Rumänien weit verbreitet ist, zeigt sich eine seiner dramatischsten Auswirkungen: Kinder, die in ihrem Heimatland in der Obhut von Gro‎ßeltern oder anderen Verwandten zurückgelassen werden. Einige Eltern nehmen zwar ihre Kleinkinder mit, wenn sie zu verschiedenen Arbeitsplätzen in der EU aufbrechen, doch gibt es nicht wenige Fälle von Familien, die durch die dauerhafte Niederlassung im Ausland auseinandergerissen werden.



    Die NGO Save the Children“ macht schon seit vielen Jahren auf diese Situation aufmerksam, die nun auch in einer statistischen Studie quantifiziert wurde. Auf der Grundlage von Daten, die zwischen Juli und September 2022 erhoben wurden, zeigt die Untersuchung, dass fast ein Viertel der rumänischen Kinder im Alter von 0 bis 17 Jahren mindestens einen Elternteil hat, der zum Zeitpunkt der Untersuchung dauerhaft im Ausland arbeitete. Bei 61,5 % dieser Kinder war nur der Vater weg, bei 20,4 % war nur die Mutter fernab von der Familie, und bei 18,1 % befanden sich beide Elternteile im Ausland.



    Landesweit befinden sich mehr als 500 000 rumänische Kinder in dieser Situation, die meisten von ihnen müssen schon in einem sehr frühen Alter ohne Eltern auskommen. Im Durchschnitt lässt die Mutter die Familie zurück, sobald das Kind 6 Jahre alt ist, während der Vater in der Regel schon einen Job im Ausland findet, wenn das Kind noch jünger ist. Wenn es um die Entscheidung geht, zwecks einer besser bezahlten Arbeit ins Ausland zu ziehen, so werden die Kinder bereits in jungen Jahren zu Rate gezogen, wie die Studie zeigt. Anca Stamin von der NGO Save the Children“ nuanciert jedoch das düstere Gesamtbild, das die Studie zeichnet:



    83 % der befragten Erwachsenen gaben an, dass ihr Kind an der Entscheidung, das Land zu verlassen, beteiligt war. Im Gegensatz dazu gaben die Kinder an, dass sie in deutlich geringerem Ma‎ße beteiligt waren (62 %), und wir neigen dazu, eher den Aussagen der Kinder zu glauben. Au‎ßerdem gab fast ein Drittel der befragten Kinder (31 %) an, dass sie mit dem Wegziehen ihrer Eltern ins Ausland nicht einverstanden waren, selbst wenn sie gefragt wurden. Au‎ßerdem hat die Umfrage gezeigt, dass die meisten Kinder, die sich in dieser Situation befinden, von den Sozialämtern nicht erfasst werden. Im Grunde gaben nur 39 % der Eltern an, dass das Sozialamt über die Situation des Kindes Bescheid wei‎ß. Was die Unterrichtung der Schulen betrifft, so gaben 57 % der Eltern an, dass sie die Schule über die Situation informiert hätten. Es liegt auf der Hand, dass keine der beiden Institutionen über vollständige Informationen verfügt. Daraus ergibt sich, dass die Eltern oder Betreuer zögern, den Wegzug der Eltern zu melden — weder der Schule noch den Behörden.“




    Die Tatsache, dass nicht alle Eltern die Situation ihrer zurückgelassenen Kinder den Behörden melden, erschwert es diesen oder NGOs, bei Problemen einzugreifen. Und die Studie von Save the Children“ weist auf die zusätzlichen Risiken für Kinder hin, die von Eltern zurückgelassen werden, die zum Arbeiten ins Ausland gezogen sind, führt Anca Stamin weiter aus:



    Bei einigen Risikoverhaltensweisen wurde ein sehr gro‎ßer Unterschied zwischen Kindern aus Migrantenfamilien und Kindern aus Familien ohne Migrationshintergrund festgestellt. Bei ersteren ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Internet expliziten sexuellen und pornografischen Inhalten ausgesetzt sind, um 38 % höher, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich aggressiv gegenüber anderen Kindern verhalten und Alkohol konsumieren, ist doppelt so hoch. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit, verbotene Substanzen zu sich zu nehmen oder Zigaretten zu rauchen, wesentlich höher. All dies geschieht vor dem Hintergrund mangelnder elterlicher Kontrolle, des leichten Zugangs zu elektronischen Geräten, der schlechten Kommunikation mit Eltern oder Betreuern und der fehlenden Gesundheitserziehung. Und diese aggressiven Verhaltensweisen können eine Form der Externalisierung der negativen Gefühle, der emotionalen Erfahrungen sein, die das Kind nach dem Auszug der Eltern macht. In unserer Erfahrung in der Arbeit mit Kindern dieser Kategorie sind wir oft auf Kinder gesto‎ßen, die sich verlassen fühlen oder Schuldgefühle wegen des Wegzugs ihrer Eltern entwickeln. Selbst wenn die Eltern es gut gemeint haben, war es falsch, dem Kind zu sagen, dass sie weggehen, um ihnen durch ein höheres Einkommen ein besseres Leben zu ermöglichen, denn damit haben sie dem Kind eine zusätzliche Last aufgebürdet.“




    Kommunikation ist sehr wichtig, um die Familie zusammenzuhalten, und die digitale Revolution von heute macht dies viel einfacher. So kommuniziert die Mehrheit der im Ausland arbeitenden Eltern über Online-Videoplattformen mit ihren Kindern und nur 19 % ausschlie‎ßlich per Telefon. 45 % nehmen einmal am Tag Kontakt auf, und etwa 15 % der Familien kommunizieren mehrmals am Tag. Die Statistik zeigt aber, dass es auch Situationen gibt, in denen die Kommunikation seltener ist: 33 % der im Ausland lebenden Eltern sprechen einmal alle zwei bis drei Tage mit ihren Kindern und 7 % nur einmal pro Woche. Darüber hinaus sprechen 20 % der Jugendlichen, deren Eltern im Ausland arbeiten, einmal pro Woche oder seltener mit ihnen. Andreea ist 12 Jahre alt und geht in die sechste Klasse. Ihr Vater arbeitet seit ihrem zweiten Lebensjahr in der Schweiz.



    Wir sind telefonisch oder durch Kurznachrichten in Kontakt. Wenn er Urlaub hat oder sich die Möglichkeit ergibt, kommt er vorübergehend in die Heimat. Wir sehen uns also eher selten und halten den Kontakt übers Handy oder durch Messages auf. Es ist weder eine sehr herzliche noch eine distanzierte Beziehung. Es ist schon ok, aber ich muss sagen, dass ich meiner Mutter viel näher stehe.“




    Andreea eröffnete noch, dass sie ihren Vater noch nie in der Schweiz besucht hat, doch bestehe die Möglichkeit, dass sie ihn diesen Sommer dort besucht, um zwei Wochen zusammen zu verbringen. Obwohl die finanzielle Situation der Familie durch die Überweisungen des Vaters jetzt besser sei, hätte sie es trotzdem vorgezogen, dass sich die Familie nicht auf diese Weise trennt. Au‎ßerdem lehnt sie es ab, zum Vater in die Schweiz zu ziehen.



    Es geht nicht darum, dass es die Möglichkeit nicht gäbe, in die Schweiz zu ziehen. Doch ich will nicht wegziehen, und meine Mutter würde es auch nicht zulassen, denn wir haben uns hier in Rumänien ein Leben aufgebaut. Ich gehe hier in die Schule, habe Freunde, meine Mutter hat auch Freunde am Arbeitsplatz, es wäre einfach schwer, von vorne anzufangen, sich ein neues Leben in einem anderen Land mit einer anderen Sprache aufzubauen.“




    Obwohl Andreea mit ihrer derzeitigen Situation im Reinen zu sein scheint und in der Schule gute Leistungen bringt, zeigt die Studie von Save the Children“, dass die Migration eines Elternteils mit einer 62%-igen Wahrscheinlichkeit einhergeht, dass die Leistungen der Kinder in den ersten Schuljahren stagnieren.

  • Kulturkonsum im kleinstädtischen Milieu: Angebot nicht ausreichend auf Jugendliche zugeschnitten

    Kulturkonsum im kleinstädtischen Milieu: Angebot nicht ausreichend auf Jugendliche zugeschnitten





    Laut Kulturwissenschaftlern ist die Kultur nicht nur eine Welt an sich, sondern auch ein Medium, das unterschiedliche Werte transportiert. Au‎ßerdem sind Kulturräume in der heutigen Welt nicht nur Orte, die der Kultur gewidmet sind, sondern auch Träger gesellschaftspolitischer Grundsätze und Haltungen. Ausgehend von diesen Prämissen zielte die Studie Kulturkonsum junger Menschen in kleinen und mittelgro‎ßen Städten“ im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung in Rumänien darauf ab, zu untersuchen, inwieweit kulturelle Aktivitäten in kleinen städtischen Gebieten mit der feministischen Perspektive verflochten sind und ob junge Männer und Frauen kulturelle Veranstaltungen mit bestimmten sozialen Werten verbinden.



    Ein weiterer Ausgangspunkt für diese Untersuchung war der schlechte Zustand der kulturellen Infrastruktur in den Kleinstädten: wenige öffentliche Bibliotheken, geschlossene Kinos, Kulturhäuser, die entweder nicht funktionieren oder zweckentfremdet werden. Mehr als 225 Jugendliche im Alter von 13 bis 20 Jahren haben an der Umfrage teilgenommen, wobei der Anteil der Mädchen bei über 75 % lag. Der überwiegende Anteil von weiblichen Auskunftspersonen lag nicht in der Absicht der Autoren der Umfrage, sondern es haben sich einfach mehr Mädchen und junge Frauen entschieden, die Fragebögen auszufüllen und an den Interviews teilzunehmen, versichert Carmen Voinea, die Koordinatorin der Studie, der zufolge die Befragten eindeutig einen Zusammenhang zwischen einem bestimmten Verhalten beim Kulturkonsum und der Genderproblematik hergestellt haben.



