Tag: Schule

  • Programme für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf

    Programme für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf

    Fast täglich landen in unserer Mailbox Angebote für die raffiniertesten Kurse für überdurchschnittlich begabte Kinder, bzw. für jene Kinder, deren Eltern hoffen, sie in die Kategorie der Überbegabten einzuordnen. Und das, weil Rumänien sich über mehrere Jahrzehnte hinweg stets mit den au‎ßerordentlichen Ergebnissen hochbegabter Schüler bei internationalen Wettbewerben gerühmt hat. Das war im Laufe der Zeit auch das stärkste Argument zugunsten des rumänischen Bildungssystems. Dass es dem System nicht ebenso gut gelang, gewöhnlichen Kindern zu Leistungen zu verhelfen, konnte man gerne übersehen.



    Und wenn es um die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf geht, erweist sich das Schulsystem des Landes als völlig unzulänglich. Die Vorjahres-Statistik der Generaldirektion für Sozialhilfe und Kinderschutz ist ernüchternd: Von den über 72.700 Kindern mit Behinderungen besuchen etwa 24.100 (also weniger als ein Drittel) den Regelunterricht. Auch wenn Rumänien seine Gesetzgebung im Bereich Kinderschutz und Personen mit Behinderungen an europäische Standards angepasst und sich verpflichtet hat, alle behindertengerechten Einrichtungen zu gewährleisten, erweist sich die Umsetzung als zu langwierig und mangelhaft.



    Es gibt allerdings auch eine gute Nachricht: mehrere Nichtregierungsorganisationen haben Programme für die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf geschaffen. Ein solches Bespiel stellt das Projekt Lasst uns unsere Schule neu entdecken“ dar, zu dem nach der dreijährigen Laufzeit jetzt Bilanz gezogen wird. Was sich das Projekt überhaupt vorgenommen und inwiefern es seine Ziele erreicht hat, erfahren wir von der Projektleiterin Daniela Vişoianu:



    Wir können zurzeit von 1860 Kindern berichten, die an unseren Ferienlagern teilgenommen haben, oder an Werkstätten, Sommerschulen, Sonntagsschulen. An all diesen Aktionen haben sie gemeinsam mit ihren Eltern teilgenommen. Die Absicht des Projekts war es, den Kindern mit Sonderbedürfnissen zu zeigen, dass sie etwas mit ihrer eigenen Intelligenz, mit ihren Händen tun können, und au‎ßerdem diese Kinder vor ihren Eltern in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Wir sind sehr stolz darauf, gegen Ende des Projekts behaupten zu können, dass die Eltern das eingesehen haben.“



    Und weil unser Bildungssystem die Inklusion und das lebenslange Lernen bei allen Kindern und Jugendlichen, unabhängig ihrer Herkunft, fördern sollte, wurden im Rahmen des Projekts auch Möglichkeiten zur sozialen Integration von Kindern mit Behinderungen identifiziert. Das Projekt Lasst uns unsere Schule neu entdecken“ hat Experten aus dem Ausland eingeladen, die mit den Kindern und ihren Eltern zusammengearbeitet haben, Treffen mit Experten der Sonderpädagogik organisiert und die gesammelten Informationen in einem gedruckten Band veröffentlicht. Projektleiterin Daniela Vişoianu wei‎ß mehr:



    Im letzten Jahr haben wir auch ein Lehrbuch für die alternative Erziehung herausgebracht, in dem die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf tiefgründig thematisiert werden. Darin stellen wir bestimmte Arten von Aktivitäten oder Übungen vor, die man mit diesen Kindern unternehmen kann, und das nicht entsprechend dem offiziellen Lehrplan. Es sind aber Methoden, die in jedem schulischen Umfeld aufgenommen werden können, um die Beziehung zwischen den Sonderpädagogen und den Kindern mit Behinderungen zu verbessern. Oder aber um eine Grundlage für die Eltern der Kinder zu schaffen, die zu Hause andere Dinge als die im Lehrplan festgelegten Übungen machen wollen. Das Handbuch enthält zudem Präsentationen der in Rumänien anerkannten Formen von Sonderpädagogik. Es sind Meinungen von bewährten Experten vertreten, die in den Zentren in Simeria oder Corabia arbeiten, wo mit den am schwersten betroffenen Kindern, mit den schwersten Diagnosen, gearbeitet wird. Sie sprechen über ihre Erfahrung oder über den Mehrwert einer alternativen Pädagogik, falls es zu einem Austausch mit den Kindern mit Sonderbedürfnissen kommt. Wir sprechen von den sechs von dem rumänischen Bildungsministerium anerkannten Formen der Sonderpädagogik, die in den Schulen anzutreffen sind. Die bekannteste davon hei‎ßt Step by Step. Sie wird auch in dem Handbuch vorgestellt, die Experten waren auch bei unseren Veranstaltungen präsent. Hinzu kommen die Waldorfpädagogik, die Heilpädagogik, der Jena-Plan oder Montessori.“



