Tag: Bukarest

  • Wiederholte Erdbeben in Rumänien

    Wiederholte Erdbeben in Rumänien

    Ein Erdbeben der Stärke 5,5 auf der Richterskala, das sich in der Nacht zum Sonntag in der Region Vrancea ereignete, brachte das Thema Erdbeben mitsamt aller Probleme der hunderten von erdbebengfährdeten Gebäuden in Bukarest, bei denen die Konsolidierungsarbeiten extrem langsam durchgeführt werden, wieder in den Vordergrund der Debatten in Rumänien. Es war nicht das erste Erdbeben dieses Jahr — seit März ereigneten sich mindestens 6 Erdbeben über Stärke 4 auf der Richterskala in dieser Region, aber das jüngste Erdbeben war auch der stärkste in Rumänien in den letzten 4 Jahren. Bei dem Erdbeben und den Nachbeben in der Nacht zum Sonntag gab es keine Opfer oder Schäden, aber die Bevölkerung war in Panik geraten, weil im benachbarten Landkreis Galati die Erde seit zwei Wochen immer wieder bebt — es gab mehrere Hundert Erdstösse innerhalb von 14 Tagen. Dazu der Direktor des Nationalen Instituts für Geophysik, Mircea Radulian:



    Das, was in letzter Zeit in den Landkreisen Galati und Vrancea vorgefallen ist, ist ein frappierender Zufall, der viele Fragezeichen aufwirft. Von dem, was wir bis jetzt feststellen konnten, würde ich auf den ersten Blick sagen, da‎ß zwischen den verschiedenen Erdstö‎ßen keine Verbindung besteht. Wir wollen aber weitere Untersuchungen durchführen, weil der Zufall einfach zu stark ist.”


    Die Experten, die die Region untersuchten, haben erklärt, da‎ß dort die Erdkruste starken Spannungen ausgesetzt wurde, und diese Spannungen lie‎ßen einen bereits bestehenden Riss in der erdbebengfährdeten Zone wieder aktiv werden. Das Phänomen könne nicht gestoppt werden, aber es gibt Anzeichen eines Rückgangs, so da‎ß demnächst die Erdbeben nachlassen sollten, so die Fachleute. Schon vor einer Woche hatte auch der delegierte Minister für Hochschulausbildung und Forschung, Mihnea Costoiu, einige beruhigende Erklärungen abgegeben:



    “In der Gegend um Izvoarele, Negresti, Slobozia und Conachi ereignen sich seit einigen Tagen wiederholte Erdbeben. Unsere spezialisierten Kollegen vom Nationalen Institut für Geophysik beobachten ununterbrochen die Lage. Letzte Woche schickten wir ein Expertenteam nach Galati — 3 Erdbebenstationen sichern dort die Monitorisierung. Zur Zeit gibt es keine besonderen Ereignisse; wir hoffen, da‎ß wir keine Probleme bekommen, und sollten besondere Probleme entstehen, so werden wir die Öffentlichkeit rechtzeitig darüber informieren.”



    Adrian Grigore, der Leiter des Expertenteams in Galati, meint dazu:



    Ein bereits bestehender Riss in der erdbebengfährdeten Zone in der Nähe der Ortschaft Izvoarele ist wieder aktiv geworden. Im Laufe der Zeit hatte es schon Erdbeben in dieser Region gegeben, aber diesmal handelt es sich um eine au‎ßergewöhnliche Erscheinung. Leider können wir dieses Phänomen nicht stoppen. Es könnte sein, da‎ß es sich weitere Erdbeben ereignen.”



    Die Bewohner der Region sind aber in Panik geraten, und klagen, da‎ß die Erdölbohrungen in der Gegend diese Erdbeben hervorgerufen hätten.

  • Rumänische Schriftstellerin Ioana Pârvulescu mit dem Europäischen Literaturpreis geehrt

    Rumänische Schriftstellerin Ioana Pârvulescu mit dem Europäischen Literaturpreis geehrt

    Die rumänische Schriftstellerin Ioana Pârvulescu zählt unter den 12 Preisträgern der diesjährigen Auflage des Literaturpreises der Europäischen Union, die den besten noch unbekannten Autoren Anerkennung bietet. Ihre Namen wurden bei der Eröffnung der Buchmesse in Göteborg, Schweden, von Androulla Vassiliou, EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Jugend und Mehrsprachigkeit bekanntgegeben.



    Ioana Pârvulescu ist Professorin an der Bukarester Universität und unterrichtet moderne rumänische Literatur. 18 Jahre lang war sie Redakteurin bei der bekannten Literaturzeitschrift România literară“. Sie koordinierte beim Humanitas-Verlag die Weltliteratur-Reihe Cartea de pe noptieră“ (Das Buch auf dem Nachttisch) und ist die Autorin mehrerer Essays, darunter Întoarcere în Bucureştiul interbelic“ (Rückkehr ins Bukarest der Zwischenkriegszeit, 2003), În intimitatea secolului 19“ (In der Privatsphäre des 19 Jh., 2005) , Cartea întrebărilor“ (Das Buch der Fragen, 2010).



    Ion Luca Caragiale war ein Autor, der Ioana Pârvulescu fasziniert hat. Sie beschäftigte sich mit seinem Werk in Beiträgen wie În Ţara Miticilor. De 7 ori Caragiale“ (2008) und Lumea ca ziar. A patra putere: Caragiale“ (Die Welt als Zeitung. Die vierte Macht: Caragiale, 2011). Hören wir nun die Eindrücke Ioana Pârvulescus über die Buchmesse in Göteborg:



    Ich glaube, meine Anwesenheit hier ist zwei Zufällen zu verdanken. Ein Zufall war, dass ich das Buch im Jahre 2009 geschrieben habe, dem Jahr, in dem die erste Auflage des Europäischen Preises für Literatur organisiert wurde. Ich glaube an Harmonie. Der zweite Zufall war, dass die rumänische Literatur im Fokus der Buchmesse in Göteborg war. Unser Land hatte den Stand gleich beim Eingang, also einen privilegierten Platz. Von den 12 Preisträgern wurde nur ich eingeladen, als die Namen der Preisträger bekanntgegeben wurden. Die Preisverleihung wird am 26. November in Brüssel stattfinden.“



    Ioana Pârvulescu wurde für ihren Roman Das Leben beginnt am Freitag“ (2009), der 2011 in schwedischer Sprache bei Bonnierforlagen erschien, mit dem Europäischen Preis für Literatur ausgezeichnet. Der Roman erschien 2009 in Rumänien, wurde beim Verlag Humanitas veröffentlicht und kann als das Prosadebüt der Schriftstellerin betrachtet werden. Das Buch beschreibt die Atmosphäre der Bukarester Welt am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ioana Pârvulescu über ihr Debüt:



    Ich habe meinen ersten Roman mit 49 Jahren geschrieben. Man muss dafür viel Mut haben. Ich glaube, die Sachen hängen einfach nicht von uns ab. Eine Kraft, die von oben kommt, zeigt uns die Richtung. Einen Roman zu schreiben, ist ein echtes Abenteuer. Es ist nicht einfach, eine Welt zu schaffen. Das Risiko ist gro‎ß, man braucht viel Mut dafür. Ich habe Definitionen der Schöpfung gesucht und die beste, die ich gefunden habe, stammt von Paul Johnson, einem Essayisten, den ich sehr schätze. Er behauptet, alles kreise nur um den Mut. Die unmutigen Menschen können nicht kreativ sein. Die Personen, die vorsichtig sind, die alles planen, beweisen keine Kreativität.“



    Riskant ist in Ioana Pârvulescus Literatur auch ihr Versuch, das Gute zu rehabilitieren — Romanciers vermeiden meistens, das Gute zu thematisieren. Das könnte auch eine Erklärung für den Erfolg ihrer Werke sein. Ioana Parvulescu dazu:



    Es ist eine komplizierte Sache, deshalb will ich es versuchen. Heutzutage ist es viel einfacher, zu schockieren und das Böse in den Vordergrund zu setzen. Das Gute ist in der Literatur fast verschwunden. Auf den besten Romanen steht geschrieben ‚das Gute ist verboten‘. Aus meinen Büchern fehlt alles, was mit dem Tod, dem Verlust der geliebten Menschen zu tun hat, also alles, was Verlust bedeutet. Wir müssen nicht das Böse prägen. Es scheint mir komplizierter, auf der Seite des Guten zu stehen und es zu verwerten. Meine Romane sind für Lektüre auf unterschiedlichen Ebenen. Auf der ersten Ebene läuft die Lektüre ganz einfach, weil es um Action-Romane geht. Es folgen die anderen Ebenen, die für gute Leser sind. Ich freue mich, wenn diese Ebenen verstanden werden. Wenn ich zwischen Alexandre Dumas und James Joyce zu wählen hätte, würde ich wählen, Dumas zu sein. Ein guter Action-Roman wird von mehreren Lesern gelesen. Dumas scheint mir gemütlicher zu sein.“



    Das jüngste Buch der Schriftstellerin Ioana Pârvulescu ist der Roman Viitorul începe luni“ (Die Zukunft beginnt am Montag“), der beim Humanitas-Verlag 2012 veröffentlicht wurde.



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  • Internationales Musikfestival George Enescu zu Ende

    Internationales Musikfestival George Enescu zu Ende

    Das Internationale Musikfestival George Enescu“ ist am Samstag Abend in Bukarest nach 28 Tagen zu Ende gegangen. Das bedeutendste Festival in Rumänien brachte Konzerte, Rezitale und Aufführungen. Kräftige Beifälle markierten das Ende des 21. Festivals George Enescu“. Am letzten Tag konnten die Liebhaber der klassischen Musik im Rumänischen Athenäum den amerikanischen Pianisten, der in Gro‎ßbritannien sesshaft ist, Murray Perahia, hören. Gespielt wurden Bach, Beethoven, Schumann und Chopin. Das königliche Londoner Orchester und der Dirigent Cristian Mandeal haben ihr Talent in einem Programm bewiesen, das Enescu und Mahler beinhaltete.



    Rund 3.000 ausländische Künstler sind nach Bukarest gekommen, um sich an dem berühmten Festival zu beteiligen. Aus Rumänien haben 1.500 Musiker teilgenommen. In Bukarest sind 78 Konzerte und 11 Aufführungen organisiert worden. In diesem Jahr beteiligten sich in Bukarest berühmte Ensembles wie Royal Concertgebouw aus Amsterdam, das Akademieorchester Santa Cecilia aus Italien, die Staatskapelle aus Berlin sowie Saint Martin in the Fields aus England. Radu Lupu, einer der grö‎ßten Pianisten der Welt, erfreute uns mit seiner Präsenz. Im Wagnerjahr wurde zum ersten Mal in Rumänien der Ring der Nibelungen“ gespielt. John Malkovich, der berühmte amerikanische Schauspieler, hatte eine Rolle in der Oper The Infernal Comedy“.