    Aus ihren Antworten ging hervor, dass an der Schnittstelle zum kulturellen Konsum auch umfassendere Fragen der Gleichstellung der Geschlechter und der sozialen Eingliederung auftauchen. Eines ihrer Bedürfnisse war z.B. das Vorhandensein von Kulturräumen, in denen sich unterschiedliche Menschen, einschlie‎ßlich der LGBT-Gemeinschaft, sicher fühlen können. Das Bedürfnis, Probleme in der Gemeinschaft durch Kultur zu lösen, kam in den Interviews und Fragebögen ebenfalls zum Ausdruck. Darüber hinaus erzählten uns viele Teilnehmer an der Umfrage, dass sie durch den Kinobesuch und das Anschauen bestimmter Filme begonnen hatten, sich mit feministischen und geschlechtsspezifischen Themen auseinanderzusetzen. Wir haben versucht, ihre subjektive Beziehung zu diesen Kulturräumen zu erfassen. Auch wenn wir auf dem Papier oder sogar ganz konkret Museen, Bibliotheken und Kulturzentren haben, sind sie für junge Menschen vielleicht nicht immer attraktiv. Der Inhalt ist nicht auf sie zugeschnitten. Sie haben das Bedürfnis, einbezogen zu werden und aus einer partizipatorischen Position heraus in einigen Fällen zu Mitgestaltern dieser Räume für kulturelle Produkte zu werden. Die Tatsache, dass mehr Frauen an der Umfrage teilgenommen haben, könnte auf ein grö‎ßeres Interesse junger Frauen am Kulturkonsum im Zusammenhang mit dem Feminismus hinweisen.“



    Der Kulturkonsum junger Menschen hänge allerdings von der Infrastruktur und dem kulturellen Angebot ab, denn ihre Gewohnheiten spiegeln die Vielfalt und den Reichtum dieses Angebots wider — oder, im Gegenteil, seine Spärlichkeit, erläutert weiter Carmen Voinea:



    Erstens haben wir festgestellt, dass die häufigsten kulturellen Aktivitäten von Jugendlichen in Einsamkeit und in häuslicher Umgebung stattfinden oder ausgeübt werden. Auch die kulturellen Aktivitäten, die im öffentlichen Raum zugänglich sind, sind nicht sehr abwechslungsreich und nicht auf Jugendliche zugeschnitten. Obwohl ein hoher Prozentsatz der Befragten Kinobesuche attraktiv und interessant findet, gaben gleichzeitig 45 % von ihnen an, dass sie im letzten Jahr keinen Film im Kino gesehen haben. 48 % der Befragten gaben au‎ßerdem an, dass sie in eine andere Stadt fahren mussten, um ins Kino zu gehen.“




    Diese Zahlen sprechen für den Wunsch junger Menschen, ein Kino in ihrer Stadt zu haben. Die Umfrage ergab auch, dass das alte, geschlossene Kino in vielen Orten immer noch als ein Wahrzeichen wahrgenommen wird, selbst von den Jugendlichen, die es nicht als Kino erlebt haben. Die Studie über den Kulturkonsum junger Menschen enthält auch ermutigende Nachrichten, sagt zum Schluss erneut Carmen Voinea:



    Die Bibliotheken waren in der Art und Weise, wie sie in den von den Jugendlichen erstellten Mindmaps auftauchen, eine Überraschung für uns. In einigen Städten boten die Bibliotheken den Jugendlichen nicht nur Platz zum Lesen oder Ausleihen von Büchern, sondern auch einen Raum, in dem sie Ideen entwickeln konnten, z.B. von koreanischen Kulturclubs bis hin zu Karaoke-Abenden. In Călărași etwa, einer Kleinstadt an der Donau in Südrumänien, sagte eine junge Frau, die Bibliothek sei ihr Lieblingsort in der Stadt. Dasselbe gilt für die ehemalige Industriestadt Slatina. In der Bibliothek fanden sie einen Raum, in dem sie sich entfalten konnten, und einen Raum, in dem sie als Mitgestalter direkt am Kulturkonsum teilhaben konnten. Darüber hinaus sind die von den Jugendlichen am meisten besuchten Orte immer noch öffentliche Räume. 70 % der Orte, an denen sie Kultur konsumieren, sind öffentlich. Wenn sie hingegen über feministische Themen diskutieren, tun sie dies eher in privaten und informell organisierten Räumen. Auch wenn Jugendliche nach wie vor die öffentliche Infrastruktur am stärksten in Anspruch nehmen, gibt es dort immer noch nicht genug Offenheit, um feministische Themen anzusprechen.“




    Zu den Schlussfolgerungen der Studie Kulturkonsum junger Menschen in kleinen und mittelgro‎ßen Städten“ gehört daher auch die Empfehlung an die lokalen Behörden, die kulturellen Aktivitäten im öffentlichen Raum wiederzubeleben und sie integrativer zu gestalten, denn die Studie habe eindeutig gezeigt, dass es Interessenten dafür gibt.

  • Soziales Bildungsrisiko: Schüler aus prekären Verhältnissen sind benachteiligt

    Soziales Bildungsrisiko: Schüler aus prekären Verhältnissen sind benachteiligt

    Über das rumänische Schulsystem wird schon seit langem viel geschrieben, von allen Seiten und aus allen Blickwinkeln. Eltern, Lehrer und Schüler brachten ihre eigenen Ansichten darüber ein, warum beispielsweise die Abbrecherquoten so hoch sind (im Jahr 2020 lag sie bei 15,3%, also über der EU-Rate). Viel diskutiert wurde auch, warum die Schüler so schlecht ausgebildet sind — denn 2018 galten etwa 40% der 15-jährigen Schüler als sogenannte funktionale Analphabeten. Ein anderes Thema war, warum die Lehrer nicht motiviert sind.



    Hinzu kommt die Tatsache, dass verschiedene soziologische Studien darauf hinweisen, dass viele Schüler aus ländlichen und benachteiligten Gebieten sehr arm sind, was Auswirkungen auf ihre Bildung hat. Um Klarheit zu schaffen, hat die NGO Human Catalyst das Konzept des sozialen Bildungsrisikos entwickelt, ein Instrument zur Messung von Bedingungen, die zu schlechten schulischen Leistungen und sozialer Ausgrenzung aufgrund schlechter Bildung führen. Unter diesem Gesichtspunkt wurden fast alle Schulen in Rumänien über einen Zeitraum zwischen 2015 und 2019 geprüft, wobei die Untersuchung auf Klassen zwischen der ersten und achten Klasse lief. Es handelt sich dabei um ein Aggregationsinstrument, da die Schulleistungen stark von dem Umfeld beeinflusst werden, in dem die Bildung stattfindet, erläutert Laura Greta Marin, die Human Catalyst vorsteht:



    Mit Hilfe von Langzeitdokumentationen, theoretischen Studien, aber auch Feldforschung haben wir diese Formel und diesen Algorithmus entwickelt, bei dem wir Bildungsdaten mit Informationen über den Kontext, in dem das Kind lebt, oder über die Gegend, in der die Schule liegt, kombinieren. Das ist wichtig, denn es ist eine bekannte Tatsache, dass die Umgebung einen erheblichen Einfluss auf die schulischen Leistungen hat. Daher war es uns ein gro‎ßes Anliegen, einen relevanten und vertrauenswürdigen Indikator zu finden, der zusätzlich zu den offiziellen Daten über Bildungssysteme verwendet werden kann. Es handelt sich dabei um ein Instrument zur Aggregation von Daten über das schulische Umfeld wie auch über das Lebensumfeld der Menschen.“





    Die Ergebnisse der Anwendung des Sozialen Bildungsrisikos zur Untersuchung rumänischer Schulen über vier Jahre wurden kürzlich in einer einschlägigen Studie veröffentlicht. Sie wird von einer Online-Karte begleitet, die die Situation der Schulen in jedem Landkreis detailliert beschreibt. Doch welche Indikatoren flie‎ßen in das Bildungsrisiko ein? Zum einen die Schulabbrecherquote, aber auch andere Elemente, die Laura Greta Marin erklärt:



    Ein wichtiger Indikator ist die Ausbildung der Lehrer, ausgedrückt durch die Anzahl der Lehrer ohne angemessene Ausbildung im Verhältnis zur Gesamtzahl der Lehrer in einer bestimmten Einheit. Dann haben wir die Schüler gezählt, die nicht an der nationalen Lernstanderhebung teilgenommen haben, und auch den Notendurchschnitt der Schüler, die daran teilgenommen haben. Auch ziehen wir den sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand der Region oder des Ortes heran, den wir von der Weltbank haben. Hier wird die Ausgrenzung von 1 bis 4 eingestuft, wobei 4 der maximale Grad ist. Dies bedeutet ein niedriges Bildungsniveau sowie ein niedriges soziales und wirtschaftliches Niveau.“





    Nachdem Human Catalyst so über 4000 Schulen prüfte, kam der Verein zum Schluss, dass fast 40% von ihnen zwischen 2018 und 2019 sozialpädagogisch gefährdet waren. Über 1.500 wurden als benachteiligt“ eingestuft, also fast 40%. Das ist weit mehr als im Zeitraum 2017–2018, als 27% der Schulen benachteiligt“ waren, und noch mehr als 2015–2016. Am schlimmsten schnitten die Landkreise Covasna, Vaslui, Mureș, Călărași und Tulcea ab. Auch in Bezug auf die Lehrerausbildung besagt die Human Catalyst-Studie, dass es für benachteiligte Gebiete schwierig ist, an ausgebildetes Lehrpersonal zu kommen. Rückläufig sind die Ergebnisse der Nationalen Lernstandserhebung am Ende der 8. Schulklasse. Bei der Analyse dieser Ergebnisse kamen die Mitarbeiter von Human Catalyst zu dem Schluss, dass die Durchschnittsnoten im Schuljahr 2018–2019 in allen Landeskreisen mit vier Ausnahmen im Vergleich zum Schuljahr 2015–2016 niedriger waren.



    Die Studie gilt nun als Grundlage für die Bildungspolitiker, die Gegenma‎ßnahmen erarbeiten müssen.

  • Nachrichten 08.07.2020

    Nachrichten 08.07.2020

    Weitere 18 Todesfälle bei Menschen, die mit dem neuen Coronavirus infiziert waren, sind in Rumänien registriert worden. Das teilte die Gruppe für strategische Kommunikation am Mittwoch mit. Insgesamt sind 1.817 Menschen, bei denen COVID-19 diagnostiziert wurde, gestorben. Ebenfalls am Mittwoch wurden weitere 555 Infektionsfälle gemeldet, womit sich die Gesamtzahl der Fälle auf 30.175 erhöht. Derzeit befinden sich 237 Patienten auf der Intensivstation. Von den Personen, die als positiv bestätigt wurden, sind 22.284 entlassen worden. 5.095 Auslandsrumänen sind positiv getestet worden, 122 sind gestorben. Experten rufen zur Verantwortung auf und sagen, dass die gegenwärtige Entwicklung der Epidemie mit vielen Ausbrüchen durch Übertragung in der Gemeinschaft darauf zurückzuführen ist, dass Präventionsma‎ßnahmen nicht ausreichend beachtet werden.



