Tag: Politik

  • Bau von regionalen Großkliniken läuft an

    Bau von regionalen Großkliniken läuft an

    2024 könnte das Jahr der großen Infrastrukturprojekte in Rumänien werden. Zufällig stehen in diesem Jahr vier Wahlen an und in diesem Zusammenhang richtet die Regierung in Bukarest den Blick erneut auf Bereiche, die die Bürger als unzureichend empfinden, darunter die medizinische Infrastruktur. In den letzten Jahrzehnten haben rumänische Politiker versprochen, den Bau von sogenannten Regionalkrankenhäusern voranzutreiben – große medizinische Einrichtungen, die moderne und zentralisierte Dienstleistungen für die Bevölkerung der wichtigsten Regionen des Landes bereitstellen. Doch diese Projekte gerieten aufgrund bürokratischer Hürden und mangelnder Finanzierung ins Stocken.

    Nun scheint sich das Blatt zu wenden. Nachdem im März die Arbeiten am Regionalen Notfallkrankenhaus Craiova im Südwesten Rumäniens und im April am Regionalen Notfallkrankenhaus Iasi im Nordosten angefangen hatten, wurde Ende letzter Woche mit dem Bau des Regionalen Notfallkrankenhauses Cluj in Zentralrumänien begonnen. Das Projekt hat einen Wert von mehr als 700 Millionen Euro und soll in drei Jahren fertiggestellt werden. Die medizinische Einrichtung befindet sich neben der Großstadt Cluj in der Gemeinde Florești und wird fast 850 Betten, einen Hubschrauberlandeplatz und 22 Operationssäle umfassen. Anlässlich des symbolischen ersten Spatenstichs erklärte Gesundheitsminister Alexandru Rafila, dass sich die Qualität der Gesundheitsversorgung in Rumänien durch den Bau der drei regionalen Krankenhäuser erheblich verbessern wird. Ihm zufolge werden in Rumänien Krankenhäuser dank der Gelder, die die Europäische Union im Rahmen des Wiederaufbauplans PNRR zur Verfügung stellt, sowie durch das Engagement vieler Verantwortlicher sehr schnell und in hoher Qualität gebaut. Er wies darauf hin, dass sich derzeit 20 Krankenhäuser im Bau befinden oder dort in Kürze Bauarbeiten beginnen werden, was auch den Bürgermeistern und Kreisratspräsidenten zu verdanken ist, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Gesundheit ihrer Gemeinden haben.

    Wenn Rumänien die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessern will, braucht es jedoch nicht nur eine moderne Infrastruktur, sondern auch eine ausreichende Zahl gut ausgebildeter Ärzte. Das rumänische Gesundheitssystem leidet jedoch unter einem Mangel an medizinischen Fachkräften, und viele verlassen das Land, um Patienten in westeuropäischen Ländern zu versorgen. Nach Angaben der rumänischen Ärztekammer beabsichtigen 58 % der Ärzte unter 35 Jahren, das Land zu verlassen, und dies bei einem landesweiten Mangel von 15.000 Ärzten.

     

  • Rückblick auf die Ereignisse der Woche 22.11.–26.11.2021

    Rückblick auf die Ereignisse der Woche 22.11.–26.11.2021

    Neues Kabinett aufgestellt: Präsident Johannis ermahnt Koalition zu entschlossenem Krisenmanagement



    Das Bukarester Parlament hat am Donnerstag die neue Koalitionsregierung um den designierten liberalen Premierminister Nicolae Ciucă abgesegnet. Zwanzig Ressorts haben sich die Sozialdemokratische Partei (PSD), die Nationalliberale Partei (PNL) und der Ungarnverband (UDMR) nach langwierigen und teils hitzigen Verhandlungen untereinander aufgeteilt. Bei der feierlichen Vereidigung der Minister durch den Staatspräsidenten Klaus Johannis, teilte der Staatschef, der bis zu seiner politischen Karriere Lehrer war, ordentlich aus und ermahnte die Exekutive, an die Arbeit zu gehen. Die Menschen in diesem Land haben politische Krisen und leere Versprechungen satt. Es sei an der Zeit, die Probleme des Landes anzugehen, so der Staatspräsident:



    Die politische Krise ist beendet, doch die anderen Krisen und Probleme sind damit nicht aus der Welt geschafft. Die Pandemie ist nicht beendet, die Krise auf dem Energiemarkt ist nicht überwunden, sie nimmt nur neue Formen an; wir brauchen eine Haushaltskorrektur und eine gründliche Vorbereitung und Verabschiedung des Staatshaushaltes für kommendes Jahr. Die Menschen erwarten eine rechtzeitige Auszahlung ihrer Gehälter und Renten, und wir haben eine Fülle von anderen dringenden Problemen, die gelöst werden müssen. Für all dies brauchen wir eine solide Regierung mit einer konsistenten Mehrheit im Parlament — und diese Regierung gibt es nun.“



    Die vorausgegangenen Verhandlungen zwischen den Koalitionsparteien waren langwierig und von Geschacher um jeden Posten begleitet; insbesondere die PSD, die auch die stärkste Parlamentsfraktion aufstellt, und die PNL, die seit 2020 regiert hatte, lieferten sich verbale Schlagabtausche, die nicht selten unter die Gürtellinie gingen. Zu den Vereinbarungen des neuen Koalitionsvertrags gehört auch die Aufstellung des Ministerpräsidenten nach dem Rotationsprinzip. Die PSD erhielt neun Ministerien, die PNL musste sich mit acht Ressorts begnügen. Relativ leicht wurde der Juniorpartner UDMR beglückt — der Ungarnverband darf weiterhin seine drei bisherigen Ministerposten mit eigenem Personal besetzen. Es geht dabei um das Ministerium für Regionale Entwicklung, das Umweltministerium und das Sportministerium, hinzu kommt das Amt des Vizepremierministers.



    Alle Koalitionäre wollen selbstverständlich auch die jeweils eigene Wählerschaft bedienen, das Regierungsprogramm liest sich daher wie ein Katalog von hehren Prinzipien: 7% des BIP sollen für Investitionen herangezogen werden, der Nationale Wiederaufbau- und Resilienzplan müsse unverzüglich umgesetzt werden und mit dem nach dem Bauingenieur und Brückenbauer Anghel Saligny benannten Investitionsplan wolle man das Entwicklungsgefälle zwischen den Regionen des Landes verringern. Zu den offenbar sozialdemokratisch geprägten Versprechen gehören die Erhöhung der Sozialausgaben, des Mindestlohns, der Renten und des Kindergeldes. Im Verbraucherschutz will die Regierung kommendes Jahr den Schutzmechanismus unter die Lupe nehmen, mit dem Endverbrauchern und rumänischen Unternehmen das Leben nach den steigenden Energiepreisen erleichtert werden soll. Ein Ausschuss des Bildungsressorts soll ein neues Bildungsgesetz ausarbeiten und die Regierung verpflichtet sich, in den kommenden 10 Jahren zweistellige Milliardenbeträge in Euro in die Transportinfrastruktur zu investieren. Im Justizwesen sei man bemüht, die Verpflichtungen des Kooperations- und Kontrollverfahrens für Rumänien zu erfüllen. Und schlie‎ßlich in der Au‎ßenpolitik gibt es Einvernehmen: die Nato, die EU und die strategische Partnerschaft mit den USA sind nach wie vor die Eckpfeiler der Au‎ßen- und Sicherheitspolitik Rumäniens und Bukarest strebt eine Konsolidierung seiner Position an, ist noch im Regierungsprogramm der Koalitionäre zu lesen.



    Epidemiologische Lage in Rumänien: sinkende Infektionszahlen bei hoher Sterblichkeit



    Rumänien hat mit der neuen Regierung auch einen neuen Gesundheitsminister, auf dessen Fachwissen viele Hoffnungen für die Eindämmung der Pandemie setzen. Alexandru Rafila, 59 Jahre alt, Arzt mit Fachausbildung in Mikrobiologie und Infektiologie, Hochschulprofessor und und Vertreter Rumäniens bei der WHO, zeigt sich voller Tatendrang. Er will die Impfkampagne beschleunigen und 46 Krankenhäuser modernisieren lassen. Zugleich warnte er eindringlich gegen eine fünfte Welle der Pandemie und möchte entsprechende Ma‎ßnahmen dagegen treffen:



    Zum heutigen Zeitpunkt ist uns wichtig, die bestmögliche Partnerschaft mit den Fachkräften im Gesundheitswesen zu etablieren, so dass die zu treffenden Ma‎ßnahmen Zustimmung in der breiten Bevölkerung finden. Die täglich verzeichneten Hunderte von Toten bedrücken mich sehr. Es scheint fast unglaublich, dass ein EU-Staat so viele Todesfälle im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung hat. Wir müssen alles erdenklich Mögliche tun, damit sich diese Situation nicht wiederholt und damit die Menschen wieder Hoffnung hegen. Im Laufe des Jahres 2022 werden wir den Weg zurück zur Normalität finden.“



    Die Zahl der Neuerkrankungen an Covid-19 ist auch diese Woche zurückgegangen, nach langer Zeit werden wieder weniger als 2.000 Neuinfektionen in 24 Stunden verzeichnet, doch mit rund 200 Todesfällen täglich bleibt die Sterblichkeit recht hoch.



    Die Impfskepsis scheint indessen ungebrochen zu sein, nur etwa 40% der Bevölkerung haben mindestens eine Impfdosis verabreicht bekommen. Einige Landeskreise befinden sich noch im roten Szenario und das Bildungsministerium erlaubt Schulen in Ortschaften mit einer Inzidenz unter 3 Neuerkrankungen je 1.000 Einwohner, den Präsenzunterricht wiederaufzunehmen.



    Moldauische Präsidentin Maia Sandu zu Stippvisite in Bukarest



    30 Jahre ist es her, seit Rumänien und der damals junge unabhängige Nachbarstaat Moldaurepublik diplomatische Beziehungen aufgenommen haben. Zu diesem feierlichen Anlass stattete die moldauische Präsidentin Maia Sandu ihrem rumänischen Amtskollegen Klaus Johannis einen Besuch in Bukarest ab, bei dem die besonderen Beziehungen zwischen den beiden Staaten hervorgehoben wurden. Bukarest unterstütze die Moldaurepublik weiterhin uneingeschränkt und nachhaltig, sagte Präsident Johannis anlässlich der Gespräche. Dabei bleibe es nicht bei einem Lippenbekenntnis, sondern ginge es um mehrere gemeinsame Projekte wie die energetische Integration und Sicherheit beider Länder, die Entwicklung der gemeinsamen Verkehrsinfrastruktur und der Telekommunikation sowie die Kooperation im Bereich der Bildung. Für die Bemühungen der Moldaurepublik um europäische Integration sei die wirtschaftliche, diplomatische und bildungspolitische Unterstützung aus Bukarest wesentlich, sagte ihrerseits die moldauische Präsidentin Maia Sandu, die die historische, kulturelle und sprachliche Zusammengehörigkeit der beiden Staaten hervorhob.

  • Neue Regierungskoalition in den Startlöchern

    Neue Regierungskoalition in den Startlöchern

    Die Koalition der Liberalen, Sozialdemokraten und des Ungarnverbands als Juniorpartner (PNL-PSD-UDMR) stützt sich auf eine bequeme Mehrheit, die die Ausgangslage nach der Parlamentswahl im vergangenen Jahr nur scheinbar auf den Kopf stellt. Das Geschacher um Spitzenpositionen im Staat läuft nämlich nicht allein um Ministerposten, sondern auch um die höchsten Funktionen im bikameralen Parlament. So wurde der PSD-Chef Marcel Ciolacu zum Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer gewählt, während der Parteichef der Liberalen, Florin Cîţu, die Leitung des Senats übernimmt. Beide dürften ihre Ämter am kommenden Freitag übernehmen, wenn bis dahin die neue Regierung bestätigt und vereidigt wird.



