Tag: Literatur

  • Nachrichten 18.10.2020

    Nachrichten 18.10.2020

    Die Corona-Infektionsrate in der Hauptstadt Bukarest hat am Sonntag 3 je 1.000 Menschen überschritten. In ganz Rumänien wurden in den letzten 24 Stunden 3.920 neue Infekte und 60 Todesfälle gemeldet, teilte die Gruppe für strategische Kommunikation mit. Die Gesamtzahl der Coronavirusinfektionen seit Beginn der Pandemie beträgt somit über 180 Tausend. Auch bei den Patienten auf der Intensivstation wurde mit 749 ein neuer Negativrekord gemeldet. Der Leiter der Abteilung für Notfallsituationen, Raed Arafat, sagte, dass diese zweite Welle der Pandemie nach Ansicht von Experten den ganzen Winter andauern könnte. Auf der anderen Seite könnte die Zahl des medizinischen Personals, das sich mit SARS-CoV-2 infiziert hat, laut einer Umfrage der Gewerkschaft Solidaritatea grö‎ßer sein als offiziell gemeldet. So seien 10% der Beschäftigten mit Covid-19 infiziert worden, d.h. rund 30.000 Mediziner gegenüber 6.300 offiziell gemeldeten. Krankenschwestern und Krankenpfleger sind die am stärksten von der Pandemie betroffene Berufskategorie.



    Der rumänische Präsident Klaus Iohannis wird am Montag am virtuellen Gipfel und Internet-Forum der Drei-Meeres-Initiative teilnehmen, das von Estland organisiert wird. Nach Angaben des rumänischen Präsidialamtes wird bei dieser Gelegenheit ein Bericht über intelligente Konnektivität veröffentlicht werden. Die Drei-Meeres-Initiative ist eine politische Plattform auf Präsidentschaftsebene, die die 12 EU-Mitgliedstaaten zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer umfasst (Österreich, Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Litauen, Lettland, Polen, Rumänien, Slowakei und Slowenien). Die Initiative will zur wirtschaftlichen Entwicklung der Mitgliedsstaaten beitragen, indem sie die Interkonnektivität in drei Hauptsektoren – Verkehr, Energie und Digitaltechnik – fördert und die Einheit und den Zusammenhalt innerhalb der EU stärkt.



    Der rumänische Au‎ßenminister Bogdan Aurescu führt am Montag in Washington politische Konsultationen mit dem US-Au‎ßenminister Michael Pompeo im Rahmen eines zweitägigen Besuchs des rumänischen Verantwortlichen in den USA auf Einladung seines amerikanischen Amtskollegen. Im Mittelpunkt der Gespräche zwischen Bogdan Aurescu und Mike Pompeo steht die bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, Militär, Energie und Wirtschaft, einschliesslich der von Rumänien im Rahmen der Drei-Meeres-Initiative geförderten strategischen Projekte. Nach Angaben des Au‎ßenministeriums wird Minister Aurescu auch über das Programm zur visumsfreien Einreise rumänischer Staatsbürger in die USA sprechen. Der Besuch findet im Rahmen der diesjährigen Feierlichkeiten zum 140-jährigen Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern statt. Nach Angaben des Au‎ßenministeriums war der Besuch ursprünglich für Anfang April geplant, wurde aber wegen der Pandemie verschoben.



    Rumänien hat bei einem Wettbewerb zur Nutzung offen zugäglicher Daten den ersten Preis in der 4. Herausforderung “Ein Europa fit für das digitale Zeitalter” gewonnen. Das Projekt des rumänischen Teams zum sogenannten Datathon soll mit Hilfe von Spektralanalyse, maschinellem Lernen und modernsten Satellitenbildern aus dem EU-Kopernikus-Programm Wälder vor illegalem Holzeinschlag schützen. Das Team gewann zudem 12.000 Euro. Der EU-Datathon ist ein jährlicher Wettbewerb, der zu originellen Ideen zur Nutzung der offenen Daten in der EU einlädt.



    Ein rumänisch-britisches Literaturfestival findet bis zum 13. November online und auch in London statt. Unter dem Titel “Romania Rocks” bringt die Veranstaltung rumänische und britische Autoren und Übersetzer zusammen und soll die rumänische Literatur in der ganzen Welt fördern. Alle Veranstaltungen sind über das Rumänische Kulturinstitut und das Europäische Literaturnetzwerk kostenlos abrufbar.



    In Rumänien wird das Astra-Filmfestival in diesem Jahr online veranstaltet. 41 Dokumentarfilme werden noch bis zum 25. Oktober verfügbar sein. Zehn davon konkurrieren in einer Sektion mit dem Titel “Aufstrebende Dokumentarstimmen” un d weitere 10 im Wettbewerb “MOE”. Darüber hinaus können rumänische Dokumentarfilmfans 10 der am meisten geschätzten Filme des diesjährigen Astra-Open-Air-Filmfestivals sowie weitere 11 Filme aus dem Festivalarchiv sehen.

  • Sofia-Nădejde-Preise für von Frauen verfasste Literatur verliehen

    Sofia-Nădejde-Preise für von Frauen verfasste Literatur verliehen

    Sputnik im Garten“ von Gabriella Eftimie (OMG Verlag, 2020), Sonia hebt die Hand“ von Lavinia Branişte (Polirom Verlag, 2019), Fotocrom Paradis“ von Deniz Otay (OMG Verlag, 2020) und Marcels Kinder“ von Ema Stere ( Polirom Verlag, 2020) sind die Bücher, die bei der dritten Ausgabe der Preisverleihungsgala Sofia Nădejde“ für Autorinnen-Literatur in Bukarest ausgezeichnet wurden. Der Name, der für diese Gala zur Verleihung der Preise für Autorinnen gewählt wurde, ist die Ehrung einer wichtigen Persönlichkeit der rumänischen Kultur, Sofia Nădejde: Es handelt sich um die erste Frau in Rumänien, die in einem Gymnasium für Jungen das Abitur ablegen durfte, die erste Frau, die eine Literaturzeitschrift leitete, und die Autorin des ersten feministischen Romans in der Geschichte der rumänischen Literatur. Die Preisverleihung für Frauenliteratur fand im Rahmen der Sofia-Nădejde-Tage“ statt, die Ende August mit einer Filmvorführung mit Kurzfilmen von rumänischen Regisseurinnen begann. Mehr dazu sagte uns die Dichterin und Journalistin Elena Vlădăreanu, die Initiatorin der Gala der Sofia-Nădejde-Preise für Frauenliteratur:



    Von Anfang an waren wir an dieser Überschneidung der Künste interessiert, und in diesem Jahr haben wir eine Partnerschaft mit dem rumänischen Verband der Frauen im Kinobereich, so dass Schriftstellerinnen, die für Prosa und Debüt-Prosa nominiert sind, an einer Reihe von Treffen mit Regisseurinnen teilgenommen haben. Es ist auch wichtig, dass wir seit letztem Jahr eine Partnerschaft mit Scena.ro haben, mit der wichtigsten Plattform in Rumänien, die sich dem Theater widmet. Seit der letzten Ausgabe vergibt Scena.ro einen Sonderpreis für Dramaturgie im Rahmen der »Sofia-Nădejde-Tage«. Diese Auszeichnung ging dieses Jahr an Alexandra Pâzgu, eine äu‎ßerst interessante rumänische Dramatikerin, die seit mehreren Jahren in Österreich, in Wien lebt und begonnen hat, auf Deutsch zu schreiben. Im Hinblick auf diese Überschneidung der Künste möchte ich auch die Partnerschaft mit tranzit.ro hervorheben, eine dauerhafte Partnerschaft, denn gemeinsam mit ihnen haben wir mehrere Debatten und Rundtischgespräche geführt. Mehr noch: tranzit.ro ist unser Partner bei dieser Ausgabe und hilft uns finanziell durch das Anbieten eines Preises. Diese Überschneidungen erscheinen mir sehr wichtig, ich hoffe, dass wir auch den Workshop mit der Künstlerin Liliana Basarab abhalten können, einen Workshop, der von den nominierten Gedichtbänden ausgeht und in dessen Mittelpunkt das Buch als Gegenstand steht.“




    Im Rahmen der Gala erhielt die Schriftstellerin Sanda Cordoş den Sonderpreis A Room of One’s Own“ für die Hingabe, mit der sie seit Jahrzehnten mit ihren kritischen Artikeln die zeitgenössische rumänische Literatur unterstützt. Dazu Graţiela Benga-Ţuţuianu, Literaturkritikerin und Historikerin, Mitglied der Jury für die Verleihung der Sofia-Nădejde-Preise“ für Autorinnen-Literatur:



    Meiner Meinung nach ist dies eine sehr geeignete Wahl, da Sanda Cordoş ein ausgezeichnetes, überzeugendes kritisches Werk veröffentlicht hat. Darüber hinaus ist ihre Wahl die Antwort auf eine Realität, die uns oft betrübt. Denn wir sehen bei verschiedenen Gelegenheiten, wie Literaturkritiker und Historiker die von Frauen geschriebene Literatur und Kritik immer noch kleinreden oder auf thematische und stilistische Stereotypen reduzieren. Alles, was Sanda Cordoş geschrieben hat, ist eine angemessene Antwort auf diese Vorurteile. Leider wird die Literatur immer noch in Gender-Kategorien eingeteilt, in männliche und weibliche Literatur, und ich finde diese Abgrenzung völlig unangemessen, denn Literatur sollte die ganze Welt widerspiegeln. Man kann sich nicht auf ein bestimmtes Schema beschränken.“




