Tag: Jugendliche

  • Horror-Statistik: Der Drogenkonsum in Rumänien

    Horror-Statistik: Der Drogenkonsum in Rumänien

    Der 31. Mai ist zum Nationalen Tag zur Sensibilisierung für Drogenkonsum erklärt worden. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde kürzlich von der Abgeordnetenkammer in Bukarest, dem legislativen Entscheidungsgremium des Landes, verabschiedet. Laut Brian Cristian, Abgeordneter der pro-europäischen Oppositionspartei Union Rettet Rumänien (USR), reicht ein symbolischer Aktionstag zur Aufklärung nicht aus, um das Drogenproblem der Gesellschaft zu lösen.

    Einer von zehn jungen Menschen in Rumänien und ein Viertel der Gymnasiasten aus der Oberstufe haben mindestens einmal Drogen konsumiert. Das seien die offiziellen Zahlen, die von Behörden und Medienvertretern öffentlich genannt werden, erklärt der Abgeordnete. Dies offenbare die jahrzehntelange verfehlte Drogenpolitik und die Unfähigkeit des rumänischen Staates im Kampf gegen die großen Drogenhändler, so Cristian. Seiner Ansicht nach würden „junge Menschen wie Kriminelle behandelt, während die großen Drogenhändler ungeschoren davonkommen“.

    „Ohne Prävention, ohne Beratungsprogramme und ohne ausreichende finanzielle Unterstützung für den Sport – der jungen Menschen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bietet – wird Rumänien den Kampf gegen Drogen weiterhin verlieren“, fügt der Abgeordnete hinzu.

    Die Realität vor Ort ist in der Tat erschreckend. Kinder im Alter von nur zwölf Jahren haben bereits Drogen konsumiert, die sie von vierzehnjährigen Dealern erhalten haben – oft ohne sich der verheerenden Folgen bewusst zu sein, die diese Substanzen in ihren Gehirnen hinterlassen. Der Arzt für Notfallmedizin und Toxikologie, Radu Țincu, erklärte auf einer Fachkonferenz, dass sich die meisten jungen Menschen der gravierenden Auswirkungen des Drogenkonsums nicht bewusst sind.

     „Der Konsum psychoaktiver Substanzen in einem so jungen Alter, in dem die Entwicklung des Zentralnervensystems noch nicht abgeschlossen ist, kann zu schwerwiegenden neurokognitiven Störungen führen. Dazu zählen Verhaltens-, Denk- und Aufmerksamkeitsstörungen, von denen einige möglicherweise irreparabel sind. Zudem erhöht Drogenkonsum in der Jugend das Risiko, im Erwachsenenalter psychische Erkrankungen zu entwickeln – ein Umstand, der aus sozialer Perspektive drängende Fragen aufwirft: Wie sieht eine Gesellschaft aus, in der viele junge Menschen mit psychischen Störungen oder Verhaltensauffälligkeiten leben?

    Im Falle von Überdosierungen und notwendiger intensiver Betreuung können die Kosten pro Patient bis zu 20.000 bis 30.000 Euro betragen. Während der anschließenden Entgiftungsphase in einem psychiatrischen Zentrum können zusätzlich bis zu 10.000 Euro anfallen.

    Eines der im Jahr 2024 in Rumänien durchgeführten Anti-Drogen-Programme war „Entscheide dich zu entscheiden – Eine Kunstkaravanne für die Prävention des Konsums“. Das Projekt wurde von der Nichtregierungsorganisation „E Ceva Bine“ umgesetzt und durch das Innenministerium über die Nationale Anti-Drogen-Agentur finanziert. In neun Städten im Nordosten Rumäniens, in den Landkreisen Botoșani, Neamț und Vaslui, zielte das Programm darauf ab, junge Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren sowie ihre Eltern für die Risiken des Drogenkonsums zu sensibilisieren und aufzuklären.

    Das Projekt soll das Selbstvertrauen und die Widerstandsfähigkeit drogengefährdeter Kinder, Jugendlicher und ihrer Eltern stärken. Freizeitaktivitäten dienten dabei als Alternative zum Drogenkonsum. Das Motto lautete: „Wahl und Ausdruck durch Kunst und weitere nichtformale Bildung“. Insgesamt profitierten 8.000 junge Menschen von diesem Programm.

    Wie sollte man vorgehen, wenn ein Jugendlicher oder ein Kind erste Anzeichen von Drogenproblemen zeigt? Iulian Văcărean, Präsident des Vereins „E Ceva Bine“, gibt eine Antwort.

    Ich glaube, das Wichtigste ist, mit den Menschen zu sprechen, die einem nahestehen. Eltern, Lehrer und diejenigen, für die du wirklich wichtig bist, werden dir immer helfen, den besten Weg für dich zu finden.

    Die Experten reisten auch in den Landkreis Suceava im Norden Rumäniens, wo sie mit Schülern, Eltern und Lehrern in der Gemeinde Fălticeni sprachen. Darüber berichtete der Anti-Drogen-Experte Cătălin Țone, ein ständiger Mitarbeiter des öffentlichen Rundfunks auf diesem Gebiet.

    Radio Romania Actualități setzt gemeinsam mit Partnern eine vor etwa zwei Jahren gestartete Antidrogenkampagne fort. Wir reisen durch das Land und organisieren präventive Aktivitäten für Schulkinder, Eltern und Lehrer. Diese Aktivitäten sind interaktiv, belohnen die Teilnehmer mit kleinen Preisen und fördern den offenen Dialog. Wir sind überzeugt, dass präventive Inhalte auf diese Weise besser vermittelt werden können. Unser Ziel ist es, Barrieren klassischer Präventionsmethoden abzubauen, die oft nicht den gewünschten Effekt erzielen. Wir beobachten bereits konzeptionelle Veränderungen: Die Verantwortlichen für Prävention, Kontrolle und Behandlung haben begonnen, miteinander zu kommunizieren und aktiv zu diskutieren.

    Wir bringen gute Nachrichten bezüglich des Gesetzespakets, insbesondere in den Bereichen Drogenbekämpfung, Erhöhung der Strafen, Registrierung von Drogenhändlern und Abschaffung von Bewährungsstrafen. Eine weitere positive Nachricht ist, dass vor vier Monaten ein Gesetz zur Einrichtung von acht Zentren für die Behandlung von Drogenabhängigkeit verabschiedet wurde. Zudem wird viel über die Reorganisation der Nationalen Drogenbekämpfungsbehörde diskutiert, was ich sehr begrüße, da sie die nationale Strategie in diesem Bereich verantwortet und sich den neuen Anforderungen anpassen muss.

  • Revolution von 1989: Wie nimmt die junge Generation die historischen Ereignisse wahr?

    Revolution von 1989: Wie nimmt die junge Generation die historischen Ereignisse wahr?

     

     

    Seit 1989 gedenken die Menschen in Rumänien im Dezember der antikommunistischen Revolution. Fast ein halbes Jahrhundert hatte ihnen das kommunistische Regime ihrer Rechte und Freiheiten und sogar ihrer menschlichen Würde beraubt. Im Unterschied zu anderen Ostblockstaaten wurde die Rückkehr zur Demokratie und zur Normalität im Dezember 1989 außerdem durch Blutvergießen erreicht.

    35 Jahre später lässt die emotionale Aufladung des Gedenkens nach, und die zeitliche Entfernung trägt zu einer zunehmend distanzierten Berichterstattung über die damaligen Ereignisse bei. Die neuen Generationen blicken auf den Dezember 1989 zwar mit der Neugierde für Ereignisse, die sich nicht hautnah erlebt haben. Doch besorgniserregend ist die Tatsache, dass viele junge Menschen heute nicht begreifen, was das totalitäre politische Regime für das Land und das Leben ihrer Eltern und Großeltern bedeutete.

     

    Die Historikerin und Schriftstellerin Alina Pavelescu entstammt der Generation, die die Revolution von 1989 erlebt und an ihr mitgewirkt hat. Sie hat ein Buch veröffentlicht, mit dem sie den Jugendlichen von heute vermitteln will, wie das Leben der Jugendlichen von damals war und wie es zur Revolution kam. Das Buch trägt den Titel „Die Revolution von 1989 – ein Nacherzählung für jene, die sie nicht erlebt haben“, und wir haben die Autorin gefragt, ob es eine Botschaft des Jahres 1989 für die Nachwelt gibt und ob es ihrer Generation gelungen ist, sie zu entziffern.

    Natürlich hätten wir das Vermächtnis des Jahres 1989 weitertragen müssen, um uns selbst zu finden und zu verstehen, was in den letzten 35 Jahren mit uns geschehen ist. Das ist uns bisher nicht gelungen, und wir können nur hoffen, dass wir von nun an weiser werden. Ich kann nur ein persönliches Zeugnis ablegen, und das ist die Bekundung eines Zeitzeugen, der auch 35 Jahre später noch eine große emotionale Belastung im Zusammenhang mit der Revolution verspürt. Dieser emotionale Ballast hindert uns daran, die Dinge klar zu sehen. Aber zumindest können wir unsere Geschichten so ehrlich erzählen, dass Menschen, die jünger sind als wir, heute begreifen, wie die Revolution von 1989 auch ihr Leben verändert hat. Und ich meine, dass sie ihr Leben zum Besseren verändert hat. Wenn meine Generation den Sinn der Ereignisse von 1989 nicht eruieren kann, schafft es vielleicht die junge Generation von heute, die Bedeutung dieser historischen Veränderung für ihr Leben zu begreifen.“

     

    Alina Pavelescu hatte das Gefühl, dass sie der heutigen und der kommenden Generation etwas über 1989 zu sagen hat. Ein Buch sei der geeignetste Weg gewesen, dies zu tun.

    Ich habe mir vor allem vorgenommen, junge Menschen zum kritischen Denken anzuregen. Mir ist klar, dass sie mit verschiedenen Geschichten und verschiedenen Versionen konfrontiert sind und sich wahrscheinlich fragen, wo die Wahrheit bei all den unterschiedlichen Darstellungen liegt. Deshalb habe ich im Buch zunächst alle Theorien und Hypothesen, die ich in den Diskursen über die Revolution identifiziert habe, mit ihren Pro- und Contra-Argumenten Revue passieren lassen. Aber ich gebe zu, dass ich es mir nicht verkneifen konnte, den Lesern im Nachwort zu dieser Abhandlung ausdrücklich zu sagen, dass die Revolution von 1989 tatsächlich eine solche war, weil sie unser aller Leben radikal verändert hat. Wir verdanken ihr die Freiheit der letzten 35 Jahre, auch wenn wir damals nicht wirklich wussten, was wir mit dieser Freiheit anfangen sollten, und wir stets das Gefühl hatten, dass sie uns jemand vor der Nase wegschnappt. Heute haben wir diese Freiheit immer noch, und das verdanken wir der Revolution von 1989 und den Menschen, die sich damals auf der Straße vor die Gewehrläufe gestellt und ihr Leben geopfert haben.“

     

    Doch wie ist Alina Pavelescu beim Schreiben ihres Buchs vorgegangen? War ihre Herangehensweise eher die einer Historikerin oder die subjektive Wahrnehmung der Schriftstellerin?

