Tag: Theaterfestival

  • Fotoausstellung beim Theaterfestival „Interferenzen“ in Klausenburg

    Fotoausstellung beim Theaterfestival „Interferenzen“ in Klausenburg

    Das Internationale Theaterfestival Interferenţe“ (Interferenzen) findet im rumänischen Klausenburg (Cluj) statt. Das Festival bringt Theateraufführungen und Ausstellungen zum Thema Mărturiile corpului“ — Die Kundgaben des Körpers“ zusammen.



    Eine erste Ausstellung findet im Kunstmuseum in Cluj (Klausenburg) statt. Hören wir weiter den Museumsdirektor Călin Stegerean:



    Ich freue mich, dass Gabor Tompa, der Organisator des Festivals, auch die Organisierung dieser Ausstellung übenommen hat, die das Interesse des Publikums erwachen soll. Alle Werke, die hier ausgestellt sind, gehören dem Kunstmuseum. Ich glaube, sie sind der Ausdruck der Multikulturalität. Diese Kulturen beeinflussen sich gegenseitig. Wir sind ein kleines Team, trotzdem haben wir qualitätsvolle Veranstaltungen geboten. Das Kunstmuseum in Klausenburg ist zu einem der aktivsten, dynamischsten und geschätzten Museen in Rumänien geworden.




    Der Regisseur Gabor Tompa, Direktor des Festivals und Leiter des Ungarischen Staatstheaters in Klausenburg, erklärte, die Auswahl der Werke sei persönlich und weltlich und wolle keine ästhetisch-kritische Kriterien aufzwingen:



    Wer im Bereich Theater arbeitet, ist von der Bildhauerkunst, von den Malereien beeinflusst. Es gibt keine Bildhauerei, die au‎ßerhalb eines Raumkontextes interpretiert werden kann. Das hat mich künstlich inspiriert. Es interessiert mich, wie eine Statue, die aus einem bestimmten Raumkontext genommen wurde, eine andere Bedeutung erhält und eine dramatische Beziehung mit dem Rest der Werke und sogar dem Publikum beginnt. Ich habe versucht, eine Art Installation zu schaffen, indem ich allerlei Werke vermischt habe. Ich glaube, die Themen, die mich bewusst oder unbewusst beschäftigen, wurden, erst nachdem ich die Werke ausgewählt habe, bekannt. Ich habe Werke entdeckt, die sich um Themen entwickeln wie Leiden, klassischer Körper, gesunder Körper, Adam und Eva, Einsamkeit in der Familie, Mutterschaft, ein Thema, das nicht weggelassen werden kann, wenn wir über die Kundgaben des Körpers sprechen, und Kreuzigung, die an Erlösung gebunden ist. Keine Geschichte des menschlichen Körpers kann unabhängig von der Hoffnung auf Wiedergeburt, auf unsere Erlösung, betrachtet werden. Ohne diese Erlösung wäre alles sinnlos.“




    Das Foyer des Ungarischen Staatstheaters in Klausenburg beherbergt die Ausstellungen der Künstler, die das Festival lieben. Es ist eine Art Tradition geworden. Bei den vergangenen Festivals konnte das Publikum Ausstellungen des Bühnenbildners Helmut Sturmer und des Komponisten Vasile Şirli bewundern. Die Fotografin Mihaela Marin präsentiert in diesem Jahr Theaterfotos unter dem Titel Corpul ca un dar“ (Der Körper als Gabe“). Theaterkritiker George Banu dazu:




    Ich bin der Meinung, dass es um eine vielfältige Ausstellung geht. Meistens zeigen die Fotografen das Image eines exzessiven Körpers, eines grotowskischen, choreographischen Körpers. Diesmal sehen wir Bilder eines Körpers in Ekstase, aber auch materielle Bilder des Körpers. Die Vielfalt der Vorschläge, mit denen Mihaela Marin kommt, stimmt mit der von Gabor Tompa vorgeschlagenen Idee überein, und zwar: keine Einzelassuage des Körpers, sondern Bekundungen des Körpers. Es sind ganz subjektive Fotos. Wir erkennen die Wahl des Fotografen einerseits und das fotografierte Werk andererseits.“




    Die Ausstellung enthält ein paar wertvolle Fotos, die von Mihaela Marin in den letzten vier Jahren aufgenommen wurden. Mihaela Marin dazu:



    Das Thema hat Vieles anzubieten, besonders für Theaterfotografie, die im allgemeinen Bewegung, Mimik und Gestik ist. Das einzige Problem war, nur ein paar Fotos auszuwählen. Ich habe mich bemüht, jene Fotos auszuwählen, die eine Beziehung zum Festival haben. Es gibt Bilder, die ich vor vier und vor zwei Jahren beim Theaterfestival geschossen habe. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass ich die Gelegenheit hatte, sie zeigen zu können. Weitere Fotos haben das Ungarische Staatstheater im Vordergrund. Ich bin überzeugt, dass sie auch den Schauspielern gefallen haben. Sie sind eine sehr begabte Theatergruppe.“

  • Das Internationale Theaterfestival in Hermannstadt

    Das Internationale Theaterfestival in Hermannstadt

    Hermannstadt in Siebenbürgen war im Zeitraum 6.-15. Juni Schauplatz des 21. Internationalen Theaterfestivals. Das diesjährige Motto lautete Einheit in Vielfalt“, zu Gast waren gut 2500 Künstler und Delegierte aus 70 Ländern. Auf dem Programm standen 381 Veranstaltungen. Darunter natürlich Theateraufführungen, sowie Tanzeinlagen, Musikkonzerte, Ausstellungen, Buchpremieren, Konferenzen — all das an konventionellen und unkoventionellen Veranstaltungsorten. Heute lassen wir einige der vielfältigen Events Revue passieren, die im Mittelpunkt der diesjährigen Auflage des prestigeträchtigen Festivals standen.



    Der Regisseur Radu Afrim wird demnächst mit zwei Inszenierungen am Hermannstädter Radu-Stanca-Theater gastieren, sowohl in der deutschen als auch in der rumänischsprachigen Abteilung. Beim Festival war er für mehrere Programmpunkte verantwortlich: eine eigene Foto-Ausstellung, ein Theaterstück und eine weitere Darbietung, die von den Veranstaltern der Rubrik Konzerte“ zugeordnet wurde. Afrim versteht es, nicht nur als Theatermacher zu beeindrucken, sondern auch durch seine Fotos au‎ßerhalb des Bühnengeschehns. Es sind Bilder vom Alltag oder Schauspieler-Porträts. Im Hermannstädter Thalia-Saal wurde Afrim gebeten, seine Ausstellung vorzustellen, die von dem Bühnenbildner Dragoş Buhagiar eingerichtet wurde.



    Es sind Aktfotos und Halbakt-Fotos von Schauspielern. Schauspieler, die sich wünschen, auch an anderen Plätzen jenseits der Bühne gesehen zu werden. Es sind jene schönen Menschen, denen ich in den Theatern begegne. Wir entspannen uns gemeinsam, zwischen zwei und sechs Uhr, zwischen zwei Proben. Wir wandern durch Wälder, manchmal gingen wir auf die gro‎ße Brăila-Insel und machten dort unsere Fotos, ans Olt-Ufer oder sonstwohin… Praktisch wär’s das schon. Es besteht keine Verbindung zu den Aufführungen. Es ist sehr einfach, Schauspieler zu fotografieren. Mann muss nicht lange auf sie hinwirken, um sie in einen bestimmten Zustand zu versetzen, um sie zu entspannen, wie es der Fall bei einem wahninnig schönen Model der Fall wäre. So ein Model hat nur das zu bieten, die Schönheit. Die Schauspieler haben offenbar eine eigene Welt, in die man hoffentlich auf den Fotos Einblicke bekommt. Es sind bekannte, junge Schauspieler, die ich noch bekannter machen möchte.“



    In der Theatersektion war Radu Afrim mit dem Stück Wenn es aufhört, zu regnen“ von Andrew Bovell vertreten, eine Inszenierung am Toma Caragiu“-Theater in Ploieşti. Der Regisseur bezeichnet es als ein viel gefassteres, reiferes Stück, das aber nicht unbedingt ein braves Thema behandelt — es ist eine moderne Tragödie, allerdings habe der Text dem Stück ein langsames Tempo aufgedrückt, das fast hypnotisierend wirke.



    Und schlie‎ßlich war Radu Afrim mit seinem Konzept Hai Iu Iu Nu Hey You You (Maria Tănase remix)“ in der Musiksektion des Festivals angemeldet. Diese Aufführung entstand im Rahmen der Jungschauspieler-Gala HOP im Schwarzmeer-Resort Costineşti im September 2013. Sie ist das Ergebnis einer kreativen Werkstatt rund um die Volksmusik-Legende Maria Tănase und dem 90. Jahrestag seit ihrer Geburt gewidmet. Die musikalische Leitung dazu übernahm Vlaicu Golcea. Als das Konzept der Darbietung unter Dach und Fach stand, hätte niemand mit dem Erfolg und den vielen Einladungen zur Teilnahme an Festivals gerechnet, sagt Radu Afrim.



