Tag: Literatur

  • Romantik und Nationalbewusstsein im 19. Jh.: Rumänischer Raum schöpfte aus unterschiedlichen Quellen

    Romantik und Nationalbewusstsein im 19. Jh.: Rumänischer Raum schöpfte aus unterschiedlichen Quellen

    Ein Erzeugnis des westlichen Denkens, wurde die Romantik oft als Reaktion auf den Universalismus der Klassik und der weltbürgerlichen Gesellschaft betrachtet. Die Traditionen, die Vergangenheit und die Sprache einer Gemeinde, die von all ihren Mitgliedern geteilt werden, galten als Fundamente der Weltanschauung der Romantik. Der Nationalstaat war somit die politische Ausdrucksweise der Ideen der Romantik. Die rumänische Romantik machte dabei keine Ausnahme. Es war die erste Synchronisierung des rumänischen Raumes mit dem Gedankengut des Westens. In den drei rumänischen Fürstentümern kamen die Einflüsse der Romantik aus zwei Richtungen: in der Moldau und der Walachei aus der französischen Welt und im damals zu Österreich-Ungarn gehörenden Siebenbürgen aus dem deutschsprachigen Raum. Dazu hören Sie mehr aus dem folgenden Beitrag von Steliu Lambru in unserer Geschichtsreihe Pro Memoria.



    Wir haben den Literaturhistoriker und Politikwissenschaftler Ioan Stanomir gefragt, woraus das Gedankengut der Romantik bestand und wie dieses im rumänischen Raum aufgenommen wurde.



    Die Romantik im europäischen und im rumänischen Raum projiziert ein neues Bild auf die ethnischen Gemeinschaften. In diesem Bild findet eine Neuerfindung ihrer Identität statt. Man fängt mit der Erforschung eines archäologischen und kulturellen Erbguts an und schlie‎ßt mit der Schaffung eines Pantheons, in dem die Väter des Volkes und dessen Vorbilder stehen. Es ist eine Art Rezept, das im Westen Europas Verbreitung findet und mit einer beträchtlichen Verspätung im rumänischen Raum ankommt. Wenn wir aus der Perspektive der ästhetischen Reinheit sprechen, handelt es sich um eine zusammengesetzte und eklektische Romantik. Zahlreiche rumänische Romantiker haben klassische Schriftstücke verfasst. Denken wir nur an Grigore Alexandrescu. Andere sind ursprünglich Romantiker, werden aber letztendlich zu Klassikern, wie im Fall von Vasile Alecsandri. Es gibt nicht sehr viele reine Romantiker. Deren Romantik ist oft grell und auch heute unlesbar, wie im Fall von C.A. Rosetti. Die rumänische Romantik übernimmt das europäische Rezept im Sinne der Neuerfindung des Ichs. Wir haben eine ganze Reihe von Bildern, von Ruinen bis zu den Urahnen, und es werden schlie‎ßlich die Kriegstaten der Vergangenheit evoziert.“




    Die Eliten in der Walachei und in der Moldau beriefen sich in ihren Bemühungen um Modernisierung und Staatlichkeit auf die französische Romantik, während für die Rumänen, die im Habsburger Reich lebten, die deutsche Romantik dominierend war.



    Der Hauptunterschied zwischen den beiden hängt mit der Definition der Nation zusammen. Die deutsche Romantik war in einer gewissen Hinsicht organisch, konservativ und xenophob. Deren Einfluss sieht man nicht so sehr bei den Vertretern der 1848er Revolution wie bei dem Nationaldichter Eminescu. Er wurde stark durch die deutsche Romantik beeinflusst. In Siebenbürgen spürt man den Einfluss der Aufklärung nach Art des Josephinismus und die Kontaminierung mit revolutionärer Ideologie. Aber die Revolution in Siebenbürgen ist paradoxal, weil sie aus europäischem Gesichtspunkt als Konterrevolution gedacht war, als Reaktion auf die xenophoben Exzesse einer ausdrücklich europäischen Revolution, so wie die ungarische gewesen ist.“




    Die Revolution von 1848 war der Höhepunkt des Ausdrucks der rumänischen Romantik. Es war der Anfang der Reformen und der Modernisierung im rumänischen Raum. Ioan Stanomir:



    Die rumänische Romantik ist deckungsgleich mit der 1848er Revolution. Alle in diesem Familienbild waren mehr oder weniger erfolgreich in der Politik involviert, was zu der Bildung von kulturell-literarischen Gesellschaften beigetragen hat. Es handelte sich zunächst um geheime, im Exil gegründete Gesellschaften, die bei der Rückkehr aus dem Exil in den Jahren 1860-1870 dann öffentlich auftraten und wirkten, womit diese Generation praktisch erschöpft war. Es hängt sehr stark von der Langlebigkeit der Romantiker ab. Wir haben Romantiker, die in ein Schattendasein treten, wie etwa Grigore Alexandrescu, alte Romantiker, die Perioden von Mutationen und Wandlungen durchqueren, wie Heliade-Rădulescu, exponentielle und danach im Kommunismus manipulativ dargestellte Romantiker wie Nicolae Bălcescu, der schlie‎ßlich durch seinen heldenhaften Tod in den Kanon aufgenommen wurde. Es gibt Romantiker, die ihre literarische Karriere aufgeben und sich vollständig der Politik widmen, wie C. A. Rosetti. Es gibt andere Romantiker wie Cezar Bolliac, der mehr ein Journalist ist als ein Dichter. Es ist ein Familienbild, dessen Protagonisten der Literaturwissenschaftler Paul Cornea sehr treffend als ‚Wegeröffner‘ bezeichnete“.




    Die Romantik wurde mit der Zeit zum kulturellen Referenzmodell. So entstand die standardisierte Kultur oder der Kanon.



    Wenn wir uns auf eine bestimmte mechanische und verzerrte Rezeption beziehen, würde ich Dimitrie Bolintineanu nennen. Er wird besonders für seine historischen Legenden erwähnt, die eine Art kleiner Leitfaden des 1848er Patriotismus ist. Die historischen Legenden waren ein Verhaltenskodex und zugleich ein Instrument zur Mythologisierung einiger historischer Figuren. Was diese kanonische Projektion jedoch ausgelassen hat, war gerade das tiefste und meist vibrierende Werk Bolintineanus, das Gedicht »Conrad«, das ein rumänisches Pendant zu Byrons Versepos »Childe Harolds Pilgerfahrt« ist. Der Byronismus war eine Mode, der die rumänischen Romantiker nicht entgehen konnten.“




    Die nationale Einheit ist in der romantischen Auffassung der Schlüssel zur nationalen Modernisierung und Emanzipierung, sagt Professor Ioan Stanomir.



    Die nationale Einheit ist ein Ausdruck, der seine Existenz dem Diskurs der 1848er Revolution zu verdanken hat. Was wir heute als kanonisch betrachten, etwa den Fürsten Michael der Tapfere, war die Erfindung von Florian Aaron und Nicolae Bălcescu und speziell des Herrschers Gheorghe Bibescu, der anlässlich offizieller Zeremonien den Mantel des mittelalterlichen Fürsten anzieht. Das nationale Bewusstsein ist eine anachronische Formel, die dann zum Zuge kommt, wenn Verhaltensweisen zu rechtfertigen sind, die keinen Zusammenhang mit ihrer ursprünglichen Bedeutung in der Epoche haben. Die Romantiker der 1848er Revolution strebten mit Sicherheit die Vereinigung der Fürstentümer an. Was Siebenbürgen und das Banat anbelangt, waren die Dinge kompliziert, denn dort gab es eine föderalistische Strömung, der eher in Richtung Mitteleuropa blickte und weniger über die Karpaten. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass das Verhältnis der siebenbürgischen und Banater Romantiker zum Österreichischen Reich kompliziert war. Viele von ihnen stellten sich unter das Banner des Imperiums, um dem ungarischen Republikanismus standzuhalten.“




    Die Romantik war eine Strömung der Kunst, ein politisches Modell und eine gesellschaftliche Tendenz, die auf Emotionen basierte. Gerade diese Emotionen sicherten ihr über die Zeit ein positives Bild und lie‎ßen ihr den Eindruck fortschrittlicher Entwicklungen anheften.

  • Schriftstellerin Nora Iuga: „Ich danke dem genialen Ingenieur“

    Schriftstellerin Nora Iuga: „Ich danke dem genialen Ingenieur“

    Die Schriftstellerin und Literaturübersetzerin Nora Iuga wurde mit dem Nationalen Verdienstorden im Rang eines Kommandeurs für die Hingabe und die Begabung“ ausgezeichnet, mit der sie zur Förderung des Bildes Rumäniens im Ausland beigetragen hat. Das ist nicht die erste Auszeichnung dieser Art, die die 86-jährige Literatin erhält. Bereits 2015 war sie mit dem Bundesverdienstkreuz im Rang des Kavaliers der deutschen Botschaft in Bukarest geehrt worden. 2007 hatte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung das Engagement der Schriftstellerin zur Förderung der deutschen Kultur im Ausland anerkannt und ihr den Friedrich-Gundolf-Preis verliehen.



    Nora Iuga ist Autorin von rund 20 Gedichtbänden, darunter: Vina nu e a mea“ (Ich bin nicht schuld“), herausgegeben im Jahr 1968; Captivitatea cercului“ (Die Gefangenschaft des Kreises“), ein im Jahr 1970 veröffentlichter Band, der später zensiert und für sieben Jahre aus dem Buchhandel zurückgezogen wurde; Opinii despre durere“ (Ansichten über den Schmerz“, veröffentlicht im Jahr 1980); Inima ca un pumn de boxeur“ (Das Herz ist wie die Faust eines Boxers“, 1986, 2000); Piaţa cerului“ (Der Platz des Himmels“, 1986); Spitalul manechinelor“ (Das Krankenhaus der Schaufensterpuppen“, 1998, 2010); Petrecere la Montrouge“ (Feier in Montrouge“, 2012); Câinele ud e o salcie“ (Der nasse Hund ist eine Weide“, 2013); Ascultă cum plâng parantezele“ (Hör, wie die Klammern weinen“, 2016).