    Die Coronavirus-Pandemie hat seit Ausbruch der Krankheit in China Ende Dezember weltweit fast 540.000 Menschen getötet, berichtet France Presse aus offiziellen Quellen. Etwa 11.700.000 Infektionsfälle sind in 196 Ländern und Territorien offiziell diagnostiziert worden, von denen über 6 Millionen als genesen gelten. In den USA wurden am Dienstag mehr als 60.000 neue Infektionsfälle gemeldet, ein Rekord für einen Zeitraum von 24 Stunden. In den Vereinigten Staaten, dem am stärksten betroffenen Land der Welt, hat die Epidemie fast 3 Millionen Fälle erreicht. Washington hat bestätigt, dass es die UNO offiziell über den Rückzug der USA aus der Weltgesundheitsorganisation informiert hat, der es vorwirft, verspätet auf die Pandemie reagiert zu haben. Die Vereinigten Staaten sind der grö‎ßte Beitragszahler zur WHO. Mehrere Länder, wie Australien und Spanien, sind mit lokalen Pandemieausbrüchen konfrontiert und haben wieder Eindämmungsma‎ßnahmen eingeführt. In Serbien kam es in der Hauptstadt Belgrad zu Zusammenstö‎ßen zwischen Tausenden von Demonstranten und Polizeikräften, nachdem die Regierung als Reaktion auf die Zunahme der Covid-19-Fälle eine Wochenendquarantäne in der Stadt angekündigt hatte. Die Menschenmenge stürmte das Parlamentsgebäude.



    Die Schätzung der Europäischen Kommission, dass die Wirtschaft Rumäniens im Jahr 2020 um 6% zurückgehen wird, ist zu pessimistisch, erklärte der rumänische Finanzminister Florin Cîțu am Mittwoch. Während einer Fachkonferenz erinnerte er daran, dass das Nationale Institut für Statistik am Dienstag das Wachstum der rumänischen Wirtschaft im ersten Quartal des Jahres um 2,7% bestätigt hat. Für das kommende Jahr schätzt die EK einen Anstieg des rumänischen BIP um 4%, verglichen mit einem prognostizierten Anstieg von 4,2% im Mai. Auf der anderen Seite würde die Inflationsrate in diesem Jahr 2,5% und im nächsten Jahr 2,8% betragen. Was die Wirtschaft der EU betrifft, so hat die EU-Exekutive davor gewarnt, dass sie im Jahr 2020 aufgrund der durch das Coronavirus verursachten Pandemie eine tiefe Rezession erleben wird, trotz der schnellen und umfassenden politischen Reaktion auf Unions- und nationaler Ebene. Ebenfalls heute traf die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in Brüssel mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, David Sassoli, und dem Ratspräsidenten, Charles Michel, zusammen, um das Konjunkturprogramm der Union nach der durch die Covid-19-Pandemie verursachten Krise zu erörtern. Ebenfalls anwesend sind Bundeskanzlerin Angela Merkel, deren Land die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft innehat.



    Die rumänische Abgeordnetenkammer debattiert und stimmt als Entscheidungsgremium in dieser Angelegenheit über den von der oppositionellen Demokratischen Union der ethnischen Ungarn initiierten Gesetzentwurf ab, mit dem der 27. September als Termin für die Kommunalwahlen festgelegt wird. Der Gesetzentwurf wurde am Dienstag vom Senat gebilligt, der mehrere Änderungsanträge eingebracht hat. Die meisten beziehen sich auf die Organisation der Wahlen und wurden von der Ständigen Wahlbehörde gebilligt. In der Zwischenzeit hat die Ständige Wahlbehörde den Kalender und die wichtigsten Etappen des Wahlprozesses veröffentlicht. Der Wahlkampf soll am 28. August beginnen und am Tag vor der Wahl enden. Es ist auch vorgesehen, die Mindestzahl der für die Einreichung von Anträgen erforderlichen Unterstützer zu halbieren. Die Kommunalwahlen sind wegen der Coronavirus-Pandemie auf den Herbst verschoben worden. Auch in Rumänien stehen in diesem Jahr Parlamentswahlen an.



    In Rumänien wird die Sondersitzung der Abiturprüfung fortgesetzt, die zum ersten Mal vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie organisiert wurde. Der erste Test, in rumänischer Sprache und Literatur, fand am Montag statt, heute ist der Profil- und Spezialisierungstest und morgen ist der Tag für den Test in der Muttersprache und Literatur. 141 Schülerinnen und Schüler werden in diesen Tagen getestet, da sie wegen gesundheitlicher Probleme nicht gleichzeitig mit ihren Kolleginnen und Kollegen an den Abiturprüfungen teilnehmen konnten. Die Beförderungsrate, die bei der Juni-Juli-Sitzung der nationalen Abiturprüfung nach Lösung der Einsprüche registriert wurde, beträgt 64,5 %.



    Rumänien hat ein Viertel der minderjährigen Mütter in der Europäischen Union und liegt damit an erster Stelle unter den Mitgliedsstaaten. Mehr als 8.600 Mädchen wurden vor ihrer Volljährigkeit, also vor zwei Jahren, Mütter, und 725 von ihnen sogar schon vor ihrem 15. Eine von der Organisation “Rettet Rumäniens Kinder” durchgeführte Studie zeigt, dass weniger als 2% der minderjährigen Mütter mit den öffentlichen Sozialhilfeleistungen interagierten, die Hälfte von ihnen keine Informationen über Sexualerziehung erhielt und fast zwei Drittel die Schule vor der Schwangerschaft abgebrochen hatten. 10% der Väter sind selbst minderjährig.

  • Arbeitsmarkt in der Pandemie: 19% der Arbeitnehmer haben Job verloren

    Arbeitsmarkt in der Pandemie: 19% der Arbeitnehmer haben Job verloren

    Die meisten Rumänen, die während der Coronavirus-Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren haben, sind zwischen 45 und 54 Jahre alt, kommen aus ländlichen Gebieten oder Kleinstädten und haben eine prekäre Ausbildung. Dies sind die Ergebnisse einer IPSOS-Studie, die zwischen dem 11. und 17. Mai 2020 in Rumänien durchgeführt wurde. Der Studie zufolge haben 19% der Befragten ihren Arbeitsplatz verloren, 16% wurden in die konjunkturelle Arbeitslosigkeit geschickt, 14% haben vor der Pandemie nicht gearbeitet und arbeiten auch jetzt nicht und 27% von ihnen gaben an, dass sich am Arbeitsplatz durch die Coronavirus-Pandemie nichts geändert habe.



    Viele Menschen arbeiten jetzt von zu Hause aus. Die meisten stammen aus Bukarest und haben eine höhere Ausbildung. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Frauen, junge Menschen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren, Menschen mit höherer Bildung. 22% der in der Studie befragten Personen arbeiten weiterhin am alten Arbeitsplatz. Die stabilsten Bereiche sind IT, Human Resources, Marketing.



    Angestellte in den Bereichen Buchhaltung, Finanzen, Transport, Tourismus, Call Center suchen aktiv nach neuen Jobs, auch au‎ßerhalb ihrer Ausbildungsbereiche. Dragoş Gheban, geschäftsführender Manager der Rekrutierungsplattform hipo.ro, fasst zusammen, wie der Arbeitsmarkt in Rumänien heute aussieht:



    Nach einer Analyse auf dem Karriereportal hipo.ro stellte sich heraus, dass die Bereiche mit den meisten Arbeitsplätzen derzeit folgende sind: an erster Stelle IT-Software und IT-Hardware, an zweiter Stelle der Finanzbereich, zu dem auch Arbeitsplätze im Banken- und Versicherungswesen gehören, an dritter Stelle Kundenbeziehungen, und hierunter haben wir die Supportleistungen, gefolgt von den Bereichen Vertrieb, der in letzter Zeit zugenommen hat, Engineering, Produktion, Beschaffung, Logistik und Personalwesen. Unsere Prognose für den nächsten Zeitraum ist, dass die Wiedereröffnung von Restaurants und Hotels, allgemein als HoReCa-Branche bekannt, die Möglichkeiten erhöhen wird. Auch im Verkaufsbereich wird der Umsatz wieder steigen und durch die Steigerung der Produktion werden sich die Unternehmen erholen.“




    Die Plattform hipo.ro hat auch eine virtuelle Jobmesse für Nachwuchskandidaten eingeführt; mehr dazu von Dragoş Gheban:



    Für Junioren gibt es gute Nachrichten. Wir haben eine virtuelle Messe gestartet, mit der wir versucht haben, viele Arbeitsmarktgelegenheiten für Junioren zu zentralisieren, und es ist uns gelungen, im Moment einige hundert Gelegenheiten anzubieten. Ich würde aber den Nachwuchskandidaten vorschlagen, mehr Zeit in den Rekrutierungsprozess zu investieren. Wir empfehlen den Junioren, sich für mehrere Programme zu bewerben, um sicher zu stellen, dass sie diesen Sommer nicht verschwenden und Zeit für ihre Karriere gewinnen.“




    Die IPSOS-Studie enthält auch Informationen über die emotionalen Reaktionen der Befragten. Nach der anfänglichen Panik entstand Besorgnis, vor allem bei den Frauen. 40% der Befragten waren optimistisch, und 38% standen unter Spannung und Stress. Männer sind gegenüber diesem emotionalen Stress widerstandsfähiger, besser informiert und pragmatischer. Frauen sind besorgter und zurückhaltender gegenüber einem Anpassungsplan. Menschen, die in der Produktion arbeiten, sind auch pragmatischer und optimistischer. Die im Dienstleistungsbereich arbeitenden Menschen sind besorgt und angespannt, aber sie fühlen sich im Vergleich zu Beschäftigten in anderen Bereichen in einer privilegierten Position.



    48% der Befragten, die von zu Hause aus gearbeitet haben, geben an, dass sie gern oder sogar sehr gern an ihren Arbeitsplatz zurückkehren möchten. 18% sagen, dass sie weniger dazu neigen, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Diejenigen, die am wenigsten an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollen, sind junge Menschen zwischen 25 und 45 Jahren, Personen mit Hochschulausbildung und Angestellte aus der Hauptstadt Bukarest. Und es gibt einen weiteren äu‎ßerst wichtigen Aspekt — das Lohnniveau auf dem Arbeitsmarkt. Für 39% der Befragten ist das Lohnniveau extrem wichtig. Für 38% der Befragten sind die Ausbildungs- und Weiterbildungskurse für berufliche Fähigkeiten besonders wichtig.



