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  • Amine Maissour aus Marokko: vom Informatiker zum Craftbeer-Brauer

    Amine Maissour aus Marokko: vom Informatiker zum Craftbeer-Brauer





    Amine Maissour wurde in der marokkanischen Hauptstadt Rabat geboren und lebt heute in Bukarest. Nach Rumänien hat es ihn 2021 eher zufällig verschlagen, denn bis dahin hat er in mehreren Ländern auf unterschiedlichen Kontinenten Erfahrung gesammelt. Von 2010 bis 2021 lebte und arbeitete er in Brasilien, Kolumbien und China, wo er u.a. als Volontär Englisch unterrichtete. Er hat Informatik an einer marokkanischen Universität studiert, und seit 2021 lebt er in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Amine Maissour ist mit einer Rumänin verheiratet und arbeitet heute als Bierbrauer von sogenanntem Craftbeer, also nicht industriell, sondern handwerklich gebrautem Bier. Zunächst wollten wir wissen, was Amine Maissour nach Rumänien verschlagen hat.



    Ein wichtiger Grund war, dass ich meine künftige Ehefrau Adina in China kennengelernt habe, wo ich damals lebte. 2019 kamen wir zunächst vorübergehend nach Rumänien, doch nach dem zweiten oder dritten Besuch beschlossen wir zu heiraten, was wir beim Standesamt des 4. Bukarester Stadtbezirks auch taten, weil mir das Gebäude sehr gefiel. Ich bin also in erster Linie wegen meiner Frau Adina nach Rumänien gezogen.



    Bei einem vorangegangenen Rumänien-Besuch 2018 hatte ich die lebendige Craftbeer-Szene kennengelernt und so habe ich mich noch mehr in Rumänien verliebt, den ich liebe handwerklich hergestelltes Bier. Die Craft-Brauer, die ich damals kennenlernte und deren Fan ich war, sind heute meine Kollegen und Freunde. Ich hatte also seit 2018 die Szene beobachtet, und 2021, als wir beschlossen, nach Rumänien zu ziehen, reifte auch die Idee, eine eigene Craftbeer-Marke auf den Markt zu bringen.




    Amine Maissour und seine Ehefrau sind heute Betreiber einer kleinen, jedoch unter Kennern geschätzten Bierbrauerei mit dazugehörender Kneipe in Bukarest. Doch was macht das Leben in Rumänien im Unterschied zu anderen Ländern und Kontinenten aus, wo sie früher gelebt haben?



    Jeder Ort und jeder Erdteil hat seine Eigentümlichkeiten; andererseits habe ich all diese Länder in unterschiedlichen Etappen meines Lebens kennengelernt, als ich auch verschiedene Erwartungen hatte. Man kann also Länder nicht einfach direkt untereinander vergleichen. Ich versuche, mich immer an den jeweiligen Ort anzupassen, und deswegen habe ich mich von Anfang an bemüht, so gut wie möglich Rumänisch zu lernen. Wenn man die Landessprache beherrscht, integriert man sich viel schneller und man kann auch unternehmerisch tätig werden, ohne ständig jemanden an deiner Seite zu brauchen, der dir hilft.



    In Bukarest gefällt mir, dass hier vieles sehr unkompliziert möglich ist. Wenn man z.B. eine neue Geschäftsidee hat, findet man schnell Menschen, die sich dafür begeistern. Mein Eindruck ist also, dass viele Menschen hier sehr aufgeschlossen sind.“




    Doch gibt es auch etwas, was Amine Maissour weniger gefällt oder verbesserungsbedürftig in Bukarest findet?



    Ginge es nach mir, würde ich versuchen, die Leute davon zu überzeugen, die öffentlichen Verkehrsmittel mehr zu nutzen. Da ich mich in meiner Brauerei auch um den Lieferdienst für meine Craftbeers kümmere, muss ich jeden Tag durch den höllischen Berufsverkehr der rumänischen Hauptstadt, was ziemlich anstrengend ist. Ich hoffe, dass die Menschen eines Tages mehr auf Öffis zurückgreifen werden.“

  • Von Teheran nach Bukarest: „Zu Hause, doch nicht ganz heimisch – in beiden Welten“

    Von Teheran nach Bukarest: „Zu Hause, doch nicht ganz heimisch – in beiden Welten“



    Nazanin Kaveh ist Projekt-Architektin, Designerin und Dekorateurin. Sie ist Absolventin der Ion-Mincu-Universität für Architektur und Städtebau in Bukarest und hat eine doppelte Staatsbürgerschaft — sie ist iranischer Herkunft und wurde in Teheran geboren, besitzt aber auch die rumänische Staatsbürgerschaft. Wie hat der rumänische Teil der Lebensgeschichte von Nazanin Kaveh begonnen?



    Ich kam 1998 nach Rumänien, mein Vater arbeitete hier, und die anderen Mitglieder unserer Familie — ich, meine Mutter und mein neugeborener Bruder — lebten im Iran. Nach fast zwei Jahren beschlossen wir, hierherzukommen, um unsere Familie wieder zusammenzuführen. Meine Mutter, die Lehrerin ist, wollte wieder arbeiten, und zu dieser Zeit gab es eine iranische Schule in Bukarest. Ich ging acht Jahre lang auf die iranische Schule in Bukarest.



    Als wir hierher kamen, war es für uns eine andere Welt als jene, die wir im Iran erlebt hatten. Meine Mutter sagte fast jedes Jahr, wir würden bald in den Iran zurückkehren, und selbst nach 25 Jahren sind wir nie wirklich in die alte Heimat zurückgezogen. Meine Mutter bekam damals eine Stelle an der iranischen Schule in Bukarest, die leider vor fast vier Jahren geschlossen wurde. Mein Bruder und ich gingen auf die iranische Schule mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass wir irgendwann zurückkehren würden, aber nach acht Klassen und fast 10 Jahren in Rumänien beschlossen wir, die Schule zu wechseln, ich kam vom Gymnasium, mein Bruder von der Grundschule. Am Anfang war es sehr schwer mit der rumänischen Sprache und der Anpassung an die neue Umgebung, doch nach ein paar Jahren haben wir es geschafft, die Zurückhaltung und Angst zu überwinden.“



    Doch wie fühlt sich Nazanin heute — nach 25 Jahren in Rumänien?



    Ich war fünf Jahre alt, als wir nach Rumänien zogen, und letzte Woche bin ich 30 geworden. Was ich empfinde, und vielleicht auch andere Menschen in meinem Alter empfinden, die diesen Umzug durchgemacht haben, ist, dass ich nicht richtig wei‎ß, wo mein Zuhause ist. Wir fühlen uns weder hier ganz heimisch, noch sind wir im Iran wirklich zu Hause. Wir haben hier zwar eine Familie und ein Zuhause, hier sind wir aufgewachsen und zur Schule gegangen, wir haben Freunde, aber irgendetwas fehlt. Etwa alle drei oder vier Jahre reisen wir in den Iran. Dort finde ich meine ersten Kindheitserinnerungen wieder, dort habe ich noch Familienangehörige, es gibt also einen Teil von mir, den ich in Rumänien nicht finde. Im Iran gibt es andere Gepflogenheiten und einen anderen Lebensstil.“



    Dennoch hat die junge Iranerin etwas aus dem Leben im Iran beibehalten und ihre Familie pflegt Kontakte auch zu anderen Iranern, die in Rumänien leben.



    Ja, wir haben Kontakt zu einer Gruppe iranischer Freunde, und wir, unsere Familie, wir pflegen einfach unsere Traditionen und halten an unseren Feiertagen fest. Wir haben zum Beispiel nie einen Weihnachtsbaum geschmückt oder Ostern in der Familie gefeiert, dafür aber das iranische Neujahrsfest und andere Traditionen, die wir jedes Jahr begehen. Ich habe auch sehr gute rumänische Freunde, wie ich iranische Freunde habe. Ich komme mit jedem anders zurecht. Die Sprache, die wir sprechen, und die Gefühle, die wir füreinander haben, sind von Person zu Person unterschiedlich. Ich meine, wie man sich ausdrückt oder wie die Person einen versteht, egal wie gut man die Sprache beherrscht, ist unterschiedlich.“



    Wenn Sie ihre Geburtsstadt Teheran besucht, fühlt sich Nazanin Kaveh auch nicht ganz heimisch.



    In den Iran fahren wir, um Urlaub zu machen. Ich kann nicht sagen, dass ich den Alltag dort kenne, um zu wissen, ob mir in Bukarest etwas fehlen würde. Doch all die Alltagsfreude und das Ausgehen mit der Familie, mit Freunden in Bukarest — das vermisse ich wiederum in Teheran. Die Landschaft, der Frieden, den wir hier haben, die Sicherheit, die Wertschätzung — das sind die wichtigsten Dinge, die ich in Rumänien habe.“

  • Studentin aus El Salvador will Investigativ-Journalistin werden

    Studentin aus El Salvador will Investigativ-Journalistin werden





    Dominique Nicole Portillo Rivera aus dem mittelamerikanischen Land El Salvador studiert in der westsiebenbürgischen Universitätsstadt Klausenburg Journalistik an der Fakultät für Politik-, Verwaltungs- und Kommunikationswissenschaften. Bevor sie im Jahr 2019 nach Rumänien kam, wusste die heute 25-Jährige so gut wie gar nichts über Rumänien. Zwar hatte sie zuvor schon mal Urlaub in Europa gemacht, nämlich in Frankreich und Deutschland, und sie hatte auch Asien bereist und war bis nach Indonesien gelangt. Doch erst aus dem Internet erfuhr sie von Rumänien und von den Stipendien des rumänischen Staates für ausländische Studenten, die durch das Auswärtige Amt abgewickelt werden. Und so machte sie sich zunächst zur rumänischen Botschaft in Mexiko auf, die auch die Vertretung Rumäniens in El Salvador gewährleistet, und bewarb sich erfolgreich für ein Stipendium. Bis 2020 absolvierte sie zunächst das Vorbereitungsjahr für ausländische Studenten an der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg, das u.a. einen Intensivkurs in Rumänisch und Vorlesungen über rumänische Zivilisation, Kultur und Geschichte umfasst. Jetzt studiert Dominique Nicole Portillo Rivera Journalistik im 3. Semester an derselben Universität. Doch welche waren ihre ersten Eindrücke in Rumänien?