    Die Dichterin und Übersetzerin Alexandra Turcu und die bildende Künstlerin Liliana Basarab gehören seit der ersten Ausgabe zum Team der Sofia-Nădejde-Literaturpreise für Frauen. Alexandra Turcu möchte dazu beitragen, dass Vorurteile gegen Schriftstellerinnen und generell gegen Frauen abgebaut werden:



    Mir wurde klar, dass ich mehr als nur schreiben will. Ich möchte die Literatur und insbesondere die von Frauen geschriebene Literatur unterstützen. Aus diesem Grund schloss ich mich der von Elena Vlădăreanu ins Leben gerufenen Initiative an. Ich erhielt sehr unterschiedliche Reaktionen, einige von ihnen waren nach der ersten Ausgabe negativ, und ich war im Moment entmutigt, aber mit der Zeit wurde mir klar, dass diese Auszeichnungen willkommen sind und dass sie von einer Ausgabe zur anderen zugenommen haben. Auch wenn es immer noch ungünstige Reaktionen auf dieses Projekt gibt, halte ich es für sehr wichtig, es fortzusetzen. Dies ist genau die Idee der Preise: Wir wollen mehr, als nur Auszeichnungen vergeben, wir zielen darauf ab, Vorurteile gegenüber Autorinnen und Frauenliteratur, generell Vorurteile gegenüber dem Platz der Frauen in der Welt abzubauen.“



    Und Liliana Basarab engagiert sich dafür, dass die Arbeit von Literatinnen und Künstlerinnen besser anerkannt wird:



    Ich habe das Gefühl, dass ich durch die Arbeit im Team der Sofia-Nădejde-Preise viel dazu lerne und dass wir gemeinsam ein schönes Projekt aufbauen. Wie bereits erwähnt, handelt es sich nicht nur darum, einige Preise zu vergeben. Die Sofia-Nădejde-Tage umfassen auch weitere Aktivitäten, die darauf abzielen, das Schaffen von Frauen in der Literatur und auch in anderen Kunstbereichen anzuerkennen, und ich hoffe, diese Aktivitäten fortsetzen zu können. Ich bin der Meinung, dass sich auch aufgrund dieser Auszeichnungen ein Mentalitätswandel vollzogen hat. Deshalb glaube ich, dass wir weitermachen und auch andere Wege finden müssen, um das Schaffen von Frauen hervorzuheben, das manchmal nicht anerkannt oder als minderwertige Kunst behandelt wird.“

  • Nachrichten 17.10.2020

    Nachrichten 17.10.2020

    Der rumänische Au‎ßenminister Bogdan Aurescu hat alle im Ausland lebenden Rumänen aufgerufen, für die Parlamentswahlen per Post zu stimmen. Der 22. Oktober sei die letzte Frist für die Registrierung zur Briefwahl. Aurescu warnte, dass die Briefwahl in der gegenwärtigen Pandemie der beste Weg sei, die Gesundheit der Menschen zu schützen.

    Das Au‎ßenministerium ermahnte mehrmals, dass es in einigen Ländern Beschränkungen gebe und die rumänischen Behörden im Ausland weniger Wahllokale einrichten dürften.




    In Rumänien sind am Samstag knapp unter 4000 neue Fälle Coronavirus-Infektionen gemeldet worden. Au‎ßerdem starben 63 weitere Menschen, so dass sich die Zahl der Todesfälle auf über 5800 erhöhte. Ein neuer Negativrekord wurde auch in Bezug auf die Patienten auf der Intensivstation gemeldet – 745. Der Leiter der Abteilung für Notfälle, Raed Arafat, sagte, dass diese zweite Welle der Pandemie nach Meinung von Experten den ganzen Winter andauern könnte. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie veranstalten über 1.000 Schulen des Landes ausschlie‎ßlich online-Unterricht. 11.300 Schulen geben weiter Präsenzunterricht, während über fünftausend Schulen ein Mischsystem einsetzen.




    Die Weltgesundheitsorganisation warnt davor, dass mehrere europäische Städte mit einem Anstieg der Zahl der COVID-19-Patienten konfrontiert sind, die Intensivpflege benötigen, und dass die Intensivstationen in den kommenden Wochen ihre volle Kapazität erreichen könnten. Die NATO sei bereit, Europa Hilfe zu leisten. Nach Angaben des stellvertretenden Generalsekretärs des Bündnisses, Mircea Geoană verfüge die NATO bereits über einen Sonderfonds und Pläne für logistische Unterstützung für Mitglieds- und Partnerstaaten. Der rumänische Politiker erklärte zudem, das Hauptanliegen der NATO sei es, dass die gegenwärtige Krise im Gesundheitswesen nicht zu einer Sicherheitskrise wird.



    Das rumänische Verteidigungsministerium begrü‎ßt, dass das US-Au‎ßenministerium dem Kauf eines Küstenabwehrsysteme mit Raketen durch Rumänien zugestimmt hat. Die Genehmigung ist an den US-Kongress weitergeleitet worden. Rumänien möchte zwei der Raketensysteme im Rahmen eines der fünf Programme des Modernisierungsplans für die Streitkräfte kaufen. Dies werde die Fähigkeit zur Bewältigung aktueller und künftiger Bedrohungen verbessern.



    Rumänien hat bei einem Wettbewerb zur Nutzung offen zugänglicher Daten den ersten Preis in der 4. Herausforderung “Ein Europa fit für das digitale Zeitalter” gewonnen. Das Projekt des rumänischen Teams zum sogenannten Datathon soll mit Hilfe von Spektralanalyse, maschinellem Lernen und modernsten Satellitenbildern aus dem EU-Kopernikus-Programm Wälder vor illegalem Holzeinschlag schützen. Das Team gewann zudem 12.000 Euro. Der EU-Datathon ist ein jährlicher Wettbewerb, der zu originellen Ideen zur Nutzung der offenen Daten der EU einlädt.



    Ein rumänisch-britisches Literaturfestival findet bis zum 13. November online und auch in London statt. Unter dem Titel “Romania Rocks” bringt die Veranstaltung rumänische und britische Autoren und Übersetzer zusammen und soll die rumänische Literatur in der ganzen Welt fördern. Alle Veranstaltungen sind über das Rumänische Kulturinstitut und das Europäische Literaturnetzwerk kostenlos abrufbar.

  • Topographie der Literatur: das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest

    Topographie der Literatur: das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest

    Das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest erzählt 167 Geschichten über das literarische Bukarest. Ursprünglich hatten die Autorinnen Andreea Răsuceanu und Corina Ciocârlie über fast zweitausend Orte und urbane Legenden recherchiert, die mit Figuren aus der rumänischen Literatur, mit der realen und literarischen Geographie der Hauptstadt verbunden sind. Ob Realität oder Fiktion, verzweigen sich die Boulevards, Stra‎ßen und Gassen der rumänischen Hauptstadt und kommen wieder zusammen, was Geschichten entstehen lässt, die ineinander flie‎ßen. Dieser literarische Spaziergang auf den Spuren der Figuren führt uns manchmal zum Römer-Platz (Piaţa Romană) und zum Amzei-Markt, manchmal zum Athenäum oder zum öffentlichen Garten Herăstrău, zum Stadtteil Cotroceni oder Dudeşti. Am Ende entsteht eine Art virtueller Karte von Bukarest, die es dem Leser ermöglicht, sich in der Stadt und ihren Büchern zurechtzufinden“, schreiben die Autorinnen des Wörterbuchs der literarischen Orte in Bukarest, Andreea Răsuceanu und Corina Ciocârlie. Dazu die Schriftstellerin und Literaturkritikerin Andreea Răsuceanu:



    Gleich zu Beginn hatten wir einen kleinen Moment der Panik angesichts der eher beängstigenden Aussicht, den grö‎ßten Teil der literarischen Schriften erneut lesen zu müssen, was wir übrigens auch taten. Wir haben also die rumänische Literatur des 19. Jahrhunderts erneut gelesen, dann haben wir uns die Schriftsteller der Zwischenkriegszeit angesehen — über die Auswahl haben wir lange verhandelt — und dann sind wir zu den zeitgenössischen Autoren gekommen. Da ich bereits über einige der letzteren geschrieben hatte, versuchte ich, die zuvor genannten Namen nicht noch einmal zu erwähnen. Corina Ciocârlie war eine au‎ßergewöhnliche Arbeitspartnerin. Wir teilten die gleiche Begeisterung und vor allem eine gro‎ße Leidenschaft für die Stadt Bukarest und ihre Geschichten. Das ist, glaube ich, das Geheimnis dieses Buches. Au‎ßerdem ergänzten wir uns auf natürliche Weise, denn diesmal wollte ich die Vororte erkunden, während Corina innerhalb der Grenzen der zentralen Gebiete bleiben wollte. Ich wollte über das bunte Bukarest schreiben, das Bukarest der Elendsviertel am Stadtrand, über die Cuţarida-Grube, benannt nach dem Ingenieur Nicolae Cuţarida, die dem 1957 geschriebenen Roman »Die Grube« von Eugen Barbu ihren Namen verliehen hat. Ich habe auch über das Elendsviertel Filantropia geschrieben, über die Stra‎ße Calea Griviţei, über dieses Gebiet, das noch unerforscht ist, ein wei‎ßer Fleck auf der Landkarte, wo man die städtische Entwicklung nachvollziehen und förmlich sehen kann, wie die Stadt emporkommt.“




    Das Wörterbuch der literarischen Orte von Bukarest soll eine Rache für das verstümmelte, belästigte, verschwundene Bukarest“ sein. Die Literaturkritikerin Corina Ciocârlie kommt zu Wort:



    In den Seiten des Wörterbuchs ist das Uranus-Viertel noch nicht abgerissen worden, das Pressehaus »Casa Scânteii« hat das Băneasa-Hippodrom noch nicht ersetzt, die Sala Dalles hat noch ihre modernistische Fassade aus den 1930er Jahren und hinter dem Lido-Hotel hört man noch immer das verführerische Rauschen des berühmten Wellenbades. Eine kleine Übung für Phantasie: Wenn wir aus den Fenstern der Buchhandlung Humanitas Cişmigiu, die uns heute Abend empfängt, schauen würden, würden wir diesen schönen Boulevard Regina Elisabeta (Königin Elisabeth) sehen. Eine ganze Show würde sich vor unseren Augen entfalten: mehrfarbige Plakate, exzentrische Outfits und Frisuren, mit leidenschaftlichen Liebesaffären, Ehebruch und Verrat, wie man sie im Film sieht. Auf den Bürgersteigen des Boulevards, zwischen dem Park Cişmigiu und der Gambrinus-Brauerei einerseits und dem Kino Capitol und dem Offizierscasino andererseits, ziehen die schönen Menschen der Belle Époque vorbei. Es ist nicht überraschend, auf die eine oder andere Figur aus einem Roman zu sto‎ßen: Nory Baldovin (Protagonistin des Romans »Rădăcini« (»Wurzeln«), geschrieben von Hortensia Papadat-Bengescu und veröffentlicht 1938), Emilia Răchitaru oder Madame T. (Figuren aus dem Roman »Patul lui Procust«, »Das Bett des Prokrustes«, veröffentlicht von Camil Petrescu 1933). Nichts wäre langweilig: keine heruntergekommenen Fassaden, keine geschlossenen Kinos. Und dann würde die Heldin des Romans »Fontana di Trevi« der Schriftstellerin Gabriela Adameşteanu, Letiţia Branea, die kürzlich aus Paris zurückgekehrt ist, es nicht bedauern, dass der Boulevard Elisabeta zu einer trostlosen Landschaft geworden ist.“




    Abgesehen von den Hinweisen zu berühmten Stra‎ßen und ihren Geschichten ist das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest ein wertvolles Verzeichnis von Denkmälern, Bahnhöfen, Kreuzungen, Parks, Plätzen, Märkten, Bistros, Cafés, Hotels, Kinos und sogar Buchläden und Zeitungsständen.

  • Kulturjournalistin Ema Stere erhält Debütpreis des Verlags Polirom

    Kulturjournalistin Ema Stere erhält Debütpreis des Verlags Polirom

    Aus insgesamt 94 Manuskripten hat der Verlag Polirom in Iaşi den Gewinner des 4. Debütwettbewerbs ausgewählt. Der Preis ging an Marcels Kinder“ von Ema Stere. Ich würde mich freuen, wenn dieses Buch, von dem ich keine hohen Erwartungen hatte, mit der gleichen Freude gelesen wird, die ich beim Schreiben empfand“, sagte Ema Stere, Journalistin bei Radio România Cultural, dem Kultursender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.



    Wer ist Ema Stere ist und wie hat dieses literarische Abenteuer begonnen, dem es nicht an Spannung, Rätseln und überraschenden Wendungen mangelt? Ema Stere fasst die Handlung ihres Romans kurz:



    Einige junge Leute fahren aufs Land, irgendwo in ein imaginäres Dorf. Die Entwicklungen, die sie im Beziehungsgeflecht untereinander durchlaufen, sind derart, wie sie in den meisten menschlichen Gemeinschaften vorkommen. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass ich auch Spa‎ß haben wollte, weil ich letztendlich das Buch zu meiner persönlichen Unterhaltung geschrieben habe. Es gibt viele Romanfiguren, ich hoffe, sie können voneinander unterschieden werden. Es gibt auch eine Erzählerin, sie kennt aber nicht alle Einzelheiten, sie schöpft ihre Beobachtungen meistens aus dem kollektiven Gedächtnis, sie kennt folglich nur ein Stück Realität, die viel übertrieben ist, genau wie sie diese Realität übermittelt bekommt. Die Erzählerin ist die Art von Mensch, die andere um sich versammelt und sagt, dass sie mehr tut, als sie in Wirklichkeit tut. ‚Ich habe Leben in die Bude gebracht‘, sagt sie… Die Erzählperspektive ist eigentlich ihre eigene Perspektive.“




    Neun Jahre lang mit einigen Unterbrechungen — so lange hat Ema Stere gebraucht, um Marcels Kinder“ gro‎ßzuziehen und den Roman zu Ende zu bringen. Die Autorin hat mit viel Enthusiasmus recherchiert und mit der Hand geschrieben. Ihr Mann entdeckte zuerst einige Seiten und las sie heimlich, Ema fand das heraus und zeigte ihm das ganze Manuskript. Seine Freude beim Lesen der Seiten hat sie überzeugt, das Manuskript auch einigen Freunden zu zeigen, ferner schickte sie es zum Debütwettbewerb des Verlags Polirom. Wie es weiter ging, erzählt Ema Stere:



    Wie auch immer, ich hatte nichts erwartet, höchstens so etwas wie: ‚Es tut uns leid… Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.‘ Als dann die E-Mail vom Verlag einging, in der mir der Chefredakteur Adrian Botez bekannt gab, dass ich gewonnen hatte, und mich bat, ihm meinen richtigen Namen zu verraten, fing ich an, vor Freude herumzuschreien. Ich war sehr glücklich. Ich hoffe, dass das Buch bald herauskommt. Ich habe keine anderen Erwartungen daran. Ich erwarte nichts, weder vom Weihnachtsmann noch für meinen Geburtstag, aber dieses persönliche Erlebnis hat mir gezeigt, dass schönere Sachen passieren, wenn man sie nicht erwartet.“

  • Fabio Melano: italienischer Literaturübersetzer setzt sich mit Werk Lucian Blagas auseinander

    Fabio Melano: italienischer Literaturübersetzer setzt sich mit Werk Lucian Blagas auseinander

    Das Internationale Literaturfestival, das den Namen des Philosophen und Dichters Lucian Blaga trägt, hat voriges Jahr bereits zum 19. Mal stattgefunden. Organisiert wurden die Festspiele von Radio Târgu Mureş (Neumarkt). Ob dieses Jahr das internationale Festival abgesagt wird oder nicht, wei‎ß man noch nicht Bescheid. Dr. Fabio Melano zählt zu den möglichen Gästen der diesjährigen Ausgabe. Fabio Melano ist Übersetzer und Publizist und lebt in Mailand. Über seine Liebe für Rumänien und die rumänische Literatur sagt unser Gesprächspartner:



    Für mich war es überhaupt nicht schwer, Blaga zu entdecken. Ich bin mit dem Professor Eugeniu Nistor befreundet, der das Festival in Neumarkt organisiert, und er hat mich in Blagas Philosophie eingeführt. Blagas Bücher haben mich verzaubert. Ich habe sie auf Rumänisch gelesen. Besonders von seinen Aphorismen war ich sehr begeistert. Der rumänische Philosoph Emil Cioran ist in Italien sehr bekannt für seine Aphorismen. Ciorans Aphorismen haben im Vergleich zu Blagas einen klaren Stil. Wer die subtilen Nuancen der rumänischen Sprache kennt und Blaga auf Rumänisch liest, versteht auch, warum er so einzigartig war. Seine Sprache ist eine Sprache, die viele nur mit Hilfe der Metaphern erreichen können. Als ich den Band »Der Diskobolos — Aphorismen und Anmerkungen« von Blaga ins Italienische übersetzte, fühlte ich, als ob sich alles wie nach einem Blitzschlag auf einmal änderte.“




    Höchstwahrscheinlich wird die 20. Ausgabe des Festivals in einer anderen Form stattfinden. Nachdem er diesen Weg eingeschlagen und begann, Blagas Bücher ins Italienische zu übertragen, stellte sich Fabio Melano einer neuen Herausforderung. Unser Gesprächspartner hat sich vorgenommen, den Band Lucian Blaga — ein Philosoph der Kulturen“ des Professors Eugeniu Nistor ins Italienische zu übersetzen. Ein Buch, das ihm auch die Begegnung mit der Volksballade Mioriţa und mit der Lyrik von Mihai Eminescu ermöglichte. Fabio Melano über die Herausforderungen der rumänischen Sprache an den Übersetzer:



    Blaga ist im Kontext der rumänischen Kultur zu verstehen, von der Volksballade »Mioriţa« bis zum »Dritten Brief« von Eminescu. Eine wichtige Rolle spielt natürlich sein Stil. Die rumänische Sprache ist für ihn wie die Musik für einen Komponisten. Die Buchstaben und die Wörter sind für ihn wie die Musiknoten für einen Schöpfer von Musik. Weil ich jetzt die rumänische Sprache kenne, kann ich sein Werk in vollen Zügen genie‎ßen.“




    Fabio Melano hat ein paar Jahre in Neumarkt am Mieresch (Târgu Mureş) gelebt. Er beschreibt sich selbst als Halb-Rumäne und sagt, dass die Italiener Blaga mit dem Herzen verstehen.