    Ein Historiker sollte eine kohärente und soweit wie möglich wahre Geschichte liefern, so nah wie möglich an der Schnittmenge der Wahrheit unterschiedlicher Ereignisse. Er muss nicht notwendigerweise Lektionen erteilen oder Interpretationen liefern, die über das persönlich Erlebte hinausgehen, auf das wir alle ein Recht haben. Aber ich fürchte, dass in Osteuropa und besonders in Rumänien, wo die Geschichte viel zu oft das Terrain politischer Kämpfe ist, die Historiker es nie wirklich schaffen werden, im Elfenbeinturm der abstrakten Geschichtsschreibung zu bleiben. Folglich denke ich, das Ehrlichste, was wir tun können, ist, zu versuchen, das Beste aus unserer Perspektive und aus der Perspektive des historischen Kontextes zu liefern. Ich glaube nicht, dass wir uns im Elfenbeinturm einschließen sollten, und ich glaube auch nicht, dass der Elfenbeinturm eine realistische Option ist. Gleichzeitig sollten wir aber auch nicht zulassen, dass Politiker unser Studienfach, nämlich die Geschichte, als Schlachtfeld für ihre ideologischen Grabenkämpfe missbrauchen.“

  • Publikationsprojekt mit Jugendlichen: Teenies sind sehr mitteilungsbedürftig

    Publikationsprojekt mit Jugendlichen: Teenies sind sehr mitteilungsbedürftig

     

     

    Doch ist dem auch so? Die Schriftstellerin Iulia Iordan nahm sich vor, im Rahmen eines von einer NGO und dem Seneca-Verlag initiierten Bildungsprojekts herauszufinden, wie die Jugendlichen von heute ticken. Ausgangspunkt war die berühmte Schrift „Briefe an Lucilius“ des römischen Dichters und Philosophen Seneca. Im Buch erteilt Seneca einem gewissen Lucilius Ratschläge, sein Leben im Sinne der stoischen Philosophie sinnvoll zu gestalten. Im Projekt des Seneca-Verlags wurden Jugendliche ermutigt, ihre Gedanken niederzuschreiben. Projektkoordinatorin Cristina Pârvu mit Einzelheiten:

    Am Anfang stand der Wunsch, Senecas Lehren in praktische Ratschläge für die Jugend von heute umzuwandeln, sozusagen einen Ratgeber für den Alltag zu erarbeiten. Wir arbeiteten dabei mit der Schriftstellerin Iulia Iordan und der Illustratorin Oana Ispir zusammen. Es handelt sich um einen Briefaustausch zwischen der Schriftstellerin Iulia Iordan und 18 Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren. Die Jugendlichen schickten Iulia Iordan Briefe über ihre Sorgen, Ängste, Glücksmomente und existenziellen Fragen. Auf der Grundlage ihrer Briefe schrieb Iulia Iordan ihrerseits Antworten, die von den Lehren Senecas und den Briefen an seinen jüngeren Freund Lucilius inspiriert sind.“

     

    Philosophie als Taschenbuch“ bezeichnete der Seneca-Verlag das Projekt mit redaktioneller Beteiligung von Jugendlichen, doch die Texte, die anschließend in einem Sammelband mit dem Titel „Bleib bei dir“ veröffentlicht werden sollen, will die Autorin Iulia Iordan in Form von Gedichten verarbeiten. Bei den 18 teilnehmenden Jugendlichen handelt es sich um junge Menschen, mit denen die Autorin in anderen Bildungsprojekten zusammengearbeitet hat und die das Bedürfnis haben, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Denn die Jugendlichen brauchen jemanden, der ihnen zuhört und dem sie Geständnisse machen können, sagt die Autorin Iulia Iordan.

    Es ist sicherlich eine Form der Ermutigung, wie einer von ihnen in seinem Brief ausdrücklich sagt: ‚Wir haben dieses ständige Bedürfnis, uns Gehör zu verschaffen und Zuspruch von anderen zu erfahren.‘ In meinen Gesprächen mit jungen Menschen oder sogar mit immer jüngeren Kindern, die ich unabhängig von diesem Projekt führe, erkenne ich dieses Bedürfnis, sich mitzuteilen, und sie sagen mir oft, dass sie niemanden hätten, mit dem ich reden könnten, nicht einmal unter ihren Freunden. Andere schrieben: ‚Ich traue mich nicht, bestimmte Dinge zu sagen. Und es ist sehr traurig und unfair, dass wir trotz der vielen Kommunikationsmittel, die uns heute zur Verfügung stehen, immer noch das Gefühl haben, nicht gehört und nicht verstanden zu werden. Deshalb war ich sehr froh, dass der Seneca-Verlag für dieses Projekt offen war, bei dem der ursprüngliche Vorschlag darin bestand, einige von Senecas Briefen an Lucilius in eine jugendfreundlichere Form der Poesie zu bringen. Letztendlich stimmte der Verlag jedoch zu, noch direkter vorzugehen und die Stimmen der Jugendlichen selbst in die Gedichte einzubeziehen, die schließlich aus dem Projekt hervorgehen werden.“

     

    Doch was beschäftigt diese jungen Menschen und was haben die Teenager dieser Generation gemeinsam? „Die Ernsthaftigkeit, mit der sie sich Fragen stellen“, hat die Autorin Iulia Iordan beobachtet.

    Für mich war die Tatsache erhellend, dass sie einen klaren Verstand haben und sich der Antworten auf ihre Fragen sehr bewusst sind. Sie haben einen wirklich geübten Verstand und eine gewisse Leseerfahrung. Ich möchte daher einer möglichen Kritik an diesem Buch entgegenwirken, die in anderen Zusammenhängen an mich herangetragen wurde. Mir wurde etwa gesagt, dass wir uns bestimmte Jugendliche aus bildungsaffinen Milieus ausgesucht hätten und dass unser Projekt daher nicht repräsentativ sei, denn schließlich seien nicht alle Jugendliche so. Dem möchte ich widersprechen – doch, die Jugendlichen ähneln einander sehr, und es sind dieselben Fragen, die sie bewegen. Allerdings muss man ihnen die Gelegenheit bieten, diesen kritischen und klaren Verstand zu üben, und wir Erwachsenen sollten ihnen Bücher zur Verfügung stellen, und nicht nur darauf abzielen, sie in eine extrem formalisierte Bildung einzubinden, wie es leider in den rumänischen Schulen am häufigsten geschieht. Ich glaube, dass alle Jugendliche bewegende Geständnisse schreiben könnten, wenn sie ein paar kleine Werkzeuge parat hätten, die die Erwachsenen in ihrem Umfeld zur Verfügung stellen sollten. Jugendliche haben vieles gemeinsam. Die Freiheit, mit der sie sich ausdrücken, die Kühnheit, mit der sie sich äußern, den Mut, mit dem sie Fragen stellen, die sie anschließend selbst beantworten. Nach dem Lesen all dieser Briefe kann man nicht anders, als ihren jungen und offenen Geist zu bewundern.“

     

    Doch welche sind konkret die Themen, die Jugendliche bewegen? Die Frage beantwortet zum Schluss unseres Sozialreports erneut die Autorin Iulia Iordan:

    Einige von ihnen schrieben über den Tod und wie sie damit umgehen. Einige andere schrieben über den Krieg, und ich fand diesen Ansatz in seiner Unschuld sehr reif, vor allem, weil die meisten Erwachsenen in meinem Umfeld bereits aufgehört haben, über das Thema Krieg zu sprechen, obwohl er immer noch unweit der Grenzen unseres Landes weiter tobt. Doch siehe da, diese Jugendlichen denken immer noch über diese Dinge nach. Andere haben über Liebe, Philosophie, Literatur, Mut oder Angst geschrieben. Die Themen sind sehr vielfältig.“

  • Junge Wählerschaft in Rumänien: 23 % anfällig für Extremismus

    Junge Wählerschaft in Rumänien: 23 % anfällig für Extremismus

     

     

    Die Umfrage, die vom 9. bis 14. März bei einer Stichprobe von 800 Befragten durchgeführt wurde, liefert keine ermutigenden Ergebnisse: Die überwiegende Mehrheit der jungen Menschen ist der Meinung, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt, und hat kein Vertrauen in die Demokratie in Rumänien, während 23 % eine extremistische Partei wählen würden. Răzvan Petri, Koordinator der zivilgesellschaftlichen Gruppe „Junge Wähler“, kommentiert im folgenden die Ergebnisse der Umfrage unter seinen Generationskommilitonen.

    Das Wichtigste ist, sich vor Augen zu halten, dass die jungen Menschen hierzulande glauben, dass Rumänien sich in eine falsche Richtung bewegt. Eine überwältigende Mehrheit, 68 % der Befragten, ist dieser Meinung. Mehr noch: 79 % glauben, dass die demokratische Gesellschaftsordnung in unserem Land nicht vertrauenswürdig sei. Es gibt also ein sehr großes Problem, wenn es um das Vertrauen in die demokratischen Grundlagen in Rumänien geht, und das heißt, dass politische Institutionen wie Parteien, Parlament und Regierung nur ein geringes Vertrauen genießen. Es mangelt an Vertrauen in grundsätzliche Instrumente, mit denen man normalerweise arbeitet, um gute Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Und das ist sehr gefährlich, denn die Tendenz ist, sich in Ermangelung eines Vertrauens in demokratische Institutionen anderen Instrumenten zuzuwenden, die außerhalb des demokratischen Spielraums liegen.“

     

    Die Neigung zu Rhetorik und politischen Handlungen außerhalb des demokratischen Rahmens lässt sich jedoch durch die Enttäuschung darüber erklären, wie die demokratischen Institutionen in Rumänien eher schlecht denn recht funktionieren. Mit anderen Worten: Wenn die demokratische Praxis mangelhaft ist, verleitet das junge Leute zum Glauben, dass die Demokratie an sich schlecht sei. Erstaunlicherweise genießt jedoch die Europäische Union bei den Jugendlichen in Rumänien mehr Vertrauen als die heimischen Institutionen, selbst wenn die komplexe Funktionsweise der EU nicht hinreichend bekannt ist. Es sei alles eine Frage der politischen Bildung, sagt weiter Răzvan Petri.

    Junge Menschen wissen leider nicht wirklich, wie die Institutionen funktionieren, und das trägt erheblich zu ihrer Verwirrung darüber bei, wie die politischen Mechanismen in Rumänien funktionieren. Staatsbürgerliche Bildung wird leider nur in der Grundschule vermittelt, und das führt dazu, dass junge Menschen, die sich dem wahlberechtigten Alter nähern, orientierungslos sind. Auch auf europäischer Ebene ist die Lage noch verworrener, denn die Europäische Union ist sehr komplex und kompliziert. Selbst unter unseren Politikern gibt es nicht wenige, die es manchmal vorziehen, die Verwirrung über die Funktionsweise der Europäischen Union aufrechtzuerhalten, damit sie Brüssel die Schuld geben können, wenn etwas schief läuft oder wenn sie ihre Versprechen nicht einhalten können.“

     

    Die Enttäuschung oder gar Verzweiflung über das schlechte Funktionieren der rumänischen Institutionen, das zu tiefgreifenden sozialökonomischen Problemen führt, erkläre auch die Vorliebe vieler jungen Menschen für ein autoritäres Regime, erläutert Răzvan Petri weiter.