    Die Tennisspielerin Simona Halep war, glaube ich, die einzige Berühmtheit aus Rumänien, von der ich etwas wusste, denn in unserer Familie sind wir alle gro‎ße Sportfans und haben die Tennisturniere immer verfolgt. Sonst wusste ich so gut wie gar nichts über Rumänien. Ich reise gerne, also habe ich mehrere Städte in Rumänien besucht, bislang war ich in Kronstadt, Hermannstadt, Sinaia, Bukarest, Schä‎ßburg, Mediasch, Gro‎ßwardein und sicherlich in meiner Uni-Stadt Klausenburg. Meine Lieblingsstadt von allen ist Sinaia, auch wenn sie eine kleine, unscheinbare Stadt ist. Mir gefällt es dort, ich war bereits dreimal in Sinaia und am meisten gefallen mir die Berge. Die Aussicht von den Bergspitzen ist beeindruckend und spendet Seelenruhe. Das erste Mal war ich zusammen mit einer Freundin aus Bulgarien dort, und wir nahmen die Seilbahn hinauf in die Berge und für den Rückweg entschieden wir uns, zu wandern. Das war keine gute Idee, denn wir hatten die Entfernung und die Schwierigkeit der Strecke unterschätzt, so dass wir drei oder vier Stunden für den Abstieg brauchten. Aber alles in allem war es eine amüsante Erfahrung, an die ich gerne zurückdenke. Nach Sinaia gefallen mir am besten Kronstadt und Gro‎ßwardein, doch ich glaube, dass alle Städte Rumäniens schön und einen Besuch wert sind.“




    Auf der Reiseliste der Studentin aus El Salvador steht nun die südwestrumänische Stadt Temeswar, das wichtigste Zentrum der Kulturlandschaft Banat. Im Sommer 2021 war sie zwar schon einmal dort, sie möchte sich aber die Stadt näher ansehen. Und sie findet auch, dass es zwischen Rumänien und El Salvador gewisse Ähnlichkeiten gibt, selbst wenn die beiden Länder so fern voneinander liegen.



    Als ich in Rumänien ankam, fand ich die Menschen sehr freundlich und zuvorkommend. Au‎ßerdem sind die Rumänen immer sehr überrascht und freuen sich, wenn man als Ausländer aus einem so fernen Land wie El Salvador ihre Sprache spricht. In El Salvador sind wir ähnlich. Hier fühle ich mich fast wie zu Hause, denn die Menschen sind vom Gemüt her ähnlich wie in meiner Heimat.“




    Die junge Journalistik-Studentin macht auch ein Praktikum in der Redaktion der Studentenpublikation StudentPress. Auf der Webseite der Publikation sind bereits einige Artikel aus ihrer Feder zu finden, sie arbeitet au‎ßerdem auch mit dem Studentensender UBB zusammen, der in ihrer Universität in Klausenburg untergebracht ist. Zu ihren Aufgaben gehören Reportagen, Filmbesprechungen und Podcasts in englischer Sprache, in denen ausländische Studenten ihre Eindrücke über Rumänien schildern.



    Doch ihr grö‎ßter Wunsch ist es, Investigativjournalistin zu werden — inspiriert habe sie der US-amerikanische Spielfilm Spotlight“. Hören wir zum Schluss die Zukunftspläne von Dominique Nicole Portillo Rivera aus El Salvador:



    Um ehrlich zu sein, habe ich noch keinen konkreten Plan, wahrscheinlich werde ich als Journalistin arbeiten, ich ziehe jedoch den investigativen Bereich vor. Ich wei‎ß zwar nicht, ob meine Rechnung aufgehen wird, aber ich hoffe es. Falls es mit der Journalistik nicht klappt, möchte ich in einem Verlag arbeiten, denn ich lese ohnehin gerne. Vorerst möchte ich noch in Rumänien bleiben und — wenn möglich — hier arbeiten und ein bisschen Geld beiseite legen. Nach einem Jahr werde ich entscheiden, ob ich hier bleibe oder in ein anderes Land ziehe. Meine Wunschvorstellung wäre Europa oder Asien, weniger Amerika. Aber man wei‎ß ja nie, was einem das Leben bringt. Ich nehme die Dinge so, wie sie kommen. Wie wir auf spanisch zu sagen pflegen: Was sein wird, wird sein.“

  • Angela Apostolovska aus Nordmazedonien: „Rumänien bot mir einmalige Chancen“

    Angela Apostolovska aus Nordmazedonien: „Rumänien bot mir einmalige Chancen“





    Nach ihrem Studium an der Nationalen Theater- und Filmuniversität (UNATC) in Bukarest hat Angela Apostolovska ebenda ein Masterstudium belegt. Danach kehrte sie nach Skopje, in die Hauptstadt ihrer Heimat, zurück. Doch die Verbindung zu Rumänien ist dadurch nicht verloren gegangen, die junge Schauspielerin ist ständiges Mitglied in zwei Theatertruppen und spielt regelmä‎ßig auf der Bühne des unabhängigen Theaters Del Arte“ in ihrer Heimatstadt Bitola und jener des Theaters Perform ART“ in Bukarest. Darüber hinaus hat Angela Apostolovska einen Dokumentarfilm über die Aromunen in Rumänien gedreht — das Projekt nannte sich Autobahn des Erfolgs“ und wurde vom Au‎ßenministerium der Republik Nordmazedonien finanziert. Dabei führte sie Regie und war zugleich Sprecherin und Produzentin. Und seit kurzem spielt sie auch in einer mazedonischen Komödienserie namens Prespav“ mit, deren Handlung im Dreiländereck von Nordmazedonien, Albanien und Griechenland angesiedelt ist. Die Produzenten binden Schauspieler aus Serbien, Bulgarien, Albanien und Nordmazedonien ein, und die Serie ist in all diesen Ländern gleicherma‎ßen beliebt.




    Während ihres Studiums in Rumänien und danach heimste sie mehrere Preise für Schauspielkunst ein, darunter die Auszeichnung Beste Darstellerin“ beim Internationalen Theaterfestival in Hermannstadt 2019. Im Folgenden erzählt Angela Apostolovska, wie sie sich entschieden hat, in Rumänien zu studieren:



    Die Entscheidung fiel ziemlich im letzten Augenblick, denn ich hatte von dieser Chance recht spät erfahren und fand kaum Zeit, die notwendigen Dokumente zusammen zu tragen und übersetzen zu lassen. Bei uns in Nordmazedonien gibt es einen Verein der aromunischen Volksgruppe, der jungen Leuten hilft, die im Ausland studieren möchten. Ich hatte die Wahl zwischen Rumänien, Russland und Japan. Als rationaler Mensch sagte ich mir: Von Russland kenne ich zu wenig, in Japan ist die Sprache schwierig, au‎ßerdem gibt es dort eine völlig andere Theatertradition, in die man sich als Ausländer nur schwerlich integrieren kann. Also dachte ich mir, die beste Option sei Rumänien — und ich bereue diese Entscheidung bis heute nicht. In den drei Studienjahren wurden mir auch die Vorteile bewusst, an der Theater- und Filmuniversität in Bukarest zu studieren: Die Hochschule ist über die Landesgrenzen bekannt, man lernt sein Metier ordentlich, all die Jahre waren eine Bereicherung. So dass ich mich nach den drei Preisen, die ich erhalten hatte, entschloss, weiter zu machen und auch ein Masterstudium in Bukarest zu belegen. Nun habe ich es hinter mich gebracht und denke auch ein Doktoratsstudium, aber vorerst habe ich mir ein Sabbatjahr genehmigt, um meine Gedanken und Pläne zu ordnen. In meiner Heimat spiele ich allerdings in einer Serie mit, die von der Europäischen Union finanziert wird, und dort habe ich auch die Gelegenheit, mit Jugendlichen zu arbeiten. Dabei wende ich die sogenannte Stanislawski-Methode an und beobachte die Unterschiede zu Bukarest. Die Jugendlichen lernen an der Kunstfakultät in Mazedonien zwar dieselben Dinge, doch gibt es nicht die Tiefe, die man in Rumänien vermittelt bekommt. Was ich also in Rumänien gelernt habe, möchte ich auch an die jungen Generationen in Mazedonien weitergeben. Ich werde sicherlich irgendwann nach Rumänien zurückkehren und möchte auch dort mit Jugendlichen arbeiten, aber vorerst will ich hier bleiben und meine Arbeit mit mazedonischen Jugendlichen fortsetzen, denn es gibt noch viel zu tun.“




    Angela Apostolovska kam mit 18 Jahren nach Rumänien, ohne die Sprache zu kennen oder Bekannte und Freunde zu haben, die sie hätten unterstützen können. Doch sie fand schnell Anschluss an Land und Leute, so dass der sechsjährige Aufenthalt im neuen Land für sie ziemlich erlebnisreich und bereichernd war:



    Ich bin überall mit offenen Armen aufgenommen worden — bei Castings, auf Filmsets, auch bei einem kleinen und nur scheinbar weniger wichtigen Theaterensemble durfte ich mitmachen, das mir wichtige Rollen anbot und sogar auf Tourneen ging. In meiner Heimat werde ich immer von Rumänien schwärmen und von den Chancen erzählen, die ich dort erhielt. Inzwischen bin ich zur Vorsitzenden des Vereins der Aromunen in Mazedonien geworden und ich möchte auch den kommenden Generationen so helfen, wie mir geholfen wurde. Meine Erfahrung in Rumänien war überwältigend, und ich möchte all meinen Professoren, Kommilitonen und all den Menschen danken, die mir das Gefühl gegeben haben, in Rumänien zu Hause zu sein. Heute kann ich sogar sagen: Ich bin auch eine Rumänin!“




    Angela Apostolovska lebt derzeit in der mazedonischen Hauptstadt Skopje. Doch ihr innigster Wunsch ist es, so bald wie möglich nach Rumänien zurückzukehren. Sie vermisst die warmherzigen Menschen hier, sagt sie, und die Vorteile für ihren beruflichen Werdegang:



    Abgesehen von innigen Freundschaften, die ich in Rumänien knüpfen konnte, fehlt mir die rumänische Kultur schlechthin. Es mag zwar wie ein Klischee klingen, aber ich hatte wirklich die Chance, in Rumänien etwas anderes kennenzulernen und wie man mit Jugendlichen schauspielerisch arbeitet. Beispielsweise gibt es in Nordmazedonien nicht einmal ein Kunstgymnasium. In Rumänien ist man sich gegenteilig nicht dessen bewusst, was man alles hat. Natürlich ist nicht alles rosig in Rumänien, es gibt vieles, das verbesserungsbedürftig ist, doch kulturell ist das Niveau generell höher als in Mazedonien, und dabei meine ich nicht allein die Theater- und Filmszene, sondern die Kunstszene im Allgemeinen.“

  • Virgile Prod’homme aus Frankreich: „Ein Teil meiner Identität ist rumänisch“

    Virgile Prod’homme aus Frankreich: „Ein Teil meiner Identität ist rumänisch“

    Virgile Prod’homme kommt aus Frankreich, wo er an der Universität Rouen Geographie studierte. Er setzte sein Studium in Rouen mit einem Master in Geographie und einem Master in Sprachwissenschaften fort. Dann unterrichtete er Französisch als Fremdsprache in Prag. Danach zog unser Gesprächspartner nach Rumänien, zunächst nach Constanța, wo er an einigen Gymnasien Französisch unterrichtete. Später lehrte er an der Westuniversität in Timișoara (Temeswar) und zog nach Österreich, wo er an der Universität Salzburg die gleiche Lehrerfahrung machte. Er kehrte nach Rumänien zurück, diesmal nach Bukarest, wo er als Dozent an der Universität tätig war und dann Direktor der französischen Buchhandlung Kyralina“ wurde. Seit 2019 ist er Direktor in der Abteilung Training und Zertifizierungen am Französischen Kulturinstitut in Bukarest. Er erzählt uns, wie seine rumänische Geschichte begann:



    Als ich in Prag war, habe ich einige Rumänen getroffen, die mir ein wenig über die Vorliebe der Rumänen für die französische Sprache erzählten. Ich war sehr interessiert und kontaktierte meine ehemalige Universität in Frankreich, in Rouen, bewarb mich über das Au‎ßenministerium um ein Praktikum und schaffte es, nach Constanța zu kommen. Ich habe dort fast acht Monate gearbeitet und war begeistert von den Menschen und der Kultur. Es war eine angenehme Überraschung für mich, ich fand es unglaublich, dass es in diesem Teil Europas ein Volk gibt, das eine romanische Sprache spricht. Für mich war es faszinierend, und die Menschen waren sehr gastfreundlich und hilfsbereit.“




    Virgile hat mit hunderten von Studenten und Schülern gearbeitet und hat eine gro‎ße Erfahrung im Unterrichten der französischen Sprache gesammelt. Was hat ihn dazu bewogen, nach Rumänien zurückzukehren und hier zu bleiben?



    Für mich gab es mehrere Möglichkeiten, habe auch in Deutschland studiert, und mein Bruder lebt dort. Ich könnte allerdings jderzeit nach Frankreich zurückkehren, wo ein Teil meiner Familie lebt. Aber ich dachte, dass Rumänien in Bezug auf Arbeit, Möglichkeiten und Alltagsleben viel Potenzial hat, also entschied ich mich, hier zu bleiben. Ich hatte auch eine berufliche Chance, denn ich war Dozent an der Universität Bukarest und für mich war es eine tolle Zeit mit den Studenten. Ich hatte viele Studenten und für mich war es eine äu‎ßerst interessante Arbeit. Als ich zurück in den Westen, nach Österreich, ging, gefiel es mir, aber ich vermisste Rumänien sehr. Bukarest ist eine überraschende und kulturell sehr interessante Stadt. Jetzt ist es schwieriger, weil wir mitten in der Covid-Pandemie stecken, aber ich denke, es ist eine Stadt mit einer interessanten Zukunft. Ich habe angefangen, Bücher von rumänischen Autoren zu lesen, Rumänisch zu sprechen, es systematisch zu lernen, und jetzt bin ich glücklich, weil ich eine neue Identität hinzugewonnen habe und ein Teil davon ist rumänisch.“




    Virgile sagt, dass er sich in der rumänischen Gesellschaft sehr wohl fühlt und dass seine Rumänien-Erfahrung ihn gewisserma‎ßen verändert hat:



    In Rumänien kann man gut leben, indem man auf eine Ressource wie den Humor zurückgreift. Wenn etwas schief läuft, finden die Rumänen immer diese Art von ironischem Humor, den ich sehr mag und dem ich jeden Tag begegne. Es scheint mir, dass es positive und negative Aspekte gibt. Ein negativer Aspekt ist die Einhaltung von Terminen: Wenn wir z.B. planen, uns in sechs Monaten zur gleichen Zeit zu treffen, hält sich fast niemand dran, anders als in Deutschland, wo man das mit Sicherheit machen kann. Die positive Seite ist jedoch, dass ich hier die Fähigkeit gesehen habe, sich sehr schnell anzupassen, und nur hier habe ich diese Fähigkeiten gefunden. Ich denke, es ist sehr wichtig, besonders in den schwierigen Zeiten, die wir gerade erleben, dass die Menschen in der Lage sind, sich schnell an eine neue Situation anzupassen. Ich habe vorhin von Ironie und Humor gesprochen, aber ich möchte auch die Selbstironie der Rumänen erwähnen. Es scheint mir, dass ich jetzt eine Mischung aus französischer, deutscher und rumänischer Identität habe.“




    Zum Schluss unseres Gesprächs haben wir Virgile Prod’homme gefragt, was er in seiner Wahlheimat Rumänien gerne verbessern würde:



    Nicht nur in Rumänien, sondern in ganz Europa, ja sogar weltweit, wäre es meiner Meinung nach wichtig, sorgfältiger mit Abfall umzugehen. Manchmal verlasse ich zum Beispiel Bukarest und sehe Abfall herumliegen. Oder ich sehe Müll auf der Stra‎ße oder im Wald, Menschen, die au‎ßerhalb der Stadt die Umwelt verschmutzen. Ich denke, das ist etwas, woran wir alle arbeiten müssen, nicht nur in Rumänien, sondern überall. In Österreich schätze ich sehr das umweltbewusste Verhalten. In Frankreich war es vor ein paar Jahren ähnlich wie in Rumänien, aber wir haben viel unternommen und jetzt ist es schon ein bisschen besser. Ich denke, wir sollten das auch in Rumänien tun, denn die Natur ist sehr wichtig. Sie haben hier eine echte Perle, Sie haben alles, Berge, Wälder, es ist eine au‎ßergewöhnliche Natur. Ich denke, was getan werden muss, ist, den Menschen zu erklären, wie wichtig das Problem mit dem Abfall ist. Wenn sich in dieser Hinsicht etwas verändern würde, wäre das wunderbar. Ich habe aber den Eindruck, dass sich die Mentalität bereits geändert hat, und das ist das Wichtigste.“

  • Darwin Akwo-Mboe aus den USA: „Die Rumänen haben eine besondere Lässigkeit“

    Darwin Akwo-Mboe aus den USA: „Die Rumänen haben eine besondere Lässigkeit“

    Darwin Akwo-Mboe studiert IT an einer privaten Universität in Bukarest, wohin er 2017 kam. Er wurde in den USA in einer Familie aus Kamerun geboren, wuchs in Detroit, Michigan, auf und studierte dort. Er begeistert sich für Sport im Allgemeinen und American Football im Besonderen. Er entschied sich, zufällig nach Rumänien zu kommen, es war ein Land, über das er fast nichts wusste. Wie er hierher kam und wie er aufgenommen wurde, erzählt er selbst:



    Rumänien war nicht meine erste Wahl, sondern Deutschland, wo ich mein Studium und meine IT-Karriere fortsetzen wollte. Zufällig las ich dann einen Artikel, in dem über eine Stadt namens Râmnicu Vâlcea, berichtet wurde, in der einige gro‎ßartige Dinge im Zusammenhang mit dem IT-Bereich passierten. [Anspielung auf die als »Hackerville« bekannte rumänische Stadt, aus der vor einigen Jahren eine Gruppe Cyberkrimineller mit Betrugstricks Menschen vornehmlich aus Westeuropa und den USA prellte — Anm. d. Red.] Zu dieser Zeit war ich auf der Suche nach einem neuen Abenteuer, und das war ein guter Grund, hierher zu kommen. Rumänien war genau der Ort, nach dem ich gesucht hatte. Am Anfang, bevor ich hierher kam, bevor ich als Student zugelassen wurde, dachte ich nicht, dass ich die Zustimmung der Universität, an der ich mich eingeschrieben hatte, bekommen würde. Ich habe nicht weiter über Rumänien nachgedacht, bis ich eines Tages eine E-Mail von der Universität erhielt. Ich war im neunten Himmel und begann mich zu fragen: Was wusste ich wirklich über dieses Land? Na klar, die üblichen Klischees über Dracula, ich hatte ein paar Filme gesehen, also hatte ich ein ziemlich düsteres Bild von Rumänien, vor allem, weil es in diesem Teil der Welt liegt. Ich wusste nicht, wie jemand wie ich, mit dunkler Hautfarbe, behandelt werden würde, aber Rumänien war ein gro‎ßes Ziel für mich. Meine Erwartungen waren nicht hoch, denn mein einziges Ziel war es, hierher zu kommen und meinen IT-Abschluss zu machen und dann würde ich weitersehen. Nach einer Weile fing ich an, Rumänien mehr und mehr zu mögen und mich mehr und mehr für diesen Ort zu interessieren. Es ist interessant, wie ich behandelt wurde, am Anfang wurde ich mit viel Neugierde begrü‎ßt, und in Amerika passiert das einem nicht, wenn man farbig ist. Zuerst nahm ich automatisch an, dass es eine böswillige Absicht war, aber es war nur reine Neugierde. Ein paar Leute um mich herum plapperten einfach nach, was sie in den Filmen gesehen oder in der Musik gehört hatten, ein paar Mal drang das N-Wort an meine Ohren. Zuerst fühlte ich mich ein wenig wütend, aber nach einer Weile wurde mir klar, dass an all dem nichts falsch war, die Rumänen versuchten nur auszudrücken, was sie über Leute wie mich wussten. Nachdem ich mich an die Atmosphäre hier gewöhnt hatte, hat sich mein Eindruck davon, wie schwarze Menschen behandelt werden, geändert. In einigen Fällen spürte ich Feindseligkeit, in anderen fühlte ich mich nicht respektiert, aber das geschah eher auf der Ebene der Institutionen, entweder in der Bank oder an meiner eigenen Universität.“