    Die Ausbildung von Lehrkräften und Spezialisten aus dem Bildungssystem mit Blick auf die Inklusion — das ist eines der weiteren erreichten Ziele des Projekts: 400 Experten, die von der Nationalen Akkreditierungsstelle anerkannt sind, dürfen die erlernten Arbeitsmethoden im Umgang mit Kindern mit Sonderbedürfnissen anwenden. Und für die Zukunft ist die Einweihung eines sensory rooms“ in Bukarest geplant, das Therapeuten und Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf zur Verfügung gestellt werden soll, wie Daniela Vişoianu berichtet:



    Wenn alles nach Plan verläuft, könnten wir im April in Bukarest einen ‚sensory room‘ einweihen. Der ‚sensory room‘ ist ein Sonderraum, der für die Therapie von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf empfohlen wird, in dem es z.B. sehr weiche Möbelstücke gibt oder in dem Lautsprecher oder andere geräuscherzeugende und vibrierende Objekten eingebaut sind, die von den Kindern so wahrgenommen werden. Dann gibt es noch Tafeln mit eingebauten Lichtern, so dass man im Schatten oder Halbschatten mit Kindern mit Sehbehinderungen arbeiten kann. All diese Stimuli in dem Raum helfen dem Kind, noch stärker in die Arbeit mit dem Therapeuten einbezogen zu werden.“



    Und schlie‎ßlich kann man behaupten: Jede Initiative dieser Art ist willkommen, denn sie bringt die Integration der Kinder mit Behinderungen ein Stück nach vorne.



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  • PISA-Test: 40% der rumänischen Schüler leistungsschwach

    Ende letzten Jahres hatte die rumänische Gesellschaft die Gelegenheit, aufgrund der PISA-Studien den Kenntnisstand der rumänischen Schüler mit dem der Schüler aus weiteren 64 Staaten aus der ganzen Welt zu vergleichen.



    Die PISA-Studien sind Schulleistungsuntersuchungen, die seit 2000 alle drei Jahre durchgeführt werden. Sie haben als Ziel, die Kenntnisse und Fähigkeiten 15-Jähriger in Schüsselbereichen — Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften — zu messen. 2012 nahmen alle 34 Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und weitere 31 Partnerstaaten an den PISA-Studien teil. Diese Staaten machen über 80% der gesamten Weltwirtschaft aus.



    Für die rumänischen Behörden und Bürger waren die Ergebnisse nicht erfreulich. 40% der Schüler wurden als schwach eingestuft und nur 3,2% als leistungsfähig. Rumänien nahm den 45. Platz in der Rangliste der teilnehmenden 65 Staaten ein. Bildungsminister Remus Pricopie äu‎ßerte sich zu diesem Thema:



    Wenn Sie eine einfache Antwort hören möchten, sage ich Ihnen, dass die Ergebnisse schwach sind. Wenn sie eine ausführliche Antwort möchten, sage ich Ihnen, dass wir weiter unter dem EU-Durchschnitt liegen. Eine gro‎ße Zahl von Kindern ist nach 8 Schuljahren nicht im Stande, einen durchschnittlichen Kenntnisstand in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen zu erreichen. Um aber objektiv zu bleiben, müssen wir zugeben, dass es einen kleinen Fortschritt gibt: Gegenüber der letzten PISA-Studie von 2009 hat Rumänien 4 Punkte mehr in der Rangliste erzielt. Und das ist ein erfreuliches Zeichen.“




    Um diese schwachen Ergebnisse zu erklären, geht der rumänische Bildungsminister auf die Art und Weise ein, in der die Schüler im rumänischen Bildungssystem auf die unterrichteten Kenntnisse geprüft werden. Bildungsminister Remus Pricopie:



    Es gibt zwei mögliche Erklärungen. Erstens wird in der Schule nicht das Nötige unterrichtet. Die zweite Erklärung betrifft die Prüfungs-Methodologie. Es ist sehr einfach, die Schuld auf die Methodologie zu schieben, während eigentlich in der Schule nicht das Nötige unterrichtet wird. Wir prüfen den Stand der erworbenen Kenntnisse und wenn wir das tun, dann nur oberflächlich. Es gibt Schulen, in denen ein Schüler die Note 9 bekommt, in Wirklichkeit entspricht aber sein Kenntnistand einer 6 (in einem Notensystem von 1 bis 10). Durch die im Notenheft eingetragenen Zensuren teilen wir den Eltern mit, dass die Kinder gute Ergebnisse haben. Bei der Prüfung merken wir dann, dass das nicht der Wahrheit entspricht. Deshalb werden wir beginnend mit diesem Jahr einige Bestimmungen, die schon im Bildungsgesetz verankert waren, befolgen. Dadurch werden Auswertungen in der 2., der 4. und der 6. Klasse eingeführt, um ein Bild zu haben und rechtzeitig zu erfahren, ob in einer Klasse die Entwicklung gut oder schlecht ist. Man kann so rechtzeitig eingreifen und korrigieren.“




    Zukünftig möchte man die Tests in Rumänien nach den PISA-Studien gestalten. Sie sollten folglich fachübergreifend sein. Daran sind die rumänischen Schüler nicht gewohnt. Der Lehrplan soll ebenfalls geändert werden. Daran arbeitet man schon. Der Lehrplan gilt auch als Teil des Problems. Ciprian Ciucu, Bildungsexperte beim Rumänischen Zentrum für Europa-Politiken, erläutert:



    Unser Lehrplan ist nicht zeitgemä‎ß. Er ist veraltet, auch wenn europäische Fonds für seine Abänderung ausgegeben wurden. Die Wissenschaft macht in allen Bereichen Fortschritte. Normalerweise sollte eine Lehrplansänderung alle zwei Generationen, also alle etwa acht Jahre stattfinden. Die letzte Änderung, die aber nicht den Inhalt betraf, sondern die Ziele, fand Ende der 1990er Jahre, Anfang der 2000er statt. Die Änderung war damals partiell, man sprach von einer nachfolgenden tiefgreifenderen Änderung. Uns das geschah nicht.“




    Ein anderer wichtiger Aspekt, der von den PISA-Studien hervorgehoben wurde, betrifft die Motivation. Das Motivations-Niveau der rumänischen Schüler ist das niedrigste unter den im Rahmen der Studie getesteten Ländern. Es liegt auf der Hand, dass die Erklärungen für dieses Motivations-Problem der Schüler nicht au‎ßerhalb des Bildungssystem gesucht werden müssen. Bildungsminister Remus Pricopie:



    Die Motivation entspringt nicht nur dem Unterricht in der Schulklasse, sondern aus allen täglichen Tätigkeiten. Es gibt viele Kinder, die aufs Lernen verzichten, weil sie den Sinn der Schule nicht erkennen. Betreffend die Lehrer es ist wahr, es gibt einen Zusammenhang zwischen Leistung im Bildungswesen und — ich würde nicht gerade Entlohnung sagen — aber Respekt-Niveau gegenüber den Lehrkräften, und dieses Niveau schlie‎ßt auch die Entlohnung ein. Es reicht nicht, einen motivierenden Lohn zu haben, es muss auch eine bestimmte Atmosphäre in der Schule herrschen.“




    Ciprian Ciucu meint, das Fehlen der Motivation unter Schülern würde die mangelhafte Motivation der Lehrer widerspiegeln.



    Das Bildungswesen ist eng an die Motivation gebunden. Bei den Kindern kommt die Motivation von au‎ßen. Sein Interesse muss vom Lehrer stimuliert werden. Andererseits sind die Lehrer demotiviert. Der Status des Lehrers ist nicht mehr das, was es mal war. Es ist nichts Besonderes, Lehrer zu sein. Die Auswahl der Lehrkräfte ist mangelhaft. Die besten Absolventen arbeiten nicht im Bildungswesen. Sie wandern aus oder arbeiten in anderen Bereichen des öffentlichen oder privaten Sektors. Die Rekrutierungsmöglichkeiten im Bildungswesen sind folglich eng. Das ist nicht nur für Rumänien typisch, sondern auch für andere europäische Staaten.“




    Sowohl die Regierung als auch die Zivilgesellschaft sehen ein, dass tiefgreifende Änderungen durchgeführt werden müssen. Diese sollten das System grundsätzlich ändern. Das Lehren und das Lernen sollten wieder ihr früheres Prestige und ihren Sinn wiedererlangen.