    Die Erinnerung der ersten gedichteten Verse sei noch lebendig, sagt Nora Iuga. Es war in Sibiu (Hermannstadt) und sie war Gymnasiastin der neunten Klasse:



    Ich schrieb die Hausaufgaben in der ärmlichen Küche des Elternhauses in Sibiu. Auf dem Tisch lag ein Lehrbuch und ein Notizheft, mein Vater übte auf der Geige in einem anderen Zimmer. Das war der Moment, als ich das erste Gedicht schrieb. So hat für mich alles angefangen. Mit diesem Moment, mit dem ersten Gedicht, ist die Frau, die Künstlerin, der neugierige Geist Nora Iuga auf die Welt gekommen. Der neugierige Geist ist mit den Jahren stärker geworden, ihm habe ich meine Fähigkeit zu verdanken, die Wunder der Natur, die Himmelserscheinungen, ein Polarlicht alleine entziffern zu können. Ich versuche stets, mir selber so viel wie möglich beizubringen und die Sachen um mich herum gründlich zu verstehen. Das kommt mir oftmals wie der Beginn der Philosophie vor, weil ich mir selbst dieselben Fragen stelle, die damals im Umlauf waren. Es gefällt mir nicht, zu lesen, wie andere die Welt erklären. Ich wei‎ß, es ist lächerlich, wenn ein Intellektueller das einräumt, aber es bereitet mir eine riesige Freude, wenn ich alleine Rätsel aufkläre.




    Die Schriftstellerin und Dichterin überrascht fast jedes Jahr ihre Leser mit einem neuen Gedicht- oder Prosaband. Die positiven Pressestimmen lassen jedes Mal nicht lange auf sich warten. Dasselbe gilt auch für den Gedichtband Hör, wie die Klammer weinen“, der voriges Jahr im Verlag Cartea Românească erschien und von der Jury der Gala junger Schriftsteller zum Gedichtbuch des Jahres 2016 ausgezeichnet wurde. Nora Iuga sagt jedoch:



    Ich habe mir nie vorgenommen, die Schülerin des Jahres zu werden. Alles, was ich bisher machte, machte ich mit gro‎ßem Vergnügen, und Gott oder der geniale Ingenieur, wie ich ihn nennen mag, hat sich um mich gekümmert und mir eine erstaunliche Kraft gegeben. Es stimmt, dass in den letzten fünf oder sechs Jahren ein Band von mir jährlich erschienen ist, egal ob Prosa oder Lyrik. Dieses schnelle Tempo habe ich hauptsächlich der Einsamkeit zu verdanken. Eine totale Einsamkeit, die jemand mit meiner Lebensfreude nicht ertragen kann. Ich will mein Leben mit etwas füllen, das mich spüren lässt, dass ich lebe. Was mich am Leben hielt, ist meine Überzeugung, dass ich dieser Welt noch etwas zu schenken habe. Ich fühle mich gezwungen, jedes Mal etwas zu schenken, und das macht mich glücklich. Ich kann behaupten, dass ich in meinem Alter ein leistungsfähiges Gehirn habe und dafür danke ich noch einmal dem genialen Ingenieur.“




    Nora Iuga ist eine Anhängerin der Avantgarde, ihrer Meinung nach hätten wir dem Experiment die Innovation in der Literatur zu verdanken:



    Ich liebe diese Etappe in der Lyrik, weil ich das Gefühl habe, dass wir uns an einer Grenze befinden, dass wir uns einer anderen Etappe nähern. Nach der Vorliebe zum Minimalismus, die lange dauerte, scheint jetzt, dass die Dichter zur Avantgarde und dem experimentellen Gedicht zurückkehren. Ich bewundere junge Dichter wie Robert G. Elekes und ich sehe ihn gewisserma‎ßen auch wie eine meiner Entdeckungen, zum ersten Mal habe ich ihn auf den Deutschen Literaturtagen im westrumänischen Reşiţa (Reschitz) entdeckt. Mittlerweile hat sein Debütband einen riesigen Erfolg gefeiert und wichtige Preise erhalten. Ich habe das Nachwort verfasst.“




    Dieses Jahr schlägt Nora Iuga ihren Lesern zusammen mit der Dichterin Angela Baciu einen neuen Gedichtband vor: netter als dostoievski“. Es handelt sich um einen umgangssprachlichen Dialog im schnellen Tempo, in dem die Wortspiele, die politische Satire und die Bemerkungen über den Alltag nicht fehlen. Der Band besteht aus 25 kurzen Teilen, die sehr diskret dem Faden einer Liebesgeschichte folgen: Zwei Frauen warten auf den Mann, den sie lieben, den sogenannten Mister T., der nach einer Löwenjagd glorreich zu ihnen zurückkehrt. Jeder Teil endet mit dem Einsatz des antiken Chors. Die Sprache spielt vielerorts auf populäre Ausdrücke im heutigen Sprachgebrauch an. Der Band weist zudem starke Dada-Merkmale auf und gilt als wichtiger Schritt zur Wiederbelebung der Avantgarde.

  • „Omar und die Teufel“: Dichter Dan Ciupureanu erntet Erfolg mit Romandebüt

    „Omar und die Teufel“: Dichter Dan Ciupureanu erntet Erfolg mit Romandebüt

    Der rumänische Autor Dan Ciupureanu gab sein Debüt im Jahr 2014 mit dem Gedichtband Efectul calmantelor“ (Die Wirkung der Beruhigungsmittel“). Der im Verlag Vinea erschienene Band erhielt den Lyrik-Debütpreis der Literaturzeitschrift Tiuk!“. Ein Jahr später erschien sein zweiter Gedichtband, Liderul grupei mici de la grădiniţa de stat nr. 2“ (Der Anführer der kleinen Kinder im Staatskindergarten Nummer 2“), der für verschiedene Literaturpreise nominiert wurde.



    Voriges Jahr erschien in seiner Wahlheimat Frankreich der Gedichtband Les jeux paralympiques“ (Die paralympischen Spiele“), dieses Jahr feierte Dan Ciupureanu mit dem Roman Omar şi diavolii“ (Omar und die Teufel“) sein Debüt als Prosaschriftsteller. Im Vorwort des im Verlag Polirom erschienenen Romans schriebt der Schriftsteller Radu Aldulescu: Omar ist eine denkwürdige Gestalt. Mit der Entwicklung der Gesichte wird klar, dass er nirgendwo auf der Erde hingehört, dass seine Heimat und unsere Heimat, die Heimat der Leser, anderswo ist. Diese versteckte Andeutung wird langsam zur Offenbarung, eine Offenbarung, die sich durch eine ausgezeichnete poetische Begabung verstärkt. Wie in jedem Roman, der im Zeichen einer visionären Gabe steht, neigt diese persönliche Geschichte dazu, die Geschichte einer ganzen Generation zu werden.“ Wir haben den Autor gefragt, wie er den Übergang von Lyrik zu Prosa empfunden hat. Dazu Dan Ciupureanu:



    Im Laufe der Zeit habe ich mehrere literarische Gattungen ausprobiert, ich wollte sogar Dramatiker werden. Prosa hatte ich auch vorher ausprobiert und jedes Mal meinen Freunden gezeigt, was ich geschrieben hatte. Ich war jedoch nie zufrieden mit dem Endergebnis. Letztendlich habe ich aber eine Formel gefunden, die mich als Künstler zufriedenstellt: den Roman. Nachdem ich diesen Roman geschrieben habe, fühlte ich mich in erster Linie, als ob ich mit mir selbst gewettet und gewonnen hätte. Für dieses Buch zu arbeiten, war für mich wie eine Therapie, als ob ich mich durch Schreiben vom Übel befreit hätte. Die positive Reaktion meiner Leser sowie die positiven Pressestimmen geben mir Vertrauen, weiterzumachen.




    Die Hauptgestalt Ian kann sich an die Gesellschaft nicht anpassen. Für ihn gilt das Anderssein als die einzige Möglichkeit, in seinem Leben dauerhaft das Glück zu erreichen. Dan Ciupureanu spricht über die Hauptfigur seines Romans:



    Ian ist ein aufmüpfiger Teenager, der in seiner Heimatstadt Craiova in Rumänien lebt; Omar ist — wie es sich am Ende herausstellt — sein Spitzname, den er später in einer Klinik in Paris erhält. Somit spiele ich auf einen der stärksten und einflussreichsten Kalifen des Islam an. Man sagt, dass selbst der Teufel von Omar flüchten wollte. Diesen Spitznamen erhält Omar von einer schizophrenen Patientin, die glaubt, dass sie Stimmen von Teufeln hört. Ian ist der einzige, dem es gelingt, sie davon zu befreien, deswegen kriegt er von ihr den Spitznamen Omar. Was die Teufel angeht, das ist eine reine Metapher, ich beziehe mich auf die Dämonen in uns.“




    Der Roman »Omar und die Teufel« ist pure Autofiktion in einem atemberaubenden Tempo, die die Echtheit der rohen Kunst aufweist und nicht zuletzt rückwirkend als gewonnene Wette mit der Literatur gilt“, schrieb der Prosaautor und Literaturkritiker Ovidiu Nimigean über den Debütroman von Dan Ciupureanu.

  • Litero-mania.com: Die Online-Kulturplattform für Literaten und Literaturliebhaber

    Litero-mania.com: Die Online-Kulturplattform für Literaten und Literaturliebhaber

    Auf der Online-Literaturplattform Literomania wird über Bücher aller Zeiten und von allen Orten geschrieben, aus Leidenschaft für alles, was Literatur bedeutet. Wir glauben immer noch an die Kraft der Literatur, aus menschlicher, sozialer und sogar politischer Perspektive Menschen zu bilden, uns allen den schönsten Freiheits- und Aktionsraum anzubieten und nicht zuletzt den schönsten Raum zu schaffen, wo wir alle träumen können.“ Mit diesen Worten präsentiert sich die Literaturplattform Literomania, wo sich die bekanntesten Schriftsteller, Kritiker und Literaturübersetzer aus dem rumänischen Kulturraum versammeln.