    Darwin sagt, wenn er noch einmal die Wahl hätte, würde er noch einmal ganz von vorne anfangen und nach Rumänien kommen. Jetzt ist er mit der privaten Hochschule, die er gewählt hat, nicht sehr zufrieden und rät allen, die zum Studieren nach Rumänien kommen wollen, dies zu tun, aber nicht bevor sie den Markt ein wenig erforscht und sich über das Angebot der Universitäten informiert haben. Wir haben ihn gefragt, wie er sich in Rumänien fühlt:



    Ich mag wirklich das Gefühl der Freiheit, das ich hier habe, es ist eine andere Art von Freiheit als in Amerika. Verstehen Sie mich nicht falsch, Amerika ist ein freies Land, aber ich bin etwas anderes gewöhnt, wenn es um Freiheit geht. Was mir hier nicht gefällt, ist eine bestimmte Einstellung einiger Leute, die ich zwar stellenweise treffe, aber ich denke, ich würde überall auf der Welt genauso behandelt werden. Meine Freunde sind vor allem Expats, aber ich habe auch rumänische Freunde. Ich gestehe, dass ich mich mit Rumänen, die ins Ausland gereist sind, wohler fühle. Es scheint mir, dass sie eine breitere Vision von dem haben, was sie mögen und von der Welt im Allgemeinen.“




    Darwin ist Teil eines internationalen Amateur-American-Football-Teams, der Bucharest Rebels, und tritt gelegentlich als Schauspieler in Werbespots auf. Bukarest ist voller angenehmer Überraschungen, und Darwin nimmt diese Stadt, die ihm Oasen der Ruhe bietet, wirklich gerne in sich auf. Er findet, dass das rumänische Essen etwas schärfer sein könnte:



    Was ich an Bukarest mag — und ich wei‎ß nicht, ob das für ganz Rumänien gilt –, ist die Tatsache, dass es einige wunderbare Parks hat. In jedem Teil der Stadt kann man einen absolut schönen Park finden, man kann sich entspannen, es ist eine sehr ruhige und angenehme Atmosphäre. Überall, wo man in Bukarest hingeht, wenn man in einem Radius von etwa einem Kilometer ein wenig spazieren geht, findet man einen schönen Park. Was das Essen angeht, so komme ich aus einer afrikanischen Familie, also habe ich andere Geschmäcker, ich bevorzuge scharfes Essen. Die rumänische Küche ist sehr gut, aber sie wirkt auch etwas fade. Trotzdem schmeckt das Essen gut. Ich mag mit Polenta gefüllte Paprikaschoten und Krautwickel mit Peperoni.“




    In der nächsten Zeit wird Darwin seinen Bachelor-Abschluss in IT machen, aber er hat sich für eine andere rumänische Universität entschieden. Er wei‎ß nicht genau, was seine Zukunft bringen wird und ob er hier bleiben möchte:



    Ich habe das Bedürfnis, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren, um mich neu zu orientieren, bevor ich irgendwelche Pläne für die Zukunft in diesem Teil der Welt mache. Ich muss Rumänien aus der Perspektive von Amerika sehen. Das Interessante ist, dass ich in all den Jahren gelernt habe, mein eigenes Land von au‎ßen zu betrachten, und ich habe jetzt eine andere Perspektive darauf, was Amerika ist. In Europa wird Amerika nicht als guter Ort gesehen, und diese Auffassung scheint noch zugenommen zu haben, aber ich denke, das hat mit dem zu tun, was in den letzten Jahren und besonders in den letzten Monaten passiert ist.“




    Darwin vermisst seine Familie in den USA, seine Mutter und seine Schwestern. Au‎ßerdem fehlt ihm die Vielfalt des amerikanischen Essens. Wir fragten ihn, was er mitnehmen würde, wenn er Rumänien verlässt:



    Ich denke, was ich aus Rumänien mitnehmen werde, ist eine bestimmte Einstellung, die die Rumänen haben. Ich finde sie sehr nützlich für die Art, wie sie leben und sich selbst wahrnehmen. Es ist eine gewisse Unbekümmertheit, eine bestimmte Art, auf Worte und Gesten der Höflichkeit zu achten, ein Manierismus, den ich cool finde.“

  • Guillaume Popoff: „In Osteuropa gibt es unbegrenzte Möglichkeiten“

    Guillaume Popoff: „In Osteuropa gibt es unbegrenzte Möglichkeiten“

    Nach einer mehrjährigen Karriere im IT-Bereich und nach einer wertvollen Erfahrung in anderen Ländern ist Guillaume nach Rumänien gekommen, wo er seit sieben Jahren lebt. Er hat Jura an der Universität von Rennes studiert. Wie er sich für Rumänien entschied, erläutert unser Gesprächspartner:



    Es war tatsächlich wie eine Offenbarung für mich. Als ich an der Uni war, war mir sehr langweilig und ich dachte, wenn ich mich nicht wohl fühle, jeden Tag dort zu sitzen und theoretische Sachen zu hören, dann sollte ich reisen… So ging ich nach England, dann in andere Länder und schlie‎ßlich kam ich nach Rumänien. Rumänien war also nicht der erste Schritt ins Unbekannte für mich, und ich bin mir fast sicher, dass es nicht der letzte ist, aber es ist der grö‎ßte von allen Schritten, die ich bisher gemacht habe. Ich bin hierher gekommen, weil meine zukünftige Frau Rumänin ist. Ich habe sie in England kennengelernt. Ich war sehr neugierig, ihre Kultur kennenzulernen, also warum nicht Rumänien, habe ich mir gesagt. Ich bin mir sicher, dass in jedem Land alles möglich ist, und es spielte keine Rolle, was über Rumänien gesagt wird, was gesagt wurde. Wenn wir es nicht mit unseren eigenen Augen sehen, werden wir es nie wirklich wissen. Das hat uns schon vor sieben Jahren nach Bukarest gebracht.“



    Guillaume spricht sehr gut Rumänisch, aber er hat die Sprache nicht sehr schnell gelernt. Wir fragten ihn, wie Rumänien ihn aufgenommen hat und wie er sich hier eingelebt hat:



    Es war ein gro‎ßer Schritt, aber ich habe mich hier sehr gut angepasst, denke ich. Am Anfang war es ein bisschen schwierig, aber nicht im falschen Sinne des Wortes. Im Gegenteil, auf eine gute Art und Weise. Die Rumänen sind so aufgeschlossen, ihr habt ein extrem gebildetes Volk, ihr sprecht so viele Sprachen — als ich hier ankam, wollte niemand mit mir auf Rumänisch sprechen. Ich habe die Sprache im ersten Jahr gar nicht gelernt, weil alle mit mir auf Englisch oder Französisch gesprochen haben. Deshalb war die Anpassung etwas schwieriger, aber das war nicht negativ, sondern ich wurde so gut aufgenommen, dass ich von Anfang an kein Rumänisch brauchte.“



    Guillaume lernte Rumänisch, was ihm half, in die Tiefe des Lebens in Rumänien einzutauchen und verschiedene Aspekte der rumänischen Realität kennenzulernen. Wir haben ihn gefragt, ob ihm etwas gefällt, was er nur hier gefunden hat:



    Ich war auch in anderen postkommunistischen Ländern und es scheint mir, dass Rumänien in vielerlei Hinsicht anders ist. Es ist eindeutig, dass Rumänien, wahrscheinlich in der Zwischenkriegszeit, einer anderen Welt angehörte. Das lässt sich schnell in der Kultur, in der Sprache und in den Traditionen spüren. Es fühlt sich jetzt noch so an, dass Rumänien und Frankreich miteinander verbunden waren, und obwohl Rumänien Teil des kommunistischen Blocks war, konnte man sehen, dass es trotzdem anders war. Soweit ich das mitbekommen habe, sind die Dinge in Mazedonien, in Bulgarien oder in der Ukraine sehr ähnlich, wahrscheinlich auch, weil diese Völker slawischer Herkunft sind. Rumänien ist aber etwas anders. Hier ist die Einstellung der Menschen eine Mischung aus osteuropäischen und westeuropäischen Gepflogenheiten, wobei es wahrscheinlich mehr Warmherzigkeit als in anderen osteuropäischen Ländern gibt.“



    Wie überall auf der Welt gibt es auch bei uns Aspekte, die nicht funktionieren, und wir haben Guillaume gefragt, was ihn in Rumänien stört:



    Ehrlich gesagt, habe ich mich in den sieben Jahren hier sehr verändert. Als ich hierher kam, war ich im Vergleich zu anderen Menschen sehr naiv. Ich denke, Rumänien hat mich viel darüber gelehrt, was es mit dem Vertrauen in Menschen auf sich hat. Was ich mir für die rumänische Bevölkerung wünschen würde, wäre ein kleines Dankeschön für ihr Land, denn ich habe den Eindruck, dass sich zu viele Leute über das beschweren, was hier passiert. Es ist ein wunderbarer Ort und es gibt hier Millionen von Möglichkeiten. Wissen Sie, was man über Amerika und den Westen sagt, dass dort alles möglich sei? Ich habe dieses Gefühl, dass es im Osten unbegrenzte Möglichkeiten gibt.“



    Rumänien ist nicht das endgültige Ziel von Guillaume, der später sein Glück anderswo suchen will. Wir haben ihn gefragt, was er in seinem Gepäck mitnehmen würde, wenn er Rumänien jetzt verlassen müsste:



    Als Erstes wahrscheinlich ein bisschen Wein. Seitdem ich hier bin, haben mir die Rumänen als erstes Warmherzigkeit gegeben. Als Franzose scheint es mir, dass wir fast überall gut aufgenommen werden. Hier gibt es eine besondere Art, Menschen zu empfangen, und ich habe den Eindruck, dass die Rumänen als Volk sehr neugierig sind. Wenn ich etwas anderes als den Wein nennen sollte, dann wäre es die Neugierde auf die Menschen und ihre Geschichte.“

