Tag: Jugendliche

  • Cyberbullying unter Jugendlichen: Opferzahl besorgniserregend hoch

    Cyberbullying unter Jugendlichen: Opferzahl besorgniserregend hoch

    Studien zufolge weigert sich fast die Hälfte der jungen Internetnutzer, an Online-Gesprächen teilzunehmen — aus Angst, belästigt zu werden. Rumänien liegt an zweiter Stelle in der EU in puncto Anzahl der Frauen, die im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IT&C) arbeiten. Darüber hinaus griffen im Jahr 2017 81% der Mädchen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren aufs Internet täglich zu. Junge Männer im gleichen Alter griffen vergleichsweise in einem Prozentsatz von 82% aufs Internet zu. Doch sobald wir auf die Teilnahme junger Leute in Rumänien an verschiedenen Aussprachen im Internet Bezug nehmen, gehen die Prozentsätze stark zurück. Sie liegen deutlich unter dem EU-Durchschnitt: Lediglich 16% der jungen Frauen und 20% der jungen Männer zeigten sich interessiert, Erfahrungen und Ideen im Internet auszutauschen, nachdem sie einen Presseartikel oder einen Blogbeitrag gelesen hatten.



    Der Mangel an Interesse kann einerseits dadurch erklärt werden, dass sich die jungen Europäer allgemein wenig für Politik interessieren und auch nicht besonders bereit sind, sich sozial zu engagieren. Allerdings zeigen die Umfragen, dass der scheinbare Mangel an Interesse auch andere Ursachen haben kann. 12% der 15-jährigen Mädchen innerhalb der EU wurden durch verschiedene Internetmitteilungen gemobbt und eingeschüchtert. Vergleichsweise erhielten nur 7% der Jungen ähnliche Mitteilungen.



    Bitdefender Rumänien führte letztes Jahr eine ähnliche Umfrage in Rumänien durch. Die Ergebnisse zeigten, dass 4 von 5 Jugendlichen im Alter von bis zu 18 Jahren Ziel von Onlinebelästigungen gewesen seien. Fachleute vom Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) bemerkten eine Verknüpfung zwischen der Internetgewalt oder dem Cyberbullying und der Zurückhaltung junger Menschen, vor allem Mädchen, ihre Meinungen auszudrücken: 51% der Mädchen und 42% der Jungen weigern sich, an Internetdebatten teilzunehmen, nachdem sie Opfer von Cyberbullying waren. Mit mehr Einzelheiten dazu Blandine Mollard, EIGE-Expertin:



    Es gibt klare Indikatoren, die darauf hinweisen, dass junge Frauen ihr Online-Verhalten entsprechend anpassen, nachdem sie Opfer von Onlinebelästigungen sind. Sie bringen sich in keinen Internetaussprachen mehr ein und nehmen an keinen Gesprächen mehr teil. Junge Männer passen ihr Verhalten auch entsprechend an, allerdings in einem geringeren Ma‎ße als die Mädchen. Junge Leute — Mädchen wie Jungs — verbringen viel Zeit im Internet. Sie lesen Nachrichten, bilden sich eine Meinung über die Welt und drücken verschiedene Meinungen aus. Junge Frauen machen jedoch weniger Gebrauch von der Möglichkeit, sich in diesem virtuellen Raum einzubringen. Sie bleiben viel mehr passiv und verpassen somit die Gelegenheit, diesen Raum durch ihre Meinungen zu formen. Andererseits haben wir es derzeit mit einer durchaus aktiven Jungengeneration zu tun. Die Jungs drücken ihre Meinungen viel mehr im Internet aus. Allerdings sind sie vielmehr untereinander vernetzt und tauschen sich nur wenig mit den Mädchen aus. Daher findet nur selten ein Meinungsaustausch zwischen Jungs und Mädchen statt.“




    Darüber hinaus sind nur wenige Jugendliche bereit, zuzugeben, dass sie dem Cyberbullying zu Opfer gefallen sind und sich deshalb weigern, ihre Meinungen weiterhin offen auszudrücken. Laut dem Psychologen Nansi Lungu berücksichtigen die Studien nur die Jugendlichen, die offen zugegeben haben, dass sie online gemobbt wurden. Das Phänomen sei wahrscheinlich viel ausgebreiteter, als die Statistiken es zeigen. Die Angreifer sind in der Regel junge Leute im gleichen Alter wie das Opfer. Der ursprüngliche Angriff wird im Regelfall von einem Unbekannten ausgelöst. Am schlimmsten sei, dass ein Angriff einen anderen nach sich zieht. Das Opfer wird demnach einem Gruppen-Bullying ausgesetzt, erklärt der Psychologe Nansi Lungu. Die Auswirkungen können verheerend für das Opfer sein:



    Der Jugendliche versteht in der Regel nicht, warum er angegriffen wird. Er kann mit der plötzlichen Hasswelle gegen ihn nichts anfangen. Die Auswirkungen können langwierig sein. Denn gerade in diesem Alter entwickeln sich die jungen Menschen psychisch. Angriffen dieser Art kann nicht vorgebeugt werden. Sie werden nämlich per Zufall ausgelöst. Und, wie gesagt, es entsteht eine Kettenreaktion. Die Angriffe vermehren sich und werden immer aggressiver.“




    Die Hauptursachen für Onlinebelästigungen in Rumänien sind auf die Kleidung und auf das Aussehen zurückzuführen. 67% der Angriffe nehmen auf diese zwei Aspekte Bezug. Weitere Gründe des Cyberbullyings sind die Hobbys und die Alltagsbeschäftigungen der jungen Leute (30%), die finanzielle Lage der Familie, aus der die jungen Menschen stammen (13%), Schulergebnisse (12%) und sexuelle Ausrichtung (8%). Die Gründe für Cyberbullying fallen mit den Ursachen des klassischen Bullyings, im realen Leben, zusammen. Das Cyberbullying ist eigentlich nur eine Verlängerung dessen, was im wirklichen Leben passiert. Womöglich zugespitzt in einiger Hinsicht. Ein Beispiel hierfür sind die Schönheitsstandards, so Blandine Mollard:



    Schönheitsstandards gibt es überall. Und es gab sie schon immer, sie kamen nicht mit dem Internet auf. In der Offline-Welt, auf der Stra‎ße, bei der Arbeit, sieht man jedoch eine Vielfalt von Menschen, verschiedene Körper und Kleidungsstils. In den sozialen Netzwerken kann es allerdings vorkommen, dass eine einzige Typologie vorherrscht. Und das kann sich auf einen negativ auswirken. Es handelt sich also um Intensität, um Ausma‎ß. Alles hängt von der Zeit ab, die die jungen Menschen im Internet verbringen.“




    Onlinebelästigungen kann in Wirklichkeit nicht vorgebeugt werden. Der Vorgang ist nämlich unvorhersehbar und hängt häufig von den Umständen ab. Die Gründe, die vermutlich zum Cyberbullying führten, sind oft lediglich ein Vorwand zur Ausübung von Gewalttaten. Daher ist es wichtig, prompt darauf zu reagieren. Die Bildung spiele ebenfalls eine wesentliche Rolle dabei, so Nansi Lungu:



    Die Angreifer werden in der Regel nicht durch Gegenargumente entmutigt, sondern viel mehr durch die Anzahl der Personen, die sich einschalten, um das Opfer zu verteidigen. Aus diesem Grund ist der Vorgang umso besorgniserregender. Denn wir können uns nicht mit einem besonderen sozialen Zusammenhalt rühmen. Die Kinder kennen kaum Vorbilder, die den Schwächsten verteidigen. Die Schule bringt ihnen zwar dieses Verhalten bei, allerdings nur förmlich. Innerhalb der Gesellschaft haben sie leider nicht die Gelegenheit, so etwas zu sehen. Oft verwandeln sich sogar die Opfer zu Angreifern, wenn der Zusammenhang passt. Solange wir die Verbreitung derartiger Aggressionen online und offline hinnehmen, wird es genug Menschen geben, die der Angreifer-Gruppe beitreten werden. Warum sie das tun? Sie spüren, dass sie auf dieser Weise stark sind und kein Opfer werden können. Die Einstellung der Zuschauer, der Zeugen sollte auch ausgebildet werden. Denn sie sollten viel häufiger eingreifen.“

  • Politikstudentin Elvira Fuentes aus Spanien: „Jugendliche haben mehr Chancen in Rumänien“

    Politikstudentin Elvira Fuentes aus Spanien: „Jugendliche haben mehr Chancen in Rumänien“

    In Spanien hat unsere Gesprächspartnerin Internationale Beziehungen an der Universität Complutense in Madrid studiert. Als Studentin im dritten Jahr kam Elvira Fuentes mit einem Erasmus-Stipendium nach Bukarest, wo sie ihr Studium an der Fakultät für Politikwissenschaften fortsetzt. Weil ihr in Spanien allzu oft das stereotypische Denken in Bezug auf osteuropäische Länder aufgefallen war, wollte die junge Spanierin sich selber eine Meinung bilden. Und wo kann man das besser machen als vor Ort?:



    Bevor ich Rumänien kennenlernte, stand dieses Land für mich nur im direkten Verhältnis mit Korruption, mit harten Lebensbedingungen und mit den Roma; natürlich dachte ich nicht, dass diese Wahrnehmung 100% richtig ist, aber irgendwie war das alles, was ich um mich herum in Bezug auf euer Land hörte. Besonders im Süden Spaniens, wo ich herkomme, finden diese Klischees eine gro‎ße Resonanz. Als ich in Rumänien eingetroffen bin, war meine Wahrnehmung komplett unterschiedlich. Rumänien und Spanien sind eigentlich sehr ähnlich, sogar mehr, als ich dachte. In Spanien sind Bestechung und Korruption auch alltäglich. Ich glaube, dass die junge Generation hier mehr Chancen als in Spanien hat. Die Arbeitslosenquote ist niedriger als in Spanien, die Jugendlichen in Rumänien können ihre Stimme hören lassen, sie werden wie Erwachsene behandelt, sie arbeiten in Banken, in Branchen wie Informationstechnik oder Human Resources. In meinem Heimatland sind hingegen so viele Jugendliche orientierungslos und leben lange im Elternhaus. In Spanien ist es für unerfahrene Menschen sehr schwer, einen Job zu finden, weil alle Unternehmen nur erfahrene Mitarbeiter anstellen wollen. Zudem ist mir schnell aufgefallen, wie nett und gastfreundlich die Rumänen sind. Sie laden einen zum Essen ein, sie sind hilfsbereit, sie vermitteln gerne den Ausländern ihre Kultur und ihre Sitten, sie tun alles, damit ihr Gast sich wohl fühlt. Nicht zuletzt ist es auch günstig, hier zu leben, und das Land hat atemberaubende Landschaften.“




    Die junge Spanierin hat Rumänien bereits bereist. Die siebenbürgischen Städte Sibiu (Hermannstadt), Sighişoara (Schä‎ßburg), Braşov (Kronstadt), Cluj (Klausenburg), die Hochstra‎ße Transfăgăraşan, die traditionsreichen Regionen Maramureş und Suceava, die Schwarzmeerhafenstadt Constanţa, der Karpaten-Ferienort Sinaia, die Landschaft im allgemeinen hat sie mit ihrer vielfältigen Natur und ihren Schönheiten stark beeindruckt. Die angehende Politikwissenschaftlerin ist auch eine Kunstliebhaberin. Der Kunst widmet sie ihre Freizeit, sagt Elvira Fuentes:



    Hier in Rumänien besuche ich Museen, ich liebe die zeitgenössische Kunst, aber ich mag auch reisen und ich liebe Fremdsprachen. Ich lese auch gerne. Carlos Ruiz Zafón ist einer meiner Lieblingsautoren. Seine Bücher haben mich beeinflusst, dasselbe kann ich über den Roman von Gabriel García Márquez »Hundert Jahre Einsamkeit« sagen.“




    In Spanien widmete Elvira Fuentes ihre Freizeit der ehrenamtlichen Arbeit, vor allem den Hilfsprojekten für Roma-Kinder:



    In Madrid lebt eine zahlreiche Roma-Gemeinschaft. Ich habe mich gerne diesen Hilfsprojekten angeschlossen, wir kümmerten uns einfach um die Roma-Kinder in ihrem Alltagsleben, wir halfen ihnen bei Hausaufgaben, wir brachten ihnen Spanisch bei. Wir haben versucht, sie besser kennenzulernen, spezifische Programme für sie zu starten und dabei ihre Lebens- und Denkweise zu beachten. Ziel unserer Programme war es, sie für ein Leben in Spanien vorzubereiten, ihre Integration zu ermöglichen.“




    Selbst wenn sie Politikwissenschaft studiert und sich für Politik interessiert, möchte Elvira Fuentes nach dem Studiumabschluss keine aktive Rolle in diesem Bereich spielen. Wie sie sich ihre berufliche Zukunft vorstellt, sagte die spanische Studentin zum Schluss des Gesprächs:



    Ich wei‎ß nicht, was ich in Zukunft machen werde, aber bestimmt werde ich keine Politikerin. Weder die spanische noch die rumänische Politikbühne ist der Platz, wo ich tätig sein möchte. In beiden Ländern kann man ins System nur mithilfe von Beziehungen eintreten, zudem gibt es in beiden Ländern bekanntlich zahlreiche korrupte Politiker. Ich möchte im Bereich der Menschenrechte arbeiten, ich möchte mich für die Kooperation zwischen Gemeinden und die Lösung von Konflikten einsetzen, aber auf lokaler oder regionaler Ebene. Wenn man mit kleinen Gemeinden arbeitet, kann man etwas bewirken und die Menschen dabei unterstützen, die eigenen Überzeugungen bedingungslos zu vertreten.“

  • Naturclubs für Jugendliche: Umweltbewusstsein ist Erziehungssache

    Naturclubs für Jugendliche: Umweltbewusstsein ist Erziehungssache

    Fünf Schulen in den westrumänischen Landkreisen Caraş-Severin und Hunedoara haben zusammen mit der Umweltschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) Rumänien ein informelles Bildungsprogramm in die Wege geleitet, das die Schüler auf die Notwendigkeit des Naturschutzes aufmerksam machen soll. Das besagte Projekt sieht einen Naturclub vor, der die Schüler zu unzähligen angenehmen und anregenden Tätigkeiten einlädt, die die Umwelt schützen und die natürlichen Ressourcen des westrumänischen Banater Berglands bewahren.



    Der Naturclub setzt eigentlich eine Tradition fort, die vor drei Jahren in den südwestlichen Karpaten begann. Fünf Gymnasien aus Reşiţa, Anina, Băile Herculane, Orşova und Lupeni hatten damals ähnliche Clubs gegründet, die die Schüler von den Vorteilen eines Lebens im Einklang mit der Natur bewusst machen und sie davon überreden sollen, sich aktiv für den Schutz der Natur in ihrer unmittelbaren Umgebung zu engagieren. Das Programm, an dem sich Fünftklässler aus jeder teilnehmenden Schule beteiligen, erstreckt sich über zwei Jahre. Cătălina Murariu ist die Koordinatorin des Projektes Bildung für nachhaltige Entwicklung“ im Rahmen der Organisation WWF Rumänien. In einem Interview mit Radio Rumänien äu‎ßerte sie ihren Enthusiasmus, dass die Schüler sich bereit zeigten, sich für den Schutz der Natur und die Bewahrung der natürlichen Ressourcen in ihrem Landkreis zu engagieren:



    Diese Schulen befinden sich im Herzen der Natur, ich bin sehr beeindruckt von dem Engagement der Kinder, die Natur zu schützen, und von der Tatsache, dass sie einsehen, dass ihr Engagement nachhaltige Vorteile bringen kann. Dieses Programm gibt ihnen die Möglichkeit, die Natur um sie herum mit anderen Augen zu sehen. Es handelt sich eigentlich um dieselbe Natur, die sie von jeher kennen, in Mitte derer sie aufgewachsen sind. Jetzt verstehen sie sie aber in der Tiefe und kriegen die Gelegenheit, etwas für sie zu machen. Die Clubs laden eigentlich zu solchen Aktivitäten sowohl Schüler als auch die Lehrkräfte einmal im Monat ein. Sie bereiten aber ein ganzes Jahr lang ein Naturschutzprojekt vor, dass sie dazu veranlasst, die Natur zu lieben. Jeden Monat kommen sie zusammen und sie führen Tätigkeiten informeller Bildung durch, d.h. Lernen durch Spielen, durch direkte Erfahrung und durch Debatten. Diese Art vom Lernen ebnet für sie den Weg zu einem besseren Verstehen der Natur und der Probleme, die es um sie herum gibt. Als nächster Schritt dieses Lernprozesses beginnen sie allmählich ähnliche Projekte selber zu entwickeln. Dafür müssen sie jede Etappe der Entwicklung eines Projektes durchlaufen.“




    Im Banater Bergland, das Gebiet um das Ţarcului-Gebirge, wo diese Clubs für die im Umweltschutz engagierten Schüler gegründet wurden, läuft seit 2012 ein Projekt, das darauf abzielt, die Wisente in die Freiheit zu entlassen. Wie sich die Schüler auch für dieses Projekt engagieren, erfahren wir von der Pressesprecherin der Umweltschutzorganisation WWF Rumänien, Mara Cazacu Minculescu:



    Im Dezember, bei unserem letzten Besuch in der Gegend, konnten wir feststellen, dass sie sehr gut dafür zusammenarbeiten. Es gibt eine gewisse Gruppensolidarität und einen starken Wunsch, für die Natur zu kämpfen. Sie zeigen sich zudem jedes Mal offen für neue Ideen, die wir ihnen vorschlagen. Wir haben auch eine Facebook-Gruppe erstellt, dazu gehören alle Mitglieder der Clubs, die sich für den Umweltschutz einsetzen, wir schicken uns Fotos und jeder teilt seine Erfahrung im Bereich. Wir haben vor, für die Mitglieder anderer Clubs drei Schulausflüge hier vor Ort zu organisieren, damit sie auch de Wisente im Ţarcu-Gebirge sehen können. Solche Ausflüge werden bestimmt allen Kindern den Appetit anregen, die Natur besser zu verstehen. Wir möchten dazu auch Naturwissenschaftler einladen, damit sich die Schüler ein Bild von diesem Bereich machen und die Möglichkeit eines zukünftigen Berufs als Naturwissenschaftler erwägen. Wir möchten auch einen Profifotografen dabei einladen, der ihnen einen Einblick in die Geheimnisse der faszinierenden Naturfotografie verschafft.“




    WWF Rumänien hat zudem vor, ein Netzwerk der Jugendlichen zu schaffen, die sich für den Naturschutz engagieren und die Fähigkeit zeigen, in ihren Gemeinden Entscheidungen zu treffen und die natürlichen Ressourcen des Banater Berglandes zu bewahren.

  • Vollzeitbeschäftigung und Arbeitsmarktmobilität: Jugendliche haben es nicht leicht

    Vollzeitbeschäftigung und Arbeitsmarktmobilität: Jugendliche haben es nicht leicht

    Laut einer Studie des Nationalen Statistikinstitutes lebten in der zweiten Jahreshälfte 2016 in Rumänien mehr als 4,8 Millionen junge Leute zw. 15 und 34 Jahren. Die Hälfte dieser jungen Menschen waren zur Zeit der Befragung beschäftigt — in der Fachsprache bedeutet das nicht unbedingt, dass sie einen stabilen Arbeitsplatz hatten, sondern dass sie mindestens eine Stunde pro Woche gearbeitet und dadurch Geld verdient hatten. 74,6% der beschäftigten jungen Rumänen waren vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer; davon arbeiteten etwa 50% im Dienstleistungsbereich, 28% in der Industrie und Bauwesen und 21% in der Landwirtschaft. Die Lage der Landwirtschaftsarbeiter ist in Rumänien nicht gerade rosig, meint der Sprecher des Nationalen Statistikinstituts, Vladimir Alexandrescu:



    In der Landwirtschaft zu arbeiten, bedeutet leider in Rumänien meistens, in einer Subsistenzfarm zu arbeiten. Es gibt selbstverständlich auch moderne Landwirtschaft in Rumänien, aber sie wird immer noch nach Familienstrukturen organisiert. Das bedeutet, dass die Landwirte mit ihrer Produktion vor allem den Konsumbedarf einer kleineren Gruppe, in etwa der Gruppe der Familienangehörigen erfüllen. Statistisch betrachtet gelten diese Leute als Beschäftigte oder Arbeitnehmer. Wenn man aber die Realität genauer betrachtet, bringen diese Beschäftigte der Gesellschaft und der Wirtschaft einen viel kleineren Beitrag als das, was sie in besser entwickelten landwirtschaftlichen Unternehmen wie in Westeuropa oder in den USA hätten leisten können.“




    Gleichzeitig waren laut besagter Studie mehr als 2,3 Millionen junge Rumänen nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv. Davon waren nur 270.000 arbeitslos, das hei‎ßt, dass sie entweder versuchten, einen Arbeitsplatz zu finden, oder dass sie irgendwann arbeitstätig gewesen waren. Die restlichen jungen Menschen waren noch in der Ausbildung. Abgesehen davon gab es in der zweiten Hälfte des Jahres 2016 etwa 1 Million junger Rumänen (das sind 19.9% der Befragten und 28% der jungen Rumänen, die ihre Ausbildung abgeschlossen hatten), die keinen Arbeitsplatz hatten und auch in keiner Bildungsma‎ßnahme eingeschlossen waren. Diese Prozentzahlen schildern eine Tragödie, meint der Vorsitzende des Jugendrates in Rumänien, Mihai Dragoş:



    Wenn junge Leute mehr als 4 Monate komplett inaktiv bleiben, wird das schwere Konsequenzen für ihr ganzes Leben haben. Sie werden ihren Arbeitsplatz häufiger wechseln, sie werden des Öfteren über längere Zeit ohne Arbeit bleiben, sie werden niedrigere Löhne akzeptieren und mehr Schwierigkeiten beim Aufbau einer Karriere haben.“




    In Rumänien konfrontiert man sich oft mit frühem Schulabbruch, und die Hauptursache dafür ist meistens die Armut. Dann gibt es auch viele junge Menschen (53% der Befragten), die einen Gymnasiumsabschluss für ausreichend halten und kein Universitätsstudium anstreben, auch wenn die Hochschulabsolventen höhere Chancen haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Die besten Methoden, in Rumänien einen Arbeitsplatz zu finden, sind einerseits direkten Kontakt mit dem Arbeitgeber aufzunehmen (49,3% der befragten jungen Leute haben eine Bewerbung an ein gewisses Unternehmen geschickt und wurden eingestellt) und andererseits auf Empfehlung von Verwandten, Bekannten und Freunden eingestellt zu werden (28,8% der Befragten haben auf diese Weise ihren Arbeitsplatz bekommen). Es sei naturgemä‎ß zu erwarten, dass man einen Verwandten oder einen Freund für eine Arbeitsstelle empfiehlt, meint Vladimir Alexandrescu, und Mihai Dragoş ergänzt:



    In Bezug auf die Einstellungsmöglichkeiten wäre es interessant, zu sagen, dass 30% der Befragten ihren Arbeitsplatz auf Empfehlung von Verwandten, Bekannten oder Freunden bekommen haben. Dieses System von Beziehungen oder Networking, wie man auf Englisch sagt, ist sehr wichtig. Es ist sehr nützlich, wenn man ein Netz von Bekannten hat, wenn man Fachleute und Arbeitgeber in gewissen Bereichen kennt.“




    Diejenigen, die es geschafft haben und ein Angebot für eine bezahlte Arbeit erhalten, sind meistens nicht bereit, ihren Wohnsitz zu wechseln, um eine besser bezahlte Arbeitsstelle zu bekommen. Nur 3,8% der beschäftigten Rumänen haben ihren Wohnsitz gewechselt, um einen besser bezahlten Arbeitsplatz zu bekommen, und das waren meistens junge Menschen zwischen 25 und 29 Jahren. Und von den jungen Leuten, die keine Arbeit haben, würden nur 20% in eine andere Ortschaft umziehen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen. Vladimir Alexandrescu dazu:



    Der Begriff Mobilität ist unterschiedlich zu verstehen: Wir haben die Mobilität der Arbeitnehmer, die bereits beschäftigt sind, und andererseits haben wir die Mobilität derjenigen, die noch keine Arbeit haben und eine Arbeitsstelle in einer anderen Ortschaft bekommen könnten. Als Kontraargument gibt es aber auch die vielen jungen Rumänen, die ihre Heimat verlassen, um im Ausland zu arbeiten. Für die aktiveren und besser ausgebildeten jungen Rumänen ist es nicht so wichtig, wo sie arbeiten. Wenn es eine interessante Arbeitsstelle gibt, fahren sie einfach hin, auch wenn der Arbeitsplatz Tausend Kilometer von zu Hause entfernt ist.“




    Wie ist dieser Mangel an Mobilität bei jungen Rumänen zu erklären? Mihai Dragoş dazu:



    In Rumänien gibt es eine gewisse Zurückhaltung seitens der jungen Leute, wenn es darum geht, von zu Hause auszuziehen um sich einen Arbeitsplatz in einer anderen Ortschaft zu suchen. Das hängt aber auch von der Wohnpolitik in Rumänien ab. Wie kann der Staat den jungen Menschen helfen, eine günstige Mietwohnung zu finden? Da spielt der Mindestlohn eine wichtige Rolle. Für einen jungen Arbeitnehmer, der einen Mindestlohn von 1.500 Lei (umg. etwa 325 Euro) im Monat bekommt, ist es sehr schwer, in einer Gro‎ßstadt zu überleben, wo nur die Miete 150 bis 200 Euro kostet. Es lohnt sich nicht, umzuziehen, wenn man so wenig verdient.“




    Neue öffentliche Politiken müssen her, mit positiven Auswirkungen auf die Lage der jungen Menschen, meinen die Vertreter der Jugendräte und anderer Jugendorganisationen. Dazu gehören u.a. eine bessere Korrelierung zwischen dem Ausbildungssystem und dem Arbeitsmarkt, verschiedene Mittel zur Anregung der Mobilität und bezahlte Internships in staatlichen und privaten Unternehmen.

  • Jugendtheater in Piatra Neamţ: Publikum aller Altersgruppen willkommen

    Jugendtheater in Piatra Neamţ: Publikum aller Altersgruppen willkommen

    Das Jugendtheater im ostrumänischen Piatra Neamţ, wo viele Nachwuchsschauspieler Erfahrung sammeln konnten, feiert 2017 50 Jahre, seitdem es sich dem Ziel widmet, junge Darsteller am Anfang ihrer Karriere zu fördern und zu unterstützen. Eine bedeutende Rolle spielte dabei das Theaterfestival Ich plädiere für die Jugend“. Die 29. Festspiele, die dieses Jahr unter der Leitung der neuen Theaterintendantin Gianina Cărbunariu organisiert wurden, standen im Zeichen einer Annäherung der Jugendlichen an das Phänomen Theater.



    Zum Auftakt des Festivals fand eine feierliche Veranstaltung statt: die Vernissage der Fotoausstellung Schauspieler und Zuschauer des Jugendtheaters“, die als Ergebnis des gleichnamigen Projektes gilt. Die 46 Bilder, die dabei ausgestellt wurden, entstanden bei den Treffen zwischen Schauspielern des Jugendtheaters und Einwohnern der Stadt Piatra Neamţ. Jedes Foto wird von einem Auszug aus den von den Einwohnern der ostrumänischen Stadt erzählten Geschichten begleitet. Wir haben die Theaterintendantin um Einzelheiten gebeten:



    Im Rahmen des Projektes »Schauspieler und Zuschauer des Jugendtheaters« haben wir 46 Interviews mit Zuschauern verschiedener Generationen und mit unterschiedlichem Hintergrund geführt. Dabei waren nicht nur Zuschauer, sondern auch potentielle Zuschauer. Wir haben auch mit Menschen gesprochen, die nie im Theater waren. Das fanden wir besonders interessant und wichtig, neue Zuschauer ins Theater zu locken. Es geht nicht darum, dass es kein Potenzial für neue Zuschauer gibt, sondern dass sie aufgrund mangelnder Zeit oder Sichtbarkeit unserer Projekte unsere Theaterstücke nicht besuchen. Die Interviews spielten eine gro‎ße Rolle in diesem feierlichen Moment. Wir haben auch eine Fotoausstellung organisiert und alles Mögliche getan, damit dieses Projekt auch au‎ßerhalb unseres Theaters an Sichtbarkeit gewinnt.“




    Die Bilder, die im Theaterfoyer ausgestellt werden, stammen von der Fotografin Mihaela Jipa, die zusammen mit den Darstellern die Gedanken der Einwohner über ihre Stadt und ihre Beziehung zum Theater zusammenstellt. Mihaela Jipa:



    Man sagt, dass das Theater Menschen bilden kann. Im Theater kann man sich wiederfinden, im Theater kann jeder er selbst sein. Das Theater ist wie eine Kirche — bevor man sie betritt, muss man innerlich und äu‎ßerlich dafür vorbereitet sein. Eine Dame hat uns einmal erzählt, ihr Lieblingsdarsteller sei Bogdan Talaşman. Er hat ihr ein Autogramm gegeben, wo auch ein Satz stand, der zum Lebensmotto unserer Zuschauerin wurde. Alle Menschen, mit denen wir in Kontakt getreten sind, haben uns etwas Au‎ßergewöhnliches erzählt. Das war eine wahre Lektion für uns alle. Die Annäherung der Einwohner unserer Stadt ans Theater hat für alle einen Wahrnehmungswandel mit sich gebracht. Es handelt sich um die Wahrnehmung des Publikums, der Darsteller und der Rolle des Theaters.“




    Die Geschichten über das Jugendtheater Piatra Neamţ wurden zum feierlichen Moment präsentiert und sind auch im Festivalheft wiederzufinden. Die Geschichten werden von den Stadteinwohnern und von gro‎ßen Darstellern erzählt, die auf die Bühne des Jugendtheaters getreten sind. Mitgemacht haben sowohl ältere Einwohner der Stadt, die die Geschichte des Theaters miterlebt haben, als auch die der jüngeren Generation, in deren Leben das Theater einen Platz gefunden hat. Gianina Cărbunariu:



    Im Monat Juli hatten wir das Projekt »Archiv der Schauspieler« gestartet. Wir hatten die Zuschauer dazu ermutigt, uns in Briefen ihre persönliche Erfahrung mit dem Jugendtheater zu erzählen. Diese Briefe bildeten dann die Grundlage unserer feierlichen Veranstaltungen. Der feierliche Moment bildete der Antrieb des ganzen Projektes, und in Zukunft möchten wir mit neuen Ideen und Anregungen auch an unserem emotionalen Archiv arbeiten und dort mehr Stoff sammeln.“




    Auf dem Programm des diesjährigen Theaterfestivals Piatra Neamţ stand eine neue, den Gymnasialschülern gewidmete Sektion. Auf dem Spiel steht nicht der Preis an sich, sondern auch das Ziel, Jugendliche ins Theater zu locken. Wenn es uns gelingt, ihren Appetit für diese Form von Kultur anzuregen, werden sie ins Theater kommen, sich an Publikumsgesprächen beteiligen, sich später darüber unterhalten und zusammen lernen, wie man sich ein Theaterstück ansieht“, sagte Gianina Cărbunariu. Zu den sieben Jugendlichen, die aufgrund eines Bewerbungsschreibens für dieses Projekt ausgewählt wurden, zählte auch der Zehntklässler Francisc Gabriel Lolea. Er erzählte, was ihn dazu anregte, sich am Projekt zu beteiligen und was er vom Theater erwartet:



    Ich haben mich zuerst am Wettbewerb »Tee, Gedichte, Theater« beteiligt und ein Treffen mit dem Darsteller des Jugendtheaters »Victor Giurescu« gewonnen. Wir haben uns zu unterschiedlichen Themen unterhalten, so zum Beispiel zum Thema Hoffnung in die Jugend setzen und über den Scheuspielerberuf. Dieses Treffen hat mich höchst motiviert und ich habe mich selbst gefragt, warum nicht den Worten und der Liebe freien Lauf lassen. Ich habe also einen Motivationsbrief verfasst und war völlig überrascht, als mein Name unter den 200 Teilnehmern zu sehen war. Die Aufführungen finde ich besonders interessant und die Themen sollen uns alle zum Nachdenken anregen. Wie der Name schon besagt, soll das Jugendtheater Jugendliche ins Theater locken.“




    Die Theaterintendantin Gianina Cărbunariu ist fest davon überzeugt, dass das Theater nicht für die intellektuelle Elite sei, sondern für alle:



    Ich wünsche mir, dass die Einwohner der Stadt Piatra Neamţ ins Theater gehen. Ich möchte auch, dass das Jugendtheater zum Theater der ganzen Gemeinde wird, dass die Stadteinwohner fühlen, dass ihnen dieses Theater gehört. Ich möchte, dass sie uns kritisieren, ich möchte, dass sie mit den Darstellern in Dialog treten.“

  • Irischer Englischlehrer Mike Waters: „Junge Rumänen haben fortschrittliches Denken“

    Irischer Englischlehrer Mike Waters: „Junge Rumänen haben fortschrittliches Denken“

    Vor 14 Jahren kam ein Englischlehrer mit langer Berufserfahrung nach Rumänien. Damals war Mike Waters noch in Saudi-Arabien tätig, aber die Liebe für seine zukünftige Ehefrau brachte ihn nach Bukarest. Er verliebte sich in eine Rumänin, dann lernte er Bukarest und Rumänien kennen und lieben. 2003 kam er zum ersten Mal hierher, und mit der Zeit wurden seine Aufenthalte in Rumänien immer länger. 2011 beschloss er, sich in Rumänien niederzulassen und zusammen mit seiner Ehefrau Englischkurse zu geben und eine Beratungsstelle in englischer Sprache für Unternehmen zu gründen.



    Mike Waters liebt Rumänien sehr; für ihn ist es ein Land mit einer sehr interessanten Geschichte und einer multiethnischen Kultur. Die Naturlandschaften haben ihn verzaubert: In Rumänien gibt es einfach alles, von Bergen, Hügeln, Seen, Wäldern bis zu einer ausgezeichneten Meeresküste, meint Mike Waters. Darüber hinaus wird die traditionelle Kultur sehr gut gepflegt, vor allem in Siebenbürgen. In den vielen Jahren, seitdem er in Rumänien lebt, hat Mike Waters das ganze Land bereist, aber er wird immer wieder von der Schönheit seiner neuen Heimat überrascht:



    Ich entdeckte eine ganze Menge verborgener Schätze, aber am meisten gefällt mir Siebenbürgen, die Gegend um Sibiu/Hermannstadt und Sighişoara/Schä‎ßburg. Ich liebe Siebenbürgen ganz besonders — diese Region hat malerische Naturlandschaften und eine au‎ßergewöhnlich reiche Kultur.“




    Am meisten schätzt Mike Waters die Menschen, seine rumänischen Freunde. Er hatte aber auch andere interessante Erfahrungen in Rumänien:



    Ich entdeckte hier fantastische Weinsorten. Ich bin ein gro‎ßer Weinliebhaber und ich muss sagen, dass mir die rumänischen Weine besonders zusagen. Nun, mal ernst gesprochen: Im Laufe der Jahre beobachtete ich die Fortschritte Rumäniens, und in den letzten Jahren hat sich das Land sehr gut entwickelt. Insbesondere die jungen Leute haben ein fortschrittliches Denken, sie sind für alle Neuheiten, die aus anderen Ländern kommen, sehr offen, und auch bereit, das, was sie im Ausland gelernt haben, in ihrer Heimat in Praxis umzusetzen. In diesem Moment entwickelt sich Rumänien sehr schnell, es gibt hier sehr viele Chancen, aber auch viele Herausforderungen. Es geschieht immer etwas Neues in Rumänien, und das finde ich besonders interessant, sowohl privat als auch beruflich. Manchmal empfinde ich diese Situation auch als eine Herausforderung, aber beim genaueren Betrachten handelt es sich eigentlich um neue Chancen für die Zukunft.“




    Seitdem er in Bukarest lebt, entdeckte Mike Waters immer wieder neue Seiten der rumänischen Hauptstadt, die sich in den letzten Jahren zu einer bunten Weltstadt entwickelt hat. Auch wenn er Bukarest liebt, möchte Mike Waters aber auch einige negative Aspekte hervorheben:



    Mich nerven die Fu‎ßgänger, die über die Stra‎ße gehen, ohne auf Autos zu achten. Nun aber wieder einmal im Ernst: Am schlimmsten finde ich, dass die Rumänen ihr eigenes Land zu hart kritisieren. Ich sagte bereits, dass die Rumänen sehr gern aus den Erfahrungen anderer Länder lernen möchten, aber ihre Bewunderung für die westeuropäischen Länder ist manchmal übertrieben. Sie glauben, dass Westeuropa perfekt ist und Lösungen für die meisten Probleme bietet. Das stimmt aber nicht. Auch in Westeuropa gibt es viele Probleme, wie überall auf der Welt. Leider neigen die Rumänen dazu, die positiven Aspekte in ihrem eigenen Land zu übersehen. Rumänien ist ein wunderbares Land mit einer gut ausgebildeten, emanzipierten jungen Generation, Rumänien hat ein enormes Potential, das noch nicht richtig verwertet wurde. Tourismus zum Beispiel ist ein Bereich, der nicht genug gefördert wird. Man sollte mehr tun, damit mehr ausländische Touristen nach Rumänien kommen.“




    Seit 2003 bis 2011, als er sich in Rumänien niedergelassen hat, war Mike Waters immer wieder in Irland, in Saudi-Arabien und in Rumänien. Was hat er aus Rumänien ins Ausland gebracht, und was würde er mitnehmen, wenn er aus Rumänien in ein anderes Land gehen wurde?