    Mir liegt das Projekt, der Maria-Tănase-Remix, sehr am Herzen. Es ist ein experimentelles Stück, das überhaupt nicht auf einen kommerziellen Erfolg ausgerichtet ist. Und das ist die Rettung für unsere Show. Die freigesetzte Energie dieser jungen Theater-Absolventen. Es gibt einen Erzählfaden, eine Geschichte bis zu einem gewissen Punkt und sie ist humorvoll. Dann sind da noch die Jungs, die Kabarett-Einlagen haben. In Rumänien gibt es keine passende Bezeichnung dazu. Es ist auch kein Musical… Ich wei‎ß nicht, was es ist und es ist gut so! Es ist auch kein Konzert, weil die singende Frau nicht danach hinter die Kulissen geht. Sie treten auf, verschwinden danach wieder. Wir haben auch Maia Morgenstern in diesem Stück. Sie hat die freie Wahl, kann so oft sie will auf die Bühne zurückkehren. Ich habe bei dieser Show keine Regie geführt, ich habe das Konzept dazu verfasst und die Leute zusammengeführt. Es gibt kein Bühnenbild. Es sieht recht gut aus, ziemlich urban. Maria Tănase war ein Stadtmensch. Das Foto von Maria Tănase, das wir verwendet haben, hat einen Hollywood-Glanz, es ist keine x-beliebige Bäuerin da drauf.“



    Ein besonderer Höhepunkt des Festivals und eine Premiere stellte die Einweihung der Ausstellung Oidip — eine Fotoausstellung von Mihaela Marin“ dar. Zum ersten Mal hatte ein Gro‎ßteil des Publikums das gleichnamige Theaterstück von Silviu Purcărete am Nationaltheater in Sibiu noch nicht gesehen. Dessen Premiere sollte einige Tage nach der Ausstellungseröffnung stattfinden, wie der Theaterkritiker Octavian Saiu berichtete.



    Ich möchte Mihaela Marin vom ganzen Herzen danken, für ihre Geste, uns diskret, aber mit scharfem Beobachtungssinn in das Universum eines Theaterstücks einzuführen, das wir hier entdecken dürfen. Das dank dieser ausgestellten bildlichen Fragmente, die uns das ganze Festival über begleiten werden. Ich bin davon überzeugt, dass die Theateraufführung dank dieser Fotos eine völlig andere visuelle Dimension bekommen wird. Ich bin mir sicher, dass ich bestimmte Szenen aus»Oidip« nicht von den Fotos trennen können werde, die Mihaela in dieser Ausstellung mit uns teilt. Ich glaube, dass jedes Vorhaben von Mihaela Marin einem Bereich kulturellen und theaterkünstlerischen Gedächtnisses zuzuordnen ist, dem ich gro‎ße Bedeutung beimesse. Eines der Symbole des Internationalen Festivals in Edinburgh letztes Jahr, das ich mit nationalem Stolz dort entdeckte, war ein Foto aus der Hamlet-Inszenierung der berühmten Theatertruppe »Wooster Group« aus den USA, ein Foto, das die Unterschrift von Mihaela Marin trug.



    Eines der wichtigen Bücher, die beim 21. Theaterfestival in Sibiu ihre Premiere feierten, hei‎ßt Neue Praktiken der darstellenden Künste in Osteuropa“. Iulia Popovici ist die Autorin des Bandse, der für die Buchsammlung der diesjährigen Festival-Ausgabe veröffentlicht wurde. Es sei das überhaupt erste Buch, in dem über Mittel- und Osteuropa berichtet wird und das in diesem Teil Europas erscheint, erklärte die Autorin selbst. Darin sind 10 Essays, 10 Interviews und ein Text über die Ukraine enthalten, der auf dem Kriegsschauplatz von dem Theaterkritiker Wiktor Sobianski geschrieben wurde, erzählt Iulia Popovici.