    Adina Diniţoiu ist Literaturkritikerin, Kulturjournalistin und übersetzt französische Literatur ins Rumänische. Zusammen mit dem Schriftsteller Raul Popescu koordiniert die Redakteurin der Kulturzeitschrift Observator Cultural“ die Plattform. Wir haben sie gefragt, wie die Initiative entstanden ist:



    Ursprünglich gehörte uns die Idee, Raul Popescu, der die Plattform graphisch gestaltet, und mir. Die Plattform hätte aber ohne den Beitrag einiger ausgezeichneter Autoren nicht existiert, die sich bereit zeigten, für uns zu schreiben, ohne dafür bezahlt zu werden. Ich spreche von Ruxandra Cesereanu, Veronica D. Niculescu, Radu Niciporuc, Valeriu Gherghel. Besonders interessant sind auch die Beiträge von Dorica Boltaşu Nicolae, die über eine eigenartige Zone berichtet, die an der Grenze zwischen dem Kanon der Literatur und der Schule liegt. Als Lehrerin für rumänische Sprache und Literatur konfrontiert sie sich dauernd mit allem, was zum Schulplan und den spezifischen Problemen der Schüler gehört. Ihr Beitrag ist uns sehr wichtig, weil wir auch Literaturbegeisterte der neuesten Generation anlocken möchten. Zu den Autorinnen und Autoren, die ihre Arbeit auf unserer Literaturplattform präsentieren, gehören auch die Kulturjournalistin Monica Salvan und der Schriftsteller Cosmin Perţa. Sie haben sich unserem Projekt aus Leidenschaft für Literatur und voll enthusiastisch angeschlossen, was heute nicht so oft vorkommt, da wir uns keiner finanziellen Unterstützung erfreuen.“




    Literomania lädt Literaturbegeisterte in jedem Alter zu einem Schreibwettbewerb ein. Der Wettbewerb wird der jungen literarischen Gattung Flash Fiction gewidmet und richtet sich an Prosaautoren. Der Preis besteht aus einem Geldbetrag und der Gewinnertext wird auf der Plattform veröffentlicht. Die Koordinatorin der Plattform Adina Diniţoiu, kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten über ihre Initiative:



    Literomania ist ein Projekt, das am Anfang keine feste Struktur hatte. Wir wollten auch den Markt erkunden, wir wollten sehen, ob es überhaupt Interesse dafür besteht, ob Literomania als Plattform funktionieren könnte. Wir haben versucht, diese Plattform höchst professionell zu gestalten. Zum einen wollten wir die Messlatte hoch legen, zum anderen ein breites Publikum anlocken und ihm den Zugang zu qualitativ anspruchsvollen Texten schaffen. Ein besonderes Interesse zeigen wir auch für die jüngeren Liebhaber der Literatur, daher richten wir uns nicht nur an Fiktion, sondern auch an professionelle Rezensionen. Als wir die Plattform gegründet haben, haben wir uns auch der Unterstützung des Autors Mircea Cărtărescu erfreut, er hat an unser Projekt von Anfang an geglaubt und einen Text für uns geschrieben. Eine andere Zusammenarbeit, auf die wir besonders stolz sind, ist jene mit dem berühmten Theaterkritiker George Banu, der in Paris lebt; seine Texte in französischer Sprache sind auch auf unserer Plattform zu finden. Wir veröffentlichen allerdings literarische Texte auch auf Englisch und Deutsch und versuchen somit, international zu werden und ein Zeichen für Weltoffenheit zu setzen.“

  • Literaturpreise der Zeitschrift „Observator Cultural“: Literatur quicklebendig vermitteln

    Literaturpreise der Zeitschrift „Observator Cultural“: Literatur quicklebendig vermitteln

    Anfang April hat im Bukarester Theater Odeon die 11. jährliche Preisverleihung der Kulturzeitschrift Observator Cultural“ stattgefunden. Insgesamt wurden 34 rumänische Gegenwartsautoren in sechs Kategorien nominiert: Memorialistik, Essayistik/Publizistik, Literaturkritik/Literaturtheorie, Debut, Poesie, Prosa. Zehn bedeutende rumänische Autoren, darunter Ana Blandiana, Radu Cosaşu, Vlad Zografi, wurden mit Preisen ausgezeichnet.



    Der beste Poesie-Band des Jahres 2016 wurde Cînd nu mai e aer“ (Wenn keine Luft mehr da ist“) von Radu Andriescu, erschienen im Verlagshaus Max Blecher“. Der Prosapreis ging ex-aequo an die Schriftsteller Radu Cosaşu für Viaţa ficţiunii după o revoluţie“ (Das Leben der Fiktion nach einer Revolution“) und Radu Pavel Gheo für Disco Titanic“, beide erschienen beim Verlag Polirom. Vor einem Jahr schrieb der Dissident und Menschenrechtsaktivist Gabriel Andreescu: Die Gründung der Kulturzeitschrift »Observator Cultural« im Jahr 2000 markierte eine neue Etappe in der Evolution der ideologischen Modelle der rumänischen Intellektuellengemeinde. Im Laufe der Jahre hat die Zeitschrift »Observator Cultural« ihren Status als Gestalter der Kulturideologie bestätigt.“ Mehr über das Selbstverständnis der Zeitschrift von Carmen Muşat, Chefredakteurin der Kulturzeitschrift Observator Cultural“:



    Mit diesen Preisen versuchen wir in der Tat, ein Image der lebendigen rumänischen Kultur, der rumänischen Literatur in diesem Moment festzuhalten. Da bei jeder Auflage neue Namen auf die Liste der Nominierten eingetragen werden, versuchen wir auch, uns selbst und das kulturelle Profil der Zeitschrift »Observator Cultural« neu zu definieren. Es handelt sich um ein doppeltes identitätsgestaltendes Unternehmen. Einerseits für unsere Zeitschrift, weil die Auswahlmöglichkeiten und die Preise das Identitätsprofil unserer Zeitschrift konturieren, andererseits weil dadurch in diesem kulturell viel versprechenden Moment ein Identitätsprofil der rumänischen Kultur entsteht.“




    16 Gymnasiasten von 6 Nationalkollegien in Bukarest waren auf der Bühne des Theaters Odeon anwesend, um den Preis Observator Lyceum“ an den Schriftsteller Vlad Zografi zu überreichen. Ausgezeichnet wurde Vlad Zografi für sein Buch Efectele secundare ale vieţii“ (Nebenerscheinungen des Lebens“), erschienen beim Verlag Humanitas. Carmen Muşat dazu:



    Wir kommen mit jungen Leuten zusammen, wie hören ihnen zu, um ihre Optionen und ihre Argumente zu erfahren. Mich haben diese Gymnasiasten beeindruckt, und ich war nicht die einzige. Sowohl dieses Jahr als auch in den vergangenen Jahren wurden die Galateilnehmer vom Diskurs der Gymnasiasten, von ihren frischen und gut begründeten Argumentationen tief beeindruckt. Ich glaube, dass wir diese junge Menschen ermuntern und unterstützen müssen; sie sollten die Chance bekommen, mit rumänischen Schriftstellern zusammenzukommen, die rumänische Literatur zu entdecken. Bei der diesjährigen Preisverleihung erzählte die Dichterin Ana Blandiana über ihre Riesenüberraschung bei der Reaktion eines Kindes, das sie bei einem Gespräch mit Schülern in einer Grundschule traf. Die Lehrerin hatte angekündigt, dass die Dichterin Ana Blandiana in ihrer Schule zu Gast sei, aber eines der Kinder widersprach ihr, es sagte, das sei nicht möglich. Nach einem kurzen Verblüffungsmoment wollten alle wissen, warum das Treffen unmöglich sei. Und der Schüler sagte, er wisse schon, dass alle Dichter tot seien, folglich könne die Dame, die vor ihnen sitze, keineswegs die Dichterin Ana Blandiana sein. Diese Reaktion eines Schulkindes zeigt, wie die rumänische Literatur in der Schule unterrichtet wird. In den Lehrbüchern werden alle Schriftsteller und Dichter wie Museumsexponate präsentiert, und deshalb bekommen die Schüler den Eindruck, dass die Literatur tot sei und ins Museum gehöre, man könne keinen direkten Kontakt, keine Interaktion mit der Literatur haben. Mit der Zeitschrift »Observator Cultural« und mit unserer Preisverleihung versuchen wir zu beweisen, dass die Literatur quicklebendig ist. Demnächst werden wir auch ein Projekt mit öffentlichen Lesungen starten, wobei Schüler von mehreren Gymnasien mit rumänischen Schriftstellern, Dichtern und anderen Künstlern zusammenkommen und direkt diskutieren können. Wir wollen unser Publikum herausfordern, wir wollen eine rege kulturelle Interaktion starten.“




    Bei der diesjährigen Preisgala hat die Kulturzeitschrift Observator Cultural“ mehrere Preise für Literaturübersetzung verliehen, und zwar nicht nur für literarische Übersetzungen aus einer Fremdsprache ins Rumänische, sondern auch für Übersetzer, die rumänische Werke in eine Fremdsprache übertragen haben. Ausgezeichnet wurden die Übersetzerinnen Veronica D. Niculescu aus Rumänien und Joanna Kornaś-Warwas aus Polen. Dazu die Schriftstellerin und Literaturübersetzerin Veronica D. Niculescu:



    2007 begann ich, das erste Buch von Vladimir Nabokov aus reiner Lust und Liebe zu übersetzen. Ohne Vertrag, ohne Termin, ohne Druck, ohne jede Verpflichtung. Es war ein reines Vergnügen. 2008 wurde die Übersetzung bereits veröffentlicht — es war ein Glücksfall. Es hätte nichts geschehen können, kein Vertragsabschluss, ich hätte einfach mit einem aus Lust und Liebe übersetzten Buch da bleiben können. Glücklicherweise erhielt der Verlag Polirom die Übersetzungsrechte für Vladimir Nabokov und so geschah es auch, dass meine Übertragung veröffentlicht wurde. Ich erinnere mich sehr gut an die Seiten, die mich dazu brachten, mit der Übersetzung anzufangen, sie funktionierten und blieben wie ein Motto, ein sehr nützliches Motto, wenn ich müde bin. Ich lese diese Seiten, ich erinnere mich an jene Augenblicke, als ich mich in einem Idealzustand befand, und ich wünsche mir, diesen Idealzustand jedes Mal zu erleben, wenn ich ein Literaturwerk übersetze. Es geht um einige Seiten aus dem Roman »Der Späher«, eine der Figuren spricht über ‚die Schönheit, die man nicht besitzen kann‘. Das Licht der Abenddämmerung, die sich über die Dächer der Stadt legt, der Duft einer Blume, den wir immer wieder einatmen, aber nicht besitzen können. Und das geschieht auch mit uns, wenn wir schreiben, wenn wir lesen — irgendwie versuchen wir, etwas zu besitzen, was wir nicht besitzen können.“