    Meinen Freunden im Ausland schenkte ich meistens rumänische Weine. Und wenn ich einmal weggehen sollte, würde ich vor allem eine ganze Menge wunderbarer Erinnerungen mitnehmen. Und die vielen Kontakte mit gro‎ßartigen Menschen. Ich habe sehr viele Freunde in Rumänien, Leute, die ich beruflich kennenlernte und inzwischen meine guten Freunde wurden. Das ist das Beste, es ist eine Traumerfahrung.“




    Die beste rumänische Erfahrung war also für Mike Waters, neue Menschen kennenzulernen. Wie war aber der schlechteste Moment in Rumänien?



    Es war nicht gerade ein Moment, es war etwas, das mir nach und nach klar wurde, nachdem ich im Jahr 2003 zum ersten Mal hierher kam. Damals empfand ich Rumänien als einen wunderbaren Ort voller neuen Chancen und Möglichkeiten. Es war Sommer, Rumänien war für mich ein sonniger Ort mit tollen Menschen, wo man viel Spa‎ß mit wenig Geld haben konnte. Damals arbeitete ich in Saudi-Arabien und machte einen dreimonatigen Urlaub in Rumänien. Ich glaube, dass ich die Wirklichkeit durch eine rosarote Brille sah. Nach einigen Jahren wurde mir allmählich klar, dass Rumänien gro‎ße Probleme hatte. Am schlimmsten war für mich festzustellen, wie korrupt Rumänien war. Das war meine schlimmste Erfahrung: zu sehen, wie das ganze Land von Korruption sabotiert wurde. Ich glaube aber fest daran, das sich die Lage ändern wird. Ich verfolge die Entwicklung des Landes mit viel Hoffnung für die Zukunft, auch wenn die Korruption so viele Schäden angerichtet hat. Die Tatsache, dass die Rumänen jetzt versuchen, die Korruption zu bekämpfen, empfinde ich als positiv und ermunternd.“

  • Arbeitsmarktintegration: Inaktive Jugendliche oft vernachlässigt

    Arbeitsmarktintegration: Inaktive Jugendliche oft vernachlässigt

    NEET ist ein Akronym des englischsprachigen Begriffs Not in Education, Employment or Training“ — nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung — und bezeichnet die Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Ausbildung befinden und dies auch nicht unmittelbar anstreben. Bei den unterschiedlichen Konferenzen ging es um mögliche Lösungen für die Integration der genannten Gruppe, die bereits einen besorgniserregenden Anteil an der Gesamtbevölkerung hat.



    In der EU ist der Anteil der NEET-Jugendlichen rückläufig, im Schnitt beträgt er 12%. Laut Statistiken aus dem Jahr 2011 beläuft er sich in Rumänien hingegen auf 18%. Das wären insgesamt zwischen 400 und 500 Tausend Jugendliche, wobei viele von ihnen nicht identifiziert werden können, da sie von keiner Behörde erfasst sind.



    Vor diesem Hintergrund veranstaltete der Think-Tank Social DOers eine Konferenz mit nationaler Beteiligung bei der die Plattform der Europäischen Koalition für die Rechte der NEET-Jugendlichen“ lanciert wurde. Die Initiative wird durch das Programm Erasmus+ finanziert, zum ersten Mal gab es im Januar eine Präsentation dazu in Brüssel. Ausgangspunkt sei die Tatsache, dass das Problem der angesprochenen Jugendlichen nicht nur Rumänien betreffe, sondern auch andere Staaten in Europa, sagt Veronica Ştefan, die Vorsitzende von Social DOers:



    Durch dieses Pilotprojekt wollten wir die spezifischen Situationen in sechs Staaten untersuchen. Rumänien war einer davon, aber wir haben unseren Blick auch auf Gro‎ßbritannien oder Österreich gerichtet, Länder, in denen diese Kategorie von Jugendlichen einen sehr niedrigen Anteil hat. Ferner wurden Portugal, Italien oder Belgien analysiert. Und wir sind zum Schluss gekommen, dass es gemeinsamer Anstrengungen bedarf. Einerseits brauchten wir eine Plattform, auf der die auf dem Gebiet spezialisierten NGOs mit anderen Partnern zusammengebracht werden: den Sozialpartnern, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, dazu die Politiker, die Entscheidungsträger sind. Also richtet sich die Plattform an drei Kategorien: die NGOs, die Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die Europaabgeordneten, denn sie stellen die direkte Verbindung zwischen den europäischen Beschlüssen und den Bürgern in den Staaten dar.“




    Victor Negrescu von der Fraktion der Sozialdemokraten ist als Europaabgeordneter laut eigenen Angaben mit den Problemen der Jugendlichen befasst, vor allem seien die Jugendlichen aus der NEET-Gruppe ein Anliegen für ihn. Auf EU-Ebene gebe es bereits mehrere Programme zur Unterstützung der Jugendlichen, sagt Negrescu. Allerdings:



    Man muss sagen, dass viele dieser Programme das Problem der Jugendlichen global sehen, mit einem allgemeinen Ansatz, dabei gibt es nicht genügend ma‎ßgeschneiderte Lösungen, die auf die NEET-Jugendlichen gezielt hinwirken. Vor allem sollten wir uns vergewissern, dass diese jungen Menschen, die eine recht zahlreiche Kategorie ausmachen — 21 Millionen europaweit –, dass sie die Vorteile der europäischen Programme auch zu spüren bekommen. Bei den Debatten in Bukarest habe ich für bedürfnisorientierte Programme plädiert und dafür, dass wir den Bedarf auf lokaler Ebene identifizieren, was bislang nicht zufriedenstellend erreicht wurde.“




    Eine halbe Million inaktiver junger Menschen — die Statistik mag vielleicht nicht so schlimm klingen. In Wirklichkeit aber ist die Situation schwerwiegender, als man denkt. Denn die früheren Jugendlichen bleiben auch im fortschreitenden Alter inaktiv und die Kategorie wächst über die Jahre. Die Inaktiven unter 25 Jahren stellen also 18% der Bevölkerung dar, ihr Anteil steigt aber in der Kategorie unter 30 bis auf 25% und pendelt sich bei etwas über 20% in der Kategorie unter 35 ein. Damit entsteht eine Generation von inaktiven Jugendlichen, die nichts produzieren. Das sei ein Problem, denn dadurch entstünden Kosten für die Wirtschaft, folgert Veronica Ştefan:



    Eine europäische Agentur hat errechnet, dass Rumänien 2011 1,54% des Bruttoinlandsproduktes ausgab, oder, genauer gesagt, dass es neben den geplanten Ausgaben diesen Verlust gab. In absoluter Höhe waren es etwa zwei Milliarden Euro. Was bedeutete dieser Verlust? Das bedeutete, dass etwa eine halbe Million Jugendlicher aus der Kategorie eine Mindestsumme als Sozialhilfe bezogen bzw. dass sie keine Eigenbeiträge leisteten. Mit anderen Worten: Die Unter-25-Jährigen sind jedes Jahr für einen wirtschaftlichen Verlust von circa zwei Milliarden Euro verantwortlich.“




    Das trübe Bild wird ferner durch das Phänomen der alternden Bevölkerung in Rumänien und Europa ergänzt. Die Nachfrage nach Erwerbstätigen steigt also immer mehr, deshalb müsse man sich bewusst werden, dass schnell Lösungen her müssen. Und das habe man sich mit der Plattform der Europäischen Koalition für die Rechte der NEET-Jugendlichen“ vorgenommen, sagt Veronica Ştefan:



    Mit diesem Dialog zwischen allen Interessensvertretern wollen wir zum einen erreichen, dass die NGOs, die den leichtesten Zugang zu den Jugendlichen und die freundlichsten Dienstleistungen bieten, als Vermittler zwischen den Behörden und der Zielgruppe fungieren. Für die Jugendlichen selbst ist klar, dass, sobald sie sich in dieser Situation wiederfinden, sie sich nicht mehr so leicht befreien können und sich das vielleicht auch nicht mehr so sehr wünschen. Zum anderen wollen wir mit den Behörden zusammenarbeiten, damit sie eine flexiblere Politik schaffen. Bislang waren vor allem die europäischen Fördergelder im Mittelpunkt, da gibt es einzelne Projekte und nicht unbedingt Programme. Die beginnen im ersten Jahr und enden mit dem dritten Jahr und am Ende hat man bereits vergessen, was mit diesen Jugendlichen geschehen ist. Es wäre wichtig, laufend Programme zu haben, mit einem viel freundlicheren Ansatz, der an die Bedürfnisse der Jugendlichen angepasst ist.“




    Eine klare Schlussfolgerung verweist also auf die notwendige Identifizierung der inaktiven Jugendlichen, die keiner Form von schulischer oder beruflicher Ausbildung nachgehen. Erst danach sollten ihre Situation überwacht und ma‎ßgeschneiderte Lösungen vorgeschlagen werden. Gleichzeitig müssen nationale Programme entworfen werden, begleitet von öffentlichen Politiken.