    Sie lehnen die politischen Parteien und insgesamt das existierende System in Rumänien ab, und deshalb sehen wir diese Sehnsucht nach einer starken Hand, die alle Probleme lösen würde, denn junge Menschen sind auch ungeduldig. Sie wollen Veränderungen viel schneller als ältere und erfahrene Leute sehen, die verstehen, dass normale Entwicklungen Zeit brauchen. So erklärt sich auch der jugendliche Zuspruch für radikale Parolen von Populisten, die etwa sagen: ‚Das war’s, das reicht jetzt! Jetzt kommen wir ins Spiel und wir werden nicht zulassen, dass dieses ganze politische Gezänk noch mehr von unserer Zeit in Anspruch nimmt.‘ Und dann kommen die systemfeindlichen Parteien ins Spiel, die sagen, dass sie, wenn sie einmal an die Macht kämen, alle Probleme Rumäniens lösen würden. Viele junge Menschen, die rechtsextreme Parteien wählen, sind nicht unbedingt von extremistischen oder systemsprengenden Botschaften angetan. Aber sie wählen diese Parteien, weil sie ihnen Veränderungen versprechen. Sie versprechen ihnen, dass sie es den Politikern da oben zeigen werden, die es versäumt haben, den jungen Menschen einen Weg zu weisen.“

     

    Dieses Scheitern der demokratischen Institutionen wird implizit auch von jungen Menschen besonders akut wahrgenommen. Die vielen sozialökonomischen Probleme, die eine unfähige Politik seit vielen Jahren nicht zu lösen vermochte, lässt viele Jugendliche Rumäniens bereits planen, das Land zu verlassen, sagt zum Schluss unseres Features Răzvan Petri vom Bürgerverein „Junge Wähler“.

    Auf den ersten vier Plätzen der Problemliste finden sich zwei, die mit der wirtschaftlichen Situation der Jugendlichen zu tun haben: mangelnde Wahlmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt und die schlechte Qualität der Bildung und Ausbildung. Die jungen Menschen in Rumänien gehören zu den ärmsten in Europa, wie aus den Statistiken von Eurostat hervorgeht. Diese Statistiken zeigen, dass Rumänien die höchste Zahl junger Menschen hat, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind. 30 % der jungen Menschen in Rumänien sind davon betroffen. Die Jugendlichen nehmen das sehr früh wahr. Sie sehen, dass es Probleme gibt, die nicht rechtzeitig gelöst wurden und sich sogar verschlimmert haben. Viele denken daran, vorübergehend oder dauerhaft auszuwandern. Dieser Trend hält schon seit langem an, denn Rumänien wird immer noch nicht als ein Land mit Zukunftschancen angesehen. Selbst wenn es sie gäbe, haben sie noch nicht das Niveau erreicht, bei dem wir sagen könnten, dass junge Menschen hierzulande einen ähnlichen Lebensstandard wie im Westen erreichen könnten.“

  • Kulturkonsum im kleinstädtischen Milieu: Angebot nicht ausreichend auf Jugendliche zugeschnitten

    Kulturkonsum im kleinstädtischen Milieu: Angebot nicht ausreichend auf Jugendliche zugeschnitten





    Laut Kulturwissenschaftlern ist die Kultur nicht nur eine Welt an sich, sondern auch ein Medium, das unterschiedliche Werte transportiert. Au‎ßerdem sind Kulturräume in der heutigen Welt nicht nur Orte, die der Kultur gewidmet sind, sondern auch Träger gesellschaftspolitischer Grundsätze und Haltungen. Ausgehend von diesen Prämissen zielte die Studie Kulturkonsum junger Menschen in kleinen und mittelgro‎ßen Städten“ im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung in Rumänien darauf ab, zu untersuchen, inwieweit kulturelle Aktivitäten in kleinen städtischen Gebieten mit der feministischen Perspektive verflochten sind und ob junge Männer und Frauen kulturelle Veranstaltungen mit bestimmten sozialen Werten verbinden.



    Ein weiterer Ausgangspunkt für diese Untersuchung war der schlechte Zustand der kulturellen Infrastruktur in den Kleinstädten: wenige öffentliche Bibliotheken, geschlossene Kinos, Kulturhäuser, die entweder nicht funktionieren oder zweckentfremdet werden. Mehr als 225 Jugendliche im Alter von 13 bis 20 Jahren haben an der Umfrage teilgenommen, wobei der Anteil der Mädchen bei über 75 % lag. Der überwiegende Anteil von weiblichen Auskunftspersonen lag nicht in der Absicht der Autoren der Umfrage, sondern es haben sich einfach mehr Mädchen und junge Frauen entschieden, die Fragebögen auszufüllen und an den Interviews teilzunehmen, versichert Carmen Voinea, die Koordinatorin der Studie, der zufolge die Befragten eindeutig einen Zusammenhang zwischen einem bestimmten Verhalten beim Kulturkonsum und der Genderproblematik hergestellt haben.



    Aus ihren Antworten ging hervor, dass an der Schnittstelle zum kulturellen Konsum auch umfassendere Fragen der Gleichstellung der Geschlechter und der sozialen Eingliederung auftauchen. Eines ihrer Bedürfnisse war z.B. das Vorhandensein von Kulturräumen, in denen sich unterschiedliche Menschen, einschlie‎ßlich der LGBT-Gemeinschaft, sicher fühlen können. Das Bedürfnis, Probleme in der Gemeinschaft durch Kultur zu lösen, kam in den Interviews und Fragebögen ebenfalls zum Ausdruck. Darüber hinaus erzählten uns viele Teilnehmer an der Umfrage, dass sie durch den Kinobesuch und das Anschauen bestimmter Filme begonnen hatten, sich mit feministischen und geschlechtsspezifischen Themen auseinanderzusetzen. Wir haben versucht, ihre subjektive Beziehung zu diesen Kulturräumen zu erfassen. Auch wenn wir auf dem Papier oder sogar ganz konkret Museen, Bibliotheken und Kulturzentren haben, sind sie für junge Menschen vielleicht nicht immer attraktiv. Der Inhalt ist nicht auf sie zugeschnitten. Sie haben das Bedürfnis, einbezogen zu werden und aus einer partizipatorischen Position heraus in einigen Fällen zu Mitgestaltern dieser Räume für kulturelle Produkte zu werden. Die Tatsache, dass mehr Frauen an der Umfrage teilgenommen haben, könnte auf ein grö‎ßeres Interesse junger Frauen am Kulturkonsum im Zusammenhang mit dem Feminismus hinweisen.“



    Der Kulturkonsum junger Menschen hänge allerdings von der Infrastruktur und dem kulturellen Angebot ab, denn ihre Gewohnheiten spiegeln die Vielfalt und den Reichtum dieses Angebots wider — oder, im Gegenteil, seine Spärlichkeit, erläutert weiter Carmen Voinea:



    Erstens haben wir festgestellt, dass die häufigsten kulturellen Aktivitäten von Jugendlichen in Einsamkeit und in häuslicher Umgebung stattfinden oder ausgeübt werden. Auch die kulturellen Aktivitäten, die im öffentlichen Raum zugänglich sind, sind nicht sehr abwechslungsreich und nicht auf Jugendliche zugeschnitten. Obwohl ein hoher Prozentsatz der Befragten Kinobesuche attraktiv und interessant findet, gaben gleichzeitig 45 % von ihnen an, dass sie im letzten Jahr keinen Film im Kino gesehen haben. 48 % der Befragten gaben au‎ßerdem an, dass sie in eine andere Stadt fahren mussten, um ins Kino zu gehen.“




    Diese Zahlen sprechen für den Wunsch junger Menschen, ein Kino in ihrer Stadt zu haben. Die Umfrage ergab auch, dass das alte, geschlossene Kino in vielen Orten immer noch als ein Wahrzeichen wahrgenommen wird, selbst von den Jugendlichen, die es nicht als Kino erlebt haben. Die Studie über den Kulturkonsum junger Menschen enthält auch ermutigende Nachrichten, sagt zum Schluss erneut Carmen Voinea:



    Die Bibliotheken waren in der Art und Weise, wie sie in den von den Jugendlichen erstellten Mindmaps auftauchen, eine Überraschung für uns. In einigen Städten boten die Bibliotheken den Jugendlichen nicht nur Platz zum Lesen oder Ausleihen von Büchern, sondern auch einen Raum, in dem sie Ideen entwickeln konnten, z.B. von koreanischen Kulturclubs bis hin zu Karaoke-Abenden. In Călărași etwa, einer Kleinstadt an der Donau in Südrumänien, sagte eine junge Frau, die Bibliothek sei ihr Lieblingsort in der Stadt. Dasselbe gilt für die ehemalige Industriestadt Slatina. In der Bibliothek fanden sie einen Raum, in dem sie sich entfalten konnten, und einen Raum, in dem sie als Mitgestalter direkt am Kulturkonsum teilhaben konnten. Darüber hinaus sind die von den Jugendlichen am meisten besuchten Orte immer noch öffentliche Räume. 70 % der Orte, an denen sie Kultur konsumieren, sind öffentlich. Wenn sie hingegen über feministische Themen diskutieren, tun sie dies eher in privaten und informell organisierten Räumen. Auch wenn Jugendliche nach wie vor die öffentliche Infrastruktur am stärksten in Anspruch nehmen, gibt es dort immer noch nicht genug Offenheit, um feministische Themen anzusprechen.“




    Zu den Schlussfolgerungen der Studie Kulturkonsum junger Menschen in kleinen und mittelgro‎ßen Städten“ gehört daher auch die Empfehlung an die lokalen Behörden, die kulturellen Aktivitäten im öffentlichen Raum wiederzubeleben und sie integrativer zu gestalten, denn die Studie habe eindeutig gezeigt, dass es Interessenten dafür gibt.

  • Astra Film Junior: Doku-Festspiele für Kinder und Jugendliche in Hermannstadt

    Astra Film Junior: Doku-Festspiele für Kinder und Jugendliche in Hermannstadt





    Das Bildungsprogramm Astra Film Junior in Hermannstadt richtet sich an drei Altersgruppen (6+, 11+ und 15+) und umfasst Filmvorführungen in Kinos, gefolgt von pädagogischen Aktivitäten in Klassenzimmern, einem Comic-Wettbewerb und einem Filmworkshop. Jedes Jahr nehmen rund 27 000 Schüler an Astra Film Junior teil, das Programm bietet eine Auswahl der besten narrativen Dokumentarfilme für Kinder und Jugendliche. Gabriela Enache, Koordinatorin des Filmfestival für Jugendliche, erläutert den pädagogischen Ansatz:



    Das ASTRA-Filmfestival hat sich immer zum Ziel gesetzt, ein junges Publikum an den Dokumentarfilm heranzuführen. In den letzten Jahren haben wir daher sowohl im Kreis Hermannstadt als auch in anderen Orten des Landes Tourneen durchgeführt. Kinder aus Dutzenden von Ortschaften haben die Begegnung mit Sachfilmen sichtbar genossen. Abgesehen von Hermannstadt brachten wir die Veranstaltungen nach Bukarest, Klausenburg, Jassy, Temeswar, Baia Mare (Gro‎ß-Neustadt) und Deva (Diemrich). Zusätzlich zu diesen »ASTRA Film Junior on Tour«-Veranstaltungen haben wir uns auch mit der Ausbildung und Einführung von Jugendlichen in die Dokumentarfilmproduktion befasst. Wir haben zudem auch Aktivitäten für die jüngsten Zuschauer, für die wir einen Comic-Wettbewerb vorbereitet haben. Um zu erklären, worum es dabei geht: Nachdem die Kinder die Filme des Festivals gesehen haben, können sie sich ein eigenes Drehbuch ausdenken, verschiedene Geschichten erfinden und diese dann in Comics illustrieren. Wir unterstützen auch Lehrer und Erzieher mit verschiedenen Materialien und Lehrmitteln. Wir haben auch eine Reihe von Schulungen organisiert, um Lehrern den Dokumentarfilm näher zu bringen und ihnen zu helfen, diesen visuellen Unterricht weiter zu vermitteln. Und diese Ausbildung hat sich ausgezahlt, jetzt wir haben sogar einige »Astra Film Junior«-Lehrerbotschafter herangezogen und Partnerschaften mit Gymnasien und Schulen geschlossen, um die Dokumentarfilmerziehung zu erleichtern. Nun bieten wir im Rahmen des Festivals spezielle Vorführungen für Lehrer und Bildungsberater an, mit einer Reihe von Diskussionen im Anschluss an die Vorführung der Filme.“