  • Auf den Spuren von Mircea Eliade durch Bukarest

    Auf den Spuren von Mircea Eliade durch Bukarest

    110 Jahre nach der Geburt des Schriftstellers und Philosophen Mircea Eliade laden wir Sie ein, eine kulturelle Reise in die Vergangenheit zu unternehmen. Wir wollen gemeinsam in die Fu‎ßstapfen des berühmten Schriftstellers treten und die Stimmung in seinen Romanen nachstellen. Das Vorhaben Zu Fu‎ß durch Bukarest mit Mircea Eliade“ wird an allen Wochenenden im Laufe des Monats April umgesetzt. Im Rahmen des Projektes wurden mehrere kulturelle Routen festgelegt. 2015 beteiligten sich mehr als 5.000 Teilnehmer an den Spaziergängen am Wochenende. Edmond Niculuşcă, Vorsitzender der Organisation ARCEN, lieferte uns mehr Einzelheiten zum Projekt:



    Es sind 110 Jahre seit der Geburt von Mircea Eliade vergangen. Das war Anlass genug, um seine literarischen Werke unter die Lupe zu nehmen und womöglich aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Unser Projekt »Eliade 110« umfasst zwei Konferenzen und sechs kulturelle Strecken. Dieser zweite Teil des Projektes läuft unter dem Namen »Zu Fu‎ß durch Bukarest mit Mircea Eliade«. Die erste Konferenz — »Sieben Spaziergänge durch Bukarest zu Zeiten von Mircea Eliade« — fand schon im Französischen Kulturinstitut statt. Es ging hauptsächlich um sieben sich wiederholende Orte in Mircea Eliades Literatur. Fast alle gibt es auch heute noch in Bukarest. Die letzte Konferenz besteht in einer Lesung über Ileana, der weiblichen Figur in Eliades literarischen Werken. Obwohl der Name unter verschiedenen Variationen vorkommt — Leana, Lena, Elena –, handelt es sich immer um die gleiche Figur. Sie kommt in seinen fantastischen Novellen vor, aber auch in den Romanen »Nuntă în cer« (dt. »Hochzeit im Himmel«) oder »Noaptea de Sânziene« (dt. »Der verbotene Wald«), nur unter anderen Namen.“




    Die Spaziergänge durch die Stadt Bukarest, in der Eliade gelebt hat, erzählen Geschichten über die Architektur und die Entwicklung alter Bukarester Viertel. Die Teilnehmer erfahren Erlebnisse aus der Kindheit von Mircea Eliade und werden mit den fantastischen Erzählungen vertraut, die der Schriftsteller während seiner Exilzeit schrieb. Der Startpunkt für alle kulturellen Stadtbummel ist jeweils der gleiche: die Kirche Biserica Mântuleasa (Str. Mântuleasa Nr. 20). Wir wollten von Edmond Niculuşcă erfahren, ob die Bukarester Stra‎ßen den Zauber von einst noch bewahren:



    Manche Häuser stammen aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Und viele haben noch den Verputz von damals. Sie haben einen gro‎ßen Innenhof, mit Weinreben und Obstbäumen. Es gibt allerdings auch viele beschädigte Stadtteile, wie zum Beispiel sämtliche historische Viertel in der Hauptstadt. Doch die Stra‎ßen, die wir zum Schlendern in unserem Projekt vorschlagen, bewahren noch den Charme des alten Bukarest. In diesen Stra‎ßen kann die Stadt Anfang des 20. Jahrhunderts wiedererkannt werden.“




    Die Projekturheber schicken eine Einladung hinaus — sie regen die Teilnehmer an, Bukarest besser kennenzulernen und fordern sie auf, mehr zu lesen:



    Es ist eine Einladung, die Stadt mit anderen Augen zu sehen. Die Figuren in Mircea Eliades Werke pflegen eine intime, vertrauliche Beziehung zu dieser Stadt. Wir wollen zeigen, wie Bukarest erlebt werden kann und was die Stadt zu bieten hat. Gleichzeitig ist es eine Einladung zum Lesen. Sämtliche Haltestellen entlang der Kulturroute weisen auf die Literatur von Eliade hin. Letztendlich ist es eine Einladung, die Stadt anders wahrzunehmen, eine engere Beziehung zu Bukarest einzugehen. Die Einwohner von Bukarest pflegen derzeit eine eher giftige Beziehung zu ihrer Stadt. Das geht hervor aus den Entwicklungen auf den Stra‎ßen von Bukarest: Die Stadt wird zum Teil verstümmelt und ihre Identität sowie die Erinnerungen gehen verloren.“




    Die zwei Stadtführer, Alberto Groşescu und Edmond Niculuşcă, beeindruckten das Publikum nicht nur mit Einzelheiten über die Gegend, in der Mircea Eliade aufgewachsen ist, sondern erzählten den Teilnehmern auch zahlreiche Geschichten, beriefen sich auf Eliades Memoiren und konturierten das Profil des Bewohners eines Armenviertels der damaligen Zeit. Das Projekt endet Ende April. Daher baten wir Edmond Niculuşcă, uns mehr über die Entwicklung des Projektes zu erzählen:



    Die Bukarester sind jeden Samstag und Sonntag in der Mântuleasa-Stra‎ße 20 herzlichst willkommen. Der Startpunkt für unsere Spaziergänge ist die Mântuleasa-Kirche. Die Spaziergänge durch die Stadtviertel von Bukarest, in denen Eliade seine Kindheit verbrachte, dauern etwa zwei Stunden. Mircea Eliade ist in diesem Stadtteil aufgewachsen, er ging in die Mântuleasa-Schule. Nach der Schule begab er sich zu seinen Gro‎ßeltern in der Strada Mătăsari (Seidenfabrikgasse). Das ist die Umgebung, in der er aufgewachsen ist, ein fantastischer Ort, der in seiner fantastischen Literatur wieder auftaucht.“




    Die Veranstaltungen anlässlich des 110. Jahrestages der Geburt von Mircea Eliade werden in Zusammenarbeit mit dem Französischen Kulturinstitut in Bukarest organisiert. Frankreich war ein entscheidender Haltepunkt in Eliades Leben. Es war das erste Adoptionsland während seines selbst auferlegten Exils. In Frankreich hatte Eliade die Gelegenheit, an der Universität École pratique des hautes études“ Vorlesungen zu halten und somit bekannt zu werden. In Frankreich veröffentlichte er einen Teil seiner Werke. Dazu wurden die in Rumänisch verfassten Texte ins Französische übersetzt.

  • Nachrichten 15.01.2017

    Nachrichten 15.01.2017

    In Rumänien un im Ausland finden in diesen Tagen Veranstaltungen zum Feiern des Nationalen Kulturtages statt. Seit 2010 wird jedes Jahr in Rumänien der Nationale Kulturtag am 15. Januar, dem Geburtstag des Nationaldichters Mihai Eminescu, gefeiert. Mihai Eminescu gilt als letzter Vertreter der europäischen Romantik. Am Nationalen Kulturtag wurde in Bukarest der neue Sitz des Rumänischen Literaturmuseums offiziell eröffnet und in der Aula der Zentralen Universitätsbibliothek fand die Gala der jungen Schriftsteller statt. Nläßlich des Nationalen Kulturtages hat die Rumänische Akademie eine Festtagung einberufen; wie jedes Jahr nahm der Literaturkritiker, Mitglied der Rumänischen Akademie und Initiator des Nationalen Kulturtages, Eugen Simion, an dieser Veranstaltung teil. Im Großen Saal des Rumänischen Rundfunks findet am Sonntag das Jubiläumskonzert des Rundfunksorchesters Lipatti 100 statt. Dieses Jahr plant das rumänische Kulturinstitut eine Veranstaltungsreihe zum 100-Jahre-Jubiläum seit der Geburt des rumänischen Musikers Dinu Lipatti. Wie jedes Jahr organisieren die rumänischen diplomatischen Missionen und Konsulate Sonderveranstaltungen zum Nationalen Kulturtag Rumäniens. Der rumänische Staatspräsident, Klaus Iohannis, hat eine Botschaft zum Nationalen Kulturtag im Internet veröffentlicht. Die internationale Anerkennung der rumänischen Kultur und der rumänischen Künstler führt in der heutigen Welt zu immer mehr Respekt für Rumänien“ schrieb Präsident Iohannis in einem bekannten sozialen Netzwerk.



    Die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, empfängt am Montag in Brüssel den neuen rumänischen Außenminister, Teodor Melescanu. Das Treffen findet am Rande des Rates für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen statt, an dem die Außenminister der EU-Mitgliedsstaaten teilnehmen.Es ist das erste EU-Treffen, an dem Außenminister Teodor Melescanu nach seinem Amtsantritt teilnimmt. Teodor Melescanu war bereits zweimal Außenminister, zwischen 1992 und 1996, bzw. 2014. 2014 war er nur zwei Wochen im Amt; er trat zurück wegen der schlechten Organisierung der Präsidentschaftswahl für die Auslandsrumänen, als die rumänischen Bürger im Ausland ihr Stimmrecht nicht ausüben konnten.



    Sechs Tennisspielerinnen werden ab Montag Rumänien beim Australian Open vertreten. Simona Halep (Platz 4 WTA) wird in der ersten Runde gegen die Amerikanerin Shelby Rogers antreten. Irina-Camelia Begu (Platz 30 WTA) wird gegen Iaroslawa Schwedowa, aus Kasachstan, kämpfen. Monica Niculescu (Platz 40 WTA), die beim Turnier in Hobart das Einzelfinale erreicht hat, kämpft gegen eine Tennisspielerin, die aus den Qualifizierungsspielen kommt. Sorana Cîrstea (Platz 78 WTA), spielt gegen die Russin Irina Kromatschewa und Patricia Ţig (Platz 106 WTA), gegen die Olympiameisterin Monica Puig, aus Puerto Rico. Ana Bogdan, die sich durch die Qualifizierungsspiele hochkämpfte, wird gegen die Russin Elena Wesnina antreten.