  • Die Volontären-Schmiede – Jugendliche setzen grüne Projekte um

    Die Volontären-Schmiede – Jugendliche setzen grüne Projekte um

    Die Jugend in Rumänien zeigt sich immer mehr daran interessiert, an der Lösung der Probleme in ihren Gemeinden teilzunehmen. Um ihre Ideen und Projekte umsetzen zu können, brauchen sie aber Unterstützung, Orientierungshilfe und Mentoren. Die Volontären-Schmiede“ ist eine Initiative des Verbandes Wald der Kinder“ (www.padureacopiilor.ro), die Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren hilft, ihre Projekte umzusetzen. Die Managerin Teodora Pălărie gibt uns Auskunft:



    Im Rahmen des Programms lernen sie in zwei Monaten und 16 Workshops, ein Projekt von der Idee bis hin zur Bewertungsetappe und Berichterstattung und Monitoring umzusetzen. Gelehrt werden sie von Mentoren, die Erfahrung in puncto Projekt-Abwicklung sowohl in der Geschäftswelt als auch bei NGOs haben. Bis jetzt haben 20 Jugendliche an der Schulung teilgenommen. Jetzt werden die Jugendlichen der 2. Auflage vor einer kleinen Expertengruppe ihre Projektideen vorstellen, um Feedback zu bekommen und ihre Ideen anzupassen. So sollten ihre Projekte effektiver werden. Wichtig ist, dass die Jugendlichen Seite an Seite mit den Trainern arbeiten. Zudem bekommen sie bis zu 200 Euro, um ihre Idee umzusetzen. Wenn dieses Geld nicht ausreicht, sieht eine Komponente des Projekts die Beschaffung von Geldmitteln vor.“




    Die Interessenten können sich bis zum 20. April anmelden. Sie müssen in den Monaten April, Mai und Juni mindestens 4 Stunden wöchentlich an den Workshops teilnehmen. Teodora Pălărie gibt weiter Auskunft:



    Das Projekt umfasst 3 Schulungsperioden, jede Periode dauert 3-4 Monate, so dass wir in einem Schuljahr drei Auflagen der »Schmiede« abhalten können. Das Programm fing im September 2016 an und wir beenden jetzt die zweite Auflage. Wir rekrutieren jetzt die Jugendlichen für die 3. Auflage. Bis jetzt haben 20 Judengliche am Programm teilgenommen und 7 Projekte befinden sich in unterschiedlichen Implementierungs-Etappen. Manche Projekte wurden schon abgewickelt, andere sollen jetzt vorgestellt werden und manche sollen mit Hilfe der Trainer getestet werden, so dass sie bis Ende April umgesetzt werden können.“




    Die Projektideen, die Im Rahmen der Volontären-Schmiede“ vorgestellt wurden, sind sehr unterschiedlich. Eine Idee war zum Beispiel, schon benutzte U-Bahn-Karten zu sammeln und daraus in ein Kunstobjekt mit erzieherischen Botschaften zu basteln. Die Jugendlichen sollen dabei lernen, dass auch kleine und bedeutungslose Gegenstände einen Nutzen bringen können. Recycling und Mülltrennung war eine andere Idee. Ein anderes interessantes Projekt hatte als Ziel, den kleinen Garten einer Bukarester Schule in einen Gemüsegarten umzugestalten.

  • Teenies in der Schule: Rumänisches Bildungssystem fördert zu wenig emotionale Intelligenz

    Teenies in der Schule: Rumänisches Bildungssystem fördert zu wenig emotionale Intelligenz

    In den letzten Jahren spricht man auch in Rumänien über die Kapazität der Schule, einige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu fördern. Neuerdings wird sogar die Rolle der Schule bei der Entwicklung der emotionalen Intelligenz in Betracht gezogen. Emotionale Intelligenz wirkt sich durch verschiedene nichtkognitive Fähigkeiten aus. Diese müssen im Bildungssystem einen wichtigen Platz haben, genauso wie die kognitiven Fähigkeiten. Das ist die Schlussfolgerung einer Studie, die von der Babeş-Bolyai-Universität in Cluj (Klausenburg) in Zusammenarbeit mit dem ROI-Verband und dem Institut für Bildungswissenschaften, mit der Unterstützung von der UNICEF erarbeitet wurde. Wie diese Fähigkeiten definiert werden, erläutert Eduard Petrescu, Mitglied des UNICEF-Büros Rumänien:



    Diese sind kurzgefasst als jene Fähigkeiten definiert, die durch keinen standardmä‎ßigen Intelligenztest oder durch andere Wissensprüfungen gemessen werden können. Relevant für das Bildungssystem sind jene, die mit einer persönlichen Dimension im Zusammenhang stehen. Ich beziehe mich auf das Verhältnis, das eine Person zu sich selbst haben kann, wie diese einige Verhaltensweisen kontrollieren und verbessern kann, wie diese ihre Motivation findet und ihre Kreativität einsetzt. Es gibt eine soziale und eine gemeinschaftliche Dimension. Es handelt sich um die Beziehungsfähigkeiten oder Fähigkeiten der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Es gibt bürgerliche Fähigkeiten, bei denen auch die Fähigkeit eintritt, an einem Projekt oder an einem Entscheidungsfindungsprozess teilzunehmen.“




    Dank ihrer individuellen, aber auch der sozialen Dimension sind die nichtkognitiven Fähigkeiten wesentlich für die harmonievolle Entwicklung einer Person. Diese müssen insbesondere im Teenageralter gefördert werden, während sich der Charakter bildet. Deshalb hatte die Studie über diese Fähigkeiten Jugendliche in dem Mittelpunkt, wie wir von Simona David-Crisbăşa, der Vertreterin des ROI-Verbandes, erfahren.



    Im Teenageralter passiert folgendes: Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten entwickeln sich genauso viel wie die der Erwachsenen, während das Emotionale etwas zurückbleibt. Gerade deshalb gibt es die Wahrscheinlichkeit, dass der Jugendliche in dieser Zeit allerlei riskante Entscheidungen trifft. Diese sozio-emotionalen Fähigkeiten weisen mehrere Dimensionen auf. Einige von ihnen hängen mit der Selbstentfaltung, mit der Motivation, Disziplin, Beharrlichkeit, mit dem Selbstvertrauen und der Initiative zusammen. Auch hier findet sich der Teil wieder, der die Kommunikation mit den anderen betrifft, die interpersönliche Beziehung, die Ausdauer, die Ausdauer in Stresssituationen, wie wir unsere Emotionen verstehen und ausdrücken. Es gibt auch den Teil der bürgerlichen Beteiligung: die Involvierung in verschiedene Gemeinschaftsprojekte, die Zugehörigkeit zur Gesellschaft.“




    Die Forscher haben festgestellt, dass in der rumänischen Gesellschaft, die nichtkognitiven Fähigkeiten ausschlie‎ßlich durch au‎ßerschulische Aktivitäten oder durch jene, die von den Lehranstalten während der Woche Die Schule anders“ organisiert werden, gefördert werden. Die Teenager finden sich mehr in den Volontariat-Projekten als in den tatsächlichen Kursen wieder. Laut den Forschern sei dies darauf zurückzuführen, dass das rumänische Bildungssystem sich weiterhin nur auf die Übermittlung von Kenntnissen stützt. Wie die Schule nichtkognitive Fähigkeiten fördern könnte und wie diese ihrerseits die Leistung in der Schule unterstützen würden, erfahren wir ebenfalls von Simona David-Crisbăşan:



    Wenn man in der Schule blo‎ß den Schwerpunkt auf diese Fähigkeiten setzen würde und nicht nur auf die kognitiven Fähigkeiten oder auf die schulische Leistung, wie es heute der Fall im Bildungssystem ist… Man setzt sehr wenig auf Kommunikation, auf persönliche Beziehungen oder auf Motivation, obwohl jeder beobachten kann, dass Jugendliche nicht besonders motiviert und nicht an der Schule interessiert sind. Das, weil sie nicht in den Prozess einbezogen wurden. Für Teenager ist es sehr wichtig, sich einbezogen zu fühlen und sich an dem Bildungsprozess zu beteiligen. Während der Grundschule fokussiert man mehr auf die Verhältnisse zu den anderen, denn es gibt nur einen Klassenlehrer, der sich vier Jahre lang um die Kinder kümmert. Neulich hat man mit der Änderung des Lehrplans auch bei den Grundschulklassen den Selbstentfaltungsteil eingeführt, auch wenn nicht in gro‎ßem Ausma‎ß. Ab der fünften Klasse, in der Hauptschule und im Gymnasium, fühlt sich das Kind ausgegliedert. Es gibt keine Zeit und keinen Raum mehr, um sie einzubeziehen, und hier beginnen auch der Mangel an Interesse und die Demotivation.“




    Die nichtkognitiven Fähigkeiten sind nicht nur für die Lernmotivation wichtig, sondern allgemein für die spätere Entwicklung der Jugendlichen. Auf diese Entwicklung muss sich auch die Schule richten, meint der UNICEF-Vertreter Eduard Petrescu.



    Das klassische Bildungssystem, das heute in Rumänien funktioniert, wurde womöglich für eine andere Ära gedacht. Dieses muss auch die Beschleunigung der Gesellschaft in ihrem Ganzen, auf Ebene der Information, der Kommunikation und der Beziehungen in Betracht ziehen und auch die Tatsache, dass all diese Aspekte auch den Arbeitsmarkt beeinflussen. Letztendlich muss die Ausbildung eines Jugendlichen die Fähigkeit desselben als Ziel haben, sich in die Gesellschaft und in das Arbeitsleben zu integrieren. Wir müssen sehen, wie wir durch die Förderung der nichtkognitiven Fähigkeiten, die Jugendlichen unterstützen können, die heutigen Herausforderungen zu überwinden.“




    Als Erstes müssen die Lehrer selbst geschult werden, damit sie wissen, wie sie diese Fähigkeiten ihrer Schüler fördern können. Dann muss es ein Umdenken der Lehrpläne geben, um diese Dimension einzuschlie‎ßen. Laut Fachleuten können nichtkognitive Fähigkeiten am besten durch innovative Lehrmethoden und durch Teamarbeit gefördert werden.

  • Bewaldungskampagne des Nationalen Forstamtes Romsilva

    Bewaldungskampagne des Nationalen Forstamtes Romsilva

    Das Nationale Forstamt Romsilva hat vor kurzem die Bewaldungskampagne gestartet. Innerhalb der nächsten zwei Wochen werden gro‎ße Waldflächen regeneriert, neue werden aufgeforstet, einige davon lagen bislang auf trockenem und unfruchtbarem Boden. Die breitesten Flächen, die jetzt aufgeforstet werden, befinden sich mit 712 Hektar im ostrumänischen Tulcea, im südwestrumänischen Landkreis Dolj, wo 231 Hektar bewaldet werden, und Brăila, ebenfalls im Osten des Landes, mit 176 Hektar. Wir haben den Leiter des Nationalen Forstamtes Dragoş Ciprian Pahonţu um Einzelheiten gebeten:



    Für dieses Jahr hatten wir uns vorgenommen, 14.600 Hektar Waldgebiet zu regenerieren, bei 8.600 Hektar davon handelt es sich um natürliche Regenerierung, bei 6.000 führen wir Bewaldungsarbeiten durch. Wir sind sehr stolz darauf, dass einen hohen Anteil, 59% der Bewaldungsarbeiten, die natürliche Regenerierung darstellt. Das ist das Ergebnis der Arbeit der Romsilva-Forstingenieure, die die Flächen richtig und erfolgreich behandelt haben. In Bezug auf die Kampagne haben wir vor, weitere 4.000 Hektar zu erneuern, 2.200 davon sind Aufforstungen, bei 1.800 Hektar handelt es sich um natürliche Regenerierung. Dafür werden wir rund 3 Millionen Schösslinge pflanzen, die Gesamtkosten belaufen sich auf 30 Millionen Lei. Die Bewaldungsarbeiten finanzieren wir über einen speziellen Fonds, es handelt sich um den Fonds für die Bewahrung und Regenerierung der Wälder, der aus dem Bestand des verkauften Holzes besteht. Ein besonderes Augenmerk schenken wir der Informierung über die Wälder Rumäniens. Wir haben diesbezüglich ein weitreichendes Bildungsprogramm gestartet, das sich in erster Linie an die jüngere Generation richtet, weil wir ein richtiges Image des Nationalen Forstamtes Romsilva in der rumänischen Gesellschaft pflegen möchten.“




    Das Nationale Forstamt Romsilva hat zudem zahlreiche Pflanzungsaktionen von Nichtregierungsorganisationen oder Personen unterstützt, indem es den Initiatoren derartiger Projekte über 170.000 Nadelbäume — Eichen-, Akazien-, Eschen-, Kirschbaum-, Lindenbaum- und Strauchschösslinge — kostenlos anbot.



    Die rumänischen Behörden haben darüber hinaus beschlossen, dass die Privatwälder, die 30 Hektar oder weniger messen, von nun an bewacht werden müssen. Die Ma‎ßnahme betrifft die Waldbesitzer, die entsprechende Verträge mit den Forstbehörden abgeschlossen haben, und zielt darauf ab, die illegale Abholzung zu bekämpfen. Zum ersten Mal wird somit diese Richtlinie umgesetzt, selbst wenn sie im Waldgesetz bereits 2008 verankert wurde. Die Ma‎ßnahme betrifft den Zeitraum 2016-2020, der Gesamtwert der zu diesem Zweck freigegebenen Finanzhilfe beträgt 248,9 Millionen Lei und die Zahl der Nutznie‎ßer für den besagten Zeitraum 2 Millionen. Rund 587.000 Hektar Waldgrundstücke werden landesweit nicht bewacht.