    Der Erflog des Festivals ist auch dem Publikum zu verdanken. Verkauft wurden über 120.000 Karten, darunter mehr als 20.000 im Ausland. Mihai Constantinescu, Direktor der Agentur, die das Festival organisierte, erklärte:



    Es war eine schwierige und lange Auflage. Wir als Organisatoren sind sehr zufrieden und ich bin mir sicher, dass auch die Zuschauer und die Hörer es sind. Ich kann behaupten, das Festival war ein Erfolg. Das Publikum war zahlreich und bestand aus Jugendlichen. Viele Ausländer wollten unsere Musik im Konzertsaal hören. Wir danken allen, die zu unseren Konzerten gekommen sind und die wir als Unterstützer betrachten, sie sind unsere Fans, auf die wir uns weiter verlassen können.



    Radio Rumänien ist schon seit dem Anfang des Festivals, genauer gesagt seit 55 Jahren, Koproduzent. Der rumänische Rundfunk hat in diesem Jahr 63 Live-Sendungen ausgestrahlt: Beiträge, Reportagen und Interviews. Der rumänische Kulturminister Daniel Barbu dazu:



    Es geht um eine traditionelle und sehr bedeutende Beteiligung des Rundfunks. Ich hoffe, dass es auch weiterhin so bleiben wird, weil wir mehr Publikum heranziehen möchten. Wir beginnen schon an der nächsten Auflage des Festivals George Enescu“ zu arbeiten und wissen schon, dass sie am 29. August 2015 mit den Berliner Philharmonikern beginnen wird.


  • Öko-Projekt in Bukarest: Der Naturpark Văcăreşti

    Öko-Projekt in Bukarest: Der Naturpark Văcăreşti

    Der im Süden Bukarests gelegene See Văcăreşti soll voraussichtlich zum Naturschutz-Areal erklärt werden. Das Projekt, das von mehreren Umweltorganisationen angesto‎ßen wurde, zielt darauf ab, den Einwohnern der chaotischen Stadt Bukarest die Gelegenheit anzubieten, freie Luft zu atmen und sich der wilden Natur inmitten der Stadt zu erfreuen. Au‎ßerdem werden sowohl Touristen, als auch Umweltforscher dieses Naturparadies inmitten der rumänsichen Hauptstat genie‎ßen.



    Vor circa zwei Jahrhunderten wurde im Schlammgebiet um den See Văcăreşti das gleichnamige Kloster gebaut, später fiel es aber den sogenannten Systematisierungsarbeiten“ Ceauşescus zum Opfer. Hier wurde infolgedessen ein Stausee als Teil der komplexen Einrichtung des Flusses Dâmboviţa angelegt. Der See war Bestandteil des Schutzsystems der rumänischen Hauptstadt gegen Hochwasser und Überschwemmungen. Die Bauarbeiten begannen 1986, nach 1989 hörten sie aber auf und das Gebiet blieb leer. Heute gibt es auf der 200 Hektar breiten Fläche zahlreiche Wasserkanäle, Sümpfe und Schlammgebiete die vom unterirdischen Wasser versorgt werden und die somit die Existenz einer reichen Pflanzen- und Tierwelt mit Reihern, Kormoranen, Möwen, Schwanen, Blässhühnern, Wildenten und Füchsen ermöglicht haben. Während des Frühlings- und Herbstvogelzugs spielt das Gebiet eine äu‎ßerst wichtige Rolle für viele seltene Zugvogelarten. Ein unerwartet reiches natürliches Ökosystem, das einem Delta spezifisch ist, entwickelte sich hier im Laufe der Zeit und der Damm um den Sumpf herum bildet eine Grenze zwischen dem Naturgebiet und der geräuschvollen Stadt.



    Voriges Jahr unternahmen viele Umweltorganisationen die ersten Schritte zum Schutz dieses Areals. Der Direktor der Umweltorganisation Salvaţi Dunărea şi Delta“ (Rettet die Donau und das Delta), Dan Bărbulescu, mit Einzelheiten:



    Es handelt sich um ein Feuchtgebiet mit natürlichen Qullen. Weil der Zugang der Menschen eingeschränkt ist, hat sich hier ein interessantes Ökosystem entwickelt, ein hundert prozentig natürliches System. Da dieses System unter den Betongebäuden der Stadt entstanden ist, verleiht ihm dieser Aspekt irgendwie landschaftliche Merkmale. Dieses Areal hat ebenfalls einen deutlichen wissenschatlichen und natürlichen Wert und dies bewegte zahlreiche Nichtregierungsorgansationen dazu, ein Projekt anzusto‎ßen, das auf die Umwandlung des Gebietes in ein Naturpark abzielt. Die Intiative entstand voriges Jahr, als eine Expertengruppe alle Tierarten, die hier leben, näher untersuchte, infolgedessen einen Bericht verfasste, den sie ferner der Rumänischen Akademie zuschickte. Die Rumänische Akademie stimmte demnach im Monat Mai 2013 der Gründung des Naturparks Văcăreşti zu.“



    Umweltforscher stuften das Areal als Ökosystem mit den Merkmalen eines wilden Naturhabitats ein. Das Gebiet Văcăreşti sei ein relevantes Beispiel der Schaffenskraft der Natur und Bukarest schlie‎ße sich somit den Welthauptstädten London, Berlin oder Prag an, wo es solche Naturschutzgebiete gibt, sagte unser Gesprächspartner Dan Bărbulescu:



    Hier leben mehr als neunzig Volgelarten, vierzig davon sind europaweit geschützte Arten. Dem Gesetz nach werden sie als gefährderte Arten betrachtet, die unter Naturschutz stehen müssen. Hier gibt es Otter, Schlangen, allerlei Insekten, also eine äu‎ßerst interessante Landschaft. Nach der Zusage der Rumänischen Akademie müssen die Bukarester Behörden gewisse Schutznormen für dieses Areal festlegen. Es handelt sich um ein natürliches Areal mit einer bedeutenden wissenschaftlichen, touristischen und erzieherischen Dimension. Es ist ein lebendiges Museum, wo die Bukarester die Natur in ihrer intimsten Form bewundern können. Das wird voraussichtlich der erste innerstädtische Naturpark in Rumänien sein. Das Areal erstreckt sich über 200 Hektar, es ist riesengro‎ß im Vergleich zu ähnlichen Parks in Europa, wo solche Areale 15-30 Hektar messen. Im Vergleich zu solchen Parks in Europa kann man auch sagen, dass es sich bei uns um ein authentisches Naturareal handelt, das sich hier natürlich entwickelte und daher wert ist, von der Stadt geschützt zu werden.“



    Die Umweltorganisation Rettet die Donau und das Delta“ hat jüngst zusammen mit dem Verband Let’s do it, România“ eine Reinigungskampagne am Văcăreşti-See organisiert. Mehr als 300 Freiwillige haben sich daran beteiligt. Bei der Aktion wurden über 700 Säcke von wiederverwertbarem Abfall aufgesammelt. Die Aktion ist Teil des Projektes Naturpark Văcăreşti — eine Oase inmitten der Betonwüste”. Dan Bărbulescu kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten zum Projekt:



    Wir haben eine Lektion im Freien für die nahegelegenen Schulen organisiert, es gab Umweltschutz-, Biologie- und Geologie-Workshops, die wir zusammen mit Experten unserer Initiativegruppe für Kinder und Lehrkräfte veranstaltet haben. Die Kinder haben sich sehr gefreut, als unser Kollege, der Herpetologe, eine Schlange gefunden hat oder als sie einen Falken gesehen haben. Dieses Areal kann als lebendiges Labor für die Schüler und Lehrkräfte der nahegelegenen Schulen eingerichtet werden.“



    Die freiwilligen Aktionen sind Teil einer Förderungskampagne für den Naturpark Văcărești. Demnächst sollen Arbeitstreffen zwischen Umweltschutzorganisationen und Vertretern des Umweltministeriums stattfinden. Die Befürworter des Projektes wollen ferner die öffentliche Petition unterstützen, die die Behörden in Frage der Gründung des Naturparks Văcărești zur Eile drängen soll. Die Petition kann ab dem 26. September auf der Facebook-Seite des Naturparks Văcăreşti unterzeichnet werden.



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  • Streunerhunde-Gesetz beim Verfassungsgericht angefochten

    Streunerhunde-Gesetz beim Verfassungsgericht angefochten

    29 Senatoren aus allen parlamentarischen Parteien haben in Rumänien eine Verfassungsklage gegen das neue Streunergesetz eingereicht. Der Verfassungsgerichtshof in Bukarest wird am 25. September das Gesetz analysieren. Das Gesetz wurde mit einer gro‎ßen Mehrheit von der Abgeordnetenkammer, die in diesem Fall Entscheidungsträger war, gebilligt. Das nachdem ein vierjähriges Kind in der Nähe eines Parks in Bukarest totgebissen wurde.



    Das Gesetz sieht vor, dass die nachweislich aggressiven und unheilbar kranken Tiere sofort eingeschläfert werden müssen. Herrenlose Hunde können au‎ßerdem nach einer 14tägigen Frist, in der sie adoptiert werden können, auch eingeschläfert werden. Diese Ma‎ßnahme ist jedoch nicht obligatorisch, die lokalen Behörden können den Aufenthalt der Hunde in den Hundeheimen verlängern, vorausgesetzt sie verfügen über die notwendigen finanziellen Ressourcen.



    Rund 65.000 herrenlose Hunde leben auf den Stra‎ßen von Bukarest, so die Einschätzungen des Rathauses. Jahrzehntelang haben die Bukarester Behörden dieses Problem nicht gelöst. Grund für dieses Phänomen sind die Abrisse unter dem Ex-Diktator Nicolae Ceaușescu. Ganze Stadtteile wurden damals zerstört. Menschen, die in Häusern mit Garten wohnten, wurden in Plattenbauten umgesiedelt und sahen sich oft gewzungen, ihre Hunde auf der Stra‎ße auszusetzen. Staatschef Traian Băsescu, ein ehemaliger Oberbürgermeister von Bukarest, erklärte, er werde ohne jedwelche Bedenken das Streunerhunde-Gesetz in der vom Parlament angenommenen Form promulgieren. “Das Gesetz ist meiner Meinung nach die richtige Lösung. Nachdem die Zahl der Hunde auf eine akzeptable Grö‎ße herabgesenkt wird, kann man auch an andere Methoden denken”, sagte Präsident Băsescu.



    Die Anfechter des Gesetzes meinten ihrerseits, sie möchten eine europäische Lösung herbeigeführt sehen. Alle Hunde sollen von den Stra‎ßen entfernt werden, aber ohne dass Rumänien als ein Land mitleidloser Menschen angesehen wird. Sowohl diejenigen, die eine radikale Lösung bevorzugen, als auch die, die sich für eine langfristige Lösung, nämlich die Sterilisierung der Hunde einsetzen, lasten den Nichtregierungsorganisationen das Scheitern bisheriger Versuche an, das Problem der Streuner in den Griff zu bekommen. Erheblich Summen wurden in den letzten Jahren von den Veranwortlichen ausgegeben, die Ergebnisse seien aber kaum sichtbar, so der Tenor.



