Tag: Temeswar

  • Nachrichten 20.12.2019

    Nachrichten 20.12.2019

    In Timişoara (Westrumänien) gehen die Ereignisse, die dem antikommunistischen Aufstand vom Dezember 1989 gewidmet sind, weiter. Eine Gedenktafel, die vom US-Präsidenten geschenkt wurde, ist in der ehemaligen Militäreinheit auf dem Freiheitsplatz aufgestellt worden. Mittags ertönten Sirenen, um den Tag zu kennzeichnen, an dem Timisoara die erste rumänische Stadt frei vom Kommunismus wurde. In der Nähe von Bukarest nahm eine Gruppe von Nachkommen der Revolutionshelden, die in die Hauptstadt marschieren, an einer religiösen Zeremonie im Dorf Popeşti-Leordeni teil, wo vor 30 Jahren die Asche der in Timişoara erschossenen und in Bukarest eingeäscherten Revolutionäre entsorgt worden war. Am Donnerstag hat das Europäische Parlament eine Entschließung zum Gedenken an die rumänische Revolution angenommen, in der die Helden, die ihr Leben für Freiheit und Demokratie geopfert haben, gewürdigt werden. Außerdem fordert das Europäische Parlament die rumänische Regierung auf, ihre Bemühungen um die Aufklärung der Wahrheit über diese Ereignisse zu intensivieren. Die EU-Institutionen und die nationalen Parlamente werden dringend aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass sich die von den kommunistischen Regimes begangenen Verbrechen nie wiederholen.



    Präsident Klaus Iohannis wird am Samstag vor dem gemeinsamen Kammern des Parlaments vereidigt werden. Bei der Vorstellung eines Berichts über seine erste Amtszeit sagte Klaus Iohannis gestern, dass in den vergangenen fünf Jahren große Herausforderungen bewältigt werden mussten, von denen die vielleicht schwerwiegendste darin bestand, dass Rumänien von seinem westlichen demokratischen Weg nicht abwiecht. In Bezug auf die Außenpolitik erwähnte der Präsident, dass er sich auf die Stärkung der Rolle Rumäniens als EU- und NATO-Mitglied und auf die Erweiterung und Stärkung der strategischen Partnerschaft mit den USA konzentriert habe. Innenpolitisch, fügte Klaus Iohannis hinzu, seien seine Prioritäten die Gewährleistung des ordnungsgemäßen Funktionierens der öffentlichen Behörden. Er wiederholte, dass in den vergangenen drei Jahren unter aufeinander folgenden sozialdemokratischen Regierungen versucht wurde, die Regierung zu kapern und den Staat durch Untergrabung der Justiz zu schwächen, und dass er alle verfassungsrechtlichen Mechanismen nutzte, um diesen undemokratischen Kräften entgegenzutreten.



    Der liberale Premierminister Ludovic Orban wiederholte für Radio Rumänien, dass die Bitte um das Vertrauen des Parlaments die einzige Möglichkeit sei, den Gesetzentwurf für den Staatshaushalt 2020 bis zum 31. Dezember zu verabschieden. Der Premierminister versprach auch, dass die Gehälter im öffentlichen Sektor im nächsten Jahr angehoben werden und legte eine Reihe von wirtschaftlichen Entscheidungen vor. Orban hat auch angekündigt, dass die Regierung die Zulagen für hohe Beamte eingefroren hat, dass die Gehälter und Pensionen des öffentlichen Sektors nicht mehr gleichzeitig von derselben Person bezogen werden können und dass die Subventionen für politische Parteien um 30 % gekürzt wurden. Orban versprach, dass die Infrastrukturinvestitionen im nächsten Jahr erhöht werden. Am Montag strebt die Regierung im Parlament ein Vertrauensvotum für den Staatshaushalt und die Haushaltsvorlagen für die Sozialversicherung sowie für einen Gesetzentwurf zur Änderung der Notverordnung der Regierung 114 an.



    Die ehemalige rumänische Innenministerin Carmen Dan ist am Freitag von der Direktion zur Untersuchung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus als Zeugin bei der Untersuchung des Gendarmeneinsatzes während des Protestes der rumänischen Diaspora am 10. August 2018 in Bukarest angehört worden. Nach mehr als sechsstündigen Anhörungen erklärte Carmen Dan, dass sie während der Sommerproteste keine aktive Koordinierungsrolle hatte. Die Ermittlungen wurden von DIICOT von der Militärstaatsanwaltschaft übernommen. In der Akte werden die Chefs der Gendarmerie untersucht, die die Interventionsaktion am 10. August geleitet haben. An diesem Tag protestierten Zehntausende Rumänen, auch aus der Dispora, auf dem Victoriei-Platz und forderten den Rücktritt der von den Sozialdemokraten Viorica Dăncilă geführten Regierung. Die Menschen äußerten ihre Unzufriedenheit mit dem wiederholten Angriff der Sozialdemokratischen Partei Angriff auf die Justiz, aber auch mit der Entlassung der DNA-Generalstaatsanwältin Laura Codruța Kovesi.



    Die Regierung Rumäniens hat beschlossen, dass die Grenze für ausländische Arbeitnehmer im Jahr 2020 bei 30.000 Personen bleibt, wie es auch 2019 der Kabinettschef des Premierministers Ionel Dancă am Freitag bekannt gab. Die Entscheidung berücksichtigte das wirtschaftliche Wachstumspotential Rumäniens, die Nachfrage nach Arbeitskräften in bestimmten Sektoren oder Berufen, die von rumänischen Arbeitnehmern nicht gedeckt werden können, sowie die Notwendigkeit, Situationen zu verhindern, in denen Ausländer illegal in Rumänien arbeiten. Rumänien sieht sich mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert, da eine große Zahl seiner Bürger eine Beschäftigung in anderen EU-Mitgliedstaaten gesucht hat.

  • Hörerpostsendung 8.12.2019

    Hörerpostsendung 8.12.2019

    Herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI!



    Heute möchte ich mit einem TV-Tipp beginnen. Am 15. Dezember (also genau in einer Woche) um 23:55 Uhr strahlt der MDR einen Dokumentarfilm des deutsch-rumänischen Regisseurs Dobrivoie Kerpenisan aus. Die unbekannten Helden — Bilder der rumänischen Revolution“ dokumentiert den Aufstand der Menschen in Gro‎ßsanktpeter, einem ethnisch gemischten Dorf im Banat, im Länderdreieck Rumänien-Jugoslawien-Ungarn, gegen das Ceaușescu-Regime am 18. Dezember 1989, kurz nachdem im nahegelegenen Temeswar zwei Tage zuvor die Menschen gegen den Kommunismus aufbegehrt und es die ersten Tote der Revolution gegeben hatte.



    Auf der Webseite des MDR wird der Film mit folgenden Worten präsentiert:



    Im Winter 1989 besucht [der einige Jahre zuvor nach Deutschland ausgewanderte] Dobrivoie Kerpenisan seine Gro‎ßeltern in einem kleinen Dorf bei Temeswar in Rumänien, der Stadt, in der sich der erste Widerstand gegen das Ceausescu-Regime formiert. So beginnen die Semesterferien des damaligen Folkwangstudenten mit nicht weniger als einer Revolution.



    Der junge Fotograf wird hineingerissen in die Rebellion in der Provinz und versucht so viel wie möglich von Ereignissen festzuhalten, solange bis sein Filmvorrat aufgebraucht ist. Es entstehen einzigartige Momentaufnahmen von den Massenprotesten. […] In diesen Tagen fotografierte ich vor allem den Aufstand der einfachen Leute — Junge, Alte, Kinder, Studenten, Mütter, Arbeiter und Roma. Zu diesem Zeitpunkt war mir die geschichtliche Bedeutung meines Tuns überhaupt nicht bewusst. Ich war einer von Ihnen, und dabei zu sein, war das Einzige, was zählte in diesem Moment.“



    30 Jahre später kehrt Kerpenisan, nunmehr prämierter Filmemacher, in sein Dorf zurück und sucht anhand seiner Bilder nach den Spuren der Revolutionäre von damals. Was machen sie heute? Wo und wie leben sie? Ob Tagelöhner oder Fabrikdirektor, Ex-Dorfpolizist oder Altenpflegerin — die Menschen begegnen sich selbst auf den historischen Aufnahmen. Die Rückkehr“ fängt diese Begegnungen in einer dokumentarischen Collage ein und zeigt eine neue, unbekannte Seite der rumänischen Revolution. Aus dem Reflektieren über Angst, Mut und Träume entsteht ein Portrait der unbekannten Helden mit beklemmenden Einsichten und bewegenden Geschichten.



    Soweit die Präsentation des Films auf der Webseite des MDR. Ich hatte die Ehre, das Skript des Films aus dem Rumänischen ins Deutsche übersetzen zu dürfen, der Film wird in den nächsten Tagen in den MDR-Studios mit Synchronstimmen versehen (overvoict“, wie es im Slang der Radio- und TV-Journalisten hei‎ßt). Der Film ist wirklich sehr interessant und hat einige ergreifende Szenen, ich empfehle ihn wärmstens. Die unbekannten Helden — Bilder der rumänischen Revolution“ von Dobrivoie Kerpenisan, am 15. Dezember um 23:55 Uhr im MDR.



    Und nun zu Hörerzuschriften. 1989 war in der Tat ein geschichtsträchtiges Jahr: der Fall der Berliner Mauer, das Ende der kommunistischen Regime in Osteuropa und die Überwindung des Kalten Kriegs. Passend zum Thema erhielten wir sehr interessante Erinnerungen an die letzten Monate der DDR von unserem Hörer Lutz Winkler, der heute in Schmitten im Taunus zu Hause ist. Die damaligen Ereignisse änderten grundlegend das Leben unseres Hörers:



    Liebe Freunde der deutschen Redaktion in Bukarest,



    der November mit seinem kalten und nassen Wetter ist nun da. Der vorletzte Monat des Jahres 2019 — ein Jahr, welches wieder viel zu schnell vergangen ist. Was mich jedoch am meisten betrübt, ist die Dunkelheit: wenn ich auf Arbeit gehe ist es dunkel und wenn ich nach Hause komme wird es auch schnell wieder dunkel. So ist aber der Lauf der Zeit und ich mache es mir in der Radioecke gemütlich.



    Der Monat November hat ja nicht nur eine dunkle Seite, wie ich oben geschrieben habe. Am 9. November 1989 hat sich unser Leben geändert. Ich war zu der Zeit Soldat der Nationalen Volksarmee — aber ganz weit weg von den Brennpunkten der friedlichen Revolution. Ich war damals abkommandiert, eine Flugzeughalle an der polnischen Grenze aufzubauen, und habe die Ereignisse des Mauerfalls über das Fernsehen mitbekommen. Dann musste ich noch bis Mai 1990 in der Armee bleiben — aber auch dort hat sich einiges geändert. Der Ton wurde sanfter und die politische Bildung schlief ein.



    Nach der Armeezeit bin ich in meinen alten Betrieb zurück — habe einige Monate gearbeitet, kaum Geld bekommen. So habe ich in den alten Bundesländern Arbeit gesucht und diese auch gefunden. Es war eine Zeit, in der alles wegbrach — viele neue Dinge mussten wir lernen: Steuererklärung, Krankenkassen, Rentensystem, Versicherungen, Finanzen und noch vieles mehr hat sich innerhalb kürzester Zeit geändert. Träume wurde geträumt und sind manchmal wie Seifenblasen geplatzt.