    Das Nationale Forstamt Romsilva verwaltet 3,15 Millionen Hektar Waldbestand und hat in den letzten 25 Jahren über 528.000 Hektar durch Aufforstung erneuert.

  • Projekte zur Ökologisierung der Donau

    Projekte zur Ökologisierung der Donau

    Rumänien wird 20 Milliarden Euro für die Reduzierung der Wasserverschmutzung in der Donauregion investieren — dies gab das Ministerium für Umwelt, Gewässer und Forstwirtschaft bekannt. Mit dem Geld werden moderne Kläranlagen eingerichtet und die diffuse Wasserverschmutzung verringert. Ferner gibt es eine Vereinbarung zwischen dem rumänischen Umweltministerium und der Weltbank über die Erweiterung des Projekts betreffend die Reduzierung der Wasserverschmutzung mit landwirtschaftlichen Abwässern — dadurch werden die Investitionen für die Reduzierung der diffusen Wasserverschmutzung 110 Millionen Euro übersteigen. All diese Bemühungen werden einen beträchtlichen Impact auf die Qualität des Meereswassers haben, vor allem im Nordwesten des Schwarzen Meeres, meinen die Umweltexperten.



    Die NGOs bemühen sich auch um die Reinigung der Gewässer von Abfällen. Das Projekt Let’s do it, Danube“, das schon zum dritten Mal läuft, ist ein Wettbewerb zwischen Schulen in den Donaulandkreisen Rumäniens. Das Projekt richtet sich an die junge Generation und spricht sie auf freundliche, verständliche Weise an. Es gehe dabei um Ressourcen, über die Art und Weise, wie wir diese Ressourcen langfristig verwerten und sparen können, sagte uns Andrei Coşuleanu, Geschäftsführer bei Let’s do it, România“:



    Jedes Jahr sind wir in die Donauregion gereist und haben mit der Bevölkerung gesprochen, wir haben die Leute dazu erzogen, die Umwelt zu schützen und verantwortungsbewusster mit dem Wasser umzugehen. Die Resultate lassen sich sehen: Nur dieses Jahr sind etwa 14.000 Kinder zu unseren Aktivitäten gekommen — das waren Trainings, Aktivitäten zur Umwelterziehung und Workshops zur Wiederverwertung von Abfällen. Die Kinder und Jugendlichen müssen verstehen, dass Abfälle wiederverwertbare Ressourcen sind, und nicht einfach Müll. Zu unseren Kursen sind auch etwa 7.700 Eltern aus der Donauregion gekommen. Wir haben ihnen beigebracht, wie sie zu Hause Abfälle trennen und wiederverwerten können. Im Rahmen unserer praktischen Aktivitäten haben wir Haushaltsabfälle gesammelt, in die Schule gebracht und wiederverwertet. In den Schulen der Donauregion wurden etwa 40 Tonnen Abfälle gesammelt; davon waren 32 Tonnen primäre wiederverwertbare Abfälle und 7 Tonnen elektronische Abfälle und Batterien. Die Abfälle brachten wir zum Recycling. Das sollte man in jeder Gemeinde tun.“




    Die Gewinner des Wettbewerbs Let’s do it, Danube“ werden mit Preisen belohnt, sagte uns Andrei Coşuleanu:



    Bei diesem Wettbewerb haben wir Preise in Wert von etwa 30.000 Euro vergeben — wir haben eine Partnerschaft mit einer Einzelhandelskette in Rumänien. Als gro‎ßer Preis haben wir ein IT-Labor mit Tischen, Stühlen und 30 modernen Computern ausgestattet. Wir haben auch viele Laptops, Tablets, Digitalprojektoren, Kopiergeräte und Papierware als Preise vergeben. Und wir organisierten auch ein Ferienlager mit Kindern aus der Donauregion.“




    Let’s Do It, Danube!“ wird von dem Team Let’s Do It, Romania!“ organisiert und findet in allen rumänischen Donaulandkreisen statt — das sind die Landkreise Caraş–Severin, Mehedinţi, Dolj, Olt, Teleorman, Giurgiu, Călăraşi, Ialomiţa, Brăila, Galaţi, Tulcea und Constanţa. Das Projekt wird vom Ministerium für Umwelt, Gewässer und Forstwirtschaft und von Kaufland Rumänien unterstützt.

  • „Generation Unsichtbar“: Jung, wenig Bildung, arbeitslos

    „Generation Unsichtbar“: Jung, wenig Bildung, arbeitslos

    Den Begriff NEET, ein Akronym für Not in Education, Employment or Training, zu deutsch nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung, gibt es in der EU seit mehreren Jahren. Jetzt wurde er auch von der rumänischen Gesetzgebung aufgenommen. Leider sind die vom Staat angebotenen Lösungen unter den potentiellen Empfängern wenig bekannt. Zudem sind die Statistiken nicht klar und deswegen wurden diese Jugendlichen von Vertretern der Zivilgesellschaft auch als unsichtbare Generation“ bezeichnet. Laut Schätzungen des rumänischen Statistikamtes konnte man im Jahr 2013 etwa 440 Tausend junge Menschen im Alter von unter 25 Jahren als NEET einstufen, das sind 17% der Angehörigen dieser Altersgruppe in Rumäniens. Der EU-Durchschnitt der jungen Leute, die nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung sind, liegt bei 12,5%.



    Ende 2015 erklärte das Arbeitsministerium, dass nur etwa 80 Tausend junge Leute bei der Nationalen Agentur für Beschäftigung registriert waren. Zudem lag 2014 die Arbeitslosenrate in den Reihen der jungen Leute zwischen 25 und 29 Jahren bei 24,6% gegenüber den 17,6% von 2007. Die von der Statistik erfassten jungen Menschen sind sehr unterschiedlich, stammen aus unterschiedlichen sozialen Umfeldern und weisen spezifische Probleme auf. So hat zum Beispiel die 15-jährige Carolina nach Ende der achten Klassen die Schule abgebrochen. Seitdem arbeitet sie auf dem Hof der Eltern, auf dem Lande im Landkreis Galaţi. Carolina berichtet über ihre Aussichten auf dem Arbeitsmarkt:



    Ich habe versucht, hier bei uns einen Arbeitsplatz zu finden. Ich habe einer Frau, die nicht mehr arbeiten konnte, geholfen, aber nach zwei Monaten habe ich darauf verzichtet, um meine Mutter nicht mehr alleine zu Hause zu lassen. Ich versuche jetzt weiter einen Arbeitsplatz zu finden, ich bin aber noch nicht 18 geworden. In Tecuci arbeitet meine Schwester bei einem Imbiss und ich könnte ihr helfen, wenn sie mich braucht.“




    In einer ähnlichen Situation befindet sich auch Cătălin. Mit 17 Jahren hat er die Schule abgebrochen. Jetzt ist er 19 Jahre alt und arbeitet im Hof seiner Eltern, ebenfalls in einem Dorf in Landkreis Galaţi. Er hat auch drei jüngere Schwestern. So sieht sein normaler Tag aus:



    Ich stehe um 7 — 7.30 Uhr auf und füttere die Tiere. Weiter mache ich alles, was nötig ist. Ich arbeite den ganzen Tag lang, ich habe keinen freien Tag. Ich lie‎ß mich bei der Agentur für Beschäftigung registrieren, habe aber keine Antwort bekommen. Ich habe mich nur registriert, ich habe keine Schulung abgeschlossen. Bei uns in der Gegend läuft nichts. Im Moment habe ich keine Einnahmequelle, nur gelegentliche Angebote.“



    Auf die Schule musste er wegen der Transport- und der Schreibwaren-Kosten verzichten. Cătălin würde aber gerne wieder zur Schule gehen, einen Abschluss machen und einen Job haben.



    Am meisten wünsche ich mir einen Arbeitsplatz. Ich würde alles Mögliche annehmen, um mein eigenes Geld zu verdienen.“




    Nicht alle jungen Leute der NEET-Kategorie sind in der Lage von Carolina und Cătălin. Die Koalition der Nichtregierungsorganisationen für Jugend-Rechte hat in ihrer jüngsten Studie die Diversität dieser Kategorie hervorgehoben. Veronica Ştefan, Vertreterin der Koalition, gibt ein paar Beispiele:



    Es gibt diejenigen, die frühzeitig die Schule abbrechen, diejenigen, die das Gymnasium ohne Abitur abgeschlossen haben, aber auch diejenigen, die ein Studium oder einen Masterstudiengang abgeschlossen haben, aber trotzdem keinen Job gefunden haben. Die Probleme eines 22-Jährigen, der die Uni abgeschlossen hat, unterscheiden sich von den Problemen eines 15-Jährigen, der 8 Klassen abgeschlossen und die Schule abgebrochen hat. Von Anfang an sieht man, dass die Mädchen eine dieser Kategorien sind. 18% der Mädchen unter 25 Jahren befinden sich in dieser verwundbaren Lage, das ist überdurchschnittlich. Im Falle der Altersgruppe 25-29 Jahre wächst der Frauen-Anteil bis auf 30%.“



    Au‎ßer den Mädchen und den Jugendlichen aus den ländlichen Gebieten, die von der Familie nicht ermutigt werden, ihre Ausbildung fortzusetzen, gibt es noch die Kategorie der Hochschul-Absolventen. Veronica Ştefan dazu:



    Gewöhnlich bleiben die Hochschul-Absolventen im Elternhaus und werden weiter verpflegt. Sie warten auf bessere Opportunitäten. In dieser Lage befinden sich diejenigen, die von der Familie finanziell unterstützt werden. Es gibt aber auch Studenten, die aufs Studium verzichtet haben, um sich zu versorgen, um eine Wohnung zu haben oder um die Familie zu versorgen. Weiter gibt es noch die Kategorie der jungen Mütter. Viele dieser bleiben zu Hause, um auf die Kinder aufzupassen. Das System zur Unterstützung der jungen Mütter ist mangelhaft, insbesondere aus der Perspektive der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.“



    Um dieser Kategorien zu helfen, hat die EU im Jahr 2013 das Programm Garantie für die Jugend“ eingeleitet. Per Gesetz wurde vor zwei Jahren das Programm den lokalen Gegebenheiten angepasst. Dafür gibt es auch EU-Fonds. Leider funktioniert das Programm immer noch nicht und viele Jugendliche haben nichts davon gehört. Veronica Ştefan berichtet über die Funktionsweise des Programms Garantie für die Jugend“:



    Junge Leute, die vier Monate lang inaktiv waren, müssten sich bei der Agentur für Beschäftigung anmelden, um eine Opportunität zu bekommen: eine Berufsschulung, die Wiedereingliederung in das Bildungssystem oder einen Job. Dieses System funktioniert noch nicht in Rumänien. Es wurde nur auf Papier vorgeschlagen und nur im Rahmen einiger Pilot-Projekte angewandt. Die Garantie für die Jugend müsste ein permanenter Mechanismus sein. Jede junge Person, die sich anmeldet oder angemeldet wird, sollte diese Opportunität gleich bekommen.“




    Au‎ßer der Inkraftsetzung der Gesetze betreffend die Garantie für die Jugend” und der Freigabe der EU-Fonds für die jungen Leute, die sich nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung befinden, empfehlen die Nichtregierungsorganisationen differenzierte Herangehensweisen, je nach Kategorie der Empfänger.

  • Bildungstheater: Bukarester Ensemble „Replika“ bringt Alltagsthemen auf die Bühne

    Bildungstheater: Bukarester Ensemble „Replika“ bringt Alltagsthemen auf die Bühne

    Wir spazieren entlang eines der gro‎ßen Bukarester Boulevards, der an den südlichen Stadtrand führt. Hier biegen wir rechts ab und finden eine Volksschule, die unterschiedliche Kurse für Kinder anbietet. Die Volksschule und das Staatliche Bildungstheater Replika“ teilen sich den Innenhof. Auf dem Hof und drau‎ßen, auf dem Bürgersteig, warten Kinder und Jugendliche aller Altersklassen auf den kostenlosen Einlass zu einer Theateraufführung, bei der es um ihre alltäglichen Probleme gehen soll.