  • Roman „Innenraum Null“ von Lavinia Branişte: Die Tragik des Alltäglichen

    Roman „Innenraum Null“ von Lavinia Branişte: Die Tragik des Alltäglichen

    Der Roman, der den innerlichen Aufruhr einer jungen Frau in einem scheinbar normalen Alltag schildert, hat sich bereits einer gro‎ßen Zahl guter Rezensionen erfreut. Der Prosaautorin Lavinia Branişte ist es in ihrem jüngsten Roman gelungen, was einige Schriftsteller nach einer lebenslangen Karriere nicht schaffen: eine Figur auftauchen zu lassen, die als Hauptdarstellerin in manchen ihrer Bücher vorkommt und in gewisser Weise mit Henry Chinaski von Bukowski vergleichbar ist. Auch in ihrem Roman lässt die junge Schriftstellerin den Eindruck entstehen, dass ihr das Schreiben sehr leicht fällt, als ob sie in ihrem Tagebuch den Alltag beschreiben würde. In Wirklichkeit handelt es sich hingegen um eine akribische Arbeit und hinter dem leichten, unverwechselbaren Stil ihrer Prosa stecken Unruhen, ein innerer Aufruhr und eine persönliche Sicht auf Literatur. Der Literaturkritiker Bogdan-Alexandru Stănescu sagte über den neuen Roman der Prosautorin, er sei nicht sicher, ob es sich um einen Roman oder um Kurzprosa handelt, er würde eher sagen, es geht um die Karte eines Territoriums, das die Schriftstellerin sorgfältig und obsessiv abbildet.



    Die Hauptfigur des Romans ist Cristina, die in einem ganz normalen Alltag lebt. Die Drei‎ßigjährige wei‎ß nicht mehr, ob sie ihren Freund liebt, und will ihren aktuellen Job kündigen, aber dessen wird sie sich nur dann sicher, wenn die Firma, wo sie beschäftigt ist, pleitegeht. Interior zero“ (Innenraum Null“) zeigt uns, wie das Leben an uns vorbeigeht und wie der einfache Weg schwere und unerwartete Folgen haben kann, sagt Lavinia Branişte.



    Die junge Prosaautorin gab ihr literarisches Debüt mit einem Gedichtband, später schrieb sie zwei Kurzprosabände und ein Kinderbuch. Wie sie dazu gekommen ist, einen Roman zu schreiben, erläutert Lavinia Branişte:



    Ich habe immer eine Leidenschaft für Kurzprosa gespürt, diese Leidenschaft habe ich eigentlich immer noch und so hatte ich mir auch diesen Band vorgestellt: als Kurzgeschichte. Dann habe ich die Inhaltsteile miteinander verknüpft und merkte, wie gut sie zueinanderpassen. Die Geschichte ist mir während eines Chat-Gesprächs mit dem Dichter Vasile Leac, einem Freund von mir, eingefallen. Er befand sich zu jenem Zeitpunkt in Deutschland, um Lauch und Kürbisse zu ernten. Ich habe ihn um seine exotische Erfahrung beneidet und war mir sicher, dass er sie aufs Papier bringen wird. Das Motto meines Romans ist eigentlich ein Teil unseres Gesprächs, genauer gesagt, eine Frage meines Freundes an mich: Kann es sein, dass wir das Leben nicht verstehen? Es hat mir gefallen, wie er die Frage zum Ausdruck brachte, und so ist mir eingefallen, ein Buch darüber zu schreiben, wie wir das Leben nicht verstehen. Damals war ich selber mit der Situation konfrontiert, in der ich mich gut und erfüllt fühlte, aber es erschrak mich, ehrlich gesagt, dass das Sich-Wohlfühlen und das Erfüllt-Sein nur von au‎ßen so aussieht. Es war mir auch nicht klar, ob ich mir etwas anderes wünschen sollte oder nicht.“




    Im Roman Innenraum Null“ ist keine Übereinstimmung gültig, sagt der Literaturkritiker Ovidiu Pop. Lavinia Branişte schildert diese Tragik in den alltäglichen Dingen. Es ist genau dieser scheinbar normale Alltag, der im Innenraum abläuft, der dem Roman seine Überzeugungskraft verleiht, fügt der Literaturkritiker hinzu.

  • Nachrichten 20.11.2016

    Nachrichten 20.11.2016

    Das Bukarester Außenministerium hat eine Broschüre mit Informationen für die rumänischen Wähler im Ausland veröffentlicht. Die Informationsbroschüre soll den Auslandsrumänen in der Perspektive der Parlamentswahlen am 11. Dezember dienen. Sie enthält Informationen über die Kategorien von Wahlberechtigten im Ausland, die Ausübung des Wahlrechts, das Programm der Wahllokale, die Identitätsdokumente, die bei der Ausübung des Wahlrechts akzeptiert werden, sowie Anleitungen betreffend die Briefwahl. Am 11. Dezember stehen den Auslandsrumänen 417 Wahllokale zu Verfügung, um 111 mehr als bei der Parlamentswahl von 2012 und um 123 mehr als bei der Präsidentenwahl von 2014. Die meisten Wahlokale (70, bzw. 50) befinden sich in Italien und Spanien. In der Republik Moldau werden 35 Wahlokale funktionieren. Infolge der Organisationsmängel konnten Tausende Auslandsrumänen vor zwei Jahren ihr Wahlrecht nicht ausüben.



    Ab Sonntag, den 20. November findet in Bukarest eine Woche lang das Internationale Jiddisch Festival TES FEST statt. Das Festival TES FEST nimmt sich vor, die jiddische Kultur dem Publikum näher zu bringen. An dem Festival beteiligen sich Theatertruppen aus den USA, Israel, Frankreich und Polen, sowie Klezmermusikgruppen; auf dem Programm stehen noch Buchvorstellungen und Workshops. Diese erste Ausgabe des Festivals wird vom Jiddischen Staatstheater in Bukarest organisiert, anläßlich der 140. Jahrefeier seit der Gründung des ersten professionellen Theaters in jiddischer Sprache weltweit. Das erste moderne jiddische Theater wurde 1876 in Iasi (im Nordosten Rumäniens) vom jüdischen Dramatiker und Schauspieler Abraham Goldfaden gegründet. Laut Orgasnisatoren richtet sich das TES FEST Festival an ein breites rumänisches und ausländisches Publikum, ohne Altersgrenzen, und versucht, verschiedene Kulturen aneinander näherzubringen.



    Am Sonntag ist die 23. Ausgabe der internationalen Buchmesse Gaudeamus – Bücher zum Lernen“ zu Ende. Vom 16. bis 20. November konnten die Messebesucher in der Romexpo-Ausstellungshalle an Begegnungen mit Autoren, Buchvorstellungen, Literaturworkshops, Rundtischgesprächen und Musikonzerten teilnehmen. Dieses Jahr standen auf dem Programm der Buchmesse Gaudeamus mehr als 850 Veranstaltungen der Verlage und Berufsbranche. Ehrengast der diesjährigen Ausgabe war China. Nächstes Jahr sind die Vereinigten Staaten von Amerika Ehrengast der Buchmesse Gaudeamus. Die internationale Buchmesse Gaudeamus – Bücher zum Lernen“ wird von Radio Rumänien veranstaltet; Radio Rumänien ist die einzige öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die eine Veranstaltung dieses Formats organisiert.

  • Gellu-Naum-Festival: “Der Surrealismus ist unsterblich”

    Gellu-Naum-Festival: “Der Surrealismus ist unsterblich”

    In Bukarest und in Comana bei Bukarest kamen alle Dichter zusammen, die auf die eine oder andere Weise dem letzten großen Surrealisten Europas nahe standen. Einen Dialog zwischen Raum und Zeit unterschiedlicher Schaffungsperioden – das hatten sich die Veranstalter mit den zwei großen Begegnungen vorgenommen. Das Erbe der rumänischen Literatur und die zeitgenössische geschriebene Kultur sollten verwertet werden.



    Neben den eigenen Autorenlesungen haben die eingeladenen Dichter versucht, eine möglichst persönliche Antwort auf die Frage zu geben: Wie habe ich zu Gellu Naum gefunden?“ – dabei kramten sie in ihren Erinnerungen und Memoiren, Skizzen und Ideen, die allesamt in Verbindung mit dem großen Dichter des Surrealismus standen.



    Gastgeberin der Veranstaltungen war die Schriftstellerin Simona Popescu. Sie ist die Autorin mehrerer Bänder über den gefeierten Dichter: Von Surrealismus und Gellu Naum“, sowie Clava. Kritifiktion mit Gellu Naum“, ein Band, der einige Jahre nach dem ersten veröffentlicht und mit einer Reihe von Essays bereichert wurde.



    Sie habe jahrelang an der Seite Naums gestanden“ und dabei sei jener Sinn für die existentielle Würde immer klarer geworden, die den Grundsatz der Poesie darstelle, sagt Simona Popescu. Er hatte einen dringenden innerlichen Bedarf für Reinheit und deshalb war Naum kompromisslos mit ihm selbst und dann mit den anderen. Er versuchte sich nicht mit ihnen zu vermischen, mit ihren Fehlern. Die eigenen Fehler verursachten ihm einen tiefen Schmerz. (…) Er beging einen Fehler, also distanzierte er sich von dem Zentrum der poetischen Existenz. Die kleinste Abkehr von seinen Grundsätzen brachte Disharmonie, Trübheit und Feindseligkeit mit sich.“



    Simona Popescu hatte die Idee von einem Gellu-Naum-Festival gegen Ende des Jubiläumsjahres 2015. Der Dichter kam am 1. August 1915 zur Welt. Da ein Großteil der Kritik Naum als letzten großen Surrealisten beschreibt, fragte ich Simona Popescu ob man heute noch überhaubt von Surrealismus reden kann?



    Den Surrealismus gibt es noch, es sind surrealistische Dichter, die heute noch schreiben, weltweit gibt es sehr interessante Gruppen. Ich würde gerne die surrealistische Gruppe aus London bei kommenden Festivalausgaben hier haben, oder die schwedische Gruppe, die Prager Surrealisten. Es gibt auf dieser Welt Surrealisten, die sich selbst als solche vorstellen. Also gibt es die Strömung nach wie vor in der Literatur. Andererseits ist der Surrealismus, jenseits von Literatur und Vorurteilten, unsterblich. Ebenso wie die Romantik und alle literarischen Strömungen überhaupt unsterblich sind. Wir sind alle in unserer eigenen Art und Weise Surrealisten, zumindest wenn wir träumen. Wenn wir träumen sind wir alle Surrealisten, aber, ob wir es wollen oder nicht, sind wir alle auch Romantiker und Postmodernisten oder Klassizisten. Diese Dinge bekommen hin und wieder einen Namen. Den Surrealismus hat es schon immer gegeben, aber erst in den 30er Jahren bekam er einen Namen, als ihn die französischen Surrealisten theoretisierten, sie hatten den Begriff von Apollinaire übernommen. Also reden wir auch heute noch vom Surrealismus und das wird bis ans Ende der Welt der Fall sein.