    So waren wir auch Wirtschaftsflüchtlinge. Wir haben in der alten Bundesrepublik in der Nähe von München — auch mit einiger Hilfe — schnell Fu‎ß gefasst und unser Leben neu aufgebaut. Vieles ging ganz schnell — dank der Kinder, manches, wie die Wohnungseinrichtung, dauerte doch etwas länger.



    Was hat uns in der Familie der Umbruch aber gelehrt? Sei wachsam gegenüber den einfachen Lösungen und den gro‎ßen Versprechen, die andere Leute dir machen. Und: Nichts ist in Stein gemei‎ßelt, auch eine Gesellschaftsform, wie wir sie jetzt haben (und auch genie‎ßen), muss jeden Tag vor der Dummheit mancher gro‎ßspurigen Vereinfacher verteidigt werden. Der Mensch steht im Mittelpunkt und nicht, wo man herkommt.



    Sie senden jeden Tag viele Informationen aus Rumänien, es macht mir viel Spa‎ß Ihren Sendungen zu lauschen — dafür vielen Dank!



    Dieses Mal habe ich Ihnen einen Einblick in mein Leben gegeben. In einen wichtigen Abschnitt, der alles, aber wirklich alles verändert hat.



    Ich möchte für heute schon wieder schlie‎ßen, ich wünsche allen Redaktionsmitgliedern viel Glück und Gesundheit.



    Viele Grü‎ße aus Deutschland



    Ihr Hörer


    Lutz Winkler



    Lieber Herr Winkler, vielen Dank für diese äu‎ßerst interessanten Erinnerungen. Ich bin auch ausgesprochen interessiert an Zeitgeschichte, in Bukarest werden im Rahmen eines Dokumentarfilm-Festivals gerade viele Filme über jene Zeit gezeigt, auch das hiesige Goethe-Institut wartete mit interessanten Dokumentaren über den Bau der Mauer oder die Wendezeit auf. Herzliche Grü‎ße nach Schmitten!



    Wir bleiben beim Thema Film und Geschichte. Ralf Urbanczyk (aus Eisleben, Sachsen-Anhalt) gefiel in unserem Programm ein Interview:



    Sehr interessant fand ich das Interview mit dem Filmregisseur Alexis Cahill über seinen neuen Film Maria — Königin von Rumänien“. Hoffentlich wird es diesen Film in Zukunft auch in deutscher Synchronisation geben, denn er widmet sich mit Marie von Edinburgh nicht nur einer ganz spannenden europäischen Persönlichkeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sondern scheint auch ein monumentales, handwerklich und künstlerisch gut gemachtes Bild auf die Rolle Rumäniens und seiner Königsfamilie im Ausgang des Ersten Weltkrieges zu werfen. Das ist ganz faszinierender Stoff, aus welchem dieser Film gemacht wurde. Dazu kommt, dass Maria, die spätere Königin Rumäniens,

    für viele Jahre in der deutschen Stadt Gotha lebte. Ob sie dort Spuren hinterlassen hat, wei‎ß ich nicht. Wenn ich das nächste Mal in Gotha bin, werde ich einmal danach forschen. Vielen Dank für die vielen Anregungen, welche Sie mir durch dieses interessante Gespräch zum Film Maria — Königin von Rumänien“ gegeben haben.



    Vielen Dank für das Feedback, lieber Herr Urbanczyk, und für den Filmtipp, wenn Sie so wollen, denn mir war der Beitrag entgangen. Ob es den Film auch in deutscher Synchronisation geben wird, hängt allerdings davon ab, ob ein Fernsehsender oder ein Filmverleih Interesse daran findet. Herzliche Grü‎ße nach Eisleben!



    Und jetzt sind Kenner des digitalen Fernempfangs gefragt. Dennis Kleemann ist in Blomberg (NRW) zu Hause und hat uns Ende November zusammen mit seiner Lebenspartnerin empfangen können. Mit dem kurzen Empfangsbericht stellte er aber auch eine Frage:



    Wir haben Ihre Aussendung heute Morgen um 7:40 Uhr hier in Blomberg/Deutschland empfangen — mit Stabantenne und ohne Probleme oder Aussetzer.



    Wir hätten mal eine Frage: Wo bekommt man neue DRM-Empfänger her. Wir konnten im Internet nichts finden. Vielleicht können Sie uns weiterhelfen.



    Mit freundlichen Grü‎ßen



    Dennis Kleemann


    Ihne Vo‎ß



    Vielen Dank für das Feedback, liebe Freunde, und Gru‎ß zurück nach Blomberg. Ich muss zugeben, da bin ich völlig überfragt. Wir haben aber einige eingefleischte DRM-Anhänger in unserer Hörerschaft und ich reiche daher die Frage weiter: Wer kann Herrn Kleemann ein paar Tipps geben, wo man neue (und ich vermute auch kostengünstige) DRM-Empfänger in Deutschland finden?



    Ebenfalls im November noch meldete sich Heinrich Eusterbrock (aus dem schwäbischen Kaufbeuren) mit Feedback über die Empfangsbedingungen:



    Hallo lieber Herr Georgescu,



    zuerst möchte ich mich ganz herzlich für den Brief Ihrer Postbearbeiterin bedanken. Vor etwa zwei Wochen erhielt ich die Antwort auf meinen letzten Hörbericht mit drei QSL-Karten für die Monate April bis Juni. Ich habe mich darüber wieder sehr gefreut, zumal die diesjährige Motivserie mit den Ansichten der verschiedenen Trachten Ihres Landes wirklich sehr anschaulich ist. Bitte bestellen Sie Ihrer Kollegin schöne Grü‎ße und meinen herzlichen Dank.



    Der Empfang Ihrer Sendungen im dritten Quartal war bei mir meist durchwachsen aber durch die Bank verständlich. Im September kam es dann ja leider zu dem grö‎ßeren Ausfall in einer Ihrer Sendestellen. Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich wusste, was los ist. Wenn man den Sender nicht hört, kann man Ihre Ansagen in eigener Sache“ ja auch nicht hören. Hier wäre eine Sammel-Mitteilung per E-Mail eine gute Idee gewesen. Sei es, wie es ist, es war auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, mal wieder auf Ihren DRM-Frequenzen rein zu hören. Und — Überraschung — es klappte zumindest am Abend bei mir sehr gut. Da waren Ausstrahlungen dabei, mit nur ganz vereinzelten Aussetzern, vor allem dann, wenn das Fading nur schwach war. Ich habe mich sehr über diesen sauberen Empfang gefreut. Es ist jammerschade, dass die Weiterentwicklung der Betriebsart DRM so früh aufgegeben wurde. Es hätte mehr daraus werden können, meine ich.



    Das war’s dann wieder. Ich wünsche dem gesamten Team alles Gute und eine besinnliche Adventszeit.




    Herzliche Grü‎ße nach Bukarest



    Ihr

    Heinrich Eusterbrock



    Vielen dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Eusterbrock, und Gru‎ß nach Bayern! Ich gebe zu, eine Massenmail zum Thema Frequenzausfall wäre sicherlich besser gewesen, aber erstens haben auch wir erst spät erfahren, was los ist, weil die Leute vom Senderbetrieb-Unternehmen nicht gerade kommunikativ sind, und zweitens war ich damals noch im Urlaub.



    Zeit für die Postliste. Ich bin leider auch diese Woche nicht dazu gekommen, die Postbriefe zu entziffern, fange aber nächsten Sonntag direkt mit der herkömmlichen Post an. E-Mails und Feedback im Online-Formular erhielten wir bis vergangenen Freitag von Reinhard Schumann (SE), Paul Gager und Josef Robl (A) sowie von Bernd Seiser, Hans-Ulrich Schwerendt, Martina Pohl, Peter Vaegler, Helmut Matt, Fritz Andorf, Herbert Jörger, Michael Willruth, Heinz-Günter Hessenbruch und Alfred Albrecht (D).



    Audiobeitrag hören:



  • Internationales Literaturfestival „Westlich vom Osten/Östlich vom Westen“: Freiheit und Literatur

    Internationales Literaturfestival „Westlich vom Osten/Östlich vom Westen“: Freiheit und Literatur

    Während der 8. Auflage des Internationalen Literaturfestivals in Temeswar befassten sich die eingeladenen Schriftsteller mit Themen wie die Beziehung zwischen der historischen, sozialen, wirtschaftlichen Freiheit und dem literarischen Schaffen. Die Gespräche, an denen auch der polnische antikommunistische Dissident Adam Michnik und der rumänische Historiker Adrian Cioroianu teilgenommen haben, standen am Anfang der Literaturtage. Der Schriftsteller und Vorsitzende des Internationalen Literaturfestivals Timișoara, Robert Şerban:



    Es war ein gelungener Abend. Das Treffen dauerte drei Stunden, also eine Stunde mehr als ursprünglich geplant. Das Publikum wäre noch darüber hinaus geblieben. Seit langem habe ich keine so lebhaften Diskussionen erlebt und dies sage ich nicht als einer der Veranstalter, sondern als Journalist. E war fabelhaft. Adam Michnik erzählte viel, sprach über seine Treffen mit Wladimir Putin und dem ehemaligen Präsidenten Rumäniens, Ion Iliescu. Er sprach auch über die Jahre, die er im Gefängnis verbracht hat, denn wir sollten nicht vergessen, dass Adam Michnik ein Held war. Er war während der kommunistischen Diktatur sechs Jahre im Gefängnis, aber er gab nicht auf, er brachte die Kraft auf, sich gegen das Regime zu stemmen, zu protestieren, Freiheit zu fordern.“




    Am zweiten Abend wurde über den Frankenstein-Roman in drei Hypostasen debattiert. Robert Şerban, der Vorsitzende des FILMT:



    Eingeladen waren drei Schriftsteller, stellvertretend für drei unterschiedliche Literaturen. Einer von ihnen war der sehr bekannte und hierzulande sehr beliebte russische Schriftsteller Jewgeni Wodolaskin. Der Humanitas-Verlag hat seine Romane »Laur, der Pilot«, »Solowjow und Larionow« und »Brisbane« in Übersetzung veröffentlicht. Viele Leute haben uns aufgefordert, ihn einzuladen. Sie wollten ihn sehen. Aus Portugal kam José Luís Peixoto, ein fabelhafter Schriftsteller, der als der zweite Saramago angesehen wird. Seine Bücher wurden im Polirom-Verlag übersetzt. Die rumänische Literatur vertrat Lucian Dan Teodorovici — ein ausgezeichneter Prosaschriftsteller und einer der meistübersetzten zeitgenössischen rumänischen Schriftsteller. Er hat sich als Leiter des Internationalen Literatur- und Übersetzungsfestivals in Iaşi (FILIT) und des Nationalen Literaturmuseums in Iaşi stark für die rumänische Literatur eingesetzt.“




    Ein besonderer Punkt im Programm des Internationalen Literaturfestivals Timişoara stellte der Abend dar, der den Temeswarer Schriftstellern Daniel Vighi, Viorel Marineasa und Petru Ilieşu vorbehalten war. Sie sprachen über Freiheit, Ausdrucksfreiheit und die Rolle des Schriftsteller in Temeswar, der ersten vom Kommunismus befreiten Stadt Rumäniens. Robert Şerban, Vorsitzender des Internationalen Literaturfestivals in Temeswar, fasst die Bedeutung dieser Tage zusammen:



    Literaturfestivals sind gegenwärtig sehr wichtig, weil wir, was den Bücherkonsum anbelangt, nicht sehr gut dastehen. Ich kann nicht sagen, ob sich diese langfristig positiv auswirken werden, aber es ist einfach wunderbar, zwei Stunden lang einem Schriftsteller im bezaubernden Barocken Saal des Temeswarer Kunstmuseums bei einer Lesung zuzuhören. Wenn die Statistiken nicht stimmen, müssen wir proaktiv werden, wir müssen unsere Kunst verteidigen. Es ist ermutigend, wenn Menschen aus anderen Städten kommen, um an Lesungen teilzunehmen. Auch während der diesjährigen Tage waren die Säle randvoll. Auf dem FILIT in Iaşi haben mich Gymnasialschüler mit ihren Fragen verblüfft. Ich sage dies als Journalist, der wei‎ß, was eine dokumentierte Frage ist. Diese Gymnasiasten hatten tiefe literarische Kenntnisse. Wir können also hoffen, dass solche Events ein immer breiteres Publikum erreichen können. Es ist unsere Pflicht, solche Veranstaltungen fortzusetzen.“




    Das erste Internationale Literaturfestival hat in Temeswar im Jahr 2012 stattgefunden.