    Die Organisatoren haben für das Publikum ab 6 Jahren Lebensgeschichten von Kindern im entsprechenden Alter vorbereitet. In den vorgeführten Filmen treten die Protagonisten aus der Anonymität heraus, indem sie über den Tellerrand hinausschauen, stets wissbegierig und einfühlsam sind. So etwa in Kids on the Silk Road — The Monkey King“ (Kinder auf dem Seidenweg: Der Affenkönig“), einem Kinder- und Jugend-Kurzfilm des dänischen Regisseurs Kaspar Astrup Schröder von 2019, in dem ein 11-jähriger chinesischer Junge namens Yang viele Entbehrungen und die Ablehnung seines Umfelds in Kauf nimmt, um für die Hauptrolle in einer klassischen Peking-Oper die Raffinessen der traditionellen chinesischen Kunst zu erlernen. In Die Götter von Molenbeek“, einer internationalen Koproduktion der finnischen Regisseurin Reetta Huhtanen, geht es um drei Kinder unterschiedlicher ethnischer Herkunft, die im Brüsseler Problemviertel Molenbeek zusammen aufwachsen und sich spielerisch existenzielle Fragen stellen.



    Für das junge Publikum ab 11 Jahren gilt es zu erfahren, wovon Kinder aus unterschiedlichen Ecken dieser Welt träumen. Asho aus Iran möchte ein berühmter Schauspieler werden (Asho, 2019). Ayana, ein neunjähriges Mädchen aus Kirgisien, hegt den Wunsch, Kokboru-Sportlerin zu werden. Dieses Reiterspiel wird bislang nur von männlichen Teilnehmern bestritten. Durch die Unterstützung ihrer Eltern hat Ayana aber beste Chancen, als erste weibliche Spielerin am Nationalsport Kirgisiens teilzunehmen (Ayana, 2019). In der niederländischen Produktion Julieta und die Schildkröten in der Plastiksuppe“ (2020) stemmen sich ein junges Mädchen und ihre Freunde auf einer Karibikinsel gegen die Verschmutzung der Ozeane.



    Auch für Teenager ab 15 Jahren hält das Festival Astra Film Junior entsprechende Filme parat. In Girl Gang“ (Die Mädchen-Bande“) erzählt die schweizerische Regisseurin Susanne Regina Meures aus dem Leben einer Teenie-Influencerin und lässt hinter die Kulissen blicken. In der tschechisch-slowakischen Koproduktion Caught in the Net“ (Gefangen im Netz“) wird die sexuelle Belästigung von Kindern im Internet thematisiert. Das Filmteam wagt ein kontroverses Experiment: Drei volljährige Schauspielerinnen geben sich auf sozialen Plattformen als 12-jährige Mädchen aus und warten ab. In nur zehn Tagen melden sich beinahe 2500 Männer. Und der norwegische Dokumentarfilm iHuman“ (2019) erzählt von künstlicher Intelligenz, Macht und sozialer Kontrolle. Mit verstörenden Einblicken in die boomende KI-Industrie zeigt er, wie die mächtige Technologie unsere Gesellschaft, unsere Zukunft und unser Selbstverständnis verändert.

  • Jugendgerichtsbarkeit in Rumänien: Pilotprojekt nicht weitergeführt

    Jugendgerichtsbarkeit in Rumänien: Pilotprojekt nicht weitergeführt



    Anders als in Deutschland gibt es in Rumänien keine weitgehend verankerte Jugendgerichtsbarkeit in der Justiz. Die Institution der 2004 als Pilotprojekt gegründeten Jugendkammer sollte ursprünglich bis 2007 auch auf weitere Landgerichte in den grö‎ßeren Städten ausgeweitet werden. Doch das Projekt blieb auf der Strecke, im Jahr 2022 ist die Jugendkammer in Kronstadt immer noch das einzige Fachgericht dieser Art in ganz Rumänien.



    Schon in den ersten Jahren nach der Gründung des Jugendgerichts in Kronstadt wurden Stimmen laut, die seine Auflösung forderten — mit der Begründung, der Aufwand würde sich nicht rechtfertigen, denn die Anzahl der zu behandelnden zivilrechtlichen wie strafrechtlichen Fälle sei nur gering. Gabriela Chihaia, Richterin und amtierende Präsidentin des genannten Jugendgerichts, hat unlängst im Rahmen einer öffentlichen Debatte auf dem Portal PressHub.ro gegen diese Auffassung argumentiert. Zu den wichtigsten Errungenschaften, die die Kammer für Jugendliche und Familienrecht ermöglichte, gehört die Einrichtung eines speziellen Raumes für die Vernehmung von Kindern und Heranwachsenden. Jugendliche und Heranwachsende, die in Straftaten oder zivilrechtliche Streitigkeiten involviert werden, sind ohnehin traumatisiert. Es sei daher wichtig, dass dieser Raum, der durch Spenden von einem gemeinnützigen Frauenverein eingerichtet wurde, eine freundliche Atmosphäre bietet, die etwa durch farbenfrohe Möbelstücke und eine entspannende Innendekoration erreicht wird. Hören wir die Argumentation der Richterin Gabriela Chihaia:



    Ein gewöhnlicher Gerichtssaal ist in der Regel ein karger Raum, in welchem zudem im Rahmen des Verfahrens ein trockenes Zeremoniell über die Bühne läuft — z.B. das verpflichtende Aufstehen der Anwesenden, wenn die Richter den Saal betreten, oder das Aufrufen der Gerichtsparteien oder die Vorführung des Beschuldigten u.a.m. Für Minderjährige als Geschädigte oder Opfer ist die visuelle Konfrontation mit dem Beschuldigten, dem mutma‎ßlichen Täter oder anderen Beteiligten ohnehin eine Herausforderung und sie kann zu einer erneuten, zusätzlichen Traumatisierung führen, selbst wenn die Konfrontation au‎ßerhalb eines Gerichtssaals stattfindet. Daher ist es wichtig, für die Anhörung oder Vernehmung von Minderjährigen einen besonderen Raum zu haben, der ihnen die Aussage erleichtert. Insbesondere bei Kindern haben wir das beobachtet: Nach einem lockeren Anfang, bei dem sie sich zunächst entspannen und sogar spielen dürfen, erzählen sie über die abgefragten Vorgänge oder Sachverhalte viel leichter, als sie es in einem herkömmlichen Gerichtssaal tun würden.“




    Dem Einwand, dass Rumänien keine gesonderte Jugendgerichtsbarkeit und mehr Fachgerichte brauche, widerspricht die Richterin Gabriela Chihaia entschieden — ganz im Gegenteil, sagt sie: Die Zahl der Gerichtssachen, in denen Jugendliche und Heranwachsende involviert sind, sei im Wachsen begriffen, und gerade deshalb sei das Jugend- und Familiengericht in Kronstadt ein gutes Beispiel für mehr Zügigkeit in der Lösung der Fälle, verglichen mit ordentlichen Gerichten:



    Die Zahl der Gerichtsverfahren im Bereich Jugendgerichtsbarkeit hat zugenommen und befindet sich nach meiner Auffassung immer noch in einem leichten Aufwärtstrend. Ich bin seit 1. Januar 2019 Vorsitzende des Jugend- und Familiengerichts und kann Ihnen bestätigen, dass die Zahl der Strafsachen mit Jugendlichen als Geschädigte oder Opfer — insbesondere Opfer von Sexualdelikten — gestiegen ist. Es ist zwar keine exponentielle Zunahme, wir haben jedoch ständig und regelmä‎ßig mit solchen Straftaten zu tun. Mit einem Fachgericht kann man sich solcher Strafsachen effizienter annehmen; wenn wir es beispielsweise mit Fällen von Handel mit Minderjährigen zu tun haben, bei versuchten oder vollbrachten Tötungsdelikten, in denen Täter wie Opfer minderjährig sind, gilt unser Jugendgericht als erste Instanz, und das ermöglicht uns, die Verfahren mit der gebotenen Zügigkeit abzuwickeln.“




    Fachgerichte für Jugend- und Familienrecht ermöglichen auch den Richtern und anderen Justizangestellten, zu Experten auf diesem Teilgebiet des Zivil- und Strafrechts zu werden, führt zum Schluss die Richterin Gabriela Chihaia noch aus, die zugleich Präsidentin des einzigen Jugendgerichts in Rumänien ist:



    Zivil- oder strafrechtliche Sachen, in denen Jugendliche oder Familien involviert sind, werden von gewöhnlichen Gerichten zusammen mit anderen Akten derselben Rechtsmaterie behandelt. Es liegt auf der Hand, dass nicht jeder Richter auf allen Teilbereichen des Rechts spezialisiert sein kann. Die in den letzten Jahren viel geforderte Spezialisierung der Spruchkörper kann folglich dem Jugendrecht im Besonderen, der Justiz im Allgemeinen und dadurch der gesamten Gesellschaft nur zuträglich sein.“

  • Koresidenz: Warum rumänische Jugendliche spät aus dem Elternhaus ausziehen

    Koresidenz: Warum rumänische Jugendliche spät aus dem Elternhaus ausziehen





    Europäische Statistiken weisen seit einigen Jahren auf ein Phänomen hin, das sogar im Wachsen begriffen ist — immer mehr junge Erwachsene im Alter von 19 bis 34 Jahren wohnen mit ihren Eltern zusammen. Der Traum von einem unabhängigen Leben schon in jungen Jahren scheint damit für viele Jugendliche in Europa ausgeträumt zu sein, und Rumänien macht dabei keine Ausnahme. Im Jahr 2018 wohnten etwa 42% der rumänischen Jugendlichen im Alter von 25 bis 34 Jahren immer noch bei ihren Eltern, aktuellere Zahlen beziffern diese Kategorie auf 2,2 Mio. junge Menschen. Die Pandemie hat diesen Sachverhalt überhaupt nicht beeinflusst, Soziologen bezeichnen dieses Phänomen als Koresidenz, und Rumänien befindet sich in der Statistik unter den ersten 10 europäischen Ländern mit den meisten Jugendlichen im Alter von über 25 Jahren, die im Elternhaus wohnen. Die Statistik führen Kroatien, Griechenland und die Slowakei an, an letzter Stelle rangieren skandinavische Länder wie Schweden, Finnland und Dänemark. Dumitru Sandu, Soziologe und Hochschullehrer an der Universität Bukarest, hat sich mit dem Phänomen auseinandergesetzt und kennt auch die jüngsten Zahlen und Analysen.