    Die Dichtkunst ist eine Form höherer Unzufriedenheit“, schreibt Simona Popescu. Denn sie hinterfragt Grundsätze, Systeme, Hierarchien und lehnt sich gleichzeitig heldenhaft gegen die Vulgarität auf, die einen immer menschlicheren Antlitz hat. Das, während die Unzufriedenen dieser Welt jene schrecklichen Stürme suchten, um ihre Kräfte zu messen.“ Das Zitat stammt aus Mein müder Vater“ von Simona Popescu.



    Zu den Gästen des Gellu-Naum-Festivals gehörte auch Nora Iuga, die seit ihrem Debütband mit dem Surrealismus in Verbindung gebracht wurde. Sie sagt:



    Ich bin absolut davon überzeugt, dass Surrealisten so geboren werden, das heißt, ich glaube nicht, dass aus Werkstätten für kreatives Schreiben ein surrealistischer Dichter entstehen könnte. Es stimmt schon, der Dichter Miron Radu Paraschivescu ist derjenige, der das Vorwort zu meinem Debütband geschrieben hat. Er sagte, zwischen mir und Gellu Naum bestünde eine gewisse Nähe. Seitdem hat es in Rumänien keine derartigen Vergleiche mehr gegeben. Ich gehörte nicht einmal zu der Gruppe der literarischen oder nichtliterarischen Freunde Gellu Naums. Ich habe Naum später kennen gelernt, weil seine Werke während der stalinistischen Zeit nicht in Umlauf waren. Ich habe sehr spät von dem Wort Surrealismus gehört, etwa Mitte der 60er Jahre. Und da habe ich eigentlich auch das erste Gedicht von Gellu Naum gelesen, es hieß Athanor. Ich las es und habe dabei eine Art elektrischen Schock verspürt, ich war sprachlos, ich hatte zwar nicht viel verstanden, aber es hatte mir ungemein gefallen. Weil ich bis dato noch nie so etwas gelesen hatte und ich nicht gewuss hatte, dass man so denken oder schreiben kann, ohne etwas zu verstehen, aber mit dem Gefühl einer derartig vibrierenden Schönheit, jenes ständigen Unerwarteten. Das war für mich der Moment, in dem ich mir bewusst wurde, dass ich oftmals das Unverständliche vorziehe, also das, was nichts ähnelt und was unverständlich bleibt, weil dort das große Geheimnis weilt. Und dieses große Geheimnis beherrscht unser Leben.

  • Ein literarischer Ausflug durch Bistriţa-Năsăud

    Ein literarischer Ausflug durch Bistriţa-Năsăud

    Seit 12 Jahren trägt das internationale Festival für Theater und Literatur in Bistriţa den Namen des gro‎ßen Romanciers Rebreanu. Das Festival wird jeden Herbst Ende November um das Datum des Geburtstags Rebreanus von dem städtischen Kulturzentrum und der Kommune Bistriţa organisiert. Dabei treffen sich Künstler und Publikum in der Galerie Löwenhaus, der Galerie der Synagoge und dem Mehrzwecksaal der Stadt, sagt Dorel Cosma, Leiter des städtischen Kulturzentrums George Coşbuc“:



    Das Festival will dem Publikum in Bistriţa professionelle Theatertruppen und gute Literatur bieten. Aktuelle Stück aus dem Repertoire der Theaterhäuser in Târgu Mureş, Baia Mare oder Bukarest werden in Bistriţa aufgeführt und an jedem Abend gibt es literarische Begegnungen mit Schriftstellern aus Rumänien und aus dem Ausland — zuletzt aus Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland oder der Türkei. Die Autoren schicken uns ihre Werke, wir versuchen dann, mindestens jeweils einen Text ins Rumänische übersetzen zu lassen, um ihn in unserer Zeitschrift »Conexiuni« abzudrucken und dem Publikum die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme zu geben. Sehr angenehm ist, dass auch rumänische Gäste aus Übersee kommen. Prof. Dr. Teodor Damian, der die Zeitschrift »Sanftes Licht« herausgibt, ist zum Beispiel immer dabei und lobt dieses Zusammenspiel von Theater und Literatur in Bistriţa. Denn im Endeffekt ist es genau das: Nach den Aufführungen treffen sich Darsteller und Literaten und diskutieren über aktuelle nationale und internationale Fragen des Stellenwertes von Theater und Literatur.“



    Auch für dieses Jahr sind bereits Gäste aus dem Ausland angesagt:



    Die türkischen Autoren, mit denen wir besonders gut arbeiten, haben bereits ihr Dabeisein bestätigt. Dann hat Teodor Damian im Prinzip schon zugesagt; aus Frankreich kommt Joel Conte, Präsident des Frankophonieverbandes in Paris — das wäre sein drittes Jahr hier. Er hat bei uns mehrere Bücher präsentiert und auch Gedichte über Bistriţa, der mittelalterlichen Burg und seine Begegnung mit Rebreanu und Coşbuc geschrieben. Bestätigungen erwarten wir noch aus Italien und Israel — jedes Jahr haben wir Autoren aus Haifa und Tel Aviv gehabt. Dann Rumänen aus Kanada und, eine besondere Freude für uns, Schriftsteller aus China, die schon hier waren und jetzt wieder kommen.“




    Ein hier ansässiger Autor ist Ioan Pintea, der aktuell auch die Kreisbibliothek George Coşbuc“ leitet. Der Dichter hat Theologie studiert, sein Mentor in kulturellen wie religiösen Fragen war Pfarrer Nicolae Steinhardt. Ioan Pinteas Argumente für Kulturtourismus in Bistriţa-Năsăud liegen für ihn auf der Hand — wie der Philosoph Lucian Blaga, der hier die Arbeit an seinen Göttlichen Differentialen“ begann, haben viele Literaten eine Verbindung zu diesem Ort:



    Bistriţa-Năsăud ist par excellence ein Kultur- und vor allem ein Literaturraum. Es ist vielleicht ein Wunder dieses Ortes. In den Werken der drei gro‎ßen Schriftsteller Liviu Rebreanu, George Coşbuc, Andrei Mureşanu gibt es ein gewisses Etwas, das mit diesem Gebiet zu tun hat. Wir können uns Rebreanu oder Coşbuc ohne Bistriţa nicht vorstellen. Selbst wenn sie später irgendwo anders gelebt haben, trugen sie diese Gegend bei sich. Sie entnahmen die Themen ihrer Gedichte und ihrer Romane von hier. Wir haben übrigens kürzlich ein Album zu literarischen Orten in Bistriţa-Năsăud herausgegeben — eine Art literarische Minilandkarte der Region Bistriţa-Năsăud. Denn Rebreanu, Coşbuc oder Andrei Mureşanu sind nur die bekanntesten Namen. Weniger bekannt ist, dass Veronica Micle, die Dichterin und Geliebte von Mihai Eminescu, hier in Năsăud geboren ist. Wenige wissen, dass in Bistriţa-Năsăud, genauer gesagt in Pietriş und Prundu Bârgăului, ein gro‎ßer Prosaschriftsteller gelebt hat — Radu Petrescu. Nach Sângeorz-Băi kam seinerzeit sehr oft auch Alexandru Odobescu. In seinem Nachlass gibt es viele Briefe, die er hier verfasst hat. Dazu kommt, dass im Weintal auch das Haus der Schriftsteller steht — und sehr viele gro‎ße Autoren der klassischen oder zeitgenössischen Literatur sind hier eingekehrt.“



    Und wenn Sie jetzt Lust auf Bistriţa-Năsăud haben — einfach an unserem Quiz teilnehmen!

  • Rundfunkjournalistin Li Juan aus China liebt rumänische Kultur

    Rundfunkjournalistin Li Juan aus China liebt rumänische Kultur

    Li Juan stammt aus China — In Rumänien möchte sie Liliana“ genannt werden. Sie hat im Zeitraum 2009-2013 rumänische Sprache und Literatur an der Universität für Fremdsprachen in Peking studiert. Nach Studienabschluss strebte Li Juan eine Journalistenkarriere an — sie wurde als Gaststudentin an der Universität Bukarest angenommen. Für sie war es die zweite direkte Auslandserfahrung in Rumänien. Bereits vor fünf Jahren habe sie einen Rumänisch-Kurs als Vorbereitung für das Studium in Bukarest besucht.



    Ich hei‎ße Li Juan, mein rumänischer Name ist Liliana. Ich studiere jetzt an der Universität Bukarest, an der Fakultät für Journalistik. Ich war schon vor fünf Jahren hier, in meinem Vorbereitungsjahr an der Fakultät für rumänische Sprache und Literatur. Radio China International ist eine öffentliche Medienanstalt, die von unserer Regierung kontrolliert wird. Wir haben über 60 Fremdsprachensender. Wir übersetzen aus dem Chinesischen ins Rumänische und in andere Sprachen.“



    Also hat sich Li Juan auf den Rundfunkjournalismus spezialisiert. Sie wurde beim Rumänischen Dienst von Radio China International angestellt. Für ihre Arbeit bediente sie sich der während des Studiums angeeigneten Kenntnisse: Die journalistische Tätigkeit beim Radio setzte Berichterstattung, Übersetzungen und Schnittarbeit voraus. Während des Studiums in Rumänien habe sie Zeit gehabt, Stadt und Land näher kennen zu lernen, erzählt Li Juan.