    In der Zwischenzeit gehen die Ermittlungen der Staatsanwälte im Fall des totgebissenen Kindes weiter. Der Chef der Tieraufsichtsbehörde ASPA kündigte an, mehrere Hundefänger in Bukarest angestellt zu haben. Elf Hundefänger-Teams mit jeweils mindestens zwei Angestellten sind im Einsatz. Bis jetzt waren es nur drei Teams.

  • U-Bahn-Gewerkschaften drohen mit Generalstreik

    U-Bahn-Gewerkschaften drohen mit Generalstreik

    Angestellte der Bukarester U-Bahn sind am Diestag in Warnstreik getreten. Am frühen Morgen fiel die Bukarester U-Bahn für eine Stunde völlig aus, es gab dennoch keine Verkehrsbehinderung, da die Protestaktion vor der normalen Arbeitszeit der Bukarester stattfand. Gewerkschaftsleiter erklärten, Auslöser der Protestaktion sei das unbefriedigende Ergebnis der Tarifvertragsverhandlungen mit der Führung der rumänischen U-Bahngesellschaft Metrorex, und forden das Eingreifen der Transportministerin Ramona Mănescu zur Lösung der Situation.



    Die Führung der U-Bahngesellschaft Metrorex erklärte hingegen, sie sei immer bereit und offen zu neuen Verhandlungen über den Tarifvertrag gewesen, damit dieser in Einklang mit den derzeit geltenden Bestimmungen gebracht wird und somit der Fahrplan der Bukarester U-Bahngesellschaft nicht beeinträchtigt wird.



    Sollte der Warnststreik keine positive Auswirkungen für die Metrorex-Angestellten haben, sei es anschlie‎ßend nicht ausgeschlossen, dass die Bukarester U-Bahn auf längere Zeit still gelegt wird, so Gewerkschaftsleiter Ion Rădoi. Ferner drohen die Gewerkschaften sogar mit einem Generalstreik. Ion Rădoi: “Am 30. September werden wir den Streik auf unbegrenzte Zeit fortsetzen, das bedeutet dass die Bukarester U-Bahn täglich bis 16 Uhr ausfallen wird. Die Behörden müssten verfassungsgemä‎ß handeln, zu Verhandlungen über den Tarifvertrag bereit sein und unsere Rechte beachten.”



    Transportministerin Mănescu lehnt die Streikdrohung ab und fordert die Metrorex-Führung auf, klare und sofortige Lösungen für die Forderungen der Angestellten zu finden. Die Gewerkschaftler sagen hingegen, die Behörden müssten das Haushaltsgesetz einhalten, laut dem die Gehälter an die Inflationsrate angepasst werden sollen.



    Das Bukarester U-Bahnnetz erstreckt sich auf einer Gesamtlänge von rund 70 Km, geteilt auf vier Linien, die erste wurde 1979 eingeweiht. Die fünfte U-Bahnlinie wird gerade gebaut und soll 9,6 Km lang sein. Die Gewerkschaftler im öffentlichen Nahverkehrsbetrieb RATB erklärten, sie werden sich dem bereits angekündigten Generalstreik der Metrorex-Angestellten anschlie‎ßen.



    Der öffentliche Verkehr könnte infolgedessen schwer beeiträchtigt werden. Die RATB-Angestellten äu‎ßerten neulich erneut ihre Unzufriedenheit über den schlechten technischen Zustand der Fahrzeuge. Die Gewerkschaften kritisieren ebenfalls den neulich gefassten Beschluss, laut dem 20% der Stellen in Kürze gestrichen werden sollen, und fordern sofortige Gespräche mit dem Bürgermeister der Hauptstadt Bukarest.

  • Streunerhunde in Rumänien – ein Blick in die Vergangenheit

    Streunerhunde in Rumänien – ein Blick in die Vergangenheit

    Der Kanon der politischen Korrektheit will es, dass Streunerhunde heute auch als herrenlose“ oder sogar als gemeinschaftliche“ Hunde bezeichnet werden. Die Stra‎ßenhunde waren schon im vergangenem Jahrhundert ein ungelöstes Problem in den rumänischen Städten. Die Ursachen für dieses Erbe sind komplex, sie reichen von der Unfähigkeit der Behörden, klare und rigorose Gesetze zu erarbeiten und umzusetzen, bis zum verantwortungslosen Umgang mancher Menschen mit den Vierbeinern.



    Die Streunerhunde werden mit Schmutz, Krankheiten und unsicheren Stra‎ßen in Verbindung gebracht. Auch nachdem Menschen von Hunden auf der Stra‎ße totgebissen wurden, hat man dieses Problem in Rumänien nicht lösen können. Das Zögern der Behörden, die Verwirrung der öffentlichen Meinung und die kontrovers geführten Diskussionen über eine akzeptable Lösung haben bewirkt, dass die Tiere in kleinerer oder grö‎ßerer Anzahl stets auf der Stra‎ße geblieben sind.



    Die Historikerin Constanţa Vintilă-Ghiţulescu vom Geschichtsinstitut Nicolae Iorga“ in Bukarest erzählt über die Stra‎ßenhunde in den rumänischen Städten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts:



    Die Streuner waren schon immer ein Problem Rumäniens. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts stellt sich das Problem deren Beseitigung aus den Städten. Bis zu dem Zeitpunkt existierten diese auch, weil viele Häuser nicht umzäunt waren, die Grundstücke waren nicht abgregrenzt. Die Hunde, die sich dann in der Nähe der Häuser aufhielten und anhänglich wurden, gehörten im Grunde genommen allen. Sicherlich sahen Städte wie Bukarest und Iaşi damals anders als heute aus, ohne Einzäunungen und gut abgegrenzte Grundstücke, aber die Stra‎ßenhunde waren damals ein Problem in ganz Europa. Das erste Dokument, das ich finden konnte und sich mit dem Problem der Streuner in Rumänien befasst, stammt aus dem Jahr 1810. Die Russen, die damals, während des russisch-türkischen Kriegs von 1806-1812 die rumänischen Fürstentümer besetzt hatten, machen auf dieses Problem der Stra‎ßenhunde aufmerksam und rekrutieren ein Hundefänger-Team. Dieses hatte die Aufgabe, sie einzufangen und zu töten. Sie geraten aber in Konflikt mit den Hundebesitzern. Es erscheinen Schreiben, in denen die Besitzer aufgefordert werden, die Hunde an der Kette oder im Hof zu halten, anders würde man sie beseitigen. Nachdem die Russen 1812 abziehen, wird die Ma‎ßnahme aufgehoben. 1850 finden wir die Ma‎ßnahme wieder. Die Städte fingen an, sich zu strukturieren und das französische Modell der Hygienisierung und der Urbanisierung wird angewendet. In den Dörfern sind Streunerhunde hingegen überall zu finden, sie werden nicht an der Kette gehalten, sie sind in einem von Menschen bewohnten Raum anwesend.“



    In den Augen der Fremden werden die Stra‎ßenhunde berüchtigt. Constanţa Vintilă-Ghiţulescu hatte Einsicht in Dokumente, die belegen, dass nach Einbruch der Dunkelheit ganze Stra‎ßenhunde-Rudel die Stadt beherrschten:



    Die Konsuln Gro‎ßbritanniens und Frankreichs, die bis 1859 in Bukarest tätig waren, sprechen von der Unmöglichkeit, wegen dieser Hunde nachts auf den Stra‎ßen von Bukarest und von Iaşi zu spazieren. Es gibt einen Zeitzeugenbericht von 1850, der die Hunderudel in der Nähe des Dâmboviţa-Flusses schildert. Warum sie sich da aufhielten? Entlang des Dâmboviţa-Ufers gab es viele Schlachthöfe, Gerbereien und Fleischbearbeitungsläden. Diese kleinen Unternehmen warfen die Abfälle in den Fluss. Da gab es dann sehr viele Hunde, weil sie dadurch Nahrung fanden. Ein Spaziergang durch diese Gegend glich einem Selbstmord. 1852 fordert ein Schreiben der städtischen Verwaltungsräte, dass Ma‎ßnahmen gegen die Hunde ergriffen werden. Es erscheint auch die Idee, das erste Hundeheim zu bauen. Begründet wurde dies dadurch, dass die Tötung der Hunde grausam war. Der humanitäre Diskurs gewinnt Anhänger in der Öffentlichkeit. Es wurde sinngemä‎ß gesagt, wir seien Menschen und können keine Hunde in der Öffentlichkeit töten. Das unglaubliche Verhalten der Hundefänger wurde verurteilt.“



    Auch in der Vergangenheit gab es Fälle von Streunern, die Menschen getötet haben, Zeitzeugenberichte belegen es. Extrem gefährlich waren die tollwütigen Hunde. In Zeiten von Epidemien vervollständigten Berichte von halbverwilderten Hundemeuten das apokalyptische Bild der von einer Seuche befallenen Gesellschaft. Constanţa Vintilă-Ghiţulescu über Berichte aus Geschichtsquellen:



    In einer Zeitung aus der Epoche gibt es Berichte über tollwütige Hunde, die in Döfern, nicht Städten, Menschen angreiffen und zerfleischen. Dass dies ein tatsächliches Problem in jener Zeit war, ist auch aufgrund der vielen Rezepte gegen Tollwut ersichtlich, die damals abgedruckt wurden. Wir sprechen hier aber auch von Wölfen, nicht nur von Hunden. In den ländlichen Regionen, insbesondere im Gebirge, sind die Wölfe immer anwesend, vor allem nachts und im Winter. Besonders wild werden die Hunde während Epidemien. Dann wird die Nahrung knapper, weil sich die Menschen isolieren. Die Schau ist besonders grausam während einer Pestepidemie. Die Leichen werden nahe der Oberfläche begraben oder die Pestkranken werden noch lebendig begraben. Die Menschen haben solche Angst im Falle eines Sterbenden, dass sie nicht einmal mehr darauf warten, dass dieser stirbt. Wie gesagt, die Schau ist grausam: Hunde, die Leichen oder fast tote Menschen ausgraben.“



    Auch in den nachfolgenden Epochen wurde das Problem der Streuner nicht gelöst. Während des Kommunismus nahm die Zahl der Stra‎ßenhunde zu. In den rumänischen Städten, aber insbesondere in Bukarest, wurden ganze Stadtteile abgerissen. Menschen, die in Häusern mit Garten wohnten, wurden in Plattenbauten umgesiedelt und sahen sich oft gewzungen, ihre Hunde auf der Stra‎ße auszusetzen.