  • Touristin aus Schottland von rumänischer Gastfreundschaft beeindruckt

    Touristin aus Schottland von rumänischer Gastfreundschaft beeindruckt

    Emma Cairns lebt nicht in Rumänien, sie ist eine schottische Touristin, die Rumänien gerade entdeckte. In ihrer Heimatstadt Aberdeen arbeitet Emma als Sozialassistentin mit Menschen mit psychischen Störungen. Die Reise nach Rumänien hat sie alleine, ohne Hilfe eines Reisebüros organisiert. Rumänien kannte sie vorher kaum, nach zehn Tagen durch das Land zeigt sie sich ganz begeistert von dem, was sie gesehen hat:



    Ich hatte etwas über das kommunistische Regime in Rumänien und über die Legende von Vlad Vlad Ţepeş, bekannt als Dracula, gelesen. Das Ganze war sehr attraktiv für mich, kann aber nicht sagen, dass ich etwas über dieses Land wusste. Ich wollte das Land eher durch meine Augen entdecken, wenige britische Touristen tun das eigentlich. Ich wollte mehr über die rumänische Kultur lernen und mir die Geschichte Rumäniens von Rumänen erzählen lassen .“




    Emma stellte ganz überrascht fest, dass das rumänische Volk gegenüber Ausländern sehr offen ist. Welche sind ihre Eindrücke nach zehn Tagen hier?:



    Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit. Ich wusste nicht, was ich erwarten soll, denn ich kannte kaum Briten, die als Touristen durch dieses Land unterwegs waren. Ich bin zahlreichen Menschen begegnet, die mir gegenüber sehr freundlich waren und mich fragten, woher ich komme, mir Sehenswürdigkeiten und kulinarische Spezialitäten des Landes empfahlen. Ich habe atemberaubende Landschaften um Braşov (Kronstadt) und Timişoara (Temeswar) gesehen, coole Orte in Bukarest besucht. Die rumänischen Gro‎ßstädte sind so lebendig, die Kulturszene hat so viel zu bieten, die Orte haben eine beeindruckende Geschichte und eine einzigartige Persönlichkeit. Viele Orte erzählen ihre eigene Geschichte und in Bukarest gibt es so viele Orte, die an den blutigen antikommunistischen Aufstand von 1989 erinnern. Rumänien hat alles, einschlie‎ßlich Dorftourismus, was ich sehr schätze, weil es heute nicht oft vorkommt.“




    Weil sie Urlaub günstig machen und Land und Leute kennenlernen wollte, hat sich Emma dem Reisetrend Couchsurfing angeschlossen, was sie allerdings auch als gute Erfahrung bezeichnet. Was würde Emma nach Hause mitnehmen?



    Etwas, was es in Gro‎ßbritannien nicht gibt. Die Verbindung mit den Menschen, die ich hier kennengelernt habe. In Braşov habe ich einen Rumänen kennengelernt, der in Frankreich lebt und mir dasselbe sagte: Dort kann man jemanden auf der Stra‎ße nicht einfach so ansprechen, um etwas zu fragen. Die Rumänen sind anders, man kann sie ruhig ansprechen, man kann mit ihnen in Verbindung bleiben. Die Rumänen kommen zudem sehr oft zusammen, sie sind immer bereit, Zeit zusammen zu verbringen, das möchte ich nach Hause mitnehmen und ich möchte auch in Schottland so leben.“




    Die Reise war jedoch nicht perfekt, was ihr an diesen zehn Tagen fehlte, erläutert unsere Gesprächspartnerin in den folgenden Minuten:



    Die öffentlichen Transportmittel würde ich hier verbessern, es gibt keine richtige Verbindungen durch die ganze Stadt und von Braşov kann man die Dörfer um die Stadt herum nur schwer erreichen. Schade, denn das Gebiet ist zweifelsohne einen Besuch wert und könnte so viele Touristen nach Rumänien locken, aber es ist leider nur mit dem eigenen Wagen erreichbar.“




    Die Reise Emmas nach Rumänien war sehr schön, sagt unsere Gesprächspartnerin, weil sie spontan organisiert wurde. Was hat ihr am meisten gefallen?



    Natürlich die Menschen und ihre Gastfreundschaft, ihr Zugehörigkeitsgefühl zur Gemeinschaft. Insbesondere in den touristischen Gebieten Siebenbürgens sind die Menschen sehr offen gegenüber Ausländern. Ich habe bei meinen Gastgebern übernachtet und alles hat sehr gut geklappt. Die einzige schlechte Erfahrung war der Transport. Besonders gerne erinnere ich mich an Braşov, wo ich aufs Land gefahren bin. Viele haben mir von ihrem Leben, ihren Familien und von der kommunistischen Erfahrung erzählt. Vor meiner Reise kannte ich das Land nur von den Erfahrungen anderer Menschen, jetzt kann ich sagen, dass ich Rumänien wirklich erlebt habe. Ich wei‎ß natürlich nicht alles, aber jetzt verstehe ich viel besser das Land, das Volk, seine Lebenserfahrungen, seine Geschichte. In Siebenbürgen gibt es so viele Orte, die ich gerne noch mal sehen möchte.“

  • Oldtimer und ihre Geschichten: Ford V8 ab 1935 auch in Rumänien hergestellt

    Oldtimer und ihre Geschichten: Ford V8 ab 1935 auch in Rumänien hergestellt

    Wir kennen sie vielmehr aus Filmen. Sie konnten ihr Brummen nicht laut werden lassen, spielten dennoch eine wichtige Rolle in den Stummfilmen Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie können noch in verschiedenen privaten Sammlungen oder in manchen Museen bewundert werden. Doch die meisten von Ihnen wissen wahrscheinlich nicht, dass in Rumänien in der Zwischenkriegszeit Fahrzeuge der Marke Ford in Bukarest hergestellt wurden. Einige Modelle sollen derzeit wieder belebt werden. Vlad Capotescu war 10 Jahre lang der Vorsitzende der Filiale des Oldtimerclubs Retromobil“ im Landkreis Timiş (dt. Temesch) in Westrumänien. Er ist gleichzeitig auch Mitglied im Kulturausschuss des Vereins. Vlad Capotescu schilderte uns die Geschichte von Ford:



    Henry Ford setzte buchstäblich die Welt in Bewegung, und zwar auf Rädern. Bis zur Herstellung des Ford Modells T im Jahr 1907 bewegte sich die Mehrheit der Bevölkerung höchstens 100 Km vom Geburtsort weg. Und das ein Leben lang. Mit der Herstellung des Ford Modells T begannen die Menschen, weiter zu reisen, sich viel mehr zu bewegen. Das Modell T war ein wichtiger Antrieb für die US-Wirtschaft. 1930 kam der Autohersteller dazu, 7500 Fahrzeuge am Tag zu fertigen. Im gleichen Jahr trat der Autohersteller auch auf den europäischen Markt ein. Ford überlegte, auch hier eine Fabrik zu eröffnen, nur hatten sie den Standort noch nicht festgelegt. 1934 wurde die Errichtung der Autofabrik genehmigt. Die Baupläne — und das Projekt insgesamt — waren sehr fortgeschritten für die damalige Zeit. Es sollte eine Halle mit einer Stahlbetonstruktur gebaut werden. Der rumänische Architekt Duiliu Marcu entwarf die Baupläne. Es wurde ein Grundstück in der Stra‎ße Calea Floreasca angekauft. Das Unternehmen trug den Namen Ford Româna SAR. 1935 wurde hier die Montage des Modells V8 1935 gestartet.“




    Die V8-Motoren wurden bei der Fertigung der ersten rumänischen Geländewagen als Modell verwendet. Doch leider sieht die Lage nicht besonders rosig für die historischen Fahrzeuge in Rumänien aus. Dazu Vlad Capotescu:



    Die Lage ist etwas traurig. Inferno und Ekstase. Nach 1990 ging die Hölle los — da herrschte ein rechtliches Durcheinander. Die meisten Fahrzeuge, die wir aus rumänischen Filmen kannten, wurden ausgeführt. Bis 2007, dem EU-Beitrittsjahr Rumäniens, gab es kein Gesetz, das die Oldtimer schützte. Mit dem EU-Beitritt wurden wir gezwungen, Ma‎ßnahmen diesbezüglich zu treffen. Daher wurde die Entscheidung getroffen, die historischen Fahrzeuge zu schützen, da sie Teil des UNESCO-Kulturerbes waren. Unser Verein, Retromobil, wurde Mitglied im Weltverein der Oldtimer-Clubs, der Fédération Internationale des Véhicules Anciens (FIVA). Die Sammler in Rumänien hatten die Möglichkeit, ihre Papiere zu aktualisieren. Sie erhielten Urkunden, die ihre Autos als historische Fahrzeuge anerkannten. Und nun erleben wir eine Phase der Ekstase — Oldtimer kehren nämlich ins Land zurück. Derzeit gibt es etwa 2500 als historische Fahrzeuge zugelassene Autos in Rumänien.“




    Im Vergleich beispielsweise zu Slowenien steht Rumänien nicht besonders gut. Dort leben rund 2 Millionen Menschen und im Land gibt es mehr als 8000 Oldtimer. Also schneiden wir in Rumänien im Vergleich zu anderen Staaten nicht besonders gut ab, so Vlad Capotescu:



    Damit ein Oldtimer als historisches Fahrzeug dokumentiert wird, muss es funktionsfähig sein. Und es muss das Original sein. Das hei‎ßt, es muss technisch und optisch entsprechen und im gleichen Zustand sein, als ob es gestern gefertigt worden wäre. Das ist ein europaweit gültiger Standard. Denn nicht jedes alte Auto ist ein historisches Fahrzeug. Die einzige Änderung, die erlaubt ist, ist die Blinklichtanlage, falls das Auto keine hatte. Ansonsten muss das Auto dem Original entsprechen.“




    Vlad Capotescu erzählte uns, in Rumänien gäbe es 12 oder 13 Stück vom Ford Modell V8, doch keins davon sei in gutem Zustand. Eine gute Nachricht hatte er aber doch:



    Drei, vier Fahrzeuge werden derzeit repariert. Wir hoffen, sie werden in den kommenden Jahren fahrbar sein. Ansonsten gibt es noch weitere 10 Ford-Autos, ebenfalls Modell V8 in Rumänien, die als historische Fahrzeuge anerkannt wurden und im guten Zustand sind. Diese wurden allerdings importiert, sie wurden nicht in Rumänien hergestellt. Von denen, die in Rumänien gefertigt wurden, fährt derzeit keines. Solche Fahrzeuge sind sehr aufwendig — ich als Finanzmensch kann Ihnen das bestätigen. Da muss man schon eine gro‎ße Leidenschaft dafür haben.“




    Die Restaurierung eines Oldtimers ist zweimal teurer als der Kaufpreis, erklärte uns Vlad Capotescu. Und dennoch, die historischen Fahrzeuge in Rumänien bereiten sich für die Parade vor:



    Im Juni 1930 wurde das erste internationale Automobilrennen im Banat ausgetragen. Das Rennen fand unter der Schirmherrschaft des Königlichen Hauses statt. Es beteiligten sich zwei rumänische Fürsten, Ghica und Nicolae. Am nächsten Tag fand ein Automobil-Eleganz-Wettbewerb statt. Sechs Fahrzeuge machten beim Rennen am ersten Tag mit, weitere sechs nahmen am Eleganz-Contest teil. Wir hoffen, dass an der diesjährigen Parade so viele historische Fahrzeuge wie möglich mitmachen werden. Wir haben Einladungen auch an unsere Kollegen in Ungarn und Serbien geschickt, so dass das gesamte Banat an der Parade in Temeswar mitmachen kann. Wir werden kein klassisches Rennen organisieren, sondern vielmehr verschiedene Proben für die Fahrer überlegen. Alte Fahrzeuge sind nicht leicht zu lenken, also werden die Fahrer ihre Geschicktheit beweisen können. Nächstes Jahr wollen wir aber ein richtiges Rennen organisieren. Wir unterhielten uns schon diesbezüglich mit den Kollegen in Ungarn und Serbien. Das Rennen soll nämlich im Banater-Dreieck ausgetragen werden.“




    Ende Juni findet auch in Sinaia ein ähnlicher Event statt. Der zuständige Verein in Rumänien, Retromobil Club, organisiert nämlich Ende des Monats zum 9. Mal eine Oldtimer-Eleganz-Parade in Sinaia.

  • Französisch-rumänischer Architekt liebt Landleben und traditionelle Handwerke

    Französisch-rumänischer Architekt liebt Landleben und traditionelle Handwerke

    Pierre Bortnowski ist Architekt, hat an dem Saint Luc Architecture Institute in Brüssel studiert und anschlie‎ßend ein MBA an der Upper School of Commerce in Paris gemacht. Dann kam er mit einem Erasmus-Stipendium an der Polytechnischen Universität von Timişoara in Rumänien an. Pierre Bortnowski hat mit dem Architekten Şerban Sturdza an zahlreichen Projekten gearbeitet, er war an Städtebau-Workshops in Timişoara beteiligt, er hat an den Restaurierungsworkshops in Curtişoara, im Süden Rumäniens, teilgenommen, er hat zusammen mit zwei anderen Kollegen die Handwerker-Mappe gegründet und derzeit ist er Partner und Gründungsmitglied eines Architekturbüros in Bukarest. Wie die rumänische Erfahrung für Pierre begann, erfahren wir in den folgenden Minuten:



    Ich hatte Glück, dieses Erasmus-Studium aufnehmen zu können. Ich kannte Rumänien bereits, weil mein Vater Rumäne ist, er ist in Bukarest geboren, mein Gro‎ßvater in Sinaia und meine Gro‎ßmutter stammt aus Oltenien. Er verlie‎ß Rumänien im Jahr 1973 und wir hatten die Gelegenheit, ein paar Mal hierherzukommen, als ich noch ein kleiner Junge waren. Trotzdem — das Erasmus-Studium hat den Ausschlag gegeben. Ich war im vierten Studienjahr, es war ein wunderbares Jahr in Timişoara — dem schönsten Dorf in Rumänien. Ich sage spa‎ßeshalber ein Dorf, weil ich zuerst in Paris und dann in Brüssel gelebt habe. Es ist also der Grö‎ßenunterschied. Es ist auch eine Universitätsstadt und, vier Monate nach meiner Ankunft, traf ich jedes Mal, wenn ich in die Stadt fuhr, jemanden, den ich kannte, und ich hatte den Eindruck, dass wir wie in einem Dorf sind, wo man alle kennt, wenn man auf die Stra‎ße geht. Es war sehr angenehm. Ich habe dort viele Aktivitäten besucht, ich habe einige motivierte Studentengruppen kennengelernt, die jeweils an bestimmten Aktivitäten beteiligt waren. Ich habe versucht, an allem teilzunehmen, es war äu‎ßerst motivierend. Ich bin für das letzte Studienjahr nach Brüssel zurückgekehrt und bin am Ende meines Studiums endgültig nach Rumänien zurückgekommen. Abgesehen von der Zeit, als ich vor zwei Jahren meinen MBA gemacht habe, lebe ich seit 2009 in Rumänien. Ich hatte die Möglichkeit, fünf Jahre mit Şerban Sturdza zu arbeiten, der für mich mehr als nur ein Lehrer war. Er war ein Mentor, es war eine unglaubliche Erfahrung. Aber vorher — und das ist ein weiterer Grund, warum ich hierhergekommen bin — hatte ich die Chance, mein eigenes Praktikum zu machen, nicht das, das ich brauchte, um als Architekt unterschreiben zu können. Ich habe mit Handwerkern gearbeitet. Wir haben jedes Jahr Sommercamps in Curtişoara organisiert. Das Grundstück hatte mein Gro‎ßvater Anfang des 20. Jahrhunderts gekauft, er hat die Liegenschaft auf Vordermann gebracht und ich fühle mich sehr wohl, wenn ich dort bin, auch deshalb, weil es genau genommen ein gro‎ßartiger Ort neben Curtişoara ist. Jeden Sommer mit den Studenten führen mein Vater, meine Schwester und unsere Freunden diesen Workshop durch und bieten ihnen die Möglichkeit, Materialien in die Hände zu nehmen, so wie ich meinerzeit machte, und sie helfen uns, den Ort zu restaurieren. Es ist eine Win-Win-Partnerschaft. Vor kurzem habe ich mit meiner Frau, weil ich inzwischen auch verheiratet bin, ein Architekturbüro eröffnet, und wir sind sehr glücklich, weil wir viele Kunden haben. Im Moment haben wir jemanden angestellt, damit wir keine Aufträge verlieren.“




    Rumänien ist für Pierre Bortnowski ein sehr attraktives Land, voller Möglichkeiten und im Wachstum begriffen. Wie sieht Pierre sein zweites Zuhause?



    Durch meine Augen gesehen ist Rumänien ein wunderbares Land, deshalb sind wir ja hierhergekommen, das ist klar. Es gibt viele Möglichkeiten, es ist ein sehr schönes und sehr reiches Land, und es scheint mir, dass es viel zu tun gibt. Es scheint mir auch ein sehr motivierender Ort zu sein. Das hei‎ßt nicht, dass alles perfekt ist, aber ich sehe dies als Chance. Und auf meinem Gebiet, im Bauwesen, in der Architektur, scheint mir, dass so viele Dinge gut gemacht wurden, wobei ich mich auf das Bauerbe beziehe. Ich bin vorsichtiger, wenn wir über die Art und Weise sprechen, in der heute gebaut wird. Ich denke, dass nur sehr wenige neue Gebäude 100 Jahre später noch vorhanden sein werden, und hier spreche ich sowohl die Struktur als auch die Qualität an. Das Bauerbe ist hingegen gut, denn wenn es noch steht, bedeutet das, dass es gut gebaut wurde. Ein weiteres echtes Problem ist dieser massive Exodus, der mir die Chancen, die sich hier bieten, zu schwächen scheint, denn es ist sehr schwierig, jemanden zu finden, mit dem man arbeiten kann. Handwerker sind die, die die Grundlagen am besten beherrschen, und es ist sehr schwer, Qualität zu fordern, wenn die Kontrolle fehlt, die früher in den Händen der guten Handwerker lag, die heute nicht mehr so leicht zu finden sind.“




    Pierre Bortnowski ist per Definition ein Stadtmensch, aber er liebt das Landleben, die Traditionen und das Handwerk und wünscht sich, dass diese mehr geschätzt, bewahrt und gefördert werden. Was ist das Einzigartige an Rumänien?



    Das aktive ländliche Leben, das gegenwärtig gefährdet ist. Das scheint mir ein Element zu sein, mit dem Rumänien sich noch unterscheiden kann, aber wir hinken schon ein bisschen hinterher. Die Schulen in jedem Dorf, das öffentliche Leben dort sollten sehr schnell und kraftvoll wieder aufgebaut werden. Die Menschen sollten ermutigt werden, nicht mehr wegzuziehen. Ländliche Landwirtschaft mit nicht intensiver Subsistenz ist das, was im Westen verschwunden ist und auf touristischer und kultureller Ebene am meisten gefragt ist. Dies ist eindeutig eine Priorität für mich: Dorf, Kultur und Landwirtschaft, die von unendlichem Reichtum sind. Aber es gibt keine Kontinuität, es hörte jetzt auf. Deswegen sage ich: Es ist dringend! Wir sollten aufwachen und etwas zu tun! Es ist kurz vor Zwölf.“

  • Nachrichten 20.12.2018

    Nachrichten 20.12.2018


    BUKAREST: Das rumänische Parlament hat am Donnerstag den zweiten Misstrauensantrag gegen das PSD-ALDE Regierungskabinett von Viorica Dăncila abgelehnt. Der Antrag mit dem Titel Genug! Die Dragnea-Dăncilă Regierung, die Schande Rumäniens! wurde von der nationalliberalen Partei PNL, der Union Rettet Rumänien USR und von der Volksbewegung PMP eingebracht. Die Opposition konnte die erforderliche Stimmenzahl von 233 nicht erreichen. Nur 161 der Senatoren und Abgeordneten stimmten dem Antrag zu. Das jetzige Kabinett stelle eine Gefahr für die nationalen Interessen und für die wirtschaftliche und politische Stabilität Rumäniens dar, so die Opposition. Die Unterzeichner des Antrags kritisieren die Justizgesetze und die Premierministerin dafür, dass sie das Regierungsprogramm nicht respektiert. Die Ministerpräsidentin beschuldigte ihrerseits die Opposition, als Alternative die Einkommenssteigerung zu stoppen, und sogar die Renten und Löhne zu kürzen, anzubieten. Viorica Dancila verteidigte die Justizgesetze, und wies darauf hin, dass sie vom Parlament angenommen wurden, und nicht per Eilverordnung, so wie die frühere Expertenregierung gehandelt hat.



    BUKAREST: Der rumänische Präsident Klaus Iohannis empfängt am Freitag in Bukarest den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Land derzeit die rotierende EU-Ratspräsidentschaft inne hat. Die beiden werden sich mit vorrangigen Themen auf der europäischen Agenda. befassen Dazu gehören die Zukunft der Europäischen Union, der zukünftige EU-Haushalt nach 2020, der Brexit und die EU-Parlamentswahlen. Bei einem Treffen mit in Bukarest akkreditierten EU-Botschaftern sagte Präsident Klaus Iohannis am Mittwoch, der Vorsitz der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft werde so bald wie möglich mit den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich beginnen, sobald das Austrittsabkommen vom Parlament in London ratifiziert und von der europäischen Legislative genehmigt wird. Gleichzeitig erklärte der Präsident, Rumänien unterstütze eine stärkere Union, näher an den europäischen Bürgern und in der Lage, ihnen Sicherheit und Wohlstand zu bieten. Der Präsident betonte die Bedeutung des informellen Treffens des Europäischen Rates am 9. Mai 2019 in Sibiu, auf dem die strategische Agenda der EU für den Zeitraum 2019-2024 erörtert wird.