  • Wahlrumänin aus Litauen: „Ich bin hier erwachsen geworden“

    Wahlrumänin aus Litauen: „Ich bin hier erwachsen geworden“

    Egle Chișiu wurde in Vilnius, Litauen, geboren und hat in Italien Gesang studiert. Sie ist eine lyrische Künstlerin, Sopranistin, und war Solistin der rumänischen Nationaloper, wo sie jetzt Mitglied des Chores ist. Sie studierte an der Akademie für Musik und Theater in Vilnius, wo sie auch Meistergesang studierte. Anschlie‎ßend studierte sie an der Internationalen Musikakademie in Mailand und am Konservatorium Antonio Scontrino“ in Trapani. Sie ist auch Dolmetscherin und Übersetzerin aus dem Rumänischen, Litauischen, Russischen und Englischen. Ihre Karriere verfolgte sie auch in Deutschland, wo sie zwei Jahre lang lebte und Musik an einer Grundschule unterrichtete. Eine Zeit lang war Egle Chișiu auch Webmaster eines Internet-Portals für Rumänen in Gro‎ßbritannien, www.angliamea.ro, wo Nachrichten auf Rumänisch aufbereitet und Artikel aus dem Englischen und Litauischen ins Rumänische übersetzt wurden. Sie erzählt uns, wie sie nach Rumänien kam:



    Während meines Studiums in Sizilien, in Trapani, wo ich ein Regierungsstipendium hatte, lernte ich meinen zukünftigen Mann kennen. Zu dieser Zeit wusste ich nicht viel über Rumänien. Er ist auch Opernsänger, wir lernten uns dort kennen und heirateten noch im selben Jahr. Dadurch mussten wir eine Entscheidung treffen, denn wir mussten irgendwo zusammen leben. Litauen war keine Lösung, über Italien dachten wir ein bisschen nach, aber es schien zu kompliziert, und wir entschieden uns für Rumänien, wo mein Mann schon damals, 2005, als Solist engagiert wurde. Es war klar, dass ich mich anpassen würde, wenn er hier einen festen Platz hätte. Da ich bereits fünf Sprachen spreche, war es kein Problem mehr, eine weitere zu lernen, und es fiel mir leicht, basierend auf Russisch und Italienisch. 2004 lernten wir uns kennen und heirateten, und der eigentliche Umzug fand 2006 statt, denn es dauerte noch ein Jahr, da ich noch in Mailand studierte, dann noch ein Jahr, bis ich meinen Master in Litauen abschloss, aber die meiste Zeit verbrachte hier in Rumänien. Aus diesem Grund würde ich sagen, dass ich 15 Jahre alt bin, zumindest seitdem ich Rumänisch spreche und die rumänische Kultur kenne.“




    Egle Chișiu ist die Gewinnerin von fünf internationalen Gesangswettbewerben in Rumänien, Litauen, Italien und der Ukraine, sie sang auf lyrischen Bühnen in Deutschland, der Ukraine, Polen, Italien, Litauen und Rumänien. Wir haben Egle gefragt, wie der Anfang war und was ihr hier gefällt.



    In Rumänien fühle ich mich zu Hause, weil ich hier eine Familie gegründet habe, und ich fühle mich wohl und frei, integriert. Weil ich die Sprache von Anfang an gelernt habe, nachdem ich hierher kam, habe ich mich nie als Ausländerin gefühlt. Ich wurde auch gut aufgenommen von Freunden, Verwandten, der Familie meines Mannes, Vasile Chișiu. Ich habe mich hier im Land wohl gefühlt, auch wenn vielleicht manches sehr fremd und sehr distanziert war, wenn man bedenkt, dass Rumänien ganz anders ist als Litauen, aber dennoch ist diese kommunistische, sozialistische Vergangenheit sehr ähnlich, wir haben viele Gemeinsamkeiten und wir verstehen sie ganz anders als vielleicht ein Ausländer aus dem Westen. In Rumänien mag ich viele Dinge, hier habe ich auch die Schönheiten der Natur und der Städte entdeckt, ich bin sehr viel gereist, und wir fahren mit der ganzen Familie mit dem Wohnwagen ans Meer, wir mögen auch wildere Orte mit weniger Menschen. Ich mag auch die Menschen, sie haben wahrscheinlich dieses viel südlichere Temperament als die in Litauen, sie sind viel offener, einladender, freundlicher, man kommt sich viel schneller näher. Sogar der körperliche Kontakt, das Umarmen und Küssen, ist in Litauen nicht sehr verbreitet.“




    Egle Chișiu hat zwei Kinder, die hier geboren und aufgewachsen sind, mit denen sie ausschlie‎ßlich auf Litauisch spricht. Die Kinder lieben beide Länder und können es kaum erwarten, das Land ihrer Gro‎ßeltern wieder zu besuchen. Auch Egle vermisst Litauen.



    Ich vermisse das Land sehr und jetzt umso mehr, da ich diesen Sommer wegen Covid und der Reiseeinschränkungen nicht nach Litauen fahren konnte. Ich war seit eineinhalb Jahren nicht mehr dort, ich vermisse wirklich alles. Von dem Ort, wo ich aufgewachsen bin, von meinen Eltern, von meinem Bruder, von allen Verwandten dort, bis hin zu den Seen in Litauen, wo man jederzeit baden konnte, den ganzen Sommer lang. Von überall her ist man in 10 Minuten an einem See, ähnlich wie in Finnland. Ich vermisse die Wälder, das Pilzsuchen. Und meine Kinder fühlen sich in Litauen sehr wohl, es ist meine Heimat und ich bin Litauerin und fühle mich dort auch wohl.“




    Egle war Studentin, als sie nach Rumänien kam, ein neues Land mit einer besonderen Kultur für sie, die sie sofort in ihr Herz schloss. Sie fühlte sich von Anfang an sehr wohl und entdeckte mit Hilfe ihres rumänischen Mannes ein neues Leben. Sie gründete eine Familie und baute eine Karriere in Rumänien auf. Im Grunde genommen lernte Egle hier das Erwachsensein, sagt sie:



    Wirklich erwachsen bin ich hier geworden. Ich war 25 Jahre alt, als ich zum ersten Mal nach Rumänien kam. Ich habe mich komplett verändert, auch durch die Menschen, Orte und Reisen, das Familienleben und einige Werte, die hier in Rumänien ein wenig anders waren. Die grö‎ßere Nähe zwischen den Familien und sogar das Konzept der Paten und Patenkinder, das es in Litauen gar nicht gibt, all das war für mich ziemlich fremd, aber jetzt finde ich es schön und interessant, dass es so etwas gibt. Der Prozentsatz der Scheidungen ist hier viel niedriger als in Litauen, es ist eine Art von Harmonie, oder vielleicht kommt es mir so vor. Natürlich mag ich das Wetter, es ist fantastisch, dass es schon im März warm sein kann und bis November anhält. In Litauen regnet es den ganzen Sommer; wenn es zwei Wochen sonnig ist, ist man schon glücklich. In Litauen war mir immer kalt, hier ist es ganz anders. In Litauen war ich ständig deprimiert wegen des trüben Wetters, hier strahlt alles.“




    Natürlich ist nicht alles perfekt in Rumänien und es gibt Dinge, die Egle gerne so schnell wie möglich geändert sehen würde, für ein besseres Leben:



    Das Problem mit der Digitalisierung, die hier viel langsamer voranschreitet als in Litauen, wenn man Behördengänge tun muss. Das scheint mir das Schlimmste in Rumänien zu sein, im Sinne einer primitiven Bürokratie. Eine andere Sache, die man verbessern könnte, wäre der Respekt der Rumänen vor dem, was sie haben, vor der fantastischen Natur. Ich habe Bergflüsse gesehen, die sauber sein sollten, aber sie sind voller Müll, fantastische Wälder, wo man hingeht und eine Wiese voller Müll findet — das tut mir weh. Hoffen wir, dass sich mit der Änderung der Gesetze auch etwas ändert. Und wahrscheinlich auch mit Hilfe der Erziehung in der Schule und zu Hause. In diesem Sinne wünsche ich allen ein besseres und gesünderes Jahr 2021.“

  • Französischer Jungunternehmer: „Bukarest wirkt auf mich wie eine Mischung zwischen Paris und Berlin“

    Französischer Jungunternehmer: „Bukarest wirkt auf mich wie eine Mischung zwischen Paris und Berlin“

    Hugo Pillegand wurde in Paris geboren, er hat in Lyon studiert und dort hat er auch seinen besten Freund Arthur Bergeret kennengelernt, mit dem er Jahre später nach Bukarest gezogen und ein Geschäft eröffnet hat. Sie haben einen Coliving- und Coworking-Raum in einem alten Bukarester Haus gegründet. Das ist ein neues Konzept in Rumänien, das die Idee der Gemeinschaft fördert. Hugo hat Wirtschaft studiert, seine grö‎ßte Leidenschaft bleibt jedoch die Architektur, und Bukarest habe aus dieser Sicht viel zu bieten, sagt er. Warum er sich für Bukarest und Rumänien entschieden hat, erläutert Hugo Pillgard:



    Hallo und danke für die Einladung! Ich lebe in Rumänien seit zwei Jahren. Zuerst habe ich mit ein paar Freunden meinen Urlaub hier verbracht. Damals habe ich Siebenbürgen und Bukarest besucht. Die rumänische Haupstadt hat mir besonders gefallen. Nach diesem 10-tägigen Urlaub dachte ich, was ich als Nächstes machen möchte. Ich wollte mein eigenes Geschäft gründen, wusste aber nicht genau, was ich machen möchte. Ich hatte diesen Teil Europas auch früher bereist und es hat mir besonders gefallen. Deswegen bin ich mit meinem Kindheitsfreund Arthur Bergeret zurückgekommen und wir haben das Konzept Coworking und Coliving nach Rumänien gebracht. Coliving mag ein etwas neues Konzept sein, aber der Begriff Coworking gibt es schon seit einiger Zeit, und immer mehr Menschen finden an diesen Orten ihren Weg zur Arbeit. Mit diesem Konzept kommen wir den Wünschen einer neuen Generation der Millennials nach, die sich immer mehr für Work From Home entscheiden, jedoch auch die Gesellschaft anderer Menschen brauchen. Unser Projekt bietet den Kunden die Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen und in einer Gemeinschaft der Profis zu arbeiten.“




    Was fand er in Bukarest besonders attraktiv fand und wie beschreibt er die Erfahrung eines jungen Unternehmers in der rumänischen Haupstadt? Hugo Pillegand:



    Als erstes wirkte Bukarest auf mich wie eine Mischung zwischen Paris und Berlin. Die Musik, die Architektur, das Pariser Flair aber auch ein wenig Berlin dazu, denn ich wusste, die Kunstszene der rumänischen Hauptstadt ist sehr lebendig. Viele Veranstaltungen und Sommergärten und eine angenehme Stimmung. Ich mag auch die Architektur Bukarests und ich spreche nicht nur vom Stadtzentrum, sondern auch über die anderen Viertel. Als junger Unternehmer in Bukarest hatte ich Glück, kann ich sagen, denn ich lernte junge Menschen kennen, die in unserem Geschäft sehr enthusiastisch mitmachten, und ich hatte auch stabile und vertrauensvolle Geschäftspartner. Wir sind stolz darauf, mit lokalen und handgefertigten Produkten zu arbeiten. In Bukarest werden wir auch ein Kaffehaus eröffnen, AM. Specialty Coffee Shop. Nich alle Rumänen wissen es, aber Bukarest ist europaweit als Haupstadt der spezialisierten Kaffehäuser bekannt. Es gibt fast 100 solcher Kaffehäuser in Bukarest. Unser Kaffehaus, das wir im Sommer eröffnen möchten, liegt im Park Carol, wo es nicht viele Kaffehäuser dieser Art gibt.“




    Zusammen mit seinem Freund Arthur arbeitete Hugo sehr hart, um seine Kunden in einem alten Haus auf der Constantin-Bosianu-Stra‎ße in einem alten Viertel Bukarets empfangen zu können. Was würde er in Bukarest verändern?