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  • Streuner-Gesetz verabschiedet: Einschläferung nur bedingt möglich

    Streuner-Gesetz verabschiedet: Einschläferung nur bedingt möglich

    Ein vierjähriges Kind mu‎ßte mit seinem Leben bezahlen, damit das alte, aber leider nie ernstgenommene Problem der herrenlosen Hunde zur Priorität auf der Agenda der rumänischen Behörden wurde. Schon seit der kommunistischen Zeit, als immer mehr streunende Hunde auf den Stra‎ßen auftauchten, waren die Behörden entweder nicht gewillt oder nicht fähig, das Problem der herrenlosen Vierbeiner zu lösen. Manche bezeichnen diese Passivität als Nachlässigkeit oder Trägheit; andere wiederum verwenden härtere Worte und sprechen von Gleichgültigkeit und Stumpfsinnigkeit. In einem solchen Kontext, wenn der Druck der öffentlichen Meinung immer schwerer auf die Schulter der Entscheidungsträger wird, hat das Bukarester Parlament beschlossen, ein Gesetz anzunehmen, das die Einschläferung der herrenlosen Hunde erlaubt. Diese Lösung wird auch von der Mehrheit der rumänischen Bevölkerung befürwortet.



    Das sogenannte Streuner-Gesetz” sieht vor, da‎ß ein herrenloser Hund, der in ein Tierheim gebracht wurde, binnen 14 Werktagen kostenlos adoptiert werden kann. Nach Ablauf dieser Frist dürfen dann die Kommunalbehörden entscheiden, ob die noch nicht adoptierten Tiere eingeschläfert werden oder weiterhin im Tierheim bleiben können, wenn genügend finanzielle Ressourcen dafür vorhanden sind. Das Einschläfern ist also nicht eine obligatorische Lösung, wie es viele Bürger falsch verstanden haben. Nur die nachweislich aggresiven und die als unheilbar krank erwiesenen Hunde werden sofort eingeschläfert. Die Tierliebhaber, die Hunde aus Tierheimen adoptieren, müssen eine schriftliche Erklärung unterzeichnen, wodurch sie sich verpflichten, die adoptierten Hunde korrekt zu pflegen und zu ernähren und sie nicht wieder auszusetzen, falls sie die Tiere nicht mehr behalten wollen; im letzen Fall müssen sie die Tiere erneut den Behörden übergeben. Das Streuner-Gesetz”, das schon seit 6 Jahren in den staubigen Schubladen des Parlaments steckte und nun angenommen wurde, löste heftige Reaktionen und Proteste bei den Nichtregierungsorganisationen aus, die sich für die Tierrechte und den Tierschutz einsetzen.



    Andererseits erwiesen sich die zig Millionen Euro von den europäischen Fonds und von den Budgets der Kommunalbehörden, die auf die Konten dieser NGOs eingezahlt wurden, als vollkommen nutzlos. Die Errichtung von Tierheimen, die Adoptionen, die Sterilisierung der herrenlosen Hunde als Lösungen zur Eingrenzung der unkontrollierten Vermehrung der streunenden Tiere haben sich als nicht produktiv erwiesen. Von einer endgültigen Lösung des Streuner-Problems” kann keine Rede sein — Beweis dafür ist die Situation der rumänischen Hauptstadt Bukarest, wo etwa 65.000 herrenlose Hunde auf den Stra‎ßen leben. Das ist eine riesige Zahl, und zwar nicht nur für eine europäische Hauptstadt, sondern auch für jede Gro‎ßstadt der zivilisierten Welt. Unter diesen Umständen darf man sich nicht wundern, da‎ß die ausländischen Touristen, die die rumänische Hauptstadt besuchen wollen, vor dem Risiko der herrenlosen Hunde in Bukarest gewarnt werden.

  • Raus aus der Großstadt Bukarest – aber wohin?

    Raus aus der Großstadt Bukarest – aber wohin?

    Bukarest, die Hauptstadt Rumäniens, wirkte schon immer wie ein Magnet auf diejenigen, die besser bezahlte Jobs und mehr Komfort suchten. Viele Jahre lang war die Landflucht in Richtung Hauptstadt von keinem entgegengesetzten Phänomen ausbalanciert. Seit 2009, das hei‎ßt seit dem Anfang der Wirtschaftskrise in Rumänien, machte sich auch die Stadtflucht bemerkbar — man wollte aus Bukarest heraus, und viele Gro‎ßstadtbewohner entschieden sich für kleinere Städte oder sogar Dörfer.



    Manche verlassen die Hauptstadt endgültig; andere suchen sich Wohnungen oder Häuser in der Umgebung von Bukarest und pendeln jeden Tag zu ihrem Arbeitsplatz in der Hauptstadt. Über die Bukarester, die nicht mehr in Bukarest leben wollen, über die Gründe, die sie bewogen haben, die Hauptstadt zu verlassen, spricht Ioana Mihai, Journalistin bei der Zeitung Ziarul Financiar“:



    Erstens haben wir die Rentner, die sich entscheiden, Bukarest zu verlassen, weil sie ein altes Elternhaus oder Verwandte auf dem Lande oder in Provinzstädten haben. Dann gibt es die Studenten, die der Auffassung sind, da‎ß sie sich in Bukarest nicht integrieren können. Bukarest bietet in der Tat besser bezahlte Arbeitsplätze; dafür ist aber das Leben viel stressiger, man verliert viel Zeit mit den einfachsten Alltagssachen, und das zehrt an den Nerven. Sehr oft regt man sich furchtbar schon am frühen Morgen im Verkehr auf, auf dem Weg zur Arbeit. Wenn man endlich angekommen ist, ist man schon nervös. So etwas passiert in anderen Städten Rumäniens einfach nicht. Ferner haben wir die Kategorie derer, die bereits ein gewisses Niveau in ihrer Karriere erreicht haben, und frei entscheiden können, ob sie ihre Kinder in einer ruhigeren Stadt gro‎ßziehen wollen. Ich kenne einige Topmanager, die höhere Stellungen als Manager in Bukarest aufgegeben haben, um als Angestellte bei Firmen in der Provinz zu arbeiten, oder als Selbständige eine Existenz fern von Bukarest zu gründen.“



    Die meisten Bukarester beschlie‎ßen, nicht sehr weit zu ziehen, etwa in den Landkreis Ilfov, in die ländliche und landwirtschaftliche Umgebung von Bukarest. Andere wiederum entscheiden sich für Landkreise, wo in den letzten Jahren viel investiert wurde, wie zum Beispiel für den Landkreis Timiş. Fast 11.000 Rumänen aus dem ganzen Land sind 2011 in den Landkreis Timiş gezogen. Was Bukarest betrifft, auch wenn hier die meisten Arbeitsplätze zu finden sind, auch wenn das Einkommen am höchsten ist, so sind auch die Lebenskosten sehr hoch. Die Journalistin Ioana Mihai erläutert:



    Wenn wir uns mal anschauen, wie hoch die Mieten in Bukarest sind oder wieviel ein Quadratmeter Wohnraum in einer neugebauten Eigentumswohnung kostet, dann verstehen sowohl die Unternehmer als auch die Familien, die ein Budget auf längere Zeit planen, da‎ß es preisgünstiger ist, au‎ßerhalb von Bukarest zu leben. Man sollte auch die Spritkosten nicht vergessen. Es gibt Städte in Rumänien, wo man die gesamte Hauptstra‎ße von einem Ende der Stadt zum anderen in 5 Minuten durchfährt. In Bukarest steht man ganze 5 Minuten nur an einer Stra‎ßenampel. Es gibt also eine ganze Reihe von verschiedenen Kosten, die man als Stadtmensch in Kauf nehmen mu‎ß. Es gibt viele Leute, die lieber eine oder zwei Stunden mehr mit ihrer Familie verbringen, als jeden Morgen und jeden Abend diese Zeit im Verkehr zu vergeuden. In der Provinz käme diese Zeit der Familie zugute.“



    Ebenfalls an die Familie, vor allem an die Kinder, dachte auch Sabina Dumitrescu, als sie, zusammmen mit ihrem Ehemann und noch einem befreundeten Ehepaar, eine selbständige, landwirtschaftich orientierte Existenz im Landkreis Ialomiţa, etwa 60 Km von Bukarest entfernt, gründeten. Es handelt sich um ein Gemüse-Anbau — dieser naturverbundene Lebensstil garantiert gesunde Lebensmittel, frische Luft und sichere Spielplätze für die Kinder der zwei Familien. Sabina und ihr Ehemann haben ihre Stadtwohnung in einem Bukarester Neubauviertel verlassen und sind aufs Land umgezogen. Zweimal die Woche fahren sie zu ihren Anbauflächen und kümmern sich um das Geschäft. Sabina Dumitrescu beschreibt ihr neues Zuhause:



    Wir wollten keine Umweltverschmutzung mehr. Von der ersten Nacht an, die wir in unserem neuen Haus verbrachten, fühlten wir uns wirklich zu Hause. Und die Kinder waren überglücklich, weil sie auf dem Hof spielen konnten. Vorher lebten wir in einer Hochhauswohnung, in der Nähe gab es schon einen gro‎ßen Park, aber das war nicht zu vergleichen mit dem Leben auf dem Lande. Unser Kinder entdeckten den Wald, das Feld, den Gemüsegarten, die Obstbäume auf dem Hof. Das ist ein ganz anderes Leben!“



    Die Anpassung an den neuen Lebensstil fiel keinem schwer. Im Gegenteil. Die Region, wo sie jetzt leben, sieht schon wie eine grüne Umgebung der Hauptstadt aus. Man hat den Stadtkomfort und die Ruhe des Landlebens. Sabina Dumitrescu:



    Die Entfernungen sind schon etwas grö‎ßer, man mu‎ß sich die Fahrten und das gesamte Tagesprogramm genauer einplanen. Aber das ist die Mühe wert, meine ich. Wenn man zu Hause ankommt, ist es schon etwas anderes. Man hat mehr Raum, man hat den Hof, die frische Luft, die Natur. Früher interessierte ich mich weniger für die Natur oder für Pflanzen. Ich war ein richtiger Stadtmensch, ich ging gerne mit Freunden aus, ich führte ein aktives Stadtleben. Aber sobald die Kinder auf die Welt gekommen waren, verstand ich, da‎ß andere Dinge wichtiger sind, und es schien mir natürlich, unseren Lebensstil zu ändern.“



    Zum Zeitpunkt ihrer Stadtflucht“ waren die zwei befreundeten Ehepaare etwa 30 Jahre alt. Als sie ihr neues Geschäft als Existenzgründung starteten, verstanden sie fast nichts von Landwirtschaft. Jeder der vier jungen Leute hatte etwas ganz Unterschiedliches studiert: Psychologie, Informatik, Architektur und Mathematik. Heute, etwa vier Jahre später, wollen sie sich auf Öko-Landwirtschaft spezialisieren. Matei Dumitrescu, der Ehemann Sabinas:



    Generell bauen wir Gemüse an. Obst haben wir weniger. In punkto Gemüse konzentrierten wir uns auf die Sorten, die saisonbedingt und ganz natürlich schon immer in Rumänien angebaut wurden. Wir haben ein ganzes Mitarbeiterteam — vor allem im Sommer stellen wir Tagelöhner ein. Das ist auch das Geheimnis eines gut laufenden Unternehmens — wir suchen uns die besten Arbeiter aus. In zwei oder drei Jahren hoffen wir, das Zertifikat für Öko-Landwirtschaft zu erhalten, so da‎ß unsere Erzeugnisse mit dem Bio-Siegel gekennzeichnet werden. Zurzeit orientieren sich alle neuen Unternehmer in Richtung Öko-Landwirtschaft, und das könnte schon einige Jahre dauern.“



    Mitten in der Wirtschaftskrise scheint es, doch verschiedene Lösungen für ein besseres Leben in Rumänien zu geben. Die Rumänen, die ein anderes Lebensniveau anstreben oder sich für ein umweltgerechtes Leben entscheiden, versuchen, solche Lösungen auf nationaler Ebene zu finden. Auf diese Weise wird die Auswanderung oder die Arbeitssuche im Ausland ausbalanciert.