    Für das Jahr 2020 zeichnet sich aus europäischen Statistiken folgende Hierarchie ab: In Kroatien lebten 65% der Jugendlichen in Koresidenz mit ihren Eltern, gefolgt von Griechenland mit 60% der Jugendlichen und der Slowakei mit 53%. Rumänien belegte in dieser Statistik mit 43% den 10. Platz. Ein bedeutender Wandel in dieser Statistik fand zwischen 2018 und 2020 hinsichtlich der Aufteilung nach Geschlechtern statt. Unter den Jugendlichen im Alter von 25 bis 34 Jahren, die noch bei ihren Eltern wohnen, machten junge Männer 55% aus, also mehr als die Hälfte. Von den jugendlichen Frauen derselben Alterskategorie lebten nur 29% in Koresidenz mit ihren Eltern. Wir haben es praktisch mit einer Differenz von 27 Prozentpunkten zwischen jungen Frauen und jungen Männern zu tun. Hinsichtlich dieses Geschlechtergefälles belegt Rumänien gleich nach Bulgarien den zweiten Platz in Europa — in Bulgarien beträgt diese Differenz 28 Prozentpunkte. Wir haben es in Europa folglich in dieser Hinsicht nicht mit einem Ost-West-Gefälle, sondern mit einem Nord-Süd-Gefälle zu tun. Südost- und mittelosteuropäische Länder wie Kroatien, Griechenland, Rumänien und die Slowakei ähneln in diesem demographischen Parameter südwesteuropäischen Ländern wie Italien, Spanien und Portugal, Malta kann man auch dazu zählen, und am anderen Ende der Skala befinden sich die nordeuropäischen Länder. Es ist also ein starkes Gefälle zwischen Nord- und Südeuropa vorhanden.“




    Als erstes fällt einem die wirtschaftliche Situation ein, wenn man eine Erklärung für das Phänomen der Koresidenz finden will. Die höhere Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen, die hohen Mieten und Kosten für eine eigene Wohnung sind triftige Gründe, um länger im Elternhaus zu bleiben. Eine weitere Ursache könnten aber auch althergebrachte kulturelle Vorstellungen und soziale Rollenbilder sein, insbesondere wenn man die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern bei der Koresidenz in Betracht zieht. Der Soziologe Dumitru Sandu erläutert:



    Die wirtschaftliche Erklärung ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen; es gibt aber auch kulturelle und soziale Gründe für diesen Sachverhalt, im Sinne, dass in der traditionellen Rollenverteilung der Mann der Hauptverdiener war oder noch ist. Und das fällt ins Gewicht, wenn man soziologische Untersuchungen betreibt. Wir haben den sozialen Entwicklungsstand in den 27 EU-Staaten anhand der Lebenserwartung bei der Geburt gemessen — ein wichtiger Indikator in soziologischen Untersuchungen. Kurz gefasst: In Gesellschaften mit weniger entwickelten sozialen und medizinischen Dienstleistungen für die Bevölkerung neigen die Jugendlichen dazu, über längere Zeit im Elternhaus zu bleiben — insbesondere männliche Jugendliche. Somit lässt sich das Gefälle zwischen jungen Männern und jungen Frauen in Südeuropa im Vergleich zu Nordeuropa erklären.“




    Diese Auslegung decke trotzdem nicht das Phänomen der Koresidenz Jugendlicher mit ihren Eltern in seiner Gesamtheit ab, denn gerade Südeuropa mache seit geraumer Zeit einen Wandel durch, und Rumänien sei in dieser Hinsicht ein Paradebeispiel, führt der Soziologe Dumitru Sandu weiter aus:



    Insbesondere in den ärmeren Ländern Südeuropas hat in den vergangenen 10–20 Jahren ein beschleunigtes Wachstum des Erwartungshorizonts unter Jugendlichen stattgefunden. Ungeachtet ihres ökonomischen Status und der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes wollen junge Menschen in Rumänien einfach nur wie im sogenannten Westen leben. Manche wandern dann auch aus, um eben im Westen zu leben, viele bleiben aber hier. Daher nehmen viele Jugendliche eine Art Pufferzeit und bestehende soziale und familiäre Netzwerke in Anspruch, bevor sie selber eine Familie gründen, die ihren Ansprüchen genügt. Beispielsweise sieht man in Rumänien immer häufiger die Bemühung, in die Qualität des Kinderkriegens zu investieren. Jugendliche sagen: ‚Wir wollen nicht mehr viele Kinder zeugen, sondern bessere Bedingungen in der Familie, im Haushalt und in der Gesellschaft insgesamt haben, um gerade den weniger zahlreichen Kindern die Möglichkeit zu bieten, eine bessere Ausbildung und einen höheren Lebensstandard zu erreichen.‘ Dieses Aussetzen des Flügge-Werdens ist somit nicht mehr befremdlich, sondern schlicht rational begründet. Die Zunahme an Erwartungen unter Jugendlichen im relativ ärmeren Südeuropa führt dazu, dass sie die Gründung einer Familie und eines eigenen Haushalts so lange verschieben, bis die Lebensbedingungen sich ihrem Ideal nähern.“




    Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Rumänien lässt erahnen, dass das Phänomen der Koresidenz, des verlängerten Wohnens Jugendlicher im Elternhaus, zumindest in naher Zukunft nicht abnehmen wird.

  • Von Wien über Klausenburg nach Bonn: Der Europäische Tag des Buches

    Von Wien über Klausenburg nach Bonn: Der Europäische Tag des Buches

    Ende April hat in Klausenburg, im Herzen der Stadt, im Casino – dem Zentrum für urbane Kultur, eine Veranstaltung stattgefunden, die Kinder, Jugendliche aus benachteiligten Verhältnissen, rumänische Verleger und Schriftsteller zusammenbringen sollte – der Europäische Tag des Buches.


    Was genau der Europäische Buchtag bedeutet und welches das Konzept der Veranstaltung ist, erfuhren wir von Bianca Mereuță, Leiterin des Signatura-Verlags und Organisatorin der Veranstaltung in Rumänien:



    Mit dem Europäischen Tag des Buches wollen wir junge Menschen auf kreative Weise an Bücher heranführen, und zwar in einer Form, die sie als interessant und unterhaltsam empfinden, die ihnen ein Gefühl des Wohlbefindens vermittelt und sie dazu bringt, Bücher als Alternative zu den vielen Reizen zu sehen, denen sie in ihrem täglichen Leben begegnen und die so interessant sind. Der Europäische Tag des Buches wurde in Österreich von unseren österreichischen Partnern ins Leben gerufen.


    Es handelt sich um ein von Erasmus+ kofinanziertes Projekt, in dessen Rahmen wir in fünf Ländern Veranstaltungen organisieren, bei denen junge Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen, die weniger Zugang zu kulturellen Aktivitäten und Büchern haben, mit Autoren, der Welt des Buches und der Bildung sowie mit jungen Menschen aus gewöhnlichen Verhältnissen in Kontakt kommen, um einen Tag lang Freude und Vergnügen am gemeinsamen Lesen und am Zusammensein mit Büchern zu erleben.


    Das Projekt wird in vier europäischen Ländern durchgeführt, und das fünfte ist der Kommunikationspartner des gesamten Konzepts. Österreich ist der Initiator des Europäischen Buchtages, am 27. April folgte die Veranstaltung in Rumänien, im Mai gibt es Veranstaltungen in Schweden, und im November endet die Veranstaltungsreihe in Deutschland, in Bonn. Der Europäische Tag des Buches richtet sich an junge Menschen.



    Der Europäische Tag des Buches steckt noch in den Kinderschuhen, es ist die erste Ausgabe. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos und steht der breiten Öffentlichkeit offen. Was soll mit der Veranstaltung erreicht werden? Und was genau wird bei der Veranstaltung passieren? – das fragten wir Bianca Mereuță:



    Der Europäische Tag des Buches zielt darauf ab, jungen Menschen Bücher näher zu bringen, jungen Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen ebenso wie jungen Menschen, die es gewohnt sind, regelmäßig Zugang zu Büchern zu haben, Zugang zu Bildung, zu materiellen Möglichkeiten, die ihnen die Welt leichter erschließen. Vor den eigentlichen Veranstaltungen mit jungen Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen haben wir eine Reihe von kreativen Schreib- und Kunstworkshops durchgeführt, in denen sie durch künstlerischen, kreativen Ausdruck literarische Kreationen in die Welt brachten, die auch auf der Veranstaltung zu sehen sein werden. Auf diese Weise haben wir versucht, ihnen zu zeigen, dass Lesen, Bücher und Kreativität für jeden erreichbar sind. Jeder kann kreativ sein. Jeder von uns hat die Ressourcen, um kreativ zu sein, aber die Grundlage, um kreativ zu werden, ist eine tiefere Kultur und ein Fundament des Lernens und des Bewusstseins für die Bedeutung von Bildung.


    Am 27. April, ab 11.30 Uhr, waren Jugendliche und Erwachsene, natürlich in Begleitung von Kindern, willkommen. Wir freuten uns darauf, sie alle im Casino, im Zentrum für urbane Kultur, zu sehen, wo verschiedene kreative Veranstaltungen rund um das Buch ihre Aufmerksamkeit für ein paar Stunden auf sich ziehen und ihnen hoffentlich ein Gefühl des Wohlbefindens vermitteln konnten. Junge Menschen müssen über die einfachen Alternativen, die ihre Bedürfnisse unmittelbar befriedigen, hinausblicken, um ein langfristiges Versprechen zu sehen. Diese Verheißung der Bildung, die langsam, Schritt für Schritt, aufgebaut wird, die aber wirklich den Menschen aufbaut, den ganzen Menschen, den Menschen mit Wohlbefinden, mit sich selbst, den Menschen, der Kenntnisse und der die Kontrolle hat, weil er ein solides Fundament besitzt, das auf Büchern beruht.



    Am Ende unserer Diskussion teilte die Organisatorin des Europäischen Buchtages, Bianca Mereuță, ihre Hoffnungen für die Zukunft des Projekts mit uns:



    Wir wollen den Europäischen Buchtag zu einem mehrjährigen Ereignis machen. Wir möchten, dass der Europäische Tag des Buches so viele junge Menschen wie möglich in möglichst vielen Teilen Rumäniens erreicht. Dies ist notwendig. Wir hoffen also, dass der Europäische Tag des Buches wächst und vor allem in den Herzen, in den Seelen, in den Köpfen derjenigen wirkt, die jetzt nach Cluj kommen, die sich an diese Ereignisse erinnern und die Bedeutung des täglichen Lesens verstehen werden.



    Hinzu kommt, dass es in Rumänien seit diesem Jahr einen nationalen Lesetag gibt, der laut Gesetz am 15. Februar begangen wird – die Lesestatistik des Landes war bislang erschreckend: Ein Rumäne liest im Durchschnitt weniger als 5 Minuten pro Tag und etwa ein Buch pro Jahr. In einem Land, in dem weniger als 10 % der Bürgerinnen und Bürger ein Buch pro Jahr kaufen, kommt den Schulen eine entscheidende Rolle zu, wenn es darum geht, eine scheinbar veraltete Tätigkeit, das Lesen, als eine Beschäftigung zu kultivieren, die uns vor einem oberflächlichen Universum bewahren soll, einem Universum, in dem wir unsere Maus klicken, ohne richtige Entscheidungen zu treffen.