    Die Architektur ist meine Leidenschaft und jetzt habe ich zusammen mit Arhur das alte Haus, wo wir unsere Kunden empfangen, saniert. Das Haus hat 1.000 qm, und es zu pflegen, ist eine Arbeit an sich für uns beide. Ich liebe die Architektur Bukarests, aber ich finde es schade, dass so viele Menschen sich um ihr eigenes Haus nicht kümmern. Die Behörden setzen sich überhaupt nicht dafür ein, alte Häuser zu sanieren, und das finde ich echt schade, ich habe so viele wunderschöne Gärten, Restaurants und Bars gesehen, die sich in einem schlechten Zustand befinden und in dem Verfall preisgegeben sind. Welcher mein Lieblingsort ist, das kann ich nicht sagen, denn ich bummle gerne durch die Stadt. Jede Woche entdecke ich einen neuen Ort in Bukarest. Ich liebe jedoch zwei Viertel besonders: Armenească und Cotroceni. Der zweite liegt in unserer Nachbarschaft, im vierten Bezirk, einem Bezirk voller Geschichte und mit einer einzigartiger Architektur.“

  • Ayako Funatsu: Wahlrumänin aus Japan will Volkskunst beider Heimaten verbinden

    Ayako Funatsu: Wahlrumänin aus Japan will Volkskunst beider Heimaten verbinden

    Ayako Funatsu wurde in Yokohama bei Tokio geboren. In der Lokalzeitung ihrer Stadt hat sie in den Neunzigern einen Artikel über Rumänien gelesen. Der Artikel hat sie dazu bewegt, das weit entfernte und für sie interessant erscheinende Land im Südosten Europas zu besuchen. Zwei Wochen lang hat sie Rumänien bereist, von Sibiu (Hermannstadt) bis Suceava, und während der Reise Menschen kennengelernt, mit denen sie auch heute noch häufig im Kontakt ist. Nach 1995 hat Ayako jedes Jahr Rumänien besucht und im Jahr 2000 ist sie nach Rumänien gezogen. In Rumänien hat sie als Reiseleiterin gearbeitet und den japanischen Touristen mit viel Enthusiasmus ihre Wahlheimat gezeigt. Doch was war ihr erster Eindruck von Rumänien?



    Ich war 25, als ich Rumänien zum ersten Mal besuchte, und nie zuvor hatte ich ein so schönes Land mit so vielen freundlichen und warmherzigen Menschen gesehen. Den japanischen Touristen habe ich die Bukowina gezeigt, die mir so nah am Herzen liegt und mich bei meinem ersten Besuch hier so stark beeindruckte. Ich habe ihnen über die rumänische Geschichte erzählt, die ich sehr interessant finde. Ich glaube, ich kenne die rumänische Geschichte besser als die japanische. Natürlich waren die japanischen Touristen auch von der rumänischen Küche und der Gastfreundschaft der Rumänen sehr beeindruckt. Jedes Mal, als wir ein Dorf in Rumänien besuchten, zeigten uns die Menschen ihre Häuser und luden uns sogar zum Essen ein. Ich liebe auch mein Land, natürlich, aber in Japan sind die Beziehungen anders. Die Rumänen sind offen, sie empfangen ihre Gäste mit offenen Armen, das ist etwas, was man in Japan schon lange nicht mehr macht.“




    Ayako Funatsu hat im westrumänischen Timişoara (Temeswar) Kommunikationswissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit studiert, dann hat sie angefangen, Origami-Workshops zu halten. Derzeit führt sie ihr eigenes Geschäft. Sie bastelt Papierblumen nach japanischer Kunst und möchte ihre Kunst einmal im Rumänischen Kunstmuseum ausstellen. Ayako war von den rumänischen Traditionen schon bei ihrem ersten Besuch in Rumänien sehr beeindruckt. Jetzt spricht sie Rumänisch flie‎ßend und übt dennoch jeden Tag. Rumänisch ist allerdings die erste Fremdsprache, die sie gelernt hat, und daher möchte sie ihre Kenntnisse vertiefen. Sie singt rumänische Liebeslieder, sie liebt die Gedichte des romantischen Dichters Eminescu, sie liest rumänische Literatur, sie trägt die traditionelle Trachtenbluse ie (auch: iie — dt. Leinenbluse). Wie sie uns eröffnete, hat sie fünf traditionelle Trachtenblusen in ihrer Garderobe und sie trage eine jeweils andere jeden Tag und zu den orthodoxen Festen. Jeden Feiertag verbringt sie auf dem Lande. An einer Ostermesse in einer orthodoxen Kirche hat sie 1997 zum ersten Mal teilgenommen. Seitdem sie im Jahr 2000 nach Rumänien gezogen ist, beteiligt sie sich jedes Jahr um Mitternacht an der Ostermesse und sonntags am Gottesdienst in einer orthodoxen Kirche. Selbst wenn sie die Predigt nicht vollständig versteht, fühle sie sich wohl in einer orthodoxen Kirche. Ayako Funatsu möchte als Künstlerin eine Kunst schaffen, die es noch nicht gibt, eine Mischung aus japanischer und rumänischer Volkskunst. Dafür möchte sie in Rumänien bleiben, weil sie hier die Inspirationsquelle ihrer Kunst findet.

  • Wissenschaftlerin aus den USA: „Rumänien ist ein kultureller Schnittpunkt Europas“

    Wissenschaftlerin aus den USA: „Rumänien ist ein kultureller Schnittpunkt Europas“

    Mary Claire Heffron ist zum ersten Mal im Jahr 2007 nach Rumänien gekommen. Damals begleitete sie ihren Ehemann auf einer Tagung der Europäischen Stiftung für amerikanische Studien, die in der Hafenstadt Constanţa stattfand. Sie ist Psychologin von Beruf und unterrichtet therapeutische Kommunikation für die Menschen, die Öffentlichkeits- oder Sozialarbeit leisten. Mary Claires Ehemann ist Historiker und sein erster Kontakt mit dem Land ist auf die Zeit des Kommunismus zurückzuführen, als die rumänischen Behörden eine gewisse Öffnung gegenüber den USA zeigten. 2018 unterrichtete er Geschichte an der West-Universität in Timişoara und Mary Claire begann damals ihre erste Zusammenarbeit mit Forschern im Bereich der Psychologie und mit Sozialhelfern in Rumänien. Ein Jahr später erhielt sie ein Fulbright-Stipendium. Jetzt unterrichtet und forscht sie im Bereich Psychologie und Sozialarbeit an der Universität Babeş-Bolyai in Klausenburg.



    Natürlich kenne ich die Geschichte dieses Landes und wie sie das Verhalten der Menschen prägt. Ich tue alles Mögliche, um mich an die rumänische Realität anzupassen. Die Menschen, mit denen ich arbeite, erzählen, dass ihre Kindheit im Kommunismus ihr Leben stark geprägt hat. Ich erinnere mich die Geschichte einer jungen Frau, deren Mutter als Ärztin in einer weit entfernten Stadt arbeitete. Seit sie zwei Monate alt war, sorgten ihre Gro‎ßeltern für sie, mit ihrer Mutter verbrachte sie nur die Wochenenden. Solche Trennungen haben negative Folgen im Familienleben und in der Beziehung Eltern-Kinder in der frühen Kindheit. Solche Geschichten haben einen gewissen Einfluss auch auf die Gesellschaft, genau wie die wirtschaftlich schweren Zeiten, die das Volk vor der Wende erlebte.“




    Mary Claire hat das Land bereist, sie hat Siebenbürgen und Bukarest besucht, sie ist eine begeisterte Wanderin, die sich in die rumänischen Berge verliebt hat. Sie liebt auch das kosmopolitische und lebendige Cluj (Klausenburg), eine Stadt die sie an Berkley erinnert. Rumänien ist für sie ein zweites Zuhause.