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  • Die Woche 31.8. – 6.9.2013 im Überblick

    Die Woche 31.8. – 6.9.2013 im Überblick

    DIE THEMEN:



    Neue Bukarester Parlamentssession hat begonnen



    Proteste in Rumänien und im Ausland gegen das Goldtagebauprojekt Roşia Montana



    Vierjähriges Kind von streunenden Hunden totgebissen



    Privatisierung des staatlichen Unternehmens CFR Marfă paraphiert



    Völkermordanklage gegen ehemaligen Gefängnisleiter



    Internationales Musikfestival George Enescu“ läuft auf vollen Touren




    Neue Bukarester Parlamentssession hat begonnen



    Das Parlament Rumäniens hat am Montag seine Arbeit nach der Sommerpause wieder aufgenommen. Die regierende Sozialliberale Union (USL) legte die Verfassungsänderung und das Referendum-Gesetz als ihre Prioritäten für die kommende ordentliche Sitzungsperiode fest. Auch der Jahreshaushalt 2014, die Regionalisierung und die Dezentralisierung sind für die Koalition vorrangig. Die oppositionelle Liberal-Demokratische Partei (PDL) hat dem Parlament bereits einen Entwurf über die Gründung einer Behörde für den Schutz der Investoren vorgelegt. In dem Entwurf sind vor allem Steuersenkungen vorgesehen, etwa die Reduzierung der einheitlichen Steuerquote auf 12%, die der Sozialbeiträge der Unternehmen auf 5%, Steuererleichterungen für die reinvestierten Gewinne sowie die Anhebung des Mindestlohns auf ca. 225 Euro. Der Jahreshaushalt 2014 und die Dezentralisierung gehören zu den Hauptthemen des Ungarverbandes (UDMR), ebenso wie die Beibehaltung bestimmter Paragraphen des Bildungsgesetzes betreffend den Unterricht in der Muttersprache der Minderheiten.




    Proteste in Rumänien und im Ausland gegen das Goldtagebauprojekt Roşia Montana



    Das umstrittene Projekt des Goldtagebaus in Roșia Montană/Goldbach (in der Mitte Rumäniens), das in den letzten 16 Jahren ein Stein des Ansto‎ßes in Rumänien war, ist in den letzten Tagen wieder in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte gerückt. Letzte Woche hat das Regierungskabinett des Ministerpräsidenten Victor Ponta einen neuen Gesetzentwurf zu diesem Thema angenommen und ihn dem Parlament zur Debatte vorgelegt. Die Entscheidung der Bukarester Exekutive führte sofort zu heftigen Stra‎ßenprotesten in mehreren rumänischen und ausländischen Städten und entfachte heftige Debatten zwischen den Befürwortern und den Gegnern des Projekts.



    Die Umweltschützer lehnen die Goldtagebaumethode mit Verwendung von Zyanid entschlossen ab, wegen der hohen Risiken einer unwiederkehrbaren Umweltverschmutzung in der Region. Ebenfalls dagegen erklärten sich die Geschichtswissenschaftler, weil durch den Goldtagebau in Roșia Montană/Goldbach einmalige historische Funde zerstört werden. Die Befürworter des Projekts behaupten dagegen, dass der Goldtagebau zur Entwicklung der Region beitragen und neue Arbeitsplätze schaffen würde. Insgesamt würden 5 Milliarden Euro in die Staatskassen flie‎ßen. Ministerpräsident Victor Ponta rechtfertigte seinerseits die Freigabe für das Vorhaben seitens der Regierung. Hätte man das Projekt nicht abgesegnet, wäre der rumänische Staat zur Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe von über 2 Milliarden US-Dollar verpflichtet gewesen. Der Gesetzentwurf sei au‎ßerdem zwecks einer transparenten Debatte dem Parlament vorgelegt worden, so der Ministerpräsident noch.




    Vierjähriges Kind von streunenden Hunden totgebissen



    Eine erschütternde Nachricht hat die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Problem der herrenlosen Hunde in Rumänien gelenkt. Ein vierjähriger Junge wurde am Montag in der Nähe eines Bukarester Parks von einem Rudel streunender Vierbeiner totgebissen. Infolge des Dramas zogen die Verantwortlichen in Bukarest mehrere Ma‎ßnahmen in Erwägung: Kommende Woche soll das Parlament über ein neues Gesetz die herrenlosen Hunde betreffend abstimmen, au‎ßerdem wurde die Durchführung einer Volksbefragung über die Einschläferung aller Streuner in Bukarest in Aussicht gestellt. Präsident Băsescu sprach über die Notwendigkeit einer Dringlichkeitsverordnung, die eine Einschläferung der Hunde ermöglichen soll, die innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens nicht adoptiert werden.



    Laut der jüngsten Hundezählung lebten in Bukarest etwa 65.000 Streuner. In anderen Gro‎ßstädten des Landes wie Klausenburg oder Constanța gibt es indes nicht einmal eine genaue Bestandsaufnahme der herrenlosen Hunde.




    Privatisierung des staatlichen Unternehmens CFR Marfă paraphiert



    Am Montag wurde beim Transportministerium der Privatisierungsvertrag für CFR Marfă unterschrieben, aber nicht von der neuen Transportministerin Ramona Mănescu, sondern vom Staatssekretär Cristian Gibu. Im Namen von Grup Feroviar Român (GFR) hat nicht der Besitzer Gruia Stoica unterzeichnet, sondern der Generaldirektor. Der nächste Schritt besteht darin, dass GFR den Vertrag dem Kartellamt schicken und dessen Billigung einholen muss. Sodann muss GFR 10 Prozent des Kaufpreises, das sind umgerechnet 20 Millionen Euro, bezahlen. Für den Kaufpreis von insgesamt 202 Millionen Euro für das Mehrheitsaktienspaket von 51% verhandelt Gruia Stoica mit mehreren Banken, versichert aber, dass er das Geld aufbringen werde.



    Ferner verpflichtete sich Grup Feroviar Roman GFR, weitere Investitionen in Wert von 900 Millionen Lei (über 200 Millionen Euro) zu betätigen. Die Privatisierung von CFR Marfă gehört zu den Verpflichtungen der rumänischen Regierung im Rahmen des Abkommens vorbeugender Art, das 2011 mit dem Internationalen Währungsfonds, mit der Europäischen Union und mit der Weltbank unterzeichnet wurde.




    Völkermordanklage gegen ehemaligen Gefängnisleiter



    23 Jahre nach dem Völkermord-Urteil gegen das Diktatoren-Ehepaar Ceaușescu haben die rumänischen Staatsanwälte erneut eine Anklageschrift wegen Völkermordes formuliert, diesmal gegen einen Verantwortlichen für Mord und Folter an politischen Gefangenen während der kommunistischen Ära. Auf der Anklagebank sitzt der heute 88-jährige Alexandru Vișinescu, ehemaliger Leiter der Strafvollzugsanstalt Râmnicu Sărat in der Zeit 1956-1963.



    Die Oberste Staatsanwaltschaft Rumäniens wirft dem früheren Gefängnisdirektor Alexandru Vișinescu vor, für die “physische Zerstörung” der Häftlinge verantwortlich gewesen zu sein. Er soll sich besonders hervorgetan haben beim Massenmord an politisch Verfolgten und Misshandlungen in den Zellen. Zudem habe er Gefangene aushungern lassen und ihnen medizinische Versorgung verweigert, führen die Ankläger in Bukarest aus.



    Alexandru Vişinescu ist nur einer der 35 Folterer, die vom Institut zur Aufklärung der Verbrechen des Kommunismus identifiziert wurden, und die Entscheidung der Obersten Staatsanwaltschaft, seine nicht verjährbaren Verbrechen als Völkermord einzustufen, wird als Meilenstein in der Vergangenheitsbewältigung angesehen.




    Internationales Musikfestival George Enescu“ läuft auf vollen Touren



    Am Sonntag, den 1. September, ist im Gro‎ßen Palastsaal in Bukarest die 21. Ausgabe des Internationalen Musikfestivals George Enescu“ eröffnet worden. Das von Musikliebhabern voller Aufregung erwartete gro‎ßangelegte musikalische Ereignis findet in der Zeit 1.-28. September in Bukarest und in anderen rumänischen Gro‎ßstädten statt. Das Musikfestival George Enescu“ bringt einige der wichtigsten Musiker der Gegenwart auf die rumänischen Bühnen. Gro‎ße Namen der klassischen Musik wie der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim, die phänomenale Pianistin Yuja Wang, Top-Orchester der Welt wie die Staatskapelle Berlin, Royal Concertgebouw Amsterdam oder Pittsburgh Symphony Orchestra werden für die Liebhaber der klassischen Musik in Bukarest konzertieren.



    Musikrezitale, Opernaufführungen, Konzerte in Bukarest und in anderen rumänischen Städten, Vorträge, Konferenzen, Kompositionsworkshops, ein musikwissenschaftliches Symposium und Sonderauftritte auf dem Festivalplatz vor dem Bukarester Athäneum werden von Radio Rumänien, einem der Koproduzenten des Festivals, live übertragen. Insgesamt gibt es in September über 10.000 Minuten Musik und Interviews mit Musikern und anderen Kulturpersönlichkeiten in den Konzertsälen. Darüber hinaus veranstaltet Radio Rumänien am 20., 21. und 22. September Themenabende für das Festivalpublikum. Das 1958 gegründete Internationale Musikfestival trägt den Namen des gro‎ßen rumänischen Komponisten, Violinisten, Pianisten und Musikpädagogen George Enescu, der in der ganzen Welt geehrt wird.