    Die rumänische Regierung hat durch das Arbeitsministerium konkrete Ma‎ßnahmen ergriffen, um den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Die Arbeitsministerin Violeta Alexandru hat angekündigt, dass die Unterstützungsma‎ßnahmen für die am stärksten von der Krise betroffenen Berufskategorien beibehalten werden. Es handelt sich vor allem um Arbeitnehmer im Bereich HoReCa, im Tourismus oder im künstlerischen Bereich. Ministerin Violeta Alexandru:



    Die Regierung hat auf Initiative des Ministeriums für Arbeit und Sozialschutz vereinbart, dass die Unterstützungsma‎ßnahmen für die Beschäftigten von Unternehmen, deren Tätigkeit noch eingeschränkt ist, verlängert werden. Das gilt für Restaurants und Cafés, künstlerische Aktivitäten mit einem Publikum von über 500 Zuschauern, nämlich Aufführungen in Theatern und Kinos und andere Aktivitäten in Innenräumen. Beibehalten werden auch die Leistungen für Personen, die sich im Erziehungsurlaub befinden, sowie für Personen, die kurz vor der Beendigung der Erziehungszeit und kurz vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz stehen. Während der Zeit der restriktiven Ma‎ßnahmen infolge der Coronavirus-Pandemie werden wir weiterhin finanzielle Leistungen gewähren, nämlich Erziehungsgeld, Unterstützung für soziale Eingliederung und Unterstützung für Adoptionsurlaub.“

  • „#Ein Leben nach COVID-19“: Kollaborative Plattform untersucht wirtschaftliche Folgen der Pandemie

    „#Ein Leben nach COVID-19“: Kollaborative Plattform untersucht wirtschaftliche Folgen der Pandemie

    Der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie bewirkte wesentliche Änderungen in der Organisierung der Unternehmen und der Institutionen. Die Möglichkeit der unmittelbaren Erkrankung, der damit zusammenhängende ausgerufene Ausnahmezustand und die von der Regierung verabschiedeten Sicherheitsvorkehrungen hatten zahlreiche Folgen. Die Unternehmen sahen sich gezwungen, die Produktion stillzulegen oder umzustellen, viele sind auf Heimarbeit umgestiegen oder haben zeitweilig ihre Tätigkeit eingestellt. Die Unternehmen mussten nicht nur Lösungen finden, sondern ihr Geschäftsmodell umdenken.



    Vor diesem Hintergrund startete das Unternehmen Ingenius HUB über das Netzwerk Ingenius NET im Zeitraum vom 31. März zum 18. April eine Forschungsarbeit über die Auswirkungen von Covid 19. Die gesammelten Daten sollen danach in einer Mitteilung an die Präsidentschaft, die Regierung und die zuständigen Lokalbehörden zusammengefasst und bearbeitet werden. Das Dokument wird notwendige Ma‎ßnahmen zur Unterstützung rumänischer Organisationen während der Coronakrise umfassen. Wir unterhielten uns zu diesem Thema mit Rodica Lupu, Gründerin von Ingenius Hub.



    Schon seit Ende des vergangenen Jahres gründeten wir ein Stakeholder-Netz im Bereich der Innovation und des Technologietransfers. Denn wir beschäftigen uns vorwiegend mit der Innovation. Universitäten, Unternehmen, Arbeiterorganisationen, KMU-Vereine und Verbände, aber auch örtliche Behörden traten dem Netz bei. Das sind die wichtigsten vier Punkte der Innovationsspirale. Und wir hielten sie ein, daher werden wir fähig sein, weitgehende Auswirkungen zu bewirken. Wir haben deutlich begriffen, mit welchen Schwierigkeiten die verschiedenen Unternehmen und Organisationen konfrontiert werden, vor allem zu Zeiten einer Pandemie.“




    Ingenius Hub ist ein Co-Working-Space, ein Raum zur Förderung junger Unternehmer. Er entstand in den Jahren 2014–2015 und wurde in Partnerschaft mit der BWL-Universität Bukarest geschaffen. Seit daher finanzierte Ingenius Hub mehr als 200 Geschäfte. Doch das Spezifikum der Organisation musste mit der Zeit angepasst werden, wei‎ß Rodica Lupu:



    Derzeit erleben wir Zeiten, die wir bisher nicht gekannt haben. Deshalb ist es äu‎ßerst wichtig, uns alle Organisationen in allen möglichen Umfeldern anzuhören. Wir können unsere Entscheidungen nicht auf vorherige Erfahrungen gründen. Auch die Art und Weise, in der die Organisationen betroffen wurden, ist unterschiedlich. Die Problematik ist vielfältig und kann in unserer vorangehende Expertise nicht wiedergefunden werden. Ohne richtige öffentliche Konsultationen und Befragungen werden wir nicht die richtigen Ma‎ßnahmen treffen können. Und die Effizienz würde darunter leiden.“




    Ingenius Hub richtet sich an alle möglichen Organisationen und Unternehmen aus allen Industriebranchen, dem Technologie- und IT-Bereich, dem Dienstleistungssektor. Rodica Lupu über das Angebot:



    Wir richten uns an sämtliche Organisationen, die Lösungen mit gro‎ßer Wirkung vorschlagen können, die, allerdings, keine unverhältnismä‎ßig gro‎ße Investitionen voraussetzen, die der Staat nicht tragen könnte. Unsere Untersuchung soll das Ausma‎ß und die Vielfalt der durch die Coronakrise verursachten Schwierigkeiten erkennen. Die Folgen sind schwer abzuschätzen, denn wir wissen nicht, wie sich alles entwickeln wird. Es herrscht gro‎ße Unsicherheit weltweit. Daher stellten wir in unserem Fragebogen auch Fragen in Bezug auf die kommenden sechs Monate. Die Antworten werden uns vielmehr die Stimmung der Unternehmer aufzeigen, als uns Auskunft über die effektive Wirkung geben. Die Auswirkung wird erst in weiteren sechs Monaten berechnet werden können. Dann werden wir vermutlich unsere Befragung wiederholen. Der Fragebogen umfasst au‎ßerdem Ma‎ßnahmen, die wir der Regierung und den zuständigen Behörden vorzuschlagen gedenken. Diese Ma‎ßnahmen beziehen sich hauptsächlich auf die am schlimmsten betroffenen Industrien. Allerdings richten wir uns mit unseren Ma‎ßnahmen nicht nur an diese Industrien, sondern an alle Industriebranchen.“




    Die Initiative von Ingenius Hub wurde durch die immer stärkere Besorgnis der Wirtschaft und der Industrie im Hinblick auf die Zukunftsentwicklungen veranlasst. Wir fragten Rodica Lupu auch, was ihre Meinung dazu wäre, wann wir wieder die Motoren laufen lassen würden.



    Das ist schwer zu sagen. Es müssen Ma‎ßnahmen gleichzeitig auf mehreren Ebenen getroffen werden. Es ist notwendig, unmittelbare, sofortige Ma‎ßnahmen für die Industrien zu treffen, die am schlimmsten betroffen sind: Hotelgewerbe, Tourismus, Ausbildung, Organisierung von Veranstaltungen, Privatausbildung — alle sehr wichtig innerhalb einer Gesellschaft. Parallel sollten allgemeine Ma‎ßnahmen getroffen, Steuervorteile gewährt werden. Hauptsache, es überleben so viele Unternehmen wie möglich. Andererseits sind auch soziale Ma‎ßnahmen nötig, denn durch die Krise sind auch Kollateralschäden entstanden. Wir haben es jetzt schon mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu tun.“




    Die Kampagne Wir bauen zusammen das Leben nach Covid 19 auf“ zielte darauf ab, so viele Informationen wie möglich über die Auswirkungen der Coronakrise auf die Unternehmen und Organisationen zu sammeln, um danach begründete angemessene Ma‎ßnahmen zu treffen. Die Teilnehmer hatten Zugang zu den Ergebnissen und können auch Vorschläge unterbreiten, die im offiziellen Schreiben miteingeschlossen werden sollen.

  • Umfrage zur Migration: Jugendliche sind Euro-Pendler

    Umfrage zur Migration: Jugendliche sind Euro-Pendler

    Eine weitere Untersuchung bestätigt, was auf informeller Ebene in privaten Diskussionen seit Langem diskutiert wird: Junge Menschen beabsichtigen ebenfalls auszuwandern. Die internationale Studie zur Jugendmobilität verarbeitete Daten aus einer Umfrage unter 30.000 jungen Menschen in neun EU-Ländern: Deutschland, Schweden, Gro‎ßbritannien, Irland, der Slowakei, Lettland, Italien, Spanien und Rumänien. Ende 2015 und Anfang 2016 haben 2000 Menschen in Rumänien an dieser Umfrage teilgenommen. Die Schlussfolgerung ist jedoch noch heute gültig: Fast die Hälfte der rumänischen Jugendlichen zwischen 16 und 35 Jahren würde auswandern. Professor Dumitru Sandu von der Fakultät für Soziologie der Universität Bukarest trug zur Forschung bei und zog die Schlüsse.