    Rumänien hat mich positiv überrascht, die Menschen sind so freundlich und offen. Am Anfang sind sie eher zurückhaltend, aber dann zeigen sie ihre wahre Natur und werden sehr freundlich. Mich begeistern auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Gebieten und Städten sowie die Geschichte des Landes. In den Apuseni-Bergen fühle ich mich wie im Paradies. Ein Leben ist, glaube ich, nicht genug, um die ganze Geschichte dieses Ortes zu erfahren, die für mich als kultureller Schnittpunkt Europas gilt. Das Leben hier ist überraschend und anders als das Leben in den USA. Hier spürt man die Geschichte und die Vergangenheit überall, an jeder Ecke.“




    Im Juli 2020 kehrt Mary Claire zurück nach Hause in die USA. Zum Schluss des Gesprächs haben wir sie gefragt, was sie mitnehmen möchte:



    So viele Erinnerungen, die Erinnerungen an alle wunderbaren Menschen, die ich hier kennengelernt habe, zudem Gefühle und wunderschöne Orte sowie eine gewisse Art und Weise, das Leben zu leben. Was ich hier bemerkenswert finde, ist, dass, selbst wenn man viel arbeitet und beschäftigt ist, es immer Zeit für Gespräche mit Freunden gibt. Wenn man mit einer Freundin beim Kaffee verabredet ist, muss man sich dafür drei Stunden reservieren. Auch das Treffen mit der alten Besitzerin des Hauses, wo ich in Timişoara lebte, das würde ich bestimmt mitnehmen. Sie ist eine alte Dame, ehemalige Apothekerin, mit einem vollen Leben. Jetzt widmet sie sich ihrem Garten, der riesig und wunderschön ist. Sie war auch meine Rumänischlehrerin, die mir alle Namen der Pflanzen und Bäume auf Rumänisch beibrachte. Sie ist eine gute Freundin und für mich stellt sie das Bild der rumänischen Frau mit einer langen Karriere und einer schönen Familie dar, die ihren Garten liebt. Ich würde natürlich auch ein paar Kunststücke rumänischer Handwerker mitnehmen, ich werde aber bestimmt die Menschen vermissen, meine Freunde und die Art und Weise der Rumänen, locker und flexibel zu sein.“

  • Arthur Bergeret: „Bukarester haben eine offene und freundliche Natur“

    Arthur Bergeret: „Bukarester haben eine offene und freundliche Natur“

    Arthur Bergeret lebt seit zwei Jahren in Rumänien. In dieser Zeit hat sein Leben eine neue Wende genommen. In Rumänien hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, und Bukarest ist die Stadt, in der er immer leben möchte, eine lebendige Stadt mit freundlichen und hilfsbereiten Menschen, die einem auch beruflich sehr viel zu bieten hat. 2018 ist er nach Bukarest gezogen und hat zusammen mit seinem Freund aus der Kindheit, Hugo Pillegand, ein Geschäft gestartet. Es handelt sich um einen Co-Living-Raum für ungefähr 10 Menschen in der Nähe des Parks Carol. Wie sein Leben in Rumänien begann, erzählt unser Gesprächspartner:



    Mein Freund und ich leben hier seit 2018 und wir haben sehr schnell unser Geschäft gestartet, das Haus ist wie ein Hostel, das aber anders funktioniert. Wir haben 14 Zimmer, die für einen Monat, sechs Monate oder ein Jahr gemietet werden können. Wir möchten eine Gemeinschaft von Menschen aus Rumänien und anderen Ländern bilden, die zusammen leben. Im Anschluss möchten wir auch einen Co-Working-Raum im selben Gebäude einrichten.“




    Arthur kommt aus Lyon und sein erster Besuch in Bukarest verdankt er einem Zufall. Die rumänische Hauptstadt weist seiner Meinung nach viele Ähnlichkeiten mit der Atmosphäre in seinem Heimatland Frankreich auf:



    Wir waren überall in der Welt, und was mir in Bukarest besonders gefällt, ist, dass ich mich hier nicht weit von zu Hause fühle. In Bukarest habe ich so viele französische Unternehmen gesehen sowie den Triumphbogen, der das Geschenk Frankreichs an Rumänien ist, aber die Calea Victoriei (Siegesstra‎ße), ein Symbol Bukarests, weist eine besondere Architektur auf, das ist das wahre Bukarest. Ich finde hier trotzdem eine vertraute Atmosphäre. Als ich die Sprache noch nicht kannte, konnte ich trotzdem mit den Bukarestern gut kommunizieren, egal ob auf Englisch oder Französisch, und das ist ihrer offenen und freundlichen Natur zu verdanken. Ich liebe Bukarest, es ist eine Stadt mit einer guten Atmosphäre, einer beeindruckenden Geschichte und Architektur. Seine moderne Seite finde ich jedoch chaotisch. Es gibt leider viele wunderbare, aber verlassene und in Vergessenheit geratene Häuser, sie machen aber den besonderen Charme der Stadt aus. Ich glaube, man soll jedoch eine Möglichkeit finden, um sie zu sanieren.“




    Arthur hat sich schnell in Bukarest eingelebt. Zwei Jahre nach seiner Ankunft spricht er über sein Leben in seiner Wahlheimat:



    Jetzt habe ich ein erfülltes Leben, denn ich liebe meinen Beruf. In Frankreich habe ich fünf Jahre lang in einer Werbeagentur gearbeitet und ich war nicht glücklich. Meine Entscheidung, im Ausland zu arbeiten, war sehr gut, denn ich mag reisen und mich aus der Komfortzone rausbewegen. Rumänien und mein eigenes Geschäft hier waren ein Abenteuer. Ich glaube, ich habe mich in dieser Zeit auch viel geändert, und es gibt einen weiteren Grund, warum ich hier leben mag: Rumänien hat in Frankreich ein überwiegend schlechtes Image, das auf negativen Klischees beruht, und ich bin glücklich, wenn ich in meinem Heimatland gute Sachen über Rumänien erzählen kann. Meine Familie und meine Freunde haben mich hier besucht und sie waren sehr begeistert von Rumänien, das ist ein kleiner Schritt in Richtung meines Beitrags zu einem besseren Image Rumäniens in Frankreich. Mit unserem kleinen Projekt versuchen wir zudem, unseren Beitrag zum besseren Funktionieren der Gesellschaft zu bringen und zu beweisen, dass man hier gute Sachen machen kann und dass das Land sich in eine gute Richtung bewegen kann.“

  • Sprachbegabte Slowakin wählt Rumänien als zweite Heimat

    Sprachbegabte Slowakin wählt Rumänien als zweite Heimat

    Jana Marková kommt aus der Slowakei, wo sie Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität in Bratislava absolviert hat. Im Danach schloss sie ein Masterstudium in geisteswissenschaftlichen Fächern an der Karls-Universität in Prag ab. Ihr Hauptfach waren die rumänische und die serbische Sprache. Vor einigen Jahren zog sie nach Rumänien, und diese Entscheidung änderte ihr Leben:



    Alles begann eigentlich, als ich mich in die rumänische Sprache verliebte, nachdem ich einen Rumänisch-Sommerkurs in Iaşi besucht hatte. Das Land lernte ich vor vier Jahren kennen. Dann machte ich ein Praktikum an der Botschaft der Slowakei in Chişinău. Ich lernte Rumänisch innerhalb von vier Monaten, im Anschluss entschied ich mich für ein Erasmus-Stipendium in Rumänien und blieb hier.“




    Jana ist sprachbegabt, au‎ßer Rumänisch spricht sie auch Serbisch, Deutsch, Spanisch, Englisch, Tschechisch und studiert jetzt Türkisch an der Fakultät für Fremdsprachen und Literatur der Universität Bukarest. Wie ist die Leidenschaft für die rumänische Kultur zu erklären?



    Diese Leidenschaft verdanke ich eigentlich einer Konferenz, an der ich in Montenegro teilnahm. Dort habe ich einen rumänischen Anwalt kennengelernt, der mir sagte: In internationalen Beziehungen soll man auch weniger wichtige Sprachen kennen, nicht nur Weltsprachen wie Englisch, Deutsch, Spanisch. Weil ich Spanisch schon gelernt hatte, sagte er, dass ich Rumänisch auch schnell lernen könnte. Schon als Kind zeigte ich sowieso ein gro‎ßes Interesse für die Balkanländer. Rumänien ist für mich das schönste Land, weil es so viel zu bieten hat. Ich komme aus einem kleinen, aber ebenfalls schönen Land und ich kann sagen, dass es total anders ist, in einem grö‎ßeren Land zu leben. Die Slowakei hat 5,5 Millionen Einwohner, Bukarest alleine hat rund 3 Millionen Menschen. Meiner Meinung nach hat Rumänien alles: Meer, Gebirge, das Donaudelta, ich kenne kein schöneres Land und ich war überall in Europa.“




    Jana arbeitet in einer Firma in Bukarest, wo sie viele Freunde hat. Sie hatte auch ihre Eltern auf Besuch, und sie stellten fest, dass Jana sich in Bukarest schnell eingelebt hat. Was gefällt ihr am besten hier?



    Ich glaube, die Menschen und ihre Kultur. Es stimmt, dass viele Rumänen ihr Heimatland verlassen. Der grö‎ßte Unterschied zwischen Slowaken und Rumänen ist, dass die letzteren viel offener sind. Ich wollte so sehr hier bleiben und ich habe alles dafür getan, ich habe die Sprache gelernt und ich habe mich schnell eingelebt.“




    Jana möchte auch in Zukunft in Rumänien leben. Das ist ihr zweites Zuhause und sie liebt das Leben in Bukarest. Sie hat das Land bereist und glaubt, dass man einiges doch verbessern könnte:



    Ich mag die Haltung der Rumänen nicht, die der Ansicht sind, dass es im Ausland viel besser sei. Ich glaube, dass die Änderung mit jedem von uns beginnt. Ich würde einige Kleinigkeiten ändern, aber sie wiegen viel, so zum Beispiel den gegenseitigen Respekt: Es ist mir oftmals passiert, bei der Post Schlange zu stehen, und jemand drängelt sich vor und sagt, dass er nicht wüsste, dass die anderen auch in der Schlange warten. Warum sonst dort warten? Und ähnliche Sachen kommen ziemlich oft vor, also das ist, was ich in der rumänischen Gesellschaft ändern würde — man sollte mehr Respekt den anderen gegenüber zeigen und weniger Interesse dafür haben, was die Menschen um uns herum sagen und machen.“

  • Ximena Reyes aus Kolumbien: „Rumänien hat anständige und gastfreundliche Menschen“

    Ximena Reyes aus Kolumbien: „Rumänien hat anständige und gastfreundliche Menschen“

    Ximena Reyes wurde in Kolumbien geboren, ihre Kindheit verbrachte unsere Gesprächspartnerin in Ecuador und Chile. Die ausgebildete Journalistin hat die Universität San Francisco de Quito in Ecuador absolviert. Das Leben hat sie überall auf der Welt hingeführt: zuerst nach Europa, dann nach Dubai, in die Türkei, nach Russland und Deutschland. Seit 2015 ist Rumänien ihr zweites Zuhause. Eine vielfältige Erfahrung, die sich in ihrem Beruf als besonders hilfreich erwies: interkulturelle Beraterin und Markenbotschafter. Sie war Vorsitzende eines Internationalen Frauenverbands und Managerin der Expatenplattform InterNations. Jetzt arbeitet sie mit Ausländern in Rumänien und mit Rumänen, die sich ein neues Leben in einem anderen Land aufbauen, sie unterstützt sie bei allem, was dazu gehört, so zum Beispiel sich in eine neue Organisationskultur und in eine neue Gesellschaft zu integrieren. Unsere Gesprächspartnerin erinnert sich an ihre erste Erfahrung in Rumänien:



    Vom ersten Moment an hatte ich eine strake Verbindung zu Rumänien. Mein erster Kontakt mit diesem Land verdanke ich der Teilnahme an einem internationalen Programm einer Universität in Schweden, die mir ein Stipendium an einer Journalismus-Schule in Rumänien gewährt hatte. Später bin ich immer wieder nach Rumänien als Touristin gekommen und ich genoss jeden Aufenthalt hier, weil ich immer eine tiefe Verbindung zu diesem Land fühlte. Ich habe ein Jahr lang in Deutschland gelebt, dann wussten mein Ehemann und ich nicht, wo wir uns niederlassen sollten, wir konnten uns eigentlich nicht darauf einigen. Es war Sommerzeit und wir dachten, warum nicht nach Rumänien fahren und dort überlegen, denn Sie haben das Meer und eine schöne Natur. Ich habe immer gewusst, dass Rumänien ein reiches Land mit anständigen und gastfreundlichen Menschen ist. Mittlerweile habe ich ein ganz gutes Jobangebot bekommen. Wir sind zusammen mit unseren drei kleinen Kindern nach Rumänien gezogen. Diesen Beschluss haben wir nicht von Anfang an getroffen, wir mussten lange überlegen, es ist schon vier Jahre her.“




    Ximena Reyes fühlt sich hier wie zuhause. Sie bringt auch den anderen Ausländern bei, was sie tun sollten, um sich in Bukarest wie zuhause zu fühlen. Wie hat sie es geschafft, sich hier so schnell einzuleben?



    Zuhause ist für mich dort, wo mein Herz ist. Nach so vielen Reisen und einer Zeit, in der mich niemand kannte, niemand wusste, wo ich lebe und was ich mache, kann ich sagen, dass ich jetzt in Rumänien ein reiches Leben habe. Es ist sehr schön, wenn ich jemanden auf der Stra‎ße treffe und er oder sie erkennt und grü‎ßt mich. Wie man sich in einer neuen Stadt einlebt? Indem man ein nettes Kaffeehaus und einen Blumenladen findet, die man oft besucht, so baut man sich ein neues Leben in einer neuen Stadt auf. Es gibt so viele Menschen, die hier wohnen, aber nicht wirklich hier sind. Oder sie lebten zwei Jahre hier, waren aber nie wirklich da. Das ist, meiner Meinung nach, sehr wichtig: mit seinem ganzen Wesen da sein.“




    Ximena Reyes hat sich beim Roten Kreuz in Schweden ehrenamtlich für die Migrantenhilfe engagiert. Auch in Rumänien unterstützt und koordiniert sie zusammen mit dem internationalen Frauenverband Wohltätigkeitsprojekte und zahlreiche Projekte, die die rumänischen Traditionen fördern:



    Wir sind in die rumänische Handwerkarbeit verliebt. Das ist in vielen Ecken der Welt schon lange verschwunden. Ich liebe auch die rumänische Trachtenbluse Ie, die heute noch so beliebt ist, auch au‎ßerhalb der Landesgrenzen. Wir organisieren jedes Jahr eine Art Basar, wo Botschafterinnen und andere Frauen aus mehreren Ländern zusammenkommen, wir bringen Essen und zahlreiche Sachen, die wir verkaufen, wir sorgen auch für Musik, es wird getanzt. Das gesammelte Geld geht dann an Wohltätigkeitsprojekte.“

  • Englischlehrerin aus Großbritannien: „Rumänen sollten respektvoller miteinander umgehen“

    Englischlehrerin aus Großbritannien: „Rumänen sollten respektvoller miteinander umgehen“

    Sarah Grant ist Englischlehrerin und kommt aus Wimbledon in Gro‎ßbritannien. Sie studierte englische Literatur in London, unterrichtet Englisch für Erwachsene und arbeitet auch als Übersetzerin. Nachdem sie 22 Jahre in Paris gelebt hat, entschied sich Sarah, nach Rumänien zu kommen, wo sie seit einigen Jahren lebt. Sie kam mehrmals nach Rumänien, bevor sie sich im Jahr 2015 in Bukarest endgültig niederlie‎ß. Sarah Grant ist eine sehr geschätzte Lehrerin, aufgrund ihrer Unterrichtsmethoden, die sich auf Spiele und praktische Fragen stützen. Sie hat auch eine gro‎ße Leidenschaft für Rumänien entwickelt. Doch was brachte Sarah eigentlich nach Rumänien?



    Es ist eine sehr schwierige Frage, weil es so viele Gründe gibt. Das erste Mal kam ich im Jahre 2000 mit einer Freundin nach Rumänien. Eigentlich wollte ich immer nach Rumänien kommen, aber ich konnte nicht sagen, warum. Es schien mir ein sehr romantisches und exotisches Land. Meine Mutter ist Pianistin und ich hörte sie viele Lieder von Bartók und Enescu spielen. Sie ist ein gro‎ßer Fan von Menuhin und Clara Haskil und von allen rumänischen Musikern und Komponisten von Rang. Ich wollte unbedingt das Land besuchen, aber um mich herum hörte ich nur: ‚Nein, nein, geh ja nicht nach Rumänien! Es ist ein kommunistisches Land, es ist gefährlich, und vielleicht kommst du nie wieder nach Hause, du sprichst die Sprache nicht usw.‘ Also habe ich bis zum Sturz des Kommunismus gewartet, und später, während ich in Paris lebte, traf ich eine sehr nette Dame, die meine Rumänisch-Lehrerin wurde, die mir so viel Rumänisch beigebracht hat, um nicht hilflos zu sein, wenn ich das Land besuche. Sobald ich auf dem Flughafen Otopeni ankam, habe ich, wie Papst Johannes Paul II., den Boden geküsst, mir kamen die Tränen, und ich wusste, dass ich nach Hause gekommen bin. Dann ging ich durch die Stra‎ßen, auf der Calea Victoriei (Siegesstra‎ße), auf dem Elizabeta-Boulevard, auf dem Ion-Ghica-Boulevard und ins Stadtzentrum, rund um die Universität herum und ich fühlte mich wirklich wie zu Hause. Ich habe mich nicht verirrt, ich wusste genau, was um die Ecke kommt. Ich war genau da, wo ich sein wollte. Das war mein erster Besuch und ich wusste von diesem Zeitpunkt an, dass ich eines Tages hier wohnen würde. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich zurückgekommen bin. Ich verbrachte hier ein Sabbatical, 2007–2008, musste aber wegen der Wirtschaftskrise wieder weg. Ich war jedoch entschlossen, nach Rumänien zurückzukehren, weil es mir gefehlt hat. Was mich hier hält? Es sind die Menschen, die warm und voller Humor sind, die gerne feiern. Ich liebe den Humor der Rumänen, die über sich selbst lachen können — was dem englischen Stil sehr ähnlich ist –, wir haben tatsächlich eine Menge Gemeinsamkeiten. Sie haben das schönste Land, das ich je gesehen habe, aber ich glaube nicht, dass die gesamte Bevölkerung das zu schätzen wei‎ß. Wenn ich jetzt Zeit hätte, würde ich reisen. Ich würde per Anhalter fahren, wie im Jahr 2003, als ich einmal sogar mit dem Karren fuhr. Es war gro‎ßartig! Ich mag hier auch die Musik, die Kultur, die rumänische Literatur, die Poesie und das Essen, natürlich! Ich denke, jedes Land hat seine eigene Energie, ein bestimmtes Energieniveau, und Rumänien hat meines. Was auch immer hier passiert, in all diesem Wahnsinn, es ist auch Teil von mir, in viel grö‎ßerem Ma‎ße als in Gro‎ßbritannien oder Frankreich, wo ich mein halbes Leben verbracht habe.“




    Sarah sah, wie sich Rumänien im Laufe der Zeit verändert hat, und die vergangenen Jahre halfen ihr, die rumänische Realität besser zu verstehen. Wir fragten sie, was sie ändern würde, was sie gerne verbessern würde in unserem Land.



    Ich wei‎ß nicht genau, denn es geht im Grunde genommen um Mentalität. Ich wei‎ß nicht, inwieweit dies möglich ist oder wie lange es dauern würde, etwas zu ändern. Ich würde jedoch gerne sehen, dass die Rumänen ihr Land ein bisschen mehr lieben und respektieren, dass sie nicht nur Fremden gegenüber Respekt entgegenbringen, sondern sich auch gegenseitig respektieren. Vielleicht geht nur hier in Bukarest so derb zu und in Siebenbürgen sind die Menschen netter. Ich wei‎ß es nicht. Ich würde gerne sehen, dass die Menschen ihr Erbe mehr respektieren und stärker protestieren, wenn ein Haus illegal über Nacht abgerissen wird, dass sie etwas gegen diese Graffiti tun, die die schönsten Fassaden verunstalten, dass sie wissen, wer die bedeutenden Gebäude in der Stadt gebaut hat und wer der jetzige Besitzer ist. Ich möchte die Rumänen neugieriger sehen, und die Neugierde lernt man in der Schule. Kinder sollten lernen, Fragen zu stellen, zu sagen, dass Sie mit etwas nicht einverstanden sind, zu debattieren, ohne zu schreien oder zu beleidigen, sie sollten aktiv und effektiv zuhören können. Ich bin sehr kritisch, und das ist nicht unbedingt gerecht, aber ich wünsche mir sehr, dass die Rumänen ihr Erbe und ihre Folklore schätzen und sich dessen, was sie haben, bewusst sind, denn es ist wirklich au‎ßergewöhnlich.“




    Sarah Grant hat sich hier ein Leben aufgebaut, hat Freunde und ist aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligt. Sie leistet Freiwilligenarbeit, hat einen Blog über Rumänien und wirbt für das Land. Wir fragten sie zum Schluss, ob sie hier langfristig leben möchte:



    Ich hoffe das sehr! Ich habe keine Absicht, von hier wegzugehen. Mir gefällt Rumänien so sehr, dass ich mich hier zu Hause fühle. Ich will überhaupt nicht weg von hier.“