    Lesen schafft tiefe und dauerhafte Bindungen in den Köpfen aller, ob Kinder oder Erwachsene, so das Bildungsministerium, das an diesem Tag den Lehrplan dahingehend änderte, dass der Lehrer unabhängig von dem Schulfach, um 11 Uhr und um 14 Uhr im Klassenzimmer Leseaktivitäten organisiert, an denen alle Vorschulkinder und Schüler teilnehmen können. Die Lehrkräfte empfahlen allen Schülerinnen und Schülern, ein Lieblingsbuch mitzubringen oder ein Buch aus der Schulbibliothek auszuleihen und 15 Minuten lang entweder allein oder in kleinen Gruppen zu lesen. Ziel der Aktion war es, das Lesen als tägliche Gewohnheit zu fördern.

  • Während der Pandemie sichtbar bleiben: Theater Gong spielt online

    Während der Pandemie sichtbar bleiben: Theater Gong spielt online

    Seit März letzten Jahres hat das Gong-Theater für Kinder und Jugendliche in Sibiu im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie eine Reihe von Online-Aktivitäten und -Workshops ins Leben gerufen, um in dieser schwrierigen Zeit für die Kulturveranstaltungen jedoch aktiv und nah am Publikum zu bleiben. Der Intendant des Theaters, Adrian Tibu, gibt uns Einzelheiten über die Projekte des Theaters in der siebenbürgischen Stadt, in Zeiten der Pandemie: Wir setzen die Reihe der kreativen Workshops fort, die von Profis koordiniert werden. Wir haben Maler, Bildhauer und Schneider eingeladen, die darauf abzielen, die Vorstellungskraft der Kinder, ausgehend von den hier aufgeführten Stücken, zu entwickeln und ihnen einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen.



    Dabei sollen die Kinder, mit Hilfe von selbstgebastelten Gegenständen, wie z.B. Puppen aus Socken oder recycelten Flaschen, Geschichten erzählen. Gleichzeitig werden sie handbemalte Töpfe zeichnen, während Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren durch Workshops zu Themen aus den Shows herausgefordert werden, ihre Schreibfähigkeiten zu entwickeln. Es ist ein Versuch, klassische Geschichten neuzuinterpretieren und am Ende eine Chronik der Realität um uns herum zu erreichen. Wir versuchen, eine Welt voller Freude zu schaffen, um etwas Licht in eine schwierige Zeit zu bringen.



    Wir versuchen auch, ihnen eine schöne Möglichkeit zu bieten, Zeit mit der Familie zu verbringen, denn sowohl Eltern als auch Kinder sind eingeladen, an unseren Workshops teilzunehmen, die ihnen einen Ausgangspunkt für die Diskussion sensiblerer Themen bieten können. Durch diese Workshops wollen wir die Kinder auch davon überzeugen, weniger Zeit vor Computern und Fernsehern zu verbringen. Wir wollen diese Workshops jedoch fortsetzen, auch wenn unser Leben zur Normalität zurückkehren wird, denn das Feedback der Zuschauer ist sehr gut und für uns war es wichtig, mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Ich sage das, weil Theater schlie‎ßlich eine lebendige Institution ist und wir diese Beziehung zwischen Kindern, Eltern und Schauspielern brauchen.”



    Das Theater Gong sorgt mit den neuen Workshops und Aktivitäten, die es organisiert, für Kinder jeden Alters. Adrian Tibu erläutert: Wir haben auch geschlossene Workshops für Kindergarten- und Mittelschulkinder. Dabei handelt es sich um Echtzeit-Aktivitäten, die im Zoom mit den Kindern zu Hause oder im Klassenzimmer stattfinden. Gleichzeitig bringen unsere Darsteller rumänische Gedichte und Texte rumänischer Dramatiker auf die Bühne, um Schülern und Studenten zu helfen, einen anderen Zugang zu den Texten für ihre Prüfungen und das Abitur zu finden. Eine andere Art von Workshops, die wir für Jugendliche durchführen, ist das öffentliche Sprechen. Bisher haben wir nur Module für Schüler der 12. Klasse angeboten, um sie auf das Abitur vorzubereiten, da sie bei mündlichen Prüfungen oft überfordert sind und ihr volles Potenzial nicht nutzen können. Diese Rhetorik-Workshops setzen verschiedene Schauspieltechniken zusammen, um denjenigen zu helfen, die sich auf Prüfungen vorbereiten.”



    Um eine Alternative zu Live-Aufführungen in Theatersälen zu bieten, hat das Gong Theater auch einen Podcast mit Geschichten erstellt, der den Titel Das Menü mit geflüsterten Geschichten” trägt. Dabei handelt es sich um Geschichten aus der ganzen Welt, vorgetragen von Schauspielern des Theaters. Alle Aufnahmen sind kostenlos auf teatrulgong.ro erhältlich und die Liste der Audiodateien wird täglich aktualisiert. Die erste Geschichte war eine rumänische Geschichte über Feen, geschrieben von Petre Ispirescu und gelesen von Lucia Barbu. Adrian Tibu: Diese Geschichten werden oft vergessen und sie in Bibliotheken nicht mehr gesucht. So kamen wir auf die Idee, diese virtuelle Mappe zu erstellen, die bereits über 150 neu interpretierte Geschichten enthält, denn es ist wichtig, diese Verbindung zu unserem Publikum zu halten und die Interaktion auch in der digitalen Umgebung zu fördern.



    Als wir diesen Podcast erstellten, dachten wir, dass es für Kinder wichtig ist, einen erholsamen Schlaf zu haben, weshalb diese geflüsterten Geschichten oft als Gute-Nacht-Geschichten verwendet werden. Diese Geschichten werden, genau wie die Workshops, weiterhin kostenlos online auf teatrulgong.ro verfügbar sein. Ich kann sagen, dass wir eine gro‎ßzügige virtuelle Bibliothek haben, die für Kinder jeden Alters nützlich ist, denn wir wollen ein aktives Publikum, mit kritischem Denken, das die Welt um sie herum verstehen kann. Und all diese Geschichten aus mehr oder weniger weit entfernten Gebieten, bieten verschiedene kulturelle Modelle, die die Vielfalt und die Realität leichter verständlich machen.”



    Das Gong-Theater hat seine Tätigkeit mit der Öffentlichkeit ab Sonntag, dem 9. Mai, wieder aufgenommen. Die erste Aufführung, die auf der Bühne aufgeführt wurde, seitdem eine Reihe von Einschränkungen aufgehoben wurden, war Gagaga und andere wie er”, eine interaktive pädagogische Aufführung mit Puppen, die von Raluca Răduca geschaffen wurde und mehrere Geschichten zusammenbringt, die von der Weltliteratur inspiriert sind.




  • Leseschwäche: Jüngere Generation hat jegliches Interesse am Lesen verloren

    Leseschwäche: Jüngere Generation hat jegliches Interesse am Lesen verloren

    35 % der Rumänen geben an, noch nie ein Buch gelesen zu haben, obwohl es unzählige Studien gibt, die zeigen, dass Lesen die harmonische Entwicklung eines Individuums fördert, Stress zu reduzieren hilft und auch zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung beiträgt. Die Weltbank hat gezeigt, dass höhere Alphabetisierungsraten mit einer gesünderen Bevölkerung, niedrigeren Kriminalitätsraten und grö‎ßeren wirtschaftlichen Wachstumsraten verbunden sind.



    Es sieht so aus, als ob sich das Verhältnis der Rumänen zu Büchern 10 Jahre nach der antikommunistischen Revolution vom Dezember 1989 zu verschlechtern begann und das Interesse der neuen Generationen am Lesen dramatisch gesunken ist. Wer ist schuld daran und was kann man tun, wo doch wissenschaftlich erwiesen ist, dass Lesen zur Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten eines jungen Menschen beiträgt?



    Wir haben die Journalistin Marina Constantinoiu, eine Expertin auf diesem Gebiet, die auch an der Fakultät für Journalismus und Kommunikation lehrt, gefragt, wie sich das mangelnde Interesse junger Menschen am Lesen erklären lässt?



    Leider ist das Verhältnis zwischen Schülern und dem Lesen im Allgemeinen, mit oder ohne Verbindung zum Internetzeitalter, ziemlich schlecht, und das ist nichts Neues, das gibt es schon seit 25 Jahren, denn vielleicht waren die ersten Jahre nach der Revolution von 1989 etwas gro‎ßzügiger, was das Lesen angeht. Man kann dem Internet die Schuld geben, aber auf der anderen Seite ist es nicht der einzige Grund und nicht einmal der schwerwiegendste. Ich denke, dass das Hauptproblem in der Familie liegt, denn die Familie ist es, die das Kind nicht zum Lesen ermutigt oder die Unfähigkeit des Kindes zum Lesen toleriert. Ich wei‎ß nicht, ob wir alle mit einem Interesse am Lesen geboren werden, ich wei‎ß, dass dies für meine Generation etwas ist, das in der Familie kultiviert wurde. Ich denke, jetzt ist es eine Frage des nationalen Notstands, denn wir sind in einer sehr schlechten Situation, was das Lesen angeht. Und das kann man an der gro‎ßen Armut des Wortschatzes sehen, mit dem die Menschen heutzutage kommunizieren.“




    Lesen als tägliche Gewohnheit baut neuronale Verbindungen auf und stärkt sie in jedem Alter, nicht nur bei Kindern und jungen Erwachsenen. Werte wie Bildung, Respekt vor Büchern oder Lehrern haben begonnen zu verschwinden. Wenn wir unsere nationale Identität nicht ernsthaft beschädigen wollen, sollten wir dies zu einem nationalen Notstand erklären, meint Marina Constantinoiu:



    Ich war früher selbst eine Studentin und jetzt unterrichte ich und ich unterhalte mich normalerweise gerne mit meinen Studenten au‎ßerhalb des Unterrichts. Ich versuche herauszufinden, was ihre Leidenschaften sind, ob sie lesen und wie viel. In letzter Zeit musste ich aber leider nicht mehr fragen, weil es offensichtlich geworden ist. An der Art und Weise, wie sie ihre Projekte schreiben und wie sie einen längeren Text betrachten, kann ich erahnen, wie viel sie lesen, denn die Arbeit daran ist für sie mit viel Langeweile verbunden. Viele erschrecken allein schon bei dem Gedanken, einen langen Text lesen, darüber nachdenken, ihn verstehen und etwas darüber schreiben zu müssen.“




    Es ist lebenswichtig, dass die Familie, unabhängig von der eigenen Bildung, in den Kindern den Respekt vor und das Interesse am Lesen kultiviert. Ohne Wissen, ohne Lernen aus Büchern ist es, als würde man eine Reise mit einer leeren Tasche beginnen. Und das ist nie gut, sagt Marina Constantinoiu:



    Lesen als Gewohnheit ist normalerweise etwas für die über 40-Jährigen, und ich gehöre zu dieser Kategorie, ich fühle mich wie ein Dinosaurier, aber es ist nicht normal, so zu sein. Ich denke, es sollte in der Familie beginnen und Lesen sollte eine Verpflichtung sein, die sanft auferlegt wird. Denn Lesen ist das, was einen als Person formt. Das sage ich vielen Kindern, die die Stirn runzeln, wenn sie hören, dass sie in der Schule mehr lesen sollen, denn sie befinden sich gerade in den aufmüpfigen Jahren ihrer Entwicklung. Egal, welches Berufsfeld man wählt, man kann die Reise nicht ohne Informationen antreten und ohne das richtige Vokabular, das man nur durch Lesen erwerben kann. Es ist egal, wie wir sie nennen: Wörter, Informationen, Ideen, Metaphern, es ist egal. Wichtig ist, dass man sie hat und sie im Leben benutzt.“




    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es wichtig ist, unsere Kinder zum Lesen anzuregen. Ihnen zu helfen, die Freude daran zu entdecken, jeden Tag für eine Weile innezuhalten und einfach zu lesen. Auf lange Sicht ist es auf jeden Fall lohnend.