  • Neuer Roman von Liliana Corobca: „Buburuza“

    Neuer Roman von Liliana Corobca: „Buburuza“

    Auf Anfrage einer Journalistin erzählt Vasilica Buburuz ihr Leben für einen Radiobeitrag. Vasilica war schon als Kind auf den Rollstuhl angewiesen, ihre Behinderung sieht sie jedoch nicht als Hindernis, ein freies Leben zu leben. Sie träumt davon zu tanzen, Flügel zu kriegen und zu fliegen, ihr Leiden zumindest im Traum hinter sich zu lassen. Sie stammt aus einfachen Verhältnissen und wird von ihren Eltern als Fehltritt ihres Lebens angesehen. In ihrer Kindheit erfährt sie keine Liebe, sie studiert an zwei Unis und kann allein sehr gut zurechtkommen. Sie ist zierlich und elegant, äu‎ßerst erfinderisch, sie liebt und erlebt viele Enttäuschungen, sie liebt aber weiter. Sie ist eine Kämpferin, optimistisch und beharrlich, sie widmet ihr Leben ihren Mitmenschen und tut ihr Bestes, um das Leiden der anderen zu heilen. Sie hat eine au‎ßergewöhnliche Vitalität und genie‎ßt jeden Tag in vollen Zügen. So kann man die Handlung des jüngsten Romans der Schriftstellerin Liliana Corobca zusammenfassen. Buburuza“ (Der Marienkäfer“) erschien Ende des vergangenen Jahres im Verlag Polirom und wurde auf der Buchmesse Gaudeamus vorgestellt. Die Autorin über ihren Roman:



    Mit jedem neuen Roman stehe ich vor einen neuen Herausforderung. Ich wei‎ß nicht, ob ich ihn zu Ende bringen kann, ob ich das Thema richtig aufgreifen kann, ob ich die Psychologie meiner Gestalten richtig verstehe. Eine gro‎ße Herausforderung für mich ist, eine Gestalt zu verstehen, mit der ich nichts gemeinsam habe. So zum Beispiel in diesem Fall, denn ich führe ein normales Leben, das überhaupt nicht auffällt. Ich finde es gar nicht interessant, Romane mit autobiographischen Zügen zu schreiben. Wenn ich mir hingegen eine Gestalt vorstelle und in ihrer Haut stecke, fühle ich, dass ich mein Leben mit neuen Erfahrungen bereichere.“




    Liliana Corobca arbeitet viel mit dem Geständnis leidgeprüfter Figuren, die ein schweres Leben führen. »Kinderland« ist das Geständnis eines 12-jährigen Mädchens, das die Rolle ihrer Eltern übernimmt, weil diese im Ausland arbeiten. »Caiet de cenzor« / »Zensorenheft« ist ein fiktives Schreiben, das auf dem Briefwechsel zwischen der Erzählerin und der Leiterin der Abteilung Geheime Dokumente bei der Zensurbehörde besteht. »Capătul drumului« / »Das Ende des Weges« erzählt die Geschichte einer 90-jährigen Frau, Ana Blajinschi, die ihre Familie in ein Altersheim zwingen möchte, und ihre Urenkelin entdeckt dabei die Geschichte ihrer Deportation in die Steppen Kasachstans“, schreibt der Literaturkritiker Bogdan Creţu.



    Der jüngst erschienene Roman Buburuza“ beruht ebenfalls auf der fiktiven Dokumentation eines Traumas. Die Autorin kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    Mein Roman ist von einer realen Figur inspiriert. Diese junge Frau hat in Wirklichkeit existiert, so habe ich mir gesagt, warum nicht eine Fiktion zu schreiben, die auf so einer au‎ßergewöhnlichen Existenz beruht. Bei meinem letzten Gespräch mit der jungen Frau, die meine Figur inspirierte, sagte sie zu mir, das Wichtigste in ihrem Leben sei die Liebe, die Männer die sie geliebt hat. Daher habe ich mir ihre Liebesgeschichten vorgestellt und »Buburuza« vor allem als Liebesroman geschrieben. Für mich bleibt »Buburuza« ein Liebesroman, selbst wenn er sich auch mit einem Sozialthema befasst, das Leben einer Person mit einer physischen Behinderung.“




    Liliana Corobca wurde am 10. Oktober 1975 im Dorf Săseni, Republik Moldau, geboren. Die rumänischsprachige Schriftstellerin und Zensurforscherin gab ihr Debüt im Jahr 2003 mit dem mehrfach ausgezeichneten Roman Negrissimo“, erschienen im Verlag Arc. Zu ihren Werken zählen: Der erste Horizont meines Lebens“, erschienen in deutscher Übersetzung 2015 im Zsolnay Verlag, Die Kontrolle des Buches“, erschienen 2014 im Verlag Cartea Românească, Zensur für Anfänger: Monolog in drei Akten“, erschienen in deutscher Übersetzung im Verlag Thanhäuser 2014, Ein Jahr im Paradies“, erschienen in deutscher Übersetzung im Verlag Merz & Solitude, 2011, Das Ende des Weges“, erschienen 2018 im Verlag Polirom.

  • Gala der jungen Schriftsteller: viele Anwärter auf Preis für Dichtung

    Gala der jungen Schriftsteller: viele Anwärter auf Preis für Dichtung

    Die Gala der jungen Schriftsteller ist eine der Veranstaltungen, die aus Anlass des 10. Tages der rumänischen Kultur stattfindet. Dieses Jahr jährt sich der Geburtstag des Dichters Mihai Eminescu zum 170. Mal. Der Preis Gedichtband des Jahres 2019“ geht an Soldat. Umbre ale trecutului pe câmpul de luptă“ (Der Soldat. Schatten der Vergangenheit auf dem Kampffeld“) und Jurnal scris în a treia parte a zilei“ (Tagebuch, das im dritten Teil des Tages geschrieben wurde“) von Angela Marcovici Marinescu, erschienen im Verlag frACTalia in Bukarest. In der Sektion Junge Dichter des Jahres 2019“ wurden die Dichterinnen und Dichter Jesica Baciu, Timotei Drob, Anastasia Gavrilovici, Artiom Oleacu, Vlad Sibechi und Krista Szöcs nominiert, in der Sektion Der beste Schriftsteller des Jahres 2019“ wurden Diana Bădica, Iulian Bocai, Valentin Covaciu, Valentina Şcerbani und Cristina Vremeş nominiert.



    Die zehnte Gala der Jungen Schriftsteller bzw. die Wahl des Gedichtbandes des Jahres 2019 findet am 15. Januar im Nationalen Literaturmuseum in Bukarest statt. Organisatoren der Veranstaltung sind auch dieses Jahr das Nationale Literaturmuseum zusammen mit dem Kulturverband Euro Culturart“, mit der Unterstützung des Rumänischen Verlagsvereins und der Gesellschaft zur Verwaltung der Urheberrechte. Die Literaturkritikerin und Schriftstellerin Andreea Răsuceanu ist Jurymitglied:



    Dieses Jahr fiel die Entscheidung schwer. Es ist schwer, wenn die Auswahl nicht vielfältig ist, aber auch, wenn man aus einem gro‎ßen Angebot auswählen soll. Meiner Meinung nach war 2019 ein Jahr der Gedichte, ein Jahr der jungen Dichterinnen und Dichter, daher gibt es auf dieser Gala die grö‎ßte Zahl der Nominierungen für den Gedichtpreis. Eine ähnliche Situation gibt es in der Sektion »Prosa«, wo fünf Titel nominiert wurden. In der Sektion »Junge Literaturkritiker« gibt es leider keine Nominierung. Meiner Meinung nach sind solche Veranstaltungen bedeutsam, ich sitze bereits zum vierten Mal in der Jury, ich bin selber auch Preisträgerin des Jahres 2013 für den Band »Das Bukarest Mircea Eliades«.“



    Die Literaturkritikerin Andreea Răsuceanu empfiehlt, sich den Klassikern mit einem frischen Blick zu nähern:



    Eminescu sollte man sozusagen mit eigenen Augen lesen und verstehen, jenseits der Schablonen und Vorurteile. Ich liebe seine Prosa, die ich jedes Mal neu entdecke. Mit jeder Lektüre erinnere ich mich, dass meiner erster Kontakt mit seinem Werk voller Vorurteile war. Seine Werke sollten jedes Mal mit einem frischen Blick wiederentdeckt werden. Bei Treffen mit Gymnasialschülern habe ich auch offene Lehrer kennengelernt, die wussten, wie man die Gedichte von Eminescu den Kindern jenseits der Klischees näher bringen kann.“

  • Gegenkultur im kommunistischen Rumänien: subtile Ironie und kontrollierte Subversion

    Gegenkultur im kommunistischen Rumänien: subtile Ironie und kontrollierte Subversion

    Diese Vorschriften wurden von den kommunistischen Aktivisten, die für Kultur und Zensur zuständig waren, geschrieben. Sie zielten zwar überwiegend auf die Hochkultur ab, doch die nicht herkömmlichen Kulturformen wurden an den Rand gedrängt und materialisierten sich meist in das, was wir als Gegenkultur kennen.



    Neben Klassik und Opernmusik manifestierte sich die Gegenkultur vor allem in den Bereichen Rock, Jazz, Blues und Volksmusik. Die Popmusik erwies sich damals als die konformistischste in der kommunistischen Zeit, streng nach dem Kanon. Künstler, die versuchten, Stile au‎ßerhalb des Kanons anzunehmen, gab es aufgrund des schwierigen Zugangs zu den Inspirationsquellen recht wenige. Aus diesem Grund waren Versuche, durch Musik Botschaften zu vermitteln, die nicht den offiziellen kulturellen Richtlinien entsprachen, damals eher selten.



    Dennoch entstand die Gegenkultur aus dem Bedürfnis der Menschen nach Freiheit im Schöpfungsprozess. Ihre Inspirationsquellen wie Beatmusik, Rock, Blues und Jazz aus dem Westen wurden zusammen mit anderen westlichen Produkten, die auf dem kommunistischen Markt wirklich schwer zu finden waren, wie Kleidung, Kosmetik und Schmuck, nach Rumänien geschmuggelt. Neben all diesen Gütern schmuggelten ausländische Studenten Vinylplatten nach Rumänien — mit Musik, die im Ausland produziert wurde.