    Sie wollen nicht einfach das Weite suchen, sie haben geordnete Pläne, zu gehen. Zu sagen, dass man weg gehen möchte ist eines — denn Wünsche sind unterschiedlich in der Intensität und im Grad der Gestaltung der Zukunft –, aber wir arbeiten niemals nur mit Fragen, was die Menschen wollen. Wir gehen ins Detail. 47% ist also der Anteil der rumänischen Jugendlichen im Alter von 16 bis 35 Jahren, die zum Zeitpunkt der Umfrage sehr gut strukturierte Absichten, sogar Pläne haben, das Land in den nächsten fünf Jahren zu verlassen.“




    Für die rumänische Öffentlichkeit ist das soweit keine Überraschung. Beim Vergleich zwischen den Ländern treten jedoch Überraschungen auf. In Bezug auf die Gründe für die Auswanderung sind die Rumänen beispielsweise den Italienern sehr ähnlich. Professor Dumitru Sandu:



    Die Liste der Gründe ist lang. Es fängt fast immer mit Löhnen, Jobs und Wohlstand an. Aber nicht nur das sind die Gründe. Und zwischen Rumänien und Italien ist der gemeinsame Punkt: Korruption und die schlechte Verwaltung. Da sich die Situationen und die Motivationen im Moment unterscheiden, ist es angemessen, von dem auszugehen, was wir kennen: die Situation der Ärzte. Da die Hauptgründe für die Auswanderung wirtschaftliche Gründe sind, würde man erwarten, dass Gehaltserhöhungen ein wichtiger erster Schritt sind, um die Auswanderung zu stoppen. Das ist aber nicht der Hauptgrund. Seitdem sich die Situation verbessert hat — nämlich seit der Anhebung der Gehälter –, ist sicherlich nicht viel vergangen, aber aus den vorläufigen Daten ergibt sich auch etwas anderes: Die Kluft zwischen dem Privatsektor und dem öffentlichen Bereich hat zugenommen, und die Ärzte in der privaten Krankenpflege wollen so hohe Gehälter wie jene, die im staatlichen Gesundheitswesen arbeiten. Finden sie diese in Rumänien nicht? Dann ist das Ausland nahe. In diese Gleichung muss unverzüglich der Stabilisierungsfaktor eingeführt werden, die Stabilisierung junger qualifizierter Leute. Darüber hinaus müssen Faktoren wie die Qualität des Arbeitsumfelds und des Berufslebens eingeführt werden. Dies gilt auch für andere Tätigkeitsbereiche, nicht nur für die Medizin. Junge Menschen wünschen sich nicht nur gute Arbeitsbedingungen, sondern auch entsprechend ihrer Leistung beruflich gefördert zu werden, wie in anderen Teilen Europas.“




    In den Diskussionen von Professor Dumitru Sandu mit den 2000 jungen rumänischen Teilnehmern an der Studie zur Jugendmobilität wurde die Frage der Rückkehr in das Land angegangen.



    Wenn wir das Thema des Exodus der jungen Menschen nur anhand von wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilen, werden wir es niemals lösen. In der vorhin erwähnten Umfrage fragte ich die 2000 jungen Leute — einige von Ihnen waren bereits ausgereist und kehrten zurück –, warum sie ausgereist sind, als sie das erste Mal ausreisten, und wie oft sie das getan haben. Beim Vergleich zwischen den neun Ländern hinsichtlich der Lebenserfahrungen, die zur Migration führen, stellt man fest, dass es im Falle Rumäniens wichtig ist, dass man sich bereits im Ausland aufgehalten hat. Der typische, junge oder weniger junge Rumäne wird bei seinen Migrationsabsichten stark davon beeinflusst, ob er das schon mal getan hat oder nicht. Migration ist ein Kreislauf.“




    Die Kreislaufmigration wurde bereits in den Fachstudien als Euro-Pendeln“ definiert und umfasst das Austreten aus dem Arbeitsleben, die Rückkehr in die Heimat für einen bestimmten Zeitraum und die Rückkehr zu den Arbeitsplätzen im Ausland. Dieses Pendeln ist jedoch nur auf der Grundlage sehr fester Arbeitsverträge möglich. Ein Vergleich mit anderen Ländern kann auch andere Aspekte der Arbeitsmigration klären: die Möglichkeit und die Bedingungen für eine Rückkehr in die Heimat. Professor Dumitru Sandu schlussfolgert:



    Wie aus anderen Studien hervorgeht, besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen dem durchschnittlichen rumänischen und beispielsweise dem polnischen Migranten darin, dass der letztere aufgrund von vertraglichen oder institutionellen Grundlagen migriert, die wesentlich günstiger für die Kreislaufmigration sind. Die Rumänen hingegen verlassen sich eher auf Familienbeziehungen. Wenn wir einen durchschnittlichen rumänischen Migranten mit dem schwedischen oder deutschen vergleichen, kehren die Nordeuropäer nach Hause zurück, weil sie ihren Plan erfüllt haben, den sie vor der Abreise aufgestellt haben. Der in die Heimat zurückkehrende Rumäne kommt aus Zwang oder Verpflichtung zurück: Zwang im Falle einer eigenen Erkrankung und Verpflichtung gegenüber den Angehörigen, etwa bei einer Scheidung oder dadurch, dass er die zu Hause zurückgelassenen Kinder besucht. Es ist eine erzwungene Rückkehr, die daher seltener stattfindet.“




    Die Institutionalisierung der Kreislaufmigration wäre eine Lösung für die Rückkehr der jungen Menschen, die jedoch mit dem Wunsch ausreisen, einmal zurückzukehren, um nicht vollständig zu entwurzeln. Die geht auch aus der Studie von Professor Dumitru Sandu hervor.



    Sie reisen jedoch mit dem Gedanken aus, unter bestimmten Umständen zurückzukehren. Die Entscheidung, zurückzukommen, hängt von einer Art permanenten Vergleichs ab — sie behalten ihr Heimatland im Auge und vergleichen die Geschehnisse im Westen mit jenen in der Heimat. Darüber hinaus leiten einfache Menschen ihr Verhalten nicht nur anhand objektiver Indikatoren ab, sondern auch anhand subjektiver Faktoren wie das Vertrauen. Ich spreche von Vertrauen in das Parlament, die Regierung und andere öffentliche oder private Institutionen. Ein weiterer Aspekt dabei ist, dass junge Menschen sowohl im Inland als auch im Ausland ein starkes Misstrauen gegenüber den öffentlichen Einrichtungen haben, insbesondere gegenüber der öffentlichen Verwaltung in Rumänien.“




    Folglich sei die Hauptvoraussetzung für die Rückkehr der Euro-Pendler die der Änderung der Umstände in der Heimat, so dass erneut Vertrauen gegenüber den öffentlichen Institutionen entsteht, sagt Professor Dumitru Sandu.

  • Soziologische Studie: Rumänische Lehrer wenig empfänglich für Demokratie

    Soziologische Studie: Rumänische Lehrer wenig empfänglich für Demokratie

    Das sind zwei Schlussfolgerungen einer kürzlich abgeschlossenen soziologischen Studie zum Thema demokratische Werte, zu denen sich das rumänische Lehrpersonal bekennt. Die Schlussfolgerungen der soziologischen Studie sind nicht nur besorgniserregend, sondern haben auch zu ernsthaften Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit geführt. Selbst die Autoren der Studie — eine Gruppe angesehener Soziologen und Psychologen, die unter der Schirmherrschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung arbeiteten — räumten ein, dass die Schulbildung für die Bildung einer demokratiefreundlichen politischen Kultur von Bedeutung ist“. Aus dieser Perspektive spielen die Werte der Lehrer, besonders in einer Zeit, in der ein Teil Europas von autoritären Strömungen beeinflusst wird, die die Demokratie in Frage stellen, eine wichtige Rolle. Was die Autoren der Studie herausgefunden haben, erzählt uns Gabriel Bădescu, Leiter der Abteilung für Politikwissenschaften an der Babeş-Bolyai-Universität in Cluj (Klausenburg):



    Wir wollten sehen, inwieweit sie der Meinung sind, dass die Gesellschaft nach demokratischen Regeln regiert werden sollte. Insgesamt gaben rund 90% an, sie würden demokratische Systeme mögen und das klingt beruhigend. Das Problem ist, dass bei etwas detaillierteren Fragen ein ziemlich hoher Prozentsatz — etwa 40% — angegeben haben, dass es selbst in einer Demokratie gut wäre, einen starken Führer zu haben, der sich nicht mit freien Wahlen und dem Parlament beschäftigt.“




    Obwohl dies eine Minderheit ist, glauben 14% der Lehrer, dass der Austritt Rumäniens aus der Europäischen Union eine positive Angelegenheit wäre. Derselbe Prozentsatz würde die Existenz eines Militärregimes guthei‎ßen, und 11% würden das Vorhandensein eines Systems religiöser Gesetze befürworten (was das Fehlen politischer Parteien und das Fehlen von Wahlmechanismen bedeuten würde). Obwohl diese Studie zeigt, dass die Werte der Lehrer weniger demokratisch sind, als wir es erwartet hätten, ist der Soziologe Claudiu Tufiş der Ansicht, dass diese Daten in den breiteren Kontext der Ansichten der Bevölkerung gestellt werden müssen. Aus dieser Perspektive erscheinen die Lehrer in einem günstigeren Licht, nicht die Gesellschaft insgesamt. Der Soziologe Claudiu Tufiş:



    Die Daten im Bericht wurden nur durch Vergleich mit den Daten der Lehrkräfte in der voruniversitären Ausbildung interpretiert. Es wurde kein Vergleich mit der Gesamtbevölkerung oder mit der Bevölkerung mit höherer Bildung gemacht. Ich habe mir ähnliche Daten angesehen, die Anfang 2018 in Rumänien in Rahmen internationaler Forschungen gesammelt wurden. So sind wir zu dieser Schlussfolgerung gekommen: Auch wenn sie relativ intolerant und wenig demokratisch sind, sind die Lehrer in Rumänien, verglichen mit der Bevölkerung mit Hochschulstudium, offener und demokratischer. Das Problem ist nicht, dass Lehrer undemokratisch sind, sondern dass wir als Bevölkerung so sind. In den 30 Jahren nach dem Fall des Kommunismus haben wir die mit der Demokratie verbundenen Werte nicht verinnerlicht.“




    Hinzu komme der breitere europäische Kontext, meint der Soziologe Claudiu Tufiş.