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  • Konfessionsschulen in Rumänien

    Konfessionsschulen in Rumänien

    In Rumänien gibt es Schulen des öffentlichen Bildungssystems und gleichzeitig Schulen, die von der Kirche verwaltet werden. Es handelt sich um Konfessionsschulen, wo nach demselben Lehrplan wie in den staatlichen Schulen unterrichtet wird, die sich aber von diesen in einer Hinsicht unterscheiden. Um mehr über die Differenzen zu erfahren und darüber, was sie verlockend für die Schüler macht, haben wir bei diesen und ihren Lehrern und Eltern nachgefragt.



    Răzvan geht auf das Römisch-Katholische Gymnasium Sankt Joseph“ in Bukarest und ist in der 9. Klasse, Fachrichtung Mathematik-Informatik. Er ist schon seit der 1. Klasse Schüler dieses Gymnasiums. Damals wählten natürlich die Eltern für ihn, aber später, als er die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium abglegen sollte, entschied er sich, beim selben Gymnasium weiterzumachen.



    Mir gefällt es, was wir in der Schule lernen. Ich brauche keine Nachhilfestunden, denn die Lehrer unterrichten alles sehr gut in der Klasse. Hier gibt es keine Drogen und keinen Alkohol, im Vergleich zu anderen Gymnasien, wo sich die Schüler auch schlagen. Da es sich um ein kleines Gymnasium handelt, haben die Lehrer genug Zeit, um sich um uns alle zu kümmern.“



    Da Răzvan der Fachrichtung Mathematik-Informatik nachgeht, hat er nur eine Stunde Religion wöchentlich. Dafür hat Francesca, Schülerin in der 12. Klasse bei der Fachrichtung Theologie, mehrere Religionskurse. Sie ist orthodox und sie mag es, dass man auf einem katholischen Gymnasium, das Gleichgewicht zwischen Kenntnissen und seelischer Ruhe fördert.



    Für mich und meine Eltern ist Ordnung im Leben wichtig. Im Vergleich zu den Schülern von Mathe-Info habe ich hier vier-fünf religionsbezogene Unterrichtsstunden wöchentlich: Religionsgeschichte, Religion, Religionskunde, die den Geschichts- und Rumänischstunden entsprechen, weil sie sehr viel gemeinsam haben.“



    Schwester Rodica Miron, Leiterin des Römisch-Katholischen Gymnasiums Sankt Joseph“ in Bukarest ist der Auffassung, dass das Haupziel dieser Konfessionsschule au‎ßer der intelektuellen Bildung der Kinder auch eine dem Evangelium entsprechende ethische und geistige sei. Wie man das unter den Bedinungen des üblichen Lehrplans erzielen kann, erfahren wir von Schwester Rodica Miron.



    Was unser Gymnasium kennzeichnet, ist das Herangehen aller Fächer. Das ganze Schulklima unterstützt die Schüler, eine geistige, kulturelle Sichtweise zu entwickeln, sich als Menschen zu entwickeln. Es gibt auch einen geistlichen Leiter, es gibt viele bewährte Personen — Nonnen und Priester –, die hier tätig sind und den Kindern zur Verfügung stehen, wenn sie Fragen jegliche Art haben.



    Aber gerade dieses geistliche Klima hält einige Eltern und Kinder fern von dieser Schule. Schwester Rodica Miron:



    Einige kommen vollkommen zufällig zu uns — und bleiben. Wir betreiben hier keine Proselytenmacherei. Wir wissen gar nicht mal, wer in der Schule katholisch, orhodox oder evengelisch ist. Es stimmt allerdings, dass wir nur christliche Kinder haben, denn unser Bildungskonzept ist christlich. Wir arbeiten mit allen Kindern in der Schule einheitlich. In der ganzen Geschichte unseres Gymnasiums — das letztes Jahr das 20. Jubiläum gefeiert hat — ist nur ein einziger Schüler Priester geworden. Es gibt auch einige Nonnen unter den ehemaligen Schülerinnen, aber die meisten haben eine laizistische Karriere befolgt.“



    Kinder, die allen christlichen Konfessionen angehören, werden auch beim Griechisch-Katholischen Gymnasium Iuliu Maniu“ in Oradea (Gro‎ßwardein) aufgenommen. Dort gibt es 60% Orthodoxe, rund 30% Römisch-Katholiken und Griechisch-Katholiken und die restlichen gehören anderen christlichen Glaubensrichtungen an. Laut dem Leiter Aurelian Cristea ist das Ziel des Gymnasiums die Bildung der Persönlichkeit der Kinder im Sinne der allgemeinen christlichen Werte, aber nicht unbedingt im Sinne eines bestimmten Glaubens.



    In den Allgemeinbildungsklassen hat man eine Stunde Religionsunterricht jede Woche. In der Fachrichtung Theologie gibt es drei oder vier Stunden zusätzlich. Einmal die Woche, Freitags von acht bis neun Uhr, haben wir eine Liturgie für Jugendliche, an der sich alle Schüler unserer Schule beteiligen. Darüber hinaus gibt es viele au‎ßerschulische Tätigkeiten, die nicht zum Lehrplan gehören und daher nicht pflichtig sind. Diese werden von Volontären — Priester und Religionslehrer — vorgeschlagen. Durch ihre Komplexität ziehen sie die Kinder an. Sie bilden ihre Persönlichkeit im Geiste der moralischen, altruistischen Grundsätze der Liebe und des Mitgefühls für die, die es nötig haben. Sie lernen, wie sie im Falle von Problemen, die in ihrem Leben auftreten, durch Gebet und durch Vertrauen zu den Nahestehenden reagieren sollen.“



    Pater Vasile Gavrilă hat die Schule Heilige Drei Hierarchen“ in Bukarest gegründet, um den orthodoxen Kindern und Eltern eine Alternative zum üblichen Unterricht, die näher an ihrem Glauben stehen soll, zu bieten. Er versucht, dies zu tun, indem er den Lehrplan des Bildungsministeriums befolgt und gleichzeitig ein bestimmtes Verhalten der Lehrer fördert. Im Vergleich zu anderen Konfessionsschulen ist die Schule Heilige Drei Hierarchen“ eine Privatschule, deren Tätigkeit vom Ministerium genehmigt wurde und den Segen des Patriarchen der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, Daniel, ehalten hat. Das gewährt ihr eine gewisse Unabhängigkeit, die in vielen Hinsichten sichtbar ist. Pater Vasile Gavrilă:



    Alles, was man in der Schule lernt, lernt man aus der Perspektive der offenbarten Wahrheit Gottes. Es herrscht kein Gegensatz zur Wissenschaft und zur Kultur. Wir versuchen, Kultur mit der offenbarten Wahrheit zu verflechten. Da es sich um eine Privatschule handelt, sind wir berechtigt, diejenigen einzuschreiben, die wir einschreiben möchten. Es findet eine Art Auswahlverfahren statt, indem wir, die Schule, eine Vereinbarung mit den Eltern treffen, die uns ihr Vorhaben mitteilen. Vorrangig ist für uns au‎ßer Allgemeinbildung die Erziehung der Kinder und die Persönlichkeitsbildung im christlich-orthodoxen Glauben.“



    Orthodoxer Priester ist auch John Downey. Der US-Amerikaner, der zur Orthodoxie übergetreten ist und vor fünf Jahren zum Priester vereidigt wurde, unterrichtet auch Englisch. Wir erfahren, wie er den orthodoxen Geist während seiner Unterrichtsstunden übermittelt:



    Ich spreche nicht allzu sehr über die christlichen Werte, wenn ich Englisch unterrichte, sondern versuche, zu unterrichten, indem ich den christlichen Geist einhalte, z.B. wenn ich möchte, dass die Klasse sich ruhig verhält. Kinder sind eben Kinder und machen Krach. Als Lehrer muss ich mich durchsetzen, aber auch Mitgefühl zeigen. Man muss sie disziplinieren, aber gleichzeitig müssen sie verstehen, dass man sie liebt, obwohl man weder ihr Freund noch Feind ist. Ich versuche eine persönliche Beziehung zu jedem Kind aufzubauen, denn die orthodoxe Perspektive ist sehr persönlich.“



    Iulian Capsali hat zwei Kinder, die in die Konfessionsschule Heilige Drei Hierarchen“ gehen. Als praktizierender Orthodoxe möchte er dem Nachwuchs seinen Glauben näher bringen, insbesondere weil es Dinge bei den öffentlichen Schule gibt, die ihn unglücklich machen:



    Wenn man sich zuhause und in der Schule wie ein Christ verhält, dann werden die seelischen Eigenschaften des Kindes aufgewertet. Es tritt dem Geist der Kirche bei. Es ist um so besser, wenn dieser Geist auch in der Schule anwesend ist. Meine anderen Kinder kommen aus der Schule mit Angeleneheiten, die ihnen Sorgen bereiten. Stellen Sie sich vor, es gibt Schulkameraden meiner Kinder, die Drogen nehmen oder später sogar zu Dealern werden — und das im Gymnasium! Ich denke, dass es kein Gymnasium in Bukarest gibt, wo dieses Phänomen nicht anwesend ist.“



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  • Buchsalon „Bookfest 2013“: ein Überblick auf die literarischen Neuerscheinungen

    Buchsalon „Bookfest 2013“: ein Überblick auf die literarischen Neuerscheinungen

    Das Internationale Buchfest Bookfest 2013“ hat Anfang Juni in Bukarest in den Pavillons des Ausstellungsgeländes Romexpo stattgefunden und wurde von über 90.000 Menschen besucht. Etwa 200 Verlage haben ihr Buchangebot vorgestellt. Die Schriftstellerin Nora Iuga, die Historiker Neagu Djuvara und Lucian Boia, der Schauspieler Radu Beligan und der Journalist und Politikwissenschaftler Emil Hurezeanu sind nur ein paar Persönlichkeiten, die ihre neuen Werke lanciert haben. Eherengastländer waren Deutschland, Österreich und die Schweiz.



    Memoriile din biblioteca ideală“ (Memoiren aus der idealen Bibliothek“), das neueste Buch von Bogdan Suceavă, enthält Essays und wurde vom Verlag Polirom herausgegeben. Sie erzählen die Geschichte einiger Begegnungen, die dank der Mathematik stattgefunden haben. Es handelt sich um Begegnungen mit den Ideen und Büchern berühmter Wissenschaftler wie Huygens, Newton, Meusnier, Euler, Sophie Germain u.a. Es geht aber auch um unmittelbare Begegnungen mit Menschen, die die Entwicklung des Autors geprägt haben. Emblematische Figuren der rumänischen Mathematik Gheorghe Țițeica, Dan Barbilian, Nicolae Teodorescu vervollständigen die Galerie. Ich glaubte über mich, dass ich vor allem ein Aufgabenlöser sei. Der klarste Ausdruck der Intelligenz müsste die Identifizierung einer sicheren Lösung sein, egal, ob es sich um Literatur oder Mathematik handelt“, schreibt Bogdan Suceavă in seinen Memoiren aus der idealen Bibliothek“. Wir haben den Autor, gegenwärtig Professor an der California State University, gefragt, was er unter sicherer Lösung in der Literatur verstehe.