    BUKAREST: Der Oberste Kassations- und Justizgerichtshof Rumänien hat entschieden, die Bestrafung ehemaliger hochrangiger Würdenträger oder Leiter von Institutionen, die wegen Korruptionsdelikte verurteilt wurden, auszusetzen. Dies ist der Fall, unter anderem der ehemaligen Anti-Mafia-Staatsanwältin Alina Bica, die Asyl in Costa Rica gesucht, des ehemaligen Leiters der Steuerbehörde Serban Pop, und der ehemaligen sozialdemokratischen Minister und Parlamentarier Dan Sova und Constantin Nita. Sie wurden bis zur endgültigen Lösung der Beschwerden freigelassen. Ihre Anwälte forderten die Aussetzung der Vollstreckung der Strafen mit der Begründung, dass die Zusammensetzung des Spruchkörpers aus fünf Richtern, falsch gewesen sei. In diesem Jahr wurden die Spruchkörper von fünf Richtern beim Obersten Gerichtshof drei Mal ausgelost. Dazu kam es nach der Änderung des Gesetzes über die Gerichtsorganisation, der Entscheidung des Verfassungsgerichts und des Einspruchs des Chefs der Sozialdemokraten Liviu Dragnea. Gegen diesen wurde beim Berufungsgericht Bukarest Anklage wegen Korruption erhoben.



    BUKAREST: Im westrumänischen Timişoara ist am Donnerstag des Moments gedacht worden, zu dem hier vor 29 Jahren die erste vom Kommunismus befreite Stadt ausgerufen wurde. Die Arbeiter der großen Industriewerke waren damals in Streik getreten und die Armee hatte sich in die Kasernen zurückgezogen. Die antikommunistische Revolution sprang dann auf andere Städte über und am 22. Dezember 1989 flüchtete Machthaber Nicolae Ceausescu. Zwischen dem 16. und dem 25. Dezember 1989 kamen mehr als 1000 Menschen um, weitere rund 3.400 wurden verletzt.

  • Nachrichten 18.12.2018

    Nachrichten 18.12.2018

    Bukarest: Im westrumänischen Temeswar ist auch am Dienstag den Opfern der antikommunistischen Revolution von 1989 gedacht worden. Am 18. Dezember 1989 wurden mehrere junge Menschen auf den Treppen vor der orthodoxen Kathedrale der Stadt erschossen. Am Dienstag sollen in Erinnerung an den damaligen Tag vor 29 Jahren Kerzen angezündet werden. Am Montag war offizieller Trauertag in der Stadt, in der die antikommunistische Revolution begann. Mehr als 1000 Menschen verloren bei den landesweiten Protesten gegen das Regime zwischen dem 16. und 25. Dezember ihr Leben, weitere 3400 wurden verletzt. Rumänien war das einzige Land im Ostblock, in dem die Wende mit Gewalt herbeigeführt wurde. Diktator Nicolae Ceausescu und seine Frau Elena wurden zum Tode verurteilt und am ersten Weihnachtstag hingerichtet.



    Bukarest: In Rumänien ist am Dienstag ein Programm zur Förderung des Recyclings von Elektroschrott angelaufen. Interessierte Bürger können einen Gutschein im Wert von umgerechnet bis rund 90 Euro bekommen, um sich ein neues Haushaltsgerät zu kaufen. Dafür müssen sie ein altes Gerät zum Händler bringen. Insgesamt 60.000 Gutscheine sollen ausgegeben werden. Umweltministerin Graţiela Gavrilescu zufolge werde die Maßnahme auch zu mehr Stromeinsparungen führen. Das Pendant zu diesem Programm, bei dem Altautos verschrottet werden, ist besonders erfolgreich.



    Bukarest: Am Mittwoch soll die Tagung des Obersten Landesverteidigungsrates wiederaufgenommem werden. Der rumänische Staatschef Klaus Iohannis hatte die Tagung auf Aufforderung der Mitglieder des Rates am 11. Dezember suspendiert. Laut der Präsidialverwaltung standen auf der Tagesordnung bedeutende Themen im Bereich Verteidigung, die zu längeren Diskussionen geführt haben. Themen der Gespäche waren, unter anderen, die Projekte zur Ausrüstung der rumänischen Streitkräfte in der Zeitspanne 2019-2028, der Plan der Auslandsmissionen und -operationen der rumänischen Streitkräfte für 2019 und das Aktivitätsprogramm des Obersten Verteidigungsrates im nächsten Jahr.



    Brüssel: Der rumänische Verteidigungsminister
    Gabriel Leş ist am Dienstag im NATO- Hauptquartier in Brüssel mit dem NATO
    Generalsekretär Jens Stoltenberg zusammengekommen. Die Gespräche bezogen sich
    auf die Entwicklungen der Sicherheitslage in der Schwarzmeerregion, die
    Verteidigung der Ostflanke, die Vorbereitungen für die Übernahme der
    EU-Ratspräsidentschaft durch Rumänien am 1. Januar 2019, sowie die Prioritäten
    Bukarests für diese Amtszeit. Laut einer Mitteilung des
    Verteidigungsministeriums war das Treffen ein Einlass dafür, erneut das
    Engagement Rumäniens gegenüber den euroatlantischen Werten sowie gegenüber der von der NATO geförderten
    Sicherheit und Verteidigung hervorzuheben.



    Wien: Die Verbindungen zwischen Europa und Afrika nehmen zu und es gehe darum, das Verhältnis zu verändern – während Europa früher Hilfestellung leistete, müsse es jetzt zu einer Beziehung zwischen gleichrangigen Partnern kommen, die kooperieren und sich zusammen entwickeln wollen, sagte Rumäniens Präsident Klaus Iohannis auf dem Europa-Afrika Forum in Wien. Rumänien werde für eine konsequente Unterstützung der Allianz zwischen den beiden Kontinenten eintreten, sagte Iohannis, der im Kontext die Studienplätze für junge Menschen aus Afrika erwähnte. Das Forum Europa-Afrika will die Partnerschaft der EU mit dem benachbarten Kontinent stärken und setzt den Schwerpunkt auf nachhaltige Investitionen, Beschäftigung und Digitalisierung.

  • Nachrichten 17.12.2018

    Nachrichten 17.12.2018

    BUKAREST: Rumäniens Präsident Klaus Iohannis hat am Montag einen Brief der Premierministerin Viorica Dăncilă geschickt. In diesem fragt er nach der Tagesordnung jeder Regierungssitzung, teilte das Präsidialamt mit. Die Anfrage kam, nachdem Justizminister Tudorel Toader erklärt hatte, dass er an einem Entwurf für eine Eilverordnung arbeitet, um das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung entsprechend den Entscheidungen des Verfassungsgerichts zu ändern und die beiden Richtlinien umzusetzen: die erweiterte Einziehung im Falle des Strafgesetzbuches, und die Konsolidierung der Unschuldsvermutung im Falle der Strafprozessordnung. Toader sagte auch, dass Amnestie und Begnadigung derzeit das letzte Rechtsmittel gegen Missbräuche darstelle, da andere gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen werden können. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Liviu Dragnea sagte am Sonntag im Nationalen Komitee der PSD (der führenden Koalitionspartei), dass die PSD-ALDE-Exekutive die Pflicht habe, die Eilverordnung für Amnestie und Begnadigung zu geberlassenen, um die angeblichen Ungerechtigkeiten in der Justiz gut zu machen, falls andere Lösungen nicht gefunden werden. Vor kurzem hat der US-Oppositionsführer Dan Barna den Staatschef gebeten, an allen Regierungssitzungen im Dezember teilzunehmen, um die Verabschiedung einer Eilverordnung für Amnestie und Begnadigung zu verhindern.



    BUKAREST: Der Misstrauensantrag der Mitte-rechts Opposition in Rumänien gegen die von Viorica Dancila geleitete Regierung PSD-ALDE ist im Parlament vorgelesen worden. Am Donnerstag soll dann darüber debattiert und abgestimmt werden. Das Dokument wurde von 163 Abgeordneten von der PNL, USR, PMP sowie von unabhängigen Abgeordneten initiiert und unterzeichnet. Für die Absetzung der Regierung sind 233 Stimmen erforderlich. Die Unterzeichner des Dokuments behaupten, dass die derzeitige Exekutive nicht regieren kann, und aufeinanderfolgende Umbildungen haben gezeigt, dass die derzeitige Koalition über keine passende Personen verfügt. Die Unterzeichner weisen darauf hin, dass die Inflation während der PSD-ALDE-Regierung 5% erreicht hat, der Lebensstandard gesunken ist und viele junge Menschen das Land verlassen. PNL-Präsident Ludovic Orban forderte die Parlamentarier auf, diesen Misstrauensantrag zu unterstützen. Viorica Dăncilă sagte ihrerseits, sie vertraue der Mehrheitskoalition.



    WIEN: Der rumänische Präsident Klaus Iohannis nimmt am Montag und Dienstag in Wien am Europa-Afrika-Forum teil. Am Montag wird das Staatsoberhaupt zu einem offiziellen Abendessen des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz zu Ehren der Delegationsleiter anwesend sein. Am Dienstag findet ein Treffen der Staats- und Regierungschefs statt, bei dem Klaus Iohannis eine Rede halten wird. Später wird der Staatschef am Europa – Afrika – Forum auf hoher Ebene teilnehmen. Dem Kommuniqué des Präsidialamtes zufolge soll das Forum die langfristige Partnerschaft der EU mit dem afrikanischen Kontinent stärken und sich auf die Förderung nachhaltiger Investitionen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung der Zusammenarbeit im digitalen Zeitalter konzentrieren. Gleichzeitig soll das Engagement des Privatsektors gestärkt und die Entwicklungschancen des afrikanischen Kontinents genutzt werden, insbesondere im Bereich der neuen Technologien und der Digitalisierung. Die EU-Mitgliedstaaten, die Afrikanische Union, die europäischen Institutionen sowie die internationalen Finanzinstitutionen werden auf dem Forum vertreten sein.



    BUKAREST: Im westrumänischen Temeswar ist Trauertag gewesen, man gedachte der Opfer der antikommunistischen Revolution von 1989. 90 Menschen starben während der Revolten vor 29 Jahren in Temeswar. Weitere knapp 400 Menschen wurden verletzt. Mehr als 1000 Menschen verloren bei den landesweiten Protesten zwischen dem 16. und 25. Dezember ihr Leben, weitere 3400 wurden verletzt. Rumänien war das einzige Land im Ostblock, in dem die Wende mit Gewalt herbeigeführt wurde. Diktator Nicolae Ceausescu und seine Frau Elena wurden zum Tode verurteilt und am ersten Weihnachtstag hingerichtet.