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  • Alternative Schulsysteme in Rumänien

    Alternative Schulsysteme in Rumänien

    In Rumänien konfrontierte sich das traditionelle Bildungssystem in den letzten Jahren mit einer System-Störung: In den letzten beiden Jahren haben wenig über 50% der Schüler die Abitur-Prüfung bestanden. In diesem Kontext könnten die Bildungs-Alternativen interessanter scheinen.



    Der Verband C4C hat im Jahr 2011 das Projekt Entdecken wir die Schule wieder“ eingeleitet. Ein Etappe des Projekts stellte das Treffen in diesem Herbst der Vertreter der Bildungs-Alternativen dar, die vom rumänischen Bildungsministerium genehmigt sind. Ziel des Treffens war es, Verbesserungs-Möglichkeiten der Bildung normaler Kinder und von Kindern mit Defiziten zu erkennen.



    Daniela Vişoianu ist Managerin des Projekts Entdecken wir die Schule wieder“. Von ihr haben wir erfahren, was dieses Projekt bezweckt:



    Im Rahmen des Projekts »Entdecken wir die Schule wieder« wollten wir unbedingt mit dem Paar Eltern-Kind arbeiten. Eltern, die ein behindertes Kind haben, leiden täglich und pausenlos unter gro‎ßem Stress, und darunter hat auch das Kind zu leiden. Ein Kind mit einer körperlichen Behinderung kann in der Beziehung mit den Eltern, von denen er abhängt, auch eine affektive Störung entwickeln, weil die Eltern dem Kind täglich vorhalten, dass sie zum Beispiel auf den Arbeitsplatz oder auf andere Sachen verzichten mussten. Wir haben versucht, diesen Mechanismus zu durchbrechen.“



    Die Bildungs-Alternativen, die vom rumänischen Bildungsministerium eine Zulassung erhalten haben, sind Jena, Freinet, Montessori, Step by Step und Waldorf.



    Der Jena-Plan wünscht sich eine freie Schule, in der die Wunschbilder der Erwachsenen nicht existieren, in der die Kinder kreativ sind und Entscheidungen treffen können. Monica Cuciureanu, Vorsitzende des Verbandes Jena-Plan, erläutert:



    Die Alternative Jena-Plan ist bei uns sehr wenig bekannt. Im Moment funktioniert die Alternative nur in der Provinz, insbesondere in ruralen Regionen. Diese Alternative erschien infolge eines sehr interessanten Experiments. Die Schule hält nicht mehr Schritt mit der Gesellschaft. Eine Schule, die als eine komplexe Bildung konzipiert wurde, die auf natürliches Lernen beruht. Spezifisch dieser Bildungs-Alternative ist, dass die Gruppen aus Kindern unterschiedlichen Alters gebildet sind. Die Annahme ist, dass ein Kind genauso viel von einem anderen Kind als von einem Erwachsenen lernen kann. Die Altersunterschiede sind auf drei Jahre begrenzt. Die Gespräche, das Spiel, die Arbeit und die Feier. Das traditionelle Programm wird durch einen Tätigkeits-Plan ersetzt, in dem diese vier Basis-Tätigkeiten alternieren. Der Lehrplan ist der traditionelle, die Umwelt spielt aber eine grö‎ßere Rolle.“



    Eines der bekanntesten alternativen Bildungs-Systeme in Rumänien, das seit 20 Jahren präsent ist, ist Step by step. Was diese Alternative anbietet, sagt uns Elena Mihai, Programm-Leiterin Step by step.