    Die Räumlichkeiten sind unspektakulär. Im Februar 2015 gründeten fünf Menschen hier das erste soziale Theater in Bukarest: Die Kritikerin und Dramaturgin Mihaela Michailov, der Regisseur Radu Apostol sowie Katia Pascariu, Schauspielerin am Jüdischen Staatstheater, Viorel Cojanu und Mihaela Rădescu, beide Schauspieler am Kleinen Theater. Die Idee von Theaterprojekten zu sozialen und bildungsbezogenen Themen sei allerdings viel älter, ebenso die Zusammenarbeit zwischen den Gründern, erzählt Mihaela Rădescu.



    Die erste Aufführung war »Die Offline-Familie«, an der Mihaela Mihailov und Radu Apostol eineinhalb Jahre lang gearbeitet haben. Dabei haben sie sich mit den Schülern in Bukarest unterhalten. Mit der Aufführung waren wir oft auf Tour, in der Moldau und in Siebenbürgen, das Thema ist sehr heikel. Es handelt sich um Eltern, die als Gastarbeiter ins Ausland ziehen und ihre Kinder zurücklassen. Dann haben wir »Die Geständnisse eines Hundes« gespielt, ein Stück über Tierrechte. Anschlie‎ßend haben wir »Das Theater der Kinderrechte« bearbeitet, daraus wurde die Aufführung »Recht im Gesicht«, nach einem Text von Mihaela Michailov.“




    Es folgten Aufführungen über die Schule, etwa Böse Kinder!“ und Erinnerungen an die Schulzeit“, bei denen es stets um Bullying, Missbrauch und Gewalt in der Schule geht. Die Texte sind ausnahmslos aus dem gewöhnlichen Alltag inspiriert, was für das Bildungstheater des REPLIKA-Teams von wesentlicher Bedeutung ist, wie die Schauspielerin Katia Pascariu erklärt.



    Die Bildungskomponente ist nicht streng aus schulischer Sicht zu betrachten. Unter Bildungskomponente verstehen wir, dass das Publikum eines jeden Alters zu uns kommen kann. Unsere künstlerischen Ansätze zu bestimmten schulgebezogenen Themen beinhalten bereits diese Bildungskomponente. Der ästhetische Teil ist weniger wichtig, dafür sind die Botschaft und das Thema viel wichtiger. Die Bildungskomponente bezieht sich auch auf das Publikum, das wir anziehen wollen, auf das Umfeld, aus dem es stammt, auf die Recherche, die wir für die Aufführungen betreiben, also auf die Vorarbeit zu den Stücken. Das Bildungstheater hat grö‎ßtenteils mit den Jugendlichen zu tun.“




    Wenn die Themen die Jugend und ihre alltäglichen Probleme im Mittelpunkt haben, dann gehört die Dramaturgie auch der Gemeinschaft, sagt die Schauspielerin Mihaela Rădescu. Die Texte entstehen mit der Entdeckung der Themen, im Rahmen der Recherche und in den Gesprächen mit den Menschen. An der sogenannten Sammlung“ der Texte sei das gesamte Team beteiligt, verrät Katia Pascariu.



    Die Themen sind in unterschiedlichen Quellen zu suchen: in den Medien, in echten Fällen, in den Gesprächen mit den Jugendlichen, die an unseren unterschiedlichen Werkstätten für Schüler mitmachen. Au‎ßerdem finden wir immer Themen in den Bereichen, die uns, also die Teammitglieder, interessieren. Dann kommt der Moment, in dem all die gesammelten Themen sortiert werden — und dann schauen wir, welche geeignet wären für eine Aufführung, jenseits der persönlichen Neugier.“



    Die sozialen Stücke des REPLIKA-Theaters sind sowohl für die Stadt- als auch für die Landbevölkerung relevant. Und das entsprechende Umfeld im Allgemeinen, die Stimmung oder die Gemeinschaft spielen eine zentrale Rolle für das Theaterteam. Aussagekräftig ist der Stadtteil, in dem das REPLIKA-Zentrum seinen Sitz hat, so Katia Pascariu.



    Die Bewohner dieses Stadtviertels entdecken uns langsam und wir versuchen, unser Vorhaben aufrechtzuerhalten, die Entdeckung einer Gegend, die über keinen eigenen Kunstraum verfügt. Wir versuchen, vor allem diese Menschen im Stadtteil selbst zu erreichen. Es ist eine sehr interessante Gegend, man ist nah am Stadtzentrum und hat doch auch das Gefühl, in einem Randbezirk zu stehen. Es ist eine Gegend mit hohem Verkehrsaufkommen, eine ehemaliges Gewerbegebiet, in dem heute viele Plattenbauten zu sehen sind. Viele sind vom Theater regelrecht überrascht. Sehr viele haben vor unseren Stücken noch nie einer Aufführung beigewohnt. Andere sind begeistert von den alltäglichen Themen, die wir behandeln, weil sie sie sofort wiedererkennen und unmittelbar darauf reagieren können. Sie haben sehr direkte, unmittelbare Reaktionen und für uns ist ihr Feedback an Ort und Stelle sehr wichtig.“




    Weil Partnerschaften mit bestimmten Schulen bestehen und weil es sich um ein Bildungstheater handelt, sind die meisten Zuschauer Kinder. Dennoch möchte das REPLIKA-Theam sein Publikum erweitern, sagt Mihaela Rădescu.



    Wir möchten Partnerschaften schlie‎ßen und eine Annäherung an die Verantwortlichen in Kinder- und Altersheimen suchen. Unsere Aufführung »Unser alltäglicher Hunger«, die im vergangenen Jahr ihre Premiere feierte, ist älteren Menschen gewidmet. Wir versuchen, konsequent Aufführungen für die anfälligen Gesellschaftsgruppen zu spielen, und ihnen so Mut einzuflö‎ßen.“




    Ebenfalls verletzlichen Personen ist ein Theaterprojekt gewidmet, an dem die Schauspielerin Katia Pascariu selbst beteiligt ist. Es handelt sich um die Theateraufführung Maşkar“, die im Rahmen eines gleichnamigen, grö‎ßeren, Projekts stattfand. Dabei ging es um eine sozio-kulturelle Intervention in Roma- und Nichtromagemeinschaften im südrumänischen Landkreis Teleorman, berichtet Pascariu.



    Dieses Projekt hatte auch eine Forschungskomponente, und am Ende ist es uns gelungen, auch eine Aufführung zu erarbeiten, die nach unserer einjährigen Arbeit eigentlich unerwartet kam. In Teleorman finden sich viele der rumänischen Probleme von heute wieder: entvölkerte Städte, die Kluft zwischen Armen und Reichen, Diskriminierung, schulische Segregation usw. Die Region hat aber auch eine eigene Besonderheit aufgrund der Geschichte der dort seit langem lebenden Roma-Gemeinschaften. Sie sind sehr unterschiedlich und in ländlichen Gebieten gut integriert. Wir, das Team, haben festgestellt, dass es sehr schwer ist, aus einer uns fremden Perspektive zu berichten. Und wir sind zum Schluss gekommen, dass die Mehrheit ein gro‎ßes Problem hat, denn das Problem ist bei denen die diskriminieren zu suchen. Wir haben versucht, eine Aufführung auf die Beine zu stellen über Wege zur Beseitigung der Diskriminierung — ausgehend von uns, die selbst diskriminieren und von Haus aus eine herablassende Haltung haben.“




    Maşkar” bedeutet in der Sprache der Roma Dazwischen“, eine Anspielung auf die Positionierung des Bildungstheaters REPLIKA: zwischen der pur ästhetischen oder künstlerischen Erfahrung des Theaters und dem Eingriff in die Gemeinschaft.

  • Urbane Projekte für Jugendliche: Be yourSelfie in Bukarest

    Urbane Projekte für Jugendliche: Be yourSelfie in Bukarest

    Die Hochschule für Politikwissenschaften an der Bukarester Universität setzt seit Februar das Projekt Be yourSelfie in Bukarest. Ausbildung und urbane Geschichte für Studenten und Jugendliche“ um. Be yourSelfie in Bukarest“ verfolgt einen doppelten Zweck: Es will die multikulturelle Dimension der Stadt fördern und gleichzeitig die Stadt Bukarest durch einen kulturellen Rechercheprozess den Einwohnern näherbringen. Das Projekt umfasst Ausbildungs-Module und Workshops zur Geschichte der Stadt. Die Studenten und die Bukarester Gymnasiasten (Schüler der 9.–12. Klasse) haben die Möglichkeit, an geführten Stadtrundgängen teilzunehmen. Dazu Alexandra Iancu, Lektorin an der Hochschule für Politikwissenschaften an der Bukarester Universität:



    Wir gingen von einigen einfachen Fragen aus: Was ist eine Stadt, wie wird sie gebaut, wie entwickelt sie sich. Wir wollen diese Fragen fachübergreifend betrachten. Dafür organisieren wir eine Reihe von Workshops für Studenten, an denen Ausbilder mitwirken, die verschiedene Fachrichtungen vertreten — Anthropologen, Historiker, Journalisten, Politologen, Werbeleute. Es sind Kurse zu allgemeinen Themen, die darauf abzielen, den Jugendlichen bewusst zu machen, in welchem Verhältnis wir zur Stadt, in der wir leben, stehen. Die Theorieblöcke werden durch praktische Workshops, in den Stra‎ßen der Stadt Bukarest ergänzt. Somit treten die Studenten direkt in Kontakt mit der Welt, in der sie leben, unabhängig davon, ob es um eine Umgebung wie das noble Villenviertel Cartierul Primăverii oder um ein etwas verkommenes Stadtviertel wie Rahova geht. Unabhängig davon, ob sie sich die Altstadt anschauen, mit ihren alten Gassen und den alten Bojarenhäusern, oder sich in den neuen Stadtvierteln aufhalten. Im Rahmen des Projektes wollen wir eben auf diese Vielfalt hinweisen.“




    Das Vorhaben geht von einfachen Fragen aus, wie die Projektleiterin Alexandra Iancu betonte. Es werden Fragen gestellt wie z.B.: Wie funktioniert eine Stadt? Dabei werden mehrere Aspekte erwägt — die soziale, politische, wirtschaftliche sowie kulturelle Dimension einer Stadt. Doch fragen sich die Projektinitiatoren auch, mit welchen Schwierigkeiten eine Gro‎ßstadt wie Bukarest zu kämpfen hat. Dazu Alexandra Iancu:



    Studenten und Gymnasial-Schüler gehen dieses Thema unterschiedlich an. Werden Studenten zum Auftakt eines Projektes zu den Schwierigkeiten, mit denen die Stadt konfrontiert wird, befragt, so sind sie dazu geneigt, Standardantworten zu geben, die sie vermutlich in den Massenmedien gelesen oder gehört haben. Sie erwähnen die Infrastruktur, den öffentlichen Verkehr, die Sauberkeit der Stadt bzw. die Tatsache, dass die Stadt nicht so sauber sei, kurz und gut die gleichen Probleme, die auch die Politiker auflisten. Ein Ziel des Projektes ist, über diese Aspekte hinaus zu schauen. Selbstverständlich dürfen diese nicht vernachlässigt werden, doch müssen auch andere Probleme erkannt werden. Wir wollen erkennen, was die Stadt über diese Klischees hinweg zu bieten hat.“




    Alexandra Iancu, Lektorin an der Hochschule für Politikwissenschaften an der Bukarester Universität, erzählte uns über die Erfahrung der Jugendlichen im Projekt und schilderte uns ihre ersten Eindrücke in Bezug auf die umgesetzte Initiative:



    Wir haben uns in einem ersten Schritt auf die Ausbildung von Studenten konzentriert. Ihr Feedback war positiv, vor allem wenn man berücksichtigt, dass wir viele Ausbildungsseminare hatten. Das Programm war voll, dennoch beteiligten sich viele Studenten an unseren Ausbildungen. Sie waren sehr enthusiastisch, denn es handelt sich um eine au‎ßerschulische Weiterbildungsmethode. Die Theorie wird durch praktische Erfahrungen ergänzt. Dazu unterzeichneten wir Verträge mit mehreren Gymnasien in Bukarest — wir arbeiten mit den Schulen Colegiul Naţional Cantemir, Sfântul Sava, Matei Basarab, Spiru Haret, Gheorghe Lazăr zusammen. Die Lehrer, die im Projekt mitwirken, erzählten, die Schüler seien ganz begeistert von unserem Vorhaben. Es gefalle ihnen besonders die spielerische Dimension des Projektes, die den informativen Teil ergänzt. Daher machen sie gerne mit. Wir organisieren z.B. eine Ausstellung mit Preisverleihung — eine öffentliche Ausstellung, die Bilder zusammenbringt, die von den Schülern in den Stra‎ßen von Bukarest geschossen wurden und die kulturelle Vielfalt der rumänischen Hauptstadt widerspiegeln. Denn sie sind sehr begeistert von dem, was sie in der Stadt entdecken. Nach jedem Workshop, nach jeder Stadtführung, unterhalten wir uns mit ihnen, um zu schauen, wie sie die urbanen Erfahrungen wahrgenommen haben. Die Ergebnisse geben uns Mut, weiter zu machen.“




    Das Projekt Be yourSelfie in Bukarest. Ausbildung und urbane Geschichte für Studenten und Jugendliche“ wird durch Fördermittel aus Norwegen, Island und Lichtenstein finanziert. Für die Co-Finanzierung trägt der rumänische Staat Sorge. Es ist ein Projekt der Hochschule für Politikwissenschaften, das ursprünglich von dem Gedanken ausging, eine au‎ßerschulische Alternative zum herkömmlichen Unterricht zu bieten. Dazu sollte eine Brücke zwischen Schulen und Hochschulen geschaffen werden. Zum Abschluss des Projektes soll ein Fotografie-Preisausschreiben und eine Ausstellung mit Bildern, die Bukarest abbilden und von den teilnehmenden Jugendlichen geschossen wurden, veranstaltet werden.

  • Junge Theaterautorin im Rampenlicht: Elise Wilk

    Junge Theaterautorin im Rampenlicht: Elise Wilk

    Der jungen Theaterautorin Elise Wilk gelang der Durchbruch in der rumänischen Theaterszene. Mittlerweile werden ihre Stücke auch im Ausland inszeniert und sie wurde vielfach ausgezeichnet. Im gro‎ßen Teil ihrer Stücke setzt sich die Kronstädter Dramatikerin mit den Problemen der Jugendlichen auseinander und spricht somit aktuelle Themen an, die in Rumänien und im Ausland eine gute Resonanz beim Publikum finden.



    Mit ihrem Stück Die grüne Katze“ (Pisica verde“) ist die Dramatikerin Elise Wilk im deutschsprachigen Raum ins Rampenlicht getreten. 2014 hatte das Stück eine szenische Lesung in Berlin, im kommenden Jahr wurde es in Zürich von Enrico Beeler beim Jungen Schauspielhaus inszeniert. In Rumänien erhielt Die grüne Katze“ 2013 den Preis für Nachwuchsdramatiker der Irischen Botschaft in Bukarest und wurde insgesamt in sechs Sprachen übersetzt. Im Stück, das die Kronstädter Theaterautorin 2012 für ein Projekt des Theaters 74 in Târgu Mureş schrieb, setzt sie sich mit dem Problem der orientierungslosen Jugendlichen auseinander, die dem Alltag nichts abgewinnen können, und spricht somit universelle Themen an. Elise Wilk:



    Das erste Mal, als ich sehen konnte, dass die Probleme wirklich universell sind, war es in Rom, als das Stück eine szenische Lesung hatte, und die Schauspieler haben mir gesagt, dass sie sich in meinen Figuren wiedererkennen. In Berlin erlebte ich das Gleiche, auch in Russland, wo es zweimal von verschiedenen Ensembles aufgeführt wurde. Ich dachte, es ist leicht verständlich, wenn mein Stück dem russischen Publikum gefällt, weil die Situation sie auch ansprechen könnte… Diese Welt mit Plattenbauvierteln und mit Wodka, den sie in Clubs trinken, aber als ich erfahren habe, dass das Stück in der Schweiz aufgeführt werden sollte, hätte ich nie gedacht, dass Jugendliche aus der Schweiz sich mit denselben Problemen identifizieren können. In der Schweiz war ich bei vielen Publikumsgesprächen dabei, konnte direkt Feedback bekommen. Im Stück geht es um Roxana, deren Eltern in Spanien sind, im Text steht es aber einfach: ‚Meine Eltern sind in Spanien und ich wohne mit meiner Gro‎ßmutter‘. Wenn man das in Rumänien sagt, dann verstehen alle, dass die Eltern nach Spanien gezogen sind, um dort zu arbeiten, aber in der Schweiz dachten sowohl die Schauspieler als auch der Regisseur, dass die Eltern in die Rente gegangen sind und sich ein Ferienhaus auf Mallorca oder auf Ibiza gekauft hätten, also für sie bedeutete das: ‚Meine Eltern machen Urlaub oder sind langfristig hingezogen.‘ Das wichtigste: Meine Eltern sind nicht da und das ist in Rumänien und in der Schweiz dasselbe Problem.“




    In ihrem Stück lässt die Theaterautorin eine Welt entstehen, in der jede der sechs Figuren, drei junge Frauen und drei junge Männer, auf ihre eigene Art und Weise nach Sicherheit und Halt in ihrem Leben suchen, in einem Leben, in dem ihnen die Eltern als Bezugspunkt fehlen. Die grüne Katze wird von der Gestalt Dani immer wieder, bei jeder Gelegenheit erwähnt. Das Fantasietier spielt eine zentrale Rolle in der Handlung, die bis zuletzt ein tragisches Ende nimmt. Elise Wilk:



    Es wird viel über Fantasie und unsere Einbildungskraft geredet. Oft hilft uns die Fantasie, den grauen Alltag zu vergessen. Zum Beispiel Dani, der sich diese grüne Katze einbildet, die gar nicht existiert. Die grüne Katze steht für die Kraft der Fantasie. Viele Leute versuchen mithilfe der Fantasie ihre Probleme zu überwinden und sich Sachen einzubilden, die eigentlich gar nicht existieren. Diese Träume helfen ihnen, aber die Kraft der Fantasie kann auch zerstören.“



    Auszug aus der Grünen Katze“:









    In Rumänien werden nur wenige Stücke für Jugendliche geschrieben. Elise Wilk erhielt nach dem Stück Die grüne Katze“ ein positives Feedback. So ist sie auf die Idee gekommen, eine Trilogie zu schreiben. Das zweite Stück, Papierflugzeuge“ (Avioane de hârtie“), hat voriges Jahr den Nationalen Dramenwettbewerb gewonnen. Was die beiden Stücke gemeinsam haben, sei der Ort, wo sich die Handlung abspielt, eine kleine rumänische Provinzstadt, und die Situation der Kinder, die ohne Eltern aufwachsen, weil sie im Ausland arbeiten, sagt die Theaterautorin. Derzeit arbeitet Elise Wilk am dritten Teil der Trilogie. In dem Stück Papierflugzeuge“, setzt sich die Dramatikerin jedoch mit einem anderen Thema im Universum der Jugendlichen auseinander, das in Rumänien selten angesprochen wird: das Mobbing in der Schule.



    In Rumänien ist der Anteil der Inszenierungen nach ausländischen Autoren höher als jener der Inszenierungen einheimischer Autoren. Elise Wilk hat jedoch als junge Dramatikerin den Durchbruch in der rumänischen Theaterszene geschafft. Der Weg vom ersten Versuch bis zum ersten Erfolg sei weder kurz noch leicht gewesen, sagt die Theaterautorin. Elise Wilk:



    Ich schrieb Theater, aber ich war nicht so begeistert von dem, was ich geschrieben hatte. Dann habe ich die Ausschreibung eines Wettbewerbs von DramAcum gesehen, sie haben junge Talente gesucht, unter 26-Jährige, die Theater schreiben. Ich habe damals mein Stück »Es geschah an einem Donnerstag« (»S-a întâmplat într-o joi«), das aus Monologen bestand, die alle an einem Donnerstag passieren, hingeschickt. Ich war unter den Gewinnern, es gab auch eine Lesung in Bukarest und damals war es zum ersten Mal, dass professionelle Schauspieler mein Stück vorgetragen haben. Das Stück hätte man in Bukarest aufführen sollen, aber es geschah nicht mehr, weil die Regisseurin nach Amerika ausgewandert ist. Von Theaterhaus zu Theaterhaus ist es irgendwann an jemanden gekommen, der es auch inszeniert hat, aber erst nach zwei Jahren.“




    Mit dem ersten Erfolg, den Elise Wilk dem Theaterstück Die grüne Katze“ verdankt, kam auch die grö‎ßte Herausforderung: der Leistungsdruck. Mit der Angst, dass ihr nächstes Stück, die Komödie Zimmer 701“ (Camera 701“), den Geschmack des Publikums nicht treffen könnte, hat sich auch die Dramatikerin konfrontiert. Alle sieben Texte, die sie geschrieben hat, wurden mittlerweile inszeniert. Die grö‎ßte Freude, die einem Dramatiker die erfolgreichen Inszenierungen bringen, sei laut der rumänischen Theaterautorin die positive Resonanz beim Publikum, die sogar wichtiger als eine positive Rezension über das Theaterstück sei.



    Die 1981 geborene Theaterautorin hat mehrere Studiengänge abgeschlossen: Journalismus, Literatur und Kommunikation, szenisches Schreiben. Elise Wilk ist auch Journalistin bei der Allgemeinen Deutschen Zeitung“ in Kronstadt und Chefredakteurin der Wochenzeitung Karpatenrundschau“. Einer der zwei Berufe liegt ihr doch näher am Herzen:



    Ich habe gerade gestern darüber nachgedacht — das ist interessant: Ich schreibe, seitdem ich ein Kind bin, mein erster Versuch galt den Kurzgeschichten. Ich wollte Journalistin werden, weil ich dachte, ein Journalist ist eine Art Schriftsteller, aber vor der ganzen Erfahrung im Theater gefiel mir der Journalismus, glaube ich, mehr als jetzt. Jetzt denke ich, dass ich erstens Theaterautorin bin und dann Journalistin. Man kann nicht beides auf einmal mit derselben Freude machen, man kann nicht zwei Sachen auf einmal gleich viel lieben, aber ich liebe meine Jobs, weil sie starke Ähnlichkeiten aufweisen.“




    Am Jahresanfang feierte ihr Stück Sprengstoff“ (Exploziv“) in der Regie von Andrei Măjeri seine Premiere beim Nationaltheater Marin Sorescu“ im südrumänischen Craiova. Es handelt sich um eine moderne Inszenierung von Euripides Drama Die Bakchen“. Die Autorin mit Einzelheiten:



    Es war meine erste Erfahrung, einen Klassiker neu zu interpretieren, das ist eigentlich keine getreue Neuadaption von Euripides, ich habe nur einige Ideen und Figuren vom ursprünglichen Text beibehalten. Die Handlung ist ganz anders, also es ist nicht eine klassische Neuinterpretation. Es hat mir Spa‎ß gemacht und ich glaube, dass ich vielleicht später nochmals versuche, einen Klassiker neu zu adaptieren.“




    Der Regisseur Bobi Pricop wurde für seine moderne Inszenierung des Stückes Die grüne Katze“ beim Kinder- und Jugendtheater in Iaşi für die Preise des Rumänischen Theaterverbands UNITER nominiert. Zum ersten Mal in Rumänien wurde das Stück im System Silent Disco inszeniert. Die Zuschauer werden dabei eingeladen, die clubähnlich ausgestattete Bühne zu betreten und die Geschichte der sechs Gestalten live mitzuerleben, indem sie den Dialog über drahtlose Kopfhörer hören.



    Mit Märtyrer“ von Marius von Mayenburg hatte Elise Wilk vor ein paar Jahren angefangen, deutsche Dramaturgie aus dem Deutschen ins Rumänische zu übersetzen. Die Theaterautorin zählt zudem zu den zehn rumänischen Dramatiker/Innen, die ins internationale Programm Fabulamundi. Playwriting Europe“ 2015-2016 aufgenommen wurden.




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