  • Nachrichten 14.12.2018

    Nachrichten 14.12.2018

    Bukarest: Die Opposition in Bukarest hat ein Misstrauensantrag gegen die von der Sozialdemokratischen Partei und dem Allianz der Liberalen und Demokraten gebildete Regierung eingereicht. 163 Senatoren und Abgeordnete der National Liberalen Partei, der Union Rettet Rumänien und der Partei Volksbewegung sowie nicht angeschlossene Abgeordnete unterzeichneten den Antrag, jedoch sind 233 Stimmen notwendig, um die von Viorica Dancila geführte Regierung zu stürzen. Die Unterzeichner bezeichnen die Regierung als organisierte Verbrechergruppierung“ und sagen, dass sie die Rechtsstaatlichkeit und die politische und wirtschaftliche Stabilität Rumäniens in einer Zeit internationaler Instabilität bedroht. Die Initiatoren des Misstrauensvotums sagen, der Antrag sei ein nationaler Notfall, und diejenigen, die dagegen stimmen, tragen die historische Verantwortung. Die Forderung nach einem Misstrauensvotum in der Regierung vor der Übernahme der Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union durch Rumänien ist kein gutes Signal für das Land, sagte Ministerpräsidentin Viorica Dancila aus Angst um ihr Kabinett. Über den Antrag wird nächste Woche debattiert und abgestimmt.



    Brüssel: Der EU-Haushalt, der einheitliche Markt, die Migration, die Außenbeziehungen, der Brexit, die Eurozone,- sind die Themen des europäischen Wintergipfels in Brüssel gewesen. Der EU-Rat hob hervor, es seien weitere Anstrengungen notwendig, so dass der einheitliche Markt eine solide Basis für ein vertrauensvolles und autonomeres Europa sichern soll. Was die Migration anbelangt, wollen die europäischen Staatschefs eine höhere Aufmerksamkeit auf allen Routen wegen der immer steigemderen Anzahl von Migranten . Der rumänische Staatschef hatte am Freitag ein Treffen mit der britischen Premierministerin Theresa May, mit der er das Abkommen über den Brexit und die Situation der rumänischen Gemeinschaft in Großbritannien besprach. Laut der Präsidialverwaltung hat Klaus Iohannis darauf hingewiesen, dass das Austrittsabkommen ein wichtiger Punkt sein wird, um die Rechte derjenigen zu gewährleisten, die in diesem Land leben, arbeiten oder studieren. Er betonte auch, dass es wichtig ist, die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der uneingeschränkten Gegenseitigkeit und der Gleichbehandlung aller EU-Bürger zu wahren, unabhängig davon ob diese von dem Austrittsabkommen betroffen werden oder sich künftig im Vereinigten Königreich niedergelassen werden. Theresa May wiederum schätzte die Gelegenheit des Dialogs mit Präsident Klaus Iohannis, einschließlich aus der Perspektive des Austritts Großbritanniens aus der EU während der Amtszeit Rumäniens beim Ratsvorsitz der Europäischen Union in der ersten Hälfte des nächsten Jahres.



    Bukarest: Anlässlich des 29. Jahrestages der antikommunistischen Revolution Rumäniens haben in Temeswar, im Westen des Landes, Veranstaltungen stattgefunden. Am Hauptsitz des örtlichen Philharmonischen Orchesters wurden eine Kunstausstellung, eine Buchpräsentation und ein Wettbewerb veranstaltet, um das repräsentativste Kunstwerk der rumänischen Revolution auszuwählen. Für Samstag ist ein sogenannter Freiheitsmarsch geplant, und es wird über die ersten Protestbewegungen gesprochen, die zum Ausbruch des antikommunistischen Aufstands geführt haben. Am Sonntag findet ein traditionelles festliches Treffen des Gemeinderats statt, um der Märtyrer der Stadt zu gedenken. Es folgen Bildungsaktivitäten für Jugendliche unter der Überschrift Remember ’89 und ein Jubiläumskonzert. Montag ist ein Tag der Trauer zum Gedenken der Toten. Die Ereignisse werden am 20. Dezember mit einer Feier des Tages gipfeln, als Temeswar die erste kommunismusfreie Stadt in Rumänien wurde. Die antikommunistische Revolution brach am 16. Dezember 1989 in Temeswar aus und breitete sich am 21. Dezember und in anderen Städten des Landes nach Bukarest aus. Bei den Auseinandersetzungen in Rumänien, dem einzigen Land im ehemaligen Ostblock, in dem der Regimewechsel durch Blutvergießen zustande kam und die kommunistischen Führer hingerichtet wurden, wurden mehr als 1.000 Menschen getötet und 3.000 verwundet.



    Bukarest: Laut einem am Freitag veröffentlichten Bericht der rumänischen Nationalbank sind die ausländischen Direktinvestitionen in den ersten zehn Monaten des Jahres um 9,74% gestiegen. Die ausländischen Direktinvestitionen betragen 4,56 Milliarden Euro gegenüber 4,15 Milliarden Euro im selben Zeitraum des Jahres 2017. Auf der anderen Seite sank die Zahl der Unternehmen mit ausländischem Kapital in den ersten zehn Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,6% auf 4.718 nach Angaben des Nationalen Handelsregisters.

  • Museum des kommunistischen Konsumenten: Alltag aus Gegenständen rekonstruiert

    Museum des kommunistischen Konsumenten: Alltag aus Gegenständen rekonstruiert

    Das Motto Liebe Genossen, besucht Eure Vergangenheit!“ lädt auf eine Reise in die sogenannte Goldene Epoche“ ein, wie die Zeit der Ceauşescu-Diktatur in der kommunistischen Propaganda bezeichnet wurde. Konkret handelt es sich um einen Besuch ins Museum des Kommunistischen Konsumenten in Timişoara (dt. Temeswar). Es ist ein interaktives Museum — die Besucher können sehen, hören und spüren, wie die Wohnungen der Menschen vor 30 Jahren, zu Zeiten des Kommunismus, eingerichtet waren.



    Das Museum wurde 2015 gegründet. Zahlreiche in- sowie ausländische Gäste besuchten es mittlerweile. Der Zutritt ist frei, allerdings werden die Besucher zu Schenkungen aufgefordert — sowohl in Form von Geld wie auch von Gegenständen. Mehr über die Entstehungsgeschichte des Museums erfahren wir von Ovidiu Mihăiţă, einem der Mitbegründer:



    Es war eine Lücke, die ich und ein paar Freunde schlie‎ßen wollten. Schon seit unserer Kindheit sammelten wir verschiedene Gegenstände und schnüffelten im Dachboden oder auf Jahrmärkten nach altem Zeug herum. Mit der Zeit spürten wir, dass etwas verloren ging, dass allmählich eine Welt unterging. Die Leute schmissen alte Gegenstände weg. Wir dachten, wir müssen sie retten. Und wir starteten gemeinsam dieses Projekt. Wir öffneten die Tür zu unserer Wohnung. In Wirklichkeit, zogen wir aus der Wohnung, in der wir wohnten, aus und verwandelten sie in das Museum des Kommunistischen Konsumenten, das heute von jedermann besucht werden kann.“




    Nach 5 Jahren, in denen verschiedene Gegenstände gesammelt wurden, reiche der Ausstellungsraum nicht mehr aus, so Ovidiu Mihăiţă:



    Die Wohnung liegt im Untergeschoss eines Gebäudes. Es ist ein Haus aus den 1930er Jahren. Im gleichen Gebäude eröffnete vor zehn Jahren das erste unabhängige Theater der Stadt, »Auăleu«, das unterdessen zum beliebtesten Underground-Theater in Temeswar wurde. Hier ist auch das Lokal »Scârţ — loc lejer« untergebracht. Das Gebäude liegt zentral in der Stadt. Es wird von vielen Touristen aufgesucht. Die von uns eingerichtete Wohnung sieht wie eine typisch kommunistische Wohnung aus — mit Kinderzimmer, Wohnzimmer, Küche, Abstellraum. Und in jedem Zimmer können die Besucher für die damalige Zeit spezifische Gegenstände sehen. Im Kinderzimmer sind verschiedene Spiele und Spielsachen, Schulsachen, Hefte, Schultaschen, ein Schreibtisch zu sehen. Es sind viel mehr Gegenstände ausgestellt, als die Rumänen früher in der Regel in ihren Wohnungen hatten. Der Raum ist ganz voll, überbewohnt, sozusagen. Denn wir haben fünf Jahre lang Gegenstände gesammelt. Und seit der Eröffnung des Museums sind weitere dreieinhalb Jahre verstrichen. Viele Besucher bringen uns weitere Gegenstände, die sie zu Hause finden, um sie hier auszustellen. Wir nehmen Spenden auch über die Post entgegen. Die Leute erscheinen im Hof mit Schränken oder Fernseh- und Radiogeräten. Und der Raum wird etwas erdrückend. Doch mir gefällt es. Denn es ist gegen die aktuelle Tendenz in Museen, wo ein einziger Gegenstand an einer wei‎ßen Wand ausgestellt wird. Und das Präsentationsschild neben dem Gegenstand ist grö‎ßer als der Gegenstand für sich. In unserem Museum ist es genau umgekehrt. Hier gibt es keine Erläuterungen zu den ausgestellten Exponaten. In der Regel können die Besucher die Gegenstände anfassen, sie können durch Regale und Schränke herumschnüffeln. Das gefällt den meisten von ihnen.“




    Die Besucher haben die Möglichkeit, die ausgestellten Gegenstände zu berühren, sie können mit ihnen frei herumhantieren. Diese Interaktion zwischen Besucher und Exponat löse unterschiedliche Reaktionen bei den Gästen aus, so unser Gesprächspartner:



    Die junge Generation wei‎ß nicht, worum es geht. Sie kennen diese Welt nicht. Sie leben schon seit ihrer Geburt in gut ausgestatteten Wohnungen, haben schon immer einen Plasma-Fernseher gehabt. Viele wissen nicht, dass wir früher Telefone mit Wählscheibe verwendeten. Für uns ist das selbstverständlich. Die Vertreter der Generation, die den Kommunismus erlebte, haben alle die gleiche Reaktion. Sie rufen aus: ‚So etwas hatte ich auch zu Hause!‘ oder ‚Hier riecht es wie in Omas Wohnung!‘. Diese Ausrufe hören wir am häufigsten während der Führungen durchs Museum. Darüber hinaus reagieren die Rumänen anders als die ausländischen Besucher. Eine grö‎ßere Empathie zeigen die Gäste, die aus dem ehemaligen Ostblock kommen, also die Tschechen, die Polen, die Russen. Die Chinesen dagegen reagieren völlig anders. Manche von ihnen weinen sogar. Wir konnten nicht begreifen, was das in sie auslöst. Und es gibt noch die Touristen aus dem Westen, Franzosen, Deutsche, die die Ausstellung mit Abstand betrachten. Sie verstehen die Epoche nicht. Es ist interessant festzustellen, wie sich die Menschen auf die Vergangenheit beziehen, je nach Abstand zu den Geschehnissen.“




    In den wegen der alten Gegenstände muffigen Räumen mit typischen Möbelstücken jener Zeit hat sich vieles angesammelt, das von dem Gründer und seinen zahlreichen Helfern vor der Mülltonne gerettet wurde, aber auch etliches aus den privaten Schenkungen am laufenden Band: die berüchtigten Raphia-Einkaufstüten für das Schlangestehen, Flaschen jeder Art, von den alten Milchflaschen bis zu den vielen Alkoholflaschen, Citro-Flaschen und bauchige Sodawasserflaschen, Amiral- und Carpaţi-Zigaretten, alte Fernseher (gar das erste Modell Cosmos“, 1963), Plattenspieler, Schallplatten, Bücher, Plakate, Radios, Turist-Trinkgläser, Larex-Schampoo, Cheia-Seife, Kleidung, zahlreiche der so beliebten Arădeanca-Puppen und, nicht zu vergessen, etliche Verkaufsschlager vom Schwarzmarkt jener Jahre, nämlich Waren aus Jugoslawien. Laut Internetstatistiken sei das Temeswarer Museum des Kommunistischen Konsumenten das meistbesuchte Museum der Stadt. Mehr dazu von Ovidiu Mihăiţă:



    Manche Leute verbringen acht Stunden im Museum, andere wiederum verlassen es nach lediglich 5 Minuten. Manche bleiben für eine längere Zeit, sie hören Musik, blättern durch verschiedene Zeitschriften, spielen mit den ausgestellten Spielsachen. Andere schauen sich die Exponate in Eile an, sind froh, den Besuch abgehackt zu haben, checken auf Facebook ein und das war‘s schon.“




    Das Museum des kommunistischen Konsumenten frischt in unserer schnellen Wegwerfgesellschaft von heute die versunkenen Erinnerungen, das kollektive Gedächtnis dieser Epoche konkret auf. Das geschieht mittels typischen Gegenständen des sozialistischen Alltags. Dadurch wird auch die Vergangenheit verarbeitet. Und die junge Generation erhält einige Vergleichsma‎ßstäbe.