    Eine weitere Inspirationsquelle für die musikalische Gegenkultur Rumäniens waren die Jazz- und Rockmusikprogramme von Willis Conover und Cornel Chiriac, die von den Sendern Voice of America bzw. Radio Freies Europa ausgestrahlt wurden.



    Noch wichtiger als die Musik war die Poesie, und die von der damaligen rumänischen Gegenkultur vorgeschlagenen Verse hatten die Ironie als Hauptmerkmal, um Ideen und kritisches Denken zu stimulieren. Der starke Lebensmittelmangel und die extrem düstere Atmosphäre der 1980er Jahre waren eine wichtige Inspirationsquelle für die nonkonformistischen Dichter der damaligen Zeit. Obwohl das kommunistische Regime schlie‎ßlich ein paar Zugeständnisse machte, die die Jazzfestivals von Sibiu (Hermannstadt) und Costineşti erlaubten, war die düstere Realität überall sichtbar. Der Historiker Sorin Antohi erinnert sich an diese düstere Zeit in der Geschichte Rumäniens.


    Ich erinnere mich an eine Episode aus der Zeit der schweren Nahrungsmittelknappheit, die Rumänien damals in der kommunistischen Epoche heimsuchte. Ich war gerade vom Jazzfestival in Sibiu im Jahr 1980 mit ein paar Freunden zurückgekehrt. Wir waren auf dem Weg nach Iaşi im Nordosten Rumäniens und mussten in Ploieşti, im Süden, umsteigen. Während wir die Stadt durchquerten, um zu einem anderen Bahnhof zu gehen, sahen wir Menschen in der Nähe eines der grö‎ßten kommunistischen Supermärkte, die sich drängten und schubsten, um Butter zu kaufen. Wir sahen kleine wei‎ße Pakete in der Luft fliegen und wussten zunächst nicht, was es war. Dann stellten wir fest, dass die Kommunisten die 200-Gramm-Pakete Butter in zwei Hälften geschnitten hatten, damit sie an so viele Kunden wie möglich verkaufen konnten. Die Leute, die wir sahen, kämpften also heftig für 100 Gramm Butter.“



    Im kommunistischen Rumänien führte die Zensur bestimmte Formen des musikalischen Ausdrucks ein, was einige der Künstler dazu veranlasste, zu versuchen, sie zu vermeiden. Einer dieser Künstler war der Architekt und Sänger Alexandru Andrieş, ein Aushängeschild der musikalischen Gegenkultur in den 1970er und 1980er Jahren. Zwei seiner Songs waren durchschlagende Hits, nämlich Was für eine schöne Stadt“ und In den Nachrichten“. Im ersten Song deutete Andrieş auf die allgegenwärtige Existenz von Fabriken und Industriewerken hin, die überall zu sehen waren und gegen die Prinzipien und Trends der modernen Städtebauplanung verstie‎ßen. Gleichzeitig enthielt der Text des Liedes ironische Kommentare, die sich an die Privilegierten des Regimes richteten, die in Stadtvierteln lebten, die weitaus besser versorgt waren als die Schlafstätten der Durchschnittsbürger. Der zweite Song, In den Nachrichten“, war kein subversiver Song, sondern ein Pastiche. Das Lied wurde später, in den 1980er Jahren, subversiv, als die Nahrungsmittelkrise die rumänische Bevölkerung traf. Im Text wird das Wort Telejurnal“ (Nachrichtensendung im Abendprogramm des damaligen Fernsehens) auf caşcaval“ (Gelbkäse nach Emmentaler Art) gereimt, den man nur noch in Propagandasendungen im Fernsehen erblicken konnte, denn in den Läden gab es fast nichts mehr zu kaufen.



    In einer kürzlich abgehaltenen Konferenz erinnerte sich Alexandru Andrieş daran, wie er eine Leidenschaft für die Musik entwickelte, die den Mainstream herausforderte oder verballhornte:



    Ich muss zugeben, dass es einerseits reines Glück war, als die Schwester meiner Mutter, meine Tante, 1966 durch Heirat in die USA auswanderte. Und so hatte ich Zugang zu Büchern und LPs, die hier unerreichbar waren. Ich erinnere mich, dass das Smithsonian Museum eine Art Vinylausgabe amerikanischer traditioneller Musik herausgegeben hat, eine Enzyklopädie, es gab Aufnahmen von 1900 bis heute, mit der Musik von Afroamerikanern, die Blues sangen, mit der Musik der Indianer. Ich wollte diese Enzyklopädie haben und ich wusste nicht, dass es sich tatsächlich um eine Box mit Vinyl-LPs handelte, die sehr schwer wog. Kein Wunder also, dass die Behörden mich herbeigerufen haben, um ihnen zu sagen, was das mit der gro‎ßen Kiste war, die ich aus den USA erhalten hatte.“




    Englisch war ein wichtiger Bestandteil der musikalischen Gegenkultur. Andrieş erinnerte sich, dass der Musiklehrer im Unterricht ziemlich oft einen Plattenspieler mitbrachte und die Musik von den Rolling Stones spielte. Für Andrieş sorgte jedoch die Tatsache, dass Englisch die Sprache der Lieder war, für gro‎ße Unzufriedenheit, und das beeinflusste den Künstler stark.



    Mich störte ungemein, dass ich nicht auf Rumänisch hören konnte, was ich in anderen Sprachen hörte. Und ich wurde deswegen sauer. Natürlich interessierte mich die rumänische Unterhaltungsmusik überhaupt nicht, mit all ihren langweiligen Texten und mit all den Leuten, die ihren Lebensunterhalt damit verdienten, solche Lieder zu schreiben, Songwritern und Sängern, die keine Probleme mit der Zensur hatten. In der damaligen rumänischen Unterhaltungsmusik gab es nur zwei Varianten: Entweder gab es Texte, die nichts Besonderes vermittelten, oder es gab Gedichte von klassischen rumänischen Dichtern, deren Werk veröffentlicht worden war. Und das war der Hauptgrund, warum ich mir sagte, warum nicht einige Songs so schreiben, wie ich sie gerne hören würde. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie live vor dem Publikum singen würde.“




    Die Produkte der musikalischen Gegenkultur der 1980er Jahre waren eine Zeitlang auch nach 1989 noch beliebt. Und das nicht aufgrund der Relevanz, die sie heute — noch? — haben mögen, sondern wegen ihres damaligen subversiven Wertes.

  • „Sofia Nădejde“-Preise für Frauenliteratur verliehen

    „Sofia Nădejde“-Preise für Frauenliteratur verliehen

    Auf der zweiten Gala der Literaturpreise Sofia Nădejde“ für Autorinnen ging der Sonderpreis für eine grenzüberschreitende Literatur an Adriana Babeţi. Der Preis für Dramaturgie ging an Maria Manolescu. Die Schriftstellerin, Literaturkritikerin und Professorin an der Westuniversität Temeswar Adriana Babeți ist eine der bekanntesten rumänischen Schriftstellerinnen der Gegenwart. Die Dilemmas Zentraleuropas“, erschienen 1998 im Verlag Mirton, Le Banat — un Eldorado aux confins“ erschienen an der Universität Paris-Sorbonne, 2007, Prozac. 101 Pillen für Freude“, erschienen im Verlag Polirom, 2009, sind nur einige ihrer Titel. Zusammen mit Mircea Nedelciu und Mircea Mihăieş hat sie den Roman Die Frau im Rot“ geschrieben und 2014 erschien ebenfalls im Verlag Polirom ihr Roman Die Amazonen. Eine Geschichte“. Adriana Babeţi sagt über ihre Bücher, die eine grenzüberschreitende Literatur widerspiegeln:



    Wenn ich eine Bilanz ziehe, kann ich folgendes sagen: Ich habe Bücher über den geographischen Raum des Südostens in der Kultur geschrieben und zwanzig Jahre habe ich für meine Doktorarbeit über den Woiwoden und Wissenschaftler Dimitrie Cantemir recherchiert. Parallel zu dieser Recherche habe ich das entdeckt, was in enger Verbindung zu meiner Biographie und zum Geist des Ortes stand, wo ich geboren wurde und wo ich lebe. Ich habe also angefangen, mich der Kultur und Literatur Zentraleuropas anzunähern. Ich kenne also keine physischen oder kulturellen Grenzen. In meinen Büchern habe ich mich sowohl mit dem Südosten Europas als auch mit dem Balkan und Mitteleuropa befasst. Ich habe sie in ihrer fruchtbaren Komplementarität betrachtet, und nicht im Gegensatz zueinander. Ich habe ein Buch über effeminierte Männer geschrieben, ich dachte aber, ich soll es auch für die Powerfrauen wiedergutmachen und ich glaube, dass dieses Buch, »Die Amazonen. Eine Geschichte«, einen bedeutenden Beitrag dazu trug, dass ich mit dem Preis »Sofia Nădejde« ausgezeichnet wurde. Ich glaube, mit meinem Schreiben bin ich über jede Kulturgrenze, real oder nicht-real, sowie über die Grenzen von Geschlechtern hinweggegangen.“