    Das Problem aus dieser Sicht ist, dass in Rumänien einerseits die Unterstützung der Demokratie abnimmt und andererseits die Bevölkerung noch nicht gelernt hat, was Demokratie bedeutet und was ihre Werte sind. In Ländern mit einer demokratischen Tradition von mehr als 50 Jahren funktioniert das demokratische System, selbst wenn das Vertrauen in die Demokratie nachlässt.“




    In Bezug auf die soziale Toleranz weichen die Rumänen jedoch nicht zu viel vom europäischen Trend ab. Die von den Lehrern am häufigsten abgelehnten Gruppen sind Drogenabhängige (58,7%) und Alkoholabhängige (53,6%). An dritter Stelle stehen die Roma (42,5%), andere Kategorien, die einen hohen Prozentsatz negativer Einstellungen ihnen gegenüber aufweisen, sind Homosexuelle (38,3%), Sprecher einer anderen Sprache (33,7%) und unverheiratete Paare (33,1%). In Bezug auf Roma-Schüler gehen einige rumänische Lehrer jedoch weiter, laut der Studie Bildung für Demokratie in den Schulen in Rumänien“. Gabriel Bădescu dazu:



    Wir haben eine Frage zu der Meinung der Lehrer in Bezug auf die Ausbildung von Roma-Kindern. Ist es angebracht, gemeinsam mit anderen Kindern unterrichtet zu werden, oder wäre es wünschenswert, in separaten Klassen zu sein? In diesem Fall haben die Antworten Diskussionen ausgelöst, sie sind aber auch besorgniserregend, denn jeder achte Befragte, der seine Meinung geäu‎ßert hat, glaubt, dass die Roma in getrennten Klassen lernen sollten. Das ist ein Problem. In der Erziehungswissenschaft besteht seit langem Einigkeit darüber, dass die Schüler unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit oder Geschlecht, Unterschieden oder körperlichen Behinderungen zusammen lernen sollten. Die Schule sollte inklusiv sein.“




    Am beunruhigendsten ist jedoch die Einstellung junger Lehrer unter 35 Jahren. 54,5% von ihnen glauben, dass Rumänien einen starken Anführer haben sollte, und 17,9% meinen, dass es positiv wäre, wenn unser Land nicht mehr Mitglied der EU wäre. Der Soziologe Claudiu Tufiş erklärt:



    Dies sind Personen unter 35 Jahren, die zum Zeitpunkt des Falls des Kommunismus 5–6 Jahre alt waren und sich an nichts von früher erinnern konnten. Sie entwickelten sich in der schwierigen Zeit der postkommunistischen Übergangszeit. Sie haben unangenehme wirtschaftliche Erfahrungen gemacht, Ungleichheit erfahren, ihnen fehlten jedoch nicht die politischen Freiheiten und ihre Grundrechte wurden nicht verletzt. Die Erklärung könnte diese Erfahrung sein, verbunden mit Enttäuschung darüber, wie die Demokratie in Rumänien jetzt funktioniert.“

  • Auf Pulsfühlung in Bukarest: Paradoxe der rumänischen Hauptstadt

    Auf Pulsfühlung in Bukarest: Paradoxe der rumänischen Hauptstadt

    Wie gut kennen die Bukarester ihre Stadt? Stimmen ihre empirischen Beobachtungen mit den statistischen Daten der Stadt überein? Nehmen wir den chaotischen Verkehr als Beispiel. Das Verkehrschaos und die ständigen Staus zu Sto‎ßzeiten könnten zum Glauben verleiten, dass Bukarest eine überbevölkerte Stadt sei. Die Daten sagen aber etwas anderes. Laut Statistiken hatte Bukarest am 1. Januar 2016 offiziell 1.844.576 Einwohner. 1992 war die Rekordzahl von 2.067.545 erreicht worden.



    Um eine genauere Beschreibung der Sachlage zu bieten, hat die Gemeinschaftsstiftung Bukarest“ eine Studie erstellt, die offizielle Informationen aus 12 Schlüsselbereichen der Stadt zusammenbringt, darunter: Demografie, Bildung, Sicherheit, Sozialschutz, Gesundheit, Kultur, Verkehr, Wohnbedingungen und das Gefühl der Zugehörigkeit zum Stadtbezirk. Die Studie Bucureşti: pulsul comunităţii“ (deutsch in etwa: Bukarest: Auf Pulsfühlung durch die Stadt“) wurde von einer Gruppe von Soziologen und Anthropologen durchgeführt, die die Daten des Statistikamtes und der lokalen Behörden der sechs Stadtbezirke zusammengetragen haben. Eine erste Schlussfolgerung war, dass die gefühlte und wirkliche Realität nicht übereinstimmen. Um die Kluft zwischen Arm und Reich bestimmen zu können, mussten Informationen von den Sozialschutzämtern aus jedem Bezirk gesammelt werden, was ein echtes Abenteuer war, sagt die Soziologin Valentina Marinescu, die an der Datenerhebung beteiligt war:



    Es war sehr schwer, die Bukarester Bezirke zu vergleichen. Jeder Bezirk hat seine eigene Verwaltung. Einige sind gut organisiert, andere nicht. Von den letzten habe ich anstatt der verlangten Daten ein einziges Blatt Papier bekommen. Das sagt sehr viel über einen Verwaltungsapparat aus, der aus dem Geld der Steuerzahler bezahlt wird. Deshalb war es sehr schwierig, zu vergleichen, wie es um die Ein-Eltern-Familien, die Armen und Reichen der Stadt, um die Kinder, die Hilfe brauchen, oder um die Senioren und Rentner bestellt ist.“




    Die mangelhafte oder lückenhafte Datenerhebung führte auch zu paradoxen Ergebnissen: Die Verwaltungen der Bezirke, die auf einem ersten Blick als reich wahrgenommen werden, also jene Stadtteile, wo reichere Einwohner leben, haben mehr Sozialempfänger als die ärmeren Bezirke. Die Soziologin Valentina Marinescu dazu:



    Im ersten Jahresquartal 2016 wurde mehr als 50% der Gelder für Sozialhilfe im ersten Bezirk ausgezahlt. Wenn wir diese Daten mit den Daten von den anderen Bezirken vergleichen, dann können wir behaupten, dass die meisten Sozialhilfeempfänger Personen aus dem Stadtteil mit den meisten multinationalen Unternehmen kommen, und zwar aus Pipera. Vom 2. Bezirk haben wir überhaupt keine Daten bekommen. Im 6. Bezirk gibt es nur 108 Sozialfälle, im 5. Bezirk 112 und im dritten 548 Fälle. Es hängt eher davon ab, ob die Fälle gemeldet werden oder nicht und wie das Geld verwaltet wird.“




    Auch was die Bildung anbelangt, ist Bukarest in denkwürdiger Weise einzigartig. Obwohl die Infrastruktur besser als in anderen Städten ist, beträgt die Schulabbrecherquote circa 15%. Nur 53% der Schüler bestehen die Reifeprüfung. Valentina Marinescu hat eine Erklärung dafür:




    Die Bukarester sind atypisch, was die Bildung betrifft. Man legt viel Wert auf eine nahtlose Ausbildung, mehr als in anderen Landesstädten. Es wäre interessant, eine weitere Studie zu machen, um zu sehen, wie viel Geld in Institutionen wie After-school oder Privatstunden investiert wird. Die Tatsache, dass in Bukarest nur 53% der Schüler die Reifeprüfung bestehen, bedeutet nicht, dass die Bukarester Schüler schwächer sind als die anderen, sondern dass in anderen Städten die Lehrer nicht so streng bewerten.“




    Eng verbunden mit der Bildung ist natürlich die Kultur. Eine soziologische Studie aus dem Jahr 2015, die von den Autoren der Studie Bucureşti: pulsul comunităţii“ zitiert wird, zeigt, dass 54,2% der Bukarester das Theater bevorzugen; 35,1% gehen zu Popmusik- oder Tanzveranstaltungen, während 14,6% der Bukarester Einwohner an Folklore-Events teilnehmen. Die Realität sieht aber anders aus. 71,8% der Bukarester buchen nie eine Theaterkarte. Vlad Odobescu, Journalist und Anthropologe, gibt uns Einzelheiten über die kulturellen Lieblingsveranstaltungen der Einwohner der rumänischen Hauptstadt:



    Das hei‎ßt nicht, dass sie am kulturellen Leben der Stadt nicht teilnehmen. In der letzten Zeit haben die Verwaltungen der Bezirke zahlreiche Freilicht-Events organisiert. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sie kulturelle Veranstaltungen nennen kann, aber es ist eine Möglichkeit, die Bukarester in diese Richtung zu bringen. 40% der Einwohner verbringen ihre Freizeit in den Malls oder Hypermärkten. 1990 gab es 77 Kinos. Heute gibt es nur noch 17. Die Studie bezieht sich auf die staatlichen Kinosäle und berechnete auch jene im umliegenden Landkreis Ilfov mit.“




    Bukarest bleibt eine dynamische Stadt, sagen die Forscher. Ihre Dynamik habe aber nichts mit der Jugend zu tun. Nur ein Viertel der Bukarester Einwohner sind jünger als 24 Jahre. Das ist bedeutend weniger als in anderen rumänischen Gro‎ßstädten. Wenn Bukarest keine junge Stadt (mehr) ist, so ist sie bestimmt eine sichere Stadt, lautet die Auffassung vieler Bukarester. Der Anthropologe Vlad Odobescu relativiert das gleich wieder:



    Bukarest stellt sich in den letzten Jahren als eine sichere Stadt vor. Laut den Daten liegt die rumänische Hauptstadt unter diesem Gesichtspunkt vor Prag, Bratislava, Vilnius etc. Wenn wir Bukarest aber mit anderen rumänischen Städten vergleichen, dann ist ersichtlich, dass Klausenburg und Jassy sicherer sind. Um das zu bestimmen, werden einige Indikatoren verglichen: Straftaten wie Eigentumsdelikte und Übergriffe gegen Personen (Diebstahl und Raubüberfall), Sexualverbrechen und Verstö‎ße gegen die Stra‎ßenverkehrssicherheit.“




    Empirisch wie objektiv lässt sich Bukarest nur schwer ergründen. Tatsache ist: Bukarest ist eine Stadt der Paradoxe. Aber vielleicht ist gerade das eine der Zutaten, die das Flair der rumänischen Hauptstadt ausmacht.

  • Reform im Gesundheitswesen: Vorstellungen gehen teils auseinander

    Reform im Gesundheitswesen: Vorstellungen gehen teils auseinander

    Rumäniens Gesundheitswesen gleicht einem Schlachtfeld. Oder einer Baustelle. Mehrere Medien- und Justizskandale hatten die Branche unlängst erschüttert. Etwa der Skandal um die verdünnten Desinfektionsmittel oder diverse Korruptionsvorwürfe gegenüber Krankenhausleitern. Der einstimmige Tenor lautet: Das System muss überdacht oder reformiert werden. Doch wie und wann soll die Reform Konturen annehmen?



    Die Meinungen gehen erst dann auseinander, wenn es um die Strukturierung der Reform im rumänischen Gesundheitswesen geht. Der erste logische Schritt einer Lösungsfindung, die Befragung der Systemteilnehmer selbst, ist bereits getan. Patienten und das medizinische Personal waren die Zielgruppe einer Umfrage der Europäischen Stiftung für Fortschrittliche Studien in Brüssel, der Friedrich-Ebert-Stiftung in Rumänien und der Stiftung der Demokratischen Linken. Laut der Studie seien 54% aller Rumänen zufrieden mit den staatlichen Krankenhäusern, die restlichen 46% bezeichneten sich als unzufrieden.



    Der höchste Zufriedenheitsgrad war bei den Personen im Alter zwischen 50 und 80 Jahren anzutreffen. Nur 43% der jungen Rumänen sind indes zufrieden mit der Versorgung in den staatlichen Krankenhäusern. Nach den Hauptursachen der Unzufriedenheit haben wir uns beim Soziologen Iulian Stănescu erkundigt.