    In der Abgeordnetenkammer ging das Procedere reibungslos über die Bühne, denn der Posten des Vorsitzenden war nach dem Rücktritt des abgewählten PNL-Chefs Ludovic Orban ohnehin vakant. Somit hatte es der Chef der Sozialdemokraten, Marcel Ciolacu, recht leicht — er wurde mit 217 Fürstimmen und 77 Gegenstimmen zum neuen Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer gewählt. Cristina Prună, seine Kontrahentin von der USR, hatte aufgrund der neuen Mehrheitsverhältnisse im Parlament kaum eine Chance, sich durchzusetzen. Als Parlamentspräsident werde ich mich dafür einsetzen, dass die Ma‎ßnahmen für den Sozialschutz und gleichzeitig für die Förderung der Wirtschaft, für die die PSD einsteht, auch umgesetzt werden und dass das Regierungsprogramm im Parlament unterstützt wird“, sagte Ciolacu nach seiner Wahl.



    Nicht so reibungslos verlief die Wahl eines neuen Chefs des Senats, der Oberkammer des rumänischen Parlaments. Hier war es in der Auffassung der neuen Koalition notwendig, Anca Dragu, die amtierende Präsidentin seitens der USR, aus dem Amt zu boxen, um den Weg für den Liberalen-Chef frei zu machen. Die Gro‎ße Koalition berief sich dabei auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichts, laut der bei einer Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament die amtierenden Präsidenten der beiden Kammern ihrer Ämter enthoben werden können. Wie zu erwarten war, will die USR nun eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Ma‎ßnahme einreichen.



    PNL-Chef Florin Cîţu, der mit 82 Fürstimmen und 25 Gegenstimmen nun auch zum Senatspräsidenten gewählt wurde, hat es ohnehin nicht leicht, denn nicht alle in seiner Partei sind erfreut über die Koalition mit dem bisherigen Erzfeind“ PSD. Ludovic Orban, ehemaliger Parteichef und altgedientes Parteimitglied, ist nach 30 Jahren aus der PNL ausgetreten und hat gleich mehrere Parlamentsabgeordnete mit ins Boot der Abtrünnigen geholt — darunter auch zwei ehemalige Minister. Doch auch die Liberalen, die dem neuen Chef die Treue halten, monieren hinter verschlossenen Türen, dass die PSD bei den Verhandlungen über das neue Kabinett die PNL über den Tisch ziehen würde.



    Indessen sollte das neue Kabinett um den Liberalen und General a. D. Nicolae Ciucă am Donnerstag aufgestellt werden — wenn sich die Verhandlungspartner bis dahin nicht wieder verkrachen. Geplant sind 20 Ministerien und zwei Vize-Ministerpräsidenten. Die Liberalen wollen ihre bisherigen Ministerposten behalten — es handelt sich dabei um das Auswärtige Amt, das Innenministerium, das Bildungsministerium und das Energieressort — und vier weitere Ministerien für sich in Anspruch nehmen. Die Sozialdemokraten beanspruchen neun Ressorts für sich, darunter das Finanzministerium, das Verteidigungsministerium und das Wirtschaftsministerium sowie das Generalsekretariat der Regierung. Dem Ungarnverband UDMR stünden laut bisherigen Verhandlungen dieselben staatlichen Geschäftsbereiche wie bisher zu — das Ministerium für Entwicklung, das Umweltressort und das Sportministerium.



    Das Regierungsprogramm ist am Dienstag im Parlament eingereicht worden, im Text finden sich zuhauf hehre Prinzipien wie Resilienz, Stabilität, Transparenz, soziale Gerechtigkeit und Effizienz. Der designierte Premierminister versicherte ebenfalls, dass man eine Anhebung der Renten, der Sozialausgaben, des Mindestlohns und des Kindergeldes plane. Noch ist allerdings nichts entschieden — nach Donnerstag werden wir alle schlauer sein.

  • Rückblick auf die Ereignisse der Woche 27.09.–1.10.2021

    Rückblick auf die Ereignisse der Woche 27.09.–1.10.2021





    Vierte Pandemiewelle: Rekordzahl an Neuinfektionen mit Sars-CoV-2



    In Rumänien ächzen die Krankenhäuser unter den immer zahlreicher werdenden Patienten mit einer schweren Erkrankung an Covid-19. Die vierte Welle der Pandemie hat Rumänien offiziell zwar schon vor mehr als einem Monat erreicht, doch insbesondere in den letzten zwei Wochen sind die Zahlen der täglichen Neuinfektionen dramatisch nach oben gegangen. Ärzte berichten, zu aller erst werden die Intensivstationen belegt, doch die erreichen sehr schnell die Obergrenze ihrer Kapazität, so dass alle Krankenhäuser sich in einem ständigen Umdisponierungsprozess befinden, um weitere Betten für Covid-19-Patienten freizumachen. So etwa werden in Bukarest Patienten mit anderen Krankheiten entweder auf andere Hospitäler verlegt oder sogar entlassen, wenn Ärzte den weiteren Verlauf einer weniger schlimmen Erkrankung für zumutbar erachten. Hunderte Ortschaften verzeichneten in der sogenannten 14-Tage-Inzidenz mehr als 3 Neuerkrankungen pro 1000 Einwohner, etliche Gro‎ßstädte, darunter auch die Hauptstadt und die Vororte, sogar über 6.



    An diesem Wochenende treten in Ortschaften mit über 6 Neuerkrankungen pro 1000 Einwohner erneut Einschränkungen in Kraft: Die Maskenpflicht im Freien wir wieder eingeführt, au‎ßerdem gilt die sehr umstrittene 2G-Regelung — nur noch Geimpfte und Genesene dürfen Restaurants, Bars, Terrassen und Veranstaltungen in geschlossenen Räumen betreten. Dasselbe gilt für Veranstaltungen im Freien mit gro‎ßen Menschenmengen — der Zutritt zu Konzerten und Sportereignissen wird Ungeimpften und Menschen, die nicht beweisen können, die Krankheit überstanden zu haben, verweigert.



    Indessen hat auch in Rumänien die Verabreichung der dritten, sogenannten Booster-Impfung begonnen. Die Drittimpfung soll völlig unbürokratisch und unkompliziert über die Bühne laufen — man braucht keine Anmeldung oder sonstige vorausgehende Schritte. Wenn mindestens sechs Monate seit Verabreichung der zweiten Impfdosis verstrichen sind, kann man sich mit dem Personalausweis und dem Nachweis des Impfstatus zum nächstbesten Impfzentrum begeben und sich mit der dritten Dosis immunisieren lassen. Priorität genie‎ßen zunächst Menschen im Alter von über 65 Jahren, chronisch Kranke, ungeachtet ihres Alters, sowie medizinisches Personal und Sozialhelfer.




    Misstrauensanträge: liberale Regierung um Premierminister Florin Cîţu unter Beschuss



    Der frischgewählte Parteichef der Liberalen und Premierminister Florin Cîţu hat dieser Tage kein leichtes Leben — gleich zwei Misstrauensanträge gegen sein Kabinett haben seine politischen Gegner eingereicht. Am Donnerstag haben die Sozialdemokraten (PSD) in der Vollversammlung des Parlaments ihren Misstrauensantrag gegen die Regierung unter gro‎ßem Tumult vorgetragen. Kommenden Dienstag, also am 5. Oktober, soll darüber im Parlament abgestimmt werden. Nach bisherigen Berechnungen hat die Regierung um den liberalen Premierminister Florin Cîțu kaum eine Chance, im Amt zu bleiben. Zumindest deklarativ sind sich die PSD, die nationalistische Partei AUR und die USR-Plus, der ehemalige Juniorpartner der Liberalen, einig: Diese Regierung und vor allem Premierminister Cîțu müssen weg. Sollten alle Abgeordneten der genannten Parteien wie verkündet abstimmen, würde das Votum 280 Stimmen für den Misstrauensantrag bringen — mehr als genug, um die Regierung zu stürzen, denn nach der derzeitigen Konstellation würden schon 234 Stimmen für eine Absetzung des Kabinetts reichen.



    Doch auch im unwahrscheinlichen Fall, dass der Misstrauensantrag der Sozialdemokraten kommenden Dienstag scheitert, kann der Premierminister keineswegs erleichtert aufatmen, denn gegen ihn liegt ein weiterer Misstrauensantrag vor, den die USR-Plus und die AUR eingereicht haben und dem sich die Sozialdemokraten laut eigenen Angaben anschlie‎ßen möchten. In diesem zweiten Misstrauensantrag rechnet die USR-Plus mit dem liberalen Premierminister ab. Er sei unfähig, eine Koalitionsregierung zu führen“ und einem engherzigen Parteiklüngel“ verfallen, der Allgemeinwohl und Wohlstand“ aufs Spiel setze, so im Text des Misstrauensantrags der USR-Plus.



    Nationaler Wiederaufbau- und Resilienz-Plan von EU-Kommission genehmigt



    Die Europäische Kommission hat den Nationalen Wiederaufbau- und Resilienz-Plan Rumäniens genehmigt. Rund 29,2 Mrd. Euro erhält Rumänien in Form von Zuschüssen und Darlehen für die Wiederankurbelung der Wirtschaft bis 2026. Ursula von der Leyen, die Vorsitzende der Europäischen Kommission, begab sich am Montag eigens dafür nach Bukarest, um zusammen mit dem rumänischen Präsidenten Klaus Johannis die Genehmigung anzukündigen. Der Wiederaufbau- und Resilienz-Plan sei von gro‎ßer Bedeutung für die Zukunft Rumäniens und das Ergebnis eines intensiven Dialogs, betonten beide Spitzenpolitiker. Rumänien müsse allerdings all die notwendigen Reformen priorisieren und rechtzeitig umsetzen, sagte der rumänische Präsident mit Nachdruck. Das Geld aus Brüssel soll in erster Linie für Investitionen in Infrastruktur, aber auch für die Reform des Gesundheitswesens, des Transportwesens und des Rentensystems sowie für die Erzeugung von erneuerbarer Energie und für die Digitalisierung verwendet werden. So etwa sollen 4 Mrd. Euro in die Modernisierung des Schienenverkehrs investiert werden, weitere 2,7 Mrd. Euro werden der energetischen Sanierung von Gebäuden zugewiesen und 2 Mrd. Euro sollen für die Modernisierung und den Neubau von Krankenhäusern herangezogen werden.




    Nach dem Brexit: Neue Einreisebestimmungen für EU-Bürger



    Der Brexit bringt neue Regelungen für EU-Bürger, die keine Aufenthaltstitel für Gro‎ßbritannien haben. Beginnend mit dem 1. Oktober dürfen EU-Bürger in Gro‎ßbritannien nur noch mit dem Pass einreisen, wenn sie ein Arbeits- oder Studentenvisum haben bzw. beweisen können, dass sie als Touristen kommen. Personalausweise der EU-Mitgliedsstaaten sind als Reisedokument nicht mehr zulässig. Ausgenommen davon sind rumänische und andere EU-Staatsbürger, die einen Aufenthaltstitel erhalten haben und ihre Personalausweise über das Portal UK Visas and Immigration registriert haben. In diesem Fall dürfen die EU-Personalausweise noch bis zum 31. Dezember 2025 für die Einreise in Gro‎ßbritannien verwendet werden. Laut Angaben des britischen Innenministeriums sind zurzeit etwa 850.000 Rumänen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis in Gro‎ßbritannien.