  • „Klein-Wien“: Temeswar, die reizvolle Stadt in Westrumänien

    „Klein-Wien“: Temeswar, die reizvolle Stadt in Westrumänien

    Die Stadt liegt im Westen Rumäniens, knappe 700 Km von 13 europäischen Hauptstädten entfernt. Temeswar war im Laufe der Zeit stets an den Kulturwerten des alten Kontinents gebunden. Temeswar ist die Stadt historischer Premieren — 1718 zum Beispiel wurde hier die älteste Brauerei in Rumänien urkundlich erwähnt. Darüber hinaus war Temeswar die erste Stadt der habsburgischen Monarchie, dessen Stra‎ßen durch Stra‎ßenlampen beleuchtet wurden. Au‎ßerdem wurde Temeswar am 12. Oktober 1884 eine der ersten elektrisch beleuchteten Städte Europas. Ebenfalls in Temeswar fuhr ab 1889 die erste elektrische Stra‎ßenbahn in Rumänien.



    Das heutige Stadtzentrum am Piaţa Victoriei (dt. Siegesplatz oder Opernplatz), der bekanntesten Flaniermeile der Stadt, besteht aus einem breiten Boulevard mit Geschäften und Stra‎ßencafés in zahlreichen gro‎ßbürgerlichen, am Anfang des 20. Jahrhunderts erbauten Wohnpalais. Der Platz liegt zwischen der rumänisch-orthodoxen Kathedrale der Heiligen drei Hierarchen und dem Nationaltheater und Opernhaus. Ebenso sehenswert ist der alte Festungskern der Stadt (Cetate) rund um den Piaţa Unirii (auch Domplatz“) mit ihren repräsentativen, zumeist aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammenden Kirchen und Palais. Die Innenstadt wird wegen der langen Zugehörigkeit der Stadt zu Österreich-Ungarn und der damit verbundenen Prägung durch Bauten aus der Kaiserzeit auch als Klein-Wien“ bezeichnet, da sie an das alte Wien erinnert.



    Im Jahr 2021 soll Temeswar Kulturhauptstadt Europas sein. Zu den Vorbereitungen, die die Lokalbehörden zu diesem Zweck treffen, gehört die Sanierung des Altstadtkerns und die Einrichtung von thematischen Touristenrouten. Eine etwas jüngere Attraktion in Temeswar, die vor allem Familien mit Kindern anspricht, ist das Wasserkraftwerk, das einst einen gro‎ßen Teil der Stadt mit Strom versorgte. Mehr über das Projekt erzählte uns Violeta Mihalache, Vorsitzende des Vereins Urban Survey und PR-Verantwortliche im Rahmen des Projektes Aquapic:



    Das Wasserkraftwerk liegt derzeit in einem bewohnten Stadtviertel, in ein 100 Jahre altes Gebäude. Das Gebäude wurde im Art-Nouveau-Stil errichtet. Die Baupläne entwarf der erste leitende Architekt der Stadt, László Székely, der die städtische Entwicklung von Temeswar entscheidend prägte. In unmittelbarer Nähe liegt ein wundervoller Park, der sich auf fast 3 Hektar erstreckt. Im Rahmen des Projektes nahmen wir uns vor, knapp 2 Hektar des Parks umzugestalten. Demnach montierten wir verschiedene Spielanlagen, die den Kindern die Möglichkeit bieten, mehr über das Wasser und die Abläufe, die es in der Natur durchläuft, zu erfahren. Wir haben alle Anlagen bewahrt, die früher im Wasserkraftwerk waren — Maschinen, Wannen, Ausrüstungen — praktisch alles, was es drinnen gab, als 1916 der Betrieb startete. Wir versuchten das frühere Wasserkraftwerk in einen freundlichen Ort umzugestalten, wo man etwas dazu lernen kann. Erwachsene wie Kinder können anhand des nachgestellten Wasserkraftwerks die technologischen Abläufe zur Herstellung von Industriewasser nachvollziehen.“




    Seit 1953 ist Temeswar die einzige europäische Stadt, die drei Staatstheater in drei verschiedenen Sprachen beherbergt. Das Nationaltheater ist gleichzeitig der Sitz des Deutschen Staatstheaters (DSTT), des Ungarischen Staatstheaters Csiky Gergely“ sowie des Nationaltheaters Mihai Eminescu“. Eintrittskarten zu den Aufführungen können sowohl im Internet wie auch am Verkaufsschalter vor Ort gekauft werden.

  • „Slowing Down“: Kulinarischer Wettbewerb zur Förderung Banater Spezialitäten

    „Slowing Down“: Kulinarischer Wettbewerb zur Förderung Banater Spezialitäten

    Anfang September startete in Temeswar (rum. Timişoara) ein Wettbewerb traditioneller Kochrezepte, bekannt unter dem Namen Der Geschmack als nationales Kulturvermögen“. Es war die erste Veranstaltung im Rahmen des Projekts Slowing down“, eingeleitet vom Verein Timişoara, Capitală Culturală Europeană“ (dt. Europäische Kulturhauptstadt Temeswar) in Zusammenarbeit mit dem Verein CRIES, dem Ressourcenzentrum für Ethische und Solidarische Initiativen. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, ihre Kochrezepte im Zeitraum vom 6. zum 30. September anzumelden.



    Mihaela Veţan leitet den Verein CRIES. Sie erzählte uns, wer sich an der Veranstaltung beteiligen kann:



    Am Wettbewerb können alle Personen teilnehmen, die gerne kochen. Unser diesjähriges Thema ist die Banater Küche, also wäre es angebracht, sich dafür zu interessieren. Die Teilnehmer, die die Kochrezepte vorschlagen, müssen nicht unbedingt im Banat leben oder von dort kommen. Es können vielfältige Gerichte angemeldet werden: Beilagen, Nachspeisen, Getränke — was immer die Teilnehmer wünschen.“




    Das Vorhaben nimmt sich vor, alte, authentische Kochrezepte aus dem Banat wieder zum Leben zu bringen. Diesbezüglich wollten wir von Mihaela Veţan erfahren, was für Kriterien angewandt werden, um die Authentizität der teilnehmenden Kochrezepte zu prüfen:



    Es gibt eine Jury, die die Herkunft der Kochrezepte prüft. Die Teilnehmer müssen die Region nennen, aus der das von ihnen vorgeschlagene Kochrezept stammt. Es gibt gewisse Grundsätze, die immer wieder in den Banater Rezepten vorkommen, wie z.B. der sü‎ß-salzige Geschmack. Es ist wohl bekannt, dass wir im Banat den Braten mit Sauerkirschen- oder Pflaumenkompott kombinieren. Darüber hinaus haben wir den Teilnehmern vorgeschlagen, lediglich natürliche Zutaten zu verwenden. Das Kochrezept sollte au‎ßerdem einer bestimmten Volksgruppe aus der betreffenden Region zugesprochen werden. Denn die Gastronomie wird von den verschiedenen Volksgruppen, die vor Ort zusammenleben, beeinflusst. Wir haben uns vorgenommen, Kochrezepte vorzuschlagen, die für diese Volksgruppen spezifisch sind.“




    Das Preisausschreiben ist Teil eines umfangreicheren Projekts, das sich vornimmt, die örtliche traditionelle Küche zu fördern, so unsere Gesprächspartnerin. Die örtlichen Speisen seien sehr lecker, fügte sie noch hinzu:



    Ich habe mir einige Rezepte aufgeschrieben, die ich besonders mag: Kürbiskuchen, Tomatensuppe, Pflaumenklö‎ße. Sie werden nach traditioneller Art zubereitet und sind einfach köstlich.“




    Mihaela Veţan erklärte uns, inwiefern der Geschmack ein Teil unseres Kulturvermögens sein kann:



    Der Geschmack, das Essen — denn darum geht es jetzt — sagt viel aus über die Art und Weise, in der die Menschen damals in einer bestimmten Region lebten. Indem wir ihre Koch- und Essgewohnheiten untersuchen, verstehen wir, zu welchen Ressourcen sie Zugang hatten, welche Einstellung sie zu den Lebensmitteln hatten, wie der Tauschhandel zustande kam. Wir erfahren einiges über die Bedeutung mancher Tage im Jahr oder unter der Woche. Ich kann mich noch erinnern, zu Zeiten meiner Gro‎ßeltern a‎ß man Kuchen nur sonntags. Der betreffende Wochentag wurde dadurch hervorgehoben. Das alles steht mit unserer Kultur in Verbindung, sagt etwas über die Art und Weise aus, in dem wir das Leben wahrnehmen. Eben das ist unser Ziel: Die vorgestellten Kochrezepte sollen vergangene Alltagsgewohnheiten aufdecken. Au‎ßerdem wird Temeswar 2021 Europäische Kulturhauptstadt sein. Die Touristen, die nach Temeswar reisen, werden mit Sicherheit auch echte kulinarische Erfahrungen erleben wollen. Deshalb wünschen wir uns, dass die Restaurants ihr Angebot an das lokale Spezifikum anpassen.“




    Am 10. Oktober wird der Tag der rumänischen Lebensmittel gefeiert. Die Jury soll drei Gewinner auszeichnen. Darüber hinaus werden drei Köche-Mannschaften die ausgewählten Kochrezepte zubereiten. Die Veranstalter setzen darauf, dass die Gemeinschaften im ländlichen Raum örtliche Kochrezepte am Wettbewerb anmelden werden. Das Projekt Slowing down“ fördert ein verantwortungsbewussteres Konsum- und Produktionsverhalten. Angesprochen werden alle Altersgruppen, Hauptsache sie interessieren sich für unser gastronomisches Kulturvermögen.