    Wenn es um das Schreiben eines Romans geht, dann beginnt die literarische Lösung mit der Stimme des Erzählers und mit einem genau einkalkulierten Ende der Handlung. Man denkt an die Gestalten, die im Vordergrund stehen werden, und an den Höhepunkt der Geschichte. All das bedeutet literarische Aufgabenlösung und es ist nicht einfach, wenn man mit zahlreichen Gestalten arbeitet. Diesmal hatte ich die Gelegenheit, in einem Buch zu erzählen, wie die Mathematik uns in anderen Bereichen des kulturellen Lebens, besonders in der Literatur helfen kann. Diese Memoiren sind eigentlich keine Lebenserinnerungen im eigentlichen Sinne.“



    Während Vollblut-Mathematiker davon träumen, Lehrsätze zu beweisen, die dann ihren Namen tragen werden, war mein Traum, nicht nur bestimmte mathematische Ideen zu verstehen, sondern auch zu wissen, woher diese Ideen stammen, ihre Geschichte, ihre Entwicklung“, schreibt Bogdan Suceavă.



    Dieses Buch von Nora Iuga wurde in Wien im vergangenen Frühjahr geschrieben. Nur Literaturliebhaber, die auch Nora lieben und schätzen, nur die authentischen Gedichteliebhaber können es verstehen. »Câinele ud e o salcie« (»Der nasse Hund ist eine Weide«) ist der Schlüssel der Liebe und des Hasses und ein Hilferuf des allein gebliebenen Gedichtes.“ Mit diesen Worten stellte der Verlag ‚Cartea Românească‘ den neuesten Gedichtband von Nora Iuga vor. Auch der Kritiker und Dichter Radu Vancu äu‎ßerte sich dazu:



    Für mich ist es eine gro‎ße Freude, über Nora Iuga und über dieses Buch zu sprechen. Nora Iuga ist für mich ein Vorbild. Ihre Vitaliät erfreut mich und widerspricht einer Statistik laut der der rumänische Schriftsteller eher inkonsequent, kurzatmig und vitalitätslos erscheint. Unter den vitalitätsvollsten Vertretern der zeitgenössischen rumänischen Literatur zählen Schriftstellerinnen wie Nora Iuga, Angela Marinescu, Ileana Mălăncioiu. Nora Iuga schafft magische Sachen. Es ist wunderbar, ein Buch im Jahr, Poesie, Prosa oder Tagebuch zu veröffentlichen. Sie bringt ständig etwas Neues. Wer sonst erfindet sich noch im Alter von 80 Jahren neu?“



    Das Kunstalbum Corneliu Baba“ des Kritikers Pavel Şuşară wurde vom Verlag des Rumänischen Amtsblattes herausgegeben und von dem Kunstkritiker Tudor Octavian präsentiert. Corneliu Baba, der für seine Porträts berühmt ist, wird von Şuşară als Maler des Menschen“ bezeichnet. Die Kritiker vergleichen ihn mit Francisco Goya. Die grö‎ßte Sammlung seiner Werke ist die Baba-Kollektion des Temeswarer Kunstmuseums. Die Sammlung wurde von der Ehefrau des Künstlers gespendet und besteht aus 90 Exponaten. Der Kunstkritiker Pavel Şuşară über sein Buch:



    Ich habe nicht versucht, mich pädagogisch zu äu‎ßern. Ich wollte drei Perspektiven zeigen. In erster Linie einen kontextuellen Blick, weil der Maler Corneliu Baba nicht allein in der Welt der Malerei ist. Ich habe versucht, in seinem Werk alle gro‎ßen Erfahrungen eines Jahrhunderts zu finden. Und letztendlich versuchte ich, die halbschattigen Aspekte seines Schaffens zu erkunden, die eine besondere und tiefe Lektüre erfordern. Eine Lektüre, die der von Baba geschaffenen Welt Kohärenz und Glaubwürdigkeit verleiht.“



    Das Projekt Trei ţări, aceeaşi limbă“ (Drei Länder, eine Sprache“) war ein Anlass zum Treffen mit über 20 Gästen, Verlegern, Schriftstellern und Autoren von Kinder- und Jugendbüchern, Illustratoren, Philosophen, Fachleuten im Bereich Marketing und Kommunikation, Übersetzern sowie zwei Hip-Hop-Dichtern. Oana Boca, Öffentlichkeitsbeauftragte bei Headsome Communication, einem Partner des Projektes, zieht Bilanz:



    Ich bin der Meinung, dass alles gut gelaufen ist. Ich schlie‎ße das aus den Reaktionen der Besucher. Sie waren der Meinung, dass sie sich zum ersten Mal einen Gesamteindruck über die Gastländer machen konnten. Das konnte man in der Stadt und beim Stand bemerken. Die Verkaufszahlen sind auch ein Beweis dafür. »Iacob se hotărăşte să iubească« (»Jakob beschlie‎ßt zu lieben«), der Roman von Cătălin Dorian Florescu, der von ‚Polirom‘ nun in rumänischer Fassung veröffentlicht wurde, belegt den zweiten Platz, was die Zahl der verkauften Exemplare anbelangt. Der Verlag ‚Curtea Veche‘ schaffte seinerseits einen Verkaufsschlager mit der rumänischen Übersetzung des Romans »Der Turm« von Uwe Tellkamp. ‚Humanitas Fiction‘ veröffentlichte die rumänische Fassung von Jan Koneffkes »Die sieben Leben des Felix Kannmacher«, und der Roman schaffte es auf den zweiten Platz in der Rangliste der allgemeinen Verkäufe.“

  • Regierung trifft neue soziale Massnahmen


    Mit dem Ziel die Steuerhinterziehung zu reduzieren und die Haushalts-Einkommen zu erheben, hat die Regierung unter Ministerpräsident Victor Ponta eine Reihe von Massnahmen, die ab dem 1. September in Kraft treten, angekündigt. So wird beginnend mit diesem Datum die Mehrwertsteuer für Brot von 24 % auf 9 % herabgesetzt. Landwirtschaftsminister Daniel Constantin erklärte vor kurzem, der jährliche Brotkonsum liege offiziell EU-weit bei 89 Kilogramm pro Einwohner, während in Rumänien dieser nur 23 Kilogramm pro Kopf erreiche. Die Studien des Marktforschungsunternehmen Gallup zeigen jedoch, dass in Wahrheit die Rumänen jährlich bis zu 101 Kilogramm Brot pro essen. Die Differenz stelle die Steuerhinterziehung dar, so der rumänische Landwirtschaftsminister. Ministerpräsident Victor Ponta forderte am Montag die privaten Unternehmen auf zu zeigen, dass die Haushalts-Einkommen steigen können, wenn mehrere eine niedrigere Steuer zahlen. Victor Ponta:




    Ich verlasse mich auf eine Partnerschaft zwischen Regierung und den Produzenten-Verbänden. Sollten wir erfolgreich sein und sollte es sich herausstellen, dass unser Denkansatz korrekt war, dass wir die Steuerhinterziehung reduzieren, dass wir bessere Einkommen erzielen und die korrekten Produzenten, die Steuern zahlen, fördern, wird uns der Erfolg dieses Projekts helfen, unterschiedliche Mehrwertsteuerquoten auch für andere Kategorien anzunehmen.”




    Um den Erfolg dieser Massnahme zu sichern und die negativen Folgen auf den Haushalt zu reduzieren, muss die Regierung eine Haushaltsanpassung durchführen und die Verbrauchsteuer für manche Produkte anheben. Folglich werden das Transportministerium und das Generalsekretariat bis Ende des Jahres weniger Geld bekommen. Zudem wird die Regierung ab dem 1. September neue Verbrauchsteuer für manche Luxusprodukte einführen. Das wird der Fall, zum Beispiel, für Jachts, Pkws mit einem Motor grösser als 3000 Kubikzentimeter, Goldobjekte und teuere Uhren. Zudem steigt beginnend mit dem 1. September die Alkohol-Verbrauchsteuer, von 750 auf 1000 Euro pro Hektoliter.




    Die Haushaltsanpassung bringt mit sich gute Nachrichten für das Gesundheitswesen. Eine Milliarde Lei (etwa 230 Millionen Euro) werden für die Zahlung von Arzneimitteln und Dienstleistungen an die Nationale Krankenversicherungskasse überwiesen. Weitere 90 Millionen Lei (etwa 20 Millionen Euro) sollen für die Verbesserung der Bedingungen in den Entbindungskliniken ausgegeben werden. Die IWF-Experten betrachten skeptisch die Wirksamkeit dieser Massnahmen zur Reduzierung der Steuerhinterziehung. Sie haben jedoch die Unterzeichnung eines neuen Abkommens vorbeugender Art mit Rumänien akzeptiert. Die Lage der Weltwirtschaft bleibt weiterhin zerbrechlich und dieses Abkommen könnte zur Stabilität Rumäniens beitragen.

  • Grüne Gebäude in Rumänien

    Grüne Gebäude in Rumänien

    In Rumänien gibt es insgesamt 65 Projekte für energieeffiziente Häuser, die umweltgerecht gebaut werden sollen. Das zeigt ein Bericht, den der Rumänische Rat für Grüne Gebäude in Zusammenarbeit mit der Organisation NAI Romania erstellt hat. Von den 65 Projekten sind 17 Gebäude international zertifiziert, während die restlichen 48 Gebäude infolge eines Energie-Audits in die Energie-Klasse A eingestuft worden sind.



    Die identifizierten Behausungen stellen, aus Sicht der bebauten Fläche, 5% der insgesamt im Zeitraum 1990-2013 errichteten Gebäude dar. Sie sind sowohl in Bukarest, als auch au‎ßerhalb der Hauptstadt, vor allem in den rumänischen Gro‎ßstädten zu finden. Einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung grüner Gebäude in Bukarest leiste auch das Bürgermeisteramt des ersten Bezirks, eröffnet Ion Brad, Vorsitzender des Lokalrates.