    Das erste Kriterium ist die Sauberkeit, die Desinfektion, die für über 80% der Umfrageteilnehmer ein Problem darstellt. Ebenfalls 80% haben auf die mangelhafte Qualität der Versorgung in den staatlichen Krankenhäusern hingewiesen. Hinzu kommt auch das Problem der inoffiziellen Zahlungen. Weniger als ein Fünftel aller Befragten ist völlig oder teilweise mit der Aussage einverstanden, dass eingelieferte Patienten gut beraten seien, dem Personal Gefälligkeiten oder Geschenke anzubieten. Trotzdem zeigen Daten der qualitativen Erhebung, dass es sich dabei um ein weit verbreitetes Phänomen handelt und dass die Bürger die Situation stillschweigend hinnehmen, mit der Begründung, dass es gang und gäbe sei.“




    Aus den detaillierten Gesprächen mit den Befragten sei auch ihre Wahrnehmung der Probleme im Gesundheitswesen hervorgegangen, bzw. die Art, wie sie die Ursachen dafür sehen, sagt Iulian Stănescu.



    Aus der qualitativen Erhebung sind mehrere Probleme hervorgegangen. Das fehlende medizinische Personal und dessen fehlende Motivation, die fehlende Ausstattung, die Überbelegung, die Wartezeiten, die Bürokratie, das schlechte Management, die Entlohnung. All diese Probleme haben nach Ansicht der Befragten eine Ursache: die Unterfinanzierung. Im vergangenen Jahr konnten etwa einem Drittel aller Patienten nicht die benötigten Untersuchungen angeboten werden. Das, weil die Labore überbelegt waren oder über keine Finanzmittel mehr verfügten.“




    Ein Teil dieser Probleme könne als fehlender Zugang zur medizinischen Handlung“ zusammengefasst werden, bestätigt auch Vasile Barbu, der Vorsitzende des Landesverbandes für Patientenschutz.



    Die grö‎ßten Probleme treten dann auf, wenn man nach einer Erkrankung nach Anbietern von medizinischen Diensten suchen und Zugang zur medizinischen Handlung haben möchte. Das ist für einen Patienten das grö‎ßte Problem. Viele Ärzte sind ausgewandert und es sind nur wenige Fachkräfte geblieben. Nach der ärztlichen Untersuchung durch einen Facharzt müssen die diagnostischen Tätigkeiten bei einem weiteren Fachmann fortgesetzt werden. Und das kostet in diesem Fall viel Geld, es handelt sich um Summen, die unsere Möglichkeiten sprengen. Da wird die medizinische Handlung automatisch beeinträchtigt.“




    Dank dem System der staatlichen Krankenversicherung hat ein rumänischer Staatsbürger Anspruch auf ein festgelegtes Paket an medizinischen Dienstleistungen. Dafür müssen die Versicherten und ihre Arbeitgeber jeweils einen Beitrag aus dem Bruttolohn an die Krankenkasse abführen: 5,5% beträgt der Anteil der Arbeitnehmer und 5,2% der Beitrag der Arbeitgeber. Allerdings reichen die Beiträge oftmals nicht aus. Die Patientenverbände beabsichtigten dennoch nicht, das aktuelle System zu verändern, erklärt Vasile Barbu vom Patientenschutzverband.



    Theoretisch gibt es ein äu‎ßerst gro‎ßzügiges Dienstleistungspaket. Doch in Wirklichkeit hat man keinen Zugang dazu. Es gibt unterschiedliche Hindernisse für den Patienten, bürokratischer oder finanzieller Art, dadurch wird ihm der Zugang zu den Dienstleistungen verwehrt, für die er versichert ist. Es ist sehr wichtig, dass wir ein Krankenversicherungssystem haben, das vor allem auf soziale Solidarität gestützt ist.“




    Derweil hat das medizinische Personal seine ganz eigenen Vorstellungen. Das Thema haben wir gemeinsam mit der Ärztin Eleodor Cârstoiu angeschnitten, der Vertreterin der Ärztegewerkschaft ROMEDICA.



    Das erste Problem hängt mit unserer Tätigkeit zusammen, die Arbeitsnormen für einen Arzt, einen Assistenten oder eine Pflegekraft erforderlich macht. In Rumänien gibt es diese Arbeitsnormen nicht. Derzeit arbeiten wir entsprechend der Anzahl der Betten, was mit der medizinischen Tätigkeit im heutigen Rumänien nichts mehr zu tun hat. Die medizinische Tätigkeit hat sich in den letzten 30 Jahren weiterentwickelt, wobei in den letzten 10 Jahren die bürokratische Arbeit hinzugekommen ist, was unsere Arbeit erschwert. Die Anzahl der auszufüllenden Dokumente ist zumindest in den letzten Jahren exponentiell gestiegen.“




    Laut Angaben der Gewerkschaften der Branche könnten derartige Probleme allein durch eine Überarbeitung der Gesetzgebung behoben werden. Dabei müsste man auch den Kunstfehler genauer definieren, glaubt Dr. Eleodor Cârstoiu.



    Die geltende Gesetzgebung ist völlig unbefriedigend und lässt Missbrauchssituationen zu, in denen die Ärzte unter einer ständigen Bedrohung leben. Deshalb müssen Kunstfehler in einem eigenen Gesetz gemä‎ß europäischen Standards erfasst sein. Und das dritte Problem, das uns beschäftigt, ist die Ausbildung des medizinischen Personals. Nach dem sechsjährigen Studium wird den Absolventen überhaupt keine Qualifikation eingeräumt. Nach dem Medizin-Studium erhält man ein Diplom aus Pappe, mit dem man seinen Beruf nicht ausüben darf. Wir wollen, dass sich das ändert. Nach dem Studium folgt eine Vorbereitungszeit zwischen 3 und 7 Jahren, in der man sich als Assistenzarzt auf einen bestimmten Fachbereich der Medizin spezialisiert. Und diese Vorbereitung ist völlig unbefriedigend. Darüber hinaus muss ein Arzt sein Leben lang lernen. Die berufliche Fortbildung erstreckt sich über die gesamte Karriere und wir glauben, dass sie besser organisiert werden sollte.“




    Ungeachtet der möglichen gesetzlichen Veränderungen dürfe die Finanzierung des Gesundheitswesens nicht darunter leiden, glauben die Interessenvertreter der Patienten. Laut der Studie der Europäischen Stiftung für Fortschrittliche Studien glauben 44% der Befragten, dass sich das Gesundheitswesen grö‎ßtenteils über öffentliche Gelder finanzieren sollte. Weniger als ein Viertel der Umfrageteilnehmer gab an, dass eine überwiegend oder ganz private Finanzierung der Gesundheit förderlich sei. Damit gibt es dreimal so viele Anhänger des staatlichen Gesundheitswesens als Befürworter eines privaten Systems.

  • Teenies in der Schule: Rumänisches Bildungssystem fördert zu wenig emotionale Intelligenz

    Teenies in der Schule: Rumänisches Bildungssystem fördert zu wenig emotionale Intelligenz

    In den letzten Jahren spricht man auch in Rumänien über die Kapazität der Schule, einige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu fördern. Neuerdings wird sogar die Rolle der Schule bei der Entwicklung der emotionalen Intelligenz in Betracht gezogen. Emotionale Intelligenz wirkt sich durch verschiedene nichtkognitive Fähigkeiten aus. Diese müssen im Bildungssystem einen wichtigen Platz haben, genauso wie die kognitiven Fähigkeiten. Das ist die Schlussfolgerung einer Studie, die von der Babeş-Bolyai-Universität in Cluj (Klausenburg) in Zusammenarbeit mit dem ROI-Verband und dem Institut für Bildungswissenschaften, mit der Unterstützung von der UNICEF erarbeitet wurde. Wie diese Fähigkeiten definiert werden, erläutert Eduard Petrescu, Mitglied des UNICEF-Büros Rumänien:



    Diese sind kurzgefasst als jene Fähigkeiten definiert, die durch keinen standardmä‎ßigen Intelligenztest oder durch andere Wissensprüfungen gemessen werden können. Relevant für das Bildungssystem sind jene, die mit einer persönlichen Dimension im Zusammenhang stehen. Ich beziehe mich auf das Verhältnis, das eine Person zu sich selbst haben kann, wie diese einige Verhaltensweisen kontrollieren und verbessern kann, wie diese ihre Motivation findet und ihre Kreativität einsetzt. Es gibt eine soziale und eine gemeinschaftliche Dimension. Es handelt sich um die Beziehungsfähigkeiten oder Fähigkeiten der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Es gibt bürgerliche Fähigkeiten, bei denen auch die Fähigkeit eintritt, an einem Projekt oder an einem Entscheidungsfindungsprozess teilzunehmen.“




    Dank ihrer individuellen, aber auch der sozialen Dimension sind die nichtkognitiven Fähigkeiten wesentlich für die harmonievolle Entwicklung einer Person. Diese müssen insbesondere im Teenageralter gefördert werden, während sich der Charakter bildet. Deshalb hatte die Studie über diese Fähigkeiten Jugendliche in dem Mittelpunkt, wie wir von Simona David-Crisbăşa, der Vertreterin des ROI-Verbandes, erfahren.