    Das Hauptziel dieses Buchs, und ich hoffe auch sein wichtigstes Verdienst, ist es, einen möglichst konkreten Kontext zu schaffen, und das nicht nur für das hiesige Theater. Man spürt, wie die Ereignisse in den Nachbarländern im Einklang stehen mit dem, was hier passiert. Von all den Ländern der Region sind wir zum Beispiel die einzigen, die ein Theater des Realen haben, ein starkes Doku-Theater. Die Bulgaren haben in diesem Jahr ihre ersten Versuche dazu unternommen. In Ungarn wurde eine einzige Doku-Theateraufführung inszeniert, und das vor drei Jahren. In der Ukraine ist jetzt eine aufbrausende Stimmung hochgekocht, in Verbindung mit den Ereignissen auf dem Maidan, die die Dramaturgie des Realen erzeugt. Aber sonst gibt es so etwas nicht. Aber es gibt in Polen ein extrem starkes Doku-Theater und ein sehr interessantes Doku-Theater in der Slowakei. Und was uns alle näherbringt, ist diese extrem angespannte Beziehung zu den Produktionsbedingungen, zu den Finanzierungssystemen und der Alt-Neu-Dynamik vor dem Hintergrund der stark aus öffentlichen Geldern finanzierten darstellenden Künste in all diesen Regionen.“



    Kaum war das Feuerwerk zum Abschluss des Internationalen Theaterfestivals in Hermannstadt erloschen, kündigten die Veranstalter bereits die nächste Ausgabe an. Sie soll zwischen vom 12.-21. Juni 2015 stattfinden, das Programm soll Anfang des kommenden Jahres verfügbar sein. Wir bereiten eine reife Ausgabe vor, mit dem Versprechen des komplexesten Festivals für darstellende Künste, das je auf rumänischem Boden organisiert wurde. Sibiu ist der Schauplatz einer europäischen Stadt, einer Stadt, die wei‎ß, wie man die eigene Schönheit bewahrt. Und wir sind stolz darauf“, erklärte in seiner feierlichen Abschlussrede der Festivaldirektor Constantin Chiriac.



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  • Internationales Theaterfestival in Sibiu beginnt am Freitag

    Internationales Theaterfestival in Sibiu beginnt am Freitag

    Das Internationale Theater-Festival in Sibiu ist wahrscheinlich das komplexeste Festival, das jährlich in Rumänien organisiert wird. Und es ist das drittgrö‎ßte Festival für darstellende Künste in Europa, nach dem Internationalen Festival im schottischen Edinburgh und dem Festival im französischen Avignon.



    Die diesjährige Auflage des Festivals in Hermannstadt setzt die Tradition eines kulturellen Angebots vom feinsten fort. Zehn Tage lang wird die alte Burg der Siebenbürger Sachsen zur riesigen Bühne, mit Künstlern aus allen Ecken der Welt, die ihre Aufführungen an über 60 Veranstaltungsorten präsentieren: darunter Marktplätze, Kirchen, historische Stätten und klassische Theatersäle. Jede Auflage des Festivals findet unter einem Motto statt, diesmal hei‎ßt es “Einheit in Vielfalt”.



    Das diesjährige 21. Festival in Sibiu findet zwischen dem 6.-15. Juni statt. Daran beteiligen sich 2500 Künstler und Gäste aus 70 Ländern. Auf dem Programm stehen 350 Darbietungen: Theateraufführungen, Tanzdarbietungen, Musikkonzerte, Stra‎ßenaufführungen, Zirkusshows, Ausstellungen, Lesungen und Konferenzen. Die Auflage 2014 gleicht einem Marathon einzigartiger Veranstaltungen. Neben den Theateraufführungen haben die Veranstalter eine Reihe von Filmvorführungen und Buchpremieren geplant.



    Das Festival wird mit dem Film “Die Frau die singt” eröffnet, der 2011 für den Oscar in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film nominiert wurde. Das Drehbuch zum Film basiert auf einem Drama des libanesischen Schriftstellers, Schauspielers und Regisseurs Wajdi Mouawad, der bei der Eröffnungsveranstaltung in Sibiu anwesend sein wird. Dabei wird er ein Podiumsgespräch mit dem bekannten rumänischen Theaterkritiker George Banu führen. Eine weitere ungewöhnliche Darbietung ist das Ausstellungskonzept “Luminarium Mirazozo” am gro‎ßen Ring in Hermannstadt, das dem interaktiven Spiel mit Licht und Farbe gewidmet ist. Das Konzept ist aus der islamischen und gothischen Architektur inspiriert und beinhaltet eine aufblasbare Struktur, an der das Publikum eine Reihe von au‎ßersinnlichen Wahrnehmungen experimentieren kann. Diese beruhen auf dem auf farbige oder durchsichtige geometrische Flächen projizierten Lichtspiel.