  • Regierungskrise: Misstrauensantrag der PSD vorgetragen, Abstimmung kommende

    Das Minderheitskabinett in Bukarest, das nur noch aus der Liberalen Partei (PNL) und dem Ungarnverband (UDMR) besteht, zählt wohl seine letzten Tage. Am gestrigen Donnerstag haben die Sozialdemokraten (PSD) in der Vollversammlung des Parlaments ihren Misstrauensantrag gegen die Regierung unter gro‎ßem Tumult vorgetragen. Kommenden Dienstag, also am 5. Oktober, soll darüber im Parlament abgestimmt werden. Nach bisherigen Berechnungen hat das Kabinett um den liberalen Premierminister Florin Cîțu kaum eine Chance, im Amt zu bleiben. Zumindest deklarativ sind sich die PSD, die nationalistische Partei AUR und die USR-Plus, der ehemalige Juniorpartner der Liberalen, einig: Diese Regierung und vor allem Premierminister Cîțu müssen weg. Sollten alle Abgeordneten der genannten Parteien wie verkündet abstimmen, würde das Votum 280 Stimmen für den Misstrauensantrag bringen — mehr als genug, um die Regierung zu stürzen, denn nach der derzeitigen Konstellation würden schon 234 Stimmen für eine Absetzung des Kabinetts reichen.



    Eine Schlüsselrolle spielt dabei die USR-Plus, ehemaliger Juniorpartner der Liberalen, der sich aufgrund von Personalien unversöhnlich mit dem amtierenden Premierminister Florin Cîțu verkracht hat. Der Verlesung des Misstrauensantrags ihrer sozialdemokratischen Kollegen im Parlament sind die Abgeordneten der USR-Plus allerdings fern geblieben, denn das Dokument nimmt auch sie an die Kandare, und die Liberalen hoffen wohl insgeheim, dass ihr ehemaliger Koalitionspartner vielleicht doch noch einlenkt und den Sozialdemokraten einen Strich durch die Rechnung macht. Die USR-Plus macht allerdings eine Wiederauflage der Koalition nach wie vor von einem Abgang des Premierministers abhängig.



    Im vierseitigen Text ihres Misstrauensantrags liest die PSD der bisherigen Regierungskoalition schonungslos die Leviten — die Regierung habe sich allein durch Inkompetenz und Verschwendung öffentlicher Gelder ausgezeichnet. Den Text trug im Plenum des Parlaments Alfred Simonis vor, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten:



    Jeder weitere Tag mit dieser Regierung im Amt bedeutet noch ein Tag, an dem die Verarmung der Bevölkerung zunimmt, die Entwicklung der lokalen Gemeinschaften verhindert und die Zukunft des Landes durch eine toxische Verschuldung verspielt wird, die künftige Generationen zu Leidtragenden macht.“




    Die PSD beanstandet ferner die explosionsartige Preiserhöhung auf dem Energiemarkt — 7 Mio. Menschen seien dadurch zur Armut verdammt –, die schwache Abrufung europäischer Gelder und das schlechte Management der Pandemie. Die einzige Lösung der Krise ist in der Auffassung der Sozialdemokraten eine interimistische Expertenregierung und vorgezogene Neuwahlen.



    Der amtierende Premierminister hingegen beschuldigt seine politischen Gegner, das Schicksal der Menschen sei ihnen egal, sie würden das Land wissentlich ins Chaos stürzen, so Florin Cîţu. Er wolle sein Amt unter keinen Umständen ablegen. Doch auch im unwahrscheinlichen Fall, dass der Misstrauensantrag der Sozialdemokraten kommenden Dienstag scheitert, kann der Premierminister keineswegs erleichtert aufatmen, denn gegen ihn liegt ein weiterer Misstrauensantrag vor, den die USR-Plus und die AUR eingereicht haben und dem sich die Sozialdemokraten laut eigenen Angaben anschlie‎ßen möchten. In diesem zweiten Misstrauensantrag rechnet die USR-Plus mit dem liberalen Premierminister ab. Er sei unfähig, eine Koalitionsregierung zu führen“ und einem engherzigen Parteiklüngel“ verfallen, der Allgemeinwohl und Wohlstand“ aufs Spiel setze, so im Text des Misstrauensantrags der USR-Plus.

  • Regierungskrise: Misstrauensantrag der PSD vorgetragen, Abstimmung kommenden Dienstag

    Regierungskrise: Misstrauensantrag der PSD vorgetragen, Abstimmung kommenden Dienstag

    Das Minderheitskabinett in Bukarest, das nur noch aus der Liberalen Partei (PNL) und dem Ungarnverband (UDMR) besteht, zählt wohl seine letzten Tage. Am gestrigen Donnerstag haben die Sozialdemokraten (PSD) in der Vollversammlung des Parlaments ihren Misstrauensantrag gegen die Regierung unter gro‎ßem Tumult vorgetragen. Kommenden Dienstag, also am 5. Oktober, soll darüber im Parlament abgestimmt werden. Nach bisherigen Berechnungen hat das Kabinett um den liberalen Premierminister Florin Cîțu kaum eine Chance, im Amt zu bleiben. Zumindest deklarativ sind sich die PSD, die nationalistische Partei AUR und die USR-Plus, der ehemalige Juniorpartner der Liberalen, einig: Diese Regierung und vor allem Premierminister Cîțu müssen weg. Sollten alle Abgeordneten der genannten Parteien wie verkündet abstimmen, würde das Votum 280 Stimmen für den Misstrauensantrag bringen — mehr als genug, um die Regierung zu stürzen, denn nach der derzeitigen Konstellation würden schon 234 Stimmen für eine Absetzung des Kabinetts reichen.



    Eine Schlüsselrolle spielt dabei die USR-Plus, ehemaliger Juniorpartner der Liberalen, der sich aufgrund von Personalien unversöhnlich mit dem amtierenden Premierminister Florin Cîțu verkracht hat. Der Verlesung des Misstrauensantrags ihrer sozialdemokratischen Kollegen im Parlament sind die Abgeordneten der USR-Plus allerdings fern geblieben, denn das Dokument nimmt auch sie an die Kandare, und die Liberalen hoffen wohl insgeheim, dass ihr ehemaliger Koalitionspartner vielleicht doch noch einlenkt und den Sozialdemokraten einen Strich durch die Rechnung macht. Die USR-Plus macht allerdings eine Wiederauflage der Koalition nach wie vor von einem Abgang des Premierministers abhängig.



    Im vierseitigen Text ihres Misstrauensantrags liest die PSD der bisherigen Regierungskoalition schonungslos die Leviten — die Regierung habe sich allein durch Inkompetenz und Verschwendung öffentlicher Gelder ausgezeichnet. Den Text trug im Plenum des Parlaments Alfred Simonis vor, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten:



    Jeder weitere Tag mit dieser Regierung im Amt bedeutet noch ein Tag, an dem die Verarmung der Bevölkerung zunimmt, die Entwicklung der lokalen Gemeinschaften verhindert und die Zukunft des Landes durch eine toxische Verschuldung verspielt wird, die künftige Generationen zu Leidtragenden macht.“




    Die PSD beanstandet ferner die explosionsartige Preiserhöhung auf dem Energiemarkt — 7 Mio. Menschen seien dadurch zur Armut verdammt –, die schwache Abrufung europäischer Gelder und das schlechte Management der Pandemie. Die einzige Lösung der Krise ist in der Auffassung der Sozialdemokraten eine interimistische Expertenregierung und vorgezogene Neuwahlen.



    Der amtierende Premierminister hingegen beschuldigt seine politischen Gegner, das Schicksal der Menschen sei ihnen egal, sie würden das Land wissentlich ins Chaos stürzen, so Florin Cîţu. Er wolle sein Amt unter keinen Umständen ablegen. Doch auch im unwahrscheinlichen Fall, dass der Misstrauensantrag der Sozialdemokraten kommenden Dienstag scheitert, kann der Premierminister keineswegs erleichtert aufatmen, denn gegen ihn liegt ein weiterer Misstrauensantrag vor, den die USR-Plus und die AUR eingereicht haben und dem sich die Sozialdemokraten laut eigenen Angaben anschlie‎ßen möchten. In diesem zweiten Misstrauensantrag rechnet die USR-Plus mit dem liberalen Premierminister ab. Er sei unfähig, eine Koalitionsregierung zu führen“ und einem engherzigen Parteiklüngel“ verfallen, der Allgemeinwohl und Wohlstand“ aufs Spiel setze, so im Text des Misstrauensantrags der USR-Plus.

  • Rückblick auf die Ereignisse der Woche 30.08.–3.09.2021

    Rückblick auf die Ereignisse der Woche 30.08.–3.09.2021

    Regierungskrise: Kommt es zum Bruch in der Koalition?


    Seit Mittwoch kracht es ordentlich im Gebälk der Bukarester Regierungskoalition. Der liberale Premierminister Florin Cîțu hat ohne Rücksprache mit dem Juniorpartner USRPLUS den von dieser Partei aufgestellten Justizminister Stelian Ion entlassen. Stein des Ansto‎ßes war ein regionales Infrastruktur-Entwicklungsprogramm, das nach dem rumänischen Ingenieur und Brückenbauer Anghel Saligny benannt ist. Der abgesetzte Minister habe es abgelehnt, das Projekt zu genehmigen, da es in seiner Auffassung gegen mehrere Gesetze und teilweise sogar gegen die Verfassung versto‎ßen würde. USRPLUS lie‎ß die Absetzung ihres Ministers nicht auf sich sitzen und fordert nun nachdrücklich den Rücktritt des Premierministers. Sollten die Liberalen dieser Forderung nicht nachkommen, droht die USRPLUS mit einem Misstrauensantrag gegen die Regierung, deren Teil sie selbst ist. Am Donnerstag hat dann das Politbüro der PNL eine einstimmige Erklärung verabschiedet, mit der sich die Partei geschlossen hinter den Ministerpräsidenten stellt. Der Ungarnverband UDMR rief als dritter Koalitionspartner zu Besonnenheit auf — man unterstütze das Infrastrukturprojekt und halte gleichzeitig an der Fortsetzung der Koalition fest.



    Die Opposition freut sich indessen über das Tohuwabohu — sowohl die Sozialdemokraten (PSD) als auch die als rechtskonservativ bis rechtsextrem eingestufte Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR) drohen mit eigenen Misstrauensanträgen und fordern ebenfalls den Rücktritt des Premierministers.



    Staatspräsident Klaus Johannis hat die Entlassung des Justizministers umgehend abgesegnet und auch das Dekret zur Ernennung des bisherigen Innenministers Lucian Bode (PNL) zum interimistischen Amtsträger des Justizressorts unterzeichnet.



    Parlament nimmt Sitzungen wieder auf


    Mit dem ersten Herbsttag im Kalender hat auch das bikamerale Parlament in Rumänien seine Arbeit wieder aufgenommen. Laut Angaben der Spitzenpolitiker der Regierungskoalition (PNL-USRPLUS-UDMR) ist die Oberste Priorität auf der Agenda der Legislative die Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz der sogenannten vulnerablen Verbraucher. Im Senat wurde der Gesetzentwurf bereits verabschiedet, nun soll die Abgeordnetenkammer darüber beraten. Mit dem neuen Gesetz soll Familien mit geringen Einkommen geholfen werden, die seit der vollständigen Liberalisierung des Energiemarktes am 1. Juli erhöhten Strom- und Gasrechnungen zu bezahlen, da man im Winter eine regelrechte Preisexplosion erwartet.