    Im Teenageralter passiert folgendes: Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten entwickeln sich genauso viel wie die der Erwachsenen, während das Emotionale etwas zurückbleibt. Gerade deshalb gibt es die Wahrscheinlichkeit, dass der Jugendliche in dieser Zeit allerlei riskante Entscheidungen trifft. Diese sozio-emotionalen Fähigkeiten weisen mehrere Dimensionen auf. Einige von ihnen hängen mit der Selbstentfaltung, mit der Motivation, Disziplin, Beharrlichkeit, mit dem Selbstvertrauen und der Initiative zusammen. Auch hier findet sich der Teil wieder, der die Kommunikation mit den anderen betrifft, die interpersönliche Beziehung, die Ausdauer, die Ausdauer in Stresssituationen, wie wir unsere Emotionen verstehen und ausdrücken. Es gibt auch den Teil der bürgerlichen Beteiligung: die Involvierung in verschiedene Gemeinschaftsprojekte, die Zugehörigkeit zur Gesellschaft.“




    Die Forscher haben festgestellt, dass in der rumänischen Gesellschaft, die nichtkognitiven Fähigkeiten ausschlie‎ßlich durch au‎ßerschulische Aktivitäten oder durch jene, die von den Lehranstalten während der Woche Die Schule anders“ organisiert werden, gefördert werden. Die Teenager finden sich mehr in den Volontariat-Projekten als in den tatsächlichen Kursen wieder. Laut den Forschern sei dies darauf zurückzuführen, dass das rumänische Bildungssystem sich weiterhin nur auf die Übermittlung von Kenntnissen stützt. Wie die Schule nichtkognitive Fähigkeiten fördern könnte und wie diese ihrerseits die Leistung in der Schule unterstützen würden, erfahren wir ebenfalls von Simona David-Crisbăşan:



    Wenn man in der Schule blo‎ß den Schwerpunkt auf diese Fähigkeiten setzen würde und nicht nur auf die kognitiven Fähigkeiten oder auf die schulische Leistung, wie es heute der Fall im Bildungssystem ist… Man setzt sehr wenig auf Kommunikation, auf persönliche Beziehungen oder auf Motivation, obwohl jeder beobachten kann, dass Jugendliche nicht besonders motiviert und nicht an der Schule interessiert sind. Das, weil sie nicht in den Prozess einbezogen wurden. Für Teenager ist es sehr wichtig, sich einbezogen zu fühlen und sich an dem Bildungsprozess zu beteiligen. Während der Grundschule fokussiert man mehr auf die Verhältnisse zu den anderen, denn es gibt nur einen Klassenlehrer, der sich vier Jahre lang um die Kinder kümmert. Neulich hat man mit der Änderung des Lehrplans auch bei den Grundschulklassen den Selbstentfaltungsteil eingeführt, auch wenn nicht in gro‎ßem Ausma‎ß. Ab der fünften Klasse, in der Hauptschule und im Gymnasium, fühlt sich das Kind ausgegliedert. Es gibt keine Zeit und keinen Raum mehr, um sie einzubeziehen, und hier beginnen auch der Mangel an Interesse und die Demotivation.“




    Die nichtkognitiven Fähigkeiten sind nicht nur für die Lernmotivation wichtig, sondern allgemein für die spätere Entwicklung der Jugendlichen. Auf diese Entwicklung muss sich auch die Schule richten, meint der UNICEF-Vertreter Eduard Petrescu.



    Das klassische Bildungssystem, das heute in Rumänien funktioniert, wurde womöglich für eine andere Ära gedacht. Dieses muss auch die Beschleunigung der Gesellschaft in ihrem Ganzen, auf Ebene der Information, der Kommunikation und der Beziehungen in Betracht ziehen und auch die Tatsache, dass all diese Aspekte auch den Arbeitsmarkt beeinflussen. Letztendlich muss die Ausbildung eines Jugendlichen die Fähigkeit desselben als Ziel haben, sich in die Gesellschaft und in das Arbeitsleben zu integrieren. Wir müssen sehen, wie wir durch die Förderung der nichtkognitiven Fähigkeiten, die Jugendlichen unterstützen können, die heutigen Herausforderungen zu überwinden.“




    Als Erstes müssen die Lehrer selbst geschult werden, damit sie wissen, wie sie diese Fähigkeiten ihrer Schüler fördern können. Dann muss es ein Umdenken der Lehrpläne geben, um diese Dimension einzuschlie‎ßen. Laut Fachleuten können nichtkognitive Fähigkeiten am besten durch innovative Lehrmethoden und durch Teamarbeit gefördert werden.

  • Bildungswesen: Alice im Lehrbuchland

    Bildungswesen: Alice im Lehrbuchland

    Eine Gruppe von Forschern an der Bukarester Fakultät für Soziologie hat vor gut einem Jahr die eigene Erkundungsreise gestartet. Sie wollten mehr über aktuell verwendete Lehrbücher erfahren. Genauer gesagt ging es bei der Forschungsarbeit zwischen Oktober 2014 und Mai 2015 um die Schulbücher für die Klassen 1-4, in den Fächern Kommunikation in rumänischer Sprache und Ethik. Was sie dabei entdeckten waren allerdings keine Wunder“, wie im Roman von Lewis Carrol, sondern Dinge, die für das 21. Jahrhundert unverständlich scheinen: viele Stereotype, Geschlecht und Alter betreffend. Cosima Rughiniş ist Dozentin an der Hochschule, sie berichtet über die erschreckenden Schlussfolgerungen ihrer Studie.



    Die Lehrbücher enthalten sehr viele Stereotype in diese beiden Richtungen. Die erwachsenen Mütter sind vor allem als Lehrerinnen beschäftigt. In den Fiebeln sind zwei Drittel der Frauen als Lehrerinnen abgebildet. Und gewiss sieht es in der Realgesellschaft nicht so aus. Die Stereotype sind vor allem mit der Art der Beschäftigung verbunden. Erwachsene Frauen sind ferner oftmals beim Kochen abgebildet, so nach dem Motto <Frauen an den Herd>. Und das ist ist im wahrsten Sinne des Wortes gemeint: Sie halten auf den Bildern einen Topf in der Hand, oder man erfährt, dass sie gerade Plätzchen, Torten und Kekse gebacken haben. Dafür erfährt man überhaupt keine realitätsbezogenen Informationen. Die Lehrbücher spiegeln nicht die Welt wider, in der wir heute leben und das aus mehreren Gesichtspunkten. Und das trifft auch auf die männlichen Figuren zu. Die Lehrbücher ignorieren das Familienleben der Männer oder ihre Beteiligung am Familienleben. Dafür werden sie fast ausschließlich als Piloten, Holzfäller oder Schreiner dargestellt.“



    Die Zeichnungen sind also nicht zeitgemäß – das auch weil die Texte, die sie begleiten, ebenso nicht mehr mit der aktuellen rumänischen Gesellschaft im Einklang sind. Die Schulkinder lesen Ausschnitte aus literarischen Werken des 19. und 20. Jahrhunderts. Sogar Texte, die von den Autorinnen der Lehrbücher selbst verfasst wurden, präsentieren ein klischeehaftes Universum mit Frauen als Mütter und Lehrerinnen, manchmal immerhin als Kinderärztinnen. In Wirklichkeit haben die Frauen im heutigen Rumänien die unterschiedlichsten Berufe, nur die wenigsten sind Hausfrauen. Darüber hinaus sind die Väter an der Erziehung der Kinder und an den Arbeiten im Haushalt durchaus beteiligt. Warum gibt es dann trotzdem die Stereotype in den Lehrbüchern, fragten wir Cosima Rughiniş.



    In der kollektiven Wahrnehmung und in dem öffentlichen Diskurs zur Weiblichkeit und Männlichkeit findet man sie wieder. In der Tat glaube ich nicht, dass es im heutigen Rumänien noch die Erwartungshaltung gibt, dass ein Mädchen oder eine Frau nicht arbeiten sollte. Aus diesem Grund gibt es eine Diskrepanz zwischen den Büchern und der Wirklichkeit. Und diese Diskrepanz entstammt nicht allein den literarischen Werken des 19. Jahrhunderts, die in den Lehrbüchern präsentiert werden, sondern auch einer Trägheit der Darstellung. Die Bücher sind ja ohne Zweifel unter bestimmten zeitlichen oder finanziellen Einschränkungen entstanden. Und da hat sich meiner Meinung nach niemand die Mühe gemacht, dass die Lehrbücher mit dem heutigen Alltag der Kinder im Einklang stehen.



    Neben Stereotypen des Geschlechts enthalten die Lehrbücher für Grundschüler auch Stereotype des Alters. Diese würden von Soziologen als noch gefährlicher eingestuft, sagt Cosima Rughiniş.



    In Rumänien sind Stereotype des Alters viel stärker und man redet viel weniger darüber, sie sind quasi unsichtbar und lösen nicht dieselben Emotionen aus wie die Stereotype des Geschlechts. Wir als Frauen und einige der Männer mit denen wir zusammenarbeiten bekommen einen regelrechten Erzürnungsschub wenn wir die absolut lächerlichen Stereotypen erkennen. Aber ein Greis mit einem Spazierstock und ein Großmütterchen mit Kopftuch können niedlich erscheinen. Und das vor allem unter den gegebenen Voraussetzungen, da Rumänien wie die meisten europäischen Länder eine demographische Krise erlebt. Vor diesem Hintergrund werden ältere Personen faktisch ausgegrenzt aus sozialen Tätigkeiten, zudem auch aus der kollektiven Wahrnehmung verdrängt. Und leider tragen die Lehrbücher zu dieser Krise der alten Bevölkerung bei. Die Älteren werden nicht als aktive Personen abgebildet. In allen Lehrbüchern, die wir einstudiert haben – und wir haben alle Fiebeln, alle Ethik- und fast alle Rumänisch-Lehrbücher der 4. Klassen durchforstet – also in allen gab es eine einzige Ausnahme. Dort waren Großeltern in einer aktiven Szene dargestellt, beim Wandern in den Bergen. Ansonsten sitzen die Omas und Opas im Sessel, auf einer Bank, tragen Brillen und hören schlecht…



    Troz der Stereotype, mit denen Kinder bereits in den frühen Schuljahren konfrontiert werden, würde die Berufswahl dadurch nicht in irgendeiner Form beeinflusst werden, glauben Soziologen. Allerdings sind die Auswirkungen der Darstellungen heimtückischer als man denkt, erklärt Cosima Rughiniş.



    Die Gefahr besteht nicht darin, dass junge Mädchen Hausfrauen zu ihren Vorbildern machen. Nicht die Vorbilder sind das Problem. Mädchen und Jungs lassen sich aus der Gesellschaft inspirieren, aus Filmen, aus den Menschen aus ihrem Umfeld…Die Gefahr geht von der Glaubwürdigkeit aus, die unterschiedliche Personen, Frauen oder Männer, ausstrahlen. Zum Beispiel die Geschäftsfrauen. Wenn wir Geschäftsfrauen treffen, haben wir manchmal das Gefühl, dass sie weniger glaubwürdig sind als Geschäftsmänner. In manchen Ethik-Lehrbüchern gibt es ganze Kapitel über führende Persönlichkeiten und über Berufe, die nur von Männern ausgeübt werden. Es sind Ausnahmen, ich kann sie nicht als repräsentativ bezeichnen, aber ihre Präsenz in den Lehrbüchern zeugt von einer bestimmten kollektiven Wahrnehmungsform. Und deshalb glaube ich, dass Frauen mit einem gewissen Glaubwürdigkeitsnachteil Berufe wie Politikerin, Managerin oder Geschäftsfrau ausüben werden.



    Die Soziologen von der Universität Bukarest haben ihre Forschungsarbeit Alice im Lehrbuchland getauft. Sie wollen die Studie fortsetzen und die Lehrbücher für die Sekundärstufe unter die Lupe nehmen.