    Audiobeitrag hören:



  • „Supergeschichten aus Bukarest“: Kulturprojekt für Jugendliche erforscht Geschichte der Hauptstadt

    „Supergeschichten aus Bukarest“: Kulturprojekt für Jugendliche erforscht Geschichte der Hauptstadt

    Kinder und Jugendliche aus Bukarest werden im Rahmen dieses Projektes eingeladen, nach den verborgenen Geschichten in der Geschichte der Stadt zu suchen. Mann kann sie in der Familie, in der Gemeinde, in der Schule, im Dialog mit den Lehrern, in Bibliotheken, in Buchläden dokumentieren, man kann sie in Dokumenten und Materialien im digitalen Raum finden und sie dann in Geschichten übersetzen. Die Idee ist, dazu beizutragen, die Erinnerung an den Ort zu bewahren und diese Legenden weiter zu erzählen. Die Initiatorin und Koordinatorin des Projekts ist Oana Boca Stănescu, Kulturmanagerin und Gründerin des Verbands Headsome Communication“:



    Als ich das Projekt schrieb, kam es mir seltsam vor. Ich meine, ich habe es halb aus der Position der Kulturmanagerin, halb aus der Position der Mutter geschrieben, denn ich habe zwei Kinder und alles, was mit der Leseerziehung zusammenhängt, die Art und Weise, wie Kinder Geschichten verstehen und sich darauf beziehen, ist mir wichtig. Ich mache mich Sorgen über das Schicksal meiner beiden Kinder, denn sie leben nicht in einer Glaskugel, deshalb habe ich dieses Projekt gestartet. Auf diese Idee bin ich im letzten Jahr gekommen, als ich mich zusammen mit den Mitarbeitern einer Bukarester Buchhandlung an einem enthusiastischen Projekt beteiligte, bei dem es darum ging, Bäume im Bukarester Jugendpark (»Parcul Tineretului«) zu pflanzen. Während dieser Aktion erzählte uns der Koordinator, dass wir in das Areal kommen würden, das früher als »Valea Plângerii« (»Tal der Tränen«) bekannt war. [Vor der Einrichtung des Parks, beginnend mit 1965, war das Areal um das Bukarester Schlachthaus eine Müllhalde; rundherum lebten mit und von den Abfällen der Stadt die ausgesto‎ßenen und ärmsten Stadteinwohner — zumeist Roma — Anm. d. Red.] Wir schauten uns an, einige Damen schienen zu wissen, worum es ging, aber die Kinder, die dabei waren, verstanden nicht viel, sie wussten nicht, wo das Gebiet war. So wurde mir klar, dass weder ich noch meine Kinder, die allerdings dort spielten, viel über diesen Ort wissen. Beim Nachforschen in alle Richtungen wurde mir klar, dass es viele Geschichten und Legenden über Bukarest gibt, die Kinder, die in dieser Stadt aufwachsen, nicht kennen, und so dachte ich, dass es sich lohnt, ein Projekt zu diesem Thema zu machen. Und weil das Kulturministerium einen Wettbewerb für Projekte im Zusammenhang mit dem nationalen Kulturtag am 15. Januar organisiert, wurde mir klar, dass dieses Projekt, SUPERGESCHICHTEN aus Bukarest, auch mit der nationalen Identität zu tun haben würde.“




    Zu Beginn des Herbstes, zwischen dem 1. und 12. September, sollen Kinder zwischen 8 und 18 Jahren, unterteilt in drei Alterskategorien, ihre Geschichten an die Organisatoren schicken. Oana Boca Stănescu kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    In erster Linie wollen wir mit diesem Projekt Kinder und Jugendliche dazu anregen, sich ein wenig umzusehen. Ein wenig das Handy aus der Hand zu lassen und zu entdecken, was sie umgibt. Mit Eltern, Gro‎ßeltern, Freunden zu sprechen und zu verstehen, dass Bukarest so gro‎ß, interessant und komplex ist und dass dieses Bukarest aus kleinen Städten besteht. Zu versuchen, zu verstehen und herauszufinden, was die Geschichte eines Ortes ist und wenn sie eine interessante Geschichte entdecken, diese aus verschiedenen Quellen zu dokumentieren, Bücher, Bibliotheken, Internet, mit Hilfe von Lehrern, es gibt so viele Quellen, mit denen man heute ein Thema dokumentieren kann. Nach der notwendigen Dokumentation bin ich sicher, dass sie in der Lage sein werden, eine Geschichte zu erstellen. Wir richten uns an alle mutigen Kindern, die solche Geschichten erstellen können, sie uns bis Anfang September zu schicken.“

  • Mobbing, Cyberbullying, Sexting: Kinder und Jugendliche besonders gefährdet

    Mobbing, Cyberbullying, Sexting: Kinder und Jugendliche besonders gefährdet

    Die Isolation und die Einschränkungen, die durch die Pandemie auferlegt wurden und die den Unterricht von der Schule ins Internet verlagert haben, haben die Kinder dazu gezwungen, mehr Zeit als üblich online zu verbringen. Diese Situation hat viele unangenehme Folgen, wie eine kürzlich durchgeführte Studie der Nichtregierungsorganisation Save the Children Romania“ zeigt. Verglichen mit der Situation vor dem Warnzustand haben jetzt 59% der rumänischen Kinder den Eindruck, dass sie zu viel Zeit im Internet oder mit digitalen Geräten verbringen. Für 22% von ihnen bedeutete die Zeit des Warnzustands auch, dass sie mehr Situationen im Internet erlebten, die sie verstörten oder sie glauben lie‎ßen, dass sie diese Inhalte nicht hätten entdecken sollen.



    Auch die Ängste der Eltern haben sich verstärkt: 55% von ihnen sind mehr als früher besorgt, dass ihre Kinder im Internet mit Erwachsenen in Kontakt kommen könnten, die versuchen, sie auszubeuten oder sexuell zu missbrauchen, während 48% sich mehr Sorgen machen, dass ihre Kinder Opfer von unangemessenen Nachrichten werden könnten. Einige dieser Schlussfolgerungen wurden aus Beschwerden gezogen, die die Organisation Rettet die Kinder“ über ein Online-Tool zur Meldung schädlicher Internetinhalte erhielt. Das auf der Website oradenet.ro verfügbare Beschwerde-Formblatt esc_ABUZ führt zu einer alarmierenden Schlussfolgerung, wie wir von Andreea Hurezeanu, der Koordinatorin des Online-Sicherheitsprogramms für Minderjährige, das von der Organisation Rettet die Kinder“ ins Leben gerufen wurde, erfahren:



    Im Jahr 2020 sind mehr als 1.500 Beschwerden eingegangen. Und bei 72 % davon ging es um Materialien, die sexuellen Missbrauch von Kindern, Kinder-Nacktheit oder Kinder in sexualisierten Posen zeigen. Wie in den Vorjahren waren die Opfer zu einem überwältigenden Teil — rund 85 % — weiblich. Und was das Alter betrifft, so waren die Kinder in 8 % der Fälle bis zu 5 Jahre alt, und 76 % waren Kinder zwischen 6 und 10 Jahren. Die Altersgruppe der 11- bis 14-Jährigen machte 14 % der Berichte aus, und 2 % betrafen Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren.“




    Die Überwachung konzentrierte sich nicht auf soziale Medien im Besonderen. Es wurden alle Webseiten berücksichtigt, auf die Kinder zugreifen und die dann als zu zugänglich für die Minderjährigen, die im Internet surfen, gemeldet wurden. Wie können Eltern angesichts dieser Situation ihre Kinder schützen? Andreea Hurezeanu gibt einige Empfehlungen:



    In den meisten Fällen sind sich die Eltern nicht bewusst, dass es Kindersicherungsprogramme gibt, die Kindern helfen, auf Inhalte zuzugreifen, die für Minderjährige geeignet sind. So kommt es, dass alle Arten von Bildern und Videos, die nicht für Kinder geeignet sind, aber trotzdem im Internet existieren, zugänglich sind. Deshalb ist es für erwachsene Nutzer sehr wichtig, zu melden, wenn sie solche verstörenden Inhalte finden. Besonders in dem Kontext, in dem wir durch die Pandemie mehr Zeit im Internet verbringen, ist die übermä‎ßige Zeit, die Kinder in der Online-Umgebung verbringen, ein erhöhtes Risiko. Wenn sie mehr Zeit im Internet verbringen, können sie mit Situationen wie Cybermobbing (Belästigung oder Aggression im Internet), Sexting, Internetsucht, Zugang zu Fake News usw. konfrontiert werden. All dies sind Gefahren, denen Kinder im Internet ausgesetzt sein können. Zum Beispiel ist Cybermobbing durch Online-Belästigung und verbale Aggression sehr verbreitet, und Rumänien nimmt einen der vorderen Plätze in der EU in Bezug auf Cybermobbing unter Kindern ein.“




    Neben elterlichen Kontrollprogrammen und nachträglichen Beschwerden sind die Eltern-Kind-Kommunikation und die Kultivierung des Vertrauens der Kinder in die Erwachsenen weitere Möglichkeiten, die hohen Risiken beim Surfen im Internet zu reduzieren. Andreea Hurezeanu noch einmal:



    In erster Linie raten wir Eltern, eine offene Kommunikation mit ihren Kindern zu pflegen. Das ist der grö‎ßte Vorteil, den Eltern haben, wenn es darum geht, die Beziehung von Minderjährigen zu dem, was im Internet passiert, zu steuern. Wenn es eine offene Beziehung und eine ständige Kommunikation zwischen dem Kind und den Eltern gibt, wird das Kind den Mut haben, seiner Mutter, seinem Vater oder anderen Personen, denen es vertraut, von den unangenehmen Ereignissen zu erzählen, die es im Internet erlebt hat. Neben der Einrichtung eines Programms zur elterlichen Kontrolle ist es notwendig, eine offene Eltern-Kind-Beziehung zu pflegen, Informationen über die Risiken im Internet zu sammeln und diese Gefahren mit Minderjährigen zu besprechen. Durch eine freundschaftliche Beziehung zu den Kindern können Eltern ihnen auch helfen, schwierige und unangenehme Momente zu überwinden, die durch bestimmte Probleme im Internet verursacht werden.“




    Genau um die Anzahl solcher Probleme zu reduzieren, hat die NGO Rettet die Kinder“ die Informationskampagne Unskippable Stories“ — Nicht überspringbare Geschichten“ — gestartet. Die Kampagne besteht aus einer Reihe von sechs Audio-Video-Clips, die Gespräche zwischen Tätern und Opfern darstellen, inspiriert von Situationen aus dem wirklichen Leben. Sie werden online in verschiedenen sozialen Netzwerken in Form von Kurznachrichten ausgestrahlt, die nicht deaktiviert oder ignoriert werden können, so wie auch die Geschichten von Kindern, die Opfer von Internetmissbrauch sind, nicht übersehen werden können.

  • Finanzielle Erziehung für die Allerkleinsten

    Finanzielle Erziehung für die Allerkleinsten

    In den letzten Jahren haben jedoch Erzieher, seien es Eltern oder Lehrer, damit begonnen, Kinder mit wirtschaftlichen Begriffen vertraut zu machen, zugeschnitten auf das jeweilige Alter des Kindes. Die Organisation Junior Achievement Romania zum Beispiel bietet über 15 Finanzprogramme und Bildungskurse an, die sie Lehrern und Schulen, die sich für das Thema interessieren, kostenlos zur Verfügung stellt.