    Im Senat, der Oberkammer des rumänischen Parlaments, sollen indessen die Diskussionen über die Abschaffung der Sonderstaatsanwaltschaft für Ermittlungen gegen Richter und Staatsanwälte (SIIJ) fortgeführt werden. Experten aus dem In- und Ausland sind einhellig der Meinung, dass diese von der ehemaligen PSD-Regierung auf den Weg gebrachte Behörde völlig überflüssig und nur dafür geschaffen worden sei, um ermittelnde Staatsanwälte einzuschüchtern und damit die Bekämpfung der Korruption zu unterbinden.



    Die PSD möchte im Senat auch die Verabschiedung eines Gesetzes durchboxen, mit dem Politikern, gegen die strafrechtliche Verurteilungen vorliegen, der Zugang zu öffentlichen Ämtern verwehrt werden soll. Nachdem die PSD sich der korrupten Führungsriege um den kürzlich aus dem Gefängnis entlassenen Liviu Dragnea einigerma‎ßen entledigt hat, pocht sie damit nun auf ein Thema, das jahrelang im Diskurs des bürgerlichen Politikspektrums Vorrang hatte.



    Covid-19: Delta-Variante des Virus auch in Rumänien vorherrschend


    Die epidemiologische Lage verschlechtert sich auch in Rumänien zunehmend, nachdem immer mehr Erkrankungen mit der viel ansteckenderen Delta-Variante des Sars-Cov-2-Virus gemeldet werden. Die Zahl der Intensivpatienten und der Todesfälle infolge der Infektion hat in der vergangenen Woche dramatisch zugenommen, womit Rumänien nun offiziell von der vierten Welle der Pandemie erfasst wurde. Gesundheitsexperten führen diese Entwicklung auf die Zurückhaltung oder gar das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Impfung zurück. Nur knapp 27% der Rumänen sind vollständig geimpft, womit Rumänien den vorletzten Platz in der EU in puncto Immunisierung belegt.



    Die Regierung möchte die Impfskepsis mit Geldprämien bekämpfen: Menschen, die sich vollständig impfen lassen, sollen Lebensmittelmarken (sogen. Essenscoupons“) in Wert von umgerechnet rund 20 Euro erhalten, au‎ßerdem wurde eine Impftombola eingerichtet. Ärzte beklagen indessen, dass die Intensivstationen mancherorts erneut überbelastet sind, und warnen, dass es zu dramatischen Engpässen kommen könnte.



    Schulbeginn: Präsenz-Unterricht unter Auflagen


    Am 13. September ist es soweit: Kitas und Schulen öffnen wieder Ihre Pforten. Es ist das dritte Schuljahr in der Pandemie, und die gesundheitlichen Vorkehrungen bleiben dieselben: Abstand halten, regelmä‎ßiges Lüften der Schulklassen und Maskenpflicht in Innenräumen. Bei steigenden Inzidenzzahlen wird allerdings dezentral entschieden, ob in einer Schule der Präsenz-Unterricht ausgesetzt und wieder online durchgeführt wird. Bei einer Inzidenz unter 6 Neuinfektionen pro 1.000 Einwohner finden Aktivitäten in Krippen, Kindergärten und Schulen vor Ort mit physischer Präsenz der Kinder und Erziehenden statt. Ab 6 Neuerkrankungen pro 1.000 Einwohner in einer Ortschaft bleiben nur Krippen und Kindergärten offen, der Präsenzunterricht in Schulen wird ausgesetzt und online fortgeführt. Eltern und Schüler können sich an jedem Freitag einer Woche auf der Webseite des Gesundheitsamtes darüber informieren, wie es in der jeweils folgenden Woche weitergeht.



    George-Enescu-Festival 2021: Ein Zeichen der Normalität im Kulturbetrieb“


    Vergangenen Samstag hat das internationale Klassik-Festival George Enescu“ begonnen. Es ist die 25. Ausgabe der prestigevollen Musikfestspiele und sie markiert gleichzeitig den 140. Jahrestag seit der Geburt des weltbekannten rumänischen Komponisten George Enescu. Künstlerischer Leiter des Festivals ist auch diesmal der russische Dirigent Wladimir Jurowski. Insgesamt 3.500 Künstler aus der ganzen Welt treten im Rahmen des Festivals auf. Bis zum 26. September werden 32 Orchester aus 14 Ländern auf die Bühne steigen, die Konzerte werden nebst der Hauptstadt Bukarest in Hermannstadt, Temeswar, Jassy, Konstanza und weiteren Städten des Landes stattfinden.



    Die 25. Ausgabe des George-Enescu-Festivals bringt uns einen Schritt näher an die zeitweilig verlorene Normalität des Kulturbetriebs mit vollen Konzertsälen und hochwertigen Kulturdarbietungen“, sagte der rumänische Kulturminister Bogdan Gheorghiu anlässlich der Eröffnung. Es sei wieder an der Zeit, sich der wunderbaren Klänge der Musik zu erfreuen und sich auf die Traditionen zu besinnen, die die kulturelle Identität einer Nation ausmachen, so der Kulturminister in seinem Statement.

  • Rumänisches Parlament nimmt Sitzungen wieder auf

    Rumänisches Parlament nimmt Sitzungen wieder auf

    Laut Angaben der Spitzenpolitiker der Regierungskoalition (PNL-USRPLUS-UDMR) ist die Oberste Priorität auf der Agenda der Legislative die Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz der sogenannten vulnerablen Verbraucher. Im Senat wurde der Gesetzentwurf bereits verabschiedet, nun soll die Abgeordnetenkammer darüber beraten. Mit dem neuen Gesetz soll Familien mit geringen Einkommen geholfen werden, die seit der vollständigen Liberalisierung des Energiemarktes am 1. Juli erhöhten Strom- und Gasrechnungen zu bezahlen, da man im Winter eine regelrechte Preisexplosion erwartet. Die in der Opposition befindlichen Sozialdemokraten (PSD) fordern eine beschleunigte Verabschiedung, zudem sollte das Gesetz schon in diesem Winter wirken, und nicht erst ab nächstes Jahr, wie die Regierung plant. Die PSD möchte zudem eine Preisdeckelung, falls die Energiepreise aus dem Ruder laufen.



    Im Senat, der Oberkammer des rumänischen Parlaments, sollen indessen die Diskussionen über die Abschaffung der Sonderstaatsanwaltschaft für Ermittlungen gegen Richter und Staatsanwälte (SIIJ) fortgeführt werden. Experten aus dem In- und Ausland sind einhellig der Meinung, dass diese von der ehemaligen PSD-Regierung auf den Weg gebrachte Behörde völlig überflüssig und nur dafür geschaffen worden sei, um ermittelnde Staatsanwälte einzuschüchtern und damit die Bekämpfung der Korruption zu unterbinden. Die Spitzenpolitiker der derzeitigen Regierungskoalition sind sich zwar auch einig, dass die Sonderstaatsanwaltschaft abgeschafft werden muss, es herrscht aber kein politischer Konsens, wie man dabei vorgehen soll.



    Die PSD möchte im Senat auch die Verabschiedung eines Gesetzes durchboxen, mit dem Politikern, gegen die strafrechtliche Verurteilungen vorliegen, der Zugang zu öffentlichen Ämtern verwehrt werden soll. Nachdem die PSD sich der korrupten Führungsriege um den kürzlich aus dem Gefängnis entlassenen Liviu Dragnea einigerma‎ßen entledigt hat, pocht sie damit nun auf ein Thema, das jahrelang im Diskurs des bürgerlichen Politikspektrums Vorrang hatte. Die Sozialdemokraten möchten ferner auch einen Misstrauensantrag gegen die Regierung des Liberalen Florin Cîţu auf den Weg bringen.



    Die PSD befindet sich laut jüngsten Umfragen in einer komfortablen Position. Nervosität und Frustration sind allgegenwärtig in der rumänischen Gesellschaft, und zwei Drittel der Bürger erachten, dass Rumänien sich in die falsche Richtung bewegt. Sollten nächsten Sonntag Wahlen stattfinden, so würden 35% der Befragten für die PSD und nur 21% für die PNL stimmen. Auf den dritten Platz in der Wahlgunst der Rumänen landet mit 15% laut Umfragen die nationalistisch-konservative Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR). Der Juniorpartner der Koalition (USRPLUS) bewegt sich im 5%-Bereich, ebenso der Ungarnverband (UDMR), was in etwa dem Anteil der wahlberechtigten Bürger ungarischer Nationalität entspricht.



    Auch innerhalb der Regierungskoalition herrscht alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen“. Mit den endlosen Querelen um die Abschaffung der Sonderstaatsanwaltschaft und der bislang missglückten Initiative der USR, die Bürgermeisterwahlen wieder in zwei Wahlgängen stattfinden zu lassen, haben die bürgerlichen Parteien einen Teil ihrer Stammwählerschaft verprellt. In diesem Herbst werden Liberale (PNL) und USR-PLUS ihren jeweiligen Parteitag veranstalten, bei dem eine neue Führungsspitze gewählt werden soll. Bis dahin bleibt alles in Wahlkampfmodus, was mitunter zu seltsamen Situationen und manchmal auch zu Schlägen unter der Gürtellinie führt, über die sich wiederum die Boulevardpresse freut.

  • Hörerpostsendung 11.7.2021

    Hörerpostsendung 11.7.2021

    Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI!



    Für heute habe ich mir vorgenommen, ein paar Fragen von unseren Hörerinnen und Hörern zu beantworten, die ich mir in den vergangenen Wochen aufgeschrieben habe.



    Michael Lindner (aus Gera, Thüringen) wollte unlängst wissen, wie viele Wasserfälle es in Rumänien gibt. Die genaue Zahl habe ich leider nicht ausfindig machen können, herkömmliche Atlanten wie mein alter Schulatlas führen diese Info nicht an, Wikipedia listet rund 30 Wasserfälle in alphabetischer Reihenfolge auf, sonst gibt es im Internet auf Presseportalen oder in unterschiedlichen Blogs von Naturliebhabern Fotos und Beschreibungen der 10, 15 oder 20 spektakulärsten Wasserfälle in Rumänien.



    Wolfgang Waldl (aus Wien) hatte eine Frage zur Schreibweise des Rumänischen:



    Lieber Herr Sorin, Werte Redaktion!



    Mit gro‎ßer Freude habe ich die schöne QSL-Karte des Barock-Palais in Oradea (Gro‎ßwardein) erhalten und auf dem Umschlag auch die wunderschöne Marke mit dem alten Musikkoffer. Vielen Dank!!! Bei dieser Gelegenheit stellte ich fest, dass es im Rumänischen praktisch keine Wörter mit K“ gibt. Da Sie, lieber Herr Sorin, im Sprachlichen sehr bewandert sind, können Sie vielleicht auch das Thema K“ einmal besprechen.




    Vielen Dank für das Feedback. Den Buchstaben K gibt es sehr wohl im Rumänischen, nur wird er selten verwendet: Au‎ßer in Wörtern mit dem Vorsatz Kilo“ wie Kilogramm, Kilometer, Kilowatt usw. (wobei Kilo“ tausend“ im Altgriechischen bedeutet) kommt der Buchstabe K noch in Namen aus anderen Sprachen vor, etwa in Karen (auch in englischer Aussprache), Karin, Katalin (das ist ein ungarischer weiblicher Vorname), Kostas u.a.m. Au‎ßerdem wird der Buchstabe noch in der Transliteration (Umschrift) von Namen aus Sprachen, die nicht die lateinische Schrift verwenden — etwa aus dem Russischen, dem Griechischen, Georgischen oder Armenischen. Generell werden fremde Namen im Rumänischen mit der originalen Schreibweise übernommen — allein Namen von europäischen Herrschern werden in der rumänischen Form genannt — und auch Ortsnamen in anderen Ländern, sofern es eine rumänische Variante gibt und noch gebräuchlich ist. So etwa hei‎ßt das alte Lemberg, heute Lviv auf ukrainisch, Liov im Rumänischen. Und die ostungarische Stadt Gyula nennt die rumänische Volksgruppe dort Jula.