    Wir haben bereits ab 2006 mit den sogenannten Wärmedämmungsma‎ßnahmen an den Plattenbauten begonnen. Bislang sind fast 410 Wohnblöcke thermisch isoliert. An weiteren 200 sind die Arbeiten gerade im Gange, weitere 200 sollen Ende dieses Jahres wärmegedämmt sein und für 2014 sind noch einmal 200 Wohnblöcke vorgesehen. Insgesamt sind es 1000 Plattenbauten. All die erwähnten Ma‎ßnahmen werden im Zuge der angepeilten Reduzierung des Energiekonsums und der Kohlenstoffemissionen getroffen. Letzten Monat haben wir einen Beschluss verabschiedet, laut dem auf den Dächern aller Schulen aus dem ersten Bezirk Photovoltaikanlagen montiert werden sollen, natürlich dort wo es möglich ist. Mit der erzeugten Energie soll entweder die Beleuchtung, oder die Warmwasserversorgung bzw. das Heizwasser gesichert werden.“



    Ein Gro‎ßteil der grünen Gebäude Rumäniens ist in Bukarest zu finden. Der Crystal Tower ist zweifelsohne eines der interessantesten, Beleg dafür steht die Auszeichnung des Verbandes der Green-Building-Profis aus Mittel- und Osteuropa. Der Verband ist zuständig für die Erteilung des sogenannten BREEAM-Zertifikats. Dieses gibt Aufschluss über die umweltrelevante Gesamtleistung eines Gebäudes, von der Planung über die Ausführung bis hin zur Nutzung. Das Zertifikat gilt als ältestes und wichtigstes Instrument zur Bewertung von grünen Gebäuden. Mutterland des BREEAM ist Gro‎ßbritannien. Mihaela Drăghici ist die stolze Vertreterin des Crystal Tower:



    Das Projekt Crystal Tower ist das erste in unserem Land, das die BREEAM — Bewertung ‚exzellent’ erhielt. Es weist eine moderne, raffinierte und elegante Architektur auf — sehr viel Wert haben die Planer auf den Umweltschutz und einen reduzierten Energieverbrauch gelegt. Das Gebäude ist mit einer fortschrittlichen Technologie ausgestattet, die meisten Anlagen gelten als Premieren für Rumänien. Davon würde ich als erstes die doppelte Vorhang-Fassade erwähnen, die ein intelligentes und sonnenempfindliches Rollladen-System integriert, für den Sonnenschutz und die Wärmedämmung. Dann das Ventilationssystem VRV2 oder das Building Management System der neuesten Generation — dieses steuert, überwacht und optimiert die Einrichtungen im Gebäude. Das Projekt Crystal Tower ist nicht nur ein grünes Gebäude, sondern auch ein sehr sicheres Gebäude, dessen Struktur vom Typ BAR ist, also Beton mit einiger rigiden Stahlbefestigung — das macht es zu einem der sichersten Gebäude in Rumänien, es kann einer Erdbebenstärke von bis zu 8,5 Grad auf der Richterskala standhalten.“



    Das Gebäude ist sowohl für die Bedürfnisse und Ansprüche von Unternehmen als auch für die persönlichen Bedürfnisse von Privatpersonen entworfen worden. Es enthält Büroräume, Konferenzsäle, ein Restaurant, Bars und Cafés, allesamt im 15. Stockwerk, ein Fitnesscenter und ein Spa im 14. Stock, vier Untergeschösse und nicht zuletzt einen Heliport auf dem Dach. Der Crystal Tower ist überhaupt das einzige Privatgebäude in Rumänien, auf dem Hubschrauber landen können.



    Das rumänische Gesetz sieht Steuerermä‎ßigungen für Gebäude vor, die mit grünen Technologien errichtet oder saniert wurden. Die Vertreterin des Rumänischen Rates für Grüne Gebäude, Luiza Manolea, hat eigene Vorstellungen für die Verfeinerung des Gesetzes:



    Wir schlagen zwei Arten von Steuersenkungen vor. Eine Basis-Ermä‎ßigung und zusätzliche Ermä‎ßigungen. Die Grundermä‎ßigungen sollen anhand internationaler Zertifikate sowie der Einstufung in eine bestimmte Energieklasse gewährt werden. Die zusätzlichen Ermä‎ßigungen sehen andere Kriterien vor, wie etwa die Emissionen von Stickstoffoxiden der Heizanlagen, der Trinkwasser-Verbrauch — je weniger Wasser man verbraucht, desto grö‎ßer soll die Steuersenkung sein. Dann soll es noch andere Kriterien für die Senkung der Gebäudesteuer geben, wie der Umgang mit Regenwasser und eine Sicherheitsinspektion der Behausung.“



    Experten sind der Ansicht, dass die Liberalisierung der Energiepreise den Bau von grünen Gebäuden vorantreiben wird. Theoretisch müssten alle Bauprojekte bis 2020 Nullenergiehäuser beinhalten. Das sind Häuser, die den Energiebedarf aus eigenen Quellen decken und Null Kohlenstoffemissionen haben.



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  • Die amerikanischen Luftangriffe vom April 1944 auf Bukarest

    Die amerikanischen Luftangriffe vom April 1944 auf Bukarest

    Am 4. April 1944 starteten ein paar Hundert amerikanische Bombenflugzeuge aus Foggia, Italien. Deren Ziel war es, wichtige Punkte in Rumänien zu bombardieren. Die Vereinigten Staaten wollte ihren sowjetischen Alliierten im Kampf gegen die Achsenmächte unter der Leitung Nazi-Deutschlands helfen, zu denen auch Rumänien gehörte. Die amerikanischen Bombenangriffe hatten auch Bukarest als Ziel.



    Hier wollten die Amerikaner den Rangierbahnhof zerstören. Das führte jedoch auch zum Tod von ein paar tausend unschuldigen Zivilisten, die meisten von ihnen Flüchtlinge aus dem Norden der Moldau, wo gekämpft wurde. Am 8. April 1944 schrieb der Schriftsteller Mihail Sebastian in seinem Tagebuch:



    Gestern Nachmittag war ich im Grivița-Viertel. Vom Bahnhof bis zum Basarab-Boulevard blieb kein Haus unberührt. Die Ansicht ist herzzerrei‎ßend. Man bergt immer noch Tote, man hört noch Gestöhne unter den Trümmern. An einer Stra‎ßenecke weinten drei Frauen mit scharfen Schreien. Eine verkohlte Leiche wurde gerade aus den Trümmern geholt. Am Morgen hatte es leicht geregnet und im ganzen Viertel war ein Geruch von Schlamm, Asche und gebranntem Holz zu spüren. Ich konnte nicht weiter als Basarab gehen und kehrte mit einem Gefühl von Ekel, Entsetzen und Unfähigkeit nach Hause zurück.“



    Laut offizieller Bilanz kamen 2942 Menschen ums Leben, 2126 wurden verletzt. Der Dirigent Emanuel Elenescu wurde 1994 vom Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des rumänischen Rundfunks interviewt. Er erinnert sich, wie alles am 4. April 1944 begann:



    Eine Woche zuvor wurde für 10 Uhr eine passive Verteidigungsübung eingeplant. Da die Leute bei uns nicht diszipliniert sind, haben sie keinen Wert darauf gelegt. Die Sirenen haben geheult, das war das Zeichen, dass die Gefahr vorbei ist. Gegen 1:30 oder 1:40 Uhr — plötzlich erneutes Sirenengeheul: Fliegeralarm. Die Menschen haben das ignoriert, sie wussten ja, das sei eine passive Verteidigungsübung. Ich befand mich auf der Popa-Tatu-Stra‎ße, in der Nähe des Rundfunks, und habe meine Mutter und meinen Bruder getroffen. Sie a‎ßen gerade etwas in einem Selbstbedienungs-Restaurant in der Nähe des Buzești-Platzes. Als der Alarm zu Ende ging, hörte ich Flugzeug-Geräusche. Ich hatte ein feines Gehör und erkannte, dass es kein übliches Geräusch war, es deutete auf sehr schwere Flugzeuge hin. Der Himmel bebte. Ich sagte dann: ‚Mutter, gehen wir hier rein, in diesen Luftschutzbunker, der Alarm ist echt!‘ Dann begann der Bombenangriff. Es waren drei Flugzeug-Angriffswellen. Der Bunker bebte, es war einem Erdbeben ähnlich. Es waren Liberator-Flugzeuge, man nannte sie »fliegende Festungen«, sie waren mit Gewehren auf den Flügeln, auf dem Heck und am Bug ausgestattet.



    Als wir rausgingen, war der ganze Matache-Măcelarul-Platz voller Tote. Eine Stra‎ßenbahn lehnte an ein Haus, die Gleise waren verkrummt. Und alle umherliegenden toten Menschen waren nicht von der Bombenexplosion erfasst worden. Sie starben nur wegen der Druckwelle. Alle hatten etwas Blut im Gesicht, waren auch geschwollen. Bei einer Explosion entsteht Vakuum, und die Menschenkörper implodieren.“



    Der rumänische Rundfunk zog um. Emanuel Elenescu erinnert sich, wie dieser weiter ausstrahlte. Die amerikanischen Bombenabgriffe gingen ebenfalls weiter.



    Am Abend hatte ich Sendung mit dem Radio-Orchester, ich gehörte zum Orchester. Ich ging zum Rundfunk, alles war kaputt, man konnte nichts mehr machen. Alarme gab es jeden Tag, auch wenn keine Bombenangriffe stattfanden. Wir haben von Marschall Antonescu einen Zerstreuungsbefehl bekommen. Wir wurden nach Bod, nach Südsiebenbürgen, geschickt. Das war ein Sachsendorf, da lebten auch wenige Rumänen. Das Dorf war 2 Km vom Sender entfernt. In der Kneipe eines Sachsen, Schuster hie‎ß er, haben wir ein Studio eingerichtet. Und wir strahlten zwei Sendungen am Tag aus. Alles ging also weiter. Als wir ‚Achtung! Achtung!‘ hörten, wurden die ersten Flugzeug-Angriffswellen angekündigt. Wir unterbrachen dann unsere Sendung und gingen aufs Feld, in der Nähe von Bod.



    An einem Tag dirigierte ich die Pathetische Sinfonie von Tschaikowski. Auf einmal höre ich einen Pauken-Klang. Ich schaue zum Paukenspieler, er schaut zu mir. Was war das? Die amerikanischen Flugzeuge flogen tief über Bod und bereiteten sich vor, Brașov/Kronstadt zu bombardieren. Das war ein Fehler oder ein schlechter Scherz eines Toningenieurs, der uns nicht informiert hatte, dass Fliegeralarm geschlagen worden war. Und wir sind alle gerannt.“



    Auch der Lehrer Olimpiu Borzea wurde 2001 vom Zentrum für mündliche Geschichte interviewt. Er erlebte ebenfalls die Bombenangriffe von damals:



    Im April-Mai habe ich Krankenhäuser im ganzen Land besucht. Ich ging nach Socola, von dort aus nach Vaslui, von Vaslui nach Bukarest, auf dem Elisabeth-Boulevard. Dann zog ich in die Franziskaner-Stra‎ße um, da gab es eine Franziskaner-Schule mit Internat. Als der Bombenangriff begann, mussten wir in den Keller gehen. Man hörte die Bomben. ‚Oh, mein Gott‘, jammerte da einer, es war ein Soldat. Und ich sagte ihm: ‚Hey, du, schämst du dich nicht? Schau dir mal diese Mädels an, die Krankenschwestern, sie sind ruhig, und du jammerst, was für ein Kämpfer bist du?‘“



    Die amerikanischen Bombenangriffe hatten als Ziel, den Gegner zu entmutigen und Schaden zu verursachen. Leider haben aber auch Zivilisten einen hohen Preis bezahlt.



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