    Die Kurse sind optional, sie erscheinen nicht als Pflicht im Lehrplan, aber sie wurden eingeführt, weil es einen Bedarf dafür gab, wie Loredana Poenaru, Bildungsdirektorin bei Junior Achievement Romania, erklärt:



    Finanzielle Erziehung wird in jedem Alter benötigt, weil diese Art von Bildung uns bei unseren finanziellen Entscheidungen einen klaren Kopf verschafft. Deshalb befassen sich unsere Programme mit finanzieller Bildung von der ersten Klasse an bis zum Ende des Gymnasiums, sogar in der höheren Bildung. Für die Kleinen ist es wichtig, zu verstehen, woher das Geld ihrer Eltern kommt und was sie damit machen können, warum es wichtig ist, zu sparen, statt sich sofort Wünsche zu erfüllen. Und für Teenager und junge Leute ist es wichtig, den Unterschied zwischen verschiedenen Finanzdienstleistungen zu verstehen, die Kriterien, die sie bei Kaufentscheidungen berücksichtigen müssen, und die Mechanismen, mit denen sie sich in Zukunft finanziell absichern können.“




    Auch neuere Elterngenerationen sehen diesen Bedarf, denn in der Vergangenheit haben frühere Generationen entweder nicht mit ihren Kindern über diese Dinge gesprochen oder sie wussten nicht, wie sie das Thema angehen sollten. Loredana Poenaru kennt diese Entwicklung:



    Wir sehen mehr und mehr eine Bereitschaft bei den Eltern, diese Wahlfächer zu akzeptieren. Kinder werden selbst zu Vektoren von Informationen, denn sie gehen sicherlich mit einer gewissen Begeisterung nach Hause, mit bestimmten Informationen, die sie erlangt haben und die sie bereit sind, in ihrem Alltag anzuwenden. Mit zunehmendem Alter steigt auch das Interesse und die Bandbreite der Themen. Zum Beispiel haben wir in letzter Zeit ein gesteigertes Interesse der jungen Leute für Investitionen gesehen, als eine Möglichkeit, ihr Einkommen zu erhöhen. Das ist ein weites und komplexes Gebiet, das wir versuchen abzudecken, indem wir Fachleute aus der Wirtschaft einbeziehen.“




    Die Kurse werden in Schulen abgehalten und sind das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen der Organisation Junior Achievement Romania und dem Bildungsministerium. Rund 1500 Schulen im ganzen Land nehmen an dem Programm teil. Noch interessanter wird es, wenn den Kleinen trockene Finanzbegriffe durch Spiele oder Geschichten erklärt werden. Genau das hat die Autorin Cristina Andone versucht, als sie die beiden Bände der Reihe Gut erzogenes Geld“ schrieb. Bevor sie über Geld schrieb, verfasste Cristina Andone Komponistenbiographien für Kinder. Für die Finanzserie nutzte sie ihre Kreativität, um über Finanzen und Banken zu schreiben. Hier spricht sie darüber:



    Ich habe versucht, kreativ über Geld zu schreiben, auf eine witzige Art und Weise. Das sind keine trockenen Geschichten. Ich habe versucht, mich von einem didaktischen Ansatz fernzuhalten, aber ich habe gleichzeitig versucht, eine gewisse Besonnenheit und Weisheit zu transportieren. In diesen Büchern spreche ich nicht über Geld als Wert an sich, sondern als ein Mittel, um bestimmte Werte wie Solidarität, Gro‎ßzügigkeit und Selbstvertrauen zu beleuchten. Geld ist ein Reisegutschein in Richtung unserer Träume. Wenn wir nicht wissen, was der Traum ist, wird jede finanzielle Entscheidung, die wir treffen, nutzlos sein oder einen ungerechtfertigten Aufwand bedeuten. Meine Bücher lehren Kinder, gro‎ßzügig, vorsichtig und verantwortungsbewusst zu sein, aber nicht in diesen Worten ausgedrückt .“




    In verschiedenen Geschichten mit Tieren, die an traditionelle Märchen oder Anekdoten angelehnt sind, werden Kinder mit Begriffen wie Kredit, Zinsen, Investitionen und Wettbewerb vertraut gemacht. In diesem Fantasiespiel rund ums Geld erfahren sie, was Mä‎ßigung ist, Solidarität durch Spenden, die Unterstützung kleiner Geschäfte und die Notwendigkeit, sich beim Einkaufen zurückzuhalten. Gleichzeitig erfahren sie, dass Geld unsere Träume verwirklichen kann, aber kein Lebensideal sein darf. Die Autorin Cristina Andone über ihren pädagogischen Ansatz:



    Ich dachte an ein Survival-Kit für die Finanzwelt, an ein paar elementare Fragen der Orientierung. Ich habe diese Bücher nicht geschrieben, um Kinder zu Ökonomen, Bankern oder Unternehmern zu machen. Ich habe sie für jedes Kind geschrieben, das, egal welchen Beruf es später einmal ausüben wird, von klein auf lernen muss, dass jede Familie ein Budget hat, dass Geld nicht unbegrenzt vorhanden ist und dass es besser ist, sich ein Budget wie eine in Scheiben geschnittene Pizza vorzustellen. Wenn ein Kind diese Prinzipien früh lernt, Geld beiseite zu legen, keine Dinge im Überma‎ß zu kaufen, nur das zu kaufen, was man wirklich braucht, an Bedürftige zu spenden, wird es der gesamten Gesellschaft nützen.“




    Aus diesem Grund sollten Kinder nicht von finanziellen Fragen ferngehalten oder beschützt“ werden, meint Cristina Andone:



    Ich bin ein Mensch, der in der Literaturwelt beheimatet ist, mit einer musikalischen Ausbildung, und lange Zeit lebte ich mit der Idee, dass es in Ordnung sei, als Künstlerin kein Interesse an finanziellen Angelegenheiten zu haben. Das ist überhaupt nicht in Ordnung! Denn wenn man sich nicht damit beschäftigt, muss es jemand anderes tun. Die Idee, dass es edel sei, sich von Geld fernzuhalten, ist schlichtweg falsch. Man muss mit Geld ma‎ßvoll und transparent umgehen, nach einfachen Regeln, die man wie Hygieneregeln behandeln muss.“




    Tatsächlich seien Regeln, die sich auf Geld beziehen, eine Methode, Anpassungsfähigkeit fürs Leben zu erlangen, meint die Autorin Cristina Andone und Pädagogen, die finanzielle Erziehung schon im frühen Alter empfehlen.

  • Focus – der Filmworkshop für Jugendliche

    Focus – der Filmworkshop für Jugendliche

    Viele rumänische ländliche Gemeinden standen in letzter Zeit im Fokus von NGOs, die versuchten, den Kindern den Zugang zu Bildung zu erleichtern. So wurden Lehrer in Gebiete geschickt, wo sie am meisten gebraucht wurden. Dies brachte das Team von Verein PATRUPETREI auf die Idee, im Rahmen eines Projekts namens FOCUS eine Reihe von Kurzfilm-Workshops für die Kinder im Landkreis Călăraşi abzuhalten. Andrei Dudea, der Leiter des PATRUPETREI-Teams, hat uns mehr Einzelheiten dazu verraten:



    Das FOCUS-Projekt besteht eigentlich aus mehreren Dokumentarfilm-Workshops für Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren. Wir halten Theorie-Workshops ab, weil wir ihren kritischen Geist entwickeln wollen. Das hei‎ßt, wir setzen uns zusammen und schauen uns Filme oder andere Medienprodukte an, die Kinder normalerweise mögen, wie zum Beispiel Musikvideos. Kinder mögen besonders Vlogging und Mainstream-Musik. Wenn wir uns Dokumentarfilme ansehen, versuchen wir, sie zu analysieren, diskutieren die Hauptrollen, das angesprochene Thema und die Art und Weise, wie der Film gemacht wurde. Wir sprechen über die Figuren und Darsteller allgemein und gehen nicht auf technische Details ein, da die meisten Kinder, die an diesen Workshops teilnehmen, 11 oder 12 Jahre alt sind. Wir versuchen, ihnen zu zeigen, dass der Schnitt und die Musik einen gro‎ßen Einfluss auf ein Medienprodukt haben. Wir versuchen, ihnen das verständlich zu machen, denn ein wichtiger Teil dieses Projekts ist es, ihren kritischen Geist zu entwickeln.“



    Nach dem theoretischen Ansatz folgt der praktische Teil. Andrei Dudea:



    Wir halten einige praktische Workshops ab, das hei‎ßt, wir gehen mit der Kamera zu ihnen und bringen ihnen bei, zu filmen, ein Thema für ihr Projekt zu wählen. Die häufigsten Themen drehen sich zum Beispiel um Fu‎ßball. Alle Jungen wollten in den Gemeinden, die wir besucht haben, Filme über Fu‎ßball machen. Nachdem wir ihnen geholfen haben, ein Thema auszuwählen, bringen wir ihnen bei, wie man mit einer Kamera arbeitet und lassen sie die Kameras mit nach Hause nehmen und selbstständig arbeiten. Sie arbeiten also zuerst mit dem Mentor zusammen, um die Grundlagen zu lernen, und versuchen sich dann alleine oder in kleinen Teams. Das ist wichtig, denn das hilft ihnen auch, verantwortungsbewusster zu werden.“



    Laut Andrei Dudea geht es vor allem darum, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken:



    Unser Hauptinteresse ist, dass sie etwas über Verantwortung lernen. In diesem Fall lernen die Teilnehmer des Workshops, wie man ein Projekt aufbaut und wie man es durchführt. Ich glaube, es ist wichtig, dass das Projekt abgeschlossen wird, egal wie interessant oder uninteressant es ist. Wir arbeiten auch daran, ihr Selbstvertrauen zu stärken. Wir haben bisher drei Workshops abgehalten und der vierte folgt. Wir haben zwei sehr talentierte Kinder unter denjenigen gefunden, mit denen wir gearbeitet haben.“



    Die zweite Auflage des FOCUS-Filmworkshops für Jugendliche fand während der Pandemie statt, was einige Änderungen im Ablauf des Projekts zur Folge hatte, da ein Teil des Projekts online abgehalten wurde. Zu diesem Thema wurde ein Mini-Dokumentarfilm gedreht, in dem es darum ging, wie die Jugendlichen mit den Veränderungen um sie herum umgingen und mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert wurden, als die Schulen geschlossen wurden und sie mit dem Online-Unterricht begannen. Mit der Unterstützung ihrer Mentoren, Andrei Dudea und Ruxandra Gubernat, lernten die Kinder, ihre eigene Geschichte mit Hilfe des Films zu erzählen. Laut Andrei Dudea wissen Kinder mehr über Filme, als wir erwarten würden:



    Kinder sind heute viel mehr den Medien ausgesetzt, sie haben Handys, sie machen Videos, gehen auf TikTok, Instagram und sie wissen, wie sie ihre Ideen ausdrücken können.“



    Aus den Kurzfilmen der Kinder entstand ein Dokumentarfilm, der auch Einblicke in das ländliche Leben während der Pandemie und die Reaktion der Dorfbewohner auf den Lockdown zeigt. Das Projekt wird dieses Jahr in einer Roma-Gemeinde in Călăraşi fortgesetzt.