    Um Sprache und Wasserfälle geht es auch in der nächsten Frage, die wir von Michael Hartmann (aus Solingen) erhielten:



    Liebes RRI-Team,



    zu Ihrem kürzlichen Bericht über den Franzosen Allan Bourgeais, der nach Rumänien umgezogen ist, möchte ich fragen, wie in Rumänien die Mentalität mit Ausländern ist, die die rumänische Sprache lernen.



    Von Frankreich habe ich gehört, dass man mindestens ein paar Wörter französisch rausbringen muss, damit die Leute mit einem reden und einem z.B. den Weg beschreiben. Selbst wenn die flie‎ßend Deutsch können.



    In der Slowakei habe ich die Erfahrung gemacht, wenn man ein paar Wörter auf slowakisch rausbringt, reden die gleich wie ein Wasserfall, auch wenn an muttersprachliches Niveau noch gar nicht zu denken ist.



    Wie ist es da bei einem Urlaub in Rumänien? Sollte ich da besser auf komplett ahnungslos machen, oder wenn ich ein paar Wörter kann, die auch benutzen?



    Viele Grü‎ße aus Solingen


    Michael Hartmann




    Vielen Dank für das Feedback, lieber Herr Hartmann. Dass einige Franzosen manchmal richtige Sprachchauvinisten sind, ist mir auch — unangenehm — aufgefallen. Etwa am Flughafen in Nizza vor mehr als zehn Jahren, als ich mein verrostetes Schulfranzösisch bemühen musste, um Auskunft über den Bus für mein Reiseziel zu erhalten, das sich im Landesinneren befand. Oder auf einem Flohmarkt, wo ich nach einem Souvenir suchte und feststellen musste, dass etliche Händler ein Karton auf ihren Tisch aufgestellt hatten — mit der Aufschrift: Pas d’anglais — No more English“. Ziemlich seltsam, wimmelte es doch vor ausländischen Touristen, die gerne etwas gekauft hätten. Es haben natürlich nicht alle Franzosen diese Einstellung, die jüngeren Generationen sind durchaus aufgeschlossen und sprechen auch Fremdsprachen.



    In Rumänien freut man sich darüber, wenn man ein paar Wörter auf rumänisch herausbringt — man wertet es offenbar als Zeichen des Respekts und man erwartet auch nicht, dass einer flie‎ßend spricht oder alles versteht. In Gro‎ßstädten und in Touristenstätten sprechen aber ohnehin viele recht passables Englisch, so dass es keine grö‎ßeren Verständigungsschwierigkeiten geben sollte. Ich habe allerdings auch davon gehört oder gelesen, dass in Rumänien lebende Ausländer, die Rumänisch lernen und üben wollen, sich darüber beklagen, dass sie kaum Gelegenheit dazu haben. Sobald sie ein paar Worte auf rumänisch sagen, würden Einheimische — insbesondere junge, gebildete Leute — sofort in flie‎ßendes Englisch wechseln. Das gilt wohlgemerkt nur für Gro‎ßstädte und bildungsaffine Menschen. In abgelegenen Gebieten kann man auch nicht erwarten, dass die Menschen Fremdsprachen beherrschen oder flie‎ßend über die Lippen bringen.




    Von unserer Stammhörerin Beate Hansen (aus Wiesbaden) erhielten wir nebst Feedback zu unseren Sendungen gleich drei Fragen — die dritte Frage über das Rentensystem bzw. die Rentenreform hebe ich mir auf, weil ich noch recherchieren und mir Statistiken anschauen will. Das Thema ist schwierig, offensichtlich blüht uns allen in Europa bei der derzeitigen demographischen Entwicklung eine Erhöhung des Rentenalters. Doch zunächst einen Ausschnitt aus den Zeilen von Frau Hansen:



    Hallo nach Bukarest,



    nach einigen Wochen will ich mich mal wieder melden, nachdem die Sendungen der letzten Zeit ein paar Fragen aufgeworfen haben. Aber sowieso ist es Zeit, einen herzlichen Gru‎ß nach Bukarest zu schicken! Die Ferienzeit hat in der Redaktion wohl schon begonnen, erkennbar an einigen Wechseln in den Rubriken — Adina Olaru berichtet über Tänzer, Sorin Georgescu übernimmt Pro Memoria“ und Alex Sterescu die Kulturchronik“ (das ungewohnte Thema war ihm an der Stimme anzumerken — goldig! — und hoffentlich können alle die Zeit genie‎ßen, ohne allzu sehr unter Hitze und Unwettern zu leiden. Goldig (wie die Hessen sagen) fand ich auch einige der jüngsten Funkbriefkasten-Ausgaben, vor allem die Berichte über die Seemansfunk-Aufzeichnung, das Schwein in Tuşnad und die Kosmonauten-Begeisterung 1978 bzw. 1981.



    Aber, wie Sie schon ahnen, habe ich auch mal wieder ein paar Fragen.



    Die erste dreht sich um die Ab- und Wiedereinsetzung der Ombudsfrau: Was genau steckt dahinter, was wirft ihr die Regierung vor, was ist an den Argumenten der Opposition dran? Warum riskiert die Regierung den Streit, wo sie doch wissen muss, dass das Verfassungsgericht gefühlt immer (?) zugunsten der PSD entscheidet? Und, im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Opposition: Stimmt es denn, dass immer noch mit Eilverordnungen regiert wird?



    Die zweite Frage betrifft die Debatte über den Aufbau- und Resilienzplan: Glücklicherweise ist der Misstrauensantrag vor ein paar Tagen ja abgeschmettert worden, aber was ist davon zu halten — welche Substanz haben die (m.E. in übelstem Wahlkampfton formulierten) Vorwürfe der Opposition, oder sind sie tatsächlich nur Schaufenstergetöse und Enttäuschung über die den PSD-Baronen“ entgangene EU-Gelder?



    Viele Grü‎ße nach Bukarest von


    Beate Hansen




    Vielen Dank für das ausführliche Feedback, liebe Frau Hansen! Ich fange mal von hinten an. Bei der zweiten Frage haben Sie schon die Antwort erraten — es ist ein Kasperltheater ohne Ende. Anders als in Deutschland ist konstruktive Opposition“ ein Fremdbegriff in Rumänien, das Instrument des Misstrauensantrags wird am laufenden Band missbraucht, um fragile Mehrheiten umzukippen. Die rumänische Presseagentur Agerpres hat im Oktober 2019, also kurz vor Ausbruch der Pandemie, in einem Artikel zusammengezählt, wie viele Misstrauensanträge seit 1990 eingereicht wurden — und kam zum Schluss: In knapp 30 Jahren seit 1990 wurden insgesamt 38 Misstrauensanträge gestellt. Das erinnert stark an die Zwischenkriegszeit, als sich in den 20 Jahren der fragilen Demokratie von 1918 bis 1938 über 30 Regierungen abwechselten. Und mit Eilverordnungen hat praktisch jede Koalition hierzulande in den letzten 30 Jahren regiert, wenn die Mehrheitsverhältnisse im Parlament nicht stimmten.



    Die Antwort auf die Frage zur Ombudsfrau ist kompliziert, oft verstehen auch heimische Journalisten nicht mehr, was da gerade abläuft. Die Regierung hatte ihr u.a. vorgeworfen, dass sie einen Bericht über die mutma‎ßlichen Entführungen und Morde an minderjährige und jugendliche Frauen im südrumänischen Caracal nicht rechtzeitig der Regierung zugestellt haben soll. Andere hingegen behaupteten, die Ombudsfrau habe eine Eilverordnung der Regierung vom vergangenen Jahr abschmettern wollen, wonach private Krankenhäuser auch auf staatliche Finanzierung zugreifen dürfen. Da ist schon was dran, und ich habe auch persönliche Erfahrung damit gemacht, denn mein Vater musste sich unlängst aufgrund mehrerer chronischer Krankheiten untersuchen lassen und muss sich demnächst weiteren Untersuchungen unterziehen. Dass in der Pandemie chronisch Kranke besonders hart getroffen wurden, brauche ich nicht zu betonen, das ist wohl überall so. Doch offensichtlich nutzen private Gesundheitseinrichtungen diese neue Regelung schamlos aus, um wie das sprichwörtliche Kalb von zwei Kühen gleichzeitig zu saugen, wie eine rumänische Redewendung besagt. Denn wenn man mehrere unterschiedliche Untersuchungen braucht, wird man von einem Arzt zum anderen geschickt, die Krankenkasse übernimmt ein sogenanntes Basispaket und der Patient zahlt darüber hinaus aus der eigenen Tasche für die Befunde und für jede einzelne Voruntersuchung oder ärztliche Besprechung. Zwar haben private Krankenhäuser eine bessere materielle Ausstattung als die staatlichen, doch eine bessere Behandlung darf man deswegen nicht zwangsläufig erwarten, denn es sind oft dieselben Ärzte, die sowohl im staatlichen als auch im privaten Gesundheitswesen arbeiten. Wenn man also keine Beziehungen spielen lassen kann, um zu einem wirklich guten und wohlwollenden Arzt zu gelangen, ist es einfach eine Glückssache, ob man anständig behandelt wird. In unserem Fall hatten wir sowohl Glück als auch Beziehungen, um einen anständigen Arzt zu finden, der uns geradeaus sagte: Private Krankenhäuser sind Geldmaschinerien, kommen Sie doch lieber nächste Woche zu mir, aber nicht hierher, sondern ins staatliche Krankenhaus, dort kann ich veranlassen, dass alle benötigten Untersuchungen in einem Stück durchgeführt werden.“



    Doch zurück zur Ombudsfrau. Ombudspersonen haben in Rumänien theoretisch die Aufgabe, Bürger vor Missbrauch durch Regierung oder staatliche Stellen zu schützen. Doch haben etliche Regierungskoalitionen immer versucht, das Gegenteil zu bewirken, nämlich eine gefügige Person für dieses Amt zu finden, die Regierung und staatliche Institutionen vor den Bürgern schützt. Au‎ßerdem ist es im konkreten Fall der ab- und bis zur Begründung des Verfassungsgerichts noch nicht wiedereingesetzten Ombudsfrau auch eine Personalie. Als altgedientes Mitglied der Liberalen Partei (PNL) hatte sie nicht gerade ein gutes Verhältnis zur aktuellen Führungsriege, die Spitzenpolitiker der Liberalen haben ihr mehrfach vorgeworfen, einem abtrünnigen Flügel der Partei namens ALDE nahe zu stehen und mit der PSD unter einer Decke zu stecken. Es bleibt also abzuwarten, wie das Verfassungsgericht seine Entscheidung begründet, danach will die Ombudsfrau gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte gegen das rumänische Parlament in Erwägung ziehen, etwa eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.




    Liebe Freunde, das war’s für heute. Bis Samstag erhielten wir noch elektronische Post von Bernd Seiser, Michael Willruth, Alfred Albrecht, Ernst Meinhard, Lutz Winkler und Wolfgang Maschke (D) sowie von Siddhartha Bhattacharjee (IND).