    Warum Step by step so erfolgreich ist? Weil es den nationalen Lehrplan verfolgt, der lokalen Kultur angepasst ist und die besten Praktiken im Bereich der Vorschulerziehung integriert. Das Modell von Step by step basierte auf die Einbindung der Eltern, anders als das bislang erfolgte. Wir wollen Bürger erziehen, die die Gesellschaft weiter bringen, die persönliche Initiative und Selbstvertrauen haben. Wir verfügen über ein sehr starkes berufliches Netzwerk, über Bildungszentren und organisieren periodisch Treffen mit den Lehrkräften aus dem Netzwerk. Wir sind in 40 Landkreisen tätig, haben 280 Kindergärten mit 690 Gruppen und arbeiten mit mehr als 15.000 Kindern.“



    Mariana Bândea ist Vorsitzende des rumänsichen Verbandes für eine moderne Gesellschaft und hat bei dem Treffen die Bildungs-Alternative Celestin Freinet“ vertreten. Über diese erzählte sie:



    Wir können nur von wenigen Freinet-Schulen sprechen, es ist aber ein System, das von vielen Lehrern angewendet wird. Im Schulnetz sind die Freinet-Klassen spät erschienen. Wir beschäftigen uns mit lehrplanunabhängigen Tätigkeiten, es gibt Sommer-Schulen, wie die in Reghin, sowie auch den Kalender der lehrplanunabhängigen Tätigkeiten, der vom Bildungsministerium genehmigt wurde. Wir haben ein Projekt namens »Freinet-Universum« eingeleitet. Dieses beginnt am Schulanfang und endet mit der Sommerschule.“



    Über die Montessori-Methode erzählte Dana Crainic, Montessori-Lehrerin in Timişoara/Temesvar:



    Der Pädagoge ist wie ein Ober, der die Kinder bei Bedarf bedient. Die Montessori-Klase umschlie‎ßt fünf Bereiche: Sprache, Sinnesentwicklung, Mathematik, Natur und Kultur. Die Materialien sind geordnet, das Kind wird aufgefordert, das, was er möchte, auszusuchen. Der Pädagoge stellt das Material dann in wenigen Worten dar. Was uns von anderen unterscheidet, ist, dass unsere Gruppen gemischt sind, sie umschlie‎ßen Kinder zwischen 3 und 6. Die kleinen Kinder lernen von den gro‎ßen und die gro‎ßen lernen, den kleinen Kindern zu helfen. Unser Motto lautet ‚Hilf mir, es alleine zu schaffen!‘“



    Seit 23 jahren bietet auch Waldorf eine Bildungs-Alternative an. Zenovia Ungureanu, Lehrerin beim Waldorf-Gymnasium in Bukarest:



    Die Waldorf-Bildung beginnt mit dem Kindergarten und endet in Rumänien am Ende der 12. Klasse. Es gibt viele Waldorf-Gruppen auch bei staatlichen Kindergärten. Waldorf-Gymnasien gibt es jeweils eines in Bukarest, Cluj, Timişoara und Iaşi. Die Absolventen der 8. Klasse bevorzugen ein Waldorf-Gymnasium, manche besuchen aber andere Gymnasien, weil wir nur philologische Ausbildung anbieten.“



    Auch wenn es sich um eine Minderheit handelt, gewinnen die Bildungs-Alternativen immer mehr Anhänger. Diese bieten eine andere Perspektive und eine andere Bildungsmethode für Kinder an.



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  • Rumänische Gymnasien auf dem Prüfstand

    Rumänische Gymnasien auf dem Prüfstand

    Der rumänische Gymnasialunterricht wurde in den letzten 20 Jahren zahlreichen Umwandlungen ausgesetzt. Deren Effektivität jedoch wird immer öfter im Hinblick auf die schwachen Ergebnisse der letzen Abiturprüfung bezweifelt. Dabei lag in vielen Landkreisen die Bestehungsquote unter 50% und damit niedriger im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Somit widerspiegelt die besagte Prüfung die ungenügende Reife der Schüler, aber auch des Bildungssystems allgemein.



    In Rumänien gibt es unter 1% Privatschulen. Die ältesten davon bestehen seit 1995, also kann man nicht von einem echten Wettweberb für die staatlichen Lehranstalten sprechen. Im staatlichen Bildungssystem herrschen sowohl Ausstattungsprobleme, d.h. unausreichende Unterrichtssäle, schlecht ausgestattete oder sanierungsbedürftige Schulen, insbesondere auf dem Land, aber auch Personalprobleme — die schlechte Vergütung der Lehrer lässt viele Stellen im System unbelegt oder führt zur Auswahl schwach ausgebildeter Lehrer.



    Einer schematischen Prüfung nach erfüllt das rumänische Gymnasium dennoch die Anforderungen der Schüler, wenn es um das Bildungsangebot geht: Kommunikation in der Muttersprache, auch wenn es sich um eine Minderheitensprache handelt, sowie die Aneignung von Kompetenzen, die für die soziale Eingliederung notwendig sind, wie z.B. EDV-Kenntnise sind gewähtleistet.