    Maria Manolescu ist Autorin der Romane Der Gewichtheber aus dem Bukarester Viertel Vitan“, erschienen im Verlag Polirom 2006, und Wie Bluttropfen auf dem Linoleum im Aufzug“, erschienen im Verlag Cartea Românească im Jahr 2010. Die Schriftstellerin ist Gewinnerin des Dramaturgie-Wettbewerbs DramAcum“ und hat an einer Residenz für Dramaturgie am Royal Court Theatre in London teilgenommen. Sie hat die Theaterstücke With a Little Help from My Friends“, Sado-Maso Blues Bar“ und Wie dich selbst“ geschrieben. Im Oktober 2019 fand die Premiere ihres Stückes Das gro‎ße B“ statt, ein Kabarettstück zum Thema Burnout. Die Literaturkritikerin Cristina Modreanu schreibt über Maria Manolescu: Sie ist eine der stärksten Stimmen der Dramaturgie der Gegenwart in Rumänien. Ihre Stücke gehen über die Grenzen der persönlichen Geschichten hinweg und schlie‎ßen diese in eine grö‎ßere Geschichte ein, die den Konflikt der Generationen in den Vordergrund rückt, der in der rumänischen Gesellschaft immer noch sehr aktuell ist.“ Maria Manolescu erzählt über ihr Debüt als Dramatikerin:



    Es war ein glücklicher Moment für mich, das rumänische zeitgenössische Theater erlebte eine ganz gute Zeit. Ich gab mein Debüt als Dramatikerin im Jahr 2006, es war die Zeit, in der DramAcum, eine ausgezeichnete Gruppe rumänischer Regisseurinnen und Regisseure wie Gianina Cărbunariu, Radu Apostol, Andreea Vălean, Alexandru Berceanu und Ana Mărgineanu noch tätig war. Damals machten sie freiwillige Arbeit, um neue Stimmen der Dramaturgie zu entdecken und zu fördern. So haben Dramatikerinnen und Dramatiker wie Peca Ştefan, Mihaela Michailov, Gabi Sandu ihr Debüt im Theater gegeben, mit den von DramAcum organisierten Wettbewerben. Diese Wettbewerbe gaben den jungen Dramatikern die Chance, ein Publikum zu erreichen, indem ihre Stücke gelesen werden konnten und inszeniert wurden. Auch für das Publikum war das ein guter Moment, weil es mit einer neuen Art von Text vertraut wurde, es handelte sich um neue, ambitionierte und alltagsnahe Texte. Dank diesem vorteilhaften Kontext wurden meine Debütexte in öffentlichen Theatern inszeniert, »With a Little Help from My Friends« wurde beim Nationaltheater im ostrumänischen Iaşi auf die Bühne gebracht, und »Sado-Maso Blues Bar«, ein Stück das ich bei einem DramAcum-Residenzprogramm zusammen mit Gianina Cărbunariu geschrieben habe, wurde im Kleinen Theater inszeniert. Im Vergleich zu dem Moment meines Debüts glaube ich, dass das unabhängige Theater eine weniger gute Zeit erlebt, insbesondere weil die Behörde für den Nationalen Kulturfonds ihre Finanzierungen gestrichen hat.“

  • „Poesie beißt nicht“: Lyrik-Tram bimmelt durch die Stadt

    „Poesie beißt nicht“: Lyrik-Tram bimmelt durch die Stadt

    Das Projekt Tramvaiul poeziei“ (Lyrik in der Stra‎ßenbahn“) wird von der NGO Arta nu muşcă“ (Kunst bei‎ßt nicht“) in Partnerschaft mit der Bukarester Stadtverwaltung und der Rumänischen Gesellschaft für öffentlichen Personenverkehr organisiert. Mit diesem Projekt setzen sich die Organisatoren zum Ziel, das Interesse des Publikums an Gedichten zu wecken. Laut dem Kulturbarometer 2018 erklärten 69% der Rumänen und 46% der Bukarester, sie hätten kein Buch in dem Jahr gelesen, lediglich 9% der Befragten lesen laut der Umfrage fast täglich.



    Das Projekt Lyrik in der Stra‎ßenbahn“ begann am 10. September und endete Anfang Oktober. Die Bukarester, die in die gelbe Stra‎ßenbahn eingestiegen sind, haben sich der Möglichkeit erfreut, Gedichte zu lesen und zu hören, mit Jazzmusik im Hintergrund 100 Gedichtbände durchzublättern, die den Reisegästen in der Stra‎ßenbahn zur Verfügung standen. Loredana Munteanu ist Gründerin und Koordinatorin des Projektes Kunst bei‎ßt nicht“:



    Alles hat dieses Jahr am Welttag der Poesie am 21. März angefangen; aus diesem Anlass haben wir ein ähnliches Event in einer Stra‎ßenbahn organisiert, und die Reaktionen waren positiv, das Event war ganz gut besucht. Wir haben beschlossen, die Idee weiterzuführen und die Poesie sozusagen auf die Stra‎ße zu bringen, das hei‎ßt näher an das Publikum. Das Event hie‎ß »Poesie bei‎ßt nicht«. Zu Gast hatten wir Dichter, die zahlreichen Begeisterten der Gedichte aus ihren Bänden vorgelesen haben. Als zweiten Schritt haben wir eine interaktive Bibliothek eingerichtet und Dichter zu zahlreichen Events eingeladen.“




    Auf der ersten Reise mit der gelben Tram waren überall in den Wagen Zitate aus berühmten rumänischen Dichtern zu lesen, wie Mihai Eminescu, George Bacovia, Lucian Blaga, Geo Bogza, Nichita Stănescu, Magda Isanos, Tudor Arghezi, Cristian Popescu. Für die Reisegäste gab es auch ein Musik- und Gedichtrezital der Schauspielerin Silva Helena Schmidt und des amerikanischen Künstlers Warren Walker. Wie die Reisegäste darauf reagiert haben, erläutert Loredana Munteanu:



    Viele Menschen, besonders Jugendliche, haben gesagt, sie sind sich dessen bewusst geworden, dass sie mehr lesen und weniger Zeit mit dem Tablet oder Smartphone verbringen sollen. Andere dachten am Anfang, sie wären in die falsche Stra‎ßenbahn eingestiegen, und als wir ihnen erklärten, worum es geht, sagten sie, so eine Veranstaltung gab es noch nie in Bukarest. Es gab auch andere Reisegäste, die nur für eine kurze Zeit in Rumänien waren und sagten, die Idee sei ihnen aus anderen Ländern bekannt. Es hat mich gefreut, das zu hören, ein ähnliches Projekt gab es allerdings erstmals 2013 in Hong Kong.“

  • „Melancolia“: Neuer Roman von Mircea Cărtărescu thematisiert Einsamkeit

    „Melancolia“: Neuer Roman von Mircea Cărtărescu thematisiert Einsamkeit

    Nach dem internationalen Erfolg des Romans Solenoid“ bringt Mircea Cărtărescu sein neues Buch auf den Markt. Melancolia“ ist eine nostalgische Erinnerung an die Kindheitsjahre, die in einer tiefen Traumatmosphäre vergehen. Gleicherma‎ßen realistisch und oneirisch, mit starken Merkmalen seiner Prosa und jedoch anders als andere Romane des Schriftstellers, ist dieses Buch über Einsamkeit, Hingabe, Liebe und Heldentum bereits sehr beliebt unter den Lesern. Auf der Buchmesse Bookfest 2019 wurde Melancolia“ zum meistverkauften Buch erklärt.



    Wie der Literaturkritiker Cosmin Ciotloș sagte, sei Mircea Cărtărescu mit Melancolia” eine Offenbarung seiner Innenwelt gelungen, mit der er seinen Lesern die Empfindsamkeit des Schriftstellers näher bringt. Mircea Cărtărescu erläutert, wie sein Roman entstanden ist:



    Das ist nicht ein Buch, das eine neue Etappe in meiner Schöpfung bringt. »Melancolia« ist, genau wie andere Bücher, die ich geschrieben habe, ein unabhängiger Roman, der in keiner Verbindung zu anderen Romanen steht. Es ist nicht das wichtigste Buch in den Jahrzehnten, seitdem ich schreibe, es ist mit anderen meiner Bücher zu vergleichen — etwa mit »Warum wir die Frauen lieben«, »Die schönen Fremden«, »Nostalgia«, »Travesti«. Meine Bücher gehen nicht in eine ideale Richtung. Meine Kraft als Schriftsteller wird nicht grö‎ßer mit der Zeit. In den letzten 40 Jahren habe ich nichts aus der Literatur gelernt, bin nicht besser geworden. Ich bin derselbe geblieben, habe eine zeitfreie Zone in der Literatur entdeckt, die ich als meine eigene bezeichnen könnte, ich habe versucht, sie zu erforschen und sie mit jedem neuen Buch zu erobern.“




    Auf der Buchvorstellung sagte die Schriftstellerin Ioana Pârvulescu, Melancolia“ sei ein vollkommenes Buch, mit dem es Mircea Cărtărescu erneut gelinge, die Wörter mit neuen Bedeutungen zu bereichern, eine Leistung, die den gro‎ßen Schriftstellern eigen ist. Melancolia“ entstand zwei Jahre nach Solenoid“, sie war ursprünglich eine Erzählung, die in den Band nicht mehr reinpasste. Mircea Cărtărescu:



    Die Erzählung hie‎ß ursprünglich »Das Spiel« und, ehrlich gesagt, habe ich sie nicht so ernst genommen, sie war wie ein Spielzeug. Die erste Erzählung, die ich für den Roman plante, hei‎ßt »Punţile« (»Die Brücken«) und ist die Geschichte eines Kindes, das von seiner Mutter verlassen wurde. Es ist nicht leicht, eine Geschichte von 40 Seiten über ein 5-jähriges Kind zu schreiben, das von seiner Mutter verlassen wird. Auch in dieser Erzählung geht es um die Trennung von der Mutter, das hei‎ßt eines der ersten Traumata, die wir alle erleben. Wir erleben das Trauma der Geburt, das Verlassen des physischen und dann des psychologischen Mutterleibs. Bis ins Alter von 4 oder 5 Jahren sind wir total abhängig von unseren Müttern. Wir alle erleben das Trauma eines zweiten Abstillens sozusagen und das thematisiere ich in der ersten Erzählung. Aber in meiner Erzählung ist das zweite Abstillen, das das Kind mit 5 Jahren erlebt, diesmal real — die Metapher wird zur Wirklichkeit. Die Mutter verlässt das Kind und es bleibt allein mit diesem Trauma. Die Situation ist natürlich erschreckend für das Kind, denn ohne unsere Mütter sind wir alle wie ein Erwachsener ohne Gott. Das ist die Situation des Kindes in der ersten Erzählung und so beginnt auch die Melancholie, ein Gefühl, das uns das ganze Leben lang begleiten wird, dass jemand unsere Hand hält und dann loslässt. Zuerst macht das die Mutter, dann die Geliebte, dann Gott. Das Alleinbleiben ist das zentrale Thema der Erzählung, einer metaphysischen Erzählung.“




    Die Bücher von Mircea Cărtărescu wurden weltweit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der Roman Nostalgia“ erhielt 2005 den Literaturpreis Giuseppe Acerbi“ in Italien. Dem rumänischem Schriftsteller wurde 2012 der Preis Haus der Kulturen der Welt“ und im kommenden Jahr der Internationalen Literaturpreis in Berlin verliehen. Zu den internationalen Auszeichnungen von Mircea Cărtărescu zählen zudem der Gro‎ße Preis des Internationalen Lyrikfestivals“ Novi Sad (2013), der Preis Tormenta en un vaso“, Spanien (2014), der Preis Euskadi de Plata“, San Sebastian (2014). Der mehrfach preisgekrönte Schriftsteller erhielt 2015 den Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung und den Staatspreis Österreichs für Europäische Literatur, den Literaturpreis Leteo, Spanien (2017), sowie Premio Formentor de las Letras“.

  • Sammelband thematisiert Rolle der Rumänischlehrer im Unterricht

    Sammelband thematisiert Rolle der Rumänischlehrer im Unterricht

    In seinem Buch Prof de limba română“ (Rumänischlehrer“) trägt der Autor Geschichten engagierter Lehrer zusammen, die mit einem unzeitgemä‎ßen Schulsystem kämpfen und sich anstrengen, bei der jüngeren Generation den Spa‎ß am Lesen zu wecken. Der Band Prof de limba română“ (Rumänischlehrer“) des Verlegers Cristian Cosma ist laut Aussage des Autors eine andere Art von Anthologie“ die sich zum Ziel setzt, die Situation der zeitgenössischen Literatur und die Rolle der Rumänischlehrer im heutigen Kulturraum wieder in die Aufmerksamkeit der Literaturbegeisterten zu bringen:



    Die prekäre Situation der rumänischen Schriftsteller lässt sich einigerma‎ßen dadurch erklären, wie wir ihre Mission verstehen. Das ist als ob wir mit der Motorsäge Bäume fällen würden, weil sie alt sind oder um das Aussehen der Stadt zu verbessern, anstatt uns an Experten in diesem Bereich zu wenden. Die Rumänischlehrer zählen zu den wenigen Experten im Literaturbereich. In der Buchindustrie gibt es viele Experten auf Papier, die anderen bleiben unbemerkt, weil sie vor 20–30 Schülern sitzen oder stehen, mit der erhöhten Bürokratie im Bereich kämpfen, zeitgleich halten sie ihr Wissen auf dem neusten Stand, sie lesen viel, sie wissen, welche Autoren auf die jüngsten Buchmessen auftreten.“




    Dumitriţa Stoica ist Rumänischlehrerin am Gymnasium Gheorghe Lazăr“ in Bukarest und Autorin von zwei Romanen: Nu mă atinge“ (Rühr mich nicht an“), der 2011 im Verlag Humanitas erschien, und La marginea lumii“ (Am Rande der Welt“), der 2018 im Verlag Cartea Românească erschien. Die Lehrerin hat ihren Beitrag zum Band von Cristian Cosma gebracht:



    Es handelt sich um eine Sammlung von Geschichten über Schule, Leben, Erfahrungen der Lehrer, die verschiedenen Generationen angehören, und die Texte decken einen gro‎ßen Zeitraum ab. Ich habe vorerst nur den ersten Band gelesen, der zweite enthält Erinnerungen von Lehrern, die in den 1950er und 60er Jahren unterrichtet haben. Die jüngsten Lehrer, die ihre Erfahrungen in diesem Buch teilen, unterrichten seit zwei oder drei Jahren. Das Buch würde ich als sehr lebendig beschreiben, denn all diese Geschichten hat jemand erlebt und sie werden meistens mit viel Humor erzählt. Andere weisen hingegen tragische und komische Merkmale auf, und das Bild der Schule, das dieser Band vermittelt, ist sehr echt. Viele Texte erzählen von der Verwirrung, in die wir geraten sind, denn die Schule entfernt sich langsam von der rumänischen Literatur und von der Geisteskultur.“




    Die Lehrerin Dorica Boltaşu Nicolae ist der Ansicht, dass die Schule zu einem steifen Mechanismus geworden ist, die Struktur der rumänischen Schule sei unzeitgemä‎ß und entspreche nicht den Ideen der jungen Generation, glaubt sie. Mit dem System umzugehen, sei auch nicht einfacher, für wen vor der Klasse sitzt:



    Allzu oft fühle ich, dass ich vom System verschluckt werde. Mit dem Literaturunterricht stecken wir auch in einer Sackgasse meiner Meinung nach. Das ist durch mehrere Gründe zu erklären, zum einen wurde die Zahl der Unterrichtsstunden stark reduziert, der Schulplan ist auch nicht befriedigend, dasselbe kann man über die Prüfungen sagen. Die Mentalität der jetzigen Generation von Gymnasialschülern ist auch anders als zuvor, dasselbe gilt auch für ihren Erwartungshorizont, sie nehmen einfach nicht alles an, sie erwarten etwas von uns und wir strengen uns wirklich an, ihre Erwartungen zu verstehen und zu erfüllen, das tun nicht mal ihre Eltern.“




    Die Pubertät bereitet viele Schwierigkeiten, dieses Alter ist sehr schwierig aus affektiver Sicht, und im Universum der Fiktion sollten sich die Teenager wohl fühlen. Die Lehrerin ist der Ansicht, dass der Schulplan verbessert werden soll, damit er den Schülern die Literatur näher bringt und bei der jüngeren Generation den Spa‎ß am Lesen weckt:



    Die Diskussion ist sehr vielseitig, so sind auch die Ursachen, einige davon sind wirklich kaum zu glauben, so zum Beispiel das dritte Thema beim Abitur. Dieses Thema sieht das auswendige Lernen von Literaturkritik vor und das ist alles, man soll dafür nichts lesen. Wie ich als Lehrerin feststelle, müssen die Schüler mehr auswendig lernen als selbst lesen und die literarischen Werke verstehen. Eine Änderung der Struktur des Rumänischunterrichts ist meiner Meinung nach zu diesem Zeitpunkt unentbehrlich.“




    Die Anthologie, die Cristian Cosma zusammengestellt hat, thematisiert sowohl die Zufriedenheit als auch die Herausforderungen der Rumänischlehrer von heute:



    Neben kurzen Geschichten über Versuche engagierter Lehrer, den Schülern die Literatur näher zu bringen, bleibt das Grundproblem des rumänischen Schulwesens, dass es als veraltet gilt und eine gründliche Reformierung braucht. Ohne eine Änderung bis ins Einzelne wie zum Beispiel die Änderung der Struktur des Abiturs im Fach Rumänische Sprache und Literatur fällt es uns sehr schwer, mit dem jetzigen Phänomen zu kämpfen, dass die Bücher uns so fremd geworden sind und dass die Schüler den Spa‎ß am Lesen verloren haben. Der Autor schlie‎ßt jedoch mit einer optimistischen Note, weil die Lehrer, die er zu diesem Thema befragt, engagierte Lehrer sind, die ihren Beruf lieben und sehr entschlossen glauben, dass ihr Engagement etwas verändern kann.“




    Zum Band Rumänischlehrer. Eine Anthologie andersartiger Texte“ haben auch Ana Boariu, Ohara Donovetsky, Mariana Jitari, Ivona Munteanu, Viorica Răduţă, Adrian Săvoiu und Olga Ştefan ihren Beitrag gebracht.

  • Lyrik-Festival „Gellu Naum“: wegen Finanzknappheit nur einen Tag anberaumt

    Lyrik-Festival „Gellu Naum“: wegen Finanzknappheit nur einen Tag anberaumt

    Das Nationale Literaturmuseum in Bukarest hat am 1. August zusammen mit der Stiftung Gellu Naum“ zum 104. Jahrestag der Geburt des Dichters das vierte gleichnamige Festival organisiert. Zwischen 1933 und 1937 studierte Gellu Naum an der Universität Bukarest Philosophie. 1938 ging er auf Anraten seines Freundes, des surrealistischen Malers Victor Brauner, nach Paris, wo er das Philosophiestudium an der Sorbonne weiterführte. Seine Doktorarbeit beschäftigte sich mit Pierre Abélard. In Frankreich trat er, animiert von André Breton, in den Kreis der Surrealisten ein. Im Jahr 1939 kehrte er zurück nach Rumänien, wo er in die Armee eingezogen wurde. 1944 erkrankte er an den Spätfolgen des Aufenthaltes in der Armee.