    Danke für Ihre Zuschriften, nächsten Sonntag hören wir uns noch einmal, bevor es in die Sommerpause mit Wiederholungen geht. Bleiben Sie gesund und genie‎ßen Sie das Wochenende! Tschüs!



    Audiobeitrag hören:



  • Radio Novi Sad in Rumänisch: zur Geschichte des Minderheitensenders

    Radio Novi Sad in Rumänisch: zur Geschichte des Minderheitensenders

    Rumänischsprachige Radiosender au‎ßerhalb Rumäniens hatten unterschiedliche Betriebszeiten, kürzere oder längere. Einer der langlebigsten Sender ist Radio Novi Sad in der Vojvodina, der Teilrepublik im ehemaligen Jugoslawien. Er ist einer der wenigen rumänischsprachigen Rundfunksender au‎ßerhalb Rumäniens mit einer ununterbrochenen Sendedauer von über 70 Jahren.



    Gegründet 1949, hatte der rumänischsprachige Radiosender in der Hauptstadt des serbischen Banats von Anfang an auch eine politische Komponente. Ion Marcovicean war 27 Jahre alt, als er als Redakteur der rumänischen Programme von Radio Novi Sad zu arbeiten begann. In einem Interview, das er 1999 dem Zentrum für mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks gewährte, erläuterte Marcovicean die politische Verstrickung von Radio Novi Sad und den Auftrag des Senders, Jugoslawien gegen sowjetische Propaganda zu verteidigen.



    Im Jahr 1949, am 29. November, dem Tag der Republik, wurde der Radiosender Novi Sad eröffnet. Er wurde früher eröffnet, als er hätte eröffnet werden sollen, aus dem einfachen Grund, dass die internationale Situation angespannt war. Ich denke dabei an die Angriffe auf Jugoslawien durch das Informationsbüro und die Sowjetunion. Es gab ein jugoslawisches Radio in Belgrad, das auf die Angriffe der Sowjetunion reagierte, allerdings eher theoretisch. Man merkte, dass es nicht den gewünschten Effekt hatte, und deshalb wurde die Gründung des Radiosenders Novi Sad beschleunigt, mit der Absicht, die reale Situation in Jugoslawien, das Leben aller Nationalitäten, jeder sozialen Schicht darzustellen, um in der Lage zu sein, die Angriffe, die Propaganda, die vom Informationsbüro kam, zu konterkarieren.“




    Drei Journalisten und eine Schreibkraft legten den Grundstein für die Redaktion in rumänischer Sprache bei Radio Novi Sad. Die erste Sendung wurde über einen Halbkilowatt-Sender ausgestrahlt und war nur in der Nähe der Stadt zu hören. Aber die Ausstattung mit neueren und leistungsfähigeren Sendern lie‎ß die Stimmen der Moderatoren immer mehr Reichweite erlangen. Ion Marcovicean erinnert sich, dass die Nachrichtenübertragung von Tanjug, der jugoslawischen Nachrichtenagentur, kam. Die Journalisten begannen, Interviews und Berichte aufzuzeichnen, wobei sie sich Material und Informationen von anderen Nachrichtenredaktionen wie der ungarischen und slowakischen ausliehen. Die Sendungen beinhalteten laut Marcovicean aktuelle, kulturelle und politische Propaganda.



    Die Struktur der Sendungen war im Allgemeinen belehrend-erzieherisch, weil es die Zeit war, in der man das Bewusstsein der Menschen für die Gesellschaft, für den Sozialismus als solchen, für die Situation im Lande wecken wollte: wie man zur Bereicherung des kulturellen Lebens vorgehen sollte, wie man die landwirtschaftliche Produktion steigern konnte. Es gab Programme wie »Die Sendung für Dorfhörer«, eine der meistgehörten Sendungen, »Über das Leben unserer Schätze«, »Wissenschaft und Technik«, »Eltern und Kinder«, »Aufbau des Sozialismus«, »Kultur und Laienkunst«.“




    Die Sendungen des rumänischen Dienstes wurden 20–25 Minuten lang ausgestrahlt, beginnend mit 5.45, 8, 13, 18 und 22 Uhr. Am Morgen gab es mehr Nachrichten und die Wettervorhersage und die politischen Kolumnen waren am Abend dran. Radio Novi Sad erhielt Briefe von Hörern, die der Redaktion zu den Sendungen gratulierten — ein Anlass zu gro‎ßer Genugtuung für die Radiojournalisten. Sicherlich ging es bei vielen um Antworten auf Fragen der Redaktion zu Preisausschreiben. Ion Marcovicean räumte jedoch ein, dass auch Nachrichten und Informationen über die illegalen Grenzübertritte zwischen Rumänien und Jugoslawien gesendet wurden.



    Die Nachrichten wurden folgenderma‎ßen aufbereitet: Wer beim illegalen Grenzübertritt gefasst wurde, wer entkommen konnte, wer sogar erschossen wurde. Es gab Schüsse auf beiden Seiten, und die Grenzer schossen auf Flüchtlinge, die entweder hinüber oder herüber wollten. Auf der anderen Seite gab es auch Leute von unserer Seite, die dem Informationsbüro aus Moskau Glauben schenkten und nach Rumänien und weiter in die Sowjetunion ziehen wollten. Unter ihnen war ein jugoslawischer General, der an der Grenze von rumänischen Grenzern erschossen wurde. Aber ein paar Rumänen schafften es, nach Jugoslawien zu kommen, darunter ein gewisser Dimitriu, der zu uns kam und eine Zeit lang als Korrektor beim Radio arbeitete. In den 1950er Jahren kam eine serbischstämmige Dame aus Rumänien, sie arbeitete lange Zeit bei uns im Radio als Ansagerin.“




    Das gro‎ße Ereignis des Jahres 1956 war die antikommunistische Revolution in Ungarn, die mit dem Einmarsch der sowjetischen Truppem endete. Die Berichterstattung darüber war auch in den rumänischen Programmen von Radio Novi Sad präsent. Ion Marcovicean erinnert sich an die ideologischen Umstände.



    Man war der Meinung, dass die Geschehnisse ein Ausdruck des sowjetischen Imperialismus waren. Wir haben die Angelegenheit sehr ernsthaft kommentiert, und auch über alle nachfolgenden Prozesse, sowohl in Ungarn als auch in der Tschechoslowakei und in Polen, wurde ausführlich berichtet. Wir hatten zwar keine Korrespondenten in Ungarn, d.h. wir, die Nachrichtenredaktion als solche, keine Nachrichtenredaktion hatte spezielle Korrespondenten. Doch Tanjug und Radio Belgrad hatten Korrespondenten in bestimmten Hauptstädten, und wir erhielten von ihnen Material, das wir in die jeweilige Redaktionssprache übersetzten. Unser damalige jugoslawische Botschafter in Moskau, [Veljko] Mićunović, schrieb eine Art Tagebuch, das wir übersetzten. Er beschrieb das Vorgehen der Sowjets in Ungarn als befremdlich. Während des sowjetischen Eingriffs war auch ein Mitarbeiter der jugoslawischen Botschaft in Ungarn ums Leben gekommen.“




    In den 1980er Jahren war Radio Novi Sad für die Rumänen in der angrenzenden Region Banat ein Fenster zu einer Gesellschaft mit einer weniger strammen Ideologie und weniger Mangelwirtschaft. Auch heute, über drei Jahrzehnte nach dem Wendejahr 1989, existiert die rumänische Sprache immer noch auf den Radiowellen aus der Hauptstadt der Vojvodina.

  • Frauen in Politik und Führungspositionen: Rumänien hinkt nach

    Frauen in Politik und Führungspositionen: Rumänien hinkt nach

    In der Europäischen Union der 27 Mitgliedstaaten gibt es über 6,7 Mio. Personen in Führungspositionen: 4,3 Mio. Männer (63% aller Führungskräfte) und 2,5 Mio. Frauen (37%). Darüber hinaus stellten Frauen im Jahr 2019 etwas mehr als ein Viertel (28%) der Aufsichtsratsmitglieder von in der EU börsennotierten Unternehmen und weniger als ein Fünftel (18%) der Geschäftsführenden. Mit anderen Worten: Obwohl in der EU etwa die Hälfte aller Erwerbstätigen weiblich ist, sind Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Diese Informationen wurden von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, anlässlich des Internationalen Frauentages 2020 veröffentlicht.



    Die Frauen von heute werden mit Problemen konfrontiert, die die Zivilgesellschaft vielleicht zu wenig kennt. Anfang März, am Internationalen Frauentag, fand in Bukarest die europäische Konferenz Rumänien und Europa für Frauen“ statt, die all jenen gewidmet war, die sich für den Status und die Rolle der Frau im Jahr 2020 interessieren. Ramona Strugariu, EU-Abgeordnete der Allianz USR-PLUS (Renew Europe) und Organisatorin der Veranstaltung, sagte uns:



    Wir sind nicht unbedingt sehr weit mit unserer Strategie in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter und mit der Realität der Gleichstellung in der politischen Repräsentation. Ich meine, nicht so weit, wie wir es gewünscht hätten. Die EU-Kommissarin Věra Jourová sagte, dass Europa heute der beste Ort in der Welt für Frauen und Frauenrechte ist — und das ist wahr. Trotzdem wird in Europa jeden Tag eine von drei Frauen physisch oder psychisch belästigt oder unter Druck gesetzt. Und ebenfalls in Europa werden 55% der Frauen sexuell belästigt.“




    Ramona Strugariu stellte die wirklichen Probleme der Frauen in Rumänien vor und bezog sich auf den rechtlichen Rahmen, in dem Opfer von physischer und psychischer Gewalt in ganz Europa Klage einreichen können. Die EU-Abgeordnete fügte auch hinzu, dass diese Bemühungen auch in Rumänien auf nationaler Ebene fortgesetzt werden sollten. Ramona Strugariu:



    Wir befinden uns in einem Land, in dem 63% der Bevölkerung meinen, dass geschlechtsspezifische Gewalt und Gewalt in der Familie keine wirklichen Probleme sind, dass sie nicht unbedingt existieren und dass sie kein Problem für die Gesellschaft darstellen. Auf der Grundlage dieser Daten und Zahlen sollten wir darüber nachdenken, was zu tun ist. Welche strukturierte, konkrete Ma‎ßnahmen können wir auf europäischer Ebene treffen? Was können wir auf nationaler Ebene tun, nicht nur in der Gesetzgebung, sondern auch bei der praktischen Umsetzung der Ma‎ßnahmen und bei der Einhaltung der Gesetze? Und was können wir auf der Ebene der Mentalität und der Bildung tun?“




    Irina von Wiese, die vor dem Brexit Mitglied des Europäischen Parlaments war, vertritt die Liberal-Demokratische Partei Gro‎ßbritanniens. Als Teilnehmerin an der Konferenz Rumänien und Europa für Frauen“ betonte die britische Politikerin, wie wichtig es ist, Geschlechterstereotypen abzubauen. Irina von Wiese:



    Die nicht ausreichende Gleichstellung der Geschlechter geschieht nicht aus Mangel an Chancen. Das ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass unser Bildungssystem Technologie, Mathematik und Ingenieurwesen seit so vielen Jahren als Bereiche behandelt, die den Männern gewidmet sind. Um die Chancen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu erkennen, muss eine weitere Generation gebildet werden. Wir müssen die Regeln und Stereotypen der Berufe, denen Frauen folgen sollten, überwinden. Wir sollten unsere Töchter ermutigen und sagen: ‚Ja, das ist ein Beruf für dich.‘ Die Möglichkeiten sind da — für die Frauen von heute gibt es ausgezeichnete Berufschancen.“