    Nicht zuletzt sollen neue Sterne auf der Allee der Persönlichkeiten eingeweiht werden — nach dem Vorbild des Walk of Fame in Hollywood. Zum ersten Mal werden die Sterne von Peter Brook, Gigi Căciuleanu, Martin Hochmeister (dem Gründer des ersten Theaters in Sibiu), Krystian Lupa, Radu Stanca und Peter Stein in Hermannstadt erstrahlen. Laut Angaben des Festivaldirektors Constantin Chiriac, werden die Veranstaltungen der 21. Auflage nach dem Grundsatz kommunizierender Gefä‎ße stattfinden. Besucher können erwarten, dass das Programm die humanistische Berufung der europäischen Kulturhauptstadt von 2007 hervorheben wird.

  • Das Internationale Theaterfestival „Boulevard-Fest“ beim Bukarester Nottara-Theater

    Das Internationale Theaterfestival „Boulevard-Fest“ beim Bukarester Nottara-Theater

    Das Bukarester Theater Nottara“ hat am Oktober die 1. Auflage des Internationalen Theaterfestivals Boulevard-Fest“ veranstaltet. Das Festival hatte zwei Abteilungen: einen Theaterwettbewerb mit dem Motto Hei‎ße Krise, mein Lieber!“ und eine reine Unterhaltungsabteilung unter dem Namen Komödien-Boulevard“.



    Die Wettbewerbsaufführungen, die im Oktober beim Internationalen Theaterfestival Boulevard-Fest“ im Bukarester Nottara Theater zu sehen waren, stammten aus Frankreich, Serbien, Bulgarien, Österreich und Rumänien. Hauptthema der Stücke war die Krise, egal welcher Art: Es ging dabei um Wirtschaftskrisen, Gesellschaftskrisen, politische Krisen, sexuelle Krisen oder Identitätskrisen. Gewinnerin des Wettbewerbs wurde die Aufführung mit dem Stück Candide“, eine freie Interpretation nach Voltaire, in der Regie von Cristian Pepino. Es handelte sich um Puppen- und Marionettentheater für Erwachsene; die Premiere war 2007 im Puppentheater Ţăndărică“ in Bukarest. Was hat die Mitglieder der Jury dazu bewogen, gerade diese Aufführung mit dem Gro‎ßen Preis auszuzeichnen? Der jüngste Jurymitglied, der Regisseur Radu Alexandru Nica, antwortet:



    Erstens waren alle Jurymitglieder der Meinung, dies sei eine künstlerisch hochkarätige Produktion. Zweitens war dies keine ‚brave‘ sondern eine geradezu ‚freche‘ Aufführung. Ich war richtig entzückt, zu sehen, da‎ß andere Regisseure mit den Puppen genau das angestellt haben, was auch ich getan hätte, nämlich sie ‚grob‘ zu behandeln, mit viel schwarzem Humor, mit Zynismus. Der schwarze Humor hat alle Jurymitglieder fasziniert, es war eine stahlharte, brilliante Interpretation eines Textes aus der Zeit der Aufklärung. Wir wurden alle von der blühenden Fantasie des Regisseurs hingerissen. Was bedeutet aber eine ‚freche‘ Aufführung? Das ist eine Aufführung, die moralisch provoziert. Die Art und Weise, wie die Liebe behandelt wird, die Entmystifizierung der Liebe, die Darstellung der idiotischen und grotesken Seiten der Liebe. Und das war nicht alles. Auch der Umgang mit den Puppen, die Kombination zwischen Videoprojektion und tatsächlicher Handhabung, zwischen Choreographie und Schauspiel, alles war voller Zynismus.“



    Die Aufführung mit dem Stück Woyzeck“, die in der Wettbewerbsabteillung präsentiert wurde, kam aus Wien, vom Theater Pygmalion, aber der Regisseur stammt aus Rumänien. Geirun Tino wurde 1950 als Sohn eines Italieners und einer Österreicherin in der rumänischen Donaustadt Brăila geboren. 1974 machte er das Diplom als Theaterregisseur der Akademie für Theater und Film in Bukarest. Seitdem inszenierte er über drei‎ßig Produktionen in diversen Stadttheatern Rumäniens — vorwiegend in Bukarest –, hauptsächlich klassische Autoren wie Shakespeare, Tschechow, Ibsen. Von 1982 bis 1984 war er künstlerischer Leiter des Stadttheaters Bacău. 1985 wurde ein Arbeitsverbot aus politischen Gründen verhängt und Tino flüchtete nach Österreich. Im gleichen Jahr gründete er die Schauspielschule Pygmalion“ in Wien, 1990 wurde sein Pygmalion-Theater eröffnet.