    Ich habe viele Städte besucht. Ich war in Iaşi, Bacău, Suceava, Alba Iulia. Alba Iulia ist eine Stadt mit einer sehr langen Geschichte und einer reichen Kultur. Dann war ich noch in Kronstadt, Klausenburg, Sinaia, Ploieşti und Piteşti. Rumänien ist ein sehr schönes Land, viele Studenten haben von Ihrem Land gehört. Für mich definiert sich Rumänien vor allem durch zwei Bereiche — die Literatur und die Filme. Bevor ich mich für das Studium der rumänischen Sprache entschied, habe ich einen rumänischen Film gesehen — es war »Vier Monate, drei Wochen und zwei Tage« von Cristian Mungiu. Er ist ein herausragender rumänischer Regisseur, der mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet wurde. Filme und Literatur bedeuten Kultur. Wenn ich von der rumänischen Literatur spreche, muss ich auch Eminescu erwähnen, denn meine Diplomarbeit behandelte auch sein Werk. Es war ein Vergleich zwischen den Werken eines rumänischen und eines chinesischen Dichters — Eminescu und Xu Zhimo. Die beiden Dichter behandeln ähnliche Themen. Es sind drei gro‎ße Themen: Liebe, Freiheit und Schönheit.“

  • Frauen haben es in der literarischen Welt schwerer als Männer

    Frauen haben es in der literarischen Welt schwerer als Männer

    Auf Einladung des rumänischen PEN-Clubs trafen sich vor wenigen Wochen in der Buchhandlung Humanitas, in nächster Nähe zum Bukarester Cişmigiu-Park, mehrere Schriftstellerinnen zu einer Diskussion über die Stellung der Frau in der Öffentlichkeit. Mit dabei waren Magda Cârneci, die Präsidentin des hiesigen PEN Clubs, sowie die Journalistinnen und Autorinnen Svetlana Cârstean, Adina Diniţoiu und Ioana Bâldea Constantinescu. Die Männerseite war klar in der Minderheit und vom Journalisten und Schriftsteller Bogdan Ghiu vertreten. Svetlana Cârstean und Adina Diniţoiu erörterten im Dialog mit RRI die Besonderheiten des Frauseins in der rumänischen Literaturwelt.



    Svetlana Cârstean hat Gedichtbände wie Schraubstockblumen“ in 2008 und Schwerkraft“ in 2011 veröffentlicht, die namhafte Literaturpreise gewannen oder dafür nominiert wurden. Wie geht sie mit der Stellung der Frau im Literaturbetrieb um?



    Ich denke an einen Artikel im Scottish Pen, der mich fesselte, weil er Daten nennt. Aufgrund von Fakten kommt die Autorin zum Schluss, dass die Handlung von Männern repräsentativ für die gesamte Welt ist, während die Handlung der Frau repräsentativ nur für die Frauen ist. Anders gesagt: Was Männer schreiben, ist relevant für die Welt, was wir Frauen schreiben, eben nur für uns. Die Autorin des Artikels nennt einen konkreten Fall. Eine Schriftstellerin hat ihr Manuskript an 100 Verlage geschickt — an 50 in ihrem Namen, an die anderen 50 unter einem männlichen Namen. Als Frau bekam sie sieben Antworten, als Mann siebzehn. Sie können selbst entscheiden, ob das etwas aussagt oder nicht.“




    Adina Diniţoiu ist ihrerseits Literaturkritikerin und Kulturjournalistin bei Zeitschriften wie România literară, Dilema veche, Dilemateca und beim Kultursender Radio România Cultural. Sie übersetzt aus dem Französischen und verfasste vor 5 Jahren auch eine kulturpolitische Abhandlung zum Prosawerk von Mircea Nedelciu — Die Mächte der Literatur angesichts von Politik und Tod“. Sie setzt sich mit dem Bild der Frau auch aus dieser Perspektive auseinander:



    Allgemein betrachtet ist die Literaturkritik ein Machtzentrum innerhalb der Literatur. Kritiker können einen Text bestätigen oder verrei‎ßen — das ist eine Ausübung von Macht. In meiner eigenen Literaturkritik ging ich anfangs ganz unschuldig vor, in dem Sinne, dass ich geschlechterblind bin. Das schien mir normal zu sein, ein erster Schritt zu einer Normalität der Kritik und der Literatur selbst. Ich würde mir gerne wünschen, dass wir als Frauen und Männer in einen normalen Dialog treten, ohne dass wir Frauen gleich für eine Causa eintreten müssen und uns ausgegrenzt fühlen. Denn auch ein Exzess von politischer Korrektheit in der Öffentlichkeit kann dieses Gefühl verursachen.“




    Adina Diniţoiu erzählt aber, dass es nach ihren Anfängen auch ein gewisses Erwachen gab:



    Nach dem Debüt sah ich, dass es nicht so einfach ist. Ich musste diese Geschlechtsidentität zur Kenntnis nehmen — ich war auch Frau, nicht nur Kritikerin, und das verkomplizierte die Konstellation mehr als ich dachte — vor allem auch in Rumänien, wo das Klima eher traditionell geprägt ist. In einer europäischen Rangordnung der Chancengleichheit war Rumänien letztes Jahr Schlusslicht. Doch die entsprechende Studie sagte auch, dass die gesamte EU erst auf halbem Wege des vollkommenen Gleichgewichts zwischen Mann und Frau ist. Aber als Frau muss ich stärker darum kämpfen, meinem Wort Gehör zu verschaffen.“




    Auch für die Dichterin Svetlana Cârstean ist die Situation kompliziert:



    Ich glaube, es muss nicht einmal zur Ausgrenzung kommen. Es reicht, wenn Stempel aufgesetzt werden, weil es eine sehr raffinierte — vielleicht nicht ganz perverse — Art ist, die offene Ausgrenzung zu vermeiden. Gegen offene Ausgrenzung kann man leichter ankämpfen, gegen Vorurteile der Kritik als Machtausübung ist es schwerer vorzugehen.“

  • Literaturfestival Bukarest: György Dragomán und Dana Grigorcea lesen in der alten Heimat

    Literaturfestival Bukarest: György Dragomán und Dana Grigorcea lesen in der alten Heimat

    Anfang Dezember fand in Bukarest das inzwischen traditionsreiche Literaturfestival FILB statt. Bei dieser 7. Ausgabe waren renommierte Schriftsteller aus der Türkei, der Schweiz, Ungarn, Spanien, den USA und Rumänien anwesend. Am ersten Abend des Literaturfestivals begegneten sich zwei in Rumänien geborene Schriftsteller. Der Ungar György Dragomán, einer der osteuropäischen Autoren mit den derzeit meisten Auszeichnungen, und die Schweizerin Dana Grigorcea, die zu den aufsteigenden Stars der deutschsprachigen Szene gehört.



    György Dragomán ist im siebenbürgischen Târgu Mureş (dt. Neumarkt am Mieresch, ung. Marasvásárhely) geboren und 1988 nach Ungarn ausgewandert. Sein Roman Der wei‎ße König“ ist der erste, der ins Rumänische übersetzt wurde, er erschien 2008 beim Polirom-Verlag. Derselbe Roman wurde in Ungarn mit den Literaturpreisen Tibor Déry und Sándor Márai ausgezeichnet und bis heute in über drei‎ßig Sprachen übersetzt. Zurzeit gibt es auch Pläne für eine Verfilmung in Gro‎ßbritannien. 2011 erhielt Dragomán schlie‎ßlich den Jan-Michalski-Preis für denselben Roman.



    2014 veröffentlichte der Autor seinen bislang letzten Roman, Der Scheiterhaufen“, 2015 ebenfalls beim Polirom-Verlag erschienen. Nach dem Erfolg in Ungarn und Rumänien liegen bereits Anfragen für Übersetzungen in den USA, den Niederlanden und Deutschland vor. Das scheint die offizielle Bestätigung für die Begabung eines Autors mit Vision und Stil zu sein, der beim Publikum bereits gut angekommen ist. Beide Romane Dragománs wurden von Ildikó Gábos-Foarţă ins Rumänische übersetzt. Er denke, dass die Ideen eigentlich auch Erinnerungen seien, sagt der Schriftsteller. Ideen und Erinnerungen kämen aus derselben Sphäre und so werde eigentlich die Vergangenheit konstruiert. Und dieses Buch sei der Versuch einer Konstruktion der persönlichen Vergangenheit und der Identität, erklärt György Dragomán in Bezug auf seinen neuesten Roman, Der Scheiterhaufen“.



    Ich hatte allerlei Fragen und ich glaube, dass das Buch letzten Endes die einzige Antwort ist, die ich liefern konnte. Ich wusste, dass ich über das Gedächtnis schreiben würde. Wenn ich die Arbeit an einem Buch aufnehme, gehe ich von einem konkreten Bild aus, das sich bei mir eingeprägt hat, und dann verwende ich Axiome. Diesmal lautete das Axiom wie folgt: Wie erinnerst du dich, wenn du versuchst, dich nicht zu erinnern? Kannst du dich erinnern, wenn es keine Erinnerungen gibt?“




    Er habe sich nicht vorgenommen, Bücher zu schreiben, die auf historischen Fakten beruhten, betont György Dragomán. Sondern Bücher über mögliche Freiheiten in einer Gesellschaft, in der die Freiheit hätte nicht existieren dürfen. Die ersten 15 Jahre seines Lebens, die er in Târgu Mureş verbrachte, seien extrem wichtig für Dragomán gewesen. In Bukarest enthüllte der Autor auch Details seiner Arbeitsmethode.