    Irina von Wiese begann ihre politische Laufbahn in einer Konjunktur, die sie schnell zur Vertreterin der Gesellschaft in Gro‎ßbritannien werden lie‎ß. Sie sprach auch über die unangenehmen Erfahrungen, die sie machte, nachdem sie eine öffentliche Person geworden war:



    Ich muss schon sagen, wenn man auf so etwas nicht vorbereitet ist, braucht man sehr viel Widerstandskraft. Besonders im Internet. Wie wir alle wissen, benötigen wir als Personen des öffentlichen Lebens eine starke Online-Präsenz, und die Kollegin, die für meine Kommunikation im Internet zuständig ist, hat zahlreiche Meldungen über missbräuchliche Reaktionen gemacht. Das ist nicht nur auf Twitter geschehen, sondern auch in anderen Medien. Die meisten Angriffe waren frauenfeindlich, es gab sexuelle Belästigung und bedrohliche Kommentare. Es gab auch feindliche Kommentare, die sich an mich als Politikerin richteten. Ich musste sehr schnell meine eigene Widerstandskraft aufbauen.“




    Die Angriffe unter der Verhüllung des Identitätsschutzes im Internet können gro‎ße negative Auswirkungen auf die Opfer haben. Obwohl sie sich in wichtigen Positionen befinden, können Frauen, die mit solchen Situationen konfrontiert werden, ein schweres emotionales Trauma erleiden und sich dafür entscheiden, ihre Karriere in der Öffentlichkeit aufzugeben. Dazu sagte Irina von Wiese:



    Das Problem ist nicht nur der Angriff an sich. Das Problem ist die psychologische Auswirkung der Angriffe auf die jungen Frauen in der Politik. Immer wenn ich mit solchen Frauen spreche, sage ich: ‚Natürlich möchte ich, dass mein Engagement eine Rolle spielt, selbstverständlich möchte ich am politischen Leben teilhaben, aber möchte ich wirklich diese Erfahrung machen, diesen ganzen Hass, diese ständige Aggression im heutigen öffentlichen Diskurs erleben? Wie kann ich mit emotionalen Belastungen umgehen?‘“




    Irina von Wiese ist jedoch überzeugt, dass sowohl in Rumänien als auch in den anderen EU-Mitgliedstaaten Online-Angriffe verhindert und ihre Auswirkungen kontrolliert werden können, solange es Unterstützungsgruppen gibt:



    Ich glaube, dass uns der notwendige Rahmen zu Verfügung steht. In vielen Fällen haben wir auch spezifische Programme zur Förderung von Frauen. Aber das reicht nicht aus. Was wir brauchen, um begabte Frauen für das Feld der Politik zu gewinnen, ist ein Netzwerk, ein Sicherheitsnetz für Politikerinnen und für alle Frauen, die im öffentlichen Bereich arbeiten. Wir müssen den Frauen ein Training anbieten, damit sie solchen Angriffen besser standhalten können, eine Backup-Lösung für den Fall, dass etwas schief geht. Wir brauchen ein zugängliches Netzwerk von Mentoren und Unterstützern für diese Frauen. Dieses Netzwerk wird wie ein Katalysator für Frauen funktionieren, so dass sie einen Schritt nach vorne machen und Stellung beziehen können.“




    Die jüngsten Statistiken zeigen, dass über 52% der Bevölkerung Rumäniens Frauen sind. Obwohl der Frauenanteil steigt, ist die Präsenz von Frauen in öffentlichen Positionen doch nach wie vor gering. Derzeit sind nur 5% der Bürgermeister und 20% der gewählten Parlamentarier in Rumänien weiblich. Ähnlich ist die Situation in der Wirtschaft mit etwas mehr als 35% weiblichen Aktionären. Und die Gewalt gegen Frauen sowie die Vorurteile bezüglich der Berufe, die sie ausüben sollten, bestehen in Rumänien weiterhin.

  • Lascăr Catargiu: konservativ, standhaft, monarchistisch

    Lascăr Catargiu: konservativ, standhaft, monarchistisch

    Lascăr Catargiu wurde am 13. November 1823 in Iaşi, Moldau (heute ein Teil Rumäniens), geboren und starb am 11. April 1899 in Bukarest. Er war ein bedeutender rumänischer Politiker, viermal Premierminister (1866, 1871–76, 1889, 1891–95), der in den ersten Jahren der Unabhängigkeit des Landes eine führende Rolle in den nationalen Angelegenheiten spielte.



    1858 war Lascăr Catargiu Mitglied des moldauischen Diwans (repräsentative Kommission), der gebildet wurde, um die zukünftige politische Organisation der Donau-Fürstentümer Moldau und Walachei zu bestimmen, und 1859 war er der konservative Kandidat für den Thron der Moldau. Nach der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer unter der Herrschaft von Alexandru Ioan Cuza plante er in Koalition mit den Liberalen im Jahr 1866 den Sturz des ersten Fürsten des Vereinigten Rumäniens, als dessen Herrschaft die Existenz des rumänischen Staates gefährdete. Lascăr Catargiu setzte sich aktiv für die Errichtung der konstitutionellen Monarchie in Rumänien ein. 1866 wählte die Koalition der Konservativen und Liberalen Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum Herrscher Rumäniens. Im Jahr 1881 wurde Fürst Karl als Carol I. zum ersten König Rumäniens gekrönt. Von Februar 1866 bis zur Thronbesteigung von Carol I. im Mai 1866 war Lascăr Catargiu Mitglied der dreiköpfigen Regentschaft und leitete von Mai bis Juli 1866 als Premierminister sein erstes Kabinett. Als friedlicher Geist mit einer gro‎ßen Arbeitskraft trug Lascăr Catargiu dazu bei, die Konservative Partei als politische Kraft zu etablieren, und sorgte damit für ein Gleichgewicht gegenüber der Liberalen Partei.



    Während der antidynastischen Agitation von 1871 wurde Lascăr Catargiu zur Bildung einer weiteren Regierung berufen, die bis 1876 dauerte. In der Folge führte er in der Opposition die Konservative Partei bei Angriffen gegen die regierenden Liberalen an. Nach dem Sturz der Liberalen im Jahr 1888 war er noch zweimal als Premierminister tätig — kurzzeitig im Jahr 1889 und später von 1891 bis 1895.



    Lascăr Catargiu war einer der wichtigsten Politiker in der Geschichte Rumäniens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1871 rettete er Rumänien vor der Destabilisierung, erläutert der Historiker Sorin Cristescu:



    Lascăr Catargiu spielte eine besondere Rolle in der Geschichte Rumäniens, er rettete die Herrschaft von Fürst Karl I. Ein dramatischer Moment war die Nacht vom 22. März 1871, als Catargiu in eine sehr schwierige Situation geraten war. Wir wissen nicht, ob damals Fürst Karl zur Abdankung entschlossen war, aber Catargiu griff mit voller Kraft ein, während in Bukarest eine von den Liberalen organisierte Kundgebung stattfand, die darauf abzielte, die deutsche Kolonie in Bukarest und den Herrscher des Landes zu kompromittieren. Lascăr Catargiu stellte sich dem Fürst Karl I. als Mitglied der dreiköpfigen Regentschaft vor und sagte, er werde dem Herrscher eine starke Regierung bieten, die das Land brauchte, wenn Fürst Karl I. ihn zum Premierminister ernennt.“




    Was machte Catargiu zu einem Führer der Konservativen, einer Partei mit vielen starken Persönlichkeiten? Der Historiker Sorin Cristescu antwortet:



    Lascăr Catargiu hatte eine sehr solide, respektierte Position, als Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum Herrscher Rumäniens wurde. Catargiu war der erste Präsident des Ministerrats, der am 11. Mai 1866 von Fürst Karl ernannt wurde und bis zum 13. Juli 1866 regierte. Wie hat es dieser Mann geschafft, die Konservativen zu führen? Damals war die Konservative Partei eine Partei mit starken Persönlichkeiten, eine Partei von höchst gebildeten Politikern — die bekanntesten waren Petre P. Carp und Titu Maiorescu. Petre P. Carp zeigte immer seine Überlegenheit gegenüber allen Parteimitgliedern. In diesem Kontext war Lascăr Catargiu ein Politiker ohne gro‎ßen rednerischen und intellektuellen Anspruch, ein Mann, der in seinen Gesprächen nicht spitzfindig oder überheblich war. Jeder fühlte sich wohl bei einem Gespräch mit Lascăr Catargiu, während man in einer Diskussion mit Petre P. Carp sich sofort unterlegen fühlte. Folglich wurde Lascăr Catargiu sehr beliebt, er hatte eine gewisse Bescheidenheit, die dazu führte, dass alle ihn als Chef wollten, weil er niemanden beleidigte.“




    Lascăr Catargiu war viermal Premierminister Rumäniens. Die von Lascăr Catargiu von 1871 bis 1876 geführte Regierung führte Rumänien zur Unabhängigkeit, nach dem Sieg Russlands und Rumäniens im Krieg gegen das Osmanische Reich in den Jahren 1877–1878. Durch die Ironie der Geschichte wurde aber nicht Lascăr Catargiu mit den Lorbeeren des Siegers gekrönt. Es war sein Nachfolger, der nicht weniger bedeutende liberale Premierminister Ion C. Brătianu, der diese Anerkennung genoss. Der Historiker Sorin Cristescu bringt weitere Details über die Bedeutung des ersten Catargiu-Kabinetts:



    Seit der Vereinigung der rumänischen Fürstentümer im Jahr 1859 war dies die erste Regierung, die ihr vierjähriges Mandat zu Ende führte. Die Catargiu-Regierung war sehr effizient, sie regelte die schwierige finanzielle Situation Rumäniens. Diese Regierung war so wirksam, dass sie die Wahlen ohne Probleme gewann. Lascăr Catargiu entschied sich für eine Geste der Unabhängigkeit, er widersetzte sich dem Ferman (Erlass) des Sultans an Fürst Karl I., einer Anordnung, die Rumänien verbieten sollte, Handelsabkommen mit anderen Staaten zu unterzeichnen. Lascăr Catargiu schloss 1875 ein Handelsabkommen mit Österreich ab und zeigte damit, dass Rumänien praktisch unabhängig war. Das Catargiu-Kabinett hätte weitere 4 Jahre regiert, wenn im August 1875 der Aufstand der Christen in Bosnien und Herzegowina nicht ausgebrochen wäre. In wenigen Monaten wurde es klar, dass es einen Krieg zwischen den Osmanen und den Russen geben würde und dass Rumänien sich an diesem Krieg beteiligen müsse.“




    Das darf nicht sein, Eure Majestät!“ ist einer der berühmtesten geflügelten Wörter zur Zeit Lascăr Catargius. Der Spruch stammt von Lascăr Catargiu und damit zeigte er Festigkeit, Mut und Unbeugsamkeit, wenn eine Grenze erreicht wurde, sei es sogar durch die Königin. Historiker Sorin Cristescu mit Details:



    Als er diese Worte sagte, war Lascăr Catargiu Innenminister in einer Regierung, die von einem anderen Konservativen, General Ioan Emanoil Florescu, geführt wurde. Er sagte dies als etwas Unwiderrufliches. Es war inakzeptabel, was die Königin Elisabeth vorhatte, nämlich die Heirat des Erbprinzen Ferdinand mit ihrer Hofdame Elena Văcărescu. Mit den Worten »Das darf nicht sein, Eure Majestät!« drückte Catargiu damals am besten die Haltung einer Elite aus, die sich gegen die Absicht der Königin zusammenschloss.“




    Im Jahr 1899 starb Lascăr Catargiu im Alter von 76 Jahren an einem Herzinfarkt, genau an dem Tag, an dem König Carol I. ihn zum vierten Mal zum Premierminister ernannte. In seinem Nachruf sagte der Literaturkritiker, Schriftsteller und Philosoph Titu Maiorescu über Lascăr Catargiu: Er war ehrlich und leistete eine unermüdliche Tätigkeit in den Details der Verwaltung. Diesen Eigenschaften und seinem Mut verdankte er die Autorität, die er in der Konservativen Partei genoss.“

  • Probleme der rumänischen Schule

    Probleme der rumänischen Schule

    Für rund drei Millionen Kinder und Jugendliche ist seit Montag ein neues Schuljahr mit nicht wenigen Veränderungen angebrochen. Erwartet wurde es mit viel Aufregung und Hoffnung auf bessere Zustände. In einigen Regionen des Landes sorgte das neue Schuljahr für gute Nachrichten, an denen es in den ländlichen Gebieten fehlte, da es dort kaum ideale Bildungsbedingungen gibt. In einem Ort im Kreis Cluj im Nordwesten Rumäniens wurde zB eine der grö‎ßten Dorfschulen eingeweiht. Aber während wenige Schulen im Land ein Vorbild für gute Praktiken sind, haben noch mehr gro‎ße Probleme. Einige von ihnen arbeiten ohne Gesundheitsgenehmigungen, ohne Trinkwasserversorgung oder Kanalisationn. In einigen Fällen fehlt es an Brandschutzgemehmigungen oder Videokameras zur Überwachung der Schulhöfe.