  • Emil Kindlein und seine silbernen Mikrophone

    Emil Kindlein und seine silbernen Mikrophone

    Sie kamen in Temeswar (rum. Timişoara) zur Welt. Danach reisten sie nach Berlin und London. Derzeit halten sie sich in Graz auf — für eine Ausstellung und ein Konzert. Die silbernen Mikrofone wurden mit gro‎ßer Geschicktheit hergestellt. Und sie steigen nun auf die Bühne. Emil Kindlein ist Musiker und Juwelier. Er stellte die silbernen Mikrofone her, die eine fantastische Entwicklung erfuhren. Die er mit uns teilte:



    Ich erforschte die Geschichte meiner Familie und erfuhr somit mehr über meinen Namen. Ich fand mehrere Hinweise dazu auf dem Dachboden meines Gro‎ßvaters. Mein Gro‎ßvater war Juwelier. Er gründete sein Geschäft 1929. Mein Vater arbeitete als Lehrling in seiner Werkstatt, in der Werkstatt seines Vaters. Doch letztendlich entwickelte er sich zum Elektroniker. Das war in den 1960er Jahren. Meine Leidenschaft war schon immer die Musik. Ich startete viele musikalische Projekte. Doch dann stolperte ich über die Geschichte meines Gro‎ßvaters. Ich erkundigte mich über sein Leben, das Leben eines Juweliers. Was macht eine Familie, gebildet aus einem Juwelier, einem Elektroniker und einem Musiker? Sie stellt silberne Mikrofone her!“




    Emil Kindlein ist Musiklehrer und hat auch eine eigene Band. Im Unterschied zu anderen Musikern sind die von ihm verwendeten Mikrofone ganz besonders — sie sind aus Silber und von ihm selbst erzeugt. Doch was ist so besonders an diesen Mikrofonen? Dazu Emil Kindlein:



    Die Mikrofone sind der vom Sänger getragene Schmuck. Die Sänger werden in den meisten Fotos zusammen mit dem Mikrofon abgebildet. Wir alle wünschen uns einen Ring oder eine Kette. Wir freuen uns auf Schmuck und Juwelen. Das silberne Mikrofon ist das vom Sänger getragene Schmuckstück. Man kann selbstverständlich viel über die Eigenschaften des Silbers sprechen, über den vom Silber vermittelten Klang. Doch möchte ich mich derzeit nur auf das Mikrofon als singendes-klingendes Juwel begrenzen.“




    Die von Emil Kindlein gefertigten Mikrofone sind einmalig in der Welt. Sie werden mit Hilfe eines komplexen Verfahrens hergestellt, das traditionell bei der Schmuckerzeugung verwendet wird. Die Mikrofone werden aus Silber erzeugt, nach dem Vorbild der Mikrofone, die in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts verwendet wurden. Für die Herstellung eines Mikrofons setzt Emil Kindlein bis zu 500 g Silber ein. Sogar die Schrauben sind aus Silber. Der Preis eines solchen Unikats kann bis zu 4000 Euro erreichen. Die Herstellung dauert etwa 4 Monate.



    Die silbernen Mikrofone wurden 2013 das erste Mal vor einem Publikum eingesetzt. Es geschah in Temeswar, anlässlich einer Aufführung, die in der Synagoge in der Stadtburg stattfand. Der unter dem Namen Das silberne Mikrofon“ veranstaltete Event zog viele Zuschauer an. Die Teilnehmer konnten drei Mikrofone bewundern, so Emil Kindlein:



    Es waren drei silberne Mikrofone. Wir haben sie zum ersten Mal vor ein paar Jahren in Temeswar im Rahmen der Veranstaltung »Das silberne Mikrofon« gezeigt. Doch sie sind auch nach London und nach Berlin gewandert. Derzeit halten sie sich in Graz auf. In Graz wird im Moment der Designmonat gefeiert. Graz Designmonat ist eine UNESCO-Veranstaltung. Die silbernen Mikrofone werden während eines Monats in der Juwelen-Werkstatt von Frau Hermine Prügger ausgestellt. Was uns durchaus freut.“




    Die Sorgfalt und Akribie, mit der der Handwerker die Mikrofone fertigt, sowie die Tatsache, dass sie funktionsfähig sind, überzeugten sogar die Veranstalter des Londoner Festivals London Analogue Festival“ — ein dreitägiges Festival, das Filme, Fotografie und den analogen Klang in den Vordergrund bringt. Demnach wurde der Temeswarer Künstler neben internationalen Persönlichkeiten wie Terry King, Josep Maria Ribas Prous (der erste spanische Autor, der mit dem Preis Maître de Fédération Internationale de l’Art Photographique“ ausgezeichnet wurde) oder Jono Pomodore erwähnt.



    Zum zehnten Mal in Folge verwandelt der Designmonat Graz die Stadt in eine urbane Designzone. Der Künstler aus Temeswar wurde zu diesem Anlass eingeladen, Vorträge und Workshops zusammen mit der österreichischen Künstlerin Hermine Prügger zu halten. Die 10. Auflage des Designmonat Graz findet vom 4. Mai bis zum 3. Juni statt. Der Start war am 4. Mai mit der Eröffnung und mit der Designers Night mit DJ DSL. Bei der Eröffnung wurde der Film SilverMics“ — ein Dokumentar über die silbernen Mikrofone — gezeigt. Es fand auch ein Live-Konzert statt. Der Ton wurde dabei über die silbernen Mikrofone übertragen. Die Werkstatt der Künstlerin verwandelte sich in ein Aufnahmestudio vor Ort. Das Publikum war fasziniert. Wir wollten von Emil Kindlein erfahren, was die Leute, die die silbernen Mikrofone sehen, davon halten:



    Die Rückmeldung der Leute ist positiv. Ich glaube auch deswegen, weil es um einzigartige Gegenstände geht. Während des Designmonats finden zahlreiche Veranstaltungen in Graz statt. Nichtsdestotrotz wurde unser Event als etwas Besonderes beurteilt — die Zeitschrift des Designmonats berichtete nämlich darüber. Es gab viele Legenden drum herum, viele Fragen. Wo kommen die Mikrofone her? Wie kam es dazu, dass sie von Rumänien nach London, Berlin und Graz wanderten? Das Feedback der Leute war allerdings stets positiv, was uns sehr freut.“




    Alle drei Mikrofone wurden auf der Bühne eingesetzt. Verschiedene Künstler verwendeten sie während ihrer Performance. Manche sangen sogar von Emil Kindlein komponierte Lieder. Der Künstler erzählte uns, er habe schon Bestellungen aus Italien und Irland bekommen. Das sei ein Zeichen, dass die silbernen Mikrofone gut angekommen seien. Und dass ihre Geschichte weiter gehen wird.

  • Europäisches Theaterfestival in Temeswar: Themenvielfalt und Innenleben

    Europäisches Theaterfestival in Temeswar: Themenvielfalt und Innenleben

    Es war bereits die 23. Auflage des Bühnenfestivals in der westrumänischen Gro‎ßstadt, und nachdem sie viele Jahre die Szene begleitete, kann die Theaterkritikerin Oana Borş von einer Evolution in der rumänischen Dramaturgie berichten — und über ein gewisses Starsystem, das sich schon etabliert hat: Es ist eine Entwicklung in kleinen Schritten, aber Leute, die die Szene beobachten, sehen das. Es geht in erster Linie um eine Erweiterung der Themenvielfalt — man konzentriert sich weniger auf die Beleuchtung gro‎ßer sozialer Themen, sondern erforscht auch das Innenleben und das Verhältnis zwischen Mitmenschen im engeren Sinne. Zudem haben wir bereits Dramaturgen, die einen bestätigten Erfolg haben — Csaba Székely, Mihaela Michailov und Radu Apostol, die auch seit geraumer Zeit zusammenarbeiten“, sagt die Kritikerin, die auch die Stücke für das Festival in Timişoara (Temeswar) auswählte.



    Und tatsächlich beleuchtet ein Stück wie Siebenbürgische Geschichte“, nach einem Text von George Ştefan und in der Regie von Andi Gherghe, die intimsten Gefühle einer Mischfamilie — der Autor geht von einer wirklichen Story aus und berichtet über das Zusammenleben von Magyaren und Rumänen im siebenbürgischen Schmelztiegel der Nationen. Das Stück verfolgt die Familiengeschichte über mehrere Generationen, setzt aber einen Schwerpunkt auf die schweren Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gemeinden vom 19.–21. März 1990 in Târgu Mureş. Das Stück wird zweisprachig aufgeführt und für die Darsteller war es eine zum Teil verstörende Erfahrung. Richard Balint spielt den Geheimdienstler Ştefan Remeş, einen Rumänen, der im Kommunismus seinen ungarischen Mitbürger István Szabados verhört und inhaftiert. Den Part des Szabados übernahm Gyula Kocsis. Beide Schauspieler haben ähnliche Erfahrungen wie die ihrer Figuren gemacht, erzählt Richard Balint: Ich bin gewisserma‎ßen auch ein rumänisch-ungarisches Produkt. Mein Vater war Ungar, meine Mutter Rumänin und ich habe auch solche Dinge erlebt. Ich habe in meinem Heimatort zweimal Prügel kassiert — das kam dort vor. Und 1990 im März passierte auch was. Keine Gewalt unbedingt, aber die Menschen, sogar Freunde oder Nachbarn, begannen Angst vor uns zu haben“, schildert Richard Balint die Lage in seiner Stadt Cugir — also nicht einmal in Târgu Mureş selbst, wo es zu den gewaltsamen Zusammenstö‎ßen kam. Für seinen Kollegen Gyula Kocsis war die Rolle noch ein Stückchen unheimlicher. Denn genau wie seine Figur musste sein eigener Vater in Oradea für 11 Monate ins Gefängnis, weil er über die Grenze flüchten wollte.



    Genauso beeindruckend waren die Erfahrungen, die im Stück Shakespeare für Ana“ zur Sprache kamen. Das Coliseum-Zentrum in Chişinău, der Hauptstadt der Republik Moldau. Es geht um eine Art Theaterdokumentation, in der Straftäter aus moldauischen Anstalten interviewt wurden — auch Frauen und Jugendliche. Text und Regie stammen von Luminiţa Ţâcu — seit langer Zeit beschäftigt sie das Thema der Menschen im Gefängnis: In 2008 habe ich das Stück »Haus M« gemacht, wo ich den Monolog einer Frau einbaute, die ihren Mann umgebracht hatte. Eine Zeitlang verging und ich fragte mich, was mit den Frauen passiert war, die ich im Gefängnis von Rusca interviewt hatte. Ich fragte mich, wie diese Frauen ohne Liebe auskommen können — das war die Grundidee“, sagt die moldauische Dramaturgin. Sie besuchte anschlie‎ßend drei Gefängnisse und unterhielt sich mit Insassen und Beamten vom Wachpersonal. Auch nach diesem Stück blieb ein bitterer Nachgeschmack, gesteht Luminiţa Ţâcu — man hat Gewissensbisse, weil in dieser Welt hinter Gittern Menschen zurückbleiben, die nach Liebe dürsten, während man selbst frei ist.



    Die europäische Komponente kam auch gut zum Tragen, sagt die für das Programm zuständige Kritikerin Oana Borş. Der in Europa gut bekannte Regisseur Milo Rau kam mit einem Stück, das seine Truppe mit dem nicht minder bekannten Berliner Ensemble Schaubühne aufführte: ein Doku-Drama zum Thema Migration. Dabei treten zwei Syrer, die seit längerer Zeit in Europa leben, in einen Bühnendialog mit der rumänischen Stardarstellerin Maia Morgenstern und einem griechischen Kollegen. Und Luk Perceval führte mit seinem Thalia-Theater Steinbecks Früchte des Zorns“ aus moderner Perspektive auf, eine Analyse zu Exil und Identität — ganz viel Europa also, findet Programmchefin Oana Borş.