    Es ist wie ein Gebäude. Ich habe einen Ausschnitt, einige Bilder, und dann wird jedes Bild zum Kern eines kurzen Szenarios. Und diese Bilder ergeben nebeneinander ein Gebäude. Und ich fühle mich wie ein Architekt, der ein Gebäude baut, und dabei in seinem Inneren wohnt. Nachdem ich ungefähr den dritten Teil des Buchs fertig habe, verstehe ich, wie die Struktur zustande kommt. Und ich veröffentliche immer Auszüge aus den Büchern, die ich schreibe. Ich wähle dabei Fragmente, die sich als kurze Prosa eignen und veröffentliche sie. Für mich sind kurze Prosa und Romane eng verbunden, man kann nicht scharf unterscheiden. Und aus einer Kurzgeschichte kann man immer einen Roman weiterspinnen. Ich glaube au‎ßerdem noch, dass kurze Prosa ebenso viele Fragen aufwerfen und Erzählungsstränge eröffnen sollte wie ein Roman.“




    Die rumänischstämmige Schweizerin Dana Grigorcea gehört zu den aufstrebenden Schriftstellern weltweit. Ihr letzter Roman, Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit“ befand sich in diesem Jahr im Rennen um das Buch des Jahres in der Schweiz. Au‎ßerdem wurde er im Rahmen der Ingeborg-Bachmann-Preisverleihung mit dem 3-Sat-Preis ausgezeichnet. Und das scheint nur der Anfang einer erfolgreichen Karriere des Romans zu sein, nach den lobenden Worten der bekanntesten deutschsprachigen Medien. Es ist ein hinrei‎ßendes Rumänien-Porträt, das in der Erregung des rumänischen Volkes kulminiert, das sich nach Freiheit und Veränderung sehnt“, schrieb Die Zeit. Während einer Tournee für die Vorstellung ihres Romans Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit“ berichtete Dana Grigorcea über die Reaktion des deutschsprachigen Publikums auf das Buch:



    Im deutschsprachigen Raum reagiert das Publikum auf die Lesungen. Die Leute lachen, es gibt auch Menschen, die den Atem anhalten, du siehst erschrockene oder unruhige Gesichter, Menschen, die es kaum erwarten können, Fragen zu stellen. In Rumänien ist das Publikum ruhiger. Als ich dort las, habe ich ständig den Kopf gehoben, um mich zu vergewissern, dass noch jemand im Saal sitzt, so brav ist das Publikum dort. Ich hatte Lesungen in Österreich, Deutschland, der Schweiz, auch in Frankreich war ich bei literarischen Abenden dabei, überall ist das Publikum sehr geistesgegenwärtig und macht sich auch bemerkbar, die Menschen wollen teilnehmen. In Bukarest kommen die Leute vor allem um zu sehen, was passiert.“




    Ihre Prosa ist wie mit dicken Pinselstrichen gemalt, draufgängerisch, genüsslich, üppig und humorvoll, schrieb Die Presse aus Österreich. Wie sieht Dana Grigorcea das?



    Die Art und Weise, in der ich meinen neuen Roman wahrnehme, hängt sehr vom Publikum ab. Das Publikum reagiert anders in Deutschland als in der Schweiz zum Beispiel. Es gibt einen Auszug, den ich sehr häufig vorlese, dort erzähle ich, wie ich zum Jungpionier ernannt wurde. Und ich kann sagen, dass es fast jedes Mal eine völlig andere Reaktion gegeben hat. In der ehemaligen DDR reagieren die Menschen anders als in Düsseldorf oder Hamburg. Und das Publikum in der Schweiz reagiert wiederum ganz anders. Es gibt bestimmte Witze in dem Roman, bei denen eher die Schweizer als die Österreicher lachen. Einige subtile Anspielungen werden schneller in Österreich verstanden als in der Schweiz. Also gelingt es mir dank meines Romans, mein Publikum kennenzulernen und unterschiedliche Denkweisen zu erforschen, je nach Stadt oder Land.“




    Und zum Schluss ein Fragment aus der Rezension des schweizerischen Internet-Kulturfernsehens ART-TV: Der neue Roman der aus Rumänien stammenden Schriftstellerin Dana Grigorcea handelt von der politischen Wende Rumäniens im Spiegel der Kindheits- und Jugenderinnerungen und des aktuellen Lebens einer Frau in Bukarest.“

  • Internationale Buchmesse „Gaudeamus“: Schwerpunkt Kinderliteratur und Poesie

    Internationale Buchmesse „Gaudeamus“: Schwerpunkt Kinderliteratur und Poesie

    Die 22. Buchmesse Gaudeamus stand dieses Jahr unter dem Motto Die Buchmesse, wo man am meisten liest, gebracht vom meistgehörtesten Radiosender“. Gaudeamus gilt als die einzige Buchmesse weltweit, die von einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, Radio Rumänien, organisiert wird.



    Die diesjährige Internationale Buchmesse Gaudeamus lockte über 125.000 Besucher an, um 8.000 mehr als im Vorjahr. Rund 3,2 Millionen Euro haben die Verlage auf der diesjährigen Buchmesse mit Buchverkäufen erwirtschaftet. Mit zahlreichen neuen Titeln und 700 Events lockte auch dieses Jahr die Buchmesse die rumänischen Literaturliebhaber an. Ehrengast war dieses Jahr die Gruppe der französischsprachigen Botschaften, Delegationen und Anstalten. Ehrenpräsident der diesjährigen Buchmesse war Victor Ieronim Stoichiţă, Forscher und Professor für Kunstgeschichte. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist der einzige Medienanbieter weltweit, der eine Kulturveranstaltung dieses Ausma‎ßes finanziert und organisiert und dadurch die geschriebene Kultur unterstützt.



    Unter dem Motto Ich suche das Beständige“ schlug der Verlag Casa Radio drei fundamentale Themenbereiche vor: Kinderliteratur, bedeutende Autoren der Zwischenkriegszeit und zeitgenössische Literatur. Daria Ghiu, Vertreterin des Verlags Casa Radio, dazu:



    Was die Kinderliteratur anbelangt, möchte ich die Sammlung »Radio Princhindel« (zu deutsch in etwa: Radio Knirps od. Dreikäsehoch — Anm. d. Red.) erwähnen. In diesem Jahr haben wir für unsere Gäste »Alice im Wunderland« von Lewis Carroll vorbereitet. Es geht um ein Audiobook, Buch plus CD mit illustriertem Text. Es muss gesagt werden, dass in diesem Jahr 150 Jahre seit der ersten Ausgabe der berühmten Geschichte gefeiert werden. Es gibt auch eine Internetseite, die dieser Veranstaltung gewidmet ist. Es wurden zahlreiche Ausstellungen organisiert, zum Beispiel die in London, zum Thema der diversen Ausgaben und der Illustrierungen dieses wunderbaren Textes entlang der Zeit. Auch Salvador Dalí hat die Geschichte seinerzeit illustriert. Es ist schwer, mit diesem komplizierten, verspielten und spektakulären Text zu arbeiten. Es ist schwer, etwas Neues zu erfinden. Wir schlagen eine Ausgabe vor, die auf dem klassischen Radiohörspiel von 1968 fu‎ßt. Dieses Hörspiel ist bei allen Generationen bekannt, es hat einen hohen Wiedererkennungsgrad. Unsere Hörer kennen die betreffenden Lieder. Wenn man ihnen über Alice erzählt, beginnen sie unwillkürlich beispielsweise ‚Ich bin ein Mädchen, ich hei‎ße Alice‘ zu singen. Wir hatten wie gesagt schon die CD mit den Musikeinagen, wir hatten den Text und wir haben dann die junge Künstlerin Ana Botezatu gebeten, die Illustrationen zu zeichnen. Das Ergebnis war überraschend: eine Illustration mit viel Collage, die mich an die Avantgarde, an den Dadaismus erinnert. Ich habe Ana Botezatu mit der deutschen Künstlerin Hannah Hoch verglichen. Kurz gesagt: Es entstand etwas Neues.“




    Der Humanitas-Verlag hat auf der 22. Internationalen Buchmesse Gaudeamus das Buch Prietenii noştri imaginari“ (Unsere imaginären Freunde“) vorgestellt. Das Buch bringt mehrere bekannte Namen der rumänischen Literatur zusammen: Şerban Foarţă, Elena Vlădăreanu, Emil Brumaru, Marin Mălaicu-Hondrari, Antoaneta Ralian. Was kann der Leser aus einem Buch erfahren, das von mehreren Schriftstellern geschrieben wurde? Zum Beispiel, dass ein Kind ein paar Tage in seiner eigenen Welt leben kann und dass es für immer dort bleiben kann. Einige Eltern sehen sogar die imaginären Freunde ihres Kindes. Was kann man noch erfahren? Zum Beispiel, dass man vom imaginären Doppelgänger die Leviten verlesen bekommen kann oder dass man sich auch mit 91 noch fragen kann, ob man bei seinem imaginären Gegenpart nicht besser aufgehoben sei. Nadine Vlădescu dazu:



    Ich habe mich sehr gefreut, dass Antoaneta Ralian meine Einladung akzeptiert hat. Die Schriftstellerin ist 91 Jahre alt und macht keinen Hehl daraus. Sie spricht sogar darüber im Buch. Für sie war es ebenfalls eine Freude, über den imaginären Freund, einen jungen Mann namens Marcel zu schreiben. Wohl von Marcel Proust inspiriert hat sie hat ihn als eine Art männliches Alter Ego erfunden. Ralian spricht über ihn in einer sehr persönlichen, psychoanalytischen Weise. Im Buch kommen weitere interessante imaginäre Freunde vor. Die Literaturkritikerin Tania Radu schreibt auf dem vierten Umschlag, der Zufall habe eine fantastische Rolle gespielt, weil der Inhalt sehr natürlich sei. Es sind 13 Erzählungen, 13 unterschiedliche imaginäre Freunde darunter ein Ballon, ein Schneckenprinz, eine Göttin, ein Fagott spielendes Schweinchen, ein Geist, der jede Form einnehmen kann, eine verspielte Puppe und sogar Gott. Ich werde nicht verraten, wessen Freund er ist, ich werde die Leser lassen, das zu entdecken.“




    Die Verlagsgruppe frACTalia wurde in diesem Jahr auf Initiative einer Gruppe von rumänischen Schriftstellern und Graphikern gegründet und war bei der Internationalen Buchmesse Gaudeamus anwesend. Iulia Militaru, eine der Gründerinnen der Verlagsgruppe frACTalia, dazu:



    Einerseits gibt es Verlage, die sich dicht machen müssen, andererseits Verlage, die riesige Umsätze hatten. Es hängt davon ab, wie man das Geschäft angeht. Ich hoffe, wir werden es schaffen, ein Gleichgewicht zwischen der Qualität der herausgegebenen Bücher und dem Gewinn beizubehalten. Dieses Spannungsverhältnis wird immer da sein. Wir waren nicht auf Profit um jeden Preis aus, was wir tun, tun wir aus Leidenschaft. Wir haben unseren Verlag auf der 22. Internationalen Buchmesse Gaudeamus erstmals vorgestellt und drei Poesiebände lanciert, zwei Debüts und eine Neuausgabe.“




    Es geht um die Gedichtbände retrovizor“ (Rückspiegel“) von Răzvan Pricop und Cu dricul pe contrasens“ (Mit dem Leichenwagen auf verkehrter Fahrbahn“) von Octavian Perpelea sowie um die Neuausgabe des Debütbandes von Andra Rotaru, Într-un pat, sub cearşaful alb“ (In einem Bett, unterm wei‎ßen Laken“).