    Kurz vor Beginn des Präsidentschaftswahlkampfes für November haben sich Politiker entschieden, bei der Einweihung des neuen Schuljahres Profil zu zeigen. Staatspräsident Klaus Iohannis und Premierministerin Viorica Dăncilă, die beide antreten, waren keine Ausnahme. Klaus Iohannis, bis zu seinem Einstieg in die Politik Physiklehrer an einem Gymnasium im heimischen Sibiu, besuchte eine Schule in Bukarest, wo er auf das Versagen der staatlichen Bildungspolitik, aber auch auf ihren Mangel an Kreativität verwies. Der Präsident sprach die bestehende Verwahrlosung an, das Fehlen von Ma‎ßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Bildung und betonte, dass sich alle Kinder ohne Diskriminierung in der Schule ermutigt, geschützt und sicher fühlen müssen.



    Premierministerin Viorica Dăncilă ihrerseits nahm an der Eröffnung des Schuljahres in einer Ortschaft in der Provinz Hunedoara (im Südwesten des Landes) teil. “Ich hielt es eben für notwendig, an der Eröffnung des neuen Jahres auch an einer Schule in ländlichen Gebieten teilzunehmen. Es ist wichtig, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf die Kinder richten, die auf dem Land leben und die die gleichen Chancen verdienen wie jene in den Städten. Wir versuchen mit so vielen Programmen wie möglich, ländlichen Schülern zu helfen, denn es ist wichtig, dass diese Kinder an Universitäten studieren und dann arbeiten. Wir müssen ihnen eine bessere Zukunft sichern”, sagte sie.



    Tibor Navracsics, EU-Kommissar für Bildung, war seinerseits bei der Eröffnung des Schuljahres in Rumänien anwesend: Gegen Ende seiner Amtszeit erklärte Tibor Navracsics in Satu Mare (im Nordwesten), wie die rumänische Schule in Brüssel wahrgenommen wird. Das grö‎ßte Problem im rumänischen Bildungssystem ist seiner Meinung nach die fehlende Finanzierung. Au‎ßerdem fehlen die praktischen Komponenten, wobei die Ausbildung eher auf die theoretische Seite ausgerichtet ist. Eine Ausnahme bildet gerade Satu Mare, wo Tibor Navracsics feststellte, dass ein anderer Ansatz versucht wird, mit einer Tendenz zur technischen Ausbildung oder zum dualen System.


  • Nachrichten 26.06.2019

    Nachrichten 26.06.2019

    Bukarest: Die rumänische Exekutive hat das neue Verwaltungsgesetz per Eilverordnung verabschiedet. Somit werden Bürokratie in der öffentlichen Verwaltung und Hürden im Verhältnis der staatlichen Institutionen untereinander abgebaut, so der Standpunkt der Regierung. Das Gesetz regelt u.a. die Ernennung von Ministern im Fall von Regierunsumbildungen oder Vakanz. Staatspräsident Johannis und die Opposition haben sowohl den Inhalt des novellierten Verwaltungsgesetzes als auch dessen Verabschiedung per Eilverordnung kritisiert.




    Bukarest: Die Abgeordnetenkammer des rumänischen Parlaments hat am Mittwoch das neue Rentengesetz verabschiedet. Am Vortag hatten die Ausschüsse für Arbeit und juristische Aspekte über die Änderungen debattiert, die einem Beschluss des Verfassungsgerichts folgen. Das Verfassungsgericht hatte einige Artikel des Rentengesetzes für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, sie entsprechend abzuändern. In der novellierten Form des Rentengesetzes steht nun ausdrücklich, dass im staatlichen Rentensystem die Arbeitnehmer für die Rentenbeiträge aufkommen, während die Arbeitgeber verpflichtet sind, die Beiträge zu erheben und den Rentenkassen zuzuführen. Ferner wurde die Alters- und Zahlungsbegrenzung bei Invalidenrenten aufgehoben. Auch eine Aufstockung der Renten ist geplant — der Rentenpunkt soll beginnend mit dem 1. September 2019 bis 2022 stufenweise erhöht werden.




    Sport: Nach einem Sieg mit 6-2, 6-0 über die taiwanesische Tennisspielerin Su-Wei Hsieh hat sich die rumänische Tennisspielerin Simona Halep für das Achtelfinale des WTA-Turniers im britischen Eastbourne qualifiziert. Im Achtelfinale tritt Halep gegen die Slowenin Polona Hercog an, die ihrerseits am Dienstag die Französin Pauline Parmentier besiegt hatte. Halep und Hercog spielten bereits zweimal gegeinander, im Spielstand blieb es allerdings bei einem Unentschieden zwischen den beiden.




    Wechsekurs:



    1 Euro 4,71 RON


    1 USD 4,15 RON


    1 CHF 4,25 RON




    Wetter: Rumänien befindet sich seit Mittwoch bis voraussichtlich Donnerstagabend unter Hitzewarnung. Und es wird wärmer in den Ebenen wie im Hochland, wobei der Hitzeindex die 80-Punkte-Marke leicht überschreiten wird. Der Himmel bleibt überwiegend heiter, allein im Süden kommt es noch vereinzelt zu Schauerrregen und Gewittern. Leichte Windböen im Südosten und im Gebirge. Die THT am Mittwoch erreichten 27 bis 35 Grad Celsius. Mittwoch wurden in Bukarest zu Mittag 28 Grad Celsius gemessen.

  • Neues Verwaltungsgesetz durch Eilverordnung verabschiedet

    Neues Verwaltungsgesetz durch Eilverordnung verabschiedet

    Das neue Verwaltungsgesetz komme den Bürgern entgegen, die auf Mängel verschiedener Verwaltungsabläufe sto‎ßen — das erklärte am Dienstag der stellvertretende Ministerpräsident Daniel Suciu, kurz nachdem die Regierung das neue Verwaltungsgesetz per Eilverordnung verabschiedete. Das Gesetz würde die Regeln und Bestimmungen der öffentlichen Verwaltung vereinfachen, so der Amtsträger. Darüber hinaus lie‎ße es Mechanismen entstehen, die möglichen Blockaden zwischen den öffentlichen Institutionen vorbeugen würden, verdeutlichte Suciu. Das Gesetz sei nicht perfekt, könnte aber noch bei der Aussprache im Parlament verbessert werden, meinte der stellvertretende Ministerpräsident. Das neue Verwaltungsgesetz sei dringend notwendig gewesen. Diejenigen, die sich kritisch im Hinblick auf den Beschluss der Regierung äu‎ßern, würden sich blo‎ß gegen die Verabschiedung des Gesetzes stemmen, obwohl es zur Modernisierung der lokalen und zentralen öffentlichen Verwaltung führe, so der Vizepremierminister Daniel Suciu:



    Das Gesetz wurde 6–7 Monate im Parlament besprochen. Es wurde sogar vor dem Verfassungsgericht angefochten und danach zur Debatte ins Parlament zurückgeschickt. Wir planen zusammen mit der Europäischen Kommission schon das nächste Haushaltsjahr. Vor diesem Hintergrund müssen wir mindestens unsere Verpflichtungen in Bezug auf die öffentliche Verwaltung erfüllen. Denn wir stehen dafür ein. Wir verzeichnen diesbezüglich schon gro‎ße Rückstände, von einem, sogar zwei Jahren.“




    Das novellierte Verwaltungsgesetz umfasst mehrere umstrittene Bestimmungen, unter anderem die Bestimmungen im Hinblick auf die Sonderrenten lokaler Mandatsträger. Umstritten ist auch die Bestimmung, die eine Verkürzung der Frist zur Ernennung der Minister durch den Staatspräsidenten vorsieht. Das neue Verwaltungsgesetz umfasst Verfahren und Fristen in Bezug auf die Ernennung der Regierungsmitglieder nach einer Umbildung der Regierung, oder falls ein Amt frei wird. In so einem Fall hat der Ministerpräsident 5 Tage zur Verfügung, um Vorschläge zu unterbreiten. Das Staatsoberhaupt müsste laut dem abgeänderten Gesetz innerhalb von 10 Tagen auf den Vorschlag reagieren. Der Staatspräsident darf den Vorschlag zur Ernennung eines Regierungsmitglieds nur ein einziges Mal ablehnen.



    Die bisherige Gesetzgebung sah überhaupt keine Fristen vor. Darüber hinaus übernahm bis jetzt niemand die Verantwortung für eine sich verlängernde provisorische Lage — das betonte der stellvertretende Ministerpräsident Suciu. Das neue Verwaltungsgesetz umfasst auch Bestimmungen und Verfahren zur Gültigkeitserklärung der Mandate der Lokalvertreter. Diese Gültigkeitserklärung soll ab jetzt durch Gerichtsbeschluss erfolgen, und nicht mehr wie früher durch einen Validierungsausschuss. Au‎ßerdem sollen die Beschlüsse der Stadt- und Kreisräte von der Hälfte plus eins der amtierenden Lokalvertreter angenommen werden können.



    Staatspräsident Klaus Johannis betrachtet das Gesetz als einen gravierenden Angriff auf das gesamte Verwaltungssystem. Das Gesetz hätte nur nach einer Aussprache im Parlament und infolge eines weitgehenden gesellschaftlichen Dialogs verabschiedet werden, verdeutlichte Johannis. Auch die Opposition bestreitet das im Eilverfahren verabschiedete Gesetz. Laut USR (der Union Rettet Rumänien) umfasse das Gesetz umstrittene Bestimmungen, die die amtierenden lokalen Mandatsträger favorisieren würden. Das neue Verwaltungsgesetz sei den PSD-Baronen“ gewidmet und stelle einen landesweiten Raub“ dar, meinen auch die Liberalen. Darüber hinaus ersuchen sie den Bürgerbeauftragten, das Verfassungsgericht mit dem Thema zu befassen. Der Vorsitzende der Landesunion der Kreisräte, der Sozialdemokrat Marian Oprişan, begrü‎ßt dagegen die Verabschiedung des Gesetzes. Es bringe Klarheit in mehrerer Hinsicht und würde die Tätigkeit der Verwaltung, vor allem was die Beziehung zu den Bürgern betrifft, effizienter machen.