    Im Jahr 1941 entstand der Kreis der Surrealisten Rumäniens, bestehend aus Gellu Naum, Gherasim Luca, Dolfi Trost, Virgil Teodorescu und Paul Păun. Ihre Aktivität war in den Jahren 1945–1947 besonders intensiv. Breton äu‎ßerte sich seinerzeit dazu: Das Zentrum der Welt ist nach Bukarest gezogen.“ Anfang des Jahres 1948 wurde die Gruppe der Surrealisten in Rumänien verboten und sie löste sich auf. Die Texte von Gellu Naum — au‎ßer einigen Kinderbüchern — durften zwanzig Jahre lang nicht erscheinen. 1968 wurde das Publikationsverbot aufgehoben und er veröffentlichte weitere Gedichtbände, so zum Beispiel Athanor“ (1968), Mein müder Vater“ (1972), Ausgewählte Gedichte“ (1974). Ab 1990 wurde er häufig nach Deutschland, Frankreich und in die Schweiz eingeladen, um dort aus seinen Werken vorzulesen. Seine Werke wurden in die wichtigsten Sprachen übersetzt und mit Preisen ausgezeichnet, u.a. 1999 mit dem Preis der Stadt Münster für Europäische Poesie. Der Dichter ist am 29. September 2001 verstorben. Das Festival, das seinen Namen trägt, feiert die Lyrik des Dichters seit vier Jahren, dieses Jahr seien die Finanzmittel für die Veranstaltungen stark gekürzten worden, sagt der Intendant des Literaturmuseums, Ioan Cristescu:



    Dieses Jahr wäre unser Festival fast eingestellt worden. Wir haben aber alles Mögliche unternommen, um die Partnerschaft mit der Stiftung »Gellu Naum« und mit der Schriftstellerin Simona Popescu weiterzuführen. Wir haben uns entschieden, einen einzigen Festivaltag zu organisieren und die Ausgaben stark zu reduzieren, aber auf die Veranstaltung nicht zu verzichten. Auf dem Programm standen, wie jedes Jahr, Lesungen aus den Werken junger Dichter. Die Veranstaltung fand im Garten des Museums statt und wurde sehr gut besucht. Der Pianist Mircea Tiberian und der Flötist Ion Bogdan Ştefănescu haben den Abend musikalisch begleitet.“




    Mit dem Rundtischgespräch Gellu Naum — kritische Perspektiven“ haben die Organisatoren versucht, einen Dialog zwischen unterschiedlichen Zeiten und Räumen zu schaffen, um das Erbe der rumänischen Dichtung und die zeitgenössische Kultur wieder in die Aufmerksamkeit zu bringen. Ioan Cristescu kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:



    Voriges Jahr haben wir ein internationales Festival organisiert und hatten viele Künstler aus Europa zu Gast, die die Gedichte von Gellu Naum kannten. Gellu Naum bleibt ein Symbol der europäischen Avantgarde, und das Interesse für seine Lyrik bleibt europaweit bestehen. Mit jeder Ausgabe des Festivals erfährt sein Werk mehr Anerkennung. Gellu Naum ist ein bedeutender Vertreter der europäischen Avantgarde der Nachkriegszeit.“

  • „Planetarisch“: Science-Fiction-Literaturkreis neugegründet

    „Planetarisch“: Science-Fiction-Literaturkreis neugegründet

    Der Literaturkreis Planetar“ wurde 1992 gegründet und war ein wichtiges Sprungbrett für rumänische Science-Fiction-Autoren. Mehr als 10 Jahre versammelte der Schriftsteller Constantin Pavel jede Woche eine Handvoll Wissenschafts- und Sci-Fi-Enthusiasten wie Traian Bădulescu, Codru Păun, Răzvan Varlan, Andrei Ionescu, Cătălin Ştefan, Liviu Surugiu u.a.m. Es war ein Ort, der eine gro‎ße Anzahl von Schriftstellern, Wissenschaftlern, Journalisten und Grafikern beeinflusste. Diese erlangen später Anerkennung in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen.



    Nachdem sie ihre eigenen Wege gingen und Erfolg ernteten, überlegten sie, den Planetarischen Literaturkreis wiederzueröffnen. Denn auch neue, junge Talente sollten die Möglichkeit haben, ihre Leidenschaft weiterzuentwickeln. Bei der Auftaktveranstaltung baten wir den Gründer Constantin Pavel, uns ein paar Details über seine Geschichte zu erzählen:



    Wir wollten einen literarischen Kreis gründen. Doch es war durchaus nicht einfach. Schlie‎ßlich fand ich Unterstützung bei einem Geschichtslehrer an unserem damaligen Gymnasium. Ich stellte überall Flyer auf, wir leiteten die Nachricht über die Gründung an unsere Freunde weiter. Und unsere Freunde kamen. Es war ein ziemlich kleines Klassenzimmer. Ich trug einen blauen Anzug, ein Hemd und eine Krawatte, hatte auch eine schicke Aktentasche dabei. Und die Kinder liebten es. Die Gruppe bildete sich sofort.“




    Die Gruppe traf sich an verschiedenen Orten, unter anderem in einer Sportarena im Bukarester Stadtviertel Giuleşti. Constantin Pavel erzählte uns, wie sich das alles entwickelte:



    Am Ende landeten wir, mit Unterstützung des Astronomen Harald Alexandrescu, dem Direktor des Astronomischen Observatoriums, im Bukarester Observatorium »Admiral Vasile Urseanu«. Dort blühte der literarische Kreis auf, wir hatten zwei wunderbare Jahre und sechs oder sieben weitere, bis er verblasste, aber während dieser Zeit nahm das 60 oder 70 Mann starke Team an den meisten Sci-Fi-Veranstaltungen im Land teil, und »Planetar« machte sich einen Namen.“




    Constantin Pavel erzählte uns auch, wie sich der Name für den Literaturkreis aus einer verspielten Idee wie von selbst kam:



    Ich hatte die Idee, mit Legosteinen zu spielen. Ich bekam das Set von einem Onkel, der Pilot war. Es war ein Lego-Set mit Astronauten. Sie hatten eine Flagge, und auf der Flagge hatten sie ihr Logo, einen Planeten und ein Pfeil, der den Weg eines Schiffes darstellte, das den Planeten verlie‎ß. So kam ich auf die Idee, einen literarischen Kreis namens »Planetar« (dt. »Planetarisch«) zu gründen. Das Leben hat uns alle in verschiedene Richtungen geführt, aber ich war sehr glücklich, dass einige au‎ßergewöhnliche Menschen von dort gro‎ß hinausschossen in ihrer Karriere als Schriftsteller. Was wir weiterhin tun werden, wird sich ein wenig von dem unterscheiden, was wir im alten Literaturkreis getan haben, aber es geht in die gleiche Richtung. Es wird ein Zentrum sein, in dem wir jeweils einen Satelliten übernehmen können. Wir planen, in verschiedenen Schulen Kreise zu eröffnen. Ich denke, die Leute sind gespannt darauf.“




    Traian Bădulescu war 15 Jahre alt, als er in den Kreis kam, der ihm half, sich zu entfalten:



    Ich bin sehr froh, dass wir den Literaturkreis neugegründet haben. Als wir uns 1992 zum ersten Mal trafen, waren wir keine 20 Jahre alt. Es war eine Zeit, in der sich die Menschen häufiger trafen, vor der Internet-Ära, vor den Mobiltelefonen. Es war sehr interessant, doch ich glaube nicht, dass wir zu dem Zeitpunkt die Bedeutung des ganzen Vorhabens begriffen. »Planetar« hat mein Leben verändert. Es ging nicht nur um Science Fiction, es ging auch um Avantgarde. Es hat uns allen im Leben sehr geholfen. Ich erinnere mich, dass ich 1991 mit einem Kollegen in den Bukarester Veranstaltungssaal »Dalles« gegangen bin, wo Mihai Bădescu und Alexandru Mironov jeden Sonntag einen Sci-Fi-Film zeigten und dann darüber diskutierten. Das war wirklich interessant. Ich habe zu Beginn mit dem Schreiben nur geflirtet, aber danach habe ich angefangen, ernsthaft zu schreiben. Irgendwann hatten wir zweimal pro Woche Sitzungen, und wir dachten, es sei unsere Pflicht, für jede Sitzung etwas zu schreiben. Wir waren die Kritiker des jeweils anderen und wir schrieben viel.“




    Ein weiterer Name, der unter den Mitgliedern des Literaturkreises herausragte, war Liviu Surugiu, dessen Debüt in der Science-Fiction-Literatur 1994 stattfand. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Sein jüngstes veröffentlichtes Werk, Pulsar“, verkaufte sich bis 2017 über 6.000 Mal. Er erzählte uns von dem Kreis:



    Ich blicke mutig in die Zukunft, wir haben viel Zeit, um von jetzt »lang und in Frieden« zu leben. Wir sollten die Bedürfnisse derjenigen ermitteln, die beitreten wollen, die wir anziehen wollen. Ich liebe Assoziationen. Wenn ich den Buchstaben A sehe, denke ich an das Bild in der Fibel, das ein Tier abbildete, dessen Namen mit dem Buchstaben A begann. Wenn ich ein B sehe, denke ich an einen Ballon. Wenn ich an den Literaturkreis »Planetar« denke, denke ich nicht zuerst an den Verlag, auch wenn er eine Vormachtstellung in der Veröffentlichung der einschlägigen Literatur hat. Ich denke an die Satelliten-Literaturkreise, die wir erschaffen werden.“




    Der literarische Kreis wird Zugriff zur Bibliothek Ion Hobană“ haben. Die Bibliothek ist eine Stiftung des gleichnamigen berühmten Science-Fiction-Autors und eine Quelle seltener Fachbücher, die allen Mitgliedern zur Verfügung stehen werden.