    Den Ergebnissen der PISA-Studien zufolge schneidet Rumänien auf internationaler Ebene immer schlechter ab. Die PISA-Tests wurden 1997 von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zwecks einer Vergleichsbewertung des Kompetenzstandes der Schüler im Alter von 15 Jahren aus mehreren Ländern eingeführt. Trotz unterschiedlicher Einwände werfen die PISA-Prüfungen die Frage der Qualität im Bildungswesen erneut auf.



    In der Audiodatei kommt der rumänische Bildundgsminister Remus Pricopie zu Wort. Au‎ßerdem erläutert Solomon Marcus, Mathematiker und Akademiemitglied, ein Kenner des Systems seit Jahrzehnten, die Schwachpunkte des rumänischen Bildungswesens.



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  • Bildungswesen: 145.000 rumänische Schüler gehen ab Herbst in Gymnasien oder Berufsschulen

    Bildungswesen: 145.000 rumänische Schüler gehen ab Herbst in Gymnasien oder Berufsschulen

    Rund 145 Tausend Hauptschulabsolventen haben erfahren, wie die nächste Etappe ihres Weges durch das rumänische Bildungssystem aussehen wird, nachdem das Ressortministerium die erste Phase des automatischen Verteilungsverfahrens abgeschlossen hat. Die vom besagten Ministerium veröffentlichten Daten weisen darauf hin, dass rund 52% der Schüler ihren Weg in Gymnasien fortsetzen möchten. Die anderen möchten auf die Berufschule gehen. Dies kommt, nachdem dem rumänischen Bildungswesen vorgeworfen wurde, sogenannte Theoretiker“ am laufenden Band zu produzieren, und dass die sogenannten Berufschulen nicht in normalen Paramtern funktionieren würden, so wie es einst, zur Kommunistenzeit war.



    Die Rangliste der besten 10 Gymnasien, die die höchsten Durchschnittsnoten bei der Aufnahmeprüfung aufwiesen, wird offensichtlich von Bukarest dominiert. Die Hauptstadt ist hier mit 5 Gymnasien vertreten, gefolgt vom südostrumänischen Constanţa mit zwei Gymnasien, dem mitterumänischen Braşov (Kronstadt), dem südlichen Craiova und dem nordwestlichen Cluj (Klausenburg) mit jeweils einem Gymnasium. Die rund 500 Schüler, die nach Abschätzungen des Ministeriums drau‎ßen geblieben sind, haben die Möglichkeit, sich für die zweite Verteilungssitzung zu bewerben. Die Bewerbungen erfolgen zwischen dem 17. und dem 22. Juli und das tatsächliche Verfahren wird am 25. Juli stattfinden.



    Für das Ministerium ist der Sommer zweifelsohne die heikelste Zeit des Jahres. Besonders weil die beiden Abitursitzungen, die in den letzen Jahren zum Mühlstein in Sachen Organisation geworden sind, in diesem Zeitintervall stattfinden. Bei der ersten Abitursitzung 2013 kontrastierten die guten Ergebnisse, die durch die Abiturientenquote von 55% widerspiegelt wurden, verglichen mit 43% in der ersten Sitzung 2012, stark mit den Skandalen um die Prüfung herum, die brisanter als je zuvor waren. Somit sind die Entlassungen und die Handgreiflichkeiten zwischen Eltern und Polizisten infolge des Einsatzes der Staatsanwälte an den Gymnasien und der Einbeziehung der Geheimdienste sehr aussagend dafür, wieviel Anlass für Launeneinfälle die sogenannte Reifeprüfung dem Ministerium gibt. Dabei zeigen die Vorfälle, dass scharfe Überwachungsma‎ßnahmen die Betrugsversuche der Schüler und Lehrer zugleich nicht entmutigen.



    Aus diesem Grund blieb die Tatsache, dass die Gymnasiumabsolventen scheinbar verstanden haben, dass das Abitur keine Formalie mehr ist, fast unbemerkt. 55% ist eine akzeptable Abiturientenquote, vor dem Hintergrund, dass die schwachen Ergebnisse der vorigen Sitzungen den Eindruck hinterlassen hatten, dass sie der Beginn einer unerwünschten und für ein Bildungswesen mit europäischen Ansprüchen unwürdigen Tradition seien.