    Seit 1998 ist Tino Dozent für Regie an der Akademie Athanor“ in Burghausen. Er begründete das Projekt Donauraum, welches die Osmose des Kulturlebens entlang der Donau zum Ziel hat. Als Tinos wichtigste Inszenierungen gelten Kafkas Die Verwandlung“, seine Produktion von Samuel Becketts Warten auf Godot“, Büchners Woyzeck“ sowie die Bühnengestaltung von Kafkas Romane Der Prozess“, Amerika“ und Das Schloss“, letztere eine Kooperation mit dem Nottara-Theater Bukarest. Heute ist Tino Inhaber und künstlerischer Leiter beider Institutionen Pygmalion“. Für Wien etablierte er mit seiner Schauspielschule und dem Theater Pygmalion“ eine wichtige Theater-Adresse neben den Bühnen der Hochkultur. 2012 erhielt Geirun Tino das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Über seine eigene Betrachtung des Woyzeck“ sagte Geirun Tino:



    Woyzeck ist vielleicht der erste Antiheld des Theaters. Bis zu »Woyzeck« waren in den Theaterstücken fast alle Hauptfiguren Adlige, Könige, Kaiser. Woyzeck ist der erste einfache Mensch, ein Habenichts, ein Niemand, eine Figur ohne starke Persönlichkeit, ein Individuum ohne klare soziale Stellung. Es hat mich interessiert, inwieweit ein solcher Mensch, eine solche Figur Liebe für seine Mitmenschen empfindet, ob er Liebesgefühle überhaupt entwickeln kann. Gibt es vielleicht Unterschiede zwischen seiner Art zu lieben, und jener der anderen? Allmählich wird uns klar, da‎ß es keine Unterschiede gibt. Und wenn in der Liebe keine Unterschiede bestehen, dann ist es in den anderen Bereichen sowieso egal.“



    Das Boulevard-Fest wurde mit einer einmaligen Veranstaltung eröffnet. Es handelt sich um die Sonderaufführung Theater auf Brot“. Die Festspiele entstanden aus der Initiative des Theaterregisseurs Mihai Lungeanu und zielen darauf ab, das Theater wieder in den Mittelpunkt des Bukarester Kulturlebens zu bringen. Die Theaterkritikerin Marinela Ţepuş, Intendantin des Nottara Theaters, drückte zum Schlu‎ß der Festspiele den Wunsch aus, die Begegnung mit dem Publikum auch au‎ßerhalb der Bühne fortzusetzen:



    Der Auftrag eines Theaterfestivals ist, meiner Meinung nach, möglichst viele qualitativ hochwertige Aufführungen aus In- und Ausland auf dieselbe Bühne zu bringen. Daher habe ich mir gewünscht, da‎ß beide Abteilungen des Festivals eine gro‎ße Zahl an rumänischen und ausländischen Aufführungen beinhalten, wir wollten ein echtes Stra‎ßenfest organisieren, das nicht nur auf dem Gehsteig vor dem Theatergebäude stattfindet, sondern da‎ß wir auch auf die Stra‎ße gehen und, warum nicht, auch in die Bukarester Altstadt gelangen. Dort gab es den ganzen Sommer lang die Theaterfestspiele ‚Caragiales Bukarest‘, organisiert vom Bukarester Rathaus. Das Sommerfestival ging am 15. September zu Ende, unsere Festspiele begannen am 15. Oktober. Die Veranstalter von ‚Caragiales Bukarest‘ haben uns sozusagen die Staffel übergeben. Bei dem schönen Oktoberwetter in Bukarest könnten wir die Bukarester mit unseren Freilichttheateraufführungen anlocken. Somit würden wir unser Ziel erreichen, der Gemeinde näher zu kommen, denn das Festival wurde als Fest für die Gemeinde gedacht.“



    Mit der Einführung der Abteilung Komödien-Boulevard“, die in Zukunft einen ständigen Teil des Festivals bilden wird, wollten die Veranstalter die neue Strategie des Nottara-Theaters für offiziell“ erklären. Der gro‎ße Saal des Theaters wird von nun an zum ständigen Komödien-Boulevard“ und im Saal George Constantin“ soll experimentelles Theater gespielt werden. Die Botschaft, die das Nottara-Theater somit an Theaterliebhaber richten möchte, ist, die Komödie sei kein winziges Genre und qualitativ hochwertige Komödie sei noch nicht gestorben.



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